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Taxi Times Berlin - 2. Quartal 2021

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CORONA-KRISE<br />

Im Winter war das Wetter für das Leitstellenpersonal<br />

mitunter eine Herausforderung.<br />

Besuch an der Messe: Hermann Waldner und Jens Schmiljun<br />

überzeugen sich vom gut funktionierenden Ablauf.<br />

Alt-Treptow eröffnet wurde, war das Interesse<br />

der Medien groß – ebenso wie die<br />

Begeisterung der Impflinge, die den perfekt<br />

organisierten Ablauf von der Abholung zu<br />

Hause über die Betreuung vor Ort bis zur<br />

Rückfahrt beinahe überschwänglich lobten<br />

und von der netten Behandlung durch<br />

das Personal im Impfzentrum geradezu<br />

gerührt waren.<br />

Für die hinter den Kulissen tätigen<br />

Organisatoren – Deutsches Rotes Kreuz,<br />

<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong>, Senatsverwaltungen, Polizeibehörde,<br />

Straßenverkehrsbehörde – war<br />

es von Anfang an eine logistische<br />

Herausforderung. Für das<br />

Personal vor Ort – Ärzte, medizinisches<br />

Personal, Leitstellendienste,<br />

Sicherheitsdienste,<br />

Bundeswehr, Polizisten – war<br />

der Anfang mit seiner geringen<br />

täglichen Frequenz dagegen<br />

gut zum Eingewöhnen – nichts<br />

im Vergleich zu dem, was noch<br />

kommen sollte, und was dann regelmäßige<br />

Absprachen mit vielen Parteien etwa über<br />

den Umgang mit den Verkehrsproblemen<br />

in der Eichenstraße oder auf dem Gelände<br />

in der Müllerstraße nötig machte.<br />

Für das krisengeplagte <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

war der Großauftrag mehr als ein Strohhalm.<br />

Zudem steigerte die Bedingung des<br />

Senats, dass <strong>Taxi</strong>s für Impf-Fahrten mit<br />

Trennschutz ausgestattet sein müssen,<br />

das Ansehen des <strong>Berlin</strong>er Gewerbes als<br />

ansteckungssichere Alternative zu den<br />

Massenverkehrsmitteln, um die – gerade<br />

zu Beginn oft gebrechlichen – Impflinge<br />

DER BÄRENDIENST EINES<br />

UNZUFRIEDENEN<br />

Ein <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>unternehmer beschwert<br />

sich via „BZ“ über den langen Auszahlungszeitraum<br />

von <strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong> für seine<br />

Fahrtcoupons – und ein Lokalpolitiker<br />

empört sich gleich mit. Wir blicken hinter<br />

die Kulissen dieser Geschichte.<br />

bequem und sicher zu befördern. Besonders<br />

die barrierefreien Taxen erwiesen sich<br />

dabei als hilfreich.<br />

Hermann Waldner wünscht sich, dass<br />

diese Erfahrung zu einem Aufschwung<br />

der Inklusion im <strong>Taxi</strong>gewerbe beiträgt:<br />

„Unsere Kundschaft wird generell älter<br />

und ist zunehmend nicht mehr gut zu Fuß.<br />

Dafür brauchen wir in den kommenden<br />

Jahren ein Vielfaches an Inklusionstaxen<br />

verglichen mit heute. Mit den positiven<br />

Erlebnissen bei den Impffahrten ist hierfür<br />

hoffentlich ein Grundstein gelegt worden.“<br />

«Ein ganz herzliches Dankeschön<br />

allen, die sich seit Dezember<br />

unermüdlich engagieren.»<br />

ar<br />

Hermann Waldner<br />

Während er Ende Mai diesen positiven<br />

Blick auf die Lage äußert, brennt in seiner<br />

Firma die Luft: Durch die Abrechnung der<br />

Impf-Fahrten mit Fahrpreis-Coupons, die<br />

an den Impfzentren vom Leitstellen-Personal<br />

an die Fahrer ausgegeben werden, hat<br />

sich das Aufkommen von Coupons, die von<br />

den Mitarbeitern in den Büros geprüft, eingegeben<br />

und abgerechnet werden müssen,<br />

im Vergleich zu vorher verfünfzigfacht.<br />

Nicht nur eigens designte Coupons für<br />

die Impf-Fahrten sind ein Produkt dieses<br />

Ausnahmezustands. Um die Vielzahl<br />

an Bestellungen zu bewältigen, wurden<br />

bald nach Beginn<br />

zwei Extra-Telefonnummern<br />

geschaltet,<br />

um die nicht<br />

Computer-affinen<br />

Senioren nicht<br />

lange in der Telefonschleife<br />

warten<br />

zu lassen. Für die<br />

online-erfahrenen<br />

Besteller wurde von<br />

denselben Gestaltern die Internetseite komplett<br />

überarbeitet, so dass seitdem gleich<br />

auf der sehr übersichtlichen Startansicht<br />

ein Impfzentrum ausgewählt und die Fahrt<br />

dorthin mit wenigen Mausklicks vorbestellt<br />

werden kann.<br />

Den enormen Aufwand hinter all diesen<br />

Maßnahmen nimmt die Öffentlichkeit nur<br />

zum kleinen Teil wahr. Vertriebschef Jens<br />

Schmiljun, der bei <strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong> vieles rund<br />

um die Impf-Fahrten koordiniert, nennt<br />

Stichpunkte: zwei neue Hochgeschwindigkeits-Couponscanner,<br />

„zentnerweise“<br />

Coupon-Vordrucke pro Monat,<br />

rund 50 Personen Leitstellen-<br />

Personal, Ausgaben für dessen<br />

Ausrüstung und Kleidung usw.<br />

„Aus normalen Funkgebühren<br />

wäre all das nie und nimmer zu<br />

bezahlen gewesen.“ Für unqualifizierte<br />

Vorwürfe, <strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong><br />

würde sich an der Corona-Krise<br />

eine goldene Nase verdienen,<br />

hat beim Personal in der Persiusstraße, das<br />

von Januar bis Juni zum Teil kaum freie<br />

Tage hatte, niemand Verständnis. „Unseren<br />

Terminkalender wünsche ich momentan<br />

niemandem“, sagt Hermann Waldner<br />

nachdenklich, um gleich auf harte Fakten<br />

zurückzukommen: Man habe zur Bewältigung<br />

der telefonischen Impf-Fahrten-<br />

Bestellungen unter anderem zusätzliches<br />

Callcenter-Personal einstellen müssen. „Da<br />

sitzen jetzt tagsüber 60 Leute am Telefon<br />

und arbeiten jeden Tag in der Woche mehr<br />

als in jeder Silvesterschicht. An vielen<br />

Tagen kommen um die 20.000 Fahrten mit<br />

pro Fahrt einem Impfcoupon zusammen.<br />

Das machen die nicht ehrenamtlich.“<br />

Impffahrten aufzunehmen sei darüber<br />

hinaus etwas anderes als die Aufnahme<br />

von sonstigen einfachen <strong>Taxi</strong>fahrten. „Es<br />

sind fast immer Menschen, die älter als 70<br />

oder 80 Jahre sind. Viele von ihnen kennen<br />

das <strong>Taxi</strong>fahren kaum, weil ihnen das<br />

im Alltag zu teuer ist. Sie sind manchmal<br />

ängstlich, kommen oft bei den reinen Impfhotlines<br />

gar nicht durch, fragen uns daher<br />

FOTOS: Axel Rühle / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

6 <strong>2.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI

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