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FOCUS-GESUNDHEIT_2021-06-Vorschau

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Magenverkleinerung<br />

Mit der Operation verschwindet<br />

der Diabetes<br />

Stark aus der Krise<br />

So hat Corona die<br />

Behandlung verbessert<br />

Freier mit Hightech<br />

Neue Systeme regeln<br />

die Insulin-Therapie<br />

<strong>GESUNDHEIT</strong><br />

Diabetes<br />

DOPPELT WIRKSAM<br />

Moderne Antidiabetika<br />

helfen beim Abnehmen und<br />

schützen Herz und Nieren<br />

DIE EXPERTEN<br />

GEGEN DIABETES<br />

TOP-Ärzte, führende<br />

Kliniken und Rehakliniken<br />

sowie Fußzentren<br />

ISS DICH GESUND!<br />

Diese Ernährungskonzepte<br />

stoppen den Diabetes<br />

<strong>GESUNDHEIT</strong> Diabetes<br />

Die süße<br />

GEFAHR<br />

Wie Forscher Millionen Betroffene<br />

und die nächste Generation vor der<br />

Zuckerkrankheit retten wollen


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EDITORIAL<br />

Dieser Text<br />

zeigt evtl. Probleme<br />

beim<br />

Text an<br />

Fotos: Michela Morosini, Eva-Maria Feilkas/beide für <strong>FOCUS</strong>-Gesundheit<br />

Gut aufpassen! Jana Fuchs<br />

weiß dank neuer Diagnostik,<br />

dass Sohn Jakob Diabetesgefährdet<br />

ist (S. 14)<br />

Diabetes besiegen<br />

Herzlichst Ihr<br />

Chefredakteur Jochen Niehaus<br />

Fast jeder Zehnte ist schon zuckerkrank,<br />

jährlich erhalten etwa eine<br />

halbe Million Deutsche neu die Diagnose<br />

Diabetes. Unsere in der Steinzeit<br />

entstandenen Körper sind für ein<br />

karges Leben als Jäger und Sammler<br />

gemacht. Bewegungsmangel und Kalorienüberfluss<br />

belasten heute den<br />

Stoffwechsel; wir sitzen in der Zuckerfalle.<br />

Lesen Sie ab Seite 18, was<br />

sich in der Gesellschaft und bei jedem<br />

ganz persönlich ändern muss, damit<br />

wir auch diese stille Pandemie bald<br />

hinter uns lassen können.<br />

Heilung ist möglich. Bei Menschen<br />

mit Typ­2­Diabetes sogar ganz ohne<br />

Medikamente. Ab Seite 34 erfahren<br />

Sie, wie eine Ernährungsumstellung<br />

das Gewicht und den Blutzucker dauerhaft<br />

normalisiert.<br />

Einen radikalen Weg abzunehmen<br />

wählten die drei Wissmann­Schwestern:<br />

Nach einer Magen­OP verloren<br />

sie zusammen 120 Kilo und den Diabetes<br />

gleich mit. (S. 46)<br />

Forscher machen auch Typ­1­Diabetikern,<br />

die auf Insulinspritzen angewiesen<br />

sind, Hoffnung auf Genesung:<br />

Mit Ersatzzellen (S. 26) und Closed­<br />

Loop­Systemen. Die neue Technik<br />

(S. 66) lässt sie die Erkrankung zumindest<br />

stundenweise einfach vergessen.<br />

Gesünder leben lohnt sich mit Diabetes<br />

ganz besonders. Lesen Sie ab<br />

Seite 70, wie Sie gefährliche Folgeerkrankungen<br />

bestmöglich vermeiden,<br />

und ab Seite 40, welche Ernährung<br />

gut schmeckt und schützt.<br />

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<strong>FOCUS</strong>-<strong>GESUNDHEIT</strong>


INHALT<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>GESUNDHEIT</strong> <strong>06</strong>/21 DIABETES<br />

70<br />

Sanfte<br />

Pflege Wie Menschen<br />

mit Diabetes Haut, Nerven,<br />

Zähne und Zahnfleisch<br />

bestmöglich schützen<br />

Medizin<br />

18 Die Zuckerfalle<br />

Fruchtsäfte und zu viel Süßes<br />

lassen den Stoffwechsel entgleisen<br />

– was sich für eine gesündere<br />

Ernährung ändern muss<br />

46<br />

Neue Leichtigkeit<br />

Die drei Wissmann-<br />

Schwestern haben<br />

zusammen 126 Kilo<br />

abgenommen<br />

Magazin<br />

6 Sprechstunde<br />

Das perfekte Timing beim Sport;<br />

Blutzuckermessen ohne Piks;<br />

Insulinpumpe bei Kindern<br />

12 Diabetes macht erfinderisch<br />

Über zwei kreative Ärzte und eine<br />

Mutter, die sich optimal vorbereitet<br />

22 Welcher Diabetes-Typ sind Sie?<br />

Experten unterscheiden fünf Diabetes-Typen.<br />

Dieses Wissen ermöglicht<br />

präzisere Behandlungsansätze<br />

26 Hoffnung auf Heilung<br />

Gezüchtete Ersatzzellen sollen die<br />

Insulinproduktion übernehmen: ein<br />

Blick in die Zukunft der Therapie<br />

34 Einmal Diabetes und zurück<br />

Wer Übergewicht loswird und die<br />

Ernährung umstellt, kann seinen<br />

Typ-2-Diabetes kurieren – ganz<br />

ohne Medikamente<br />

Ihre Meinung ist uns wichtig!<br />

Nehmen Sie teil an der Leserbefragung: S. 31<br />

16 Perfektes Zusammenspiel<br />

Die große Infografik: wie Bauchspeicheldrüse<br />

und Leber den<br />

Zuckerstoffwechsel managen<br />

40 Ein Hoch auf die Vielfalt<br />

Welche Ernährungsform die<br />

Blutzuckerwerte verbessert, ohne<br />

dass der Genuss leidet<br />

Titel: Mauritius Images<br />

4<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>GESUNDHEIT</strong>


Ärzte- und Kliniklisten<br />

Empfehlungskriterien So entstehen<br />

die Listen von <strong>FOCUS</strong>-Gesundheit:<br />

84 Top-Mediziner<br />

110 Top-Kliniken<br />

110 Top-Rehakliniken<br />

111 Fuß-Zentren für Diabetiker<br />

34<br />

Gesunde Runden<br />

Toni Wolf besiegte<br />

Diabetes allein<br />

durch Bewegung<br />

und bessere<br />

Ernährung<br />

Fotos: Marina Rosa Weigl (2), Dirk Bruniecki/beide für <strong>FOCUS</strong>-Gesundheit; Illustration: Francesco Ciccolella für <strong>FOCUS</strong>-Gesundheit<br />

46 Durch dick und dünn<br />

Drei Schwestern haben mittels<br />

Magenverkleinerung viel Gewicht<br />

verloren – und ihren Diabetes<br />

50 Anstoß zum Abnehmen<br />

Stoffwechselstörung und Übergewicht<br />

hängen unheilvoll zusammen.<br />

Moderne Diabetes-Medikamente<br />

erleichtern den Gewichtsverlust<br />

56 Krise als Chance<br />

Manche Menschen mit Diabetes<br />

kommen gestärkt aus der Pandemie.<br />

Was ihnen geholfen hat<br />

62 Happy Birthday, Insulin!<br />

Von 1921 bis heute: die Erfolgsgeschichte<br />

der Insulintherapie<br />

26<br />

Heilende<br />

Zellen Biologe Heiko<br />

Lickert forscht an Bauchspeicheldrüsenzellen,<br />

um Diabetes<br />

Typ 1 zukünftig zu kurieren<br />

66 Mehr Freiheit durch Hightech<br />

Spezielle Systeme für Typ-1-<br />

Diabetiker regeln die Insulinabgabe<br />

automatisch<br />

70 Vorbeugen leicht gemacht<br />

Herz, Haut, Füße, Nerven, Zähne:<br />

So lassen sich Folgeerkrankungen<br />

vermeiden<br />

80 Sanfte Helfer<br />

Gesunde Alltagsroutinen für<br />

Menschen mit Diabetes<br />

Top-Ärzte<br />

86 Adipositas-Chirurgie<br />

87 Beingefäße/PAVK<br />

91 Diabetische<br />

Augenerkrankungen<br />

92 Diabetische Polyneuropathie<br />

95 Diabetologie<br />

99 Ernährungsmedizin<br />

102 Kinderendokrinologie/<br />

-diabetologie<br />

103 Parodontologie<br />

105 Sexualstörungen bei Diabetes<br />

Top-Kliniken<br />

112 Adipositas-Chirurgie<br />

114 Diabetes<br />

Top-Rehakliniken<br />

118 Diabetes<br />

Fuß-Zentren für Diabetiker<br />

120 Fuß-Zentren<br />

Rubriken<br />

3 Editorial des Chefredakteurs<br />

122 <strong>Vorschau</strong> und Impressum<br />

>> Sie finden die Top-Ärzte auch unter:<br />

focus-arztsuche.de<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>GESUNDHEIT</strong> 5


FORSCHUNG<br />

MARKETTE<br />

Kühle Reserve<br />

Heiko Lickert, 50, Diabetesforscher<br />

am Helmholtz Zentrum München,<br />

holt sich Nachschub an Stammzellen.<br />

Für die langfristige Lagerung<br />

wird das Gewebe mit flüssigem<br />

Stickstoff gekühlt.<br />

Stammzellen besitzen die Fähigkeit,<br />

verschiedene Gewebe oder Organe<br />

aufzubauen. Das macht sie zu<br />

Hoffnungsträgern der Medizin.<br />

Wissenschaftler suchen weltweit<br />

nach Wegen, Diabetes mithilfe<br />

von körpereigenen, „umprogrammierten“<br />

Stammzellen zu heilen.<br />

26<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>GESUNDHEIT</strong>


Hoffnung aus<br />

dem Labor<br />

Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes stellt die Bauchspeicheldrüse<br />

kein Insulin mehr her. Von Forschern gezüchtete Zellen sollen die<br />

lebenswichtige Hormonproduktion zukünftig übernehmen<br />

Foto: Dirk Bruniecki für <strong>FOCUS</strong>-Gesundheit<br />

Erkrankt ein Kind oder Jugendlicher<br />

an Diabetes Typ 1, verändert sich das<br />

Leben der gesamten Familie. Kein<br />

Tag vergeht fortan ohne das Dosieren<br />

und Spritzen von Insulin, das Berechnen<br />

von Kohlenhydraten, das regelmäßige Messen<br />

des Blutzuckers – und ohne Angst vor Unterzuckerungen.<br />

Weil die Stoffwechselkrankheit<br />

das Immunsystem dazu bringt, die Zellen der<br />

Bauchspeicheldrüse anzugreifen, verlieren diese<br />

ihre Fähigkeit, Insulin zu produzieren. Betroffene<br />

müssen das Hormon lebenslang zuführen.<br />

Weltweit arbeiten Forscher an Lösungen<br />

Heilbar ist die Autoimmunerkrankung bislang<br />

nicht. Doch es gibt Hoffnung, dass sich das bald<br />

ändert. Weltweit arbeiten Wissenschaftler mit<br />

Hochdruck an Lösungen. Bereits seit mehr als<br />

20 Jahren transplantieren sie Patienten zum<br />

Beispiel Langerhans’sche Inseln aus der Bauchspeicheldrüse<br />

von fremden Spendern. Bei diesen<br />

Zellanhäufungen handelt es sich um eine Art<br />

Miniorgane aus 2000 bis 3000 Drüsenzellen. Die<br />

bis zu einem halben Millimeter großen Inselchen<br />

bestehen aus unterschiedlichen Zelltypen, die die<br />

Glukosekonzentration im Blut regulieren. Dabei<br />

haben Betazellen die Aufgabe, das blutzuckersenkende<br />

Insulin zu produzieren.<br />

Bei einer Transplantation werden die Langerhans­Inseln<br />

aus dem Pankreas des Organspenders<br />

isoliert, im Labor aufbereitet und dem Empfänger<br />

minimalinvasiv per Infusion eingesetzt. So<br />

entsteht ein neues Miniorgan mit fremden Betazellen,<br />

die das fehlende Insulin produzieren.<br />

„Die Methoden für die Isolierung der Zellen aus<br />

der Bauchspeicheldrüse wurden in den letzten<br />

zehn Jahren zunehmend verfeinert“, sagt Heiko<br />

Lickert, Direktor des Instituts für Diabetes­ und<br />

Regenerationsforschung am Helmholtz Zentrum<br />

München.<br />

Auch die Langzeitergebnisse haben sich verbessert.<br />

Viele Patienten leben mehr als zehn Jahre<br />

gut mit dem Zellersatz. Dennoch müssen etliche<br />

Patienten trotz Transplantat weiter Insulin spritzen.<br />

„Vor allem aber“, schränkt Lickert ein, „gibt<br />

es viel zu wenige Spender.“ Gerade einmal ein<br />

paar Tausend Transplantationen seien in den<br />

vergangenen 20 Jahren durchgeführt worden.<br />

„Es existiert ein Missverhältnis von Angebot und<br />

Nachfrage“, so der Professor für Betazellbio­<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>GESUNDHEIT</strong><br />

27


ERNÄHRUNG<br />

Die neue Lust<br />

auf Leichtes<br />

Eine mediterran inspirierte Diät mit viel Gemüse, Salaten und<br />

pflanzlichen Ölen ist für Diabetiker (und Gesunde) die<br />

beste Wahl. Sie verbessert genussvoll die Blutzuckerwerte<br />

und hilft, die Figur zu halten<br />

Bunte Vielfalt<br />

Salate sind<br />

ein wichtiger<br />

Bestandteil der<br />

Küche rund<br />

ums Mittelmeer<br />

40


Cornflakes<br />

ERSETZEN<br />

Frühstück<br />

Foto: Darren Muir/Stocksy United; Infografik: <strong>FOCUS</strong>-Gesundheit<br />

Eine Quizfrage zum Einstieg: Was haben<br />

folgende Gerichte gemeinsam?<br />

Tagliatelle Verdura mit Parmesan und<br />

Oliven. Schweinefilet mit Frühlingsgemüse.<br />

Schoko­Erdbeer­Käsekuchen.<br />

Die Lösung: Alle drei Speisen stammen aus einem<br />

Kochbuch für Typ­2­Diabetiker. Der Unterschied<br />

zu den Rezepten für Stoffwechselgesunde – falls<br />

es überhaupt einen Unterschied gibt – findet sich<br />

im Kleingedruckten. Die Tagliatelle sind aus<br />

Vollkorn und sollen al dente zubereitet werden.<br />

Neben dem Schweinefilet wölbt sich ein kleiner<br />

Berg aus Zuckerschoten, Kohlrabi und Karotten.<br />

Und der saftige Käsekuchen kommt kalorienfreundlich<br />

ohne Boden daher.<br />

Verzicht war gestern: Menschen mit Typ­2­<br />

Diabetes dürfen heute im Prinzip alles essen. Sie<br />

brauchen weder hungern noch strikte Diäten<br />

einhalten. Stattdessen geht es darum, mit einer<br />

cleveren Auswahl von Lebensmitteln und Getränken<br />

einen besseren Stoffwechsel und ein gesundes<br />

Gewicht zu erzielen. Selbst Zucker ist nicht völlig<br />

tabu, auch wenn dieser Nährstoff besser selten<br />

genossen werden sollte – speziell in Form von<br />

Limonade oder Säften liefert er flüssige Kalorien<br />

ohne Sättigungseffekt.<br />

Nichtsdestotrotz gibt es einige goldene Regeln.<br />

Etwa dass Lebensmittel mit Kohlenhydraten viele<br />

Ballaststoffe enthalten sollten. „Die Nahrungsfasern<br />

verzögern die Aufnahme von Zucker aus<br />

dem Darm. Außerdem verbessern sie die Insulinempfindlichkeit,<br />

sodass der Zucker schneller aus<br />

dem Blut in die Zellen gelangt“, sagt Andreas<br />

Pfeiffer, Leiter der Abteilung Endokrinologie der<br />

Berliner Universitätsklinik Charité am Campus<br />

Benjamin Franklin (CBF).<br />

Das kaum verdauliche Faserfutter steckt ausschließlich<br />

in pflanzlichen Erzeugnissen wie Brokkoli,<br />

Äpfeln, Beeren, Vollkornbrot, Nüssen oder<br />

Linsen. In puncto Zuckerstoffwechsel erweisen<br />

sich die unlöslichen Ballaststoffe aus Vollkornprodukten<br />

und Hülsenfrüchten als besonders<br />

günstig. „Eine weiterer Vorzug von Ballaststoffen<br />

ist, dass sie auf kalorienarme Weise das Nahrungsvolumen<br />

auf dem Teller und im Magen erhöhen.<br />

So senken sie die Energiedichte der Mahlzeiten“,<br />

Statt Cornflakes …<br />

Frühstückscerealien sind laut<br />

einer aktuellen AOK-Studie<br />

oft zuckerreich. Viele Sorten<br />

enthalten mehr als 15 Gramm<br />

Süße pro 100 Gramm<br />

… lieber Haferflocken<br />

Vollkornprodukte sind ideal<br />

für Diabetiker. Hafer enthält<br />

den löslichen Ballaststoff<br />

Beta-Glucan, der den Blutzuckeranstieg<br />

nach dem<br />

Essen bremst<br />

ERSETZEN<br />

Getränk<br />

Statt Fruchtsaft …<br />

Softdrinks und Säfte sind<br />

wahre Zuckerbomben. Ein<br />

Liter Cola enthält 110 Gramm,<br />

ein Liter Orangensaft immerhin<br />

noch 90 Gramm<br />

… lieber Schorle<br />

Die Verdünnung mit Wasser<br />

halbiert den Zuckergehalt und<br />

lässt den Blutzuckerspiegel<br />

weniger rasch ansteigen<br />

sagt Ernährungsspezialist Pfeiffer. Diese Eigenschaft<br />

ist besonders wichtig für Typ­2­ Diabetiker,<br />

die mit Übergewicht kämpfen.<br />

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)<br />

empfiehlt Menschen mit Diabetes, täglich<br />

40 Gramm Ballaststoffe aufzunehmen. Um in den<br />

Genuss der begehrten Slow Carbs zu kommen,<br />

müssen Betroffene nicht ihre gesamte Ernährung<br />

umstellen. Oft genügen schon clevere Tauschgeschäfte<br />

auf dem Teller. Weizenvollkornmehl<br />

etwa enthält mit zehn Gramm Ballaststoffen pro<br />

100 Gramm mehr als dreimal so viele Nahrungsfasern<br />

wie Weizenmehl Type 405. Wer also statt<br />

zu heller Pasta und weißen Semmeln zu den<br />

Varianten mit höherem Ausmahlungsgrad greift,<br />

zahlt schon mal tüchtig auf das Ballaststoffkonto<br />

ein. Ebenfalls wichtig für die Grundversorgung mit<br />

den gesunden Faserstoffen: täglich drei Portionen<br />

Gemüse sowie zwei Portionen Obst.<br />

Neue Pastasorten für den Blutzucker<br />

Und was, wenn man auf seine traditionellen Farfalle<br />

aus Hartweizengrieß nicht verzichten mag?<br />

Dann hält man die Pastaportion eben kleiner und<br />

lädt sich dafür mehr Zucchini, Auberginen oder<br />

Kirschtomaten auf den Teller. „Etwa 70 Gramm<br />

Rohgewicht bei den Nudeln und 200 Gramm<br />

Gemüse oder Antipasti sind eine gute Kombination<br />

für Menschen mit Diabetes, die auf ihre Figur<br />

achten wollen“, empfiehlt die Ernährungswissenschaftlerin<br />

und Kochbuchautorin Dagmar von<br />

Cramm. Werden die Nudeln dann auch noch<br />

bissfest gekocht, quellen sie nicht ganz auf und<br />

werden langsamer verstoffwechselt. „Der Verdauungsapparat<br />

braucht länger, um an die Kohlenhydrate<br />

zu kommen“, erläutert von Cramm.<br />

Eine gute Low­Carb­Alternative sind auch die<br />

trendigen Spirelli und Penne aus Hülsenfrüchten,<br />

die sich in den Nudelregalen der Supermärkte<br />

zunehmend Platz erobern. Diese Pasta gibt es<br />

aus Linsen, Sojabohnen, Kichererbsen, Erbsen<br />

oder schwarzen Bohnen. Sie enthalten nicht nur<br />

viele Ballaststoffe, sondern punkten auch mit<br />

pflanzlichen Proteinen – ein Nährstoff, von dem<br />

Diabetiker profitieren. „Eiweiß benötigt zur<br />

Verstoffwechselung kaum Insulin und erhöht<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>GESUNDHEIT</strong><br />

41


INTERVIEW<br />

„Ein gut eingestellter Blutzucker scheint die<br />

Überlebensrate deutlich zu erhöhen“<br />

Die Corona-Pandemie ist noch längst nicht vorbei. Umso wichtiger sind stabile Blutzuckerwerte.<br />

Diabetologe und Endokrinologe Prof. Klaus Parhofer über das Risiko für einen schweren Covid-19-<br />

Verlauf bei Diabetes und den Einfluss der Diabeteseinstellung<br />

Foto: Bert Woodward<br />

Herr Prof. Parhofer, warum sind<br />

Menschen mit Diabetes anfälliger für<br />

Infektionen mit Sars-CoV-2?<br />

Das beruht auf verschiedenen Faktoren.<br />

Viele Patienten mit Diabetes haben per se<br />

erhöhte Entzündungswerte. Und Covid<br />

verursacht zusätzlich einen massiven<br />

Entzündungsreiz. Wenn dieser auf ein<br />

bereits vorstimuliertes System trifft, ruft<br />

das eine heftigere Reaktion hervor. Zudem<br />

schädigt Diabetes auf Dauer die Gefäße<br />

und erhöht die Blutgerinnungsaktivität.<br />

Auch diese wird durch Covid-19 verstärkt,<br />

der Verlauf ist dann häufig schwerer.<br />

Laut einer Metaanalyse des Deutschen<br />

Diabetes-Zentrums erhöhen bei<br />

Diabetes Faktoren wie männliches<br />

Geschlecht, Alter über 65, ein hoher<br />

Blutzuckerspiegel, eine langjährige<br />

Insulinbehandlung sowie bestehende<br />

Begleiterkrankungen das Risiko für<br />

einen schweren Covid-Verlauf.<br />

Das männliche Geschlecht und Alter sind<br />

auch unabhängig vom Diabetes ein<br />

wichtiger Prognosefaktor für den Verlauf.<br />

Für den Blutzucker gilt: Je höher er bei<br />

der Einlieferung ins Krankenhaus ist,<br />

desto schlechter ist die Prognose. Das gilt<br />

aber nicht nur für Covid, sondern für alle<br />

schweren internistischen Erkrankungen,<br />

etwa bei Herzinfarkt oder Blutvergiftung.<br />

Auch bei Menschen ohne Diabetes?<br />

Dann sogar besonders. Alle Stresshormone<br />

können den Blutzucker nach oben treiben.<br />

Wer eine schwere Erkrankung hat, erlebt eine<br />

massive Ausschüttung von Stresshormonen,<br />

die zu einer Blutzuckererhöhung führen –<br />

auch bei Menschen, die davor überhaupt<br />

kein Zuckerproblem hatten. Das spiegelt<br />

letztlich die Schwere der Erkrankung wider.<br />

Man kann also an dem hohen Blutzuckerwert<br />

bereits ablesen, dass es schlecht<br />

verlaufen wird?<br />

Ja. Wenn man weiß, dass der Patient vorher<br />

gut eingestellt war oder keinen Diabetes<br />

hat und dann mit einem hohen Blutzucker<br />

ins Krankenhaus kommt, ist das ein<br />

schlechtes Zeichen. War er schon immer<br />

schlecht eingestellt, ist das natürlich auch<br />

nicht gut – aber dann hat der erhöhte Wert<br />

nicht die gleiche Aussagekraft.<br />

Verbessert sich die Prognose, wenn man<br />

den Blutzucker im Lauf der Behandlung<br />

reguliert?<br />

Dazu gibt es keine guten Daten. Um das zu<br />

beantworten, müsste man Studien durchführen,<br />

bei denen die eine Probandengruppe<br />

gut einstellt wird und die andere nicht. Das<br />

wäre ethisch nicht zu rechtfertigen. Aber:<br />

Ja, ein gut eingestellter Blutzucker scheint<br />

die Überlebensrate deutlich zu erhöhen<br />

und sollte auf jeden Fall das Ziel sein.<br />

Warum bekommen Covid-Patienten mit<br />

Diabetes, die zuvor Metformin nahmen,<br />

im Krankenhaus stattdessen oft Insulin?<br />

Weil die meisten Diabetesmedikamente bei<br />

einer schweren Covid-Erkrankung in ihrer<br />

Wirkung nicht ausreichen. Man stellt auf<br />

Insulin um, weil man sonst den Blutzucker<br />

nicht ausreichend regulieren kann. Außerdem<br />

haben manche Patienten mit Diabetes,<br />

wenn sie schwer erkranken, auch eine eingeschränkte<br />

Nieren- oder Leberfunktion. Da<br />

fährt man mit dem körpereigenen Hormon<br />

Insulin besser als mit Medikamenten wie Metformin.<br />

Und Insulin lässt sich leichter steuern.<br />

Sollten sich Menschen mit Diabetes<br />

trotz möglicher Impfreaktionen gegen<br />

Covid-19 impfen lassen?<br />

Auf jeden Fall. Vor allem solche, die zu einer<br />

Risikogruppe gehören, bei der der Verlauf besonders<br />

schwer sein kann. Beim mRNA-Wirkstoff<br />

von Biontech/Pfizer ruft eher die zweite<br />

Impfdosis Reaktionen hervor, etwa Erschöpfung,<br />

Kopfschmerzen und Fieber. Typischerweise<br />

ist das bei Frauen und Jüngeren ausgeprägter<br />

als bei Männern und älteren Leuten.<br />

Zum Glück sind diese Nebenwirkungen aber<br />

in der Regel nach spätestens 48 Stunden<br />

vorbei und hinterlassen keine Schäden. Das<br />

Gros meiner Patienten hat sich übrigens auch<br />

nach der zweiten Impfung nicht beklagt. <br />

INTERVIEW: ANTJE HARDERS<br />

Prof. Klaus Parhofer<br />

Der Diabetologe, Internist,<br />

Endokrinologe und Oberarzt<br />

arbeitet am Klinikum der<br />

Universität München<br />

(Großhadern). Er betreut<br />

Patienten stationär und in<br />

der Diabetesambulanz.<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>GESUNDHEIT</strong> 61

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