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moneyeditorial<br />

FRANK PÖPSEL<br />

CHEFREDAKTEUR FOCUS-MONEY<br />

EDITORIAL<br />

Politik und Umweltschutz – mit<br />

dem Rationalitätsprinzip wäre alles leichter<br />

Starkregen, Überschwemmungen, katastrophale Zustände in<br />

Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Umweltministerin<br />

Svenja Schulze ist sich sicher: „Der Klimawandel ist in Deutschland<br />

angekommen.“ „Wir müssen alles dafür tun, um den menschengemachten<br />

Klimawandel aufzuhalten“, fordert auch Vizekanzler Olaf<br />

Scholz. Aber wie? Kann Deutschland mit einem Anteil von zwei Prozent<br />

am weltweiten CO 2-Ausstoß die Welt retten? So simpel die Antwort<br />

darauf ist, so wenig sinnvoll sind oft die von der Politik aufgezeigten<br />

Lösungen. Neue Ideen braucht das Land! Wie wäre es mit<br />

einem vielleicht politisch utopisch klingenden, aber ökonomisch<br />

äußerst vernünftigen Vorschlag?<br />

Machen wir dazu einen Ausflug in die Mikroökonomie. Es geht um<br />

eine bestimmte Kennzahl: die Grenzrate der technischen Substitution.<br />

Die Germanistin und Politikwissenschaftlerin Schulze und der Jurist<br />

Scholz kennen sie vermutlich nicht. Aber wichtig wäre sie schon.<br />

Wenn ein Produkt mit zwei Produktionsfaktoren, Kapital und Arbeit,<br />

produziert wird, gibt die Grenzrate der technischen Substitution an,<br />

wie viel mehr man von Produktionsfaktor 1 (Kapital) einsetzen muss,<br />

wenn man Produktionsfaktor 2 (Arbeit) verringern will. Das Besondere<br />

dabei: Die Grenzrate der technischen Substitution ist meist abnehmend,<br />

wenn man sich das Beispiel eines Fließbandarbeiters vor<br />

Augen hält, leuchtet das intuitiv ein. Die ersten zehn Arbeiter kann<br />

man noch verhältnismäßig einfach und damit günstig durch eine Maschine<br />

(= Kapital) ersetzen. Die letzten verbliebenen Arbeiter werden<br />

aber nur sehr schwer durch Maschinen zu ersetzen sein, denn irgendjemand<br />

muss ja die Maschinen beaufsichtigen und steuern.<br />

Ähnlich wie mit den Maschinen ist das auch mit dem CO 2-Ausstoß.<br />

In industrialisierten Staaten ist die Umwelt ein Produktionsfaktor.<br />

Leider! Ohne die Umwelt zu belasten, lässt sich kaum etwas herstellen.<br />

Und auch beim Produktionsfaktor Umwelt ist die Grenzrate der<br />

technischen Substitution abnehmend. Übersetzt auf die Praxis, heißt<br />

das: Je sauberer ein Land bereits produziert, desto teurer ist es, weiteres<br />

CO 2 einzusparen.<br />

In der renommierten Wissenschaftszeitschrift „Nature“ beschreibt<br />

Nico Bauer, Ökonom am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung,<br />

das so: „Die Minderungskosten unterscheiden sich deshalb so stark,<br />

weil fortgeschrittene Volkswirtschaften bereits eine effizientere und<br />

sauberere Energienutzung haben und weniger abhängig von fossiler<br />

Energie sind als Schwellenländer. Daher können in den Schwellenländern<br />

kostengünstigere Möglichkeiten zur Emissionsminderung<br />

gefunden werden.“ Und er schlägt vor: Warum bezahlten die reichen<br />

Industrieländer nicht einfach Indien und China dafür, dass sie<br />

CO 2 einsparen?<br />

Gemeinsam mit einem Forscherteam führt Bauer energieökonomische<br />

Computersimulationen durch, um alternative Politiken zu analysieren.<br />

Ohne Finanztransfers ist die Ausgangslage klar: „Die reichen<br />

Länder müssen ihre Emissionen senken. Wir dagegen sollten unsere<br />

Emissionen steigern können, denn das ist nötig, um die Armut zu be-<br />

kämpfen“, so Rajendra K. Pachauri, Vorsitzender des indischen Weltklimarats.<br />

Dieser Zusammenhang zwischen Armut und Klimaschutz<br />

wird oft vergessen.<br />

Wie aber könnte man die Menschen in Deutschland überzeugen,<br />

dass ihre Steuern und Energieabgaben künftig nur noch zu einem kleinen<br />

Teil in Windkraftwerke an der Nordsee und stattdessen zu großen<br />

Teilen in Solarparks in Kalkutta investiert werden? Ganz einfach:<br />

indem man ihnen das Rationalitätsprinzip vor Augen hält. Es ist ein<br />

Grundprinzip vernünftigen menschlichen Handelns und besagt in<br />

der Ökonomie: Ein gegebenes Ziel sollte mit geringstmöglichem Mitteleinsatz<br />

erreicht werden.<br />

Wenn das Ziel also gemäß Greenpeace lautet: „Die Menschheit muss<br />

bis Mitte des Jahrhunderts ihren CO 2-Ausstoß halbieren, damit das<br />

Erdklima nicht vollständig außer Kontrolle gerät“, dann können wir<br />

das Ziel erreichen, indem wir entweder das gesamte CO 2 in den reichen<br />

Industrieländern einsparen. Das ist aufgrund der Grenzrate der<br />

technischen Substitution extrem teuer. Oder wir leisten in den reichen<br />

Industrieländern nur einen kleineren Teil und subventionieren<br />

Länder wie Indien und China. Das wäre deutlich günstiger. Wir könnten<br />

also mit den gegebenen Mitteln in den weniger entwickelten Volkswirtschaften<br />

mehr CO 2 einsparen als in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften.<br />

Ich habe viel gegoogelt, aber keinen einzigen Vorschlag der Politik<br />

gefunden, der dieses ökonomische Rationalitätsprinzip aufgreift.<br />

Schade eigentlich, dass Schulze, Scholz & Co. die Grenzrate der technischen<br />

Substitution nicht kennen.<br />

Ihr<br />

Aus aktuellem Anlass!<br />

Lesen Sie FOCUS-MONEY bequem zu Hause<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

die Bundestagswahl steht vor der Tür und nach 16 Jahren<br />

wird Angela Merkel die Kommandobrücke verlassen.<br />

Bekommen wir einen neuen Bundeskanzler oder doch wieder<br />

eine neue Kanzlerin? Und vor allem: Wie reagieren die Börsen<br />

darauf? Mein Tipp: Sie erfahren alles Wichtige in FOCUS-MONEY.<br />

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ab 8.00 Uhr. Wenn Sie FOCUS-MONEY nach Bezug wieder im Handel kaufen<br />

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FOCUS-MONEY <strong>31</strong>/<strong>2021</strong><br />

Foto: D. Gust/FOCUS-MONEY<br />

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3


moneyinhalt<br />

28. JULI <strong>2021</strong> www.money.de<br />

moneykompakt<br />

6 Brennpunkt: Gold funkelt auch in<br />

dunklen Krisenzeiten<br />

32 Krypto-Ticker: Was jetzt auf den<br />

Markt zukommen könnte<br />

98 Andis Börsenbarometer: Der<br />

Dax wird größer – und dürfte<br />

damit mehr Investoren anziehen<br />

moneytitel<br />

8 Die Macht des Momentums:<br />

Die richtige Strategie, kombiniert<br />

mit den richtigen Aktien, lässt<br />

namhafte Indizes alt aussehen<br />

15 Kolumne: Fisher über das<br />

ständige Hin und Her bei den<br />

Tech-Werten<br />

moneymarkets<br />

16 BASF: Der Chemiegigant steuert<br />

trotz Corona auf ein Rekordjahr zu<br />

– knapp 40 Prozent Kurspotenzial<br />

18 Aareal Bank: Ein mutiges Investment.<br />

Doch das Risiko könnte<br />

belohnt werden<br />

20 Europa: Schluss mit dem Hinterherlaufen!<br />

Kurzfristig dürften<br />

europäische Aktien die US-Märkte<br />

übertreffen<br />

24 Das sieht gut aus: Levi’s, Gucci &<br />

Co. – Mode-Aktien feiern ein<br />

fulminantes Comeback<br />

28 Buffett und Wood: Was Anleger<br />

über die Strategien der Star-Investoren<br />

wissen müssen<br />

35 Musterdepots: Böger stellt sein<br />

Portfolio etwas defensiver auf<br />

36 Jenoptik: Ein neuer Umsatzrekord<br />

ist in Sicht. In der Aktie ist das<br />

noch nicht eingepreist<br />

38 Nachhaltigkeit: Die Baubranche<br />

steht vor einem Paradigmenwechsel.<br />

Diese Aktien könnten künftig<br />

punkten<br />

42 SAF-Holland: Der Lkw-Zulieferer<br />

profitiert vom anhaltenden<br />

E-Commerce-Boom<br />

44 Deutsche Konsumwerte:<br />

Welchen Aktien das steigende<br />

Konsumbarometer gut gefällt<br />

8<br />

Die Kauf-Strategie<br />

Eine jahrhundertelange Analyse belegt, wie optimales<br />

Timing funktioniert. FOCUS-MONEY überträgt den<br />

Studienansatz auf die letzten Jahre – und zeigt das<br />

Potenzial von Trend-Aktien<br />

56<br />

Stärke und Sicherheit<br />

Kapitalschutzzertifikate versprechen mehr<br />

Ertrag und weniger Schwankungen.<br />

Daher sind sie vor allem bei vorsichtigen<br />

Sparern beliebt. Ein Überblick<br />

4 Titelfoto: iStock<br />

FOCUS-MONEY <strong>31</strong>/<strong>2021</strong>


28<br />

Buffett und Wood<br />

Wie können Kleinanleger von<br />

den Prognosen und Lieblingsaktien<br />

der Profis profitieren?<br />

38<br />

Wenn Häuser<br />

grün werden<br />

Umweltschonender und<br />

energieeffizienter soll die<br />

Baubranche werden.<br />

Denn der Bau-Boom<br />

verursacht aktuell<br />

Unmengen an CO 2 -Emissionen.<br />

Welche Aktien<br />

Teil des derzeitigen<br />

Umschwungs sind<br />

46 Mehr als nur Briefe: Globale<br />

Logistikkonzerne starten durch<br />

48 Fondsperlen: Unter den GBC-<br />

Champions sind vor allem Nebenwerte-Fonds<br />

zu finden<br />

56 Kapitalschutz: Die Zertifikate-<br />

Serie zeigt, wie einfach und sicher<br />

Investments sein können<br />

59 ArcelorMittal: Sattes Kurspotenzial<br />

für den Stahlprofi. Was derzeit<br />

für die Aktie spricht<br />

60 Dividenden-Olymp: Tipps für<br />

den Aufbau eines Dividendenimperiums<br />

– und welche Aktien<br />

im Mittelpunkt stehen<br />

64 Mobilität von morgen: Fahrrad-<br />

Boom, Carsharing, Digitalisierung<br />

– das sind die Gewinner der<br />

Megatrends<br />

moneyyou<br />

52 Aktienanalyse: Erlebt das<br />

Bayer-Papier die lang ersehnte<br />

Kehrtwende?<br />

55 Chartsignal: Gaming im Fokus<br />

– Auftrieb für die beliebte Fitnessplattform<br />

Peloton<br />

55 Börsenwissen: Warum Profis<br />

ihre Aufträge meist am Ende<br />

des Handelstags platzieren<br />

moneyanlegerschutz<br />

67 Biontech und Curevac: Über den<br />

Börsenplatz Deutschland<br />

moneyservice<br />

68 Inflationsgeschützte Anleihen:<br />

Wer sich gewieft vor der Verteuerung<br />

schützen will, muss ein paar<br />

Dinge beachten<br />

70 Schlagkraft beweisen: Versicherungen<br />

kämpfen gegen Niedrigzinsen<br />

und die Corona-Krise<br />

74 Online-Portale: 93 000 Kundenbewertungen<br />

münden im großen<br />

Ranking<br />

moneyanalyse<br />

81 Fonds<br />

82 Deutsche Aktien<br />

90 Internationale Aktien<br />

96 ETFs<br />

97 Zertifikate<br />

moneyrubriken<br />

3 Editorial<br />

80 Leserbriefe – Impressum<br />

98 Termine<br />

24<br />

Aktien mit Style<br />

Vier Marken für jeden<br />

Fashion-Typ stehen im<br />

Mittelpunkt. Für Großstadt-<br />

Hipster, Anzugträger,<br />

Jeans-Fans und It-Girls<br />

(oder -Boys). Diese Aktien<br />

sind jetzt „voll im Trend“<br />

FOCUS-MONEY <strong>31</strong>/<strong>2021</strong><br />

Inhalt: Illustrationen: VectorStock Fotos: Bloomberg (2), V. Garcia/Unsplash, Gucci/Tagwalk Composing: FOCUS-MONEY 5


moneytitel<br />

TITEL<br />

GANZ OBEN<br />

200 Jahre Börse mit einem verblüffenden Ergebnis – Trend schlägt Value.<br />

Übertragen auf die Einzelaktien, rieb sich FOCUS-MONEY die Augen – nach<br />

unserer Analyse sieht es nach Reichtum aus<br />

ZEITREISE: Napoleon Bonaparte,<br />

die Gründerzeit im Deutschen Reich<br />

nach 1870, die „Roaring Twenties“<br />

oder die Trümmerlandschaft nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg – die<br />

Strategie „Trend“ brachte Anleger<br />

über die lange Sicht üppige<br />

Renditen<br />

Das Beste aus zwei Jahrhunderten<br />

Die Strategie „Trend“ liegt in der Studie vorn. Hier wird eine 12-Monats-Veränderung<br />

berechnet. Je höher die Sharpe-Ratio, desto interessanter<br />

ist eine Strategie mit Blick auf das Chance-Risiko-Verhältnis.<br />

risikoadjustierte Überrendite<br />

in % gegenüber dem Markt<br />

Sharpe-Ratio<br />

Trend 7,48 0,78<br />

Carry 7,21 0,75<br />

saisonale Muster 5,70 0,61<br />

Momentum 4,44 0,43<br />

BAB (Betting against Beta) 3,32 0,37<br />

Value 2,36 0,30<br />

Quelle: NZZ<br />

8<br />

Illustration: VectorStock Fotos: Can Stock Photo, Photo 12/Alamy Stock Photo, 123RF, SDASM Archives Composing: FOCUS-MONEY FOCUS-MONEY <strong>31</strong>/<strong>2021</strong>


von JOHANNES HEINRITZI und DIRK REICHMANN<br />

Sparen wir uns den Smalltalk und beginnen direkt<br />

mit dem großen Knall: Die meisten Anlagestrategien,<br />

die von hochdekorierten Professoren in der Finanzmarktforschung<br />

gefeiert werden, sind für die<br />

Tonne. Nutzlos. Die Gründe sind immer dieselben.<br />

Zum einen steht das eigene Ego den Wissenschaftlern<br />

oft im Wege. Die Folge: Studienergebnisse, die positiv ausfallen,<br />

weil es der Forscher unbedingt will. Auch Publikationsbias<br />

genannt. Zum anderen hakt es oftmals am Datensatz.<br />

Studien, die den Aktienmarkt über zu kurze Zeiträume beleuchten,<br />

sind nicht mehr als eine nette Spielerei. Jegliche Ergebnisse<br />

können gleich in die Schublade „Zufallsbefund“ verfrachtet werden<br />

und bestenfalls nie wieder herausgeholt werden.<br />

Kein Wunder also, dass das Lager der Buy-and-Hold-Verfechter<br />

immer größer wird. Die Lage scheint eindeutig zu sein: In<br />

der Praxis schaffen es kaum noch Experten, langfristig simple<br />

Indizes wie den S&P-500 durch Strategien zu schlagen. Von<br />

den Kosten für den Privatanleger mal ganz abgesehen. Ist die<br />

Glaubensfrage, ob der Markt jetzt nun effizient sei oder nicht,<br />

also endgültig geklärt? Mitnichten! An alle Buy-and-Hold-<br />

Liebhaber: Es ist noch lange nicht die Zeit, um die Sektkorken<br />

knallen zu lassen. Im Gegenteil. Die schonungslose Analyse,<br />

die Sie soeben gelesen haben, kommt nämlich nicht von einem<br />

Passiv-Investor, sondern aus dem eigenen Lager der Strategie-<br />

Verfechter. Mehr noch: Sie kommt von ganz oben.<br />

Fakten. Fakten. Fakten. In ihrer Studie „Global Factor Premiums“<br />

rechnen die Kapitalmarktstrategen Guido Baltussen, Laurens<br />

Swinkels und Pim van Vliet schonungslos mit ihrem eigenen<br />

Forschungsfeld ab. Nicht, weil sie kapitulieren. Sondern, weil<br />

sie es dann besser machen. Viel besser. Der erste Schritt: Baltussen<br />

& Co. haben sämtliche relevanten Studien, die in der Vergangenheit<br />

vermeintliche Anomalien am Aktienmarkt ausfindig gemacht<br />

haben, genauestens auf die Probe gestellt. In mehreren<br />

Signifikanz-Tests wurden die Ergebnisse anschließend gefiltert,<br />

bis am Ende Aussagen getroffen werden können, die frei von irgendwelchen<br />

Einflussfaktoren sind. Das erste Zwischenergebnis:<br />

In der Tat gab es sechs Strategien, für welche starke Anzeichen<br />

dauerhafter Überrenditen existierten. Erstens: Momentum. Bei<br />

dieser Strategie sucht man Wertpapiere, die in den letzten drei<br />

bis zwölf Monaten gegenüber ihren Mitbewerbern die größte<br />

Outperformance erzielt haben. Zweitens: Trend. Hierbei wird die<br />

eigene Performance in der Vergangenheit als Maßstab genommen.<br />

Drittens: Value. Aktien, die beispielsweise nach dem KGV<br />

oder KBV als besonders günstig gelten. Warren Buffett lässt grüßen.<br />

Viertens: Carry. Im Fall von Aktien ist das die Dividendenzahlung.<br />

Carry-Strategen setzen also vor allem auf Aktien, die<br />

selbst dann eine hohe Rendite bringen, wenn die Kurse nicht steigen.<br />

Fünftens: saisonale Muster. Hierbei werden Aktien anhand<br />

historischer Muster gekauft und verkauft. Sechstens: Betting<br />

against Beta (BAB). Bei diesem Ansatz werden Aktien mit einer<br />

möglichst niedrigen Volatilität bevorzugt.<br />

Der zweite Schritt: Jene Strategien wurden dann in einem Zeitumfang<br />

getestet, den es vorher noch nie gab. Nicht 20 Jahre,<br />

nicht 50 Jahre, nicht 100 Jahre – bis ins Jahr 1800 wurden die<br />

Strategien zurückverfolgt und getestet. Das Wichtigste vorab:<br />

Die Strategien zeigten auch hier ihre Wirkung und konnten den<br />

Test bestehen. Gemessen wurde dies anhand von zwei Kennzahlen.<br />

Zum einen mit der sogenannten Sharpe-Ratio, auch Reward-to-Variability-Ratio<br />

genannt. Diese setzt die erwartete<br />

Überrendite der Strategie (im Vergleich zu Buy and Hold) mit der<br />

Volatilität ins Verhältnis. Dabei gilt: Je höher die Sharpe-Ratio,<br />

desto attraktiver ist das Rendite-Risiko-Verhältnis. Zum anderen<br />

durch das Jensen Alpha. Dieses misst die jährliche Überrendite<br />

der Strategie in Prozent (ebenfalls im Vergleich zu Buy and<br />

Hold) unter der Berücksichtigung des Risikos.<br />

Jährlich 7,5 Prozent besser als der Markt. Aber welche der<br />

Strategien ist nun die nachweislich beste? Das Ergebnis? Verblüffend!<br />

In den über 200 Börsenjahren hat sich die Trend-<br />

Strategie mit einer durchschnittlichen Überperformance von<br />

knapp 7,5 Prozent pro Jahr als die stärkste Strategie herausgestellt.<br />

Wie gigantisch gut das ist, zeigt folgendes Beispiel: Ein<br />

Investment von 100 Euro wächst bei einer jährlichen Rendite<br />

von sieben Prozent (ungefähr historischer Marktdurchschnitt)<br />

nach 50 Jahren auf insgesamt 2945 Euro an. Rechnen wir allerdings<br />

mit einer jährlichen Rendite von 14,5 Prozent, erhöht<br />

sich der Betrag auf über 87 150 Euro. Der Zinseszinseffekt zeigt<br />

seine Wirkung. Da fangen Warren-Buffett-Fans mit ihren Value-Ansätzen<br />

an zu grübeln – unter den getesteten Strategien<br />

schnitt Value nämlich am schwächsten ab. Und die Verfechter<br />

von Buy and Hold? Denen fehlen nach dieser Megastudie sämtliche<br />

Argumente.<br />

Grund genug für FOCUS-MONEY, die Trend-Methode unter<br />

die Lupe zu nehmen und ihre Umsetzbarkeit zu prüfen.<br />

Hierzu gingen wir einen Schritt weiter und analysierten<br />

nicht bloß ganze Aktienindizes wie die Macher der Studie „Global<br />

Factor Premiums“, sondern nahmen uns die Anteilscheine<br />

von fünf Aktienindizes vor (s. Kästen ab S. 10). Der Leser sehe<br />

es uns nach, dass wir nicht Hunderte von Jahren analysierten,<br />

sondern die Entwicklung seit 2017 (Basis 2016). Denn die<br />

Überlegenheit der Trend-Methode wurde von den Forschern ja<br />

bereits über 200 Jahre bewiesen.<br />

Damit nicht genug. Wir wollten zwar der Methode „Trend“ so<br />

nahe wie möglich kommen, modifizierten allerdings deren Ansatz,<br />

um ihn für Normalanleger leichter umsetzbar zu machen.<br />

Wir verglichen immer den letzten Jahresschlusskurs mit dem<br />

Jahresschlusskurs ein Jahr zuvor. Die Gewinner aus Dow, Nikkei,<br />

Dax, MDax und SDax bleiben dann mindestens zwölf Monate<br />

im Depot. Mit diesem System hatten SDax-Fans 54 000<br />

Euro gewonnen, während es der SDax-Index auf 15 000 Euro<br />

gebracht hätte. Das Ergebnis spricht Bände: Denn auch bei Indizes<br />

zeigte sich das gleiche Bild.<br />

Und die Währungsverschiebungen bei Auslandsaktien? Unterschlagen<br />

wird nichts. Die Dividendenzahlungen nutzten wir,<br />

um Optionsscheine gegen eine mögliche Abwertung zu kaufen.<br />

Denn es handelt sich bei den zwei ausländischen Börsenbarometern<br />

um Kurs-Indizes. Dividenden gibt es also noch obendrauf.<br />

Die Kosten für die Währungsabsicherung liegen bei zwei bis drei<br />

Prozent pro Jahr – also ähnlich hoch wie die Dividendenrenditen.<br />

Mit dieser Idee verwandelte sich der Dollar-Index Dow Jones zum<br />

Index auf Euro-Basis und Währungsrisiken sind eliminiert.<br />

FOCUS-MONEY <strong>31</strong>/<strong>2021</strong><br />

9


moneymarkets<br />

Fondsmanager setzen auf Europa<br />

45 Prozent der von Bank of America befragten europäischen<br />

Fondsmanager haben europäische Aktien<br />

übergewichtet – so viele wie seit 2018 nicht mehr.<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

–20<br />

Anlageklasse Europäische Aktien<br />

Fondsmanageranteil mit Über-/Untergewichtung<br />

europäischer Aktien<br />

–40<br />

–60 Relative Wertentwicklung Aktien EU gegen global<br />

1999 02 05 08 11 14 17 2020<br />

Quelle: BofA Global Fund Manager Survey<br />

160<br />

150<br />

140<br />

130<br />

120<br />

110<br />

100<br />

90<br />

Chip-Mangel bremst Autoindustrie<br />

Wegen des Chip-Mangels laufen in der Euro-Zone<br />

weniger Neuwagen vom Band. Das bremst die Industrieproduktion.<br />

Doch die Auftragsbücher sind voll.<br />

Industrieproduktion in der Euro-Zone<br />

2/2020 = 100<br />

Quellen: Eurostat, Bantleon<br />

Gesamt ohne Kraftfahrzeuge<br />

Kraftfahrzeuge<br />

2019 2020 <strong>2021</strong><br />

Gesamt<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

EUROPÄISCHE AKTIEN<br />

Europa auf Aufholjagd<br />

Jahrelang hechelten Europas Aktienmärkte<br />

den US-Märkten hinterher. Jetzt scheinen die<br />

Europäer aufzuholen. Lohnenswert ist ein<br />

Blick auf die europäischen Wachstumsstars.<br />

Allen Unkenrufen zum Trotz: Die gibt es<br />

von HEIKE BANGERT<br />

Sie kennen die Geschichte von Hase und Igel? Im Wettrennen<br />

im Märchen der Brüder Grimm obsiegt der Igel<br />

– mehr aus List als durch Können. Immer wenn der Hase<br />

ankam, war der Igel schon da. Das Gefühl des Hinterherhechelns<br />

kennen die europäischen Aktienmärkte nur zu gut. Gegen<br />

die Wucht der Wall Street kamen sie in den vergangenen<br />

Jahrzehnten selten an. Da konnten sie sich noch so sehr anstrengen,<br />

die US-Märkte waren immer schon da. Erst waren<br />

es die Nifty-Fifty, dann die Technologiewerte, später die Banken,<br />

schließlich die Internet-Giganten. Grundlegend, so die<br />

Experten, dürfte sich daran nichts ändern. Doch kurzfristig,<br />

so mutmaßen einige, dürfte Europa die Nase vorn haben.<br />

20 FOCUS-MONEY <strong>31</strong>/<strong>2021</strong>


WILDE VERFOLGUNG: Die<br />

europäischen Aktienmärkte sind<br />

seit Jahresanfang den US-Märkten<br />

dicht auf den Fersen<br />

Privater Konsum springt an<br />

Die Menschen geben nach dem Ende des Corona-<br />

Lockdown wieder Geld aus. Die Einzelhandels- und<br />

Dienstleistungsumsätze steigen kräftig.<br />

1,55<br />

1,50<br />

1,45<br />

1,40<br />

1,35<br />

1,30<br />

1,25<br />

Privater Konsum und Mobilitätszahlen<br />

Q4<br />

2019<br />

Mobilität (Abweichung vom Durchschnitt in Prozent)<br />

Konsum (in Mrd. Euro)<br />

Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4<br />

2020 <strong>2021</strong><br />

Quellen: Eurostat, Google, Bantleon; *Kundenzahl in Geschäften und Freizeiteinrichtungen<br />

–0<br />

–8<br />

–16<br />

–24<br />

–32<br />

–40<br />

–48<br />

–56<br />

Angst vor der vierten Welle<br />

Kurzfristig maßgeblich für die Wirtschaft ist die Entwicklung<br />

der Corona-Pandemie. Europaweit steigt die Zahl<br />

der Neuinfektionen, nicht aber die der Sterbefälle.<br />

80 000<br />

60 000<br />

40 000<br />

20 000<br />

0<br />

Corona in Großbritannien<br />

Neuinfektionen<br />

2020 <strong>2021</strong><br />

JAN JAN JUL<br />

Quellen: Refinitiv Datastream, Finanzwoche DJE Kapital AG<br />

Sterbefälle<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

Abkopplung von der Wall Street<br />

Die Voraussetzungen dafür sind so gut wie lange nicht mehr.<br />

Das hat nicht zuletzt mit steigenden Preisen zu tun. Aus<br />

Angst vor wachsender Inflation und der damit verbundenen<br />

Unsicherheit, die Notenbanken müssten dieser entgegenwirken,<br />

rumpelt es zuweilen kräftig an den Aktienmärkten. Im<br />

Januar und im Mai war das der Fall. Auch im Herbst dürfte das<br />

Angstthema erneut aufbranden – vor allem in den USA. Die<br />

europäische Notenbank indes versucht, den Ball flach zu halten.<br />

Den EU-Inflationsanstieg von 1,9 Prozent (Deutschland:<br />

2,3 Prozent) wertet sie als Erfolg, endlich an die gewünschten<br />

zwei Prozent herangekommen zu sein. Von ihrem Expansionspfad<br />

jedenfalls möchte sie bisher nicht lassen.<br />

„Die konjunktur- und börsentreibenden Anleihenkäufe<br />

werden im Gegensatz zu den USA mit sehr großer Wahrscheinlichkeit<br />

voll fortgesetzt werden“, beobachtet Jens Ehrhardt<br />

das Treiben mit gemischten Gefühlen. Aktionäre jedoch<br />

sollten davon profitieren. Die Folge dürfte nicht nur ein<br />

schwächerer Euro sein, sondern auch besonders gute Aktienmärkte.<br />

„Eine Abkopplung Europas von Wall Street hat es<br />

lange nicht mehr gegeben, aber die Dämpfung von Konjunktur<br />

und Börsen in Europa nach der Finanzkrise durch zu restriktive<br />

Politik dürfte vorbei sein und damit auch die zwischen<br />

2009 und 2020 zu beobachtende bessere Entwicklung<br />

von Wall Street gegenüber Europa“, schlussfolgert der<br />

Münchner Vermögensverwalter.<br />

Starke Gewinndynamik. Fundamental wäre eine weiterhin<br />

gute Aktienmarktentwicklung gerechtfertigt. Die wirtschaftliche<br />

Erholung schreitet voran. Die Weltbank rechnet<br />

für dieses Jahr mit einem Anstieg des globalen Bruttoinlandsprodukts<br />

um 5,6 Prozent. Für die USA erwartet das Conference<br />

Board gar 6,6 Prozent Wachstum und für das zweite<br />

Quartal – annualisiert – sogar beeindruckende neun Prozent.<br />

Das schlägt sich in den Unternehmensgewinnen nieder.<br />

Im Vorjahresvergleich haben die Gewinne der S&P-<br />

FOCUS-MONEY <strong>31</strong>/<strong>2021</strong><br />

Illustrationen: Adobe Stock Composing: FOCUS-MONEY<br />

21


moneymarkets<br />

GRÜNE ALTERNATIVEN:<br />

Das Stadtbild wird sich<br />

zunehmend hin zu nachhaltigen<br />

Konstruktionen wandeln<br />

NACHHALTIGKEIT<br />

Nachhaltiges<br />

Bauen<br />

Nach einem Rekord-CO 2 -Ausstoß der Baubranche<br />

ist Umdenken angesagt: umweltschonend,<br />

energieeffizient und mit Ressourcen bewusst<br />

umgehen! Die Aktien des Zukunftstrends<br />

von LIOBA SCHULZ<br />

Pro Monat entsteht auf der Welt ein neues New York City. Dieser<br />

Bau-Boom verursacht enorme CO 2-Emissionen mit Auswirkungen<br />

auf die Umwelt und die Klimaerwärmung. Die<br />

Treibhausgase entstehen bei der Herstellung der Bauprodukte, dem<br />

Transport der Materialien, der Nutzung und Instandhaltung des Gebäudes<br />

sowie anschließend bei der Entsorgung der verbauten Stoffe.<br />

Laut UN-Bericht entfallen inzwischen 38 Prozent aller globalen<br />

CO 2-Emissionen auf den Bausektor. Mit verursachten 9,95 Gigatonnen<br />

CO 2 im Jahr 2020 erreichte die Branche ein neues Rekordniveau.<br />

Bis zum Jahr 2050 soll das jedoch Geschichte sein und es sollen nur<br />

noch nachhaltige Gebäude klimaneutral errichtet und bewirtschaftet<br />

werden. Für einen Netto-Null-Kohlenstoff-Gebäudebestand<br />

müssen allerdings die aktuellen CO 2-Emissionen bis 2030 halbiert<br />

werden, so die UN-Studie. Die Klimaziele der EU sind ehrgeizig und<br />

der Druck, die Ausrichtung im Bau zu verändern, steigt.<br />

Entscheidend für die Zukunft. Einst war nachhaltiges Bauen aufgrund<br />

der natürlich verfügbaren Baustoffe selbstverständlich.<br />

Dann kamen neue Materialien und Verfahren, die zunehmend als<br />

belastend für Mensch und Umwelt wahrgenommen werden, sodass<br />

sich auf das nachhaltige Bauen zurückbesonnen wird. Konkret ist<br />

damit nicht nur der Schutz der Umwelt und der Ressourcen gemeint,<br />

sondern auch die Steigerung des ökonomischen Potenzials<br />

eines Gebäudes sowie eine verbesserte Funktionalität und höhere<br />

Lebensqualität. Effizient mit Ressourcen umzugehen und die Umwelt<br />

möglichst wenig zu belasten, umfasst den gesamten Lebenszyklus<br />

eines Gebäudes: In der Planungsphase, bei der Errichtung,<br />

während der Nutzung, bei Renovierungen, Sanierungen und Rückbau<br />

sowie bei dem Abfallaufkommen und der Gebäudeentsorgung.<br />

Zahlreiche CO 2-Alternativen. Zur Umsetzung des nachhaltigen<br />

Bauens ist die Standortwahl, die Flächennutzung, der Energiebedarf<br />

und die Baustoffwahl zu berücksichtigen. Doch auch umweltfreundliche<br />

Materialien verlieren ihre positive Ökobilanz bei einer<br />

energiereichen Produktion, langen Transportwegen oder chemischen<br />

Bindemitteln. Ein Überblick zu nachhaltigen Bauweisen:<br />

Bereits die Standortwahl hat Einfluss auf die Ökobilanz: Ist das<br />

Grundstück gut erreichbar, können erneuerbare Energien genutzt<br />

werden und ist die Versickerung von Regenwasser möglich? Ver-<br />

38 Foto: Z. Wolff/Unsplash<br />

FOCUS-MONEY <strong>31</strong>/<strong>2021</strong>

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