34ZoomDie Schwestern Ana und IdaLutzenberger aus Augsburgradeln und sammeln Spendenfür Seawatch!15.000Kilometer bis PekingDer Link zur Spendeaktion:www.sea-watch.org/spenden/aktion/?cfd=xh64l#cffFotos: PrivatRette, rette Fahrradkettebei Facebook und Instagramwww.facebook.com/retterette.fahrradketteInstagram: rette_rette_fahrradkette
Zoom35DMit dem Fahrrad vom Allgäu nach Peking,15.000 Kilometer in sieben Monaten. Wiekommt man auf so eine Idee? Und warum isteuer Ziel ausgerechnet Peking?Wir sind vor zwei Jahren mit dem Rad vonLeipzig nach Odessa in die Ukraine geradelt undhaben dabei tolle Erfahrungen gemacht. Undirgendwann stand die Idee im Raum, noch weiterin den Osten zu ziehen. Peking deshalb, weil manvon dort aus mit der Transsibirischen Eisenbahnwieder zurückfahren kann, fliegen kommt für unsaus klimaneutralen Gründen gar nicht in Frage.Mal sehen, ob unsere Reise tatsächlich in Pekingenden wird, aktuell sind die Grenzen nach Chinawegen der Corona-Pandemie geschlossen. Aberwenn nicht China, dann eben woanders, das tutder Sache letztendlich keinen Abbruch.Eure Fahrräder stammen aus den 90ern.Genau, wir haben unsere Flitzer bei “Ketteund Kurbel” in Augsburg gekauft, anschließendhat die “Radlkiste” die Bikes noch fit gemacht unddaraus qualitativ super Trekkingbikes gezaubert.Die neuen Fahrradmodelle sind gar nicht sopraktisch, weil die Rahmen meist aus Alu sind undman sie nicht schweißen kann.Wie verläuft denn eure Reise-Route?Von Deutschland über Österreich, Slowenien,Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Türkei,Georgien, Aserbaidschan, Kasachstan und Kirgistandann hoffentlich nach China. Zurück geht esdann wie erwähnt mit dem Zug durch Russland.Kennt ihr Margot Flügel-Anhalt?Nein.Die ist mit 67 Jahren mit dem Motorrad RichtungHimalaya gestartet. Ich habe die Dokuüber sie im TV gesehen und ihr Abenteuerwar auch mit großen Strapazen verbunden.Gerade wenn massive Bergketten zu überwindensind.Ja, doch, das haben wir auch gesehen. Aufso einer Reise erlebt man natürlich extremeTemperaturen und Wetterbedingungen. Wir sindentsprechend ausgerüstet, unsere Schlafsäcke,Zelte und Kleidung sind für Minusgrade gerüstet.In der Türkei erwarten wir in bestimmten Regionenum die 40 Grad. Derzeit fahren wir im Schnitt100 Kilometer täglich, damit wir nicht zu spät inZentralasien ankommen. In Kasachstan kann essehr schnell Winter werden und durch Coronasind wir auch etwas später gestartet.Ida und Ana Lutzenberger sind im Mai mit ihren Rädern von Schwaighausen in Richtung Peking losgezogen,das sind 15.000 Kilometer in sieben Monaten. Neben ihrer Abenteuerlust haben die Schwestern mit ”Rette,rette, Fahrradkette” auch eine Spendenaktion für ”Seawatch” ins Leben gerufen. Ida hat hier studiert, lebtseit sechs Jahren in Augsburg. 2020 war sie mit ihren Bildern bei der Schwabillu zu sehen, seit 2016 ist Idamit ihrer Handpuppe ”Graf Schaf” Teil des Programms im Ballonmuseum. Interview: Walter SianosInzwischen seid ihr in der Türkei und habt ca.4.000 Kilometer hinter euch. Wie war´s bisher?Rumänien ist irgendwie eine ganz eigeneNummer, die Leute leben gerade auf dem Landganz anders, als wir es gewohnt sind, hier wirdman noch von Pferdekutschen überholt. Wir sindsehr von der Herzlichkeit und der Gastfreundschaftbeeindruckt, obwohl die Menschen selbstein sehr bescheidenes Leben führen, wurden wirimmer wieder zum Essen und zum Übernachteneingeladen. Als wir von Rumänien die Grenze miteiner Donaufähre überqueren wollten, hat unsder bulgarische Grenzbeamte aus unerklärlichenGründen nicht einreisen lassen. Wir musstendaraufhin einen Umweg von 100 Kilometernin Kauf nehmen. Noch dazu hat es die nächstenTage auch noch durchgeregnet und unserOutdoor-Equipment hat sich auch nicht geradeals wasserdicht erwiesen. Da war die Stimmungerstmals so richtig im Keller.War da nicht was mit einem Galadinner mitiranischen Fernfahrern?Auf der Fähre zurück nach Rumänien wareneinige iranische Trucker an Bord, die uns mit Kaffeeund Keksen getröstet haben. Als wir wieder an Landwaren, gab es auch noch ein üppiges und leckeresiranisches Abendessen. In Nachhinein war es einerder lustigsten Begegnungen, die wir bisher hatten.Wenn man euer Tourtagebuch bei Facebookliest, dann berichtet ihr über viele schöneBegegnungen mit anderen Menschen. Ist dieWelt doch besser als uns das die Nachrichtenimmer verkaufen?Auf jeden Fall, der Mensch ist leider oft sogestrickt, dass er Angst vor Dingen hat, die er nichtkennt, die Medien präsentieren auch leider oftein negatives Bild von unserer Welt. Wir erfahrenauf unserer Reise genau das Gegenteil, die Leutepräsentieren sich offen und hilfsbereit. Manchmalhaben wir deshalb auch ein schlechtes Gewissen,weil gerade diese Menschen in unseren Breitengradennicht so freundlich behandelt werden.Auf eurem Trip sammelt ihr auch Spendenfür “Seawatch”. Gerade auf eurer Route sindauch Asylsuchende in die andere Richtungunterwegs, die gezwungen sind, ihr Land zuverlassen und die nicht so freundlich empfangenwerden wie ihr.Das stimmt leider, wir wissen, dass man zu unsso nett ist, weil wir aus Deutschland kommen, wirhaben in mehreren Gesprächen mitbekommen,dass man gegenüber Flüchtenden aus fernöstlichenLändern nicht so positiv eingestellt ist. Undgerade diese Menschen haben doch Gastfreundschaftviel nötiger als wir. Krass war es, als wir ander türkischen Grenze diese meterhohen Mauerngesehen haben. Das stimmt einen schon traurig.In Kroatien hattet ihr eine Begegnung miteinem Monster, das sich am nächsten Tag alskleiner Hund entpuppt hat. Habt ihr inzwischenähnliche Abenteuer erlebt?Jedenfalls keine so gruseligen mehr (lachen).Wir erleben viele spontane, kleine und witzigeAktionen. In Bulgarien haben wir eine Deutschekennengelernt, die dort gerade ein Praktikumabsolviert und über das Internet von unsererAktion mitbekommen hat. Als wir durch die StadtRusse geradelt waren, sind wir zufällig direkt anihrer Nase vorbeigefahren. Das muss man sichmal vorstellen. Sie hat unsgleich zu sich eingeladen undwir hatten zusammen einensupernetten Abend.DieNeue Szene begleitetIda und Ana Lutzenbergerredaktionell auf ihrerReise. Alle zwei Wochen gibtes ein aktuelles Interviewauf www.neue-szene.deSo eine Tour nagtnatürlich an Mensch undMaschine. Hattet ihr schonirgendwelche Pannen?Uns ist die Kette gerissen,aber das konnten wir selber reparieren. Ansonstensind wir überrascht, dass wir bisher noch keinenPlatten hatten. Stopp … ich muss gleich mal aufHolz klopfen (lacht). Wir haben in Istanbul unsereRäder nochmal durchchecken lassen.Verglichen mit dem was kommt, war das bisheraber eher ein leichter Aufgalopp, oder?Ja voll. Wir haben uns, warum auch immer,die Türkei als superflaches Land vorgestellt, dasvom Meer umgeben ist. Zu unserer Überraschunggibt es hier viele Berge mit gewaltigen Höhenunterschieden.Zudem ist es hier sehr heiß, derAsphalt fängt auf den Straßen schon zu schmelzenan. Vor uns liegen jetzt knapp 2.000 Kilometer biszur nächsten Grenze. Bisher sind wir immer so andie 100 Kilometer pro Tag geradelt, das wird sichin den nächsten Wochen sicher reduzieren.Wenn man fast 100 Kilometer täglich radelt,wie kompensiert man den Kalorienverbrauch?Mit viel Kuchen und Süßigkeiten (lachen).Das Gute ist, dass wir viel essen dürfen und hier inder Türkei gibt es selbst in den kleinsten Dörfernan jeder Ecke die leckersten Sachen. Wir genießendas und gönnen uns auch schon mal zum Frühstückein dickes Mittagsmenü.