NoG Fachmagazin - August 2021 Ausgabe 2
Fachmagazin des gemeinnützigen Vereins NoG - Naturheilpraxis ohne Grenzen
Fachmagazin des gemeinnützigen Vereins NoG - Naturheilpraxis ohne Grenzen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Kunsttherapie Praxis Köln<br />
mein Praktikum in einer<br />
Suchtklinik gemacht. Das<br />
war ein Akutkrankenhaus,<br />
das heißt, bei uns haben die<br />
Menschen entgiftet. Viele von<br />
ihnen hatten auch schwierige<br />
Wohnverhältnisse – zwischen<br />
Wohnungslosigkeit oder von<br />
Obdachlosigkeit bedroht. Insofern<br />
kann man sagen, dass mir diese<br />
Menschen und ihre spezifischen<br />
Probleme nicht neu waren, als<br />
wir uns entschieden, unser <strong>NoG</strong>-<br />
Engagement in Köln dem SKF<br />
(Sozialdienst katholischer Frauen<br />
e.V.) sozial anzubieten. Für mich<br />
waren auch in der Suchtklinik die<br />
Begegnungen mit den Menschen<br />
das Wertvollste. So viele<br />
berührende Geschichten habe ich<br />
da gehört. Wenn jemand abfällig<br />
über Obdachlose spricht, tut mir<br />
das inzwischen selbst zutiefst<br />
weh. Es geht so schnell, dass<br />
jemand auf der Straße landet.<br />
Eine psychische Erkrankung,<br />
eine Sucht, die ja auch eine<br />
Erkrankung ist, reicht. Wer dann<br />
noch den Rückhalt der Familie<br />
verliert, ist ganz schnell am Ende.<br />
Für mich war sofort klar, dass<br />
ich bei der neuen Kölner Praxis<br />
dabei sein wollte – auch wenn die<br />
Arbeit ganz anders sein würde als<br />
mit den Alleinerziehenden in der<br />
ersten Praxis.<br />
Unsere Kölner Praxis für Frauen<br />
ohne Obdach hatten wir ja im<br />
Oktober 2020 eröffnet und<br />
seitdem bist du einmal pro Monat<br />
in unserer Sprechstunde aktiv.<br />
Kannst du dich noch an deine<br />
erste Sprechstunde erinnern?<br />
Oh ja, auf jeden Fall. Die erste<br />
Sprechstunde war wirklich so<br />
ein langsames Herantasten –<br />
aneinander. Dazu arbeiteten<br />
wir da ja auch schon unter<br />
Pandemiebedingungen,<br />
das heißt mit Mundschutz<br />
und Abstand. Das machte<br />
die Kontaktaufnahme nicht<br />
unbedingt leichter. Die Frauen<br />
waren sehr zurückhaltend.<br />
So bin ich erstmal einfach nur<br />
rumgegangen, habe mich und<br />
unsere Arbeit vorgestellt. Das<br />
Wort „Therapie“ habe ich dabei<br />
tunlichst vermieden. Ich wollte<br />
ja niemanden verschrecken.<br />
Und wir machen ja auch<br />
keine Therapie. Die körperlich<br />
arbeitenden Kolleginnen natürlich<br />
schon. Aber wir „Psychs“ bieten<br />
in erster Linie Gespräche an und<br />
so habe ich das auch formuliert.<br />
Doch auch dabei musste ich<br />
meine Worte genau wählen,<br />
weil das Misstrauen unter den<br />
Frauen sehr hoch ist. Man darf<br />
nicht vergessen, diese Frauen<br />
haben viel Schlimmes erlebt und<br />
brauchen ein gesundes Maß<br />
an Misstrauen, um unter ihren<br />
harten Lebensbedingungen<br />
überhaupt überleben zu können.<br />
Ich mache es heute noch so, dass<br />
ich in jeder Sprechstunde erst<br />
einmal herumgehe, die Frauen<br />
begrüße und einen kleinen<br />
Schnack halte. Inzwischen kennen<br />
wir uns ja alle schon ein bisschen,<br />
da es viele Stammbesucherinnen<br />
gibt. Wenn ich dann einmal im<br />
Monat komme, hat das schon<br />
was von Wiedersehensfreude.<br />
Aus meiner Sicht sind Menschen<br />
und vor allem Frauen ohne<br />
Obdach eine sehr besondere<br />
Patientenzielgruppe. Wie<br />
sind deine Erfahrungen als<br />
Therapeutin?<br />
Auf jeden Fall. Da ist zunächst<br />
das schon erwähnte Misstrauen.<br />
19