civitas-sommer-2021-zu_hause, Fotoquelle: Ardea-studio, Quelle: stock.adobe.com
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
civitasdas Magazin
KIRCHE IN DEN STADTTEILEN BUCHFORST | BUCHHEIM | MÜLHEIM
ZU
HAUSE ...
Ausgabe Sommer | 2021 | KOSTENLOS ZUR MITNAHME
THEMA – Wo wohnt Gott? | Essay
KULTUR – IN ZEITEN DER PANDEMIE | Bestandsaufnahme
SENIOREN – Neues Wohnen | Interview
GELEIT
IMPRESSUM
Herausgeber:
Katholische Kirchengemeinde
St. Clemens und Mauritius
Elisabeth-Breuer-Straße 46
51065 Köln
Tel.: +49 / 221 / 96 70 20
Fax.: +49 / 221 / 96 70 29 0
www.clemens-mauritius.de
Bankverbindung:
IBAN: DE47 3705 0198 0001 1924 75
BIC: COLSDE33XXX
Redaktion:
Verantwortlich: Stefan Wagner, Pfarrer
E-Mail: redaktion@clemens-mauritius.de
Mitglieder: Z. Barbaric, B. de Cosnac, S. Grimm, T. Laroche,
R. Linke, W. Obermann, S. Wagner, H. Weiß, L. Weyand
Konzeption, Projektsteuerung:
Silke Grimm, Reinhard Linke, Stefan Wagner
Design, Layout und Fotografie:
Silke Grimm | www.silkegrimm.eu
Liebe Leserinnen und Leser,
was verbinden Sie mit dem Begriff ZUHAUSE? Sicherlich haben auch Sie in den zurückliegenden Monaten
der Pandemie Ihr ZUHAUSE ganz neu erfahren. Als Ort des Home-Schooling und Home-Office, als Ort des
digitalen Lernens, als Online-Gottesdienstort, als gemütlicher digitaler Treffpunkt im Freundes- oder Verwandtenkreis
usw. Der einen mag die Decke auf den Kopf gefallen sein und der andere wird erfahren haben,
welchen Schutz und welche Freiheiten das Zuhause gerade in Zeiten der Einschränkungen bietet.
Autoren dieser Ausgabe:
M. Brake, B. de Cosnac (BdC), A. Kühn, T. Laroche (TL), R. Linke,
T. van Nies, B. Nkanza, W. Obermann, D. Peffgen, S. Wagner,
C. Weinhag, L. Weyand, B. Wintermantel
Lektorat:
Lisa Weyand, Helga Weiß
Titelbild + Impressum: Ardea-studio, Quelle: stock.adobe.com
Druck:
Cologne Print Arens, In der Lößbörde 28, 50859 Köln
Auflage: 8.400 Stück
Erscheinungsdatum: 11.06.2021
Hinweise:
Namentlich gekennzeichnete Texte geben nicht immer
die Position der Redaktion wieder. Die Redaktion behält
sich in allen Fällen redaktionelle Änderungen vor.
Spenden zur Deckung der Druckkosten werden gerne
angenommen.
Bildnachweise:
S. 6 – 9: S. Grimm, S. 11: Buchforster Geschichtswerkstatt,
S. 12 – 13: Umfragepartner, S. 14: divedog * , S. 17: Kertu * ,
S. 19: caz_che * , S. 20: Andrea * , KB3 * , Yü Lan * , poco_bw * , Elena
Milovzorova * , Guido * S. 21: Svensen * , Olivier Tabary * , foto.fritz * ,
Boris Stroujko * , D.aniel * , Ajdin Kamber * S. 24: dieterkowallski ** ,
S. 26: volf anders * , S. 27: ala * , S. 28 – 29: S. Grimm, S. 30 – 33:
S. Grimm, S. 34: iracosma * , S. 36 – 37: E. Wieners, M. Haber,
M. Birke, S. 38 – 39: M. Feithen, S. Grimm, S. 40 – 41: B. Nkanza,
S. 42 – 43: T. Höft + Umfragepartner, S. 45: GarkushaArt * , S. 46:
iiierlok_xolms * , S. 49: stnazkul * , S. 50: Stockwerk-Fotodesign * ,
S. 52: REDPIXEL * , S. 53: S. Grimm, S. 54: 3plusx *
( * Quelle: stock.adobe.com), ( * * Quelle: photocase.de)
LUST
ZU HELFEN?
Wir suchen Menschen,
die bei der Verteilung
dieses Magazins mitwirken.
redaktion@clemens-mauritius.de
oder telefonisch
bei Zdenko Barbarić
(0160 / 90 64 53 61)
Vieles hat sich verändert. Plötzlich stehen Fragen zu
Nähe und Distanz ganz anders im Raum. Wir entwickeln
neue Formate, um das Gefühl von ZUHAUSE-
Sein zu erfahren und spüren doch, was uns fehlt:
Die (körperliche) Nähe bei der Begrüßung und beim
Abschied und erst recht während eines Treffens, eines
Besuchs, einer Schulstunde, eines Meetings in der
Firma, beim Besuch der Eltern, Kinder, Geschwister
oder im Gottesdienst. Für viele von uns ist aber
gerade die persönliche, nahe Begegnung Ausdruck von
ZUHAUSE. Zuhause bin ich, wo mein Herz ist, wo
Herzen einander begegnen, wo Angenommenwerden
und Annehmen gelebt werden.
Und auch das hat die Pandemie uns gelehrt: Wege des
neuen Miteinanders zu finden, einerseits wenn wir auf
engem Raum zusammenleben und uns räumlich nicht
aus dem Weg gehen können und andererseits wenn wir
räumlich wegen des Kontaktverbotes oder der Ausgangssperre
nicht zusammenkommen dürfen.
Sie halten die neue Ausgabe unseres Magazins civitas in
Händen. Hier erfahren Sie viel über das ZUHAUSE.
Aus verschiedenen Perspektiven erzählen Menschen, was
sie mit diesem Begriff und diesem Gefühl verbinden.
Der erste Blick geht auf unsere Quartiere und die Veränderung
derselben durch große Baumaßnahmen zur
Schaffung von Wohnraum. (S. 6 – 9) Die Weiße Siedlung
in Buchforst als Komposition von Wohnbebauung und
Kirchen- und Versammlungsräumen ist bis heute ein architektonischer
Blickfang. (S. 10f) Es folgen die Stimmen
Einzelner zum Thema ZUHAUSE in unserer Umfrage.
(S. 11f) Auch Gott wohnt!, und zwar unter den Menschen!,
ist die Antwort des Theologen auf die Frage: „Wo
wohnt Gott?“. (S. 14 – 16) Jeder und jedem ist es aber
gar nicht vergönnt, (bezahlbaren) Wohnraum zu finden.
Weltweit wird die Frage, wo Menschen ZUHAUSE sein
dürfen, immer existentieller. (S. 18 – 21) Menschen finden
ihr ZUHAUSE in Bildung und Kultur und erfahren
schmerzlich, was ihnen in dieser Zeit der Pandemie verloren
gegangen ist. (S. 25f) Am Beispiel von zwei Familien
wird deutlich, wie das ZUHAUSE uns prägt und uns ins
Leben begleitet. (S. 28 – 33) Bis dann irgendwann auch
die Fragen nach dem Wohnen als Senior*in virulent werden.
(S. 34f) Kindermund spricht aus, wo Gott wohnt
(S.36f) und damit vielleicht auch, wo und/ oder wie das
Leben nach dem Tod seine Vollendung findet, wenn der
Leib zu Grabe getragen wird, auch wenn der Leib das
Licht der Welt noch gar nicht erblickt hat. (S. 38f)
Auch die Kirche ist für viele ein Zuhause. In unserer
Pfarrei engagieren sich sehr viele Menschen ehrenamtlich,
prägen damit das Bild von Kirche hier vor Ort
(S. 40f) und hinein in die Weltkirche. (S. 42f) Der
Crashkurs Kirche schenkt einen Blick auf Versöhnung.
Da, wo ich ZUHAUSE und angenommen bin,
geschieht Versöhnung, auch sakramental. (S. 44f)
Im Namen der Redaktion wünsche ich Ihnen viel
Freude beim Blättern und Lesen der neuen Ausgabe
und lade Sie ein, uns gerne Rückmeldungen zu geben.
Es grüßt Sie herzlichst Ihr Pfarrer Stefan Wagner.
3
INHALT
03
GELEIT
06 – 09
AKTUELLES
Willkommen
Gespräch mit
Herrn Stentenbach
10 – 11
DIE WEISSE STADT
Buchforster
Wohngeschichte(n)
Nachbarschaft
18 – 21
BILDSTRECKE
Wohnraum
22 – 23
BUCHVOR-
STELLUNGEN
Zeit zum Lesen
24 – 27
KULTUR
Die Kultur
in Zeiten der Pandemie
Eine Bestandsaufnahme
von Lisa Weyand
44 – 45
CRASHKURS
KIRCHE
Beichte
Eine Herleitung
46 – 48
RÜCKMELDUNG
Ihr Impuls zählt
Austausch
49
TERMINE
Online
THEMA FAMILIE JUGEND SENIOREN GOTTESDIENST TRAUER CARITAS
KONTAKTE
12 – 13
THEMA
Zeit zum Nachdenken
Online-Umfrage
14 – 17
THEMA
Gott im Himmel, und du,
Mensch, auf der Erde
Essay von
Christian Weinhag
28 – 29
FAMILIE
Miteinander
Gespräch mit
Familie Badorf
INHALT
30 – 33
JUGEND
Loslassen
Gespräch mit
Familie Lorenz / Völlmar
34 – 35
SENIOREN
Neues Wohnen
Gespräch mit
Frau Battke
36 – 37
GOTTESDIENST
Wo wohnt Gott?
Kinder malen
und erzählen
38 – 39
TRAUER
Ein Zuhause
Orte der Erinnerung
und des Trostes
40 – 41
CARITAS
Zeit zur Begegnung
Projekt "Bumuntu"
Ein Reisebericht
42 – 43
EHRENAMT
Wir sind Kirche
Vorstellung
unterschiedlicher
Engagierter
50 – 52
KONTAKTE
ADRESSEN
Gemeinde, Soziales
Informationen
53
WIR STELLEN VOR
Treffpunkt
Daniel Peffgen
Vorstellung
54
NACHGEDACHT
Wir verabschieden uns
Schlussworte
5
AKTUELLES
Können Sie uns einen Überblick geben, über welche
Größenordnungen wir sprechen, wenn es um neue
Wohngebiete auf unserem Gemeindegebiet geht?
Da möchte ich ein wenig ausholen. Die Entwicklung
läuft im Grunde seit 2008, als für den innenstadtnahen
Bereich ein großer Flächenplan (für ein Gebiet
von ca. 160 ha) aufgestellt wurde.
Einbezogen sind hierin auch mehrere Flächen
unseres Gemeindegebietes. Angefangen von Mülheim-Nord,
wo auf ca. 7 ha hochwertiger Arbeitsplatzraum
entsteht, was sich wiederum auf die
Wohnraumsituation und damit kleinere Wohnraumprojekte
auswirkt. Im Mülheimer Süden hingegen
„Der Masterplan zur Stadtentwicklung
für die Innenstadt der Stadt Köln
schließt diese Gebiete ausdrücklich
ein, so dass es hier eine verlässliche
Planungsgrundlage gibt.“
sind Wohnraumprojekte aufgesetzt, in denen verschiedene
Investorengruppen insgesamt Wohnraum
für ca. 10.000 Einwohner erstellen. Der Masterplan
zur Stadtentwicklung für die Innenstadt der Stadt
Köln schließt diese Gebiete ausdrücklich ein, so dass
es hier eine verlässliche Planungsgrundlage gibt.
Insgesamt kann festgehalten werden dass es sich
bei den Stadtteilen teilweise um eine Erhöhung der
Anzahl von Einwohnern von 25 % des Bestands
handelt.
Über welche Zeiträume sprechen wir, wenn wir uns
die sich abzeichnende Entwicklung betrachten?
Im Grunde sprechen wir hier – wie bereits erwähnt
– von Beginn 2008 mit der Planungsphase bis hin zu
2025. Dann sollen große Teile der geplanten Bebauung
fertiggestellt sein.
Gibt es schon Informationen über Bauträger oder
auch die Zielgruppen des Wohnraums?
Das ist alles sehr konkret. Hier einige Beispiele:
Gerch Group – 16 ha, der urbane Stadtteil ca. 3000
Wohnungen; CG Gruppe – 4 ha circa 46.000 m²
Wohnfläche ca. 700 Wohnungen; Danzier Straße –
Straße Windmühlenstraße 300 Wohnungen;
Holsteinstraße – Sonderburger Straße 120 Wohnungen
(bereits gebaut) und weitere Bauten.
WILLLKOMMEN
Im Gespräch mit Herrn Stentenbach zum Thema ”Neue Wohngebiete” im Bereich unserer Kirchengemeinde
Die Schäl Sick befindet sich aktuell in einem dynamischen Entwicklungsprozess. Das
können wir auch in Bereich des Gebietes unserer Kirchengemeinde feststellen. Kleinere
Erschließungsprojekte für neuen Wohnraum gibt es in Buchheim und Buchforst. Im Mülheimer
Süden entstehen tausende von neuen Wohnungen. Das wirft Fragen auf, die wir
an dieser Stelle einmal – in aller Kürze – beleuchten wollen.
6 7
AKUTELLES
AKTUELLES
Buchheim Projekt:
WVM – Wuppertaler Straße 240 Wohnung; GAG –
Carlsberg Quartier 230 Wohnung (bereits gebaut);
GAG – Mülheimer Ring und Bergisch Gladbacher
Strasse ca. 200 Wohnungen; Deutsche Reihenhaus –
45 Häuser – alles direkt gegenüber an Sankt Theresia
– 45 Häuser Gauweg und weitere Bauten.
Es handelt sich derzeit um die größte Quartier-Entwicklung
der Stadt. Sie trägt den Slogan: „Jung,
visionär, familienfreundlich”. Zielgruppen sind nicht
explizit definiert, beziehungsweise breit gestreut.
Da es sich weitgehend um Investorenprojekte handelt,
sind beachtlicher Quadratmeterpreise zu
erwarten (in Buchheim 6.000 € /m² Wohnfläche bis
Mühlheim Rheinlage circa 10.000 € /m² und mehr?).
Teile des Carlsberg Quartiers in Köln-Mülheim
Im Gespräch mit Stefan Stentenbach, Architekt und Mitglied im Pfarrgemeinderat
der Kirchengemeinde St. Clemens und Mauritius
Wie kam es dazu, dass Sie sich mit diesem Thema
aus Sicht der Kirchengemeinde St. Clemens und Mauritius
beschäftigen?
Wir sind über unsere Infrastruktur (Gebäude,
Kirchen) als Kirchengemeinde derzeit sehr zentral
und gut vertreten, die ja quasi die Keimzelle der
jeweiligen Ortsviertel bildet. Nun brauchen wir aber
”Leuchtturmprojekte”, um als Katholische Kirche
positiv wahrgenommen zu werden. Meines
Erachtens wurde leider eine große Chance für ein
solches Leuchtturmprojekt im Bereich des ”Pohlschen
Hauses” (Anm.d.R.: Haus in Mülheim am
Rheinufer neben der Kirche von St. Clemens) vertan.
Hier hätte ich mir ein integratives Café mit Biergarten
vorstellen können (Anm. d. R.: Konzept entwickelt
in 2015/16), das sowohl dem Stadtteil wie auch
der Kirchengemeinde gut getan hätte. Weitere Konzepte
wurden für den Bereich um St. Antonius und
der Danzier Strasse entwickelt. Diese Pläne werden
mittlerweile von der Aachener Wohnungsbaugesellschaft
verfolgt. Das ist insofern bedauerlich, da sich
die Kirchengemeinde nach meiner Einschätzung ein
Stück finanzielle Unabhängigkeit hätte schaffen können,
indem sie die Projekte in ihrer Regie verfolgt
hätte. Positive Effekte im sozialen (Inklusion) und
wirtschaftlichen Bereich (Finanzierung von Personalstellen)
wurden hier leider verpasst.
Über welche Ebenen reden wir, wenn es um die Interessenlage
der Kirchengemeinde geht, sich der neuen
Wohngebiete anzunehmen?
Eine Ebene ist die der Präsenz: Es geht darum, als
Kirchengemeinde Präsenz zu zeigen.
Eine weitere Ebene ist, in Bezug auf die neu einzurichtenden
Kindertagesstätten Flagge zu zeigen.
Die dritte Ebene ist, Potential wirtschaftlicher Erträge
für die Gemeinde besser als bisher zu erschließen.
Die vierte Ebene ist die Ansprache der Menschen.
Hier gibt es Ansätze, bzw. Aktionen durch den Sachausschuß
"Willkommen bei uns", des Pfarrgemeinderates.
So werden beispielsweise die neu hinzugezogenen
Gemeindemitglieder durch die Kirchengemeinde
direkt adressiert. Aber ob das reicht?
Wie stellt sich denn die Kirchengemeinde der sich
abzeichnenden Entwicklung? Bestehen gar schon
Konzepte oder konkrete Ideen?
Auf den drei ersten angesprochenen Ebenen fehlen
noch konkrete Ideen zu strukturellen Entwicklungen
der Kirchengemeinde in den Neubaugebieten. Was
fehlt ist der erkennbare Wille und der Mut, Chancen
aufzugreifen und konsequent zu verfolgen, bzw. auch
umzusetzen. Der Pfarrgemeinderat hat ein Team
benannt, dass sich der Entwicklung der Gemeinde
angenommen hat (Anm.d.R.: Strategieteam). Dieses
Team sollte sich auch dieses Themas
annehmen. Auf der vierten Ebene ( Anm.d.R.: Ansprache
der neuen Gemeindemitglieder) ist der
Sachausschuss ”Willkommen bei uns” des Pfarrgemeinderates,
wie bereits erwähnt, aktiv.
Bei wem liegt denn heute die Zuständigkeit in der
Kirchengemeinde für die Ansprache der zukünftigen
Gemeindemitglieder, und wie sieht es in Zukunft aus
– Stichwort ”Pastoraler Zukunftsweg”?
Das ist eine gute Frage. In der derzeitigen Situation
gibt es nur den bereits angesprochen Sachausschuss
”Willkommen bei uns”, der sich – im Rahmen seiner
Möglichkeiten – mit dem Thema beschäftigt. Mit
den sich abzeichnenden Veränderungen in Richtung
der ”Pfarrei der Zukunft” deutet sich eine ”Rolle
rückwärts” an. Mit den Gemeindefusionen der
Vergangenheit wurden lokale Strukturen vor Ort
zerstört und engagierte Menschen ”verloren”. Jetzt
soll es – nach jahrelangem Ringen um Gemeinsamkeit
– wieder in Richtung der ”Gemeinde vor Ort”
gehen. Dies birgt natürlich die Gefahr, dass nun die
Menschen, die sich im Zuge der Gemeindefusionen
für die Gemeinde engagiert haben, sich frustriert
abwenden. Hier versucht die Gemeinde nun über die
Aktivitäten der Zukunftsentwicklung gegenzusteuern.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Dieses Interview führte Reinhard Linke
Hier entstehen ca. 200 Wohnungen (Bergisch Gladbacher Str. / Mülheimer Ring)
SACHAUSSCHUSS WILLKOMMEN BEI UNS
Der Sachausschuss des Pfarrgemeinderates hat
sich – stellvertretend für die Pfarrgemeinde St.
Clemens und Mauritius – zur Aufgabe gemacht, neu
hinzugezogene Familien, Paare und Singles
in unserer Kirchengemeinde willkommen zu heißen.
Die Mitglieder des Ausschusses möchten
vermitteln, dass die Kirche vor Ort viel Positives für
Menschen zu bieten hat. Es geht dabei um
Themen wie: Willkommen heißen, Präsenz zeigen,
Begegnungen, Gespräche und Gemeinschaft
zu ermöglichen. Neue Gemeindemitglieder sollen
ermuntert werden, am Gemeindeleben
teilzunehmen (z.B. Wahrnehmen von Angeboten),
mitzuwirken (z.B. bei der Durchführung von
Angeboten) und mitzugestalten (z.B. in den Gremien).
AUCH GOTTESHÄUSER BIETEN EIN ZUHAUSE …
In der katholischen St. Elisabethkirche in der
Elisabeth-Breuer-Straße im Stadtteil Mülheim hat die
Gemeinde ‚Allerheiligen‘ der rumänischen Orthodoxie
seit über 20 Jahren ihr Zuhause und feiert dort
regelmäßig byzantinische Liturgie.
In Zukunft sollen die Kirche und die Räumlichkeiten
des Pfarrzentrums, des Pfarrbüros und des Pfarrhauses
in den Besitz der rumänischen Gemeinde
übergehen. Die Verhandlungen laufen.
Die Absprachen bezüglich der weiteren gemeinsamen
Nutzung unserer beiden Gemeinden waren
schnell getan, weil wir auf eine lange und gute
Kooperation zurückblicken, die jetzt umgekehrt
wird. Die katholische Gemeinde wird Gast bei der
rumänischen!
8 9
MENSCHEN IM VEEDEL
Die Weiße Stadt
BUCHFORSTER WOHNGESCHICHTE(N)
Die Weiße Stadt genannte Siedlung in Buchforst bildet zusammen mit der Pfarrkirche
St. Petrus Canisius eine bauliche Einheit.
Als die 1932 /33 fertiggestellte
Siedlung – sie war Teil einer östlichen
Stadterweiterung von Köln
in dieser Zeit – als reine Zeilenbausiedlung
mit fünfgeschossigen
Mehr- und ein – bis zweigeschossigen
Einfamilienhäusern mit Kirche
und Gemeinschaftshaus endlich
stand, da gab es Buchforst als
Stadtteil noch gar nicht. Alle hier
sprachen noch vom „Kalker Feld“.
Der Architekt Wilhelm Riphahn
hatte zusammen mit dem Essener
Kollegen Caspar Maria Grod 578
Wohneinheiten ersonnen, die von
verschiedenen Bauherren umgesetzt
worden sind.
Riphahn war in Köln sehr bekannt
durch den Restaurantbau
der „Bastei“ (1924) oder später
durch das Opern- und Schauspielhaus
am Offenbachplatz (1950).
Sogar seine Grabstätte auf Melaten
ist einer seiner Siedlungen
nachempfunden, mit Kopf- und
Flügelbau!
Der Baubeginn an der Heidelberger
Straße war 1929, die Planungen
liefen aber schon seit 1926, dies war
für einen neuen Stadtteil ein großer
Schritt, schuf die GAG hier doch
fast einen ganzen Vorort.
Auch bei Führungen in Buchforst
höre ich immer wieder etwas von
der „Bauhaussiedlung“. Das dürfen
Sie natürlich sagen – schöner und
vor allem richtiger ist aber das Folgende:
Einzige Siedlung Kölns im
konsequent „Internationalen Stil“.
Hört sich doch gleich besser an,
und Ihr Gegenüber wird staunen
ob Ihrer Kenntnisse zur Architekturgeschichte!
Als Kunsthistoriker würde ich
sagen, dass die Siedlung besonders
durch die katholische Kirche eine
Mitte bekommt. Klar differenziert
fügen sich die Stereometrien der
Kirche zu einem ganz harmonischen,
weiß verputzten Ensemble.
Die Idee von Licht und Sonne bestimmt
die Grundrisse, die Zeilenbauten
sind streng nach dem Einfall
des Sonnenlichtes ausgerichtet.
Mit der 1930 – 31 errichteten
katholischen Pfarrkirche St. Petrus
Canisius (Kölns erster Jesuit, der als
Pieter de Hondt nach Köln kam,
latinisiert wird dann aus niederländisch
Hondt= Hund lat. canis – Canisius)
wird dann der quasi „neueste
Heilige“ in dieser supermodernen
Kirche der Pfarrpatron. Seine Heiligsprechung
war gerade fünf Jahre
her, und er wurde auch zum „Zweiten
Apostel Deutschlands“ernannt
(nach dem Hl. Bonifatius), und das
bedeutete für den dann kurze Zeit
später so genannten Kölner Ortsteil
Buchforst eine absolut moderne
Ausrichtung. Das Zusammenspiel
der beiden Baukörper der Kirche,
das langgestreckte eingeschossige
Langhaus und der kantige, vertikale
Turm mit seiner Bekrönung sind
von feinen Proportionen geprägt.
Zusammen mit dem Rund der Apsis,
(1 – 3) Kirche vor der Zerstörrung, 4) Köln-Buchforst – Casanusstraße, 5) Luftaufnahme Köln-Buchforst, 6) Weiße Stadt, 7) Casanusstraße (v. l. nach r.)
die heute leider zugemauert ist, ergeben
das Lichtband der Fenster und
die Arkaden beim Eingang einen
harmonischen Mittelpunkt der Siedlung.
Die Kirche steht exakt in der
Hauptachse der Erschließung von
der Cusanusstraße her, als Kontrapunkt
zum Eingangsbau in die Siedlung,
dem ehemaligen Vereinshaus
mit Gaststätte (früher: Buchforster
Hof). Das konsequent Moderne an
der Kirche ist ihre städtebauliche
Anbindung in die Siedlung, sie ist als
Kirche stets erkennbar und in ihren
Formen doch eingebunden und
extravagant zugleich, das können nur
gute Architekten!
Als so gewürdigter wichtigster
Beitrag des „Neuen Bauens“ im
sozialen Wohnungsbau im Rheinland
strahlt die Siedlung bis heute
gemeinsam mit dem benachbarten
„Blauen Hof“ um die Wette. Es sind
für die Stadt Köln herausragende
Beispiele eines mit eigenem Balkon
und ausgebautem Bad versehenen
Wohnens Anfang der Notzeiten in
den 1930-er Jahren. Viele Menschen
in Köln wären froh um eine solche
Ausstattung gewesen. Schaut man
sich alte Postkarten und Luftbilder,
besonders von der Heidelbergerund
Cusanusstraße an, so sind
die pavillionartigen Ladenlokale
und die schönen Winkel zwischen
Hauszeilenende und schrägem
Straßenverlauf bis heute erkennbar
und geben Buchforst eine besondere
Note. Die Buchforster Geschichts-
werkstatt hat dazu schöne Bilder
aufbereitet, und Führungen gibt es
bald wieder halbjährlich!
Text: Thomas van Nies M.A.,
RVDL Köln (Deutz)
2021 FEIERN WIR ...
den 500. Geburtstag den
Heiligen Petrus Canisius und
das 90jährige Bestehen der
Kirche St. Petrus Canisius.
Geplant sind verschiedene
Veranstaltungen im zweiten
Halbjahr. Informationen folgen
auf unserer Internetseite:
www.clemens-mauritius.de
10 11
THEMA
ZEIT ZUM NAC HDENKEN
WAS IST FÜR DICH ZU HAUSE?
„Mein Kopf will immer nur weiter, mein Herz sagt, dass ich zu Hause vermiss, wo auch
immer das ist ... Der Liedtext von Max Giesinger sagt eine Menge aus über das, was uns vor
lauter Alltag manches mal verloren zu gehen droht. Für den einen ist es ein Ort von Geborgenheit
und Zuflucht, für andere ein Ort, den sie vermissen oder von dem sie am liebsten
ausreißen würden. Wir haben ein paar Menschen gefragt: „Was ist für dich zu Hause?”
STEFAN AMEIS, 50
DÜNNWALD
KARIN LOEHER, 54
HÖHENHAUS
JAN KOHLENBERG, 37
DÜNNWALD
BENEDIKT VOORWOLD, 17
MÜLHEIM
ANN KATHRIN BALD, 38
MÜLHEIM
FILMON ANDEMARIAM, 32
NEUEHRENFELD
ANDREA KÜHN, 34
MÜLHEIM
JOSHUA SCHMIDT, 26
SIEGEN
Es braucht Vertrautheit,
Geborgenheit, wohlfühlen
und angekommen sein.
Dieses kann durch Familie
und Freunde, das eigene
Zuhause, in Gebäuden, an
Orten oder in der Natur
erlebt werden.
Aber auf jeden Fall hat es
etwas mit Gefühlen und
Seele zu tun.
Mancher sucht lange und
findet es vielleicht nie! Jedoch
hat man es gefunden,
ist es von unschätzbarem
Wert!
Zuhause ist da wo ich mich
wohl fühle, wo Freunde
sind, wo ich mein Herz verloren
habe. Einfach gesagt,
wo ich gerne bin. Wo ich
mich gut aufgehoben fühle,
wo ich helfen kann und
auch von lieben Menschen
Hilfe bekomme, wenn es
einmal nötig ist.
Zuhause ist für mich mehr
als nur die reine Örtlichkeit
des Wohnortes, es ist für
mich ein sicherer Hafen,
um im Kreise der Familie
und seiner Liebsten das
Leben sowie die Gemeinschaft
zu genießen, in
guten wie auch in weniger
guten Zeiten. Örtliche
Veränderungen und die
Gründung einer Familie
erweitern kontinuierlich
die Begrifflichkeit und das
Gefühl für zu Hause. Eine
sichere Umgebung schafft
die Basis, um die vielfältigen
Herausforderungen
des Alltages zu bewältigen.
Zuhause fühle ich mich da,
wo ich geliebt werde. Zuhause
ist also meine Familie,
Zuhause ist aber auch meine
Arbeitsstelle, wo ich bei den
Kolleg*innen anerkannt bin.
Zuhause ist da, wo ich so sein
kann, wie ich bin. Zuhause
ist auch da, wo die Umgebung
vertraut ist und wo ich
mich auskenne. In meinem
Zuhause kann ich ausruhen,
Kraft tanken, Pläne machen.
Zu meinem Zuhause gehört
auch die Mülheimer Gottestracht,
die wir jetzt schon
zum zweiten Mail nicht feiern
können. Und zuletzt natürlich:
Zuhause ist da, wo sich mein
Smartphone automatisch im
WLAN befindet.
In meiner Kindheit war für
mich zu Hause immer der
Ort, an dem ich aufgewachsen
bin und mich geborgen
gefühlt habe. Nachdem mein
Bruder und ich ausgezogen
sind, hat mein Vater unser
Haus verkauft. Das Gefühl
war furchtbar. Ich wohnte
zwar schon in Köln und fühlte
mich wohl, trotzdem hatte
ich das Gefühl, meine Heimat
zu verlieren. Der Ort, an den
man, egal was auch passiert,
immer zurückkehren kann,
war verloren. Heute habe
ich meine eigene Familie
und würde nicht mehr einen
bestimmten Ort definieren.
Zu Hause ist heute da, wo
meine Liebsten sind.
Mein Name ist Filmon Andemariam,
geboren wurde ich
in Eritrea. Ich bin verheiratet,
habe zwei Kinder und lebe
seit 2014 in Deutschland.
Heimat bedeutet alles für
mich. Ich vermisse meine
Eltern, Verwandten und
Freunde, das Essen und
auch die Kultur. Hier in Köln
fühle ich mich sehr wohl –
Deutschland ist zu meiner
zweiten Heimat geworden.
Es gibt jedoch auch viele
Momente, in denen ich mich
nach meinem Zuhause in
Afrika sehne. Ich hoffe, dass
meine Kinder bald meine
Eltern und meine Geschwister
kennenlernen können, um
Oma und Opa zu umarmen.
Zuhause ist, wo ich bedingungslos
angenommen bin,
wo ich sein darf, ganz so,
wie ich gerade bin; wo man
liebt und Liebe erfährt. Das
ist der Kreis meiner Familie.
Als Pendler zwischen Familie
und Zweitwohnung ist
Zuhause noch mehr: Dort wo
ich mich ins Gebet zurückziehe;
so als wäre Gebet, Begegnung
mit Gott, ein Zuhause,
das man immer mit sich
trägt. So ist es auch der Ort,
wo ich beruflich im Dienst
an Gott und den Menschen
liebend tätig bin. Wo ich mit
Gott bewusst unterwegs bin,
ihn in Begegnungen mit Menschen
erlebe, dort wird jeder
Ort zu etwas Besonderem.
Zuhause war für mich in
meiner Kindheit immer
mein Heimatdorf, die bekannten
Straßen, das vertraute
Familienleben und
die Menschen, die schon
immer um mich herum
gelebt haben. Nach einem
halben Jahr im Ausland
bin ich wieder zurück in
die Nähe meines Heimatdorfes
gezogen und habe
erkannt, dass es die Nähe
zu den wichtigen Personen
meines Lebens ist, die
einen Ort zu einem Zuhause
machen. Ich brauche
meine Liebsten um mich
herum damit ich wirklich
das Gefühl habe zuhause,
angekommen zu sein.
12 13
THEMA
„Denn Gott ist im Himmel, und du, Mensch, bist auf der Erde.“
Die Bibel, das Buch Qohelet (Prediger) 5,1 – Wo wohnt Gott?
Wenn das nur so einfach wäre! Alle wissen, wo sie
hingehören. Götter und Engel wohnen droben: sei
es im Himmel oder im Olymp. Mensch und Getier
leben drunten auf der Erde. Da siehe ein jedes
Lebewesen zu, sich eine Behausung zu verschaffen!
Wohnungen sind zuerst einmal Schutzräume und
zum Überleben der Art unverzichtbar. Das gilt auch
für die Spezies Mensch. Draußen toben die Orkane,
und es schüttet kübelweise aus der Höhe. Drinnen
gibt es einen Herd, eine warme Mahlzeit und vor
allem ein Bett. Zur Wohnkultur gehört Sauberkeit.
Keine Raubkatze schleppt das gerissene Tier in ihre
Höhle. Draußen wird die Beute zerlegt und gefressen,
drinnen gedöst und geschlafen.
Die Götter oben, die Menschen unten: Da weiß doch
jeder, wo er hingehört? Aber so einfach ist es eben
nicht. Auch hier gilt der Grundsatz allen Strebens:
Was ich nicht habe, zieht mich an. Wer nach unten
gehört, den erfasst eine glühende Sehnsucht nach
oben; wer leichten Herzens in den oberen Regionen
wohnt, der verspürt ein unstillbares Verlangen nach
unten. So kommt Bewegung in die Welt: die Götter
und Engel zu den Menschen, die Menschen zur Sonne
und am besten noch darüber hinaus zu den Göttern.
Dieser permanente Wohnungswechsel macht alle
nervös. Es gibt unzählige Motive für den angestrebten
Wohnungstausch. Darüber erzählen die Mythen der
Kulturen. Gibt es ein Motiv für den ewigen Wunsch
nach Veränderung und Tapetenwechsel? Wie sollte es
anders sein: Auch hier wird die Liebe zur Triebfeder
des Handelns. Die Göttersöhne sind entzückt. Wann
und wie auch immer sie die Menschentöchter entdeckt
haben, ihre Schönheit erweckt Begehrlichkeiten. Der
Drang nach unten steigert sich ins Unerträgliche. Da ist
kein Halten mehr. Die Menschentöchter reagieren zwar
im ersten Augenblick etwas verstört über den Besuch
von oben, doch dann lassen sie sich ganz schnell ein auf
das Spiel der vertauschten Welten ... Was der Mythos so
unterhaltsam ausplaudert, entpuppt sich in der Wirklichkeit
allerdings als eine Vergewaltigung. Die Affäre
bleibt nicht folgenlos. Die Menschentöchter gebären
das Geschlecht der Riesen. Der Mythos erzählt, wie die
Gewalt zu den Menschen kam. Fortan bestimmt sie das
Zusammenleben der Menschen: in ihren Beziehungen,
in ihren Wohnungen, im öffentlichen Leben.
Von einem Wohnungswechsel mit Folgen erzählt
uns die Bibel. Die Geschichte der Menschen beginnt
nämlich mit einer „fristlosen Kündigung“. Dabei
hatte alles doch so gut angefangen. Einer der ältesten
Gottesnamen lautet „Baumeister“. Gott ist ein
Architekt, der sein Handwerk gut gelernt hat. Kein
Wunder, steht ihm doch „Frau Weisheit“ als Gehilfin
zur Seite. Was da herauskommt, ist ein Meisterwerk:
Die Welt – und Gott ist ihr Baumeister. Die Entstehung
der Welt beginnt damit, dass ihr Konstrukteur
zuerst einmal Ordnung schafft. Das „Wohnungschaos“
ist nicht die Erfindung fauler Menschenkinder.
Chaos ist die Vorform der Schöpfung; es wird nicht
besiegt, sondern zur Seite gedrängt. Und der auf diese
Weise freigewordene Platz wird zum Lebensraum
der Geschöpfe. Alles ist ein Geschenk: das Leben,
der Lebensraum, das Wohnen in einer geordneten
Welt: „Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und
siehe, es war sehr gut“ (Genesis 1,31). Und was macht
man, wenn alles gelungen ist? Man feiert ein Fest.
Der siebte Tag ist kein langweiliger „Ruhetag“, sondern
ein Festtag. Gott und seine Geschöpfe tanzen in
einem endlosen Reigen durch den Garten Eden.
Eden ist ein Garten, der als Wohnraum nicht nur
für das Menschenpaar konzipiert ist. Hier ist für
alle Platz! In Gottes Schöpfung sind die Hautfarben
gemischt, da ist Vielfalt angesagt, auch in den
Gattungen. Da gibt es ein Lebensrecht für Bienen,
Lurche, Wale und für das „Geschmeiß“ (Fliege,
Mücke, Wanze). Die Pointe ist zum Schreien: Am
Anfang steht „die Wohngemeinschaft“, Zimmer frei
für Schöpfer und Geschöpf. Es hätte so schön sein
können in Eden ... Doch schon da gab es den Grundsatz
allen Strebens: Was ich nicht habe, zieht mich
an. Was ich nicht bin, will ich werden. Der Mensch
wollte sein wie Gott. Das Geschöpf Mensch vergaß,
dass alles ein Geschenk ist: das Leben, der Lebensraum,
das Wohnen in einer geordneten Welt. Die
„WG“ platzte, der Hausherr war sauer, und es folgte
der Rausschmiss.
In diesem Augenblick begann die menschliche Not:
Wohnungssuche unter erschwerten Bedingungen. Das ist
der Anfang der Geschichte Gottes mit den Menschen.
Zum Leben ist Wasser unerlässlich. Weil das Wasser
knapp ist im Orient, entstehen Verteilungskämpfe.
Sie zwingen die Menschen zur ständigen Wanderschaft.
Die Wohnkultur der Nomaden wird bestimmt
durch einen reichen Viehbestand, denn die
Herden sind Ressourcen des Überlebens: Fleisch,
Fett und Fell. Die Herden brauchen Weiden. Weidewechsel
bestimmt den Lebensrhythmus. Die Wurzeln
des Osterfestes liegen in der Nomadenkultur.
Der Weidewechsel um die erste Vollmondnacht des
Frühjahrs markiert den Aufbruch zur neuen Weide,
zum Aufbruch im Aufgrünen der Erde.
Die Sesshaftwerdung war für Israel ein konfliktreicher
Prozess. Der Boden des „Gelobten Landes“ war
bereits vergeben. Es gehört zu den ungelösten Rätseln
„Eden ist ein Garten,
der als Wohnraum nicht nur
für das Menschenpaar
konzipiert ist.
Hier ist für alle Platz!“
biblischer Geschichte, warum der Gott der Hebräer
ein „Land von Milch und Honig überfließend“
verspricht, das seit Urzeiten schon vergeben war Ein
Wohn- und Bleiberecht auf erbeutetem Land, dessen
Bewohner und Vieh dem „Heiligen Bann“ anheim
fielen: Tod den Männern und dem Vieh, Versklavung
der Frauen und Kinder. Es war ein Wohnen auf Abruf.
Zankapfel war immer das Wasser.
Wem gehört der Boden? Noch bevor die Horde der
Hebräer das Ziel ihrer vierzigjährigen Wüstenwanderung
erreichte, war darüber schon entschieden
worden. Der Boden gehört dem Pharao bzw. dem
(Stadt)könig. Grund und Boden sind Krongut oder
„Königsgärten“. Wer wohnen will, muss pachten.
Die Hypothek lastet schwer auf den Schultern der
Pächter. Wer der Abgabenpflicht auf Pacht, Ernte
und Kopfsteuer nicht nachkommen kann, landet
nicht nur in Schuldhaft, sondern verliert Haus und
Hof. Nicht nur Wasserknappheit war existenzbedrohend,
auch der Ausbruch von Epidemien. Dem
betroffenen Clan wurde das Haus über dem Kopf
abgerissen, das Vieh notgeschlachtet, Hab und Gut
verbrannt. Wohnort des Aussätzigen wurde von jetzt
auf gleich die Höhle der Verbannten außerhalb der
Wohn- und Lebensgemeinschaft der Städter. Die Heilung
der Aussätzigen war für die Zeitgenossen Jesu
das Wunder aller Wunder.
Der Boden ist Krongut. Die Israeliten setzten dem
Königsrecht noch eins drauf: Gott allein ist Eigentümer
von Grund und Boden. Denn nur dank seiner
Erwählung und Führung sind sie dahin gekommen,
was sie als „gottverheißen“ endlich erobern und
beziehen durften. Dieses Land ist ihnen anvertraut.
„Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht!“ Und da der
14 15
THEMA
Glaube schwach ist, ist die Zahl der Niederlagen übermächtig.
Kriege und Verbannung rufen immer wieder
in Erinnerung: Es gibt kein ewiges Wohnrecht. Das
Leben im Exil, das Wohnen in der Fremde wurde für
Israel ein ewiges Motiv innerhalb seiner Geschichte.
Innerhalb dieses Wechsels von Vertreibung und
Rückkehr gibt es allerdings ein Vermächtnis. Gott ist
einzig, das Land seine Gabe und das gewährte Wohnrecht
kann niemand veräußern. Alle fünfzig Jahre
feierten die Israeliten ihr „Jobeljahr“. Dann ist die
Schuldhaft beendet, offene Rechnungen verfallen, verpfändeter
Boden kehrt zurück zu seinem Eigentümer:
Die ursprünglichen Besitzverhältnisse werden wiederhergestellt.
Kein Mann werde versklavt, keine Frau
zur Prostitution gezwungen und kein Kind verkauft!
Der Eigentümer von Grund und Boden ist Gott.
Dieser duldet nicht die Verpfändung seiner Pächter,
die mit ihren Clans auf seiner Scholle „gasten“. Das
Wohnrecht ist unkündbar, die soziale Gesetzgebung
Israels eine Erinnerung im kollektiven Gedächtnis der
Menschheit: Du, Mensch, bist nur Gast auf Erden!
Der Versuch ist uralt. Irgendwo, so lautet der Wunsch,
muss es doch einen Ort auf Erden geben, wo sich die
göttliche Gegenwart materialisiert. Die Hardliner unter
den Frommen platzierten das „höhere Wesen“ auf
Berggipfel oder in Waldlichtungen und raunten von
„heiligen Bezirken“. Folgenreicher war die Entwicklung
von sogenannten „Gotteshäusern“. Eine abenteuerliche
Vorstellung: Die Gottheit wird regelrecht
„eingesperrt“. Theologen setzten sie in Hausarrest
und nannten diese Orte Tempel, Synagoge, Kirche,
Kathedrale … Ein Schelm, wer jetzt Böses denkt! Ist
die Gottheit erst mal dingfest gemacht, dann möchten
ihre Verehrer sie auch „besuchen“ dürfen. Das war die
Geburtsstunde des Wallfahrtstourismus, der bis auf
den heutigen Tag anhält. Am Zielort der Pilgerschaft
geht es dann sehr weltlich zu. Da wird Kasse gemacht
trotz miesem Essen, schmuddeliger Unterkunft und
auch Ablass gegen Kasse.
Gott wohnt weder im Himmel noch auf Erden.
Jesus aus Nazareth verlor jede Form von Sanftmut
und Selbstbeherrschung, als er gegen den frommen
Tourismus am Jerusalemer Tempel zu Felde zog. Es
soll ja Menschen geben, deren Gefühle in Wallung
geraten, wenn sie nach langer Abwesenheit in die
Domstadt zurückkehren. Beim Anblick der Domtürme
werden sie dann sentimental. Dass der „Herrjott“
ausgerechnet dieses Bauwerk favorisiere, um dort
seine Gegenwart logieren zu lassen, ist Ausdruck
rheinischer Großmannssucht. Gott wohnt bei den
Lebenden und nicht bei den Toten! Was da sonntags
um 10 abgeht, hat einen hohen Unterhaltungswert …
Gott wohnt nirgendwo, um jetzt endlich die Katze
aus dem Sack zu lassen. Und wenn Sie das begründet
wissen wollen, dann schlagen Sie nach im Buch der
Bücher, d. h. der Bibel. Und dort empfehle ich Ihnen
die Lektüre des 18. Kapitels aus dem 1. Buch Mose
(auch Genesis genannt). Dort erfahren Sie, wie der
Ewige seinen Freund Abraham aufsucht. Die Begegnung
findet statt in einem Eichenhain zur Mittagshitze;
der Erzvater Abraham döst am Zelteingang vor
sich hin, als er einen Unbekannten auf sich zukommen
sieht. Die Spannung steigert sich wie in einem
guten Krimi. Der große Unbekannte: Ist er Freund
oder Feind? Die Spannung schlägt um in Erleichterung.
Was sich jetzt zwischen den beiden Protagonisten
abspielt, ist die wunderbare Inszenierung
orientalischer Gastfreundschaft. Wer sie auch nur ein
einziges Mal als Mitteleuropäer erleben durfte, weiß
fortan, wo Gott wohnt: weder in der Höhe, noch in
der Tiefe. Gott wohnt im „Zwischen“, in der Begegnung,
in der freundlichen Aufnahme des Fremden,
in jedem „Willkommen“, in jedem freundlichem Lächeln,
wenn man Ihnen die Tür öffnet und Sie bittet
einzutreten. So und nicht anders wohnt Gott unter
den Menschen.
Text: Christian Weinhag, Pfr.
CHRISTIAN WEINHAG geboren 1952, ist Theologe,
seit 1992 katholischer Priester und seit der Gründung von
St. Clemens und Mauritius im Jahr 2010 Mitglied
des hiesigen Pastoralteams. Zuvor war er bereits seit
1999 Pfarrer der Vorgängergemeinde St. Clemens und
Liebfrauen. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten
zählen Kunst und Kultur und in den Wochen vor
Fronleichnam die Mülheimer Gottestracht.
16 17
BILDSTRECKE
WOHN-
RAUM
”Wohnen als Luxusgut?” – Diese Frage beschäftigt die Gesellschaft immer wieder. Das
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sagt dazu, entgegen immer wieder
geäußerten Ansichten, nichts. In einigen Landesverfassungen der Bundesländer hingegen
wird das Thema Wohnen unterschiedlich behandelt.
Politisch ist das Thema ”Wohnraum” oder auch
”Bezahlbarer Wohnraum” ein Dauerbrenner. Vom
Mietendeckel über das Verbot zum Bau von Einfamilienhäusern
bis hin zu Innovations- und Investitionsstau
reichen die Positionen. Aktuell spitzt sich zudem
die Lage zu, da der benötigte Baustoff (z.B. Holz) in
Deutschland knapp wird, da Länder wie die USA und
China schlicht den Markt für wichtige Baustoffe in
Deutschland leerkaufen.
Was bedeutet die aktuelle Entwicklung für unsere
Zukunft, wenn wir auch noch das Thema Klimawandel
mit in den Blick nehmen? Das Thema Wohnen ist
ein zentraler Baustein für unsere weitere Entwicklung.
So setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass die
Gestaltung von Wohnraum einen wichtigen Beitrag zur
Klimaentwicklung leisten kann. So soll der Erhitzung
der Großstädte – wie wir sie in den letzten heißen Sommern
selbst erlebt haben – durch Begrünung, auch von
Dächern und Fassaden, entgegengewirkt werden. Dies
sind kleine Hoffnungsschimmer, dass Städteplaner und
Architekten die Zeichen der Zeit erkannt haben und
kreative Lösungen entwickeln wollen.
So weit zu der Lage in unserem Land. Schauen wir
einmal über den Tellerrand können wir feststellen, dass
andere Länder und Völker mit ganz anderen Problemen
zu kämpfen haben.
Flüchtlingslager, Slums und erbärmliche Zustände in
Kriegsgebieten bekommen wir tagtäglich in den Nachrichten
präsentiert. Dazu kommt der Trend, dass es immer
mehr Menschen in die Metropolen zieht, was die
Problematik im Thema Wohnraum noch verschärft.
Neben der Sicherung der Ernährung ist das Thema
Wohnen sicher der Bereich, der zu einem menschenwürdigen
Dasein einen zentralen Baustein liefert.
Bei aller Unterschiedlichkeit der Wohnformen auf unserem
Planeten ist der Wohnort für die Menschen ein
zentraler Ort ihrer Existenz. Hoffen wir, dass wir dies
nicht aus den Augen verlieren.
Text: Reinhard Linke
18 19
20 21
BUCHVORSTELLUNGEN
ZEIT ZUM LES EN
Sie können die von uns
vorgestellten Bücher
in unserer kath. Bücherei
ausleihen.
VIEL FREUDE.
Im Haus des Vaters gibt es viele Wohnungen. (Joh. 14,2a)
Mit dem prägnanten Slogan „Wohnst Du noch, oder lebst Du schon?“ hat der Möbelriese
IKEA den Nagel auf den Kopf getroffen. So sehr auch die Umstände einer Behausung
variieren können, so unterschiedlich können die Orte sein, die uns ein inneres Zuhause
geben. Die einen wohnen im Kloster, ihrem eigenen Lebensraum. Andere halten Gärten
und Balkone, denn Blumen gehören zu jedem angenehmen Wohnen dazu. Vom kleinen
WG-Zimmer über das schicke Loft, die Eigentumswohnung, die Einsiedelei in einem
Konvent, die Zelle in der JVA oder das Eigenheim: irgendwo muss jeder Nacht für Nacht
sein Haupt zum Schlaf betten. Und wie sich die unterschiedlichsten Mitmenschen ihre
Wohnung im Haus des Vaters und dessen Umgebung gestalten, ist mindestens genauso
vielfältig. (TL)
FLORIAN RÖTZER:
SEIN UND WOHNEN
Westend, 22,00 €
ALEX JOHNSON:
BÜCHER-MÖBEL
Deutsche V.-A., ca. 10,00 €
ANDREA SCHÜTZ:
FRAU SCHNECKE
SUCHT EIN NEUES HAUS
PingPong, 12,99 €
SUE STUART-SMITH:
VOM WACHSEN UND
WERDEN.
Piper, 22,00 €
Es gibt Gärtnerhäuschen
zum Wohnen und Schreiben.
Doch Gärten an sich
sind schon verlängerte
Wohnräume. Grüne Oasen,
um zu entspannen, Freunde
zum Kaffee einzuladen
oder auch, wie die, britische
Autorin Sue Stuart-Smith
schreibt, Rückzugsorte, um
Stress, Traumata und Sucht
zu heilen. Die Psychiaterin
und Psychotherapeutin,
ehemalige Literaturstudentin
in Cambridge, analysiert
fesselnd weltweite
Erfahrungen in Sachen
Re-Insertion Krimineller und
Genesung Kranker dank
der Arbeit mit Samen und
Blumen. Denn Gartenarbeit
bedeutet auch Frust, den
es zu überwinden gilt, um
daran zu wachsen. Allein
Balkonpflege ist Therapie.
Verwahrloste Beete
vor einem Seniorenheim,
schreibt sie, sind fatal für
die Psyche. Kapitel wie "Der
sichere grüne Raum", "Krieg
und Gartenarbeit", "Blick
aus dem Krankenzimmer"
weisen den Weg. Zahlreich
und erstaunlich sind auch
Stuart-Smiths "grüne"
Bibelreferenzen. – Wer
letztlich weder einen Garten
noch einen Balkon besitzt,
kann mit dem Hegen
von Zimmerpflanzen und
frischen Blumensträußen
sein Wohlsein im kleinsten
Wohnraum beeinflussen.
Ein wunderbares Buch,
erstmals auf Deutsch. In
England ein Bestseller. Aber
Achtung – keine Fiktion und
kein Schmöker. (BdC)
JOHANNES MAYER,
PFARRER KILIA
SAUM ET. AL.:
DAS GROSSE BUCH
DER KLOSTERHEIL-
KUNDE
Zabert-Sandmann
Ein Buch, das man trotz
des Titels – so lang wie ein
Verdauungstrakt – immer
wieder gerne zur Hand
nimmt. Neben der Historie
und praktischen Anwendung
von Heilpflanzen porträtiert
das Autorenteam
Klosterräume in Deutschland
und Österreich. Zum
gesunden Wohnen und Leben
gehören u. a. der "Umgang
mit Luft und Licht",
die "konkrete Umgebung"
und Wasser-, Sonnen-, Bewegungs-,
Ordnungs- und
Heilkräutertherapien. Die
Mönche, so die Autoren,
berufen sich auf Ärzte-Philosophen
wie Pythagoras
und Hippokrates. Wichtig
sei "der gesunde Rhythmus
des Lebens". Ein Satz der
Autoren resümiert das
Buch: "Wie wir die Lehren
der Nonnen und Mönche in
unserem modernen Alltag
sinnvoll nutzen können."
Gut gegliedert, zum Nachschlagen
wie in einem
Lexikon, mit zahlreichen
Fotos und Zeichnungen.
Und Heilpflanzentipps u. a.
gegen Schnupfen, Akne,
Altershaut und Impotenz.
(BdC)
Mitten in den Zeiten einer
Pandemie erscheint eine
umfassende Studie über
das Wohnen vom deutschen
Philosophen Florian
Rötzer. In dem bemerkenswerten
Buch zeigt er auf,
wie sich unterschiedliche
Konzepte der Sesshaftigkeit
im Verlauf der
Menschheitsgeschichte
immer wieder verändert
haben, wie sich Wohnsitze
vom Schutzort zur beinahe
gläsernen Plattform einer
postmodernen Existenz
gewandelt haben und was
für einen Einfluss das
Wohnen auf Lebensqualität,
individuelle Sicherheit
und natürlich auf soziale
Strukturen nimmt. Hierzu
untersucht Rötzer Betrachtungen
von Philosophen,
wie Platon, Nietzsche oder
Flusser und zeichnet ein
bemerkenswertes Bild
einer unserer zentralsten
Lebensgrundlagen, die selten
in dieser umfassenden
Weise beleuchtet wurden.
Neben spannenden
Erörterungen wirft der aus
Bayern stammende Autor
auch Fragen in den Raum:
Sind Gefangene obdachlos,
wenn sie im Verlauf
einer mehrjährigen Haft
ihre Wohnung verlieren?
Welche Wechselwirkungen
haben das Bedürfnis nach
Schutz und der Wunsch,
vollwertiges Mitglied einer
digitalisierten Gesellschaft
zu sein? Ein Buch voll mit
interessanten Fakten und
einer längst überfälligen
Gesamtschau über das
Phänomen „Wohnen“. (TL)
„Welche
Wechselwirkungen
haben das
Bedürfnis nach
Schutz und der
Wunsch,
vollwertiges
Mitglied einer
digitalisierten
Gesellschaft zu
sein?“
Ein Buch an sich ist nicht
nur für sich gesehen schon
ein Kultobjekt, auch Wohnräume
können gezielt mit
Büchern gestaltet werden.
In seinem Buch „Bücher-
Möbel“ zeigt Alex Johnson,
wie das geht. Er fokussiert
sowohl auf Möbel und
Accessoires, die aus alten
Büchern erst hergestellt
werden, als auch auf
Möbel, die der Aufbewahrung
oder Präsentation von
Büchern dienen. Hierbei
sind die gezeigten Objekte
unterschiedlich schwer
nachzubauen: für manches
reicht es mit einer Kiste
Bastelmaterial loszuwerkeln,
anderes bedarf der
sorgfältigen Planung. In
Zeiten des Upcycling und
der Ressourcenreduktion
eine erfrischende und
fordernde Sammlung
origineller Ideen für jeden
Bibliophilen. (TL)
Frau Schnecke ist, was
ihr Zuhause angeht, wie
die meisten Menschen
recht wählerisch. Im
Fachgeschäft für Schneckenhäuser
findet sie eine
Vielzahl von Eigenheim-
Modellen. Aber das eine,
das Gewächshaus, ist
ihr zu durchsichtig, das
andere, ein Hochaus, zu
hoch und so weiter und
so fort. Selbst die Schneckenhaus-Fachberaterin
ist
manchmal ratlos angesichts
der anspruchsvollen
Schneckenwünsche. Ein
von Joelle Tourlonois nett
illustriertes Kinderbuch ab
3 Jahren, in dem es viel zu
entdecken und zu besprechen
gibt. Am besten, man
zeichnet nach der Buchlektüre
mit seinem eigenen
Kind das ideale Schneckenhaus.
Autorin Andrea
Schütz, Diplompsychologin,
hat sich auf Kinderbücher
spezialisiert. Sie lebt
selbst in einem besonderen,
rosafarbenen Haus im
Schwarzwald. (BdC)
22 23
KULTUR
DIE KULTUR IN ZEITEN DER PANDEMIE
In diesem Jahr 2020 / 21 des grassierenden Coronavirus wurde auf eklatante Weise offenbar,
welchen Stellenwert Kultur und Bildung in Politik und Gesellschaft haben: einen
sehr geringen.
„Den isoliert zu Hause
sitzenden Kindern wird
nicht nur die Gegenwart
genommen,
sondern auch die
Zukunft verbaut.“
Beginnen wir mit der Basis, den Schulen. In diesem monatelang anhaltenden
Lockdown, in dem Schulen ohne Konzept mal geöffnet, dann
wieder geschlossen wurden, selbstverständlich nach Bundesländern, ja
nach Kommunen unterschiedlich, konnte von einem geregelten Unterricht
keine Rede sein. Offensichtlich maß die Politik den Schulen keine erhöhte
Aufmerksamkeit zu. Die Mängel in der Digitalisierung traten auf eine erschreckende
Weise zutage. Die technische Ausrüstung von Klassenräumen
– Luftfiltergeräte, Tablets, W-Lan, Schnelltests – scheiterte an finanziellen
Mitteln, einem allgemeinen Desinteresse und/oder einer überbordenden
Bürokratie. Kinder langweilten sich zu Hause und lernten nichts. Viele der
jetzigen Zweit- und Drittklässler können nicht richtig lesen und schreiben.
Lernlücken klaffen immer größer. Das sind Defizite, die sich nur in Jahren
aufholen lassen. Den isoliert zu Hause sitzenden Kindern wird nicht nur
die Gegenwart genommen, sondern auch die Zukunft verbaut. Sie mussten
wochen- und monatelang ohne soziale Kontakte auskommen. Das legt
ein systemisches Problem offen. Im Sommer des vergangenen Jahres, als
die Ansteckungszahlen fast gegen Null tendierten, hatte man es schlicht
verschlafen, die Schulen besser auszustatten. Die Förderung von Industrie
und Unternehmen oder die Ermöglichung von Fußballspielen schien den
Politikern allemal wichtiger. Kinder haben halt keine mächtige Lobby und
zahlen auch keine Bestechungsgelder.
Im Kulturbereich, in dem von 1,8 Millionen Beschäftigten mehr als eine
halbe Million schlecht bezahlte Mini- und Soloselbständige sind, ist Covid
19 eine Katastrophe. Opern, Theater, Museen und Konzertsäle sind
geschlossen, Bibliotheken und Buchhandlungen gar nicht oder nur eingeschränkt
zugänglich. Die Liste der abgesagten Festspiele, Musik- und Kulturveranstaltungen
ist endlos. Laut einer aktuellen Prognos-Studie beliefen
sich die Umsatzverluste 2020 auf 22,4 Milliarden Euro, ein Minus von 13 %
bezogen auf 2019. Der Deutsche Kulturrat stellte den größten Rückgang
seit 2009 fest. In ihrer Umsatzentwicklung wurde die Kunstszene um mindestens
14 Jahre zurückgeworfen. Ein staatliches Kulturprogramm hat im
Juni 2020 eine Milliarde und in diesem Februar eine zweite Milliarde Euro
bereitgestellt. Das klingt nach viel Geld, aber die deutsche Kreativ- und
Kulturwirtschaft hat im Jahr 2019 üppige 170 Milliarden Umsatz gemacht,
mehr als die chemische Industrie. Zwei Milliarden Euro sind da vergleichsweise
wenig, zumal wenn der Umsatz der darstellenden Künste um 85 %
und der des Musiksektors um 54 % eingebrochen ist. Die Filmwirtschaft
verlor 48 %. Freischaffende Künstler sind gezwungen, als Sprechstundenhilfen,
Verkäufer oder Kassierer zu arbeiten, um über die Runden zu kommen.
24 25
KULTUR
„Auch ohne die
finanziellen Probleme
kämpft die gesamte
Kulturbranche darum,
in ihrer Bedeutung für
das gesellschaftliche
Leben angemessen
gewürdigt zu werden.“
Der Lockdown verhindert den lebendigen Kontakt, der lebenswichtig
sowohl für Künstler als auch für Kunstgenießer ist. Kreative Arbeit an
Musik, Texten und neuen Formaten kann zum großen Teil nicht ohne
gegenseitigen Austausch funktionieren. Im persönlichen Zusammensein, in
der Diskussion und Reibung mit anderen findet der Kunstschaffende Inspiration
und Anregung. Diese informelle Kommunikation kann derzeit nicht
stattfinden und ist digital nicht ersetzbar. Das gilt auch für den Kunstgenuss.
Das „Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit“ (Walter Benjamin)
von Kunstwerken ermöglicht den Kunstliebhabern zwar eine gewisse
Teilhabe an der Kultur. Opern und Konzerte sind im Radio und auf CDs
zugänglich, Bücherlesungen und virtuelle Museumsbesuche im Internet,
aber das befriedigt nicht das Bedürfnis nach Begegnung und Austausch mit
Gleichgesinnten.
Die Kultureinrichtungen wurden als erste geschlossen und werden wahrscheinlich
als letzte wieder geöffnet, obwohl die Ansteckungsgefahr anderswo
viel größer ist als in Konzertsälen und Museen. Das lässt sich leider
mit der Bildungsferne vieler Politiker erklären. Regierungschefs mancher
Bundesländer werfen Museen, Theater und andere Kulturbetriebe „immer
wieder in gemeinsame Versorgungstöpfe mit Spaßbädern und Bordellen“
(DER SPIEGEL, 27.02.2021).
Auch ohne die finanziellen Probleme kämpft die gesamte Kulturbranche
darum, in ihrer Bedeutung für das gesellschaftliche Leben angemessen gewürdigt
zu werden. Die Kultur fehlt vielen Menschen, die Sehnsucht nach
Bühnen und Musik ist groß. Ob sich der Kunst- und Kultursektor nach
dem (hoffentlichen) Abflauen der Pandemie wieder erholen wird, ist ungewiss.
In den kommenden Jahren müssen massive Haushaltslöcher gestopft
werden. Der erste Sparkandidat ist erfahrungsgemäß die Kultur.
Text: Lisa Weyand
26 27
FAMILIE
fleißig beobachten. Also ist es nicht immer leise. Doch
wir haben uns alle eingelebt. Als ich die Kinder gefragt
habe, kam nur, dass hier alles Supi sei doch sie hätten
auch gerne ihr eigenes Zimmer wie die Älteste.
Wie sehen denn die Kontakte mit den anderen Familien
im Haus aus?
Kontakt zu anderen Familien im Haus haben wir noch
nicht so wirklich, höchstens wenn man sich im Hausflur
begegnet. Mehr lässt Corona zur Zeit nicht zu.
Haben die Kinder schon – trotz Corona – eine Anbindung
in der Umgebung gefunden? Der Don-Bosco-
Club als Jugendzentrum ist ja z. B. in unmittelbarer
Nachbarschaft.
Weder wir noch die Kinder nehmen zur Zeit am
kulturellem und gesellschaftlichen Leben teil, da wir
unsere Familie und andere Personen schützen wollen.
Wenn jetzt eine Fee käme und Ihnen drei Wünsche
für Ihren aktuellen Lebensraum schenken würde, was
wären dann Ihre Wünsche? Und dann hätten auch die
Kinder noch drei Wünsche frei.
Wir als Eltern würden uns Corona weg wünschen,
damit die Kids wieder normal leben dürfen um keine
Entwicklungsstörungen zu bekommen.
„Die Kids wünschen sich
Spielgeräte für den Hof,
Fahrräder und viele Freunde ...“
Mein Mann wünscht sich Parkplätze .
Und ich endlich eine Küche um richtig zu Kochen.
Die Kids wünschen sich Spielgeräte für den Hof,
Fahrräder und viele Freunde wünscht sich Mara!
Einfach mal ohne Angst groß zu Feiern ohne Vorurteile.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Dieses Interview führte Reinhard Linke
MITEINANDER
Im Gespräch mit Familie Badorf
Liebe Familie Badorf, Sie wohnen jetzt seit einem Jahr im multireligiösen Wohnhaus (Cordoba
– siehe auch civitas-Ausgabe Weihnachten 2018) in der Hacketäuerstraße in Köln-Mülheim.
Vielen Dank, dass Sie uns an Ihren Erfahrungen in dieser Wohnumgebung teilhaben lassen.
Welchen Vorstellungen und Erwartungen haben Sie
mit ihrem Umzug verbunden?
Erwartungen hatten wir eigentlich keine. Unsere
Vorstellungen waren ein herzliches Miteinander und
Austausch aller Art untereinander.
Ist es so gekommen, wie Sie sich das gedacht haben?
Nein und Ja, dank Corona konnte man sich nicht
wirklich kennenlernen und so wird leider hinter
dem Rücken anderer geredet, ohne dass sich jemand
verteidigen kann. Doch das Familienleben hier in der
Wohnung ist nun sehr viel ruhiger, da man sich aus
dem Weg gehen kann.
Wie erleben Sie als Eltern ihren neuen Lebensraum
und wie erleben die Kinder diesen?
Wir als Eltern erleben die Wohnsituation sehr erholend
und (manchmal) friedlich. Es ist ein Unterschied,
wenn sich ein 8 Personen Haushalt auf 73 m 2
streitet oder auf über 150 m 2 . Denn wir haben 2 Kids
in der Pubertät und einen der jetzt bald rein kommt.
Dazwischen tummeln sich noch 3 kleinere, die alles
28 29
JUGEND
Wie war das, wann spürte die Familie, dass sich
eine Veränderung einstellen würde, dass das Küken
flügge werden will?
Eltern: Eigentlich schon etwas früher, Anne war gerade
15 Jahre alt und ging nach der Mittelstufe für ein
Schuljahr nach Irland. Später, im letzten Schuljahr,
zeichnete sich durch den Studienwunsch ab, dass die
Wahl des Studienortes nicht Köln sein würde.
Ist das eher so ein Gefühl wie: „Nein, das Kind ist
doch nicht so weit und es braucht uns doch noch”
oder eher: „Schön, dass sich unser Kind auf den
Weg machen will, eigenständig zu werden”?
Eltern: Eher letzteres, obwohl es gefühlsmäßig natürlich
nicht so einfach ist, das Küken fliegen zu lassen.
„Gefühlsmäßig ist es
natürlich nicht so einfach,
das Küken fliegen
zu lassen.“
LOSLASSEN
UNSER RUND-UM-SERVICE FÜR EIN SAUBERES KÖLN
> MÜLLABFUHR > WERTSTOFFSAMMLUNG > STADTREINIGUNG > WINTERDIENST
Im Gespräch mit Familie Lorenz / Völlmar
Es ist ein einschneidendes Ereignis im Familienleben, wenn ein Kind – das in dem Fall ja
eher eine junge Erwachsene / ein junger Erwachsener ist – das Nest der Familie verlässt.
”Sich auf eigene Füße stellen” oder auch in ein eigenständiges Leben starten, so heißt
es häufig zum Start dieses neuen Lebensabschnitts. Nur, was bedeutet das für Familien,
diese Phase zu durchleben? Wir haben eine Familie gefunden, die uns an ihren Erfahrungen
hierzu teilhaben läßt.
ganzjährig in allen Veedeln!
30 31
www.awbkoeln.de
AWB Abfallwirtschaftsbetriebe Köln GmbH
Maarweg 271 • 50825 Köln
Kundenberatung: 0221/9 22 22 24
E-Mail: kundenberatung@awbkoeln.de
Kennen Sie die AWB App?
JUGEND
Ute Lorenz, Guido Völlmar mit Tochter Anne Völlmar
War das schwierig, den Eltern ”beizubringen”, dass
es bald so weit ist, das Elternhaus zu verlassen, um
in eine eigene Wohnung zu ziehen und sich vom
Elternhaus ein Stück abzulösen?
Anne: Nein, wir hatten das ja bereits mit meinem
Auslandsjahr geprobt.
Welche Gefühle waren mit dem ”Loslassen” verbunden?
Anne: Vorfreude, Stolz den neuen Schritt gehen zu
können.
Eltern: Stolz, weil Anne das alleine hinbekommt
bzw. sie ein selbstständiger Mensch geworden ist,
aber natürlich mit ein wenig Wehmut verbunden.
Als es dann soweit wahr, welche Gedanken stellten
sich da ein?
Anne: Freudige Erwartung auf das Neue und Unbekannte.
Ich wusste ja, dass ich immer wieder zurück
kommen kann.
Was macht denn das neue Zuhause, oder ist es noch
”nur” die neue Wohnung?
Anne: Ich fühle mich sehr wohl in meiner ersten eigenen
Wohnung, und doch fühle ich mich in beiden
Städten zu Hause.
Gibt es Wünsche, wie sich die Zukunft mit der neuen
Lebenssituation für die Familie gestaltet?
Eltern: DasVerhältnis zueinander ist noch besser
geworden. Wir videochatten regelmäßig, so dass wir
engen Kontakt haben und freuen uns immer sehr,
wenn wir uns besuchen. So können wir immer noch
teilhaben am Leben des Anderen. Wir wünschen
uns, dass wir uns über die Zeit nicht verlieren und
uns immer wieder über ein Wiedersehen freuen.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Dieses Interview führte Reinhard Linke
Wie geht es denn so, nach dem Auszug eures Kindes?
Eltern: Am Anfang fehlte natürlich irgendetwas, aber
das ungewohnte Gefühl wich schnell der Freude über
den gelungenen Schritt unserer Tochter. Wir hatten
ja schon geübt.
32 33
SENIOREN
NEUES WOHNEN
Im Gespräch mit Frau Battke, Verein "Neues Wohnen im Alter e.V."
„Ältere Menschen verbringen vier Fünftel ihrer täglich zur Verfügung stehenden Zeit in
der eigenen Wohnung, doppelt so viel wie jüngere Altersgruppen“, ist ein weiteres Ergebnis
einer Studie aus dem Jahr 2020, die der Verein seiner Arbeit zu Grunde legt.
Aktuell leben 95% der Senioren in einer selbst genutzten Wohnung, 50 % davon in der
eigenen. Es ist hinlänglich bekannt, dass die Altersgruppe der über 65-Jährigen in den
nächsten Jahrzehnten überproportional wachsen wird.“
So stellt der „Bundesverband freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen E.V.“ in einer
Studie aus dem Jahr 2020 seinen Aufgaben einige Grundlagen voran.
In unserem Artikel stellen wir den „Verein für neues Wohnen e.V.“ in unserer Stadt vor, der
sich der Aufgabe stellt, Menschen ab 50 Jahren zu beraten, wie sie im Alter leben möchten.
Guten Tag Frau Battke! Sie arbeiten für den Verein
„Neues Wohnen im Alter e.V.“. Was ist die Aufgabe
des Vereins?
Der Verein ist seit 1985 aktiv für neue Wohnformen,
die auch die Bedürfnisse von Älteren berücksichtigen.
Wir wollen das Spektrum der Möglichkeiten erweitern,
würdevoll, finanziell tragbar, gemeinschaftlich
und selbstbestimmt zu wohnen. Das trägt zur Lebensqualität
in dieser Stadt bei.
Wir tun dies durch Beratung, Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit
für das Thema und die bereits vorhandenen
oder im Entstehen begriffenen Angebote.
Wer ist Ihre Zielgruppe?
Wir sind zunächst einmal für Menschen da, die sich für
neue Wohnformen interessieren, die ihre Wohn- und
Lebenssituation verändern wollen. Das sind meist Menschen
ab 50. Die Mehrzahl der, die unsere Beratung in
Anspruch nehmen, ist zwischen 60 und 70, denn diese
wollen auch noch selber etwas aufbauen und mitgestalten.
Menschen jenseits der 70 suchen oft einfach einen
guten Platz zum Wohnen, sind weniger am Gründen
eines neuen Projekts interessiert. Oft melden sich aber
auch jüngere Angehörige, die eine spannende Alternative
zum Heim für einen Elternteil suchen.
Wir sind ebenfalls im Gespräch mit Wohnungsbaugesellschaften,
fachlichen und regionalen Netzwerken sowie
der Stadt Köln, um das Thema neue Wohnformen
für Ältere, von und mit Älteren voranzubringen.
Und schließlich wollen wir die gesamte Stadt-Gesellschaft
sensibel machen für die Wohn-Bedürfnisse
junger wie alter Menschen und ihre vielen guten Ideen
dazu, gerade auch der Älteren.
Was sind die Wünsche der Interessierten?
Die alten Familienstrukturen funktionieren nur noch
teilweise, Tendenz sinkend. Das merken viele mit
zunehmendem Alter.
Die „jüngeren Älteren“, die 50 – 70jährigen suchen
meist „Wohn-Freunde“, wollen autonom und selbstbestimmt
leben, suchen eine Wohnsituation, in der sie
eine gute Balance aus Rückzug und Geselligkeit haben.
Hier bringen wir Interessierte zusammen, ernüchtern
aber auch, wo die Erwartungen zu idyllisch sind.
Die Bedürfnisse der meisten Interessierten aus der
älteren Generation – ab 75 – lassen sich so auf den
Punkt bringen: „Nicht allein und nicht ins Heim“.
Wir zeigen auf: Was gibt es hier noch für Möglichkeiten?
Passt Mehrgenerationen-Wohnen, eine reine
Alten-WG oder ist doch eher betreutes Wohnen oder
eine Wohnpflegegemeinschaft angesagt?
Was für Wohnformen gibt es?
Wir haben in Köln zum Beispiel eine Reihe von
Mehrgenerationen-Wohnprojekten, die ausdrücklich
wert darauf legen, dass Jüngere und Ältere zusammen
leben und sich gegenseitig unterstützen. Da, wo es gut
klappt, freuen die Älteren sich am Kinderhüten oder
Kochen für junge Familien, die Jüngeren nehmen die
Älteren gerne mal mit zum Einkaufen oder helfen ihnen
bei technischen Problemen. Man kann sich diese
und weitere Projekte in der Wohnprojektebörse auf
unserer Internetseite ansehen: https://www.nwia.de
Was wünschen Sie sich von der Politik?
Der Verein ist Mitglied im Kölner Mehr-als-Wohnen-
Bündnis und trägt dessen Forderungen mit. Unter
anderem wünschen wir uns ein klares Gegenüber
bei der Stadt für das Thema neue Wohnformen,
Ansprechpartner*innen mit Kompetenz, Ausstattung
und Entscheidungsbefugnissen.
Auch hätten wir gerne ein handfestes Signal der Politik,
dass gemeinschaftliche Wohnformen ausdrücklich
unterstützt werden – zum Beispiel durch bessere Rahmenbedingungen
für Bau- und Wohn-Projekte. Dann
wird es auch mehr Projekte geben und die Vielfalt der
Wohnformen wächst.
„Die alten Familienstrukturen
funktionieren nur noch teilweise,
Tendenz sinkend. Das merken
viele mit zunehmendem Alter.“
Die vorhandenen zivilgesellschaftlichen Strukturen
sollte die Politik stärken und besser ausstatten. Denn
die engagierten Bürger*innen, die sich schon lange um
diese Themen kümmern, haben die praktische Erfahrung
und sind näher dran an den Leuten.
Der Verein wird seit 2019 mit einer halben Stelle und
Sachkosten von der Stadt finanziert. Die halbe Personalstelle
besetzt Frau Battke.
Vielen Dank für das Interview.
Dieses Interview führte Wolfgang Obermann
TIPPS
• Fangen Sie früh genug an darüber nachzudenken,
wie Sie im Alter wohnen wollen. Ab 70 findet man
derzeit nur schwer einen Platz in einem altersgemischten
Wohnprojekt.
• Befragen Sie sich selbst, was Sie erwarten; lernen
Sie Ihre eigenen Wohnwünsche kennen
(z.B. mit dem NWiA-Fragebogen auf https://
www.nwia.de/wohnprojekteb%C3%B6rse/).
• Klären Sie dabei für sich, was bei einer neuen
Wohnform im Alter für Sie unabdingbar ist
(z.B. Barrierefreiheit, ÖPNV-Anbindung…) und wo Sie
flexibel sind oder noch flexibler werden könnten
(z.B. bei der Größe oder Lage des Projekts).
• Denken Sie in „Geben und Nehmen“: Formulieren
Sie nicht nur Erwartungen und Ansprüche, sondern
sagen Sie auch, was Sie an Talenten, Ressourcen
und Zeit einbringen können.
34 35
GOTTESDIENST
Wo wohnt Gott?
Wenn Menschen miteinander über Gott ins Gespräch kommen, dann ist das Gottesdienst. Auf
diesen Seiten finden Sie einige Gedanken von Familien zur Frage: Wo wohnt der liebe Gott?
Familie Wieners
Wo wohnt Gott?
Im Himmel in den Wolken von wo er
auf uns ALLE herabschaut.
Was macht er wohl den ganzen Tag?
Er hilft den Menschen, die nach seiner
Hilfe rufen.
Sein Zuhause ist anders als das was
wir kennen. Er braucht kein Bett, da
er nie ruht, keine Küche, da er nie
isst und kein Badezimmer. Was er
braucht ist,: “das wir Menschen an
ihn glauben.“
Bild: Elisabeth,
Text: Gabriela mit Victoria
„Da ist es schön weil man dort keinen Hunger
hat und keine Sorgen und nichts haben
möchte – man ist absolut glücklich.“
Familie Birke
Wo wohnt Gott?
Im Himmel in einem Wolken Schloss
am Regenbogen.
Mit wem?
Gott wohnt dort mit den Engeln und
Heiligen und allen Gestorbenen.
Das Wolken Schloss hat einen ganz
schönen Garten mit einem Wolkenbrunnen
die Tür zum Schloss ist der
Sonnenuntergang.
Was ist das Besondere dort?
Da ist es schön weil man dort keinen
Hunger hat und keine Sorgen und
nichts haben möchte – man ist absolut
glücklich.
Bild und Text: Madita Emilia Birke
Familie Haber
Wo wohnt Gott?
Ich glaube das Gott unserem Leben
vom Himmel aus zuguckt und auch
von dort auf einer Wolke sitzend
unsere Gebete wahrnimmt!
Auf der schönsten Wolke der Welt
(und dem Himmel).
Bild und Text: Madita
Wirklich
überall – und
sparkasse-koelnbonn.de/direktfiliale
Ja klar!
Bei unserer Direktfiliale entscheiden Sie
selbst, wann und wie Sie Ihre Bankgeschäfte
erledigen – ob am Telefon oder per Videochat.
Persönlich. Digital. Direkt.
so einfach?
Wenn’s um Geld geht
36 s Sparkasse 37
KölnBonn
Kundin & Kunde der Sparkasse KölnBonn
EIN ZUHAUSE
eine eigene Grabstätte
dafür hergerichtet. Einmal
im Jahr werden dort unsere
totgeborenen Kinder in
einer Urne bestattet.
Es ist uns wichtig, trauernden
Familien einen Ort
der Trauer und des Trostes
zu schaffen, den es sonst so
nicht geben würde.
2.
TRAUER
1.
Auf dem Katholischen Friedhof an der Sonderburger Straße hat die Gemeinde zwei Gedenkstätten
für Kinder geschaffen. Im oberen Bereich befindet sich der Platz für die totgeborenen
Kinder. Kinder, die nie das Licht der Erde gesehen haben, werden dort einmal
im Jahr beigesetzt. Im unteren Bereich des Friefhos ist ein eigener Flur für die Kinder, die
während oder kurz nach der Geburt verstorben sind.
Beide Orte sollen den Eltern einen Ort des Trauerns und Gedenken ermöglichen und eine
Hilfe sein, dieses traumatische Ereignis zu verarbeiten. Die Orte sind zudem Orte des
Trostes im Sinne des christlichen Glaubens „Jeder Mensch ist bei Gott wertvoll und kostbar
und geliebt“. Der Kirchengemeinde sind diese beiden Orte ein Herzensanliegen. Die
unaussprechbare Trauer der Eltern kann so einen Platz finden.
In den Krankenhäusern ist
es üblich, sicherzustellen,
dass Tot- und Fehlgeburten
eine würdige Bestattung
erhalten, soweit sich die
Eltern nicht selbst darum
kümmern. Grundlage ist
der Gesetzestext aus dem
Bestattungsgesetz NRW.
Diese Feiern werden überwiegend
von Seelsorgern
an den Kliniken durchgeführt
und die betroffenen
Eltern werden einbezogen,
soweit das gewünscht
ist. Praxen und private
Kliniken müssen sich auch
an das Gesetz halten, wenn
sie Abtreibungen vornehmen
oder es zu Fehlgeburten
kommt.
Christoph Kuckelkorn,
Bestatter: Vor über 15
Jahren habe ich begonnen,
für verschiedene Institute
hier in Köln frühgeborene
und abgetriebene
Kinder beizusetzen. Die
schiere Anzahl jedes
Jahr – (zwischen 800 und
2000) hat mich dabei jedes
Mal extrem beschäftigt.
Irgendwann suchte und
fand ich den Kontakt
zu Frau Bartscherer (bis
2019 Vors. Katholikenausschuß,
Anm. d.Red.) und
gemeinsam fanden wir in
der Katholischen Kirchengemeinde
St.Clemens
und Mauritius diese tolle
Kooperation.
Pater Thomas
Lüersmann: „Niemand
ist vergessen“ – unter
dieses Wort stellten wir
die Beisetzung der totgeborenen
Kinder in diesem
Jahr. Wenn wir 951 ungeborene
Kinder beisetzen,
dann fragen wir selbstverständlich
nach den
Worten dieser Kinder, die
wir nicht hören werden,
nach ihrem Lächeln, dass
wir nicht sehen werden,
nach ihrer Liebe, die wir
nicht spüren werden.
Und doch, niemand ist
je vergessen, auch diese
Kinder nicht. Wir vergessen
sie nicht, sie erhalten
einen würdigen Ort der
Erinnerung und sind bei
Gott nicht vergessen.
Gregor Stiels,
Vorsitzender des Katholikenausschuß:
Seit 2013
hat es sich der Katholikenausschuß
der Stadt Köln
zur Aufgabe gemacht, zahlreichen
Kindern, die nie
das Licht der Welt erblickt
haben, eine würdevolle
Bestattung zu ermöglichen.
In diesem Anliegen sind
wir mit dem Bestattungshaus
und der Kirchengemeinde
St. Clemens und
Mauritius verbunden.
Auf dem Katholischen
Friedhof hat die Gemeinde
Wir sehen uns geleitet von
der Zusage Gottes, dass
jeder Mensch schon von
Beginn an im Mutterleib
zu ihm gehört. Daraus erwächst
für uns als Christen
eine besondere Verantwortung.
Text: Wolfgang Obermann
„Wir vergessen
sie nicht, sie
erhalten einen
würdigen Ort
der Erinnerung
und sind bei Gott
nicht vergessen.“
Mit dem Begriff „Sternenkinder“ bezeichnet man Kinder, die während
der Geburt oder kurz nach der Geburt sterben. Im Jahr 2013
waren das in Deutschland ca. 2500 Kinder. Seit 2013 ist es auch
möglich, Babys mit einem Gewicht unter 500 Gramm auf einem
Friedhof zu beerdigen.
Für Eltern ist der Verlust
des Kindes im Bauch der
Mutter oder kurz nach
der Geburt ein schwerer
Schicksalsschlag, der
zutiefst erschüttert und die
Welt aus den Fugen bringt.
Mit dem kleinen Menschen
stirbt seine ganze Zukunft.
Viele Wünsche, Träume
und Hoffnungen sind mit
einem Mal nichtig. Von
einer Stunde auf die andere
ist alles anders. Babys, die
das Leben nicht kennenlernen
durften, werden
Sternenkinder genannt.
Sternenkinder werden auf
unserem Friedhof beerdigt.
Im Vergleich zu den anderen
Flächen und Gräbern
auf Friedhöfen sind diese
Stellen oft eher bunt und
fröhlich. Die Holzkreuze
sind mit Farben bemalt, auf
den Gräbern sind Teddys,
Spielzeug und andere bunte
Sachen zu sehen. Und doch
verstummt man an diesen
Gräbern. Das Leid läßt
einen sprachlos werden.
Eltern können über ihr
totes Kind bestimmen. Wo
soll es die Tage bis zur Beerdigung
verbringen, beim
Bestatter, im Krankenhaus
oder auch zu Hause? In
den meisten Bundesländern
kann ein Kind bis zu 36
Stunden mit nach Hause
kommen. Danach muss das
Kind beerdigt werden.
Selbstverständlich dürfen
Eltern ihrem Kind einen
Namen geben. Der Name
bedeutet, dass hier ein kleiner
Mensch gestorben ist.
Unserer Kirchengemeinde
ist es ein Herzensanliegen,
Eltern diese Möglichkeit
anzubieten. Die Gemeinde
versteht das als einen
Teil der Seelsorge und des
Mitleids, um den Eltern
ein wenig beim Umgang
mit ihrer Trauer zu helfen.
(Auszug aus dem Artikel
„Sternenkinder: Wenn das
Leben plötzlich und viel
zu früh endet“, von Benita
Wintermantel.)
Nachzulesen:
www.familie.de.
38
39
CARITAS
ZEIT ZUR BEG EGNUNG
In unserer Gemeinde unterstützen wir Menschen in allen Problemlagen. Der Blick geht jedoch
immer auch „über den Tellerrand hinaus“. Im Folgenden beschreibt Herr Barthélemy
Nkanza eine Reise in seine Heimat – den Kongo. Dort unterstützt er schon seit Jahren das
Projekt „Bumuntu“. Dieses Projekt soll durch den Sachausschuß „Eine Welt“ des Pfarrgemeinderates
begleitet und gefördert werden.
Ein
Reisebericht
Eine Reise in Demokratischer Republik Kongo
Ende Januar diesen Jahres machte ich mich auf nach Kinshasa, der Hauptstadt
der Demokratischen Republik im Kongo. Ziele dieser Reise waren die Unterstützung
der Jugendarbeit, die Ausstattung von EDV-Schulung- und Computerpraxisräumen,
die Förderung von EDV-Kursen und Sport- und Freizeitaktivitäten
und das Ausloten vor Ort nach Ausbildungsmöglichkeiten für die
Jugendlichen, insbesondere für Mädchen, die früh Mutter geworden sind.
Kinshasa, 29.01.2021
Meine erste Begegnung mit Jugendlichen fand in der Gemeinde Ndjili, eine
der 24 Kommunen der Hauptstadt Kinshasa statt. Bei diesem Treffen ging es
zunächst um die Erläuterung des Projekts „Bumuntu„ und einzelne Gespräche
mit verschiedenen Jugendbegleitern. Im Anschluss folgte die Übergabe
der mitgebrachten Fußballtrikots und Shorts an die Fußball-Juniorenmannschaft.
Mädchen werden nicht gefördert, da es an Materialien mangelt. In
dieser Hinsicht habe ich Kontakte mit ehemaligen Basketballspielerinnen
aufgenommen, die sich für einen engagieren Einsatz bereit erklärten. Dazu
werden Sportbekleidungen und verschiedene Accessoires benötigt, um einen
reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Der Bedarf an Sportbekleidungen
aller Sportarten, außer Boxen und Wintersport, ist größer denn je.
3) Gymnasium St. Pierre zu Kisantu, Klassenraum
4) Ausgabe von Fußballtrikots an die Jugend-
Fußballmannschaft in Kisantu.
SPENDEN
Für diejenigen, die uns finanziell
unterstützen möchten,
können Sie die Caritas Bankverbindung
verwenden, indem
Sie das Schlüsselwort
„BUMUNTU„ als Verwendungszweck
angeben.
Mit Ihren Spenden unterstützen
Sie das Projekt „Bumuntu„.
Spendenkonto:
Katholische Kirchengemeinde
St. Clemens und Mauritius
IBAN:
DE76 3706 0193 0018 5980 19
Pax-Bank
BIC: GENODED1PAX
Verwendungszweck:
Spende BUMUNTU
Vielen Dank
Klassenräume betrat. Freude und Konsternation waren da, und ich konnte feststellen,
was aus diesem damals geschätzten Gebäude geworden ist. Die Klassenzimmer
sind in einem renovierungsbedürftigen Zustand, zurzeit ist das Bistum
nicht imstande, die benötigten Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.
Kisantu, 14.02.2021
Begleitet von einem ehemaligen Kommilitonen fuhr ich ein zweites Mal
nach Kisantu, wo ich Fußballtrikots an die dortige Jugendfußballmannschaft
übergeben sollte. Die Stadt liegt etwa 40 km südlich der Hauptstadt
Kinshasa. Die katholische Kirche betreut hier eine Grundschule,
ein Gymnasium und eine Berufsschule. Auf meiner Agenda standen die
Besichtigung der katholischen Schulen, Gespräche mit den Schulleitern und
anschließend die Übergabe von Sportbekleidungen an die lokale Jugendfußballmannschaft.
Die Grundschule ist durch eine Finanzierung des Kindermissionswerks
Sternsinger aus Aachen renoviert worden. Die Klassenräume
und die Werkstätten sind in einem desolaten Zustand, so dass das Internat
geschlossen wurde. Die Gebäude sind nicht mehr haltbar und müssen somit
abgerissen werden. Wegen fehlender Finanzierung ist bislang noch keine
Planung vorgenommen worden.
Die in bestimmten Stadtteilen der Hauptstadt weit verbreitete Jugendkriminalität
könnte durch eine gute Politik für den Schutz der Jugend verringert werden.
Fehlende elterliche Autorität, aufgrund von Arbeitslosigkeit und Armut,
mangelnde Schulbildung und Sportanlagen, fehlende Jugendschutzgesetze und
Freizeitaktivitäten sind Ursachen, die die Lage noch schlimmer machen. In fast
allen Bereichen gibt es viel zu tun. Alphabetisierung als Basisbildung, Grundbildung,
Berufsausbildung, Förderung sportlicher Aktivitäten, Wertevermittlung
und anschließend Unterstützung von Jugendbegleitern durch qualifizierte
Sozialarbeiter könnten den Jugendlichen Zukunftsperspektiven geben.
Mit Hilfe verschiedener örtlicher katholischer Gemeinden, die bereit sind,
uns Räume zur Verfügung zu stellen, engagieren wir uns durch verschiedenen
Lehrgänge (Bürokaufmann/frau, Kassierer/in, Buchhalter/in,
Schneiderei, EDV-Kurse, MS Office, kaufmännische Software,). Um dies
zu erreichen, benötigen wir Computerausrüstung und Zubehör (Desktops,
Monitore, NAS-Server, Laptops, Kopierer, Tablets, digitale Projektoren,
Strahler, Drucker, Mäuse, Scanner, Zubehör, externe und interne Festplatten,
Speicherkarten, USB-Sticks, Nähmaschine und Accessoire, usw.). Die
Sportaktivitäten sind auch ein Mittel zum Zweck, um die Jugendlichen zu
erreichen. Gebraucht werden auch hierfür komplette Sportbekleidungen,
Trikots für Fußball, Basketball, Handball, Judo, Volleyball für Jungen und
Mädchen aller Kategorien, Trainingsleibchen, Sportschuhe, Schienbeinschoner,
Trainingshütchen, Fußbälle, Basketbälle, Volleybälle, Markierungsteller,
Torwarthandschuhe, Sporttaschen und verschiedene Accessoires.
1) Ausgabe von Sportbekleidungen in der Gemeinde
Ndjili in Kinshasa (Hauptstadt Kinshasa)
2) Bischofsrezidenz
Kisantu, vom 03.02.2021 bis zum 09.02.2021
Die zweite Etappe war das Bistum Kisantu – eine Stadt in der Provinz
Kongo-Central im Westen der Demokratischen Republik Kongo. In dem
dortigen Internat erhielt ich nach 4 Jahren (1972 bis 1976) mein Abitur. Ich
bekam Gänsehaut und ein ambivalentes Gefühl, als ich nach 45 Jahren die
(¹)Bumuntu bedeutet Menschlichkeit,
Würde in Kikongo, eine der
Sprachen im Kongo.
Im Nachhinein würde ich sagen, dass es sich gelohnt hat, diese Reise unternommen
zu haben. Ich habe Realitäten vor Ort erlebt, viel gesehen, gehört
und gelernt und ich betrachte nun alles mit einer völlig anderen Brille. Ich
bin zuversichtlich, einiges durch diese Begegnungen bewegt zu haben.
Text: Barthélemy Nkanza
40
41
EHRENAMT
WIR SIND KIRCHE
Viele Menschen engagieren sich in der Kirche, in unserer Gemeinde in den unterschiedlichsten
Bereichen der Liturgie, der Caritas, der Verkündigung und der gelebten Gemeinschaft.
Ohne ihr Einbringen in allen verschiedenen Bereichen ist eine lebendige Kirche vor Ort undenkbar.
Nach dem Motto: „Wenn viele Menschen an vielen Orten viele kleine Dinge tun, …“
Die Gemeinde sind wir alle. Wir
haben es in der Hand, durch unser
Mitwirken eine Gemeinschaft mitzugestalten,
die uns alle bereichert.
Durch mein Engagement habe ich
viele Gemeindemitglieder kennengelernt,
die mich durch ihre vielfältigen
Sichtweisen und Perspektiven im
positiven Sinne zum Nachdenken
gebracht haben. Ich hoffe, dass ich
durch mein Mitwirken andere Menschen
ebenfalls bereichern kann.
Seit nunmehr 26 Jahren bin ich
Taufkatechetin. Für viele Familien
beginnt mit der Taufe ihrer Kinder
eine Zeit, Kirche und ihre Gemeindemitglieder
neu zu erleben. Diese,
manchmal erste Kontaktaufnahme
nach längerer Pause, mit ehrenamtlichen
„Leuten von nebenan“
erleichtert den Zugang und ist mir
deshalb wichtig.
Hildegard Hasbach, Taufkatechetin
Die Sankt Sebastianus Schützenbruderschaft
Mülheim am Rhein von
1435, lebt die Schützentraditionen
im Stadtteil Mülheim. Wir hoffen,
dass unser traditionelles Schützen-
und Volksfest (Fronleichnam)
im Jahre 2022 in gewohnter Form
wieder stattfindet. Zu diesem Fest
kommen viele Menschen aus der Region
zusammen, um gemeinsam mit
uns zu feiern. Das stärkt die Gemeinschaft
und den Zusammenhalt.
Ich bin in der Gemeinde tätig, weil
ich gerne meinen Mitmenschen
eine Freude bereite. Als Messdienerin
sehe ich gerne, wenn sich die
Messbesucher über meine Mithilfe
freuen. Ich war auch schon vorher
öfters in der Kirche und habe damals
(wie auch noch heute) gerne an
Aktivitäten für Kinder und Jugendliche
teilgenommen. So bin ich
inzwischen nicht nur Messdienerin,
sondern singe auch mit viel Freude
im Chor. Es ist einfach ein Nehmen
und Geben!
Lena Trennheuser, Messdienerin
Ich bin nun im dritten Jahr Mitglied
des Finanzausschusses im Kirchenvorstand.
Es macht mir großen Spaß,
hinter die Fassaden zu gucken und
meine in der freien Wirtschaft gesammelten
Kenntnisse und Erfahrungen
einzubringen und mit der teilweise
ganz anderen Wirklichkeit in unserer
Kirchengemeinde abzugleichen.
Da fast alle Aktivitäten in unserer
Gemeinde auch finanzielle Auswirkungen
haben, habe ich mittlerweile
einen sehr guten Einblick in die
bunte, lebendige und wirklich faszinierende
Vielfalt all dessen gewonnen,
was Haupt- und Ehrenamtliche hier
regelmäßig auf die Beine stellen. Das
zu unterstützen und zu fördern und
den finanziellen Handlungsspielraum
für die Lebendigkeit unserer Gemeinde
zu erhalten, treibt mich an.
Christoph Baum, KV- Finanzausschuss
Mir, Monika Rüben, macht es Freude,
bedürftigen und ärmeren Menschen
zu helfen und dann zu sehen,
wie diese glücklich aus der Kleiderstube
und der Lebensmittel-Ausgabe
gehen. Das gibt mir das Gefühl, das
Richtige zu machen. Aber was auch
noch wichtig ist, in einem Team zu
sein, in dem ich mich wohlfühle und
ein gutes Miteinander ist. Wo wir
auch Freude und Spaß haben. Wo
alles passt.
Monika Rüben, Lebensmittelausgabe St.
Mauritius, Kleiderstube Jacke wie Hose
Dr. Alexander Rüttgers, Lektor, Strategieteam,
Elternratsvorsitzender der Kita Herz Jesu
Uwe Zollmarsch, Sankt Sebastianus
Schützenbruderschaft
DANKE
Die hier vertretenen Ehrenamtlichen
unserer Gemeinde stehen
stellvertretend für ALLE ehrenamtlich
Engagierten in unserer
Kirchengemeinde St. Clemens
und Mauritius, denen wir auf
diesem Weg für ihre Mitarbeit, ihr
Mittun und ihr Mitdenken DAN-
KEN, gerade auch in dieser für die
Kirche recht bewegten Zeit.
In der nächsten Ausgabe stellen wir
ihnen weitere Ehrenamtliche vor,
seien Sie gespannt ...
Haben wir Ihr Interesse an einer Mitarbeit
geweckt oder Sie haben Fragen?
Dann freuen wir uns, wenn Sie sich
bei uns melden und wir uns persönlich
kennenlernen.
Corinna Stäge, Bärbel Müller-Platz
und Katja Trennheuser (SA Engagementförderung)
Christian Höft,
Engagementförderer
hoeft@clemens-mauritius.de,
Tel.: 0178 – 3 29 19 03
Wir engagieren uns getreu des
Vereinsmottos: „Ein Veedel Eine Familie“,
das Diversität des Stadtteils,
herkunfts-, und altersunabhängig im
Sport vereinen möchte.
Wir möchten vor allem auch Jugendlichen
und jungen Erwachsenen eine
Perspektive geben, indem wir ihnen
eine Alternative zum manchmal
doch recht schweren Alltag bieten.
Jeder Mensch soll sich bei uns herzlich
willkommen fühlen, ganz so wie er ist!
Lukas Kletsch, Andre Peffgen
DJK Viktoria Buchheim
Auf dem Weg aus meiner Heimat
nach Deutschland habe ich wenig
Unterstützung erfahren. In Deutschland
selber umso mehr! Ich bin Katholik
geworden, und die Worte aus
der Bibel, dass man jedem Menschen
helfen soll, sind mir sehr wichtig.
Evar Simivalley, Gottesdienstassistent
Da ich sehr religiös erzogen worden
bin und meine Eltern immer ein
Vorbild waren, den Glauben zu leben,
ist der Glaube ein wichtiger Teil
meines Lebens, und ich freute mich,
als mir die Möglichkeit angeboten
wurde, den Dienst der Kommunionhelferin
auszuüben. Ganz nach den
Worten meines Vaters: „Frage nicht
was die Kirche für dich tun kann,
sondern frage dich selbst, was du tun
kannst.“
Lilia Bolg, Kommunionhelferin
42 43
CRASHKURS KIRCHE
Beichte
Die Beichte setzt die Erkenntnis voraus, dass wir schuldig geworden
sind. Um das überhaupt zu sehen, braucht es eine kritische Reflexion;
ein kritisches Schauen auf den Tag oder eine entsprechende Zeitspanne.
Wir fragen uns dabei, wo wir hinter dem zurückgeblieben sind, was
Gott uns zutraut. Gott traut uns zu, das Gute zu tun und das Schlechte
zu unterlassen. Wer sich unabhängig von der Beichte nie kritisch
hinterfragt, der verpasst die Möglichkeit zum Wachstum im Leben. Die
Beichte mit ihrer Vorbereitung hilft uns demnach, in unserem Leben zu
wachsen.
Das Beichtsakrament ist das Sakrament der Versöhnung mit Gott und den Menschen.
Es wird vom Priester gespendet und mündet in der sakramentalen Lossprechung. Bewusst
begleitet uns das Sakrament in der Kommunionvorbereitung als Erstbeichte, in
der Firmvorbereitung und vor einer Eheschließung. Im Anschluss verlieren viele das Sakrament
aus dem Blickfeld. Es kann der Eindruck entstehen, dass die Beichte das Sakrament
ist, das mit den unangenehmsten Gefühlen verbunden ist. Zu Unrecht.
44
B
In der Beichte geht es nicht in erster Linie um eine Fokussierung auf
das, was sündhaft gewesen ist, sondern es ist vor allem ein Sakrament,
das auf Zukunft hin ausgerichtet ist und heilsame Zukunft ermöglicht.
Dort kommt uns Gott auf besonders liebevolle, weil versöhnlich annehmende
Art nahe.
Eine Beichte ist nur dann verpflichtend, wenn eine schwere Sünde
begangen wurde. Die Gründe, die aus dem Alltag zur Beichte motivieren
können, sind dagegen lässliche Sünden. Bei diesen ist eine Beichte
lediglich empfohlen. Sie zerstören nicht die Gottesbeziehung wie bei
einer schweren Sünde, sondern sie belasten sie. Und meistens belasten
sie nicht nur die Beziehung zu Gott, sondern auch zu unseren Mitmenschen
und uns selber. Ein belastetes Gewissen spürt man, vor allem
dann, wenn sich etwas anhäuft. Es sind die kleinen Nachlässigkeiten des
Lebens, das Unterlassen des Guten, wo es möglich gewesen wäre. Wir
bleiben hinter dem zurück, was wir eigentlich als Christ sein könnten
und wollten. Die Beichte ist damit keine Aktion, zu der man aufrecht
stehend, aus dem Alltag kommt, sich bewusst klein macht, um danach
scheinbar wieder aufgerichtet zu werden. Vielmehr kommen wir bereits
mit krummem Rücken zur Beichte, dürfen dort Gott vertrauensvoll
hinhalten, was unheil ist an unserem Verhalten und Tun. Die Beichte
macht uns nicht klein, sie richtet auf, sie macht uns nicht schwach,
sondern bestärkt uns zum Guten hin.
Warum dann überhaupt zur Beichte gehen, wenn man es doch nicht
in allen Fällen verpflichtend tun muss und die Angelegenheit mit Gott
im persönlichen Gebet selbst regeln könnte, ohne das unangenehme
Bekenntnis vor einer anderen Person?
„Es geht in der Beichte
nicht um Verurteilung,
sondern um das
Gegenteil, Erlösung
und Befreiung“
Die Beichte ermutigt uns zum konkreten Aussprechen dessen, was
schuldhaft belastet. Wenn wir Belastendes aussprechen, distanzieren wir
uns emotional von diesen Situationen. Was ausgesprochen wird, nimmt
uns nicht mehr ganz gefangen Die Beichte bietet einen geschützten Rahmen,
um dieses Aussprechen ohne Angst wagen zu können.
Es geht in der Beichte nicht um Verurteilung, sondern um das Gegenteil,
Erlösung und Befreiung. Während im persönlichen Gebet das Sakramentale
fehlt, ist es in der Beichte garantiert. Dort sitzt ein Priester,
ein Mensch, den wir sehen können, eindeutig hören, und von dem wir
uns in heilsamen Zeichen bewegen lassen können. Es geht nicht um
die persönliche Meinung des Priesters, sondern er nimmt sich in seiner
Person gänzlich zurück und lässt Gott zur Sprache und zur Handlung
kommen. Wir erfahren die Zuwendung Gottes in den eindeutigen
Worten und Zeichenhandlungen des Priesters. Versöhnung, Zukunft,
Neuanfang, Ermutigung zum Guten, werden wahrhaftig erlebbar.
Wir wissen, wie heilsam es sein kann, von einem Menschen gesagt zu
bekommen: Es ist dir verziehen, es ist gut. Das ist es auch, was uns Gott
in der Beichte anbietet. Einen Neuanfang ohne Lasten, die unseren
Rücken krumm machen.
Die Buße hat nicht den Zweck, uns zu gängeln. Sie folgt der Sehnsucht,
das, was wir an Schaden angerichtet haben, wieder gutzumachen. Wir
kennen es, unabhängig von einer Beichte, den Wunsch zu verspüren
etwas „wieder gutmachen“ zu wollen. Da nicht alles was angerichtet
wird, wieder gutgemacht werden kann, kann eine Buße dafür auch stellvertretend
stehen. Eine sinnvoll aufgegebe Buße holt aus der eigenen
Handlungsunfähigkeit heraus. Gerade dann, wenn ein Schaden nicht
wieder gut zu machen ist. Dass Gott die Scherben, die wir hinterlassen,
aufkehrt, das ist auch die Zusage, die wir in der Beichte erhalten.
Text: Andrea Kühn, Gemeindeassistentin
45
RÜCKMELDUNG
In Köln, einer modernen Millionenstadt in Deutschland,
war es Teil unserer Lebenswelt in unserem
Stadtviertel vor etwas über dreißig Jahren, dass Kinder
zusammen in einen katholischen Kindergarten gingen,
in eine katholische Grundschule, im katholischen
Sportverein am Nachmittag zusammen kamen und
in den Ferien – in von der katholischen Jugendgruppe
organisierten Zeltlagern – vielseitige Abenteuer
erleben und wertvolle eigenständige Erfahrungen im
Leben machen durften. So ist es, allem Vernehmen
nach, weitgehend bis heute geblieben. Dabei war keine
dieser Aktivitäten exklusiv und blieb Kindern anderer
Konfession oder Religionszugehörigkeit verschlossen.
IHRE
RÜCK-
MELDUNG
ZÄHLT ...
Ich bin Soldat und die Hälfte meiner Zeit alleinerziehender Vater. In beiden Rollen hilft es
mir sehr, dass ich durch eine Kindheit geprägt wurde, in der zu einer liebenden Familie
auch eine lebendige Kirchengemeinde dazugehörte.
Gleichzeitig waren nur wenige Straßenzüge entfernt
die Sozial- und Familienverhältnisse deutlich weniger
idyllisch. Aber auch dort war mit einem „Don-Bosco-
Club“ der Kirche eine bis heute wertvolle Anlaufstelle
für Kinder, Jugendliche und Eltern vorhanden. Für die
Kinder und Jugendliche dieses Teils unseres Viertels
war und ist diese von einem katholischen Orden
getragene Sozialeinrichtung oft eine der wenigen Gelegenheiten
für verlässliche Verhältnisse, gewaltfreien
Umgang, ein Rückzugsort vor Familien und einem
Leben mit massiven Armuts-, Bildungs- und Drogenproblemen.
Und, so erschütternd das ist, schlicht auch
einfach eine Möglichkeit für eine gesunde, warme
Mahlzeit einmal am Tag. Für uns Kinder „von der
anderen Seite der Bahnschienen“ war aber auch die
Verbindung unserer Kirchengemeinde mit dem „Don-
Bosco-Club“ eine unschätzbare Chance zum „Kulturschock“,
zum Kennenlernen, Verstehen und Wertschätzen
anderer Lebenswelten, und zur Begegnung
mit engagierten Menschen im unermüdlichen Einsatz
für Schwächere und Benachteiligte.
An allen diesen Punkten spielten und spielen ehrenamtlich
Engagierte eine entscheidende Rolle: ohne
sie und ihren Einsatz würden weder die Jugendarbeit,
noch das Gemeindeleben funktionieren. Aber in der
Mitte, als räumlicher, aber auch ideeller und spiritueller
Bezugsort, stand und steht die Kirche. Und
dazu gehört der Pfarrer der Gemeinde. In meinem
persönlichen Erleben sind dies Menschen, die sich aus
Überzeugung – Berufung – heraus Zeit nehmen, „da“
sind und ihre
Gemeinden kennen. Engagierte Persönlichkeiten, die
aus eigener Erfahrung zehren und die nicht weltfremd,
sondern – eher häufiger als nicht – bei den Menschen
und ihrer Lebenswirklichkeit zuhause sind.
Als Soldat, im Einsatz in Krisengebieten – als Blauhelm
zur Friedenssicherung vor dem Libanon, für
die Europäische Union zur Pirateriebekämpfung und
Sicherung von Nahrungsmittellieferungen vor der
Küste Somalias – habe ich als noch junger erwachsener
Mann erlebt, wie fragil die vermeintliche Sicherheit
unserer menschlichen Gesellschaften ist. Ich habe auch
erfahren, wie schnell ich mit meinem eigenen Wissen
und dem unbewussten Vertrauen auf funktionierende
Verhältnisse an Grenzen kommen kann. Dabei
wurde mir einerseits klar, wie wichtig ein Team, eine
Gemeinschaft von Menschen ist, auf die ich mich
verlassen kann. Andererseits habe ich aber auch erlebt,
dass ich in Krisensituationen, in Verantwortung für
mich und mir anvertraute Menschen, bei Entscheidungen
von gravierender Tragweite – bis zum Einsatz von
Waffengewalt – ich nicht vollkommen alleine und auf
mich gestellt war.
In meiner eigenen Entwicklung, aber vor allem als
Papa, wurde mir gerade durch meine Erfahrungen
in Extremsituationen bewusst, wie wichtig ein gutes
Fundament aus kultureller, gemeinschaftlicher aber
auch religiöser Prägung für mich ist. Ein schlichter
Besuch im Kunstmuseum macht sofort deutlich,
dass ohne zumindest rudimentäre Kenntnisse der
Geschichten aus der Bibel, das kulturelle Vokabular
zum Verständnis unserer eigenen Geschichte extrem
lückenhaft wäre. Auch haben mir die in jedem
Leben unvermeidbaren kleinen und größeren Krisen,
Anstrengungen und leidvollen Erfahrungen immer
wieder gezeigt, wie wertvoll es sein kann, auf die alten
religiösen Rituale und darin geradezu pädagogisch
clever verpackte Lebensweisheiten zurückgreifen
zu können. Der ritualisierte Raum für Trauer beim
Verlust eines geliebten Menschen für Angehörige und
Freunde, genauso, wie der über Jahrhunderte und
Jahrtausende geübte seelsorgerische Beistand für die
Kranken und Sterbenden selbst. Aber auch in Eheschließung
und Kindertaufe, von der Begrüßung neuen
Aufbruchs und neuen Lebens, bis zum Abschied daraus,
haben die katholische Kirche und die Menschen,
die sie tragen, unschätzbar Wertvolles zu bieten.
„Aber in der Mitte,
als räumlicher,
aber auch ideeller
und spiritueller
Bezugsort, stand
und steht die Kirche.“
Für mich persönlich, aber auch um meinen Kindern
später eine echte freie eigene Wahl – statt schlichter
Unwissenheit und Unkenntnis – zu ermöglichen, gehe
ich mittlerweile seit etwa sechs Jahren wieder regelmäßig
alleine und mit meinen Kindern in Sonntags- und
Feiertagsgottesdienste. Dazu gehört, mitten in der
Millionenstadt, unweit vom Dom, in der fast tausendjährigen
wunderschönen romanischen Basilika St. Maria
im Kapitol, ein liebevoll von Gemeindepfarrer und
Eltern gestalteter sonntäglicher Kindergottesdienst.
Auch haben einige von uns Eltern für unsere Kinder
in den vergangenen beiden Jahren eine Kommunionvorbereitung
ins Leben gerufen und anschließend
Erstkommunion – die Aufnahme in die „Mahlgemeinschaft“
der Gemeinde, aber auch der Christenheit
als Ganzes – mit den Kindern gefeiert. Übrigens mit
Kindern, die sich zumeist außerhalb der Kirche wohl
kaum begegnet wären, mit Freude von einer Gemeinde
von Menschen feierlich aufgenommen, die wir
anderweitig nicht kennen gelernt hätten.
All das wird – und umso wertvoller in diesen Zeiten
geschlossener Kultureinrichtungen – von Musik,
Kunst, Architektur und Geschichte eingerahmt. Musik,
die inspirieren und träumen lassen kann; Kunst,
die schön erscheinen mag, oder nachdenklich macht;
Architektur, die beeindrucken, aber auch Geschichten
erzählen kann; und eine Geschichte, die – wie auch
die Gegenwart – nicht immer nur Glanz und Heiligenschein
vermittelt, sondern auch zu kritischem
Hinterfragen einlädt. Entscheidend ist für mich als
Mensch, als Bürger, aber auch als Vater, dass ich
46
47
TERMINE
48
sowohl bewusst das Schöne, die Inspiration suche, den
Raum für Nachdenklichkeit, aber dabei auch nicht die
Augen vor dem Fragwürdigen, dem Kritikwürdigen
verschließe. Nicht-hingehen wäre für mich ein Verlust
und eine verpasste Chance – und zwar nicht nur für
mich alleine.
Dabei geht es mir nicht darum, den christlichen Glauben,
und schon gar nicht die von Menschen begründete,
geführte und mit all ihren Fehlern – aber auch
wertvollen Leistungen – verantwortete katholische
Kirche als einzig wahr oder richtig darzustellen. Mir
geht es darum, dafür zu plädieren, dass wir uns als diejenigen,
denen Kirche und Gemeinschaft am Herzen
liegen, nicht davor drücken, hinzusehen, hinzugehen
und – wo wir können – mitzumachen, mitzugestalten.
Wir können als Menschen nie mit absoluter Gewissheit
sicher sein, ob wir Recht haben oder richtig liegen
– im Guten, wie im Schlechten. Wir müssen dabei
in letzter Konsequenz auf Vertrauen und Glauben
zurückgreifen. Sei es im Glauben an universelle Menschenwürde
– mit oder ohne Grundlage in einem wie
auch immer gearteten Gott. Sei es im Vertrauen in die
Wissenschaft und das Fundament logischer Beweisführung,
bis zu dem Punkt, mit dem wir vorläufig weiter
arbeiten in unserem Streben nach Erkenntnis. Oder
sei es im Vertrauen auf unser eigenes Urteil, unser
Gewissen, wenn wir gute von schlechten Entscheidungen
trennen. Dabei kann uns eine Auseinandersetzung
mit Religion helfen. Auch dann, wenn es darum geht,
denn Sinn in unserem unvermeidlich endlichen irdischen
Leben zu suchen. Und auf ihre Weise, für den,
der dazu Zugang hat, können bei all dem auch ein guter
Pfarrer mit seinen Predigten und seiner Seelsorge,
sowie die katholische Kirche mit ihren alten Ritualen
ein wertvoller Beitrag sein.
Deshalb, genauso wenig, wie nicht-Wählen ein
vernünftiger Umgang mit Frust in einer Demokratie
ist, ist das Austreten aus der Kirche in meinen Augen
ein guter Umgang mit Frust mit der Institution oder
ihren Führungspersonen. Denn damit Institutionen
besser werden, brauchen sie kritisches Augenmerk von
außen und innen. Aber wenn nur Wenige hingehen,
hinschauen, sich auseinandersetzen, dann fehlt es
genau daran. Entscheidende Chancen, die Möglichkeiten
der katholischen Kirche zum Guten zu nutzen,
werden dabei erodiert – für die Gesellschaft als
Ganzes, wie für den Einzelnen und auch zukünftige
Generationen.
Letztlich braucht es für echte religiöse Freiheit zumindest
die Chance, sich mit den potentiell wertvollen und
hilfreichen Elementen der katholischen Interpretation
des Christentums auseinanderzusetzen. Dabei bleibt es
„Wir können als Menschen
nie mit absoluter Gewissheit
sicher sein, ob wir Recht haben
oder richtig liegen – im Guten,
wie im Schlechten. Wir müssen
dabei in letzter Konsequenz
auf Vertrauen und Glauben
zurückgreifen.“
jedem selbst überlassen, zu entscheiden, was von Wert
und als zu erhalten erachtet wird: Caritatives, Sozialarbeit,
Jugendzeltlager oder Chorkonzerte in vor
Jahrhunderten durchdachter natürlicher Akustik; oder
schlicht das Gebet in Dankbarkeit oder Verzweiflung,
ritualisiert in hunderten Sprachen in aller Welt ähnlich
und vertraut, oder ganz persönlich und still. Vor
allem aber sollten wir das, was wir als gut erkennen,
leben und teilen. Es reicht dabei nicht, dass wir es andere
für uns machen lassen. Wir sind selbst gefordert.
Text: Moritz Brake
SCHREIBEN SIE UNS ...
Mit dieser civitas-Ausgabe starten wir eine neue
Rubrik. Unter dem Namen "Rückmeldung" rufen wir
Sie auf, uns Ihre ganz persönliche Sicht auf ganz
unterschiedliche Themen in unserer Gemeinde und
unseren Veedeln zu schildern.
Dieser Beitrag kann die Form einer Stellungnahme
zu einem gewissen Thema einnehmen, Lob oder
Kritik äußern, er kann eine Meinung widerspiegeln
oder eine ganz eigene Geschichte erzählen.
Wir möchten Ihnen mit dieser neuen Rubrik die Möglichkeit
bieten, sich thematisch einzubringen, Ihre
Gedanken mit uns und den Leser*innen von civitas
zu teilen und so Ihre Ideen zu kommunizieren.
Wir sind gespannt, welche Geschichten Sie erzählen.
Foto: shutterstock/Tan Yee Ping
Termine
Aufgrund der aktuellen Corona-Situation möchten wir an dieser Stelle auf
unsere Internetseite hinweisen, auf der wir Ihnen in den Rubriken Veranstaltungen
und Aktuelles unsere aktuellen Termine und Veranstaltungen vorstellen.
Wir sind voller Zuversicht, dass wir uns im nächsten halben Jahr auch
außerhalb der Gottesdienste wieder begegnen werden. Bleiben Sie gesund.
www.clemens-mauritius.de
Wir sind
für Sie da.
jederzeit.
www.bestattungshaushoffmann.de
ONLINEANMELDUNG
ZUM GOTTESDIENST
Ab sofort haben Sie die
Möglichkeit, sich online auf
unserer Internetseite für unsere
Gottesdienste und Veranstaltungen
anzumelden.
Dies geht auf der Internetseite
der Pfarrgemeinde unter der
Rubrik Gottesdienste.
Eine telefonische Anmeldung
ist weiterhin über das Pastoralbüro
möglich (0221 / 96 70 20).
www.clemens-mauritius.de
Wir freuen uns auf Sie.
Bestattungshaus
Hoffmann GmbH
Köln-Mülheim
Haslacher Weg 23d
Köln-Merheim
Olpener Straße 376-378
Köln-Deutz
Gotenring 7
Zentrale Rufnummer:
0221– 61 72 62
49
KONTAKTE
Kontakte
Adressen
KONTAKTBÜROS
Liebfrauen
Adamsstr. 21, 51063 Köln
Derzeit geschlossen
St. Mauritius
Alte Wipperfürther St. 53,
51065 Köln
Derzeit geschlossen
St. Petrus Canisius
Voltastr. 32, 51065 Köln
Derzeit geschlossen
Telefon: 0221 /96 70 2 - 0
(zentrale Rufnummer für alle
Pfarrbüros + Friedhofsverwaltung)
info@clemens-mauritius.de
FRIEDHOFSVERWALTUNG
friedhofsverwaltung
@clemens-mauritius.de
0221 / 96 70 2 - 0
HAUSTECHNIK
haustechnik@clemens-mauritius.de
VERMIETUNGEN
vermietung@clemens-mauritius.de
0221 / 96 70 2 - 26
FAMILIENZENTRUM
steiner@clemens-mauritius.de
KINDERTAGESSTÄTTEN
St. Antonius
Don-Bosco-St. 3, 51063 Köln
0221 /96 70 2 - 80
Herz Jesu
Schleiermacherstr. 14,
51063 Köln
0221 / 96 70 2 - 40
Liebfrauen
Adamsstr. 17, 51063 Köln
0221 / 96 70 2 - 50
St. Mauritius
Caumannsstr. 14, 51065 Köln
0221 / 69 75 60
St. Petrus Canisius
Kopernikusstr. 160,
51065 Köln
0221 / 96 70 2 - 60
St. Theresia
An St. Theresia 8,
51067 Köln
0221 / 96 70 2 - 70
GREMIEN
Kirchenvorstand
Kontakt über Pastoralbüro
Pfarrgemeinderat
pgr@clemens-mauritius.de
BEGEGNUNGS- UND
INFORMATIONSZENTRUM
OFFENES LIEBFRAUENHAUS
Adamsstraße 21
51063 Köln
Begegnungszentrum:
Derzeit geschlossen
Informationsszentrum:
Derzeit geschlossen
Letzte Wege -
Wir an Ihrer Seite
GEMEINDEDIENSTE
Als modernes Bestattungsunternehmen und Meisterbetrieb im Herzen von
Köln-Mülheim bieten wir Ihnen eine Vielzahl von Dienstleistungen.
WIR
helfen
gerne.
PASTORALTEAM
Stefan Wagner | Pfarrer
Christian Weinhag | Pfarrvikar
Wolfgang Heinen | Subsidiar
Pater Thomas Lüersmann | Pfarrvikar
Bruno Nebel | Pfarrvikar
Johannes Schmitz | Diakon mit Zivilberuf
Ralf Zilligen | Diakon mit Zivilberuf
Beate Bleck | Pastoralreferentin
Ralf Steiner | Gemeindereferent
Wolfgang Obermann | Gemeindereferent
Thomas Reuber | Seelsorgebereichsmusiker
Christian Höft | Engagementförderer
zu erreichen über Email:
<nachname>@clemens-mauritius.de
(Beispiel: wagner@clemens-mauritius.de)
oder telefonisch über das Pastoralbüro
VERWALTUNGSLEITUNG
Rita Geuenich
geuenich@clemens-mauritius.de
PASTORALBÜRO
St. Elisabeth
Elisabeth-Breuer Str. 46, 51065 Köln
Mo. – Fr.: 09.00 – 12.00 Uhr;
Di. und Do.: 14.00 – 16.30 Uhr;
Fr. : 14.00 – 15.30 Uhr
Termine derzeit nur
nach Anmeldung
NOTFALL-TELEFON
Bei seelsorgerischen Notfällen
0171 / 1 43 39 14
Wir organisieren und führen alle Arten von Bestattungen durch.
Auch beim Thema Bestattungsvorsorge sind wir für Sie ein kompetenter
Partner. Wir beraten Sie gerne unverbindlich und kostenfrei.
Wir sind bei einem Sterbefall jederzeit telefonisch für Sie unter 0221 - 61 37 25
erreichbar.
Fordern Sie unsere kostenlosen Informationen und Preisbeispiele an!
Bestattungshaus
E. Maus GmbH
Regentenstraße 85
Köln-Mülheim
www.maus-koeln.de
50 51
Köln-Mülheim
KONTAKTE
WIR STELLEN VOR
SOZIALES
LEBENSMITTELAUSGABEN
Mit Caritas-Sprechstunde:
St. Mauritius:
Di.: ab 15.00 Uhr
St. Antonius:
Do.: ab 15.00 Uhr
KLEIDERSTUBE
Jacke wie Hose
Eulerstr. 2, 51065 Köln
Mo.: 10.00 – 13.00 Uhr,
Mi.: 15.00 –18.00 Uhr
Tünn's Klamotte-Stübche
St. Antonius
Tiefentalstr. 38, 51063 Köln
Mo.: 11.30 – 13.30 Uhr,
Do.: 14.30 –17.00 Uhr
CARITAS-ZENTRUM
Adamsstr. 15, 51063 Köln
0221 / 68 00 25 0
KÖLSCH HÄTZ
Adamsstr. 21, 51063 Köln
0221 / 9 67 02 38
Mi.: 10.00 – 12.00 Uhr
CHRISTLICHE SOZIALHILFE
Knauffstr. 1, 51063 Köln
0221 / 6 47 09 57
Offene Sozialsprechstunde:
Mo.: 10.00 Uhr – 13.00 Uhr
Knauffstr. 14
Mi.: 10.00 Uhr – 12.00 Uhr
Knauffstr. 1
CARITAS ALTENZENTRUM
St. Josef Elisabeth
Elisabeth-Breuer-Str. 57, 51065 Köln
0221 / 28 58 10
BODELSCHWINGH-HAUS
Bergisch-Gladbacher-Straße 74
51065 Köln
0221 / 99 56 32 72
SBK
Tiefentalstraße 86, 51063 Köln
0221 / 77 75 21 00
Kopernikusstraße 38, 51065 Köln
0221 / 88 99 70
NORBERT BURGER
SENIORENZENTRUM
Keupstraße 2a, 51063 Köln
0221 / 66 00 74 00
WOHNHAUS FÜR MENSCHEN
MIT BEHINDERUNGEN
Wohnhaus St. Christophorus
Rhodiusstraße 22, 51065 Köln
0221 / 61 73 17
JUGENDZENTREN
Don-Bosco-Club
Tiefentalstraße 38, 51063 Köln
0221 / 6 47 08 55
info@don-bosco-club.de
www.don-bosco-club.de
www.work4you.koeln
Area 51
Galileistraße 8, 51065 Köln
0221 / 16 92 00 74
area51@kja.de
Support 51
Charlierstraße 11, 51065 Köln
0221 / 16 83 49 32
katharina.ritter@kja.de
Internet: www.clemens-mauritius.de
Treffpunkt
Die Kirchengemeinde ist an den zentralen Punkten von
Buchforst, Buchheim und Mülheim vertreten.
Weithin sichtbar durch ihre Kirchen
und verankert durch Räumlichkeiten
- zwölf Räume in unterschiedlichen
Größen -, in denen Gemeindeleben
stattfindet und in denen
Gemeinschaft erfahren wird.
Vor neun Jahren hat der Kirchenvorstand
einen Vermietungsausschuss
eingerichtet - derzeit bestehend
aus 8 Mitgliedern und einem
Mitglied des Pfarrgemeinderates,
der sich mit der Hilfe von Frau
Barbaric um die Organisation der
Nutzung kümmert.
Neben der Möglichkeit, in diesen
Räumen Gemeinschaft und Geselligkeit
zu erleben, wird durch
Vermietungen ein finanzieller
Beitrag zum Erhalt der Pfarrzentren
erwirtschaftet.
Ziel ist, auch zukünftig preisgünstige
Gelegenheiten für
Feiern (Hochzeiten, Geburtstage,
Taufen), besonders auch für sozial
benachteiligte Familien, vorhalten
zu können. Sehr beliebt unter
unseren Gästen zeigt sich der Partyraum
"Krypta", der sich unter
der Kirche St. Petrus Canisius in
Köln-Buchforst befindet.
Durch die engagierte Arbeit des
Vermietungsteams erfreuten
sich die Räume einer sehr guten
Auslastung, bis die Pandemie diese
Auslastung massiv traf.
Wir hoffen, nach der Pandemie
hier wieder anknüpfen zu können.
Text: Für den Vermietungsausschuss
Daniel Peffgen
KONTAKT
Daniel Peffgen
Telefon:
0221 / 96 70 2 - 26
Email:
vermietung@
clemens-mauritius.de
Wir
stellen
vor
Daniel Peffgen ist 29 Jahre alt,
wohnhaft in Köln-Buchheim und
seit seinem 8. Lebensjahr mit der
Kirchengemeinde verbunden.
Er ist seit neun Jahren Mitglied des
Kirchenvorstands und leitet den
Vermietungsausschuss.
Beruflich sorgt Daniel Peffgen als
Straßenbahnfahrer bei der KVB für
unsere wohlbehaltene Fahrt von A
nach B.
Seinen Ausgleich findet er bei
Spaziergängen mit seinem treuen
Weggefährten Hund Golfo. Wenn
es seine Zeit erlaubt, besucht Daniel
Peffgen gerne unterschiedliche
Städte. Einer seiner Lieblingsorte
ist das Allgäu. Hier kann er auf langen
Spaziergängen gut entspannen.
Als Fan des 1. FC Köln und der
Kölner Haie wünscht er sich sicher
sehnlich, dass bald wieder Besuche
im Stadion möglich sein werden.
52 53
NACHGEDACHT
„„Zu Hause ist, wo das Herz eine Heimat findet."
Fred Ammon
Liebe
Leserinnen
und Leser,
am Ende
des Magazins
bleibt,
Ihnen eine gute
Sommerzeit
zu wünschen.
Bei allen Einschränkungen in vielen Bereichen unseres Lebens
während der Pandemie bleibt das ZU HAUSE unser Anker.
Im Namen des Redaktionsteams
und der katholischen Kirchengemeinde
wünsche ich Ihnen, dies immer wieder zu erfahren.
Ihr Pfarrer Stefan Wagner
54
Katholische Kirchengemeinde St. Clemens und Mauritius | Köln