01.09.2021 Aufrufe

Restauro 6/2021

Verwandeln Sie Ihre PDFs in ePaper und steigern Sie Ihre Umsätze!

Nutzen Sie SEO-optimierte ePaper, starke Backlinks und multimediale Inhalte, um Ihre Produkte professionell zu präsentieren und Ihre Reichweite signifikant zu maximieren.

Magazin zur Erhaltung des Kulturerbes<br />

N O 6<br />

<strong>2021</strong><br />

Das Piet Mondrian Conservation Project<br />

Die Schweizer Fondation Beyeler zeigt die<br />

maltechnische Erforschung der Gemälde im Netz<br />

JUBILÄUM<br />

Die Zwinger-Bauhütte<br />

in Dresden wird 30<br />

FORSCHUNG<br />

Wie Schwingungen sich auf Kunst<br />

und Kulturgut auswirken<br />

MÜNCHEN<br />

Der Olympiapark soll<br />

Welterbe werden


Noch mehr<br />

8 HEFTE<br />

NUR<br />

89 EURO<br />

Der Jahrgang 2020<br />

Die ganze Welt der Restaurierung:<br />

Bestellen Sie den kompletten Jahrgang 2020<br />

mit einem Preisvorteil von 40%!<br />

shop.georg-media.de<br />

Besuchen Sie uns auf<br />

Facebook und Instagram.<br />

Werden Sie Teil unserer Community! Hier<br />

teilen wir mit Ihnen die neuesten Nachrichten<br />

aus der Redaktion, Infos zu wichtigen<br />

Veranstaltungen und vieles mehr.<br />

facebook.com/restauro<br />

Instagram.com/restauro_zeitschrift<br />

Gehen Sie online.<br />

Sie möchten über Stellen angebote,<br />

wichtige Termine und<br />

Branchennews auf dem Laufenden<br />

sein? Dann besuchen Sie unsere<br />

Homepage! Dort steht Ihnen<br />

außerdem unser Archiv mit Stichwortsuche<br />

zur Verfügung.<br />

restauro.de<br />

Bleiben Sie informiert.<br />

Wenn Sie kein wichtiges Thema mehr<br />

verpassen möchten, brauchen Sie den<br />

RESTAURO-Newsletter. Er informiert<br />

Sie wöchentlich über unsere Themen,<br />

bietet kostenlose Leseproben sowie<br />

Vorteilsangebote. Jetzt regi strieren:<br />

restauro.de/newsletter<br />

Schreiben Sie uns.<br />

Treten Sie mit uns in Kontakt, teilen Sie uns<br />

Ihre Meinung mit, Ihre Gedanken zum Heft<br />

und zu unseren Artikeln. Wir sind gespannt!<br />

• Schreiben Sie uns einen Leserbrief:<br />

redaktion@restauro.de<br />

• Kontaktieren Sie uns auf facebook:<br />

facebook.com/restauro<br />

• Informieren Sie sich über unsere Aboangebote:<br />

leserservice@restauro.de<br />

Ihr RESTAURO Team freut sich auf Sie!


EDITORIAL<br />

Produkte für Restaurierung | Denkmalpflege | Art Handling<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

die Museen und auch der Kulturbetrieb arbeiten derzeit an der Rückkehr zur Normalität.<br />

Doch welche langfristigen Auswirkungen wird die Corona-Pandemie auf den Kulturbetrieb<br />

haben? Und was sollten Institutionen generell heute leisten? Wo werden neue Wege<br />

beschritten? Und wie müssen das analoge Erleben und das digitale Erfahren gedacht<br />

werden, um die Auseinandersetzung mit den Objekten zu fördern? Digitale Angebote bieten<br />

viele neue Möglichkeiten: Wissen kann stärker gebündelt und gezielt vermittelt werden,<br />

bislang unzugängliche Sammlungsstücke werden erfahrbar, aber auch wissenschaftliche<br />

Inhalte können online erlebt werden. Und wie können restauratorischen Leistungen<br />

sichtbarer werden? Diese Themen standen im Fokus der Jahrestagung des Deutschen<br />

Museumsbunds, wie Sie ab Seite 10 in unserem Titelthema „Museum &<br />

Digitalisierung“ erfahren. Dass die maltechnischen Erforschung der sieben Gemälde von<br />

Piet Mondrian in der Fondation Beyeler digital begleitet wird, lesen Sie ab Seite 14. Eine<br />

umfangreiche Ausstellung in der Fondation Beyeler zu dem Pionier der abstrakten Kunst,<br />

geplant für das Jahr 2022, gab den Impuls das „Piet Mondrian Conservation Project“ ins<br />

Leben zu rufen.<br />

Das Thema Schädlingsbekämpfung in Depots, Ausstellungsräumen, Ateliers und Werkstätten<br />

hat in den vergangenen Jahren nicht nur für Museen an Relevanz gewonnen. Das<br />

sorgsame Monitoring ist ein erster Schritt zur Identifizierung eines Befalls. Im Frühjahr<br />

hielt das weltweit offene Netzwerk MuseumPests eine erste virtuelle Versammlung. Eine<br />

Zusammenfassung davon lesen Sie ab Seite 24). Stefan Biebl gibt uns einen aktuellen<br />

Überblick zum Monitoring und zur Bewertung bei Verdacht auf Befall von Holzschädlingen<br />

(Seite 28) und das neue Projekt „Modelling the impact of future climate change on<br />

museum pests – insects and fungi“ untersucht den Einfluss des Klimawandels auf schädliche<br />

Insekten und Pilze auf Kulturgüter in Österreich (Seite 23).<br />

Wir wünschen Ihnen viel Freude mit dieser Ausgabe und bleiben Sie gesund!<br />

Anzeige<br />

1/3<br />

hoch<br />

Ihre RESTAURO-Redaktion<br />

Folgen Sie uns auf Facebook – www.facebook.com/restauro – und bleiben Sie auf dem<br />

Laufenden.<br />

6/<strong>2021</strong><br />

3


INHALT<br />

TITELTHEMA: MUSEUM & DIGITALISIERUNG<br />

10 Ohne Anreise ein voller Erfolg<br />

Die Jahrestagung des Deutschen Museumsbundes <strong>2021</strong> musste virtuell<br />

stattfinden. Ein Rückblick<br />

14 Öffentliche Rahmendiskussion<br />

Das Restaurierungsatelier der Schweizer Fondation Beyeler zeigt<br />

seine Arbeit an Mondrian im Netz<br />

Die Ausstellung „hinter GLAS gemalt“ präsentiert neue<br />

Erkenntnisse in Maltechnik und Materialanalyse<br />

22 Advance Publishing in Berlin<br />

Das Projekt „Provenienz und Bestand. Online Publikation der Erwerbungsbücher<br />

der Staatlichen Museen zu Berlin“ veröffentlicht den historischen<br />

Gesamtbestand<br />

INTEGRATED PEST MANAGEMENT<br />

23 Heritage Science Austria<br />

Die Österreichische Akademie der Wissenschaften unterstützt durch<br />

ein Impulsprogramm den wertvollen Beitrag, den Heritage Science zur<br />

Bewahrung des kulturellen Erbes leisten kann<br />

24 Virtuelle Tagung: IPM zum Schutz des Welterbes<br />

Im Frühjahr hielt das weltweit offene Netzwerk MuseumPests eine erste<br />

virtuelle Versammlung. Eine Zusammenfassung<br />

28 Diagnose von aktivem Holzwurmbefall: Update <strong>2021</strong><br />

Ein aktueller Überblick zum Monitoring und zur Bewertung bei Verdacht<br />

auf Befall von Holzschädlingen<br />

Restaurator Dr. Christoph Schölzel restauriert Vermeers<br />

„Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster“<br />

35 International Conference on Integrated Pest Management and Entomology<br />

Das interdisziplinäre Forum ist die wichtigste Veranstaltung für die<br />

Präsentation neuer Fortschritte und Forschungsergebnisse<br />

36 Ein Papierfischchen-Krimi<br />

Ein Fallbeispiel bei Papierfischchen aus dem Museumsbereich zeigt, wie<br />

wichtig die rechtzeitige Erkennung eines Schädlingsbefalls ist<br />

WELTERBE<br />

Update <strong>2021</strong> zum Monitoring und zur Bewertung bei<br />

Verdacht auf Befall von Holzschädlingen<br />

Für die Konservierung des wertvollen Funds aus Nida<br />

arbeitet das Archäologische Museum Frankfurt mit der<br />

Firma Schwieder & Pauli-Restaurierungen zusammen<br />

38 Der Münchner Olympiapark soll Welterbe werden<br />

Der Antrag, den Olympiapark in die bayerische Vorschlagsliste aufzunehmen,<br />

wurde jetzt vom Expertenrat des Bayerischen Staatsministeriums für<br />

Wissenschaft und Kunst positiv beurteilt<br />

MUSEUM<br />

40 „Wenn sich Restauratoren und Kunsthistoriker einem Problem widmen,<br />

dann profitieren immer beide Seiten voneinander“<br />

Dresden zeigt eine sensationelle Vermeer-Ausstellung, die durch eine<br />

sensationelle Restaurierung erst möglich wurde<br />

CORONA-FÖRDERLINIE<br />

46 Bunte Vielfalt: Wandmalerei aus dem Kultbezirk des römischen Nida<br />

Wie die Firma Schwieder & Pauli-Restaurierungen ausgewählte Fragmente<br />

des bemalten Wandputzes aus dem Zentralheiligtum der römischen<br />

Stadt Nida (Frankfurt am Main) untersuchte und konservierte<br />

Fotos (v. o. n. u.): © SKD, Stephan Biebl, Archäologisches Museum Frankfurt<br />

4<br />

6/<strong>2021</strong>


FORSCHUNG<br />

52 Ein Fund gibt Rätsel auf<br />

Die TU Bergakademie Freiberg erschließt die Glasflitter-<br />

Sammlung des Museums Waldenburg in Sachsen<br />

56 Fantasie und Formeln<br />

Berlin bietet eine gemeinsame Vorlesung für<br />

Restaurator:innen und Ingenieur:innen an<br />

AUSSTELLUNG<br />

60 Geheimnisse einer Technik<br />

Die Ausstellung „hinter GLAS gemalt“ im Museum Penzberg<br />

– Sammlung Campendonk konzentriert sich erstmals überhaupt<br />

auf die technischen Aspekte der Hinterglasmalerei<br />

Cyclododecan<br />

RUBRIKEN<br />

6 KUNSTSTÜCK<br />

Carl Gustav Carus-Gemälde in Dresden identifiziert<br />

8 BLICKPUNKT<br />

8 Weblaunch des neuen artemak-Webarchivs<br />

8 Raumluftfilter für kleine Räume<br />

9 1991 wurde die Dresdener Zwinger-Bauhütte<br />

wiederaufgebaut<br />

Kremer Pigmente bietet<br />

Cyclododecan in der<br />

Sprühdose (#87099)<br />

oder als Granulat<br />

(#87100) an.<br />

64 TERMINE<br />

64 Veranstaltungen<br />

64 Impressum<br />

65 Vorschau<br />

Foto: Fondation Beyeler, © Mondrian / Holtzman Trust c/o HCR International Warrenton, VA USA / Mark Niedermann<br />

66 PORTRÄT<br />

Alexandra Jeberien, Professorin für Konservierung und<br />

Restaurierung an der Berliner Hochschule für Technik<br />

und Wirtschaft (HTW)<br />

Cover<br />

Die Fondation Beyeler hat eine der umfassendsten Sammlungen von<br />

Piet Mondrian Gemälden in der Schweiz. Eine umfangreiche Ausstellung<br />

in der Fondation Beyeler zu Piet Mondrian, geplant für das Jahr 2022,<br />

gab den Impuls das „Piet Mondrian Conservation Project“ ins Leben zu<br />

rufen. Bis <strong>2021</strong> liegt der Fokus des Projektes in der maltechnischen Erforschung<br />

der sieben Gemälde in der Fondation Beyeler, die digital begleitet<br />

wird. Mehr dazu ab Seite 14.<br />

Cyclododecan ist eine wachsartige, wasserabstoßende<br />

und ungiftige Substanz. Durch<br />

Verdunsten verschwindet sie nach wenigen<br />

Tagen ganz von selbst.<br />

Anwendungsgebiete<br />

Vorübergehender Schutz von empfindlichen<br />

Oberflächen bei Arbeiten mit Wasser und<br />

wässrigen Lösungen, wässrigen Klebemitteln<br />

oder Mörteln jeder Art.<br />

www.kremer-pigmente.com<br />

6/<strong>2021</strong><br />

5


KUNSTSTÜCK<br />

1<br />

Carl Gustav Carus-Gemälde<br />

in Dresden identifiziert<br />

Im Bestand des Albertinums der Staatlichen Kunstsammlungen<br />

Dresden konnte mit Hilfe kunsttechnologischer Untersuchungen die<br />

Authentizität eines Werkes von Carl Gustav Carus bestätigt werden<br />

Foto: Albertinum / Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen<br />

Dresden<br />

6 6/<strong>2021</strong>


KUNSTSTÜCK<br />

1<br />

Zwischenzustand der<br />

Restaurierung:<br />

Carl Gustav Carus,<br />

Alter Harfner, 1836,<br />

Öl/Lwd., 21,5 x 27,5 cm,<br />

Albertinum<br />

Nach umfangreichen kunsttechnologischen<br />

Untersuchungen konnte ein bislang anonymes<br />

Gemälde aus dem Bestand des<br />

Albertinum der Staatlichen Kunstsammlungen<br />

Dresden (SKD) jetzt zweifelsfrei dem Maler<br />

Carl Gustav Carus (1789 – 1869) zugeordnet<br />

werden. Bei Vorbereitungsarbeiten für die<br />

Ausstellung „Träume von Freiheit – Romantik<br />

in Russland und Deutschland“, die bis Anfang<br />

August <strong>2021</strong> in der Staatlichen Tretjakow-Galerie<br />

Moskau zu sehen war, geriet das Gemälde<br />

„Alter Harfner“ in den Fokus wissenschaftlicher<br />

Untersuchungen. Eine Diplomarbeit an<br />

der Hochschule für Bildende Künste Dresden<br />

(HfBK) setzte sich genauer mit dem Werk auseinander<br />

und untersuchte es gemeinsam mit<br />

einer Restauratorin der Staatlichen Kunstsammlungen<br />

Dresden. Nach der Firnisabnahme<br />

entdeckten die Restaurator:innen die Signatur<br />

des Dresdner Romantikers Carus und<br />

das Entstehungsdatum des Gemäldes. Auch<br />

die nun wieder deutlich zu erkennende Malweise<br />

ließ die Wissenschaftler:innen nicht an<br />

der Authentizität zweifeln.<br />

Das kleinformatige Gemälde entstand 1836<br />

und zeigt eine Mondscheinlandschaft mit einem<br />

alten Mann, der versunken an seiner<br />

Harfe lehnt. Bei Carus, dessen Schaffen stark<br />

von seinem Künstlerfreund Caspar David<br />

Friedrich beeinflusst wurde, charakterisiere<br />

die Harfe den greisen Sänger Ossian, den der<br />

schottische Schriftsteller James Macpherson<br />

Ende des 18. Jahrhunderts als nordisches Gegenstück<br />

zu Homer erfand, erläutern die<br />

Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.<br />

Im Kunsthandel galt das Gemälde „Alter<br />

Harfner“ lange als das Werk eines unbekannten<br />

Künstlers, doch Recherchen ergaben,<br />

dass die Kunsthistorikerin Marianne Prause<br />

das Gemälde noch 1968 im Werkverzeichnis<br />

über Carl Gustav Carus aufführte. Später<br />

zweifelten Expert:innen an der Authentizität<br />

des Werkes aufgrund des etwas ungelenken<br />

Stils in der Darstellung des alten Mannes. Da<br />

auch die Signatur auf dem nachgedunkelten<br />

und verstaubten Gemälde nicht mehr sichtbar<br />

war, wurde die Zuschreibung aufgehoben.<br />

Hilke Wagner, Direktorin des Albertinum,<br />

freut sich über die sensationelle Entdeckung<br />

und den unverhofften Sammlungszuwachs:<br />

„Das Albertinum besitzt damit nun insgesamt<br />

22 Gemälde des bedeutenden Dresdner Romantikers<br />

Carl Gustav Carus. Das Werk ist<br />

trotz seines Alters von bald 200 Jahren in einem<br />

guten Zustand. Dass es so lange unbeachtet<br />

blieb, hängt wohl auch mit einer bestimmten<br />

Vorstellung von Qualität in der Malerei<br />

zusammen, die oftmals die zeichnerische<br />

Genauigkeit und Virtuosität vor das<br />

individuelle Gefühl stellt. Carus hingegen fokussiert<br />

sich hier auf die Empfindung, mit<br />

dem der alte Mann in sich versunken und im<br />

Einklang mit der Natur an seiner Harfe lehnt.<br />

Wir freuen uns darauf, dieses besondere Stimmungsbild<br />

dem Publikum bald in unserer<br />

Dauerausstellung präsentieren zu können.“<br />

Carl Gustav Carus' Gemälde „Alter Harfner“<br />

wird in der Ausstellung „Träume von Freiheit.<br />

Romantik in Russland und Deutschland“ im<br />

Dresdner Albertinum vom 2. Oktober bis 6.<br />

Februar 2022 gezeigt.<br />

Valentina Grossmann<br />

ABSTRACT<br />

Painting by Carl Gustav Carus discovered<br />

In the holdings of the Albertinum of the Dresden<br />

State Art Collections, the authenticity of a work by<br />

Carl Gustav Carus could be confirmed with the help<br />

of art-technological examinations.<br />

6/<strong>2021</strong><br />

7


MUSEUM & DIGITALISIERUNG<br />

Ohne Anreise ein voller Erfolg<br />

Die Jahrestagung des Deutschen Museumsbundes <strong>2021</strong> musste virtuell stattfinden<br />

und fand deshalb so viel Interesse wie keine vor ihr<br />

1<br />

ABSTRACT<br />

A complete success without a journey<br />

The annual conference of the German Museums Association<br />

<strong>2021</strong> had to take place virtually and therefore<br />

attracted as much interest as none before it.<br />

Es gab Technikprobleme, desorientierte<br />

Kameranutzer:innen, nicht startende Präsentationen,<br />

zu lange eingeschaltete Mikrofone.<br />

Und doch: Die Museumsbundtagung fand<br />

statt und hatte 1.500 Teilnehmer:innen. So<br />

viele waren es, nach Angaben des Museumsbundes,<br />

noch nie zuvor.<br />

Und wie immer, wenn es um Museen geht<br />

und Museen über ihre Projekte sprechen,<br />

gab es auch auf dieser Tagung für nahezu Jede<br />

und Jeden etwas Neues zu erfahren. Das<br />

lag sicher auch am Thema „Digitale Sammlungsarbeit.<br />

Das Museum im Wandel“, denn<br />

aktueller als in diesem Jahr konnte ein Tagungsthema<br />

nicht sein.<br />

Dass nicht das große Klagen über die aktuelle<br />

Situation anhob, sondern langfristig angelegte<br />

und bereits umgesetzte digitale Projekte<br />

vorgestellt wurden, ist der weitsichtigen<br />

Planung zu verdanken. Zwei Vorträge, die<br />

über das Tagesaktuelle, Kleinteilige, Mühsame<br />

hinaus wiesen, kamen von „Außenseitern“,<br />

dem Medienkünstler und Künstlerischen<br />

Leiter der Ars Electronica Gerfried<br />

Stocker und von Jürgen Sieck, Professor für<br />

Informatik an der Hochschule für Technik<br />

und Wirtschaft (HTW) in Berlin.<br />

Stocker ist ein großer Mutmacher und Herausforderer.<br />

Er sagte Sätze wie: „Das Museum<br />

muss vom Gate keeper zu Gate opener<br />

werden.“ Oder: „Nur Museumsmitarbeiter<br />

haben die Expertise, den Content zu kontextualisieren.“<br />

Und: „Die Museen und ihre Mitarbeiter<br />

müssen ihre Handlungsfähigkeiten<br />

10 6/<strong>2021</strong>


MUSEUM & DIGITALISIERUNG<br />

ausbauen, um ihre Handlungsmöglichkeiten<br />

nutzen zu können.“ Denn es bleibe der Fakt,<br />

dass Museen Verantwortung für die Gesellschaft<br />

haben, sagt Stocker. Zwar würden<br />

auch ihm echte Menschen und echte Räume<br />

mehr Spaß machen, doch in der Digitalisierung<br />

sehe er vor allem eine Chance. „Digitalisierung<br />

verändert nicht die Welt, aber sie<br />

verändert die Art, wie wir unsere Arbeit machen.“<br />

Wie er seine Arbeit macht, ist für Jürgen<br />

Sieck keine Frage. Doch als angewandter<br />

Informatiker kann er mit Kunstwerken ohne<br />

Spezialisten nicht allzu viel anfangen. Etwa<br />

mit einem persischen Buch. Also hat er gemeinsam<br />

mit den Museumsspezialist:innen<br />

einen Übersetzer und Erklärer für das „Buch<br />

der Könige“ gebaut, der es den Besucher:innen<br />

des Museums für Islamische<br />

Kunst in Berlin ermöglichte, Geschichten<br />

mit dem Smartphone in der Ausstellung<br />

„einzusammeln“ und mit nach Hause zu<br />

nehmen. „Vierzehn Tage nach der Ausstellungseröffnung<br />

hatte sich die Besucherzusammensetzung<br />

geändert. Es kamen ganz<br />

viele Eltern mit ihren Kindern, um Geschichten<br />

mit nach Hauses zu nehmen“, erzählte<br />

Jürgen Sieck und warb unter den<br />

Tagungsteilnehmer:innen aus den Museen<br />

für eine Zusammenarbeit und für das Informatikstudium:<br />

„Kommen Sie zu uns, holen<br />

Sie sich die Absolventen ab und bringen Sie<br />

Ihre Kinder zu uns zum studieren.“<br />

Ein flammendes Plädoyer für Zusammenarbeit<br />

über die Fächergrenzen hinweg hatte zuvor<br />

auch Johanna Leissner, Koordinatorin der<br />

Forschungsallianz Kulturerbe bei der Fraunhofer-Gesellschaft,<br />

gehalten, denn die Vernetzung<br />

von Daten sei nur durch die Vernetzung<br />

von Menschen nützlich. Sie forderte: „Vernetzen<br />

Sie sich in Begegnungsräumen!“<br />

Das Thema Digitalisierung nahm die anschließende<br />

Tagung des Arbeitskreises Konservierung/Restaurierung<br />

unter dem Titel „Digitales<br />

in der Restaurierung. Wo stehen wir<br />

heute?“ auf. Lisa Wagner und Laura Valentini<br />

sprachen über ihr digitales Vermittlungsprojekt<br />

zur Restaurierung und Ausstellung von<br />

Ernst Ludwig Kirchners „Badende im Raum“<br />

am Saarlandmuseum Saarbrücken. Sie hatten<br />

ein umfassendes digitales Vermittlungskonzept<br />

entwickelt, das Restaurierung umfassend<br />

erklärt. Das aufwändige Projekt kam<br />

während der Museumsschließung in den vergangenen<br />

Monaten gerade richtig. Doch<br />

Nachfragen zu Nutzerzahlen beantworteten<br />

Wagner und Valentini ausweichend. Bei Youtube<br />

hat keiner ihrer Filme bisher mehr als<br />

100 Aufrufe. Auch wenn das Projekt beim Publikum<br />

noch um Akzeptanz werben muss, mit<br />

den Kolleg:innen im Museum habe es während<br />

des aufwändigen und personalintensi-<br />

1<br />

Das Thema „Digitale<br />

Sammlungsarbeit. Das<br />

Museum im Wandel“<br />

der virtuellen Jahrestagung<br />

des Deutschen<br />

Museumsbundes <strong>2021</strong><br />

hat viele Interessent:innen<br />

zusammengebracht<br />

MostraLog<br />

Messen bevor<br />

es zu spät ist<br />

Der Museumslogger<br />

Ideal für Vitrinen<br />

Umfangreiches Zubehör<br />

• Externer Sensor<br />

• Kalibrierset<br />

• Fernbedienung<br />

• Alarmkabel<br />

• Kostenlose Software<br />

Nachjustierbar mit<br />

dem Kalibrierset<br />

• Long Life for Art • Christoph Waller • D-79356 Eichstetten • www.LLFA.de • www.datenlogger-store.de • 07663 608 990


INTEGRATED PEST MANAGEMENT<br />

Diagnose von aktivem Holzwurmbefall: Update <strong>2021</strong><br />

Ein aktueller Überblick zum Monitoring und zur Bewertung bei Verdacht auf Befall von Holzschädlingen.<br />

Antworten auf regelmäßige Fragen, die für das Auftreten von Bohrmehl am Holz verantwortlich<br />

sind und alternative Lösungen zur Bekämpfung<br />

1<br />

1<br />

Altschaden durch Nagekäfer<br />

an einer sakralen<br />

Kirchenfigur<br />

Überblick<br />

Immer wieder tauchen Exponate oder Kunstwerke<br />

in Ausstellungen von Museen oder Restaurierungswerkstätten<br />

auf, an denen Löcher<br />

rierung von Einzelstücken wurde in der Praxis<br />

bisher häufig eine präventive Behandlung mit<br />

rückstandsfreien Verfahren (Begasung, Anoxia)<br />

gewählt. Aufgrund fehlender oder auf-<br />

und/oder verdächtiger Staub zu erkennen ist.<br />

wändiger Methoden zur Diagnose von Holz-<br />

In der Regel handelt es sich um historische<br />

schädlingen, wie z.B. zerstörungsfreie Rönt-<br />

Objekte mit altem Holzschädlingsbefall, wie<br />

genaufnahmen, wird ein zeitintensives Moni-<br />

Skulpturen, Möbel und Bilderrahmen oder<br />

toring meist umgangen. Zudem erlaubt die<br />

auch um moderne Kunstobjekte, wie Äste,<br />

derzeitige Situation in vielen europäischen<br />

Zweige oder Baumstämme mit Rinde. Häufig<br />

Ländern aufgrund der bekannten Problematik<br />

ergibt die erste Einschätzung beim Auffinden<br />

mit inSitu-Stickstoff keine präventiven bzw. be-<br />

von Bohr- oder Fraßmehl den Verdacht auf ak-<br />

kämpfenden Behandlungen. So rückt die Be-<br />

tiven Holzschädlingsbefall. Beeinflusst wird<br />

wertung eines aktiven Holzschädlingsbefalls<br />

diese Situation durch verunsicherte Kunden<br />

aktuell verstärkt in den Focus von<br />

(z.B. Möbelbesitzer:innen) oder verantwortli-<br />

Restaurator:innen oder Holzexpert:innen.<br />

che Personen von Dauer- oder Sonderaus-<br />

ABSTRACT<br />

Diagnosis of active woodworm infestation: Update<br />

<strong>2021</strong><br />

An up-to-date overview on monitoring and assessment<br />

of suspected wood pest infestations. Answers<br />

to regular questions responsible for the occurrence<br />

of frass on wood and alternative solutions for control.<br />

stellungen (z.B. Restaurator:innen, Leihgeber:innen,<br />

Kurator:innen, Museumspersonal<br />

usw.). Dies führt nicht selten zu falschen<br />

Einschätzungen oder schnellen Entscheidungen<br />

und endet mit unnötigen Bekämpfungsmaßnahmen.<br />

Beim Umsiedeln von Holzobjekten<br />

von Depot zu Depot oder bei der Restau-<br />

Holzzerstörer und Holzbewohner im<br />

Außenbereich<br />

Eine Übersicht der am Werkstoff Holz vorkommenden<br />

Insekten hängt von vielen Umständen<br />

ab. So hat Holz im Freiland, wie es bei historischen<br />

Bauteilen von Freilichtmuseen oft<br />

der Fall ist, weitaus mehr Insektenaktivität als<br />

Foto: Stephan Biebl<br />

28 6/<strong>2021</strong>


INTEGRATED PEST MANAGEMENT<br />

Tabelle 1: Übersicht von Holzbewohnern und am Holz vorkommende Insekten<br />

und Spinnentiere<br />

Ordnung<br />

Hautflügler<br />

Hymenoptera<br />

Taxonomische<br />

Familie<br />

Ichneumonidae<br />

Braconidae<br />

Bethylidae<br />

Sphecidae<br />

Tenthredinidae<br />

Triviale und wissenschaftliche Namen<br />

Schlupfwespen (Braconidae)<br />

Brackwespe (Hecabolus sulcatus)<br />

Brackwespe (Spathius exarator)<br />

Plattwespe (Cephalonomia gallicola)<br />

Grabwespen (Psenulus pallipes)<br />

Sandwespe (Ammophila sabulosa)<br />

Bienenwolf (Philanthus triangulum)<br />

Orientalische Mörtelwespe (Sceliphron curvatum)<br />

Ampferblattwespe (Ametastegia glabrata)<br />

Apidae Holzbienen sp. (Xylocopinae)<br />

Apidae<br />

Pelzbiene (Anthophora plumipes)<br />

Quellen Tabelle 1: Binker et al 2014, Haustein 2010 und www.holzfragen.de Zugriff 27.07.<strong>2021</strong><br />

in geschlossenen Räumen. In Mitteleuropa<br />

dominieren die Holzarten Fichte, Kiefer oder<br />

Eiche als Bauholz, die häufig bei Baudenkmälern<br />

oder Fachwerkhäusern in Deutschland,<br />

Österreich oder Schweiz vorkommen. So findet<br />

man beim Monitoring häufig die Altschäden<br />

oder aktiven Befall vom Hausbock (Hylotrupes<br />

bajulus) und diverse Nagekäfer (Anobien<br />

sp.). Neben Nadelholz sind bei Fachwerkhäusern<br />

in der Regel Eichenhölzer<br />

verbaut, die bekanntlich vom Bunten bzw. gescheckten<br />

Nagekäfer (Xestobium rufovillosum)<br />

befallen werden können.<br />

Eine Übersicht zu verschiedenen Holzschädlingen<br />

und natürlichen Gegenspielern (Antagonisten)<br />

zeigen die Tabellen auf Seite 31 bei<br />

(Biebl 2015). Zudem können am Holz auch Sekundärinsekten<br />

als Holzbewohner (siehe Infokasten)<br />

auftreten, die eine zusätzliche Rolle<br />

bei der Bewertung von Bohrmehlspuren spielen.<br />

Eine Übersicht von unterschiedlichen<br />

Holzbewohnern, die man beim Monitoring finden<br />

kann, zeigt die nachfolgende Tabelle.<br />

Apidae<br />

Mauer- und Blattschneiderbienen (Megachilinae)<br />

Apidae<br />

Blaue Holzbiene (Xylocopa violacea)<br />

Schmetterlinge Pyralidae<br />

Hummelnestermotte (Aphomia sociella)<br />

Lepidoptera<br />

Tineidae<br />

Kleidermotte (Tineola bisselliella)<br />

Pelzmotte (Tinea pellionella)<br />

Käfer<br />

Cleridae<br />

Hausbuntkäfer (Opilo domesticus)<br />

Coleoptera<br />

Korynetinae<br />

Blauer Fellkäfer (Corynetes coeruleus)<br />

Malachiidae<br />

Zweifleckiger Zipfelkäfer (Malachius bipustulatus)<br />

Zipfel- oder Warzenkäfer (Anthocomus bipunctatus)<br />

Dermestidae<br />

Speckkäfer sp.<br />

Tenebrionidae Schwarzkäfer sp.<br />

Milben<br />

Pyemotes<br />

Kugelbauchmilbe (Pyemotes ventricosus)<br />

Acari<br />

Spinnentiere<br />

Arachnida<br />

Araneae<br />

Große Zitterspinne (Pholcus phalangioides)<br />

Hauswinkelspinne (Tegenaria domestica)<br />

Sonstige Psocoptera Staubläuse sp. (Liposcelis)<br />

Formicidae<br />

Ameisen sp.<br />

6/<strong>2021</strong><br />

29


WELTERBE<br />

1<br />

Der Münchner Olympiapark soll Welterbe werden<br />

Der Münchner Olympiapark wurde für die Olympischen Spiele 1972 auf einem Trümmerberg des Zweiten Weltkrieges<br />

errichtet. Das architektonische Gesamtensemble – seit 1998 denkmalgeschützt – soll UNESCO-Welterbe werden.<br />

Ende Juli <strong>2021</strong> ist München in dieser Angelegenheit einen kleinen Schritt weitergekommen: Der Antrag, den<br />

Olympiapark in die bayerische Vorschlagsliste aufzunehmen, wurde vom Expertenrat des Bayerischen Staatsministeriums<br />

für Wissenschaft und Kunst positiv beurteilt<br />

1<br />

Das architektonische<br />

Gesamtensemble des<br />

Münchner Olympiaparks<br />

– seit 1998<br />

denkmalgeschützt –<br />

soll UNESCO-Welterbe<br />

werden<br />

Der Antrag der Stadt München auf Eintragung<br />

des Olympiaparks in die UNESCO-Welterbeliste<br />

nimmt immer konkretere Formen an.<br />

Anlässlich des Beginns der Olympischen<br />

Sommerspiele am 23. Juli in Tokio informierten<br />

dazu Stadtbaurätin Prof. Dr. (Univ. Florenz)<br />

Elisabeth Merk, Prof. Dr. Jörg Haspel, Präsident<br />

von ICOMOS Deutschland, Prof. Dr. Si-<br />

piastadion, die Olympiahalle, die Olympia-<br />

Schwimmhalle, den Fernsehturm sowie das<br />

Ökumenische Kirchenzentrum des Olympischen<br />

Dorfes als Einzelbaudenkmäler in die<br />

Denkmalliste auf.<br />

Hans-Jochen Vogel war ein<br />

großer Befürworter<br />

grid Brandt, Vizepräsidentin von ICOMOS<br />

Deutschland, Marion Schöne, Geschäftsfüh-<br />

Dass sich der Olympiapark mit seinen Bauten<br />

rerin der Olympiapark München GmbH und<br />

für die Aufnahme in die UNESCO-Welterbelis-<br />

Wiepke van Aaken, Leiterin des Welterbean-<br />

te bewerben soll, wird schon lange öffentlich<br />

trags im Referat für Stadtplanung und Bauord-<br />

diskutiert. Münchens Alt-Oberbürgermeister<br />

nung, zum Welterbeantrag des Olympiaparks.<br />

Dr. Hans-Jochen Vogel war ein großer Befür-<br />

ABSTRACT<br />

Munich's Olympic Park to become a World Heritage<br />

Site<br />

Insbesondere der Kernbereich des Olympiaparks<br />

mit seinen Sportstätten gehören zu<br />

den wichtigsten Dokumenten der europäi-<br />

worter. Er brachte damals die Olympischen<br />

Spiele nach München und hat die Schirmherrschaft<br />

des Vereins „Aktion Welterbe<br />

The Munich Olympic Park was built for the 1972<br />

Olympic Games on a mountain of rubble from the<br />

Second World War. The entire architectural ensemble<br />

- listed since 1998 - is to become a UNESCO<br />

World Heritage Site. Actually Munich took a small<br />

step forward in this matter: The application to include<br />

the Olympic Park in the Bavarian proposal list was<br />

positively assessed by the expert council of the Bavarian<br />

State Ministry for Science and the Arts.<br />

schen Baukultur des 20. Jahrhunderts. Ergänzung<br />

fand die bauliche Gestaltung mit<br />

dem Grafikdesign von Otl Aicher, dessen<br />

Farbgestaltung symbolisch für die Grundwerte<br />

von Demokratie und olympischem<br />

Geist stehen. Das Bayerische Landesamt für<br />

Denkmalpflege nahm am 19. März 1998 den<br />

Olympiapark als Ensemble sowie das Olym-<br />

Olympiapark e.V.“ übernommen. Im November<br />

2017 diskutierten Experten aus Stadtplanung,<br />

Politik und einschlägigen Organisationen,<br />

was der UNESCO-Welterbetitel für München<br />

bedeuten würde. Welche Verpflichtungen<br />

sind damit verbunden und wie kann die<br />

Landeshauptstadt davon profitieren? Was bedeutet<br />

der Welterbetitel für München und<br />

Fotos: Wikimedia Commons / Tobi 87<br />

38 6/<strong>2021</strong>


WELTERBE<br />

welche Konsequenzen entstehen daraus für<br />

die Weiterentwicklung des Olympiaparks? Die<br />

internationale ICOMOS-Tagung am 7. und 8.<br />

November 2019 in München widmete sich<br />

ebenfalls dem Erbe der Olympischen Spiele<br />

der Neuzeit: Historische Sportstätten zwischen<br />

Konservierung und Konversion. Die Dokumentation<br />

dieser Tagung ist fertiggestellt<br />

und liegt nun als Publikation vor.<br />

Der Stadtrat befürwortete die Beantragung<br />

der Aufnahme des Olympiaparks als<br />

UNESCO-Welterbe und beauftragte das Referat<br />

für Stadtplanung und Bauordnung mit<br />

der Vorbereitung des Bewerbungsverfahrens.<br />

Die Vorbewerbung des Olympiaparks<br />

als UNESCO-Welterbe (samt sogenannter<br />

Tentativliste) wurde im Oktober 2019 beim<br />

beim Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft<br />

und Kunst eingereicht. Bis zur Verleihung<br />

des Titels ist es allerdings ein langer<br />

Weg. Das Bewerbungsverfahren geht von<br />

der Kommunal- über die Landes- bis hin zur<br />

Bundesebene. Erst im Jahr 2024 öffnet sich<br />

die UNESCO-Vorschlagsliste wieder, da vorher<br />

andere Bewerbungen aus aller Welt abzuarbeiten<br />

sind. Frühestens im Sommer<br />

2026 entscheidet das UNESCO-Welterbekomittee<br />

über die Eintragung des Olympiaparks<br />

in die Welterbeliste.<br />

In dem laufenden dreistufigen Verfahren ist<br />

jetzt ein erster Zwischenerfolg erzielt worden:<br />

Der Antrag, den Olympiapark in die bayerische<br />

Vorschlagsliste aufzunehmen, wurde<br />

vom Expertenrat des Bayerischen Staatsministeriums<br />

für Wissenschaft und Kunst positiv<br />

beurteilt. Der Rat kam zu dem Ergebnis,<br />

dass der Antrag des Olympiaparks zur Aufnahme<br />

in die UNESCO-Welterbeliste unter<br />

allen eingegangenen Anträgen des bayernweiten<br />

Interessenbekundungsverfahrens<br />

„mit Abstand die größten Chancen zur Eintragung“<br />

hat, und dies sowohl hinsichtlich<br />

der Anmeldung bei der Kultusministerkonferenz<br />

als auch bei der UNESCO. Der Rat empfiehlt<br />

den Antrag des Olympiaparks „nachdrücklich“.<br />

Laut Icomos-Präsident Haspel hat der<br />

Münchner Antrag gute Chancen, denn unter<br />

den aktuell 1121 Welterbe-Stätten gibt es nur<br />

zwei mit Sportbezug gibt: die antiken Anlagen<br />

in Olympia sowie – als Teil der Universitätsstadt<br />

in Mexiko-Stadt – einige Bauten, die<br />

für die Sommerspiele 1968 genutzt wurden –<br />

außerdem sei gerade das Kulturerbe des 20.<br />

Jahrhunderts noch unterrepräsentiert.<br />

Der nächste Schritt zur Nominierung des<br />

Olympiaparks als Weltkulturerbe folgt bald,<br />

denn nach der Sommerpause wird das Kabinett<br />

entscheiden, ob der Antrag des Olympiaparks<br />

an die Kultusministerkonferenz weitergegeben<br />

und damit die bundesdeutsche<br />

Ebene erreichen wird.<br />

Dr. Ute Strimmer<br />

Literaturtipp<br />

Pünktlich zum Beginn der Olympischen<br />

Sommerspiele in Tokio am 23.<br />

Juli erschien der ICOMOS- Tagungsband<br />

zum architektonischen Erbe der<br />

Olympischen Spiele der Moderne.<br />

Er dokumentiert die Ergebnisse einer<br />

internationalen Tagung, die im November<br />

2019 im Münchner Olympiastadion<br />

stattfand.<br />

Erstmals verschafften sich Denkmalpfleger,<br />

Sporthistoriker und Welterbe-<br />

Experten einen globalen Überblick<br />

über die architektonischen Zeugnisse,<br />

die diese sportlichen Großveranstaltungen<br />

im 20. Jahrhundert hinterlassen<br />

haben: Das moderne Erbe der<br />

Olympischen Spiele. Historische<br />

Sportstätten zwischen Konservierung<br />

und Konversion. The Modern Heritage<br />

of the Olympic Games. Historic<br />

Sports Sites between Conservation<br />

and Conversion, Herausgeber: Sigrid,<br />

Brandt, Jörg Haspel, Ralph Paschke<br />

und John Ziesemer. ICOMOS – Hefte<br />

des Deutschen Nationalkomitees<br />

LXXVI, 236 Seiten mit zahlreichen,<br />

vorwiegend farbigen Abbildungen<br />

Hendrik Bäßler Verlag Berlin <strong>2021</strong>.<br />

6/<strong>2021</strong><br />

39


CORONA-FÖRDERLINIE<br />

Bunte Vielfalt: Wandmalerei aus dem Kultbezirk<br />

des römischen Nida<br />

In unserer neuen Serie „Corona-Förderlinie“ geben selbstständige, für öffentliche Museen tätige<br />

Restaurator:innen Einblicke in ihre Projekte, die durch die Ernst von Siemens Kunststiftung gefördert werden.<br />

Die Firma Schwieder & Pauli-Restaurierungen untersuchte und konservierte ausgewählte Fragmente<br />

des bemalten Wandputzes aus dem Zentralheiligtum der römischen Stadt Nida (Frankfurt am Main –<br />

Heddernheim) im Auftrag des Archäologischen Museums Frankfurt<br />

1<br />

Foto:<br />

46 6/<strong>2021</strong>


CORONA-FÖRDERLINIE<br />

1<br />

Restauratorin Birgit<br />

Schwieder mit Dr. Carsten<br />

Wenzel und Restaurator<br />

Thomas Flügen im<br />

Magazin des Archäologischen<br />

Museums<br />

Frankfurt bei der Auswahl<br />

herausragender<br />

Fragmente für die restauratorische<br />

Untersuchung<br />

und Konservierung<br />

ABSTRACT<br />

Colorful variety: wall painting from the cult district<br />

of Roman Nida<br />

Foto:<br />

In our new series, freelance conservators working<br />

for public museums provide insight into projects<br />

that are supported by the Ernst von Siemens Kunststiftung.<br />

Schwieder & Pauli-Restorations examined<br />

and conserved selected fragments of painted wall<br />

plaster from the central sanctuary of the Roman city<br />

of Nida (Frankfurt am Main - Heddernheim) on behalf<br />

of the Frankfurt Archaeological Museum.<br />

6/<strong>2021</strong><br />

47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!