additive 03.2021
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www.<strong>additive</strong>.industrie.de | € 18,50<br />
03-2021<br />
Fokus Additive Medizintechnik Seite 12<br />
Anwendung Robotertechnik aus dem 3D-Drucker Seite 18<br />
Werkzeugmaschinenhersteller DMG Mori setzt auf <strong>additive</strong> Fertigung Seite 34<br />
24.<br />
Anwender forum<br />
Additive<br />
Produktions -<br />
technologie<br />
Seite 21
www.<strong>additive</strong>.industrie.de | € 18,50<br />
Inhalt 03-2021<br />
Toyota Gazoo Racing fertigt<br />
mit dem neuen SLA-Harz von<br />
3D Systems besonders große<br />
und komplexe Bauteile.<br />
Bild: Toyota Gazoo Racing<br />
32<br />
Additive Medizintechnik<br />
12 Additive Fertigung ermöglicht zahlreiche individuelle<br />
Medizinprodukte<br />
15 Zahnersatz automatisch 3D-drucken<br />
16 Additiv gefertigte Fußorthesen sorgen für eine<br />
optimale Behandlung<br />
17 Maßgeschneiderte orthopädische Schuhleisten über<br />
Nacht drucken<br />
PROJEKT DES MONATS<br />
18 Boehringer Ingelheim Pharma nutzt die <strong>additive</strong><br />
Fertigung vom Metallbau bis hin zur Robotertechnik<br />
02 Anlagen<br />
32 Toyota fliegt auf neues Acrylharz für die<br />
Stereo lithografie<br />
34 3D-Druck ermöglicht beim Werkzeugmaschinenhersteller<br />
DMG Mori revolutionäre Konstruktionen<br />
36 Zubehörteile für Miele werden in einem dezentralen<br />
Produktionsnetzwerk gefertigt<br />
Automatisierung<br />
44 Automatisiertes Entpulvern für das Metal Binder<br />
Jetting<br />
46 Nullpunktspannsystem beschleunigt die Produktion<br />
Forschung<br />
48 Fraunhofer IPA, Arburg und Balluff drucken<br />
individualisierte Sensoren<br />
50 BAM und TU Clausthal fertigen Bauteile aus<br />
Mondstaub in der Schwerelosigkeit<br />
Rubriken<br />
4 Titelgeschichte<br />
10 Aus der Branche<br />
21 Highlights des 24. Anwenderforums Additive<br />
Produktionstechnologie<br />
51 Impressum<br />
Werkstoffe<br />
38 Evonik und Farsoon kooperieren beim pulver -<br />
basierten 3D-Druck<br />
04 Digitalisierung<br />
40 CAD-Tool in SLA-Drucker integriert<br />
05 Qualitätssicherung<br />
42 Digitale Baupläne für Fertigungs begleitproben<br />
Zum Titelbild<br />
Die microArch 3D-Drucker<br />
von BMF produzieren<br />
hochpräzise Bauteile bei<br />
2 μm Druckauflösung mit<br />
+/- 10 µm Maßgenauigkeit.<br />
03-2021<br />
Fokus Additive Medizintechnik Seite 12<br />
Anwendung Robotertechnik aus dem 3D-Drucker Seite 18<br />
Werkzeugmaschinenhersteller DMG Mori setzt auf <strong>additive</strong> Fertigung Seite 34<br />
24.<br />
Anwender forum<br />
Additive<br />
Produktions -<br />
technologie<br />
Seite 21<br />
2 <strong>additive</strong> September 2021
Editorial<br />
Industrie<br />
Produkte genau auf<br />
Sie zugeschnitten<br />
■■■■■■<br />
Nix ist individueller als der Mensch – benötigt er<br />
Ersatzteile müssen diese exakt auf ihn zugeschnitten sein. Bislang<br />
hat man sich etwa im Bereich der Knieprothesen darauf<br />
beschränkt, ein gut sitzendes Paar aus einem Standardrepertoire<br />
zu greifen. Aber der perfekte Sitz war damit nicht immer<br />
zu gewährleisten. Der 3D-Druck<br />
hat gerade in der Medizintechnik<br />
das Tor hin zu individualisierten<br />
Produkten ab Losgröße 1 weit aufgestoßen.<br />
Dabei kommen die 3D-gedruckten<br />
Prothesen und Implantate aus<br />
Metall zum Beispiel in der Orthopädie,<br />
der Plastischen Chirurgie<br />
oder der Dentalmedizin zum Einsatz.<br />
Dank der neuen biokompatiblen<br />
Kunststoffe profitieren zunehmend<br />
auch immer mehr andere<br />
medizinische Fachbereiche von den<br />
Freiheitsgraden der <strong>additive</strong>n Fertigung.<br />
So lassen sich mittlerweile spezielle Gewebearten, patientenspezifische<br />
Anatomiemodelle und auch Prothesen oftmals<br />
schnell 3D-drucken.<br />
In unserem Fokus-Thema „Additive Medizin -<br />
technik“ zeigen wir Ihnen ab Seite 12 eine ganze Reihe an<br />
Einsatzmöglichkeiten für den 3D-Druck. Auch beim<br />
Pharmariesen Boehringer Ingelheim wird die<br />
<strong>additive</strong> Fertigung in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt.<br />
Die 3D-gedruckten Bauteile werden am Standort in Biberach<br />
vom Metallbau bis hin zur Robotertechnik genutzt.<br />
Selbst bionische Formen, die mit herkömmlichen Fertigungsverfahren<br />
praktisch unmöglich herzustellen waren, kann Boehringer<br />
Ingelheim nun einfach drucken. Mehr dazu ab Seite<br />
18.<br />
Was sich in Sachen Anlagentechnik, Werkstoffe, Produktionsprozesse,<br />
Qualitätssicherung und Software Neues getan<br />
hat, das haben die Zuhörer des 24. Anwenderforums<br />
Additive Produktionstechnologie, das vom<br />
Fraunhofer IPA und der „<strong>additive</strong>“ organisiert wurde, live erfahren.<br />
Wir haben für Sie ab Seite 21 die Highlights des<br />
Forums zusammengestellt.<br />
■<br />
Frederick Rindle<br />
Stellv. Chefredakteur<br />
frederick.rindle@konradin.de<br />
Das<br />
Kompetenz-<br />
Netzwerk<br />
der Industrie<br />
17 Medienmarken für alle<br />
wichtigen Branchen der Industrie<br />
Information, Inspiration und<br />
Vernetzung für Fach- und<br />
Führungskräfte in der Industrie<br />
Praxiswissen über alle Kanäle:<br />
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Sie und Ihre Branche:<br />
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<strong>additive</strong> September 2021 media.industrie.de<br />
3
Titelgeschichte<br />
John Kawola, CEO, Boston Micro Fabrication (BMF)<br />
Mit Boston Micro Fabrication (BMF) betritt ein neuer Anbieter<br />
von hochpräzisen DLP-Systemen den deutschsprachigen<br />
Markt. In der <strong>additive</strong>n Fertigung mit Polymeren und Verbundwerkstoffen<br />
produzieren die microArch 3D-Drucker von BMF<br />
hochpräzise Bauteile mit 2 μm Druckauflösung bei +/- 10 µm<br />
Maßgenauigkeit. Die <strong>additive</strong> sprach mit John Kawola, dem<br />
CEO von BMF, um mehr über die neue Technologie und ihre<br />
Einsatzmöglichkeiten zu erfahren.<br />
Die microArch 3D-Drucker<br />
von BMF<br />
fertigen<br />
hochpräzise<br />
Bauteile<br />
bei<br />
2 μm<br />
Druckauflösung<br />
mit +/- 10 µm Maß-<br />
genauigkeit.<br />
Bild: BMF<br />
4 <strong>additive</strong> September<br />
202121
<strong>additive</strong> September 2021 2021 5
Titelgeschichte<br />
■■■■■■ <strong>additive</strong>: Herr Kawola, welcher<br />
Weg hat Sie persönlich zur <strong>additive</strong>n<br />
Fertigung geführt?<br />
Kawola: Meine Karriere in der <strong>additive</strong>n<br />
Fertigungsindustrie hat 1998 bei der Z Corporation<br />
begonnen, dem Entwickler des ersten<br />
3D-Farbdruckers. Dort habe ich zum<br />
Schluss als CEO den schnellen, einfach zu<br />
bedienenden 3D-Farbdruck in vielen Branchen<br />
eingeführt. Die Z Corporation wurde<br />
2012 von 3D Systems übernommen. Nach<br />
einem kurzen Abstecher in die Robotik<br />
kehrte ich zum 3D-Druck zurück und wechselte<br />
2016 als President of North America<br />
zu Ultimaker, dem führenden Open-Source-<br />
Unternehmen für Desktop-3D-Druck. Bei<br />
Ultimaker konnte ich durch Ausbau des Vertriebsnetzes<br />
und Steigerung der Markenbekanntheit<br />
dazu beitragen, die nordamerikanische<br />
Präsenz auszubauen.<br />
John Kawola, CEO, Boston Micro Fabrication<br />
(BMF). Bild: BMF<br />
nem erfahrenen 3D-Drucktechnologen, gegründet.<br />
Diesem Team habe ich mich angeschlossen,<br />
weil ich von der Technologie fasziniert<br />
war und im Mikro-3D-Druck einen<br />
meiner Meinung nach unterversorgten<br />
Markt erkannt habe. Wir sehen unsere Aufgabe<br />
darin, die Miniaturisierung zu unterstützen<br />
– die Herstellung von immer kleineren<br />
Teilen, Komponenten, Produkten und<br />
Verpackungen. Diesen Trend gibt es in vielen<br />
Branchen, darunter in der Medizintechnik,<br />
bei Mikro-Elektronisch-Mechanischen-<br />
Systeme (MEMS) und in der Elektronik.<br />
Von elektronischen Anschlüssen in Mobiltelefonen<br />
bis hin zu winzigen Ventilen in medizinischen<br />
Pumpen – überall sind Kompo-<br />
<strong>additive</strong>: Wie begann die Geschichte von<br />
BMF und was sind die Ziele des Unternehmens?<br />
Kawola: Boston Micro Fabrication (BMF)<br />
wurde 2016 von Dr. Nick Fang, einem Professor<br />
am Massachusetts Institute of Technology<br />
(MIT), Dr. Xiaoning He, einem Serienunternehmer,<br />
und Dr. Chunguang Xia, einenten<br />
und Systeme gefragt, die bei geringen<br />
Abmessungen höchste Präzision erfordern.<br />
Hier kann die <strong>additive</strong> Fertigung zur Einsparung<br />
von Werkzeugkosten und Lieferzeiten<br />
beitragen und neue Innovationen auslösen.<br />
<strong>additive</strong>: Wie funktioniert das Verfahren<br />
genau?<br />
Kawola: Das microArch-System von BMF<br />
beruht auf einem 3D-Druckverfahren namens<br />
PμSL (Projektions-Mikro-Stereolithografie).<br />
Diese Form der Stereolithografie ermöglicht<br />
die schnelle Fotopolymerisation einer<br />
gesamten Harzschicht durch einen UV-<br />
Lichtblitz in mikroskopischer Auflösung.<br />
Wir erreichen damit Auflösungen von 2 bis<br />
50 µm und Toleranzen von +/- 10 bis 25 µm.<br />
Das schnelle Druckverfahren bietet sich sowohl<br />
für Prototypen als auch für Serienteile<br />
an.<br />
<strong>additive</strong>: Aus welchen Gründen expandiert<br />
BMF nun in den deutschsprachigen Raum?<br />
Kawola: Wir haben die DACH-Region als einen<br />
technisch führenden Markt identifiziert,<br />
der von unserer ultrahochauflösenden, genauen<br />
und präzisen 3D-Drucktechnologie<br />
profitieren würde, weil hier eine starke Automobil-<br />
und Fertigungsindustrie ansässig ist.<br />
Das microArch-System von BMF beruht<br />
auf dem 3D-Druckverfahren PμSL (Projektions-Mikro-Stereolithografie).<br />
Bild: BMF<br />
6 <strong>additive</strong> September 2021
von marktführenden industriellen 3D-Druckern,<br />
Materialien und Software mit Sitz in<br />
Nürnberg. Natürlich unterstützen wir unsere<br />
Partner dabei, allen Endkunden einen<br />
bestmöglichen Service zu bieten. Wir bauen<br />
unsere Präsenz auf dem DACH-Markt weiter<br />
aus und verbessern unseren Bekanntheitsgrad<br />
und unsere Position als führender<br />
Anbieter von Mikropräzisions-3D-Drucksystemen.<br />
Das Einstiegsmodell microArch<br />
P150 erzeugt mit einer Auflösung<br />
von bis zu 25 μm kleine, detaillierte<br />
Bauteile. Bild: BMF<br />
<strong>additive</strong>: Welche Materialen bieten Sie an<br />
und welche Partnerschaften gibt es auf<br />
diesem Gebiet?<br />
Kawola: Wir sind offen für Open-Source-<br />
Materialen, stellen aber eine Reihe eigener<br />
Harze her, die biokompatibel, zäh und steif<br />
oder besonders elastisch sind. Für unser neuestes<br />
Material, RG aus der Forward AM<br />
Ultracur3D Photopolymer-Harzlinie, haben<br />
wir uns mit BASF zusammengetan. Es handelt<br />
sich dabei um ein haltbares Material, das<br />
für den Druck von Funktionsteilen verwendet<br />
werden kann. Es ist biokompatibel,<br />
nimmt kein Wasser auf und eignet sich für eine<br />
breite Palette von Anwendungen wie Elektrogehäuse,<br />
medizinische Geräte, Schnapper<br />
und funktionale Prototypen.<br />
<strong>additive</strong>: Welche Branchen sprechen Sie mit<br />
Ihrem Angebot besonders an?<br />
Kawola: Wir haben uns auf Lösungen für<br />
die Herstellung medizinischer Geräte, für<br />
Biowissenschaften, MEMS, Elektronik, Mikrofluidik<br />
sowie die Zusammenarbeit mit<br />
Forschungs- und Entwicklungslabors und<br />
Universitäten spezialisiert. Gerade in<br />
Deutschland zählen wir mit dem Buchmann<br />
Institut und der Ruhr-Universität Bochum<br />
bereits bekannte Forschungseinrichtungen<br />
zu unseren Kunden.<br />
<strong>additive</strong>: Mit welcher Strategie betreten Sie<br />
den Markt?<br />
Kawola: Anfang 2020 haben wir unsere<br />
microArch Mikro-Präzisions-3D-Drucker<br />
weltweit auf den Markt gebracht. Insbesondere<br />
für die DACH-Region sind wir eine<br />
Partnerschaft mit der Dreigeist GbR eingegangen,<br />
einem führenden Entwickler von<br />
<strong>additive</strong>n Anwendungen, Technologiedienstleister<br />
und unabhängigen Distributor<br />
Anwendungsbeispiel Ruhr-Universität Bochum<br />
Auf einem microArch S240 3D-Drucker wurden<br />
in der Ruhr-Universität Bochum (RUB) 18 Versionen<br />
einer hochpräzisen Düse mit steileren und<br />
flacheren Ausgängen und einem Präzisionsgrad<br />
von wenigen Zehntelmikrometer, im Verfahren<br />
der Projektionsmikro-Stereolithografie (PµSL) erstellt.<br />
„Ich empfehle die PµSL-Technologie von<br />
BMF für Spektroskopie-Komponenten, weil<br />
sie mit der erforderlichen Genauigkeit druckt“,<br />
sagt Adrian Buchman, Doktorand am Lehrstuhl<br />
für Physikalische Chemie II an der Ruhr-Universität<br />
Bochum. „So lassen sich schnell verschiedene<br />
Spezifikationen aus einem Polymer herstellen,<br />
das dem erforderlichen Druck standhält.“<br />
Die spektroskopischen Bauteile mit den<br />
Abmessungen 2,4 x 2,4 x 2 mm wurden in<br />
Schichthöhen von 10 µm in einer Gesamtdruckzeit<br />
von 4 bis 5 Stunden für 18 Stück aus dem<br />
Material Forward AM Ultracur von BASF gedruckt.<br />
<strong>additive</strong> September 2021 7
Titelgeschichte<br />
Durch die hohe Materialvielfalt können<br />
Ingenieure und Entwickler in den Bereichen<br />
Medizin, Elektronik, Mikrofluidik und<br />
MEMS mit Rapid Prototyping experimentieren<br />
und bisher nicht herstellbare Bauteile<br />
schaffen.<br />
<strong>additive</strong>: Welche Drucksysteme bietet BMF<br />
hierfür an?<br />
Kawola: Die Produktreihen von BMF sind<br />
nach ihrer möglichen Auflösung gegliedert.<br />
Das Einstiegsmodell microArch P150 erzeugt<br />
mit einer Auflösung von bis zu 25 μm<br />
kleine, detaillierte Teile und überzeugt<br />
durch geringe Investitionskosten.<br />
Gleich drei Drucker erreichen 10 μm<br />
Auflösung und richten sich an Unternehmen<br />
und Universitäten, die ultrahohe Auflösung,<br />
Genauigkeit und Präzision in einem Desktop-Paket<br />
benötigen. Bei äußerlich gleichen<br />
Abmessungen bietet der microArch P140 einen<br />
Bauraum von 19,2 × 10,8 × 45 Millimeter,<br />
der microArch S140 hat einen Bauraum<br />
von 94 x 52 x 45 Millimeter. Das neueste<br />
Mitglied dieser Baureihe e wurde entwickelt,<br />
e t,<br />
um den besonderen Anforderungen der industriellen<br />
Produktion gerecht zu werden.<br />
Der microArch S240 baut in 100 x 100 x 75<br />
Millimeter oder 750 Kubikzentimeter. Eine<br />
zusätzliche<br />
Walze, die das Harz über die<br />
Bauplatte verteilt, ermöglicht eine bis zu<br />
zehnmal höhere Druckgeschwindigkeit als<br />
bei anderen Modellen. Dies lässt sich zur<br />
Produktion größerer Teile ebenso nutzen<br />
Anwendungsbeispiel Goethe-Universität Frankfurt<br />
Für das Buchmann-Institut für Molekulare<br />
Bio-Wissenschaften an der Goethe-Universität<br />
in Frankfurt konnte BMF erfolgreich<br />
Versuchstiterplatten für das Thermoformen<br />
von Mikroskopierfolien produzieren. Dabei<br />
hängt die Qualität des Endprodukts stark<br />
von Formeigenschaften wie Oberflächendetails<br />
und Glätte ab. Außerdem sind<br />
Formwerkstoffe mit den richtigen thermischen<br />
und mechanischen Eigenschaften erforderlich, um Qualität und Konsistenz zu gewährleisten.<br />
„Wir haben die BMF-Teile ausgiebig auf ihre Eignung als Positivformen für die Thermoformung von<br />
Mikro-Vertiefungen getestet“, erklärt Dr. Francesco Pampaloni, Principal Investigator (PI) am Buchmann-Institut.<br />
„Die Formen von BMF haben im Vergleich zu anderen, die wir ausprobiert haben, eine<br />
bessere Auflösung und Oberflächengüte, so dass sie in der Tat sehr gut für das Thermoformen<br />
der für die Zellkultur erforderlichen Mikromerkmale geeignet sind.“ Schon bald soll eine größere<br />
Form 3D-gedruckt werden, die zur Herstellung von 96 Vertiefungsplatten verwendet wird. Die Qualität<br />
der 3D-gedruckten Teile war perfekt für das Vakuumtiefziehen mit FEP-Folie geeignet. Insbesondere<br />
die Glätte und die Details, die durch den Einsatz der PµSL-Technologie erzielt wurden, übertrafen<br />
die 25 bis 50µm Auflösung von Standard-SLA-Druckern bei Weitem.<br />
Die Drucker der Serie microArch 130 erreichen bei Schichtdicken von 5 bis 20<br />
µm die höchste Auflösung von 2 µm. Bild: BMF<br />
we wie für einen e höheren ee Durchsatz uc vee vieler kleiner<br />
Teile. Die Auflösung beträgt wie bei den<br />
anderen Druckern dieser Serie10 µm bei +/-<br />
25 µm Toleranz.<br />
Das offene Materialsystem des Druckers<br />
ist in der Lage, höhere Viskositäten zu verarbeiten,<br />
was zur Produktion von stärkeren<br />
Teilen führt. Dadurch lassen sich Hochglanzoberflächen,<br />
scharfe Kanten oder glatte<br />
Kanäle erreichen. Ebenso werden Materialien<br />
mit höherem Molekulargewicht gedruckt,<br />
wie Verbundpolymere in Industriequalität<br />
und Keramik.<br />
Die höchste Auflösung von 2 µm erreichten<br />
bei Schichtdicken von 5 µm bis 20 µm<br />
die Drucker der Serie microArch 130. Zwei<br />
Varianten eröffnen wahlweise einen Bauraum<br />
von 3,84 × 2,16 × 10 Millimeter oder<br />
50 x 50 x 10 Millimeter. Sie liefern einen ultra-hochauflösenden<br />
Druck für Prototypen<br />
oder Kleinserien.<br />
■<br />
Boston Micro Fabrication<br />
www.bmf3d.com<br />
8 <strong>additive</strong> September 2021
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<strong>additive</strong> September 2021 Das Stellenportal für Ihren Erfolg! 9
Aus der Branche<br />
Formnext 2021 findet als Präsenzveranstaltung in Frankfurt statt<br />
AM-Community<br />
wieder vereint<br />
Bild: Mesago/Mathias Kutt<br />
Die Messe Formnext wird vom 16. –<br />
19.11.2021 als Präsenzveranstaltung in<br />
Frankfurt am Main stattfinden. 450 Aussteller<br />
haben sich bereits angemeldet.<br />
„In Gesprächen mit der AM-Community<br />
während der letzten Jahre wurde uns die Bedeutung<br />
der Formnext einmal mehr bewusst“,<br />
sagt Sascha F. Wenzler, Vice President<br />
Formnext der Mesago Messe Frankfurt<br />
GmbH. Die Vorbereitungen für die<br />
Formnext 2021 laufen auf Hochtouren und<br />
die Veranstaltung verspricht eine Vielzahl an<br />
Highlights. Dazu zählen unter anderem<br />
hochkarätige Vorträge von Branchenexperten,<br />
Präsentationen aus dem Partnerland<br />
Italien, aber auch Innovationen im Rahmen<br />
der Purmundus Challenge und dem Start-up<br />
Challenge Pitch-Next Event.<br />
Darüber hinaus sind die TCT Conference<br />
und Stage sowie die Sonderschauen der<br />
VDMA AG AM und BE-AM (Built Environment)<br />
hervorzuheben. Die ASTM (American<br />
Society for Testing and Materials) organisiert<br />
zudem am Vortag der Formnext erstmalig<br />
einen internationalen Normungs-<br />
Workshop.<br />
Auch dieses Jahr werden viele bedeutende<br />
Unternehmen der Branche auf der Formnext<br />
vertreten sein. Etwa 450 Aussteller<br />
(55 % aus dem Ausland) haben sich bereits<br />
angemeldet, darunter 3D Systems, Additive<br />
Industries, Addup, Arburg, Autodesk, Bigrep,<br />
DMG Mori, Dyndrite, EOS, Exone,<br />
Farsoon, Formlabs, GE, Hexagon, HP, Keyence,<br />
Markforged, Materialise, Meltio, Nexa<br />
3D, Prima Industrie, Renishaw, Sandvik,<br />
Siemens, Stratasys, Trumpf, Voxeljet und<br />
XJet.<br />
Bei aller Vorfreude steht die Gesundheit und<br />
Sicherheit aller Teilnehmer an erster Stelle.<br />
Daher wird das im vergangenen Jahr entwickelte<br />
Schutz- und Hygienekonzept kontinuierlich<br />
an die Pandemie-Situation und die<br />
gesetzlichen Vorgaben angepasst, wie der<br />
Veranstalter auf seiner Website bekannt<br />
gibt. Breitere Gänge in den Hallen sowie zusätzliche<br />
Kommunikations- und Wartebereiche<br />
in höher frequentierten Zonen der Messe<br />
tragen dazu bei, die notwendigen Sicherheitsabstände<br />
zu wahren. Ein 3G-Konzept<br />
wird eingeführt.<br />
Die physische Veranstaltung wird zwei Wochen<br />
später, vom 30.11. – 01.12.2021,<br />
durch die Formnext Digital Days ergänzt.<br />
Angesichts des Wachstums der AM-Community<br />
und der Nachfrage nach 3D-gedruckten<br />
Produkten in allen Bereichen der<br />
Industrie sei es wichtig, auch denjenigen, die<br />
noch von Reisebeschränkungen betroffen<br />
sind, eine digitale Teilnahme am Ideenaustausch<br />
zu ermöglichen. (bec)<br />
www.formnext.de<br />
Messe Luzern veranstaltet AM Expo als Präsenzmesse<br />
Schonender Umgang mit Ressourcen<br />
Bild: Messe Luzern<br />
Die Messe Luzern veranstaltet vom 14. bis<br />
15. September 2021 die AM Expo. Gleichzeitig<br />
findet auch die Swiss Medtech Expo<br />
statt, da beide Fachmessen diverse Parallelen<br />
aufweisen, so der Veranstalter. Mit 240 Ausstellern<br />
und rund 100 Vorträgen im Innovationssymposium<br />
haben die zwei Fachmessen<br />
viel Information und Inspiration zu bieten.<br />
Um die Gesundheit aller beteiligten Personen<br />
zu schützen, erfolgt der Zutritt mit einem<br />
gültigen Covid-Zertifikat.<br />
Die AM Expo ist die einzige Fachmesse in<br />
der Schweiz, die sich ausschließlich mit <strong>additive</strong>r<br />
Fertigung beschäftigt. 80 Aussteller entlang<br />
der gesamten Wertschöpfungskette zeigen<br />
auf der Fachmesse, welche Möglichkeiten<br />
die <strong>additive</strong> Fertigung bietet und wie die<br />
Fertigungstechnologie rentabel eingesetzt<br />
werden kann. In diesem Jahr steht der schonende<br />
Umgang mit Ressourcen im Zentrum<br />
der Messe. Die rund 80 Aussteller zeigen Lösungen,<br />
um den Materialverbrauch zu minimieren,<br />
Konstruktionen leichter zu machen<br />
oder das Produktdesign zu verbessern.<br />
Auf der Fachmesse Swiss Medtech Expo<br />
und ihrem Symposium treffen sich Entscheidungsträger<br />
von Herstellerfirmen mit führenden<br />
System- und Komponentenlieferanten,<br />
spezialisierten Dienstleistern sowie mit<br />
Forschungs- und Bildungsinstituten. Rund<br />
160 Aussteller zeigen anwendungsorientiert<br />
auf, wo die Medizintechnik aktuell steht<br />
und was es Neues aus den Bereichen Designs,<br />
Materialien, Technologien und Prozessen<br />
gibt. In diesem Jahr richtet sich der<br />
Fokus auf die „personalisierte Medizin“<br />
und mit ihm auf Themen wie „Digitalisierung<br />
und Miniaturisierung“ oder „Smart<br />
Design und Engineering“.<br />
Um die Sicherheit aller Besucher, Aussteller<br />
und Mitarbeiter sicherzustellen, besteht für<br />
die Messen ein Schutzkonzept: Der Zutritt<br />
zu den Messen ist auf geimpfte, getestete<br />
oder genesene Personen beschränkt. Alle<br />
Personen müssen ein gültiges Covid-Zertifikat<br />
sowie einen Ausweis vorweisen. Somit<br />
wird es in den Messehallen keine weiteren<br />
Einschränkungen mehr geben. (eve)<br />
www.am-expo.ch<br />
10 <strong>additive</strong> September 2021
Betriebserweiterung: 1zu1 schließt 5-Millionen-Euro-Investition ab<br />
Optimale Bedingungen für den<br />
industriellen 3D-Druck<br />
Bild: 1zu1/Darko Todorovic<br />
2500 m 2 zusätzlich für Produktion und Administration,<br />
moderne Klimatechnik, ein<br />
automatisches Kleinteilelager und neue Personalräume:<br />
1zu1 investierte in den vergangenen<br />
zwei Jahren etwa 5 Millionen Euro in<br />
die Betriebserweiterung am Firmensitz in<br />
Dornbirn. Die neuen Räume bieten optimale<br />
Bedingungen für die industrielle Serienfertigung<br />
im 3D-Druck. Erst kürzlich hatte das<br />
Unternehmen das Laser-Sinter-System EOS<br />
P500 präsentiert. Das System ermöglicht eine<br />
wirtschaftliche industrielle 3D-Druck-Serienproduktion<br />
bei Losgrößen bis zu 10 000<br />
Stück.<br />
Rund die Hälfte der Investitionskosten für<br />
die Erweiterung flossen in die komplexe Klimatisierung<br />
und Lüftung der Produktionsflächen.<br />
Die neue Klimatechnik ermöglicht<br />
ein Normklima und konstante Raumbedingungen<br />
und ist dank Wärmerückgewinnung<br />
zudem energieeffizient. Gerade einmal<br />
0,5 °C beträgt die maximale Temperaturschwankung<br />
künftig, auch die Luftfeuchtigkeit<br />
lässt sich in jedem Raum exakt regulieren.<br />
„Unsere neue Klimatechnik garantiert<br />
minimale Schwankungen der Bauteile in Bezug<br />
auf mechanische Kennwerte, Maßhaltigkeit<br />
und Oberflächengüte“, erklärt<br />
1zu1-Technik-Geschäftsführer Wolfgang<br />
Humml. Die klimastabilen Räume erhöhen<br />
zugleich die Lebensdauer der Maschinen<br />
und Steuerungen. Sie führen auch bei den<br />
von 1zu1 angebotenen Veredelungstechniken<br />
zu optimalen Resultaten. (bec)<br />
www.1zu1.eu<br />
3D-Druck in der Serienfertigung<br />
Desktop Metal übernimmt ExOne<br />
Bild: Natee Meepian/stock.adobe.com<br />
Die Desktop Metal, Inc. und The ExOne<br />
Company haben bekanntgegeben, dass sie<br />
eine verbindliche Vereinbarung getroffen<br />
haben, nach der Desktop Metal alle Anteile<br />
von ExOne erwirbt. Im Rahmen der Vereinbarung<br />
erhalten die ExOne-Aktionäre pro<br />
Stammaktie 25,50 $, davon 17 $ in Form<br />
von Desktop-Metal-Aktien. Dies entspricht<br />
einem Transaktionswert von 575 Mio. $<br />
(rund 490 Mio. EUR).<br />
„Wir freuen uns sehr, ExOne in die Desktop-Metal-Familie<br />
aufzunehmen, um das<br />
führende Portfolio für die <strong>additive</strong> Fertigung<br />
in der Serienproduktion zu schaffen“,<br />
erklärt Ric Fulop, Gründer und CEO von<br />
Desktop Metal. John Hartner, CEO von<br />
ExOne ergänzt: „Wir sind davon überzeugt,<br />
dass unsere sich ergänzenden Plattformen<br />
den Kunden einen besseren Service bieten,<br />
die Einführung von grünen Technologien<br />
beschleunigen und den Unternehmenswert<br />
steigern.“ Die Transaktion wird voraussichtlich<br />
im vierten Quartal 2021 abgeschlossen.<br />
(ys)<br />
www.desktopmetal.com; www.exone.com<br />
<strong>additive</strong> September 2021 11<br />
www.openmind-tech.com
01 Fokus Additive Medizintechnik<br />
3D-Druck in der Medizin<br />
Individuelle Medizinprodukte<br />
Dank der fortschrittlichen und biokompatiblen Materialien im<br />
3D-Druck profitieren immer mehr medizinische Fachbereiche von<br />
der Technologie. Nicht nur das Züchten spezieller Gewebearten<br />
oder das Drucken patientenspezifischer Anatomiemodelle ist mittlerweile<br />
möglich. Auch Prothesen lassen sich in 3D drucken.<br />
Autor: Stefan Holländer, Managing Director EMEA bei Formlabs<br />
■■■■■■ Der 3D-Druck ist zu einer etablierten Größe<br />
in der Medizin und darüber hinaus geworden. Insbesondere<br />
für die Zukunft der Präzisionsmedizin und die Entwicklung<br />
von Medizinprodukten ist er ein wichtiges<br />
Werkzeug. Die Weiterentwicklung im 3D-Druck hat die<br />
Technologie zugänglicher, vor allem aber vielseitiger gemacht:<br />
Von Komponenten für Beatmungssysteme bis<br />
hin zu Prothesen und chirurgischen Instrumenten – Mediziner<br />
und Techniker für medizinische Produkte nutzen<br />
den 3D-Druck, um schnell, sicher und kostengünstig<br />
über neue Hilfsmittel zu verfügen.<br />
Entsprechende 3D-Drucker sind speziell für den medizinischen<br />
Einsatz konzipiert: Patientenspezifische Teile<br />
können innerhalb eines Tages am „Point of Care“ gedruckt<br />
werden. Biokompatible Materialien ermöglichen<br />
eine schnelle und effektive Forschung und Entwicklung<br />
von kleinen Stückzahlen vor Ort – von chirurgischen<br />
Planungsmodellen und chirurgischen Schablonen bis hin<br />
zu Strahlentherapie- und Schlafapnoe-Geräten. Auch<br />
während der Corona-Pandemie zeigte der 3D-Druck<br />
Dank der fortschrittlichen und biokompatiblen Materialien im 3D-Druck profitieren immer mehr medizinische Fachbereiche. Bild: Formlabs<br />
12 <strong>additive</strong> September 2021
seine Vorteile: Als im März 2020 in den USA der nationale<br />
Notstand erklärt wurde, kam es zeitgleich zu einem<br />
Zusammenbruch globaler Lieferketten. Mithilfe des<br />
3D-Drucks konnten Unternehmen ihre Produktion umgehend<br />
anpassen und dringend benötigte medizinische<br />
Teile produzieren. So wurde die Herstellung von über<br />
40 Millionen Covid-19-Teststäbchen ermöglicht. Zudem<br />
wurden Komponenten für persönliche Schutzausrüstung<br />
(PSA) und Beatmungsgeräte 3D-gedruckt.<br />
Neue Lösungen für komplizierte Behandlungen<br />
Dank biokompatibler Materialien unterstützt der<br />
3D-Druck Mediziner bereits dabei, neue Lösungen für<br />
komplizierte Operationen zu entwickeln. Obwohl der<br />
menschliche Körper Erstaunliches leistet, kann er die<br />
meisten Gewebearten und Organe bei Verletzungen und<br />
Schäden nicht in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzen.<br />
In Deutschland sind kardiovaskuläre Erkrankungen<br />
wie Diabetes mellitus oder Bluthochdruck im<br />
Alter die häufigsten Erkrankungen. In diesem Zusammenhang<br />
werden blockierte und beschädigte Gefäße<br />
bisher autolog transplantiert: Ein Gefäß wird an einer<br />
anderen Stelle des eigenen Körpers entnommen und ersetzt<br />
das beschädigte Gefäß. Das ist eine sehr schwierige<br />
und langwierige Operation.<br />
Forscher an der University of Sheffield arbeiten an einer<br />
Methode, mit der Gefäße 3D-gedruckt werden. Dabei<br />
stehen die Wissenschaftler vor besonderen Herausforderungen:<br />
Menschliche Gefäße laufen nicht gerade<br />
durch den Körper – sie biegen, verzweigen und verjüngen<br />
sich. Außerdem sind sie flexibel, um sich an den unterschiedlichen<br />
Blutdruck anpassen zu können.<br />
Das Team nutzt das Verfahren des Tissue Engineering:<br />
Es konstruiert ein Gerüst, an dem menschliche<br />
Zellen später in einer In-vitro-Umgebung entlang wachsen.<br />
Der 3D-Druck spielt hier eine zentrale Rolle: Durch<br />
den Desktop-Stereolithografie-Druck können verschiedene<br />
geometrische Formen für die Gerüste der Blutgefäße<br />
herstellt werden. Zuvor konnten die Wissenschaftler<br />
nur gerade Rohre herstellen. Mit Unterstützung des<br />
3D-Drucks können nun auch komplizierte geometrische<br />
Formen gefertigt werden.<br />
Flexibilität ermöglicht individuelle Medizinprodukte<br />
Auch in der Prothetik findet der 3D-Druck bereits Anwendung:<br />
Eine Amputation kann traumatisch sein und<br />
das Leben eines Menschen komplett verändern. Betroffene<br />
sind mit Schmerzen konfrontiert und müssen sich<br />
mit einer veränderten Mobilität neu arrangieren. Eine<br />
Prothese stellt in solchen Situationen mehr als ein simples<br />
Ersatzteil für den menschlichen Körper dar. Sie bildet<br />
die Basis für eine Rückkehr zu Normalität und Unabhängigkeit<br />
sowie die Wiedererlangung von Fähigkeiten.<br />
Moderne 3D-Druck-Methoden ermöglichen die Realisierung<br />
passgenauer Prothesen neben Kostenersparnisse<br />
gegenüber traditionellen Herstellungsmethoden. Denn<br />
neben zeitaufwendigen und komplexen Fertigungsprozessen<br />
ist die herkömmliche Prothesenherstellung vor<br />
allem mit hohen Kosten verbunden: Beträge für ein<br />
konventionell gefertigtes angepasstes Hilfsmittel liegen<br />
im vier- bis fünfstelligen Bereich.<br />
Im Bereich der Sportprothetik bietet die 3D-Druck-<br />
Technologie das Potenzial, die Leistungsfähigkeit und<br />
Qualität künstlicher Gliedmaßen voranzutreiben. Vor<br />
allem Leichtigkeit, Form und Federung der Hilfsmittel<br />
sind für Sportler relevant. Mithilfe der schnell gedruckten<br />
und kostengünstigen Prothesen können Tests und<br />
zweckspezifische Änderungen vorgenommen werden.<br />
Auch im Hinblick auf die Optik der Prothesen gewährt<br />
der 3D-Druck neue Möglichkeiten: Details wie<br />
Hauttöne oder Sommersprossen können authentisch<br />
nachgebildet werden und auch Gesichtsprothesen können<br />
täuschend echt angefertigt werden. Darüber hinaus<br />
ist eine individualisierte Design- und Farbauswahl<br />
durch den Nutzer möglich, was zur psychischen Akzeptanz<br />
eines solchen Hilfsmittels beitragen kann. So kann<br />
eine Prothese je nach Patientenwunsch kaschiert oder<br />
betont werden.<br />
Verkürzter Herstellungsprozess<br />
Ein weiterer Faktor, bei dem der 3D-Druck inzwischen<br />
eine große Rolle spielt, ist die Planung komplizierter<br />
medizinischer Eingriffe. Eine Operation kann diverse<br />
Male durchgespielt werden, doch plötzliche Komplikationen<br />
lassen sich nicht gänzlich simulieren. Der<br />
3D-Druck ist somit beispielsweise bei Wirbelsäulen -<br />
eingriffen zu einem Bestandteil der Operationsplanung<br />
geworden.<br />
Stefan Holländer ist<br />
Managing Director<br />
EMEA bei Formlabs.<br />
Bild: Formlabs<br />
<strong>additive</strong> September 2021 13
01 Fokus Additive Medizintechnik<br />
Die 3D-Drucker Form<br />
3L und Form 3 von<br />
Formlabs. Bild: Formlabs<br />
Ein Beispiel für den konkreten Einsatz und die Möglichkeiten<br />
solcher Modelle ist das auf Wirbelsäulenbehandlungen<br />
spezialisierte Newcastle Hospital in Großbritannien.<br />
Das Klinikteam behandelte einen Patienten,<br />
der unter einer Neuralrohrfehlbildung in Form einer<br />
Spina bifida mit stark gekrümmter Deformierung litt.<br />
Diese äußerte sich durch eine übermäßige Auswärtskrümmung<br />
des Rückgrats, die eine anormale Rundung<br />
am oberen Rückenbereich zur Folge hatte. Aufgrund<br />
der zunehmenden Deformierung und Problemen beim<br />
Sitzen oder Schlafen plagten den Patienten tagtäglich<br />
starke Schmerzen. In Zusammenarbeit mit Formlabs<br />
waren die Bildgebungsexperten von Axial3D in der Lage,<br />
innerhalb von nur 48 Stunden ein maßgetreues Modell<br />
der Wirbelsäule des Patienten auf Basis seiner CTund<br />
MRT-Daten zu erstellen, zu drucken und an das<br />
Krankenhaus zu liefern. Anders als konventionell gefertigte<br />
Modelle beschränkte sich das Modell auf den relevanten<br />
Teil des Scans.<br />
Durch eine komplette Operationssimulation war das<br />
Team in der Lage, die Zeit für den komplizierten chirurgischen<br />
Eingriff um mehr als zwei Stunden zu verringern.<br />
Auf diese Weise konnten Kosten in Höhe von rund<br />
8000 GBP eingespart werden.<br />
Das 3D-Druckmodell erlaubte es dem Team, innerhalb<br />
kürzester Zeit – sowie unter Berücksichtigung aller<br />
eventuellen individuellen Risiken – die Möglichkeit einer<br />
verkürzenden Osteotomie zu beurteilen. Bei Erfolg<br />
ist es durch diesen komplexen Eingriff möglich, die Rückenmarkspannung<br />
ohne eine direkte Nervenschädigung<br />
zu verringern. Des Weiteren erhielt das Team Einsichten<br />
darüber, welche Stiele beim Einsetzen der<br />
Schrauben verwendet werden können und wie bei der<br />
OP am besten vorzugehen sei. Zudem ließ sich die Operation<br />
auf diese Weise deutlich präziser planen. Zudem<br />
konnten die patientenspezifische Unterschiede und Besonderheiten<br />
besser berücksichtigt werden.<br />
Die Zukunft des 3D-Drucks in der Medizin<br />
Ob bei der Anfertigung von Prothesen oder bei der Herstellung<br />
von Abstrichstäbchen zum Nachweis von Coronaviren:<br />
Durch den 3D-Druck ist es möglich, eine<br />
schnellere Produktion von medizinischen Produkten zu<br />
erzielen. Zudem verkürzt sich der Beschaffungsprozess<br />
von Hilfsmitteln deutlich. Denn die Herstellung von<br />
Medizinprodukten kann beispielsweise direkt im hauseigenen<br />
Labor erfolgen, anstatt bei externen Unternehmen<br />
in Auftrag gegeben zu werden. Davon profitieren<br />
nicht nur Mediziner und Techniker, sondern vor allem<br />
ihre Patienten. Ihnen kann schneller geholfen werden,<br />
als es noch vor einigen Jahren der Fall war. Die Zukunft<br />
der Medizin liegt daher in einer maßgeschneiderten, patientenindividuellen<br />
Versorgung mit agileren und reaktionsschnelleren<br />
Lieferketten und der Fähigkeit, Prototypen<br />
zu erstellen und Endprodukte noch schneller zu<br />
fertigen.<br />
■<br />
Formlabs GmbH<br />
www.formlabs.com/de<br />
14 <strong>additive</strong> September 2021
Lösungen für die Serienfertigung<br />
Zahnersatz automatisch<br />
3D-drucken<br />
■■■■■■ „Mit unserer Lösung können Unternehmen Zahnersatz<br />
automatisch in mehreren Schichten fertigen. Im Gegensatz zum<br />
konventionellen Fräsen sind sie damit rund zehnmal so schnell“,<br />
sagt Reinhard Sroka, Branchenmanager Dental bei Trumpf Additive<br />
Manufacturing. Das Beschichter-Werkzeug der TruPrint 1000<br />
schiebt die Substratplatte nach Prozessende in den Überlaufbehälter.<br />
Anschließend bearbeitet der 3D-Drucker selbstständig eine neue<br />
Substratplatte. Die Anlage kann nahtlos den nächsten Druckauftrag<br />
starten, ohne dass ein Maschinenbediener sie öffnen und eine neue<br />
Platte einlegen muss. Eine Federgabel stellt sicher, dass der Überlaufbehälter<br />
die Substratplatten an der richtigen Position absenkt.<br />
Mit der neuen Multiplate-Version kann die TruPrint 1000 vier<br />
Substratplatten hintereinander automatisch mit Zahnersatz bedrucken.<br />
Dafür haben die Trumpf-Experten spezielle Stützstrukturen<br />
entwickelt, die der 3D-Drucker während des Prozesses samt Zahnersatz<br />
additiv auf der Substratplatte aufbaut. Mit diesen Strukturen<br />
lassen sich die Substratplatten im Überlaufbehälter aufeinanderstapeln,<br />
ohne den gedruckten Zahnersatz zu beschädigen.<br />
Die TruPrint 1000 verfügt über das Multilaser-Prinzip, bei dem<br />
zwei Laser gleichzeitig im Pulverbett arbeiten. Mit der Multiplate-<br />
Funktion und dem Multilaser-Prinzip kann die Anlage bis zu 400<br />
Dentalprodukte wie Brücken oder Kronen am Stück drucken. Die<br />
TruPrint 1000 mit der Multiplate-Funktion eignet sich für alle Hersteller<br />
in der Dentalindustrie, insbesondere für kleine Dentallabore.<br />
Denn oft starten Mitarbeiter in der Branche den 3D-Drucker nachts<br />
neu, um Lieferzeiten einzuhalten. Kleinere Dentallabore haben dafür<br />
meistens keine Kapazität und müssen Aufträge ablehnen. Ihnen<br />
hilft die verbesserte Multiplate-Funktion, Engpässe zu vermeiden<br />
und wettbewerbsfähig zu bleiben.<br />
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Bei der Multiplate-Funktion schiebt das Beschichter- Werkzeug die Substratplatte<br />
nach dem Druck automatisch in den Überlaufbehälter. Mit der optimierten Version<br />
lassen sich vier Platten am Stück bedrucken. Bild: Trumpf<br />
<strong>additive</strong> September 2021<br />
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15<br />
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01 Fokus Additive Medizintechnik<br />
Maßgeschneiderte Fußorthesen<br />
Sintratec: 3D-gedruckte<br />
Orthesen<br />
Das australische Unternehmen Advanced Family &<br />
Sports Podiatry fertigt auf dem Sintratec S2 3D-Druck-<br />
System maßgeschneiderte Fußorthesen.<br />
Maßgeschneidert: Mit SLS können die<br />
Podologen von AFSP individualisierte<br />
Orthesen innerhalb von 24 Stunden<br />
herstellen. Bild: AFSP<br />
■■■■■■ Mark Ireland ist Inhaber und<br />
leitender Podologe bei Advanced Family &<br />
Sports Podiatry, einem australischen Unternehmen,<br />
das 2006 gegründet wurde. Um<br />
Kunden mit Sportverletzungen eine optimale<br />
Behandlung zu bieten, haben die Podologen<br />
von AFSP begonnen, <strong>additive</strong> Fertigungstechnologien<br />
in ihren Arbeitsprozess<br />
einzubinden. Der hauseigene 3D-Druck<br />
schien hierfür die naheliegende Wahl. So begann<br />
das Team von AFSP im Jahr 2020, mit<br />
dem Fused Deposition Modeling (FDM) zu<br />
experimentieren, stieß aber bald an die<br />
Grenzen dieser Technologie: „Wir merkten<br />
schnell, dass die FDM-Teile nicht die mesie<br />
eine gewisse Flexibilität aufweisen, ohne<br />
zu zerbrechen, und über eine hohe Wärmeformbeständigkeit<br />
verfügen, um die Form<br />
der Einlagen unter Belastung zu erhalten.“<br />
Laut Ireland ist das selektive Lasersintern<br />
(SLS) eine der wenigen <strong>additive</strong>n Technologien,<br />
die diese Anforderungen erfüllen können.<br />
Mehr Gestaltungsfreiheit dank SLS<br />
Mark Ireland in der Produktion von Advanced Family & Sports Podiatry. Bild: AFSP<br />
chanische Festigkeit besaßen, die wir für unsere<br />
Produkte benötigten – wir versuchten<br />
es auch mit SLA, leider mit dem gleichen Ergebnis“,<br />
so Ireland.<br />
Hohe Anforderungen an die Bauteile<br />
Gerade in einem medizinischen Bereich wie<br />
der Podologie müssen die 3D-gedruckten<br />
Werkstücke besondere Anforderungen erfüllen:<br />
„Unsere Bauteile müssen ein hohes<br />
Mass an Genauigkeit aufweisen und können<br />
komplexe Formen haben, um die Konturen<br />
des Fußes und Knöchels zu unterstützen“,<br />
erklärt Ireland. „Außerdem müssen<br />
Im April 2021 erwarb AFSP ein Sintratec S2<br />
System für das selektive Lasersintern. „Die<br />
größten Vorteile für uns sind die Geschwindigkeit,<br />
die Genauigkeit und die Designfreiheit,<br />
um neue Formen zu testen“, betont Ireland.<br />
Seitdem das System in der Praxis in<br />
Betrieb genommen wurde, nutzen die Podologen<br />
die Sintratec S2, um maßgefertigte<br />
Einlagen aus dem robusten Sintratec<br />
PA12-Nylon Material herzustellen. Während<br />
Patienten bisher bis zu zwei Wochen<br />
auf ihre Orthesen warten mussten, können<br />
sie dank SLS nun bereits innerhalb von 24<br />
Stunden ein individualisiertes Produkt erhalten.<br />
Auch wenn die S2 erst seit ein paar Monaten<br />
in Betrieb ist, ist Mark Ireland von<br />
dem SLS-System überzeugt: „In der Podologie<br />
benötigen wir eine hohe Maßgenauigkeit,<br />
Beständigkeit gegen Verformung und<br />
Hitze sowie Dehnbarkeit, ohne dass die Orthesen<br />
zerbrechen. Die Sintratec-Technologie<br />
erfüllt all diese Anforderungen problemlos.“<br />
■<br />
Sintratec AG<br />
www.sintratec.com<br />
16 <strong>additive</strong> September 2021
Kostenloser Online-Leisten-Konfigurator<br />
Orthopädische Schuhleisten<br />
aus dem 3D-Drucker<br />
Die Anfertigung maßgeschneiderter orthopädischer Schuhe nimmt<br />
normalerweise mehrere Wochen in Anspruch – nicht zuletzt, weil<br />
traditionelle Schuhleisten immer noch aufwendig aus Holz gefertigt<br />
werden müssen. Mit industrieller <strong>additive</strong>r Fertigung kann Protiq,<br />
3D-Druck-Dienstleister aus Blomberg, individuelle Leisten über<br />
Nacht drucken und innerhalb weniger Tage liefern.<br />
■■■■■■ „Schuster, bleib bei deinen Leisten!”<br />
An dieses Sprichwort mussten sich<br />
Schuhmacher in den vergangenen Jahren<br />
noch halten. Obwohl der 3D-Druck schon<br />
länger Thema in der Orthopädietechnik ist,<br />
war die Qualität von gedruckten Schuhleisten<br />
nicht so zufriedenstellend, dass sie mit<br />
der von herkömmlichen Holzleisten mithalten<br />
konnte. Zusammen mit erfahrenen Orthopädieschuhmachern<br />
hat der 3D-Druck-<br />
Spezialist jetzt eine Lösung entwickelt, die<br />
Zeit spart und trotzdem den Ansprüchen<br />
der Werkstatt standhält.<br />
Basis ist der Kunststoff TPU, der einerseits<br />
die benötigten Eigenschaften von Holz<br />
mitbringt, darüber hinaus aber elastisch,<br />
griffig und leicht ist. Mit Forward AM, der<br />
Marke von BASF 3D Printing Solutions, arbeitet<br />
Protiq hinsichtlich des idealen Materials<br />
eng zusammen. Die 3D-Druck-Sparte<br />
von BASF verfügt über eines der größten<br />
Materialportfolios sowie umfassende Beratungskompetenz<br />
für alle gängigen<br />
3D-Druck-Technologien. Im Rahmen des<br />
3D-Drucks bei Protiq wird das TPU im Lasersintern<br />
(SLS) schichtweise mit einem Laser<br />
verschmolzen, wodurch sich eine deutlich<br />
höhere Präzision und Robustheit erzielen<br />
lässt als mit dem bekannteren Fused Deposition<br />
Modeling (FDM). Das Ergebnis<br />
sind Schuhleisten, die genauso geklebt, geschliffen<br />
und getackert werden können wie<br />
ihre Pendants aus Holz.<br />
Kostenloser Leisten-Konfigurator<br />
Vor dem Druck muss ein individuelles<br />
3D-Modell erstellt werden, das an den Fuß<br />
des Kunden angepasst wurde. Hier bietet<br />
Protiq eine kostenlose Lösung, die von den<br />
Orthopädieschuhmachern verwendet werden<br />
kann. Der Leisten-Konfigurator, der genau<br />
für diesen Anwendungsbereich entwickelt<br />
wurde, ist auf der Webseite zu finden.<br />
Die Web-Anwendung basiert auf dem Softwaresystem<br />
des Kooperationspartners<br />
Trinckle. Das Berliner Softwareunternehmen<br />
ist auf die Automatisierung von Konstruktionsprozessen<br />
spezialisiert und berücksichtigte<br />
in der Entwicklung insbesondere die<br />
Anforderungen der beteiligten Orthopädietechniker<br />
an einen intuitiven Arbeitsablauf.<br />
Mit dem Leisten-Konfigurator lassen<br />
sich Fußscans hochladen, die Leisten nach<br />
Bedarf modellieren und Maße abgleichen.<br />
So entsteht ein individuelles Leistenpaar, das<br />
sofort bestellt werden kann. Sollten die Leisten<br />
erst später benötigt werden, können bereits<br />
erstellte 3D-Modelle nach Belieben benannt<br />
und im Kundenkonto abgespeichert<br />
werden.<br />
■<br />
Protiq GmbH<br />
www.protiq.com<br />
Mit <strong>additive</strong>r Fertigung<br />
kann Protiq individuelle<br />
Leisten über Nacht 3Ddrucken<br />
und innerhalb<br />
weniger Tage liefern.<br />
Bild: Phoenix Contact<br />
<strong>additive</strong> September 2021 17
Projekt des Monats<br />
Boehringer Ingelheim Pharma setzt auf <strong>additive</strong> Fertigung<br />
Robotertechnik<br />
aus dem 3D-Drucker<br />
Boehringer Ingelheim Pharma ist ein global agierendes Unternehmen<br />
mit rund 52 000 Mitarbeitern. Der Standort Biberach fokussiert<br />
sich dabei auf die Forschung und Entwicklung sowie auf die<br />
biopharmazeutische Arzneimittelherstellung. Das Pharma-Unternehmen<br />
nutzt die <strong>additive</strong> Fertigung in einem breit gefächerten Bereich<br />
im Maschinenbau, vom Metallbau bis hin zur Robotertechnik.<br />
18 <strong>additive</strong> September 2021
■■■■■■ Hubert Reiter, Head of Mechanical Engineering<br />
bei Boehringer Ingelheim, hat sich schon über<br />
sämtliche neuen 3D-Druck Verfahren informiert: „Die<br />
3D-Konstruktion in Verbindung mit dem 3D-Druck ist<br />
eine richtig coole Sache.“ Neben dem täglichen Standort-Betrieb<br />
beschäftigt sich der Bereich Mechanical Engineering<br />
auch mit der Erstellung von Sonderlösungen<br />
innerhalb des Unternehmensnetzwerkes, die in der gewünschten<br />
Form nicht auf dem Markt erhältlich sind.<br />
„Die Arbeit für die Forschung ist momentan die interessanteste,<br />
da wir hierfür Laborroboter kaufen und für<br />
unsere Anforderungen umbauen. Damit verschaffen wir<br />
dem Unternehmen auch unter Einsatz der <strong>additive</strong>n Fertigung<br />
einen Wahnsinns-Wettbewerbsvorteil.“<br />
Selbst bionische Formen, die mit herkömmlichen Fertigungsverfahren<br />
praktisch unmöglich herzustellen waren,<br />
kann man nun einfach drucken. Im Vergleich zu<br />
konventionellen Fertigungsverfahren ist der 3D-Druck<br />
oftmals auch günstiger: Die Betriebskosten sind niedrig<br />
und der Platzbedarf ist gering. Zudem laufen die<br />
3D-Drucker mannarm und der Druck kann direkt nach<br />
der Zeichnungserstellung gestartet werden.<br />
Was zeichnet ein gutes 3D-Druck-System aus?<br />
„Der 3D-Drucker muss sofort betriebsbereit sein. Es ist<br />
nicht die Aufgabe des Anwenders herauszufinden, welche<br />
Temperatur, Vorschübe usw. ein optimales Ergebnis<br />
bringen. Drucker und Filament sollten aus einer Hand<br />
kommen und aufeinander abgestimmt sein. Das Filament<br />
sollte eine einheitliche Qualität haben. Der<br />
3D-Drucker sollte auch stabil gebaut sein: Die Vorschübe,<br />
Achsen und Extruder müssen ohne Wackeln laufen<br />
und die Temperaturführung muss stimmen. Zudem ist<br />
es sehr von Vorteil, wenn die Bauplattform herausnehmbar<br />
ist, damit die Werkstücke sicher entnommen<br />
werden können. Nicht zuletzt sollten die Teile gut aussehen<br />
– es ist schließlich eine High-Tech-Fertigung“, sagt<br />
Hubert Reiter.<br />
Beispiele aus dem Pharma-Alltag<br />
„Unsere ersten zwei Markforged 3D-Drucker haben beanstandungslos<br />
funktioniert, deswegen gab es für uns<br />
keinen Grund, zu einem anderen Hersteller zu wechseln.<br />
Jetzt laufen alle vier 3D-Drucker rund um die Uhr<br />
und sind sehr gut ausgelastet“, sagt Reiter zufrieden.<br />
Boehringer Ingelheim Pharma setzt<br />
auch im Sondermaschinenbau auf die<br />
<strong>additive</strong> Fertigung. Bild: Boehringer Ingelheim<br />
Pharma GmbH & Co. KG<br />
Boehringer Ingelheim hat für einen Laborroboter eine Punkt-Absaugung gedruckt.<br />
Bild: Mark3D<br />
Früher waren mehrere Schritte bis zum fertigen Bauteil<br />
nötig, die den ganzen Prozess in die Länge gezogen haben:<br />
Konstruktion, Materialauswahl, was ist im Lager<br />
vorrätig, was muss bestellt werden, Werkstattzeichnung<br />
anfertigen, in die Produktion einplanen, Rohmaterial<br />
bearbeiten. Aus all dem ergab sich eine Fertigungszeit<br />
von sechs bis acht Wochen. Mit dem 3D-Druck sind die<br />
Bauteile in zwei Tagen fertig. So ist Boehringer Ingelheim<br />
jetzt unabhängiger von internen oder externen<br />
Ressourcen.<br />
Mark Two 3D-Drucker<br />
Der Markforged Mark Two 3D-Drucker ist ein echter Allrounder, mit<br />
dem hochstabile Bauteile gefertigt werden können. Mit Hilfe der<br />
integrierten Endlosfaser aus Carbon werden Festigkeiten von Aluminium<br />
bei hoher Gewichtsreduzierung und Designfreiheit zu geringen<br />
Kosten erreicht.<br />
Materialien:<br />
• Onyx<br />
• Glasfaser<br />
• Carbonfaser<br />
• Kevlarfaser<br />
• Hochtemperatur-Glasfaser<br />
<strong>additive</strong> September 2021 19
Projekt des Monats<br />
Beispiele aus der Praxis<br />
Für einen Laborroboter hat Boehringer Ingelheim eine<br />
Punkt-Absaugung gedruckt, ohne Stützstruktur und<br />
aufgrund der Bohrungen im Inneren fast hohl. „Das<br />
war eine Herausforderung, aber es lohnt sich, an die<br />
Grenzen der Technologie zu gehen“, sagt Reiter.<br />
Ein weiteres 3D-Druck-Projekt war ein Handling-<br />
Gerät, das in einem Laborroboter zum Vermahlen von<br />
Gewebeproben eingesetzt wird. Im Entwicklungsprozess<br />
wurde das Gerät noch manuell betrieben, um dann<br />
später um ein Getriebe erweitert zu werden. Infolge der<br />
Automatisierung mit dem motorbetriebenen Getriebe<br />
kann das Labor mehr Proben in kürzerer Zeit ausführen.<br />
Alle schwarzen Bauteile am Handling-Gerät inklusive<br />
den Zahnrädern im Getriebe sind 3D-gedruckt.<br />
Ein anderes Beispiel ist eine Produktzuführung für eine<br />
Verpackungsanlage: Diese wurde bisher aus mehreren<br />
Bauteilen gefertigt. Jetzt kann sie als ein komplettes<br />
Teil gedruckt werden. „Eine Zuführung muss reibungslos<br />
funktionieren, da darf nichts hängen bleiben. Größere<br />
Teile verkleben wir mit einem industrietauglichen Sekundenkleber<br />
und einer Zapfenverbindung. Somit kommen<br />
wir mit dem gegebenen Bauraum sehr gut zurecht.“<br />
■<br />
Mark3D GmbH<br />
www.mark3d.com<br />
In diesem Handling-Gerät für einen Laborroboter, das zum Vermahlen von Gewebeproben<br />
eingesetzt wird, sind alle schwarzen Bauteile inklusive der Zahnräder<br />
3D-gedruckt. Bild: Mark3D<br />
Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG<br />
www.boehringer-ingelheim.de<br />
Auch diese Produktzuführung für<br />
eine Verpackungsanlage wurde im<br />
3D-Druck hergestellt. Bild: Mark3D<br />
20 <strong>additive</strong> September 2021
Industrie<br />
| Das Kompetenznetzwerk der Industrie<br />
.event<br />
www.<strong>additive</strong>.industrie.de<br />
24. Anwenderforum<br />
Additive<br />
Produktionstechnologie<br />
DIGITAL EDITION | 10. Juni 2021<br />
<strong>additive</strong> September 2021 21<br />
Bild: Fraunhofer IPA
_Anzeige<br />
24. Anwenderforum Additive Produktionstechnologie<br />
▶<br />
MESSUNG DES FOKUSSIERTEN LASERSTRAHLS IST ENTSCHEIDEND<br />
Reproduzierbarkeit –<br />
Wunsch oder Wirklichkeit?<br />
Selektives Laserschmelzen lässt sich nur dann für die Serienproduktion<br />
nutzen, wenn die gefertigten Produkte einen gleichbleibend<br />
hohen Qualitätsstandard erzielen. Dies gelingt nur, wenn sämtliche<br />
Prozessparameter in der AM-Anlage vollständig reproduzierbar<br />
sind. Doch wie lässt sich die Stabilität der Laserparameter gewährleisten?<br />
Autor: Nicolas Meunier, Business Development Manager, MKS Instruments – Ophir<br />
Reproduzierbarkeit geht mit konstanten<br />
Prozessparametern einher.<br />
Beim selektiven Laserschmelzen ist<br />
es deshalb unerlässlich, auch die<br />
Parameter des fokussierten Laserstrahls<br />
zu prüfen. Zu stark ist der<br />
Einfluss der optischen Komponenten,<br />
die benötigt werden, um den<br />
Laserstrahl in Größe, Form und/<br />
oder mit dem benötigten Intensitätsprofil<br />
an die jeweilige Maschinenkonfiguration<br />
anzupassen: verschmutzte<br />
Schutzgläser, verstellte<br />
Optiken oder die Alterung der Linsen<br />
können die Strahlintensität auf<br />
der Bauebene signifikant beeinflussen.<br />
Bleibt diese Änderung unbemerkt,<br />
leiden unter Umständen<br />
Festigkeit und Oberflächenqualität.<br />
Um dies auszuschließen, sollte<br />
die Laserleistung regelmäßig überprüft<br />
werden.<br />
Dazu entwickelte MKS Instruments<br />
das Messgerät Ophir Ariel<br />
zur Stand-alone-Messung der Laserleistung.<br />
Die Grundfläche des<br />
Messgeräts ist kleiner als die einer<br />
Spielkarte und es arbeitet autark<br />
ohne Kühlung, Stromversorgung<br />
oder Datenkabel. Ändert sich die<br />
gewünschte Leistung auf der Bauebene,<br />
können sofort weitere Prüfungen<br />
durchgeführt werden, um<br />
den Baujob nicht zu gefährden.<br />
Weitere Effekte erfassen<br />
Gerade bei komplexen <strong>additive</strong><br />
Baujobs empfehlen sich weitergehende<br />
Messungen des Laserstrahls.<br />
Es gilt, thermische Effekte<br />
Bild: MKS Instruments<br />
Das kompakte Ophir Ariel Leistungs -<br />
messgerät lässt sich auch in beengten<br />
Umgebungen nutzen.<br />
wie die ‚thermische Linse‘ zu berücksichtigen,<br />
die zu Fokusshift<br />
und damit zu einer Änderung von<br />
Größe oder Position des Strahlfokus<br />
führt. Die einzige Technologie,<br />
mit der sich dieser zeitabhängige<br />
Effekt erfassen ließe, ist die berührungslose<br />
Messtechnik, die auf der<br />
Methode des Rayleigh-Scattering<br />
des Laserstrahls basiert.<br />
Um diese Technologie in der <strong>additive</strong>n<br />
Fertigung anzuwenden, entwickelte<br />
MKS das Ophir Beam-<br />
Watch AM Messgerät. Strahlposition,<br />
Einfallswinkel, Fokusgröße<br />
und -position sowie Qualitätsparameter<br />
wie M² und Strahlkaustik<br />
lassen sich in Echtzeit messen. Sie<br />
geben sofort Auskunft darüber, ob<br />
der Strahl ausgerichtet und die Arbeitsebene<br />
im Fokus ist.<br />
Gerade bei Leistungsdichten von<br />
mehr als 2 MW/cm 2 , wie sie bei<br />
der <strong>additive</strong>n Fertigung häufig verwendet<br />
werden, erweist sich die<br />
berührungslose und verschleißfreie<br />
Messung der Strahlkaustik als vorteilhaft.<br />
Da das Messgerät eine<br />
Leistung von bis zu 1 kW über eine<br />
Dauer von mehr als 2 min ohne<br />
aktive Kühlung aufzeichnen kann,<br />
trägt es wesentlich dazu bei, dass<br />
Reproduzierbarkeit nicht länger<br />
ein Wunsch bleibt, sondern Wirklichkeit<br />
■<br />
wird.<br />
Ophir Spiricon Europe GmbH<br />
www.ophiropt.de<br />
Ophir BeamWatch<br />
AM liefert sekunden -<br />
schnell zuverlässige<br />
Messergebnisse.<br />
Bild: MKS Instruments<br />
22 <strong>additive</strong> September 2021
_Anzeige<br />
24. Anwenderforum Additive Produktionstechnologie<br />
▶<br />
READY FOR PRODUCTION: LASERAUFTRAGSCHWEIßEN MIT DRAHT UND PULVER<br />
Der AM Cube: Ein echtes<br />
Multitalent im 3D-Metalldruck<br />
Die Chiron Group SE hat mit dem AM Cube eine neue Ära des Laserauftragschweißens<br />
eingeläutet. Von der Beschichtung von Bauteilen<br />
über die Reparatur bis hin zur endkonturnahen Fertigung von Halbzeugen<br />
mit automatischem Auftragskopfwechsel: Der AM Cube ist<br />
ein echtes Multitalent. Dieser wird in Kürze um AM Coating ergänzt,<br />
eine innovative Lösung für die Beschichtung von Bremsscheiben.<br />
Autor: Axel Boi, Head of Additive Manufacturing, Chiron Group SE<br />
Bild: Chiron Group<br />
Vor zwei Jahren begann die Chiron<br />
Group SE, Spezialist für die<br />
CNC-gesteuerte Fräs- und Drehbearbeitung,<br />
mit der <strong>additive</strong>n Fertigung.<br />
Diese Technologie, die vor<br />
allem für kleinere Stückzahlen ausgelegt<br />
ist, eignet sich sehr gut für<br />
den Einsatz im Maschinen- und<br />
Werkzeugbau, in der Energieerzeugung<br />
oder im Aerospace-Bereich.<br />
Die erste Anlage, der AM Cube,<br />
wurde im Frühjahr 2020 vorgestellt<br />
und zeigt sich aktuell im ersten<br />
industriellen Einsatz bei der<br />
eidgenössischen Stellba AG.<br />
Der Chiron Group ist es gelungen,<br />
mit einer Anlage, basierend auf patentierter<br />
Technik, beide gängigen<br />
Verfahren – Laserauftragschweißen<br />
mit Draht und mit Pulver –<br />
umfassend zu bedienen. Zentraler<br />
Vorteil des AM Cube ist außerdem<br />
der automatische Wechsel des Auftragskopfes<br />
im laufenden Prozess.<br />
Die Anlage ist mit insgesamt drei<br />
Auftragsköpfen ausgestattet.<br />
Komplexe Bauteile in<br />
kleinen Serien fertigen<br />
Der AM Cube ist eine moderne<br />
Kombilösung für die generative<br />
Fertigung. Aufgebaut ist er wie eine<br />
klassische Werkzeugmaschine<br />
mit kartesischem Koordinatensystem.<br />
Insbesondere bei kleineren<br />
Stückzahlen sowie großen Bauteilen<br />
mit langen Beschaffungszeiten<br />
und hohen Materialpreisen spielt<br />
die Plattform ihre Stärken aus. Ein<br />
komplexes Werkstück erfordert<br />
ein hohes Auftragsvolumen und<br />
zusätzlich eine gute Oberflächenqualität?<br />
Kein Problem für den<br />
AM Cube, der beides kann. Mit<br />
geringem Aufwand lässt sich der<br />
AM Cube von vierachsiger auf<br />
fünfachsige Bearbeitung umrüsten<br />
und ermöglicht einen automatisierten,<br />
mannlosen Betrieb unter<br />
Berücksichtigung sämtlicher relevanter<br />
Sicherheitsanforderungen –<br />
sofern gewünscht auch unter<br />
Schutzatmosphäre.<br />
Prozessdokumentation<br />
zur Qualitätssicherung<br />
Zur Dokumentation der Prozessdaten<br />
wurde die Softwarelösung<br />
DataLine der Chiron Group für<br />
den 3D-Druck weiterentwickelt.<br />
So erfasst DataLine AM auch für<br />
die <strong>additive</strong> Fertigung eine Vielzahl<br />
von Prozessgrößen wie Laserleistung<br />
oder Schmelzbadtemperatur<br />
und bildet diese in einer übersichtlichen<br />
Prozessdatenvisualisierung<br />
live am Monitor ab. Ebenfalls<br />
neu: VisioLine AM. Über eine<br />
Kamera im Arbeitsraum wird der<br />
Schweißvorgang in Echtzeit erfasst<br />
und mit einem einheitlichen Zeitstempel<br />
in der Sensordatenbank<br />
abgelegt. Neben der Prozessdokumentation<br />
stehen somit eine Vielzahl<br />
von Analysefunktionen sowie<br />
die Möglichkeit zur Optimierung<br />
■<br />
des Prozesses zur Verfügung.<br />
Chiron Group SE<br />
www.chiron-group.com<br />
Bild: Chiron Group<br />
Der Vorteil beim<br />
Laserauftrag -<br />
schweißen mit<br />
Draht: hohe Auf -<br />
tragsraten und<br />
kein Material -<br />
verlust.<br />
Ausgestattet mit<br />
drei Auftrags -<br />
köpfen kann der<br />
AM Cube Draht<br />
wie auch Metall -<br />
pulver verarbei -<br />
ten.<br />
<strong>additive</strong> September 2021 23
_Anzeige<br />
24. Anwenderforum Additive Produktionstechnologie<br />
▶<br />
HOCHFESTER, NICHTROSTENDER, AUSTENITISCHER STAHL FÜR DEN 3D-DRUCK<br />
Neue Werkstoffe für die<br />
<strong>additive</strong> Fertigung<br />
Die Anlagentechnik in der <strong>additive</strong>n Fertigung entwickelt sich rasant.<br />
Dabei erfolgen die meisten Entwicklungen aus Sicht der Fertigungstechnik.<br />
Aus dem Blickwinkel der werkstofftechnischen Prozesskette<br />
wird die <strong>additive</strong> Fertigung hingegen nur wenig betrachtet,<br />
wodurch Potenziale ungenutzt bleiben. Autor: Dr. Horst Hill und Dr. Andreas Mohr<br />
Die Legierung Printdur HSA eignet<br />
sich u. a. für Anwendungen im allge -<br />
meinen Maschinenbau oder in der<br />
Kraftwerks- und Automobilindustrie.<br />
Bild: Deutsche Edelstahlwerke<br />
Bei der Werk -<br />
stoffentwicklung<br />
wurde auf das<br />
Legierungsele -<br />
ment Nickel ver -<br />
zichtet, um den<br />
Health-and-<br />
Safety-Aspekt zu<br />
verbessern.<br />
In der metallischen <strong>additive</strong>n Fertigung<br />
mittels LPBF-Verfahren (Laser<br />
Powder Bed Fusion) ist 316L<br />
(1.4404) das am häufigsten eingesetzte<br />
Metallpulver. Der Grund<br />
hierfür liegt in der sehr guten Verarbeitbarkeit<br />
des 316L mittels<br />
3D-Druck und seiner guten Korrosionsbeständigkeit.<br />
Jedoch sind die<br />
mechanischen Eigenschaften des<br />
Werkstoffes dürftig. Somit kann<br />
der Werkstoff nur für Bauteile mit<br />
einer geringen mechanischen Belastung<br />
eingesetzt werden.<br />
Werkstoffeigenschaften<br />
deutlich verbessert<br />
Das Ziel bei den Deutschen Edelstahlwerken<br />
war es, einen Werkstoff<br />
für das LPBF-Verfahren zu<br />
entwickeln, welcher der 316L in<br />
Bezug auf die mechanischen und<br />
chemischen Eigenschaften übertrifft,<br />
jedoch genauso unkompliziert<br />
zu verarbeiten ist.<br />
Dabei wurde bei der Legierungsentwicklung<br />
immer berücksichtigt,<br />
dass der Werkstoff per LPBF-Verfahren<br />
verarbeitet wird und somit<br />
sehr schnellen Aufheiz- und Abkühlgeschwindigkeiten<br />
ausgesetzt<br />
ist. Auf Basis von thermodynamischen<br />
Berechnungen wurde eine<br />
Legierung designt, die die Elemente<br />
Kohlenstoff und Stickstoff<br />
nutzt, um die mechanischen Eigenschaften<br />
im gedruckten Zustand<br />
stark zu erhöhen. So besitzt der<br />
entwickelte Werkstoff Printdur<br />
HSA (High Strength Austenite) eine<br />
doppelt so hohe Streckgrenze<br />
und Zugfestigkeit wie der normalerweise<br />
eingesetzte 316L. Ebenfalls<br />
deutlich erhöht ist die Korrosionsbeständigkeit<br />
gegen Lochkorrosion.<br />
Dabei kann der Printdur<br />
HSA mit identischen Druckparametern<br />
wie der 316L verarbeitet<br />
werden, wodurch der Anwender<br />
nur einen Pulverwechsel vollziehen<br />
muss, ohne die Parameter dem<br />
neuen Pulver anzupassen.<br />
Des Weiteren wurde in der Legierungsentwicklung<br />
ein Wunsch vieler<br />
Anwender berücksichtigt und<br />
auf das Legierungselement Nickel<br />
verzichtet. Somit ist der Anlagenbediener<br />
beim Pulverhandling keiner<br />
Nickelbelastung ausgesetzt<br />
und der Health-and-saftey-Aspekt<br />
wird deutlich verbessert.<br />
Legierung bietet hohe<br />
Anwendungsvielfalt<br />
Insgesamt wurde mit dem Printdur<br />
HSA eine Legierung maßgeschneidert<br />
für die <strong>additive</strong> Fertigung entwickelt.<br />
Aufgrund ihrer Eigenschaften<br />
besitzt diese vielfältige<br />
Anwendungsmöglichkeiten im allgemeinen<br />
Maschinenbau, bei Lebensmittel-<br />
und Chemieanlagen,<br />
Pumpenbauteilen oder der Kraftwerks-<br />
und Automobilindustrie.<br />
Diese Eigenschaften überzeugten<br />
ebenfalls die Jury der „Nace Corrosion<br />
Virtual Conference & Expo<br />
2021“, sodass der Printdur HSA<br />
mit dem „MP Corrosion Innovation<br />
of the Year Award 2021“ ausgezeichnet<br />
■<br />
wurde.<br />
Bild: Deutsche Edelstahlwerke<br />
Deutsche Edelstahlwerke<br />
Specialty Steel GmbH & Co. KG<br />
www.dew-stahl.com<br />
www.dew-powder.com<br />
24 <strong>additive</strong> September 2021
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24. Anwenderforum Additive Produktionstechnologie<br />
▶<br />
WIE MULTI-LASER-SYSTEME DEN INDUSTRIELLEN EINSATZ DER SLM-TECHNOLOGIE VORANTREIBEN<br />
Vom Zukunftsprojekt zur realen<br />
Produktionstechnologie<br />
Verschiedenste Industriebetriebe setzen bereits heute die metallbasierte<br />
<strong>additive</strong> Fertigung in Serie ein, um den Unternehmenserfolg<br />
langfristig zu sichern. Treibende Faktoren auf dem Weg zum industriellen<br />
Einsatz der SLM-Technologie sind unter anderem die Senkung<br />
der Bauteilkosten sowie eine nachvollziehbare, gleichbleibend<br />
hohe Qualität. Autor: Ralf Frohwerk, Global Head of Business Development, SLM Solutions<br />
Maßgeblich zum Erfolg der metallbasierten<br />
<strong>additive</strong>n Fertigung<br />
tragen Multi-Laser-Systeme bei.<br />
Durch den Einsatz mehrerer<br />
gleichzeitig arbeitender Laser lässt<br />
sich die Produktivität bei gleichbleibend<br />
hoher Qualität steigern.<br />
Wie das funktioniert, zeigt die<br />
12-Laser-Maschine NXG XII 600<br />
von SLM Solutions.<br />
Die NXG XII 600 verfügt über 12<br />
Laser mit jeweils 1 kW Leistung<br />
und einen quadratischen Bauraum<br />
von 600x600x600 mm. Im Vergleich<br />
zu einer SLM-Solutions-<br />
Maschine in Single-Laser-Konfiguration<br />
ist die NXG XII 600 damit<br />
zwanzigmal so schnell. Durch<br />
technische Innovationen erreicht<br />
die Maschine höchste Produktivität<br />
und Zuverlässigkeit. Optimal<br />
für die Serienproduktion von hohen<br />
Stückzahlen oder großen Metallbauteilen<br />
ausgelegt, eröffnet<br />
die NXG XII 600 zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten<br />
in der<br />
Automobil- und Luftfahrtindustrie<br />
und ebnet damit den Weg zur industriellen<br />
Serienproduktion.<br />
Durch eine solch hohe Anzahl an<br />
gleichzeitig arbeitenden Lasern bildet<br />
sich auch mehr Kondensat und<br />
Ruß. Um solche Ablagerungen, die<br />
den SLM-Solutions-Prozess erheblich<br />
stören, zu vermeiden, verfügt<br />
die NXG XII 600 über eine neue<br />
Gasströmung, ein optimiertes Baukammerdesign<br />
und die patentierte<br />
und bewährte Sinterwandtechnologie<br />
von SLM Solutions. Auch die<br />
patentierte bidirektionale Beschichtung<br />
wurde kompakter gestaltet<br />
und für den Gasstrom optimiert.<br />
So erreichen die Anwender<br />
homogene Bauteil eigenschaften<br />
über die gesamte Bauplattform.<br />
Machbarkeitsnachweis<br />
bei Porsche<br />
Die 12-Laser-Maschine NXG XII 600<br />
von SLM Solutions.<br />
Ein Unternehmen, das die Produktivität<br />
der NXG XII 600 bereits<br />
testen konnte, ist Porsche. In einem<br />
Proof-of-Concept mit der<br />
NXG XII 600 wurde ein komplettes<br />
E-Antriebsgehäuse mit einem<br />
innovativen AM-Design erfolgreich<br />
gefertigt. Das Gehäuse vereint<br />
nicht nur sämtliche Vorteile<br />
der <strong>additive</strong>n Fertigung, der Clou:<br />
Die Fertigung des Bauteils dauerte<br />
ohne die Herstellung von aufwendigen<br />
Druckgusswerkzeugen nur<br />
21 Stunden. Zudem werden durch<br />
die Fertigung des Bauteils in einem<br />
Vorgang zahlreiche Montageschritte<br />
■<br />
eingespart.<br />
SLM Solutions Group AG<br />
www.slm-solutions.com<br />
Bild: SLM Solutions<br />
E-Antriebsgehäuse<br />
von Porsche,<br />
gebaut auf der<br />
NXG XII 600.<br />
Ablagerungen im<br />
Bauraum vermeiden<br />
Bild: SLM Solutions<br />
<strong>additive</strong> September 2021 25
_Anzeige<br />
24. Anwenderforum Additive Produktionstechnologie<br />
▶<br />
NEUER ANSATZ IM 3D-METALLDRUCK<br />
Wirtschaftliche Produktion<br />
ab Losgröße 1<br />
Der 3D-Metalldruck verändert viele Produktionsprozesse in der Industrie.<br />
Gegenüber herkömmlichen Methoden punktet er mit Flexibilität<br />
und geringerem Materialverbrauch. Ein Verfahren auf Basis<br />
von Draht und Lichtbogenschweißen bietet überzeugende Vorteile<br />
gegenüber dem pulverbasierten Druck.<br />
Autor: Sascha Ungewiss, Business Development and Key Account Manager, GEFERTEC<br />
Bild: GEFERTEC<br />
Nach dem Drucken wird das<br />
Bauteil mittels Fräsen oder<br />
Drehen endbearbeitet.<br />
Beim 3D-Metall -<br />
druck wird<br />
Draht mit be -<br />
währter Licht -<br />
bogentechnolo -<br />
gie Schicht für<br />
Schicht aufge -<br />
schmolzen.<br />
Drähte als Ausgangsmaterial.<br />
Größter Vorteil ist die sehr hohe<br />
Aufbaurate, mit der sich selbst<br />
große und schwere Bauteile in hoher<br />
Geschwindigkeit drucken lassen.<br />
Je nach Werkstoff entstehen<br />
bis zu 600 cm³ (5 kg/h) pro Stunde.<br />
Dadurch eignet sich das Verfahren<br />
für die schnelle und wirtschaftliche<br />
Fertigung größerer<br />
Werkstücke aus Stahl, Titan, Aluminium<br />
oder auch auf Nickelbasis.<br />
Bild: GEFERTEC<br />
Geschwindigkeit, niedrige Kosten<br />
und hohe Qualität – dies sind die<br />
wesentlichen Anforderungen, die<br />
an Verfahren in der Fertigung von<br />
Metallteilen gestellt werden. Abhängig<br />
von Stückzahlen, Größe<br />
und Komplexität des Bauteils sowie<br />
des gewählten Metalls sind<br />
unterschiedliche Fertigungsmethoden<br />
verfügbar. Speziell <strong>additive</strong><br />
Verfahren haben sich in den vergangenen<br />
Jahren immer mehr Anwendungsbereiche<br />
erobert. Im<br />
3D-Metalldruck setzen die meisten<br />
Anbieter auf pulverbasierte Techniken.<br />
Diese ermöglichen sehr feine<br />
Strukturen, sind jedoch häufig<br />
in Geschwindigkeit und Baugröße<br />
limitiert. Ein weiterer Nachteil:<br />
Das Material ist teuer und das<br />
Handling des Pulvers vergleichsweise<br />
komplex.<br />
Schicht für Schicht<br />
Die Berliner Gefertec GmbH setzt<br />
auf das bewährte Schweißverfahren<br />
mit Lichtbogen (Wire Arc Additive<br />
Manufacturing, WAAM).<br />
Ausgangsmaterial ist Draht, der<br />
Schicht für Schicht aufgeschmolzen<br />
wird. Die Fertigung des endkonturnahen<br />
Werkstücks erledigt<br />
die Maschine anhand von CAD/<br />
CAM-Daten vollautomatisch. Die<br />
Endbearbeitung erfolgt mit herkömmlicher<br />
CNC-Frästechnik.<br />
Dieses Verfahren bietet eine Reihe<br />
von Vorteilen: Durch den Einsatz<br />
von Draht entfällt das aufwendige<br />
Pulverhandling. Zudem sind die<br />
meisten Werkstoffe zu deutlich<br />
niedrigeren Kosten bereits in<br />
Drahtform erhältlich. Grundsätzlich<br />
eignen sich alle schweißbaren<br />
Hohe Designfreiheit<br />
Durch den Auftragsprozess erhalten<br />
Anwender mehr Designfreiheit.<br />
Die Werkstoffausnutzung ist<br />
im Vergleich zu spanenden Fertigungsverfahren<br />
stark optimiert,<br />
was vor allem bei teuren Werkstoffen<br />
wie Titan die Materialkosten<br />
um bis zu 60 % reduziert.<br />
Der 3D-Metalldruck mit WAAM-<br />
Technologie eignet sich insbesondere<br />
für Anwendungen, bei denen<br />
es auf Wirtschaftlichkeit und<br />
Schnelligkeit ankommt: etwa bei<br />
der Bereitstellung von Ersatzteilen<br />
oder der Fertigung von hochwertigen<br />
Rohlingen für die spanende<br />
Bearbeitung. In Industrien wie<br />
dem Maschinen- und Anlagenbau,<br />
Bahn, Schifffahrt, Energie, Öl &<br />
Gas sowie Luftfahrt ist das Verfahren<br />
bereits vielfach im<br />
■<br />
Einsatz.<br />
GEFERTEC GmbH<br />
www.gefertec.de<br />
26 <strong>additive</strong> September 2021
_Anzeige<br />
24. Anwenderforum Additive Produktionstechnologie<br />
▶<br />
AMBITIONIERT IN DIE ZUKUNFT DER ADDITIVEN FERTIGUNG<br />
3D-Druck in Metall macht<br />
beinahe Unmögliches möglich<br />
Die <strong>additive</strong> Fertigung hängt wie keine andere Fertigungsmethode<br />
von der Praxiserfahrung in den einzelnen Prozessschritten ab. Die<br />
Toolcraft AG fertigt seit 2011 3D-gedruckte Bauteile und vereint die<br />
komplette Prozesskette unter einem Dach – von der Konstruktion<br />
und Simulation über die Fertigung und zerspanende Weiterbearbeitung<br />
bis hin zur optischen, taktilen und zerstörungsfreien Prüfung<br />
der Bauteile.<br />
Autor: Uwe Schulmeister, Bereichsleiter Additive Fertigung, Toolcraft<br />
Der 3D-Druck in Metall erfreut<br />
sich einer stetig steigenden Nachfrage.<br />
Wurden zu Beginn vornehmlich<br />
Prototypen gefertigt, kommt<br />
das Additive Manufacturing heute<br />
in vielen Branchen zur (Klein- und<br />
Mittel-)Serienherstellung zum Einsatz.<br />
Die Vorteile des Verfahrens<br />
liegen auf der Hand: Funktionsintegrationen,<br />
die Verarbeitung<br />
schwer zerspanbarer Materialien<br />
sowie die Herstellung komplexer<br />
Geometrien innerhalb kürzester<br />
Zeit bei besonders geringem Werkstoffabfall.<br />
Geringe Stückkosten<br />
lassen sich sehr wirtschaftlich abbilden.<br />
Auch dem Innovationspotenzial<br />
sind keine Grenzen gesetzt.<br />
Die Vorteile gegenüber konventionellen<br />
Herstellverfahren sind vielfältig.<br />
Software optimiert die<br />
Konstruktion<br />
Spezielle Software-Funktionen zu<br />
Topologie-Optimierung und FEM-<br />
Berechnungen ermöglichen die optimale<br />
Konstruktion der Bauteile.<br />
Damit analysiert der Konstrukteur<br />
die später auf das Bauteil einwirkenden<br />
Kräfte. Somit lässt sich eine<br />
maximale Gewichtsreduktion<br />
unter Erhalt der notwendigen Eigenschaften<br />
des Bauteils errechnen.<br />
Leichtbauteile „verlieren“ auf<br />
diese Weise nicht nur an Gewicht,<br />
sondern erhalten zudem eine optimierte<br />
Bauweise.<br />
Hohe Kompetenz in der<br />
<strong>additive</strong>n Fertigung<br />
Seit 2011 fertigt Toolcraft 3D-gedruckte<br />
Präzisionsbauteile. Damals<br />
mit einer Maschine gestartet,<br />
stehen heute zwölf Anlagen sowie<br />
eine LMD-Anlage (Laserauftragschweißen)<br />
zur Verfügung. Die<br />
Software NX von Siemens gewährleistet<br />
dabei die Datendurchgängigkeit<br />
entlang der gesamten Prozesskette.<br />
Der ganze Prozess ist<br />
Nadcap zertifiziert und entspricht<br />
somit den hohen Anforderungen<br />
der Luft- und Raumfahrt. Auch<br />
der TÜV Süd hat sein Qualitätssiegel<br />
vergeben.<br />
Mit seinem neuen Geschäftsbereich<br />
möchte das Unternehmen<br />
seine langjährige Erfahrung an die<br />
Industrie weitergeben. AMbitious<br />
powered by Toolcraft ist Partner<br />
für Beratung, Schulung und Software<br />
im Bereich Additive Manufacturing<br />
(AM). Dabei unterstützt<br />
das Unternehmen seine Kunden individuell<br />
entlang der gesamten<br />
AM-Prozesskette – von der Strategieberatung<br />
über die Implementierung<br />
des Fertigungsverfahrens bis<br />
hin zur Unterstützung bei der Zertifizierung.<br />
Das Portfolio umfasst<br />
Schulungen zur <strong>additive</strong>n Fertigung<br />
(Basic, Expert und Choose<br />
your own Level) sowie zur NX-<br />
Software von Siemens. AMbitious<br />
ist zudem Siemens NX AM Smart<br />
■<br />
Expert Partner und Reseller.<br />
Toolcraft setzt seit 2019 auf das Laserauftragschweißen<br />
(LMD, Laser Metal Deposition).<br />
Leichtbauteil aus der Luftfahrt.<br />
Toolcraft AG<br />
www.toolcraft.de<br />
Bild: Toolcraft<br />
Bild: Toolcraft<br />
<strong>additive</strong> September 2021 27
_Anzeige<br />
24. Anwenderforum Additive Produktionstechnologie<br />
▶<br />
NEUE MÖGLICHKEITEN DURCH GEOMETRIEFREIHEIT IN DER ADDITIVEN FERTIGUNG<br />
Anwendungen von Hochleistungskunststoffen<br />
im 3D-Druck<br />
Hochleistungskunststoffe wie PEEK oder PEI sind seit vielen Jahren<br />
in Industrien wie der Medizintechnik, der Raumfahrt oder dem Maschinenbau<br />
etabliert. Der 3D-Druck mit solchen Werkstoffen hingegen<br />
erfreut sich erst in den letzten Jahren größerer Beachtung.<br />
Neue 3D-Drucker und optimierte Materialien ermöglichen die Realisierungen<br />
von bisher technisch nicht möglichen oder unwirtschaftlichen<br />
Anwendungen. Autor: Timm Woszidlo, Senior Application Expert, INTAMSYS<br />
Verschiedenste<br />
Anwendungen<br />
aus Hochleis -<br />
tungskunststof -<br />
fen wie PEEK,<br />
PEKK, PEI<br />
und PPSU.<br />
Kontrollpanel<br />
aus ULTEM<br />
9085 für den<br />
Endeinsatz im<br />
Zug.<br />
Bild: INTAMSYS<br />
Die Anwendungen mit Hochleistungskunststoffen<br />
könnten kaum<br />
vielfältiger sein. Bedingt durch die<br />
hohe Formfreiheit und die guten<br />
Materialeigenschaften ergibt sich<br />
eine nahezu endlose Anwendungsvielfalt.<br />
Außerdem ist mit dem<br />
3D-Druck im FFF-Verfahren die<br />
Herstellung von Bauteilen ab Losgröße<br />
1 möglich, was Anwendungen<br />
ermöglicht, die mit konventioneller<br />
Fertigung nicht tragbar gewesen<br />
wären. Besonders die effektive<br />
Materialnutzung im Vergleich<br />
zu spanenden Prozessen kann bei<br />
komplexen Bauteilen sogar zu geringeren<br />
Materialkosten führen.<br />
Oft werden Hochleistungskunststoffe<br />
mit einer sehr hohen Temperaturbeständigkeit<br />
von bis zu<br />
260 °C (PEEK) in Verbindung gebracht.<br />
Dabei gibt es noch viele<br />
andere Eigenschaften, die diese<br />
Materialien einzigartig machen.<br />
Dazu zählen eine hohe Festigkeit<br />
(bei geringem Gewicht), eine sehr<br />
gute chemische Beständigkeit, eine<br />
hohe Verschleißfestigkeit, eine inhärente<br />
Flammhemmung und viele<br />
weitere nützliche Eigenschaften.<br />
Nichtsdestotrotz unterscheiden<br />
sich die Materialien erheblich – jedes<br />
hat seine Stärken, Schwächen<br />
und speziellen Anwendungen.<br />
Breites Anwendungsfeld<br />
Bild: INTAMSYS<br />
Typische Anwendungen sind Vorrichtungen,<br />
Ersatzteile, Prototypen<br />
oder Endteile für die Kleinserienfertigung.<br />
Dabei gibt es verschiedene,<br />
spezifische Anwendungen,<br />
zum Beispiel chemisch-beständige<br />
Vorrichtungen oder Greifer mit<br />
besonderes geringem Gewicht bei<br />
hoher Festigkeit. Insbesondere die<br />
hohe Festigkeit in z-Richtung, bedingt<br />
durch den beheizten Bauraum<br />
der Intamsys-Drucker ermöglicht<br />
Anwendungen, die in der<br />
Vergangenheit undenkbar waren.<br />
Oftmals lassen sich auch Anwendungen<br />
aus Metallen wie zum Beispiel<br />
Aluminium ersetzen, da das<br />
Gewichts/Festigkeits-Verhältnis<br />
ähnlich ist, aber Eigenschaften wie<br />
die Korrosionsbeständigkeit deutlich<br />
verbessert werden.<br />
Ein Kontrollpanel aus ULTEM<br />
9085 besticht nicht nur durch seine<br />
niedrige Flammentwicklung,<br />
sondern insbesondere durch die<br />
geringe Rauchentwicklung und die<br />
geringe Toxizität. Diese Eigenschaften<br />
machen ULTEM 9085 im<br />
gesamten Transportsektor nützlich,<br />
egal ob Luft- und Raumfahrt<br />
oder im Schienenverkehr.<br />
Die Verarbeitung von Hochleistungskunststoffen<br />
setzt sowohl an<br />
der Düse als auch im Bauraum des<br />
3D-Druckers hohe Temperaturen<br />
voraus. Mit dem Intamsys PRO<br />
610 HT lassen sich nahezu alle erhältlichen<br />
Hochleistungskunststoffe<br />
auf dem Markt verarbeiten.<br />
Insbesondere im Bauraum (bis zu<br />
300 °C) und am Druckkopf (bis zu<br />
500 °C) sind hier nahezu keine<br />
■<br />
Grenzen gesetzt.<br />
INTAMSYS Technology Co. Ltd.<br />
www.intamsys.com<br />
28 <strong>additive</strong> September 2021
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24. Anwenderforum Additive Produktionstechnologie<br />
▶<br />
WIE DER 3D-DRUCK PROZESSE SCHNELLER, EFFIZIENTER UND KOSTENGÜNSTIGER MACHT<br />
Hybride Fertigung sorgt für<br />
dynamische Prozesse<br />
Die leistungsstarken 3D-Drucker von Formlabs ermöglichen es<br />
Unternehmen, hochpräzise Teile in kürzester Zeit vor Ort zu drucken.<br />
In der hybriden Fertigung ergänzt der 3D-Druck klassische<br />
Herstellungsverfahren wie den Spritzguss. Arbeitsabläufe werden<br />
so dynamischer und unabhängiger.<br />
Autor: Raphael Rieffel<br />
Der 3D-Druck wird oft singulär für<br />
das Rapid Prototyping, für Funktions-<br />
und Demonstrationsmodelle<br />
oder die Fertigung von Kleinserien<br />
verwendet. 3D-Druck und klassische<br />
Fertigungsverfahren wie die<br />
CNC-Bearbeitung oder der Kleinserienspritzguss<br />
können in neuen<br />
hybriden Arbeitsabläufen auch gemeinsam<br />
eingesetzt werden. Fertigungsprozesse<br />
werden somit flexibler<br />
und effektiver. Dank der betriebsinternen<br />
Fertigung mit den<br />
leistungsstarken SLA-3D-Druckern<br />
von Formlabs werden Unternehmen<br />
unabhängiger von Lieferketten<br />
und können dynamisch auf Veränderungen<br />
im Markt reagieren.<br />
SLA-Drucker für hochwertige<br />
Oberflächen<br />
Mit dem SLA-3D-Drucker Form3<br />
von Formlabs können Ideen sofort<br />
umgesetzt und Prototypen je nach<br />
Größe innerhalb weniger Stunden<br />
vor Ort gedruckt, getestet und bei<br />
Bedarf angepasst werden. Dabei<br />
ist nicht nur die Technologie entscheidend,<br />
sondern auch die Vernetzung<br />
der Arbeitsprozesse. Nur<br />
so kann eine reibungslose Integration<br />
des digitalen Workflows garantiert<br />
werden. Formlabs hat dafür<br />
SLA- und SLS-3D-Drucker entwickelt,<br />
die leicht zugänglich sind,<br />
keine großen Investitionen erfordern<br />
und Teile mit einer sehr hohen<br />
Oberflächenqualität drucken.<br />
Durch 3D-gedruckte Teile können<br />
die Kosten für den Werkzeug-, Formen-<br />
und Vorrichtungsbau signifikant<br />
reduziert werden, die Lieferzeiten<br />
verringern sich drastisch.<br />
Mit neuen Glasfaser-verstärkten<br />
Materialien wie dem Rigid10K<br />
können sogar gängige Kunststoffe<br />
wie PP, PC, PA, ABS oder PC-ABS<br />
eingespritzt werden.<br />
Spritzgießwerkzeug<br />
additiv gefertigt<br />
Die Firma 3D Strong GmbH setzt<br />
in der Fertigung auf spezielle 3Dgedruckte<br />
Spritzgießwerkzeuge. Für<br />
die Harting GmbH hat das Team<br />
kürzlich eine Kleinserie von Steckverbindungen<br />
aus PA und PC-GF20<br />
mit einem solchen Werkzeug im<br />
Spritzgießverfahren hergestellt. Dabei<br />
konnten 30 Bauteile pro Schuss<br />
produziert und dadurch die Stückkosten<br />
signifikant reduziert werden.<br />
Ein weiterer Vorteil ist der Gewinn<br />
von neuem Know-how. Schon bei<br />
der Konstruktion der Bauteile können<br />
Spezifikationen wie minimale<br />
Wandstärken, Toleranzen und Abstände<br />
eingeplant werden. Damit<br />
lassen sich auch kleine Losgrößen<br />
von Bauteilen wirtschaftlich fertigen,<br />
insbesondere dort, wo der klassische<br />
Werkzeugbau zu aufwendig<br />
■<br />
oder zu teuer ist.<br />
Formlabs GmbH<br />
www.formlabs.com<br />
Bild: Formlabs<br />
Kosten und<br />
Lieferzeiten im<br />
Werkzeug- und<br />
Formenbau<br />
können durch<br />
<strong>additive</strong> Ferti -<br />
gung gesenkt<br />
werden. Kleinse -<br />
rien lassen sich<br />
so wirtschaftlich<br />
abbilden.<br />
Hybride Produk -<br />
tionsprozesse<br />
erlauben die<br />
Kombination<br />
des 3D-Drucks<br />
mit klassischen<br />
Verfahren.<br />
Bild: Formlabs<br />
<strong>additive</strong> September 2021 29