Die 100 wichtigsten Maisons, Winzer und Kooperativen
Manchmal muss es einfach Champagner sein! Aber welcher? Heute produzieren nicht weniger als 4.500 Betriebe den berühmtesten Schaumwein der Welt – jeder mit einem eigenen Konzept. Stefan Pegatzky gibt mit diesem Buch einen Wegweiser durch die Vielfalt des Champagners von heute und stellt die 100 wichtigsten Produzenten und deren „Stil des Hauses“ vor: von den traditionsreichen Marken über innovative Kooperativen bis hin zu revolutionären Winzern. Dabei
erfährt der Leser alles Wichtige über die unterschiedlichen Traubensorten, Regionen und Ausbaustile.
Champagner
Die 100 wichtigsten Maisons, Winzer und Kooperativen
Stefan Pegatzky
REIMS
Castelnau
Veuve Clicquot
Heidsieck & Cº Monopole
Charles Heidsieck
Henriot
Jacquart
Krug
Lanson
Mumm
Bruno Paillard
Palmer & Co.
Piper-Heidsieck
Pommery
Rare
Louis Roederer
Barons de Rothschild
Ruinart
Taittinger
Thiénot
Vranken
MERFY
Chartogne-Taillet
GUEUX
La Closerie
FAVEROLLES-ET-COËMY
Francis Boulard et Fille
COURMAS
Yann Alexandre
ÉCUEIL
Frédéric Savart
DIZY
Jaquesson
CUMIÈRES
Georges Laval
DAMERY
AR Lenoble
CROUTTES-SUR-MARNE
Françoise Bedel et Fils
CHÂTEAU-THIERRY
Pannier
CERSEUIL
Dehours et Fils
ŒUILLY
Tarlant
ÉPERNAY
Besserat de Bellefon
Boizel
Gosset
Alfred Gratien
Leclerc Briant
Mercier
Moët & Chandon
Dom Pérignon
Perrier-Jouët
Pol Roger
De Venoge
CHAVOT
Laherte Frères
CUIS
Pierre Gimonnet et Fils
CRAMANT
Diebolt-Vallois
CONGY
Ulysse Collin
VILLENAUXE-LA-GRANDE
Barrat-Masson
MONTGUEUX
Jacques Lassaigne
BAR-SUR-SEINE
Devaux
POLISOT
Marie-Courtin
Crouttes-sur-Marne
Château-Thierry
Cerseuil
Merfy
Gueux
Faverolles-et-Coëmy
Villenauxe-la-Grande
Montgueux
Courmas
Écueil
Dizy
Cumières
Damery
Œuilly
Aisne
Épernay
Chavot
Cuis
Cramant
Congy
Seine
Reims
Aÿ
Bar-sur-Seine
Polisot
Chouilly
Flavigny
Avize
Le Mesnil-sur-Oger
Vertus
Rilly-la-Montagne
Chigny-les-Roses
Ludes
Mailly-Champagne
Villers-Marmery
Trépail
Ambonnay
Bouzy
Tours-sur-Marne
Bisseuil
Mareuil-sur-Aÿ
Aube
Celles-sur-Ource
Buxeuil
Courteron
Urville
Châlons-en-Champagne
Marne
Rouvres-les-Vignes
RILLY-LA-MONTAGNE
Vilmart & Cie
CHIGNY-LES-ROSES
Cattier
LUDES
Bérêche et Fils
Canard-Duchêne
MAILLY-CHAMPAGNE
Mailly Grand Cru
VILLERS-MARMERY
A. Margaine
TRÉPAIL
David Léclapart
AMBONNAY
Egly-Ouriet
Marguet
Eric Rodez
BOUZY
Paul Bara
André Clouet
Benoît Lahaye
TOURS-SUR-MARNE
Laurent-Perrier
BISSEUIL
Gonet-Médeville
MAREUIL-SUR-AŸ
Billecart-Salmon
Marc Hébrart
Philipponnat
R. Pouillon et Fils
AŸ
Ayala
Bollinger
Deutz
Geoffroy
Henri Giraud
Lallier
CHOUILLY
Nicolas Feuillatte
FLAVIGNY
Dhondt-Grellet
AVIZE
Agrapart et Fils
De Saint-Gall
Jacques Selosse
De Sousa
LE MESNIL-SUR-OGER
Delamotte
Pierre Moncuit
Robert Moncuit
Pierre Péters
Salon
J. L. Vergnon
VERTUS
Pascal Doquet
Doyard
Duval-Leroy
Veuve Fourny et Fils
Paul Goerg
Larmandier-Bernier
CHÂLONS-EN-CHAMPAGNE
Joseph Perrier
ROUVRES-LES-VIGNES
Nathalie Falmet
URVILLE
Drappier
CELLES-SUR-OURCE
Roses de Jeanne
BUXEUIL
Moutard Père et Fils
COURTERON
Fleury
Inhalt
Vorwort 5
2 3
I Geschichte
Vom Stillwein zum Champagner 6
II Die Protagonisten
Händler, Winzer und Genossen 9
III Die Appellation
Grenzen und Regionen 11
IV Der Weinberg
Böden, Trauben, Bewirt schaftung 13
V Die Produktion
Von der Traube in die Flasche 16
Le Style de la Champagne 23
A bis C 29
Agrapart et Fils 30
Yann Alexandre 33
Ayala 34
Paul Bara 37
Barrat-Masson 38
Françoise Bedel et Fils 41
Bérêche et Fils 42
Besserat de Bellefon 45
Billecart-Salmon 46
Boizel 49
Bollinger 50
Francis Boulard et Fille 53
Canard-Duchêne 54
Castelnau 57
Cattier 58
Chartogne-Taillet 61
Veuve Clicquot 62
La Closerie 65
André Clouet 66
Ulysse Collin 69
Marie-Courtin 70
D bis G 73
Dehours et Fils 75
Delamotte 76
Deutz 79
Devaux 80
Dhondt-Grellet 83
Diebolt-Vallois 84
Pascal Doquet 87
Doyard 88
Drappier 91
Duval-Leroy 92
Egly-Ouriet 95
Nathalie Falmet 96
Nicolas Feuillatte 99
Fleury 100
Veuve Fourny et Fils 103
Geoffroy 104
Pierre Gimonnet et Fils 107
Henri Giraud 108
Paul Goerg 111
Gonet-Médeville 112
Gosset 115
Alfred Gratien 116
H bis L 119
Marc Hébrart 121
Heidsieck & Cº Monopole 122
Charles Heidsieck 125
Henriot 126
Jacquart 129
Jaquesson 130
Krug 133
Benoît Lahaye 134
Laherte Frères 137
Lallier 138
Lanson 141
Larmandier-Bernier 142
Jacques Lassaigne 145
Laurent-Perrier 146
Georges Laval 149
David Léclapart 150
Leclerc Briant 153
AR Lenoble 154
M bis P 157
Mailly Grand Cru 159
A. Margaine 160
Marguet 163
Mercier 164
Moët & Chandon 167
Pierre Moncuit 168
Robert Moncuit 171
Moutard Père et Fils 172
Mumm 175
Bruno Paillard 176
Palmer & Co. 179
Pannier 180
Dom Pérignon 183
Joseph Perrier 184
Perrier-Jouët 187
Pierre Péters 188
Philipponnat 191
Piper-Heidsieck 192
Pommery 195
R. Pouillon et Fils 196
R bis Z 199
Rare 201
Eric Rodez 202
Louis Roederer 205
Pol Roger 206
Roses de Jeanne 209
Barons de Rothschild 210
Ruinart 213
De Saint-Gall 214
Salon 217
Frédéric Savart 218
Jacques Selosse 221
De Sousa 222
Taittinger 225
Tarlant 226
Thiénot 229
De Venoge 230
J. L. Vergnon 233
Vilmart & Cie 234
Vranken 237
Glossar 238
I GESCHICHTE
Vom Stillwein
zum Champagner
Im Gebiet der heutigen Champagne hat es seit
gallo-römischer Zeit Weinbau gegeben, vermutlich
seit der Erhebung von Reims zum Bischofssitz
im 3. Jahrhundert. Im 7. Jahrhundert entstanden
Benediktinerklöster wie das von Hautvillers oberhalb
der Marne oder Saint-Thierry nördlich von
Reims, die den Grundstein für den intensiven
Weinbau der Region legten. Dem Benediktinerkloster
Saint-Pierre-aux-Monts in Châlons stellte
1114 der Bischof von Châlons eine Eigentumsurkunde
über den gesamten Klostergrundbesitz aus,
zu dem Weinberge in Vitry-le-François im Süden,
über Hautvillers im Tal der Marne, der Montagne
de Reims und der Côte des Blancs gehören. Diese
»Grande charte champenoise«, wie sie später
bezeichnet wurde, gilt als Gründungsakte des Weinbaugebiets.
Im Mittelalter wurde als »Champagne«
das unbebaute Land im Gegensatz zu den Weinbergen
bezeichnet, die Weine der Region firmierten
entweder wie andere Weine aus dem Pariser Becken
als »Vins de France« oder wurden je nach Region
als »Vins de montagne« und »Vins de rivière«
unterschieden. Andeli nennt in der »Schlacht der
Weine« von 1224 sogar die Ortsnamen Hautvillers,
Épernay, Sézanne oder Châlons als eigenständige
Weine – wobei die ersten ausdrücklich gelobt werden,
Letzterer verdammt wird.
Ganz grundlegend ändert sich die Situation
für die Region durch die Karriere des Weins aus
Burgund im 14. Jahrhundert. Die beharrlichen
Anstrengungen der Zisterziensermönche um die
Qualität des Weinbaus hatten Früchte getragen
und in den Herzögen von Burgund ihre eifrigsten
Fürsprecher gefunden. Philipp der Kühne war
ein entschiedener Anwalt der Pinot-Noir-Traube
(und gegen den Gamay). Seit er 1375 Margarete von
Flandern geheiratet hatte, stand dem Burgunderwein
einer der reichsten Absatzmärkte Europas
offen. Die Handelsroute führte von Dijon über
Reims – und die Winzer in der Champagne
bemerkten bald, dass es ein einträgliches Geschäft
war, den durchreisenden Weinhändlern eigenen
Pinot Noir zu deutlich niedrigeren Preisen als
die teuren Burgunder anzubieten. Zum Verdruss
der südlichen Nachbarn bildete bis etwa 1660 die
Kopie des burgundischen Weinbaus das zentrale
Geschäftsmodell der Region.
Einige Weine erlangten dennoch hohes
Renommee, insbesondere der von den Königen
Franz I. und Heinrich IV. (also zwischen 1515 und
1610) hoch geschätzte Rotwein aus Aÿ. In einem
Brief eines Arztes an Heinrich IV. um 1600 heißt
es, dass die Weine von Aÿ »unter den Weinen der
Champagne den ersten Rang hinsichtlich Güte und
Perfektion« hielten – die früheste bekannte Verwendung
des Namens Champagne als Herkunftsbezeichnung
für den Wein der gleichnamigen Region.
In diese Zeit fällt auch die Gründung des Hauses
Gosset in Aÿ (1584), dem wohl ältesten Weinbaubetrieb
der Region. Das gestiegene Ansehen bei
Hofe führte zu einem neuen Selbstbewusstsein: Ein
Leuchtturm der Qualität wurde nun das Château
Sillery südöstlich von Reims. Dorthin hatte Pierre
eingeheiratet, ein Erbe der Pariser Magistratsfamilie
der Brûlarts und Mitglied des königlichen Hofes.
Sein Sohn Nicolas Brûlart de Sillery wurde unter
Ludwig XIII. Kanzler von Frankreich und Siegelbewahrer
des Reichs – zugleich aber auch eifrigster
Promoter des eigenen Weins am französischen
Königshof. Als Ludwig XIV., der spätere Sonnenkönig,
1654 in Reims gekrönt wird, werden den
Gästen Weine aus der Abtei von Hautvillers und
Schloss Sillery serviert.
Dom Pérignon war auf der Suche
nach dem besten Wein der Welt
Die eigentliche Geburt des Champagners aber sollte
noch bevorstehen. 1662 musste der Autor Charles
de Saint-Évremond aufgrund allzu freigeistiger
Äußerungen seine Heimat Frankreich verlassen
und in England sein Exil suchen. Évremond hatte
in Paris zum Umkreis des »Ordre des Coteaux«
gehört, einem nach den Hügeln der Champagne
benannten hedonistischen Club um den Marquis
de Sillery (dem Enkel von Nicolas Brûlart) – und
er steckte mit seiner Liebe zum Champagner
sofort die englische Oberschicht an. Die war, seit
Stuart-König Charles II. zwei Jahre zuvor nach den
puritanischen Jahrzehnten eines Oliver Cromwell
die Monarchie wiederhergestellt hatte, in höchstem
Maße genusssüchtig. Innerhalb von nur fünf Jahren
wurde Champagner das Modegetränk Nummer eins
des englischen Adels.
Tatsächlich aber, und sehr zum Missfallen von
Évremond, veränderte sich der Wein auf der Insel
aufgrund technischer Innovationen: So hatte Sir
Robert Mansell seit den 1620er Jahren mit Steinkohle
(statt der üblichen Holzkohle) zur Glasherstellung
experimentiert, was in der Produktion von deutlich
härteren und dunkleren Flaschen resultierte.
Diese Innovation wurde von Sir Kenelm Digby,
der heute als Vater der modernen Weinflasche gilt,
weiter verfeinert. Digby testete zwischen 1628 und
1632 gemeinsam mit Lord Scudamore, einem der
bedeutendsten Cider-Produzenten der Insel, unterschiedliche
Flaschenformen und -stärken sowie den
jeweils dazu passenden Korkverschluss. Recht bald
etablierte sich die Flaschenabfüllung von Cider als
perfekte Lösung für die Aufbewahrung – zumal das
stärkere Glas und ein stabiler Pfropfen auch das
Bizzeln der durch die kontinuierliche Gärung des
Weins entstehende Kohlensäure konservierte. In
den 1650er Jahren müssen verschiedenen Abfüller
begriffen haben, dass sich dieses Bizzeln zum
Sprudeln verstärken ließ. Etwa wenn dem Apfelwein
vor der Abfüllung weiterer Zucker zugefügt wurde
und so in der Flasche eine zweite Fermentation
durchlaufen konnte, eine Methode, die bald auch
auf den Wein ausgedehnt wurde. Jedenfalls konnte
Christopher Merrett in seinen »Beobachtungen
über die Modifikation von Weinen«, die er 1662 der
Royal Society präsentierte, feststellen, dass »unsere
Küfer in jüngster Zeit große Mengen an Zucker und
Melasse allen Sorten von Wein hinzufügen, um sie
zischend und sprudelnd zu machen«. Tatsächlich
war in einem englischen Theaterstück von 1676 zum
ersten Mal von »sparkling Champaigne« die Rede.
Auch wenn es den Franzosen noch immer schwerfällt,
das zu akzeptieren: Die Wiege des modernen
Champagners steht wohl in England.
Dennoch sollte es eine französische Erfolgsgeschichte
werden. 1661 hatten sich die Benediktiner
von Hautvillers entschieden – nicht zuletzt durch
die explodierenden Champagner(wein)preise, die
teilweise das Dreifache des Burgunders betrugen –
massiv in den Weinbau zu investieren. 1678 wurde
Pierre Pérignon zum Cellarius, zum Kellermeister
der Abtei bestimmt, eine Stelle, die er
bis zu seinem Tode 1715 mit kompromissloser
Energie ausfüllte. Auch wenn sich die meisten der
ihm zugeschriebenen Innovationen als Legende
erwiesen haben, ist ihm allein wegen seines Qualitätsanspruchs
und seinem Bemühen, alle Parameter
der Produktion infrage zu stellen, ein Ehrenplatz
in der Weingeschichte sicher. Verbürgt ist, dass er
als Erster Assemblagen unterschiedlicher Weinberge
durchgeführt hat (allerdings nur aus roten
Trauben), um einen Wein zu erzeugen, der größer
als die Summe seiner Bestandteile war. Ebenso
wie er mit den neuen Flaschen aus England, den
»Verres anglaises«, experimentierte und als Erster
die Bedeutung der kühlen unterirdischen Keller
erkannte. Dom Pérignon perfektionierte zweifellos
zudem die Methode, aus roten Trauben weißen
Wein herzustellen (der als langlebiger galt). So hat
er den seinem Selbstverständnis nach »besten Wein
der Welt« produziert, wie er in einem Brief von
1694 schreibt. Doch es war ein Stillwein. Die in
der Champagne oft bereits natürlich vorkommende
Gärkohlensäure hat er, wo immer es geht, zu unterdrücken
versucht.
Die Geschichte des Champagners
ist eine Geschichte der
Innovationen
Um 1695, so schildert es der Zeitgenosse Abbé
Jean »Dom« Godinot, fasste der Schaumwein in
der Champagne Fuß, wegen fehlerhafter Flaschen
und unvollkommener Technik mit häufigen Rückschlägen.
In den wilden Jahren der »Régence« von
Die Abtei von Hautvillers ist unauslöschlich mit der Geschichte
des Champagners verbunden, auch wenn ihn der Mönch Dom
Pérignon nicht erfunden hat. Im Innern der Kirche befindet
sich noch heute die Grabplatte des legendären Kellermeisters.
6 7
Auch Kapsel und Drahtkörbchen
zur Fixierung des
Korkens sind eine recht
junge Erfindung: 1844 wurde
dieses Verschlussprinzip von
Adolphe Jacquesson als Patent
eingereicht. Früher mühsam
von Hand hergestellt, schaffen
moderne Anlagen 240 Stück
in der Minute.
Philippe d’Orléans zwischen 1715 und 1723 erlebte
der neue Schaumwein-Stil seinen Durchbruch, und
es entsteht in legendären Gelagen die unauslöschliche
Verbindung von Champagner und Erotik. Als
Ludwig XV. 1728 den Handel von Champagner in
Glasflaschen erlaubt, führt das in der Region zu
einer regelrechten Gründerzeit, beginnend mit dem
Hause Ruinart im Jahr 1729. Doch noch herrschte
in der Champagne ein regelrechter Wirrwarr an
Stilen, selbst am Ende des Jahrhunderts werden
lediglich 300 000 Flaschen, ein halbes Prozent
der Gesamtproduktion der Region, als Schaumwein
hergestellt. In England sollte um 1830 wieder
Stillwein aus Silléry groß in Mode sein.
Champagner als das Produkt, wie wir es kennen,
entstand erst im 19. Jahrhundert, angefangen von
den Innovationen der Witwe Clicquot und ihrer
Mitarbeiter – das Rüttelpult, das Degorgieren,
der Vintage-Champagner – über die Einführung
von Drahtrahmen und Kapseln zur Fixierung des
Korkens bis hin zur Kontrolle der zweiten Gärung
durch die exakte Dosierung des »Liqueurs de tirage«
durch Jean-Baptiste François 1831. Vor allem aber
durch die Abfüllung der ersten Brut-Champagner
um die Mitte des 19. Jahrhunderts, wodurch der
Dessertwein, der sprudelnder Champagner bis
dahin war, zu dem »erwachsenen« Wein wurde,
den Kenner heute bevorzugt genießen. Entscheidende
technische Fortschritte erfolgten in
den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts, als
erste rudimentäre Anlagen zur temperaturgesteuerten
Vergärung aufkamen, durch Reinzuchthefen
die zweite Fermentation kontrolliert wurde,
Filtrationen komplexer wurden, Moste immer
heller produziert werden konnten und ab 1924 die
maschinelle Flaschenproduktion einsetzte. Nach
dem Zweiten Weltkrieg wurden Gärgebinde und
Lagerbehälter, traditionell aus Holz, zunächst durch
beschichteten Beton, Polyester oder emailliertes
Metall ersetzt, schließlich ab den 1960er Jahren
vor allem durch thermoregulierten Edelstahl. 1979
machten Holzfässer, ob kleine »pièces« von 205
Liter oder 5000-Liter-Fuder, nur noch 1 Prozent
der Lagerbehälter von Weinen aus.
Der Stillwein der Champagne wird auf
bescheidenem Niveau weiterproduziert, als Vin
de Champagne non-mousseux, als Vin tranquille
oder Vin nature de la Champagne und schließlich
seit 1974 unter der eigenen Appellation Coteaux
Champenois rot, weiß und rosé. Bereits drei Jahre
zuvor hatte der Rosé-des-Riceys im Département
Aube gesetzlichen Herkunftsschutz erhalten. Zu
dieser Zeit wurden noch 1,2 Millionen Flaschen
Stillwein aus der Champagne produziert, ein Wert,
der sich bis 1978 auf 4,2 Millionen Flaschen steigerte
und dann dramatisch zurückging. Im Jahre 2000
waren es nur noch 234 955 Flaschen. Einige der
großen Häuser wie Moët & Chandon (Saran Blanc
aus Chouilly) und Laurent-Perrier (Pinot Franc)
beendeten damals die Produktion ihrer überaus
traditionsreichen Coteaux Champenois. Heute
werden durchschnittlich nur geschätzte 75 000
Flaschen produziert (gegenüber 244 Millionen
Flaschen Schaumwein der Appellation), allerdings,
wohl infolge des Klimawandels, mit Tendenz nach
oben. Jedenfalls engagieren sich auch Maisons
wie Bollinger oder Roederer wieder mit Nachdruck
der Herstellung dieser ältesten Gattung des
Champagners.
II DIE PROTAGONISTEN
Händler, Winzer
und Genossen
Es waren Klerus und Adel, die den Wein in der
Champagne groß gemacht hatten. Die Kirche hatte
den Weinbau zum Zweck der Gewinnung von Messwein
überhaupt erst in die so nördlich gelegene
gallo-römische Provinz gebracht – und ab dem Ende
des 17. Jahrhunderts auch wesentlich zur Technik
der Champagnerproduktion beigetragen. Unter
den Grafen der Champagne wurden Pflanzrechte
für Weinberge an wohlgesinnte Gemeinden verliehen
und die Identität der Region überhaupt erst
geschaffen. Doch damit war es spätestens mit der
Französischen Revolution vorbei – das Land wurde
an Kleinbauern verteilt oder verstaatlicht und an
den Meistbietenden versteigert.
Zunehmend wechselten nun in der Champagne
reiche Bürger, zumeist Notare oder Tuchhändler,
ins Weingeschäft – zunächst als reine Händler, im
19. Jahrhundert mehr und mehr auch als Landbesitzer.
Den Großteil ihrer Trauben erwarben sie
von Kleinwinzern aus der Region, denen eine Infrastruktur
zum Ausbau von Wein (wie Pressen und
Keller) grundsätzlich fehlte, von den technischen
Hürden der eigentlichen Champagnerproduktion
ganz abgesehen. Die neue Generation von
Produzenten setzte zunehmend auf die Innovation
des »sprudelnden« Champagners. Noch standen die
Methoden am Anfang, und die Märkte begannen
sich, nach den Napoleonischen Kriegen sowie
der Befriedung Europas, erst allmählich herauszubilden.
In dieser Situation war die Champagne
sozusagen das »Silicon Valley« der Weinwelt, das
geniale Quereinsteiger gerade auch aus Deutschland
anzog.
Nicht zuletzt der geografische Sitz des
Produzenten entschied über stilistische Unterschiede.
Bei Häusern in Reims bildeten eher der rote
Pinot Noir, bei Maisons in Épernay eher die weiße
Chardonnay-Traube das Rückgrat der jeweiligen
Weine. Zudem schaute man in Reims, das an gut
ausgebaute Fernhandelsstraßen angeschlossen war,
vornehmlich auf die Exportmärkte im Norden und
Osten (Benelux, Skandinavien, Deutschland, Russland),
während Épernay mit seinem Marne-Hafen
sich eher Richtung Westen orientierte: Paris, Großbritannien
und Übersee – mit entsprechender Ausrichtung
der Häuser an die Geschmacksvorlieben
seiner jeweiligen Kunden: von zuckersüß in Russland
bis zum englisch-trockenen Brut.
Einstmals war die Champagne
das Silicon Valley der Weinwelt
Der immense (nicht zuletzt: Export-)Erfolg zur
Zeit der Belle Époque schuf bald Nachahmer in
anderen Regionen, die das Geschäftsmodell der
Region bedrohten. 1882, nach einem gemeinsamen
Komitee als Vorläufer 1843, schlossen sich die
wichtigsten Champagnerhäuser zu einer Schutzvereinigung
zusammen, dem Syndicat du Commerce
des Vins de Champagne, das sich später in Syndicat
de Grandes Marques und danach in Union des
Maisons de Champagne umbenannte. Heute
unterscheiden sich diese Maisons von einfachen
Négociants durch den Zugang zu internationalen
Märkten und eine Kontrolle ihrer Ressourcen. 77
von 360 Handelshäusern gehören heute zu den
»Grandes Marques«.
Das vertikale Oben-unten-Verhältnis zwischen
Händlern und Winzern sollten erst soziale Unruhen
langfristig verändern. Ende des 19., Anfang des 20.
Jahrhunderts brachten Missernten, unterschiedliche
Strategien gegen die verheerende Reblauskrise und
der Streit über die Erweiterung der Region durch
Anbauflächen im Süden und Westen die Champagne
an den Rand eines Bürgerkriegs. Zudem gefährdete
die Weltwirtschaftskrise der späten 1920er Jahre die
Existenz vieler Kleinbauern, weil niemand mehr
deren Trauben kaufte. Das Resultat war 1921 die
Gründung der ersten Kooperative in der Champagne.
Viele folgten, denn der Aufbau gemeinschaftlicher
Produktionsanlagen war der einzige Weg, dem Diktat
der Traubenpreise durch die Händler zu entgehen.
Einige Winzer vermarkteten nun auch zumindest
einen Teil der Produktion unter eigenem Namen.
Die Genossenschaftsidee wurde nach dem Zweiten
Weltkrieg staatlich stark unterstützt (zumal unter
der sozialistischen Regierung zwischen 1981 und
1995). Unter dem Motto einer »Demokratisierung
des Champagners« betonten einige Produzenten
nun vor allem die Fruchtigkeit der Weine durch
die Dominanz der Pinot-Meunier-Traube oder
8 9
III DIE APPELLATION
Grenzen
und Regionen
Reims ist nicht nur der historisch wichtigste Ort
der Champagne. Seine Kathedrale, die Krönungskirche
französischer Könige, ist noch immer das
sakrale Herzstück der Grande Nation.
begannen, begleitet durch Maßnahmen wie höhere
Erträge im Weinberg oder kürzeres Hefelager im
Keller, an der Preisschraube zu drehen. Die »Grande
Distribution«, der Vertrieb über große Supermarktketten,
erforderte hohe Produktionsvolumina,
denen die Genossenschaften durch immer größere
Zusammenschlüsse entsprachen.
Unabhängig gebliebene Winzer suchten
ihrerseits nach Wegen, die Nachteile ihrer Infrastruktur
– keine Hightech-Produktionsmöglichkeiten,
keine finanziellen Ressourcen zur Lagerung
kostenintensiver Reservebestände – in Vorteile zu
verwandeln: traditionelle Holzfassgärung statt
modernem Edelstahl, die Einrichtung einer einzigen,
von vielen Jahrgängen »gefütterten« Reserve
(Solera) statt einer Bibliothek aus Altweinen, wozu
auch eine immer bessere Ausbildung verhalf. In
Abgrenzung zu den Markenchampagnern, die ab
den Siebzigerjahren oft in den (häufig wechselnden)
Besitz internationaler Firmengruppen übergingen
und deren Einstiegsprodukte vielfach für Weinliebhaber
immer beliebiger schmeckten, orientierten
sich die Winzerchampagner zunehmend am Modell
des südlichen Nachbarn Burgund: ein Jahrgang,
eine Traube, eine Parzelle. Es war eine Revolution,
die zugleich die Rückkehr in die Zeit der Champagne
vor Dom Pérignon bedeutete: Denn viele Winzer
begreifen heute Champagner in erster Linie als
»Wein aus der Champagne«. Dass er auch sprudelt,
wird von ihnen eher geduldet als unterstützt. Seit den
Achtzigerjahren gehören viele Winzer zudem zu den
Vorreitern der »Agricole verte«, der sogenannten
grünen Landwirtschaft, bis hin zu Biodynamie und
Permakultur. In jüngster Zeit reihen sich manche
sogar in die kontroverse Naturwein-Bewegung ein
und teilen deren Ablehnung der Schwefelung.
Die großen Schwarz-weiß-Oppositionen
früherer Jahrzehnte sind heute, nach einem heftigen
Auf und Ab von Triumphen und Krisen, vielfach
Vergangenheit, auch wenn der Tonfall der Diskussion
an Schärfe wieder zugenommen hat. Tatsächlich
gehören Champagner einiger Kooperativen,
im Kalten Krieg als »Vins de Khrouchtchev« verspottet
(nach Nikita Chruschtschow, dem ehemaligen
Regierungschef der UdSSR), zu den
Referenz-Produkten der Region. Speziell nachdem
sich nach der Krise der Neunzigerjahre
einige Genossenschaften darauf besannen, dass
sie teilweise über hervorragendes Terroir und
Know-how verfügten und entsprechend prestigeträchtige
Marken gegründet oder ausgebaut hatten.
Zur Anerkennung der »Genossen« gehört auch,
dass viele große Häuser mit ihnen Lieferverträge
abgeschlossen und selbst renommierteste Maisons
deren Kellermeister abgeworben haben. Gleichzeitig
residieren ehemalige Winzerchampagner-
Revolutionäre in den Châteaux früherer Magnaten,
sind stolz auf modernste Technik in Weinberg und
Keller und rufen Preise für ihre Produkte ab, die
viele Kunden erblassen lassen. Umgekehrt gehören
kleine Holzfässer, Spontanhefen und Soleras längst
zum Instrumentarium großer Häuser und ist heute
eine der letzten Maisons in Familienbesitz der größte
zertifizierte Biodynamie-Betrieb der Champagne.
Champagner ist ein begehrter, kostbarer Schaumwein.
Nur wenige machen sich aber klar, dass sich
dessen Anbaugebiet über eine Fläche von der Größe
Belgiens erstreckt und die Champagne nach der AOP
Bordeaux die zweitgrößte von über 400 geschützten
Wein-Ursprungsbezeichnungen in Frankreich ist –
ohne jedoch über dessen 65 Unterzonen zu verfügen.
Heute ist in der Weinbranche allenthalben vom
Terroir die Rede. Hat es Sinn, in der Champagne
davon zu sprechen? Und wenn ja, warum gibt es
nur eine einzige Appellation contrôlée?
Wenn man über das Terroir der Champagne
spricht, kann man es sich einfach machen und
schlicht auf dessen Grenzen verweisen. Die
stehen schließlich seit 1927 fest, seit 1936 auch als
Appellation Champagne Contrôlée. Nur Trauben,
die innerhalb dieser gesetzlich festgelegten Zone
von heute 319 Gemeinden wachsen, dürfen für
die Champagnerproduktion verwendet werden.
Aber warum ausgerechnet diese Gemeinden?
Von Channes im Süden bis Cormicy im Norden
von Reims sind es gut 195 Kilometer, während
es von Channes nach Chablis bloß 44 Kilometer
sind. Zwischen Saâcy-sur-Marne im Westen und
dem Pariser Stadtzentrum liegen gerade einmal
70 Kilometer, während es bis Val-de-Vière im
Osten gut 137 Kilometer sind. Was brachte diese
Gemeinden zusammen? Die Antwortet lautet: viel
Geschichte, etwas Geologie, vor allem aber Politik
und Pragmatismus.
Die Champagne war nicht immer die
Champagne. Im Mittelalter wurde, wie bereits dargestellt,
als »Champagne« das unbebaute Land im
Gegensatz zu den Weinbergen bezeichnet. Im ersten
modernen Weinführer, André Julliens »Topographie
aller bekannten Weinberge« von 1816,
tauchen fast alle uns heute bekannten Gemeinden
auf: die für Rotwein gerühmten wie Verzy, Verzenay,
Mailly, die für Weißwein bekannten wie Cramant,
Oger, Avize, »le Ménil«. Nicht nur ordnet Jullien
die Gemeinden nach Qualitätsstufen, er nennt seit
der dritten Auflage von 1836 auch viele einzelne
Weinberglagen. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts
werden die Ortsnamen immer unwichtiger, und
im 20. Jahrhundert sollte dann Champagner, wie
Champagner-Experte Peter Liem es formuliert,
»eher der Name für einen Prozess als für einen
Ort« werden.
Tatsächlich wurden die geografischen Grenzen
der Weinbauregion Champagne zu verschiedenen
Zeiten ganz unterschiedlich definiert. Die oben
zitierte Gründungsakte des Weinbaugebiets, die
Eigentumsurkunde des Benediktinerklosters Saint-
Pierre-aux-Monts in Châlons nennt Weinberge
in Vitry-le-François im Osten, in Hautvillers im
Tal der Marne, der Montagne de Reims und der
Côte des Blancs. Etwa zur gleichen Zeit hatte sich
die Grafschaft der Champagne herausgebildet,
deren Herrscher von Troyes aus regierten und
die berühmten Märkte der Champagne gründen
sollten, die deren Wein überregional bekannt
machten. Der Titel des Grafen der Champagne verschmolz
bereits 1316 mit dem französischen Königtum
– aber die Grenzen der Grafschaft reichten bis
zur Französischen Revolution von den Ardennen
im Norden bis einschließlich Chablis im Süden
und von Meaux kurz vor Paris bis an die Maas im
Osten. Nach der Neugliederung Frankreichs in
Départements 1789 hatte eine Region den Jackpot
gezogen, das Département Marne, das mit den vier
Arrondissements Reims, Épernay, Châlons-sur-
Marne und Vitry-le-François das Kerngebiet der
historischen Weinregion Champagne ausmachte.
Als im 19. Jahrhundert der Champagner seinen
internationalen Siegeszug antrat, bildeten einige
Maisons 1843 den ersten Interessensverband der
Region als Instrument gegen Weinfälschungen,
das Comité Central du Département de la Marne.
Dieses legte schließlich 1882 eine Weinlagenkarte
der Champagne vor, deren Grenzen nahezu 100
Prozent mit den Grenzen des Départements Marne
identisch waren. Seit etwa der gleichen Zeit versuchten
Studien über den Kreideuntergrund der
zentralen Champagne die Superiorität der Marne-
Weinberge auch geologisch zu begründen.
Das war zwar ein geschickter weinbaupolitischer
Schachzug und brillantes Marketing, aber auch eine
grobe Vereinfachung. Selbst wenn André Jullien
ebenfalls die Überlegenheit der Marne-Weinberge
grundsätzlich hervorgehoben hatte, zählt er
10 11
noch in seiner fünften Auflage der »Topographie
aller bekannten Weinberge« von 1866 neben den
Gemeinden aus den Départements Aube und Aisne
auch die Weinberge vom Département Ardennen
nördlich von Reims ebenso zur Champagne wie
die der Haute-Marne nördlich von Langres. Zwar
wetterten die Négociants wie Rohrspatzen gegen
die Tricks ihrer Schaumwein-Kollegen aus der
Tourraine, aber wenn nötig, kauften fast alle
Händler, insbesondere nach dem schweren Mehltaubefall
der Reben der Jahrgänge ab 1855, auch
Trauben aus den historisch zur Provinz Champagne
gehörenden Départements. Mit dem Ausbau des
Fernstraßennetzes gelangte allerdings bald äußerst
billiger Grundwein aus Saumur und dem Midi in
die Region, der sich dann bei Nacht und Nebel in
Champagner verwandelte – was den Druck auf die
Gesetzgebung erhöhte, die Grenzen der Region zu
definieren.
1908 gab es ein erstes Dekret – ohne die Aube,
aber inklusive einiger weniger Ortschaften aus der
Aisne. 1911, nach bürgerkriegsähnlichen Protesten,
wurden Aube und Aisne (sowie einige Ortschaften
der Départements Haute-Marne und Seine-et-
Marne) per Dekret als »deuxième zone« aufgenommen,
was 1927 in die volle »Club-Mitgliedschaft«
mündete. Auf eine Lagenklassifikation wie
im Burgund wurde zunächst verzichtet, stattdessen
galt seit 1911 eine (inzwischen ausgesetzte) halboffzielle
Handelsklassifizierung der Gemeinden,
die mehrmals veränderte »Échelle des Crus« mit
bis zu sieben Kategorien – Hors classe Crus classés
mit einer Bewertung von 100 Prozent (des jährlich
festgesetzten Traubenpreises) über eine Première
Catégorie mit 90 bis 98 Prozent bis hin zu einer
Siexième Catégorie mit weniger als 50 Prozent. In
der jüngsten, 2010 schließlich auch gesetzlich verankerten
dreigeteilten Version gibt es nun Grands
Crus (100 Prozent), Premiers Crus (90 bis 99 Prozent)
und Autres Crus (80 bis 88 Prozent).
Die Einheit der Champagne
ist historisch schwer erkämpft
Der soziale Frieden war dadurch gewonnen, auch
wenn manche Ressentiments bis heute fortbestehen.
Die viel beschworene Einheit der Champagne ist
tatsächlich historisch schwer erkämpft und dient
nicht nur dem problemlosen Marketing auf globalen
Märkten, wie Gegner behaupten. Aber auch Andrew
Jeffords Einwand, dass eine einzige AOC für die
ganze Champagne ein Mono-Terroir nahelegt und
der deshalb schon 2002 anstelle der »primitivsten
und rückständigsten« Wein-Herkunftsbezeichnung
des Landes eine »terroir-sensitivere AOC« gefordert
hatte, ist nicht von der Hand zu weisen – zumal
die Union des Maisons de Champagne (UMC) die
319 Gemeinden der Region (212 im Département
Marne, 63 in der Aube, 39 in der Aisne, 3 in Seineet-Marne
und 2 in Haute-Marne) selbst in nicht
weniger als vier Haupt- und 17 Unterregionen eingeteilt
hat (siehe Seite 26).
Die Emotionen kochen regelmäßig hoch, wenn
über eine Erweiterung der Appellation nachgedacht
wird, also die Aufnahme von neuen Gemeinden.
Der Verdacht, dass hier Qualität nivelliert wird, bloß
um Produktionsmengen zu erweitern (ein beliebtes
Spiel in renommierten Appellationen wie Chablis
oder Beaujolais Mitte des 20. Jahrhunderts), liegt
natürlich nahe. Sieht man sich jedoch die Lagenkarten
der Champagne vor der Reblauskrise und
der Stadtflucht infolge der Industrialisierung
etwa in den Dörfern nördlich von Reims im
Massiv von Saint-Thierry an, dann gibt es durchaus
Gründe dafür, historische Weinbautraditionen
wieder zu reaktivieren. Derzeit läuft ein Verfahren
zur Anerkennung von 40 weiteren Gemeinden
(allerdings auch parallel eines der Deklassifizierung
von zwei Orten), sodass die Zahl der Crus in absehbarer
Zeit auf 357 steigen könnte. Das wären aber
immer noch 42 weniger als die 399 klassifizierten
Gemeinden aus dem Jahr 1936.
IV DER WEINBERG
Böden, Trauben,
Bewirtschaftung
Klima und Geologie sind wesentliche Bestandteile
dessen, was heute als Terroir definiert wird. Beides,
die ausgesprochen nördliche Lage des Weinanbaugebiets
sowie deren einzigartige Kreideformationen,
macht die Champagne besonders. Auf die Frage, was
das Einzigartige an der Champagne sei, hat Laurent
d’Harcourt von Pol Roger, einmal geantwortet: »Das
schlechte Wetter und die schlechten Böden, das
kann man kaum imitieren.«
Die Kreideböden der Champagne sind die
fossilen Überbleibsel uralter Ozeane, 200 Meter
tiefe Sedimente aus kalkhaltigen Algen und
Fossilien wie Seeigeln und Ammoniten, die durch
gewaltige Erdbeben infolge des Absenkens des
Pariser Beckens an die Erdoberfläche gedrückt
wurden. Beim Blick auf den geologischen Querschnitt
der Region erkennt man, dass Weinbau vor
allem an diesen Bruchstellen betrieben wird, sprich:
den Hanglagen, die sich am östlichen Rand des
Pariser Beckens gebildet haben. Tatsächlich aber
sind diese reinen, nahezu direkt unter der Erdoberfläche
liegenden Kreideformationen nur auf
bestimmte Zonen beschränkt: insbesondere in der
Montage de Reims, der Grande Vallée de la Marne
und der Côte des Blancs. Hier hat die Präsenz einer
bestimmten Fossilienart im Kalk, die sogenannte
Belemnitkreide, in der Vergangenheit zu einer
nahezu irrationalen geologischen Fixierung geführt.
In Teilen der Petite Montagne de Reims und
dem Massiv von Saint-Thierry finden sich dagegen
eher sandige, im westlichen Marnetal lehmige
Böden, in der Aube schließlich Mergel, also mit
Kalk vermischte Tonerde, der als sogenannter
Kimmeridge-Boden auch in Chablis zu finden ist.
Tatsächlich lieben Reben den porösen Kalkboden,
weil er Sonne reflektiert und Wasser auch bei Hitze
hervorragend speichert – kein Wunder, dass Winzer
in Regionen, wo die Kreide tiefer unter dem Oberboden
liegt, alles unternehmen, damit die Wurzeln
der Reben bis zu ihr vordringen können. Über die
Frage, inwieweit die Kalkböden auch für eine spezifische
»Mineralik« (besser: Salzigkeit) der Weine
verantwortlich sind, gehen die Meinungen zwischen
Winzern (unbedingt) und Wissenschaftlern (lagenspezifische
Mineralien sind in Weinen nicht nachweisbar)
auseinander.
Geologie ist tatsächlich nicht alles. Ein weiterer
entscheidender Faktor ist das Kleinklima, das von
ganz unterschiedlichen Parametern wie Windrichtung,
Hanglage, Flussnähe und vor allem der
Sonnenexposition abhängt. Es ist das Paradox der
Champagne, dass zwar einige der besten Lagen
wie der Clos des Goisses in Mareuil-sur-Aÿ in
klassischer Süd- oder Südostexposition ausgerichtet
sind, viele Parzellen der Grand-Cru-Gemeinden
der nördlichen Montagne de Reims aber eine
Nord-, teilweise sogar eine Nordwest-Exposition
aufweisen – also mehr oder weniger ungeschützt
gegen Regen und Wind vom Atlantik. Diesen völlig
unterschiedlichen Gegebenheiten haben sich die
Champagne-Winzer durch eine Vielzahl unterschiedlicher
Bewirtschaftungsformen angepasst,
am nachdrücklichsten natürlich durch die Wahl
der geeigneten Traubensorten.
Vielfalt der Landschaft bedeutet
Vielfalt der Bewirtschaftung
Drei Rebsorten beherrschen die Region: Pinot Noir,
Pinot Meunier und Chardonnay. Ihnen werden
recht unterschiedliche Charakteristiken nachgesagt:
Pinot Noir wird mit einer Aromatik von roten
Beeren assoziiert sowie mit Körper und Kraft, aber
auch einer gewissen Schwere, Pinot Meunier mit
jugendlicher, intensiver Frucht und Geschmeidigkeit,
Chardonnay mit blumig-zitrischen Noten sowie
Eleganz, Rasse und Langlebigkeit. In Selbstdarstellungen
der Region liest man, dass die Weinberge
der Champagne mit 38 Prozent Pinot-Noir-, 32
Prozent Meunier- (also zusammen 70 Prozent roten
Trauben) und 30 Prozent weißen Chardonnay-
Reben bestockt sind. Das ist allein schon aus dem
Grund bemerkenswert, als noch im Jahr 2000 das
Verhältnis ein anderes war: 37 Prozent Pinot Noir,
37 Prozent Pinot Meunier und 26 Prozent Chardonnay.
Es hat also eine gewisse Verschiebung von
roten zu weißen Trauben stattgefunden – tatsächlich
wird Chardonnay im Blend wegen seiner besondern
Frische und Eleganz zunehmend geschätzt, stellt
aber auch hohe Standortansprüche, weshalb sie die
teuerste Traube der Champagne ist.
12 13
V DIE PRODUKTION
Von der Traube
in die Flasche
Will man roten Stillwein als Coteaux Champenois oder
für die spätere Assemblage zum Rosé produzieren,
bilden Abbeeren, Einmaischen (das Zerdrücken
der Beeren) und die anschließende Mazeration
der roten Trauben die ersten Produktionsschritte.
Auch bei den nach der Mazerationsmethode oder
dem »Saignée-Verfahren« (»ausbluten«) hergestellten
Rosé-Champagnern beginnt man mit
der Gewinnung von Farbstoffen aus den Schalen der
roten Trauben, selbst wenn die Beeren nicht zerdrückt
werden und die Dauer mit 24 bis 72 Stunden
kürzer ausfällt als bei den Stillweinen. Bei der
klassischen Champagnerproduktion steht dagegen
das Pressen an erster Stelle, ein Schritt, über den
wenig gesprochen wird und die Besucher der Region
selten wahrnehmen, weil er sich meistens außerhalb
der eigentlichen Weinkeller in sogenannten
Presszentren abspielt. Dabei gehört er zu den
heikelsten Prozessen der Champagnerproduktion,
schließlich soll aus Trauben, die zu gut 70 Prozent
rot sind, ein möglichst farbloser Most gewonnen
werden. Entsprechend sind die Vorschriften an
dieser Stelle durch das Regelwerk der Appellation
penibel festgelegt.
Entscheidend ist die unmittelbare Verarbeitung
des möglichst unversehrten Leseguts
als sogenannte Ganztraubenpressung. Hierbei
erfolgen zunächst der möglichst sanfte Pressvorgang
(bei maximal zwei Bar), bei dem so wenig
Farbstoffe und Tannine wie möglich extrahiert
und Trübstoffe gebildet werden sollen, sowie die
anschließende Trennung der Moste. Konkret
bedeutet das, dass bei einer Traubenpresse mit
einer Kapazität von 4000 Kilogramm 2500 Liter
Most gewonnen werden können. Hier wird nun
seit Dekret von 1993 genauestens unterschieden:
In einen Vorlauf (»premier jus«) von etwa 100 bis
150 Liter, der zumeist nicht verwendet wird, weil
er Staub oder andere Unreinheiten enthält, dann
den »zweiten Saft« von 2050 Liter, die sogenannte
Cuvée, die aus insgesamt drei Pressvorgängen
gewonnen wird (1025 in der ersten, 615 in der
zweiten und 410 in der dritten Pressung), und
schließlich den »troisième jus«, die sogenannte
Taille von 500 Litern. Diese Moste haben sehr
unterschiedliche Eigenschaften: Aus der Cuvée
gehen extrem pure, subtile und frische Grundweine
hervor, die langlebig sind. Die aus der Taille
sind dagegen aromatischer, mineralien- und farbstoffeicher,
aber auch säureärmer und kurzlebiger.
Manche Produzenten arbeiten ausschließlich
mit der Cuvée (einige sogar nur mit der ersten
Pressung oder vinifizieren die unterschiedlichen
Pressschritte unterschiedlich) und verkaufen die
Taille weiter, andere schätzen eine dosierte Zugabe
der Taille in die Assemblage. Es ist allerdings auch
kein Geheimnis, dass die Taille vielfach in Low-
Budget-Champagner wandert und gerne für süße
Champagner verwendet wird, wo der Zucker die
stärkeren Bitterstoffe und das Tannin überdeckt.
In der Champagne wird grundsätzlich (außer
bei der anschließenden Verarbeitung des Tresters)
mit sogenannten Chargenpressen gearbeitet, die
nur eine bestimmte Menge an Trauben aufnehmen
können – anders als kontinuierliche und weniger
schonende Schneckenpressen, die in der Massenweinproduktion
verwendet werden. Bis zu Beginn
der Achtzigerjahre kamen ausschließlich vertikale,
von Hand betriebene Korbpressen aus Holz von
2000 oder 4000 Kilogramm Fassungsvermögen
zum Einsatz. Diese mit Druck von oben arbeitenden
Pressen bedeuten viel Aufwand, arbeiten dabei aber
sehr schonend, haben jedoch die Nachteile, dass nur
geringe Mengen verarbeitet werden können und
recht viel Sauerstoff an die Maische gelangt. In der
Folgezeit wurden diese vielerorts durch größere, bis
zu zwölf Tonnen fassende, pneumatisch arbeitende
Horizontalpressen abgelöst, was nicht zuletzt den
größeren Produktionsvolumina dieser Zeit entgegenkam.
Schonender als diese sind moderne,
mit Luftdruck arbeitende Membranpressen, die
zudem den Vorteil haben, dass sie eine Verarbeitung
ohne Sauerstoffeinwirkung ermöglichen. Wurden
die Pressen in den Fünfzigerjahren noch manuell
betrieben, arbeiten sie heute völlig automatisiert und
digital. Infolge der Rückbesinnung auf traditionelle
und besonders schonende Handwerksmethoden
einerseits und der Möglichkeit, durch kleine Pressen
Parzellen auch separat zu verarbeiten, wurde nach
dem Jahr 2000 auf immer mehr Korbpressen
der ersten Generationen zurückgegriffen, die ein
Hersteller wie Coquard nach wie vor anbietet – auch
in Varianten aus Edelstahl.
Nach leichter Schwefelung der Moste (Schwefel
wirkt antiseptisch und anti-oxidativ) sowie 18 bis
24 Stunden Vorklärung, in dem die im Most enthaltenen
Schwebstoffe ausflocken und sich am Boden
absetzen, wird der klare Saft vom Trub getrennt,
mitunter noch geschönt und in den eigentlichen
Gärkeller verbracht. Dort beginnt, nach der Entscheidung
über eine eventuelle Säurekorrektur
(durch Zugabe von Weinsäure beziehungsweise Entsäuerung
durch Calciumkarbonat oder Pottasche)
oder eine Chaptalisation (Zugabe von Rüben- oder
Rohrzucker bei ungenügendem Zuckergehalt der
Moste, was einige Winzer strikt ablehnen), die erste
Fermentation, also die Umwandlung des Zuckers
in Alkohol. Die Art und Weise, wie diese in Gang
gesetzt wird, gehört heute zu den wichtigsten Stilmitteln
der Champagnerproduktion. Üblicherweise
werden den Mosten sogenannte Reinzuchthefen
zugesetzt, das heißt isolierte und für den
Zweck der Champagnerproduktion hoch optimierte
Hefestämme der Gattung Saccharomyces cerevisiae
(klassische Back- oder Bierhefe), die Speziallabore
der Region anbieten oder aber von einigen großen
Produzenten in Eigenregie gezüchtet werden. Dieses
Verfahren, das um 1900 zunächst in der Königlich
Preußischen Lehranstalt für Obst- und Weinbau in
Geisenheim im Rheingau, kurze Zeit später auch
in Reims, Verwendung fand, hat den Vorteil eines
zuverlässigen Gärverlaufs und einer vollständigen
Vergärung des Zuckers – es stößt bei Traditionalisten
und Qualitätswinzern aber auch wegen der daraus
resultierenden »cleanen« Weine zunehmend auf
Kritik.
Tatsächlich verlief die Gärung bis dahin
spontan, das heißt durch die auf den Traubenschalen
sitzenden oder von der »Kellerflora« des
jeweiligen Weinguts stammenden Hefen. Dies ist ein
Prozess, der wegen der ganz unterschiedlichen an
der Fermentation beteiligten Stämme deutlich langsamer
und oft nicht vollständig abläuft und teilweise
recht komplexe, aber eben auch gelegentlich mehr
oder weniger unerwünschte Aromen produziert.
So konnte festgestellt werden, dass die »wilden«
Weinbergshefen der Traubenschalen markant
an die jeweilige Umgebung angepasst sind, weswegen
man sie als Ausdruck des jeweiligen Terroirs
verstehen kann. Einige Winzer lassen daher die
erste Fermentation mit natürlichen Hefen starten
und »impfen« den Most mit einer Reinzuchthefe,
wenn die Gärung ins Stocken gerät, um diese dann
zügig zu Ende zu führen. Andererseits hat das
zunehmende Verständnis von Hefekulturen Ende
des 20. Jahrhunderts dazu geführt, dass mittlerweile
aus einzelnen Lagen unterschiedliche Hefekulturen
isoliert und auf ihre jeweilige Eignung
als Gärhefe untersucht werden können – sodass
es heute Champagnerwinzer gibt, die die Weine
jeder einzelnen Parzelle mit eigens von diesem Ort
selektionierten Hefen vergären können.
Die Methoden im Keller entscheiden
über die Stilistik
Gärtanks aus rostfreiem Edelstahl ermöglichen
eine Fermentation ohne Sauerstoff.
Von vielleicht noch größerer Bedeutung ist allerdings
der Behälter, in dem die alkoholische Gärung stattfindet.
Ihre Wahl bedeutet eine der signifikantesten
stilistischen Entscheidungen, die ein Champagnerhaus
treffen kann. Bis in die Fünfzigerjahre gab es
in der Champagne nur den Ausbau im Holz – und
zwar sowohl für die erste Vergärung, den Ausbau der
Grundweine bis ins Frühjahr, als auch für das Lager
der Reserven. Erst in den 1960er Jahren hielten
Gärbehälter aus beschichtetem Zement, vor allem
aber aus nicht-rostendem Edelstahl (Inox) Einzug in
die Keller. Letzterer wurde bis in die Achtzigerjahre
in fast allen größeren Maisons zum Standard. Heute
feiert das Holzfass vor allem bei Winzern wieder eine
Renaissance – hinzugekommen sind Tonamphore
und Zement-Ei. Wo es früher allerdings zwei
gegensätzliche Lager gab, setzen viele Produzenten
inzwischen auf Mischformen sowie unterschiedliche
Gefäßmaterialien und -größen. Die Wahl der
Gärbehälter entscheidet zum einen, ob die Weine
»neutral« ausgebaut werden oder etwa Holzaromen
aufnehmen, vor allem aber, wie sehr die jungen
Weine mit Sauerstoff in Kontakt kommen. Soll das
auf jeden Fall verhindert werden, etwa mittels Inox,
spricht man von reduktivem Ausbau, wird das in
engen Grenzen zugelassen, also etwa durch Verwendung
durch immer etwas porösem Holz, von
eher oxidativem Ausbau. Dieser hat, vor allem bei
vielfach gebrauchten Fässern – man spricht hier
von »neutralem Holz« – weniger Auswirkungen auf
die Aromatik als auf das sogenannte Mundgefühl
der Weine. So werden sie samtiger und weiniger,
verlieren aber auch etwas von ihrer Frische und
Fruchtigkeit.
Neben dem Material ist vor allem die Größe
der Gärbehälter wichtig. Beim Edelstahl weniger
wegen der Auswirkungen auf den Wein, die sind hier
sowieso minimiert, vielmehr durch die Möglichkeit,
16 17
Aisne
Soissons
PETITE MONTAGNE
DE REIMS
VALLÉE DE LA MARNE
Vallée de la Marne Rive Gauche
Vallée de la Marne Ouest
Terroir de Condé
Charly-sur-Marne
Vesle et Ardre
Château-Thierry
Massif de Saint-Thierry
Vallée de la Marne
Rive Droite
Fismes
Épernay
Coteaux
Sud d’Épernay
Reims
Aÿ
Avize
Vertus
Verzy
Monts de Berru
GRANDE MONTAGNE
DE REIMS
Grande Montagne de Reims
GRANDE VALLÉE DE LA MARNE
CÔTE DES BLANCS
Châlons-en-Champagne
Vitryat
Le Style de
la Champagne
Marne
Val du Petit Morin
Zur Auswahl
Zur Geschichte
Zur Stilistik
Seine
Sézannais
Sézanne
Montgueux
SUD MARNAIS
Troyes
Aube
Vitry-le-François
Bar sur Aubois
Dieses Buch versammelt 100 der bedeutendsten
Maisons, Winzer und Genossenschaften der
Champagne. Die Produktqualität ist nicht allein das
einzige Auswahlkriterium in diesem Buch. Eine Reihe
von Champagnerhäusern wurde auch wegen ihrer
geschichtlichen Bedeutung aufgenommen, wegen
ihres Sortiments oder aber aus weiteren Gründen,
die sie repräsentativ für die Region machen. Einige
wenige bekannte Maisons fehlen, weil die Eigentümerstruktur
zum Zeitpunkt dieser Publikation im
Umbruch und nicht abzusehen war, wohin die weitere
Entwicklung geht. Aufgenommen wurden ausschließlich
Häuser, die ihre Champagner selbst produzieren,
also keine Eigenmarken des Einzelhandels wie
etwa der sprichwörtliche »Aldi-Champagner«. Auf
Produzenten, die allein das Niedrigpreis-Segment
im Blick haben, wurde verzichtet.
Champagner ist eine Welt der Marken und des
Marketing. Entsprechend trägt die Historie der
einzelnen Häuser, wie sie von diesen jeweils erzählt
wird, zumeist etwas »Make-up« und zeigt in der
Regel nur die Schokoladenseite – was für große
Handelshäuser übrigens genauso gilt wie für Winzerchampagner.
In diesem Buch findet sich – unterstützt
von Handelsregistereinträgen und öffentlich
zugänglichen Familiengenealogien – eine Version, die
von der offziellen in nicht wenigen Fällen abweicht.
Eine Gewähr für die Richtigkeit einzelner Angaben
kann dennoch – wie auch für alle anderen Sachangaben
in diesem Buch – nicht gegeben werden.
So wichtig exakte, verifizierbare Einzelinformationen
sind, ist es das oberste Ziel, mit diesen 100 Porträts
als Ganzes so etwas wie den Umriss einer Geschichte
der Champagne der letzten sieben Jahrzehnte insgesamt
zu geben.
Hier soll ein kurzer Überblick über grundlegende
Entscheidungen im Weinberg und im Keller eines
Produzenten gegeben werden, insoweit diese
kommuniziert werden oder bekannt sind, vor allem
aber, insofern sie Auswirkungen auf die Charakteristik
der einzelnen Champagner haben. Vielfach resultiert
diese Gesamtheit an Maßnahmen in dem von den
Häusern gerne beschworenen »Style de la Maison«.
Andererseits verfügen manche Erzeuger über ein
so umfangreiches Portfolio und derart unterschiedliche
Champagner, dass sich ein solcher nur noch mit
einigem guten Willen ausmachen lässt.
Die sieben Regionen der Champagne
und ihre 17 Unterzonen
Seine
AUBE
(Erläuterung S. 26)
Weinbergfläche
Gemarkungsgrenzen der für die Champagnerproduktion
zugelassenen Gemeinden
Barséquanais
22 Mussy-sur-Seine
23
Les Riceys
Essoyes
Zum Portfolio
Aus der Tradition heraus haben sich bestimmte
Grundtypen von Champagner herausgebildet, die in
den letzten Jahren durch einige neue Typen ergänzt
worden sind:
Brut ohne Jahrgang: Vielfach der klassische Einstiegschampagner.
Viele Häuser konzipieren ihn
als Abbild der gesamten Appellation, mit der
Faustformel eines Anteils von je einem Drittel
der drei Hauptsorten Pinot Noir, Pinot Meunier
und Chardonnay, mit Trauben von allen wesentlichen
Regionen und einem Anteil von Reserve-
Weinen (zum jeweils dominierenden Jahrgang
der letzten Ernte) von ebenfalls gut einem Drittel.
Millésimé: Anders als ein Brut ohne Jahrgang enthalten
die Jahrgangschampagner keine Reserve-
Weine, werden also komplett aus den Trauben
einer Ernte gemacht. Wegen der Beliebtheit
dieses Stils in Großbritannien wird diese Kategorie
auch von den Maisons vielfach Vintage
genannt.
Blanc de Blancs: Ab den 1920er Jahren wurden erstmals
ausschließlich aus Chardonnay produzierte
Champagner produziert. Vielfach, jedoch nicht
zwangsläufig, kommen sie aus der Hauptregion
für diese Weißweintraube, der Côte des Blancs.
Und natürlich können auch andere erlaubte Weißweintrauben
verwendet werden, was allerdings
sehr selten vorkommt.
Blanc de Noirs: Erst seit jüngerer Zeit werden
Champagner, die nur aus roten Trauben produziert
werden, unter diesem Namen vermarktet.
Analog zu Blanc de Blancs/Chardonnay assoziiert
man mit Blanc de Noirs vor allem Pinot Noir, was
ein Trugschluss ist, da der häufig vorkommende
Pinot Meunier ebenfalls eine Rotweintraube ist.
Rosé: Die Herstellung leicht rötlich gefärbter Weine
und Schaumweine hat in der Champagne eine
lange Tradition. Vor der erst durch Dom Pérignon
entwickelten Methode, aus roten Trauben farblose
Weine zu produzieren, wiesen die meisten
Weine der Champagne eine gewisse Färbung
auf. Teilweise wurden die Weine und Schaumweine
sogar mit Holunderbeerensaft bewusst
gefärbt. Heute unterscheidet man im Wesentlichen
zwei Methoden: Rosé d’Assemblage, bei
dem vor der zweiten Gärung ein bestimmter Prozentsatz
an rotem Stillwein den weiß gekelterten
Grundweinen hinzugefügt wird, oder der viel
seltener produzierte Rosé de macération (auch
Méthode saignée, von frz. saigner, dt. bluten), bei
der die roten Trauben eine Zeitlang mazerieren
und so Farbstoff sowie Tannin an die Grundweine
direkt abgeben. Letztere Methode wird
von Traditionalisten bevorzugt; sie ist heikler
und das Ergebnis weniger genau steuerbar als
beim Rosé d’Assemblage, vielleicht aber auch
etwas delikater.
Brut Nature: Experimente mit Champagner »sans
sucre«, also ohne Zucker, gab es schon im 19.
Jahrhundert, die ersten erfolgreichen Bruts
Natures (oder Dosage Zero, Non-dosé) wurden
ab Anfang der Achtzigerjahre ausdrücklich in
Hinblick auf die seinerzeit moderne Nouvelle
Cuisine konzipiert. Kein Wunder, dass sie in der
Folge die Favoriten von Sommeliers wurden.
Wegen grundsätzlich reiferer Weine aufgrund
des Klimawandels haben die Bruts Natures viel
von ihrem »schockierenden Charakter« der
Anfangsjahre verloren.
Demi Sec: Diese Kategorie erinnert an die Frühzeit
des Champagners, als die Schaumweine grundsätzlich
wesentlich süßer konsumiert werden. Sie
hielten sich vor allem wegen der Vorliebe der
Franzosen, Champagner zum Dessert zu trinken.
Heute werden noch lieblichere Kategorien kaum
mehr erzeugt. Demi-Sec-Champagner, dt. halbtrocken,
erleben derzeit eine Renaissance in
Versionen zum Mixen oder auf Eis.
Prestige Cuvée: Als Prestige Cuvée verwandelt
sich Champagner vom Getränk zum Luxusprodukt.
Wie der Name schon sagt, geht es nicht
einfach um den besten Wein des Hauses (die
»Tête de Cuvée«), sondern um ein Aushängeschild
der Maison mit dem Ziel absoluter Verfeinerung
und Exklusivität, sowohl was den Inhalt
als auch die Ausstattung der Flasche betrifft.
Dom Pérignon hat bewiesen, dass sich – entsprechende
Ressourcen und Know-how vorausgesetzt
– auch Prestige Cuvées in hohen Auflagen
produzieren lassen.
Mono Cru und Lieu-dit: Champagner aus einzelnen
Gemeinden (Cru) oder Einzellagen (Lieu-dit oder
Cuvée parcellaire) sind historisch ziemlich jung
und wurden nicht vor dem 20. Jahrhundert vermarktet.
Bis vor dem Zweiten Weltkrieg genoss
der Clos des Goisses von Philipponnat hier eine
Alleinstellung. Zwei Trends sorgten Ende des 20.
Jahrhunderts für einen Boom der Einzellagenchampagner:
die Premiumisierung-Strategie der
großen Handelshäuser, also die Schaffung eines
Super-Premium-Segments gerade mit Hinblick
auf den Jahreswechsel 2000, wie die Terroir-
Orientierung mit dem Vorbild Burgund innerhalb
der Produzenten von Winzerchampagner.
Der Zuckergehalt von Schaumweinen ist seit
2009 EU-weit geregelt. Seitdem gilt folgendes
Bezeichnungsrecht:
Brut Nature: Zuckergehalt < 3 g/l und keine Zugabe
von Zucker nach der zweiten Gärung
Extra Brut: Zuckergehalt zwischen 0 und 6 g/l
Brut: Zuckergehalt < 12 g/l
Extra Dry: Zuckergehalt zwischen 12 und 17g/l
Sec: Zuckergehalt zwischen 17 und 32 g/l
Demi Sec: Zuckergehalt zwischen 32 und 50 g/l
Doux: Zuckergehalt oberhalb von 50 g/l
Die Regelung ist weniger eindeutig, als es scheint,
denn im Regelwerk gibt es einen einschränkenden
Artikel, in dem es heißt, dass »der Zuckergehalt nicht
mehr als 3 g/l von der Angabe auf dem Produktetikett
abweichen darf«. Daher kann ein Champagner mit
9 g/l Restzucker entweder als Extra Brut bezeichnet
werden (9 - 3 = 6 g/l), als Brut oder gar als Extra Dry
(9 + 3 = 12 g/l). Bis 2009 galt für Brut ein maximaler
Zuckergehalt von 15 g/l, Extra Sec 20 g/l, Sec bis
35 g/l, deshalb finden sich diese Angaben noch in
veralteten Darstellungen.
Zum Highlight
Von jedem in diesem Buch vertretenen Champagnerhaus
wurde ein Champagner ausgewählt und im
Rahmen einer groß angelegten Verkostung durch
FINE Das Weinmagazin in 2021 degustiert. Dabei
stand nicht die absolute »Leistung«, also eine entsprechende
Punktebewertung, im Fokus, sondern die
stilistische Eigenart. Ausgewählt wurden zudem nicht
immer die Spitzen der Produktion, sondern möglichst
ein für ein Haus jeweils typischer Champagner.
Dabei sollten insbesondere auch die verschiedenen
Spielarten der aktuellen Champagnerproduktion insgesamt
berücksichtigt werden.
LEGENDE ZU DEN STECKBRIEFEN
Kategorie
Größe
Ausbau
Jedes Champagneretikett trägt eine Erzeugernummer,
die vom CIVC, dem Berufsverband der
Champagnerproduzenten, vergeben wurde, sowie
ein vorangestelltes Kürzel, das über die Berufskategorie
des Erzeugers informiert. In diesem Buch finden
sich lediglich Erzeuger der Kategorien 1 bis 3. Die
Kategorien 4 und 5 können zwar ebenfalls qualitativ
hochstehend sein, haben aber zumeist keine überregionale
Bedeutung. Bei Kategorie 6 steht die Marke
des Kunden im Vordergrund (was nicht heißt, dass es
sich um minderwertige Champagner handeln muss),
bei Kategorie 7 dagegen dreht es sich vor allem um
niedrige Preise und Resteverwertung.
RM für Récoltant Manipulant: Champagnerwinzer,
der nur eigene Trauben verarbeitet.
NM für Négociant Manipulant: Champagnerhaus,
das Trauben zur Verarbeitung einkauft, dazu
gehören insbesondere die großen Marken.
CM für Coopérative de Manipulation: Winzergenossenschaft.
RC für Récoltant Coopérateur: Genossenschaftswinzer,
der seine Ernte seiner Genossenschaft
zur Verarbeitung überlässt und dann seine
fertigen Weine (teilweise) zurücknimmt, um sie
selbst zu verkaufen.
SR für Société de Récoltants: Winzervereinigung,
das heißt ein Zusammenschluss von selbstständigen
Winzern (häufig Freunde oder Verwandte).
MA für Marque d’Acheteur: Handelsmarke, die von
einem Produzenten (Négociants, Winzer oder
Kooperative) für einen Kunden fertig produziert
und mit dessen Marke etikettiert wurde. Die
Eigenmarken von Kaufhäusern oder Einzelhandelsketten
zählen hierzu.
ND für Négociant Distributeur: Vertriebsgesellschaft,
die fertige Weine aufkauft und in ihren eigenen
Räumlichkeiten etikettiert. Dazu gehören viele
»Fantasienamen« der Lebensmittel-Discounter.
(BOB Buyer’s own Brand)
Die Größe allein ist kein Kriterium für Qualität: Bis in die Fünfzigerjahre gab es in der Champagne
Handwerkliche Produktion kann auch pfuschen, nur den Ausbau im Holz – und zwar sowohl für die
modernes Prozessmanagement dagegen »Haute erste Vergärung, den Ausbau der Grundweine bis
Couture«-Prinzipien in großem Maßstab abbilden. ins Frühjahr, als auch vielfach für das Lager der
Um aber zumindest einen Eindruck von der Größe Reserven. Erst in den 1960er Jahren hielten Gärbehälter
aus beschichtetem Zement, vor allem aber
eines Betriebs und seiner Marktbedeutung zu
geben, haben wir die Produzenten in drei Kategorien
unterteilt.
Keller. Letzterer wurde bis in die Achtzigerjahre in
aus nicht-rostendem Edelstahl (Inox) Einzug in die
fast allen größeren Maisons zum Standard. Heute
feiert das Holzfass vor allem bei Winzern wieder eine
Produktion bis zu 100000 Flaschen
Renaissance – und sind Tonamphore und Zement-Ei
dazugekommen. Wo es früher allerdings zwei gegensätzliche
Lager gibt, setzen viele Produzenten heute
Produktion bis zu 1 Million Flaschen
auf Mischformen und unterschiedliche Gefäßmaterialien
und -größen. Die Wahl der
Produktion über 1 Million Flaschen
Gärbehälter
24 25
Gegründet
An dieser Stelle sollte möglichst das Jahr stehen,
in dem der Betrieb mit der Vermarktung von
Champagnern begonnen hat – und nicht mit der
Weinproduktion, wie von vielen Häusern angegeben.
Vielfach ist das nicht mehr so einfach festzustellen,
weil sich etwa die Loslösung eines Winzers von
einer Genossenschaft nicht immer in einem Schritt
ergeben hat oder Unterlagen schlichtweg nicht mehr
vorhanden sind.
Dominierende Rebsorte
Die idealtypische Version des Champagners enthält
die drei Hauptsorten Chardonnay, Pinot Noir
und Pinot Meunier zu etwa gleichen Teilen, und tatsächlich
folgen viele Cuvées diesem Muster. Je nach
Ursprung haben sich bei vielen Produzenten aber
auch Schwerpunkte herausgebildet. So dominieren
bei zahlreichen Maisons aus Reims und Aÿ eher Pinot
Noir, bei denen aus Épernay eher Chardonnay oder
Pinot Meunier. Die Wahl der Rebsorte(n) gehört zu
den wichtigsten stilbildenden Entscheidungen eines
Hauses und zeigt sich meistens bereits beim Einstiegs-Brut.
Im Folgenden werden folgende Symbole
verwendet:
Chardonnay Pinot Meunier Pinot Noir
entscheidet zum einen, ob die Weine »neutral« ausgebaut
werden oder etwa Holzaromen aufnehmen,
vor allem aber, wie sehr die jungen Weine mit Sauerstoff
in Kontakt kommen. Soll das auf jeden Fall verhindert
werden, etwa mittels Inox, spricht man von
reduktivem Ausbau, wird das (in engen Grenzen)
zugelassen, also etwa durch Verwendung durch Holz,
von eher oxidativem Ausbau. Dieser hat, vor allem
bei vielfach gebrauchten Fässern (man spricht hier
von »neutralem Holz«) weniger Auswirkungen auf
die Aromatik als auf die Textur der Weine, sprich: Sie
werden samtiger und weiniger, verlieren aber auch
etwas von ihrer Frische und Präzision. Im Folgenden
werden folgende Symbole verwendet:
= Inox bzw. beschichteter Stahl
dominiert
= Stil wird vom Ausbau in kleinen
und/oder größeren Holzfässern
geprägt
= Mischausbau oder Ausbau der
Cuvées etwa hälftig in der einen
oder der anderen Form
Canard-Duchêne
GESCHICHTE
Das Haus geht auf die Winzertochter Françoise
Léonie Canard aus Verzenay und den Tischler
und Küfer Victor-François Duchêne aus Ludes
zurück, die 1860 heiraten. Von da an beschließt
Victor Duchêne, Champagner zu produzieren, er
lernt das Handwerk und erwirbt erste Weinberge.
1868 gründet er, unterstützt von seiner Frau, das
gemeinsame Champagnerhaus in Ludes in der
Montagne de Reims, ein Jahr später werden die
ersten 1000 Flaschen produziert. 1890 übernimmt
Sohn Edmond, assistiert von Bruder Alfred, das
Haus, das sich prächtig entwickelt. Nach großen
Erfolgen am Hof des letzten Zaren wird der russische
Doppeladler mit den Säbeln zum Markenzeichen
der Maison. Die Dreißigerjahre und die beiden
STILISTIK
ersten Nachkriegsjahrzehnte bringen, unverändert
in Familienhand, eine weitere Blütezeit, jedoch
1956 auch die Umwandlung zur Aktiengesellschaft.
Die 1970er Jahre sehen entscheidende Veränderungen:
1974 wird das Haus Veuve Henri
Chanoine erworben, eine der ältesten Maisons
der Champagne. Im selben Jahr werden in Ludes
gewaltige moderne Produktionsanlagen eingeweiht.
Ein finanzieller Kraftakt, der letztlich scheitert.
1978 werden die ersten Anteile von 33,6 Prozent an
Champagne Veuve Clicquot verkauft, wenig später
folgt der Rest. Auch wenn Familienmitglieder noch
für eine Zeit an der Leitung beteiligt werden, ist es
das Ende als Familienunternehmen. Das Mutterhaus
fährt nun eine Politik der Expansion, die
Für Canard-Duchêne ist der Pinot Noir Leitrebe, nicht zuletzt aus Ludes, der Wiege der Maison. Davon
abgesehen besitzt das Haus Weinberge im Marnetal, der Côte des Blancs, dem Sézannais und insbesondere
auch im Département Aube. Dazu werden Trauben von Winzern von einer Fläche von etwa 350 Hektar
bezogen. Ein 9 Hektar großer Weinberg in Verneuil ist bereits AB-zertifiziert, die Flächen für den Charles
VII sind in Konversion.
Die Weine werden komplett in Stahltanks ausgebaut und durchlaufen die malolaktische Gärung. Als Lager
werden die renovierten, sechs Kilometer langen Keller des Château de Ludes auf vier Ebenen benutzt, die
trotz Bombardierung im Krieg und der Zerstörung des Haupttrakts erhalten blieben. Unter Kellermeister
Laurent Fédou sind die fruchtbetonten Champagner frischer geworden. Die Dosage ist moderat.
Qualität leidet. Nach Tom Stevenson wurde Canard-
Duchêne von Veuve Clicquot so geführt wie Mercier
von Moët & Chandon: als billige Zweitmarke für
die »Grande Distribution«. 2003 schließlich kauft
Alain Thiénot das Haus von LVMH (zu dem Veuve
Clicquot seit 1987 gehört).
P O R T F O L I O
Das Standardsortiment des Hauses bilden zunächst
Brut, Brut Rosé und Demi Sec, etwas gehobener
dann Brut Réserve Édition Limitée (Premier Cru,
länger gelagert, Pinot-Noir-dominiert), Premier
Cru Brut und Réserve Brut, schließlich Millésimé
Brut, zuletzt aus Grands und Premiers Crus,
darunter Ambonnay, Chouilly, Verzy und Avenay.
Mit dem P181 Extra Brut Bio hat das Haus einen
Champagner aus einer AB-zertifizierten Parzelle
(181 ist die Katasternummer) in Verneuil im
Angebot. Die Linie Léonie (nach der Gründerin der
Maison, ursprünglich eine Supermarkt-Linie, nun
höher positioniert) besteht aus Brut, Brut Rosé
und Léonie Demi Sec, die der Linie Charles VII
aus Brut, Rosé, Blanc de Blancs, Blanc de Noirs
[→ Highlight] und Smooth Rosé Sec mit 25 Gramm
pro Liter Dosage. Die nach dem Gründer Victor
Canard benannte Cuvée V Millésimé Brut wurde
als Extra Brut mit dem Jahrgang 2010 zum ersten
Mal zum 150. Jubiläum des Hauses präsentiert.
KATEGORIE GRÖSSE GEGRÜNDET PRÄGENDE REBSORTE AUSBAU BSA
NM
1868
H I G H L I G H T
Grande Cuvée Charles VII
Blanc de Noirs Brut
Die jahrgangslose Cuvée will an die Krönung von
Karl VII. in der Kathedrale von Reims im Jahre 1429
erinnern, insbesondere an die Einbalsamierung des
Königs (der mithilfe von Johanna von Orléans die
Engländer im Hundertjährigen Krieg besiegte) durch
Jean Canard, den Abt von Saint Rémi und mutmaßlichen
Vorfahr des Gründers der Maison. Jedenfalls
ist der Blanc de Noirs ein Blend aus 70 Prozent Pinot
Noir und 30 Prozent Pinot Meunier, lag vier Jahre
auf der Hefe und wurde mit 9 Gramm Dosage je
Liter versehen. Die Nase zeigt sich reif und klar, mit
getrockneten Aprikosen, Himbeeren und Konditorcreme.
Am Gaumen viel Volumen und sogar etwas
Umami, schöne Frische und eine gute Länge.
14 Mio. Flaschen
DOMINIERENDES TERROIR EIGENE REBFLÄCHE BEWIRTSCHAFTUNG SITZ ADRESSE KONTAKT
keines 45 Hektar (Gruppe) teilweise AB-zertifiziert 51500 Ludes
1, rue Edmond Canard
+33 3 26 61 11 60
canard-duchene.fr
info@canard-duchene.fr
54 55
Dom Pérignon
GESCHICHTE
Die Historie von Champagne Dom Pérignon,
benannt nach dem Benediktinermönch Pierre
»Dom« Pérignon, der angeblich das Champagner-
Verfahren entdeckt hat, teilt sich in die Geschichte
der gleichnamigen Cuvée und die Gründung der
Maison. Zwar hatte Pierre Gabriel Chandon nach
der Französischen Revolution die Abtei Hautvilliers
gekauft, wo Dom Pérignon gewirkt hatte, allerdings
hatte das Champagnerhaus Mercier die Namensrechte
an Dom Pérignon eintragen lassen. Erst
durch die Heirat von Francine Durand-Mercier
mit Paul Chandon-Moët gelangten diese 1927
als Mitgift an die Maison Moët & Chandon. Der
damalige Präsident des Hauses, Robert-Jean de
Vogüé, produzierte 1936 den ersten Jahrgang Dom
Pérignon (1921) für Kunden in den USA: die erste
Luxus-Cuvée der Champagne. Die ersten Jahrgänge
fermentierten noch in regulären Flaschen
und wurden anschließend in die Sonderflaschen
umgefüllt – der erste Jahrgang, in dem die
Fermentation in der endgültigen Flasche stattfand,
war, so heißt es, der 1947er.
Lange Jahre war Dom Pérignon nun die
Prestige-Marke von Moët & Chandon. 1996 wurde
mit Richard Geoffoy der erste nur für Dom
Pérignon zuständige Chef de cave ernannt. Wohl
etwa zur gleichen Zeit entließ die Konzernmutter
LVMH Champagne die Maison Dom Pérignon in
die Unabhängigkeit. Seit 2018 arbeitet der neue
Chef de cave Vincent Chaperon daran, den Dom
Pérignon, wie er sagt, »intensiver, tiefer, länger und
komplexer« zu machen.
H I G H L I G H T
Dom Pérignon Vintage 2010 Brut
Das klassische Yin und Yang des »Dompy« zwischen
Chardonnay und Pinot Noir ist 2010 mit 54 Prozent
etwas zugunsten der weißen Trauben verschoben,
die Dosage mit 5,3 Gramm recht schlank.
Etwas heller als üblich, mit der gewohnt ultrafeinen
Mousse. Wirkt in der Nase jung und reif zugleich: mit
exotischem Obst wie Ananas, Mandarine und Melone
(aber ohne die klassischen roten Früchte), dazu Toast
und Sauerteig-Baguette. Auch am Gaumen überraschend
offen und »fruit-driven«, dabei harmonisch,
mit gut integrierter Säure und samtiger Textur bei
mittelgewichtigem, muskulösem Körper.
STILISTIK
Erstes Prinzip: Dom Pérignon ist immer ein Vintage-Champagner. Das zweite: Das Verhältnis der Grundweine
aus Chardonnay- und Pinot-Noir-Trauben soll möglichst gleich sein, um die wichtigsten Ideale des
Dom Pérignon – Balance und Harmonie – aus dem spannungsreichen Spiel der Gegensätze zu realisieren.
Auf den historischen Dom Pérignon geht die zentrale Bedeutung der Assemblage von weißen und roten
Trauben unterschiedlicher Lagen zurück: Entsprechend gibt es keinen Single Cru oder Blanc de Blancs
von Dom Pérignon.
Dom Pérignon bedient sich für die Grundweine beim enormen Weinbergbesitz von LVMH, immerhin fast
1700 Hektar – darunter Hunderte Hektar beste Lagen, die durch den Kauf der Häuser Pommery und
Lanson ins Portfolio gewandert waren und die beachtliche Produktionsmenge des Dom Pérignon ermöglichen.
Aber selbst wenn 15 von 17 möglichen Grands Crus sowie beste Premiers Crus zur Verfügung stehen,
gibt es für die Assemblage keine Regeln. Die gibt es dafür im Keller, denn Dom Pérignon setzt auf einen
reduktiven Stil und das bedeutet: kein Holz und Malo nur für ganz wenige Partien. Die typischen Brioche-
Aromen entstehen ausschließlich durch Autolyse nach mindestens sieben Jahren Lagerung auf der Hefe.
Gab es den Dom Pérignon bisher lediglich in herausragenden Jahren, soll nun – dem Klimawandel sei Dank –
jedes Jahr ein Vintage erzeugt werden – der schlimme Jahrgang 2011 wird freilich ausgelassen. Auch die
Dosage hat sich von gut 10 Gramm beinahe halbiert.
P O R T F O L I O
Zum klassischen Dom Pérignon [→ Highlight] trat
1971 der Dom Pérignon Rosé mit dem Debüt-Jahrgang
1959: Je nach Jahrgang kann der Rotweinanteil
hier bis zu bemerkenswert hohen 27 Prozent
betragen. Nachdem Richard Geoffroy 1990
die Verantwortung übernommen hatte, initiierte
er die Serie Dom Pérignon Œnothèque, eine
Edition von Dom-Pérignon-Jahrgängen mit
sehr langem Hefelager (bis hinab zu 1959). Weil
Geoffroy aber zwei unterschiedliche »Genussfenster«
alter Champagner beobachtete, wurde
2014 das Programm in Dom Pérignon P2 und P3
aufgespalten (mit P für Plénitude, also Fülle oder
Reichtum, wobei P1 den klassischen DP meint). P2
weisen beim Markteintritt mindestens 12 bis 15
Jahre Hefelager auf, P3 etwa 30 Jahre.
KATEGORIE GRÖSSE GEGRÜNDET PRÄGENDE REBSORTE AUSBAU BSA
NM
Um 1996
um 5 Mio. Flaschen
DOMINIERENDES TERROIR EIGENE REBFLÄCHE BEWIRTSCHAFTUNG SITZ ADRESSE KONTAKT
keines 1700 Hektar (Gruppe) ISO 14001 51200 Épernay
20, avenue de Champagne
+33 3 26 51 20 00
domperignon.com
contact@cs.domperignon.com
182
183
De Venoge
GESCHICHTE
Henri-Marc de Venoge, der sich 1825 in der
Champagne niederließ, um im Schaumweinhandel
sein Glück zu versuchen, trägt den Namen seiner
Herkunft im Namen, denn die Venoge ist ein kleiner
Zufluss des Genfer Sees im Schweizer Waadtland.
Gemeinsam mit Sohn Joseph gründet er 1837 De
Venoge & Cie in Mareuil-sur-Aÿ. Bereits ein Jahr
später gelingt ihm ein Marketing-Coup, als er seine
Champagner mit den ersten illustrierten Etiketten
ausstattet – 1851 ein weiterer, als er das »Blaue
Band« zum Emblem des Hauses macht, Symbol
des Flüsschens Venoge ebenso wie des Ordens des
Heiligen Geistes, des wichtigsten Ritterordens der
französischen Monarchie. 1858 wird die Cuvée des
Princes zu Ehren des Prinzen von Oranien kreiert.
In der Gesellschaft von Épernay, wohin die Maison
bereits 1839 umgezogen war, wie an den Höfen der
STILISTIK
europäischen Aristokratie ist die Familie De Venoge
wie deren Champagner gleichermaßen geschätzt.
1898 übernimmt Yvonne de Mun, geborene
Venoge, die Urenkelin des Gründers, gemeinsam
mit ihrem Ehemann die Leitung. Als dieser 1922
verstirbt, führt sie das Unternehmen noch einige
Jahre lang allein, wandelt es dann allerdings in eine
Aktiengesellschaft um, in der erst der Diplomat
Henri de Manneville, dann der aus einer alten
Adelsfamilie stammende Jacques de Nadaillac die
Präsidentschaft übernimmt. 1958 wird De Venoge
schließlich an die Trouillard-Familie verkauft,
deren Unternehmen 1981 wiederum Champagne
Henriot erwirbt. Das ist nicht von langer Dauer:
Bereits im März 1984 wird De Venoge an die
Compagnie de Navigation Mixte abgegeben, die
erheblich in das Haus investiert. Nach einem kurzen
Das Haus besitzt keine eigenen Reben, die letzten 20 Hektar Weinberge, die nach dem Ankauf von Lagen
der Domaine de Commétreuil in der Montagne de Reims in den Besitz des Hauses kamen, wurden 1998 von
Rémy Cointreau geschluckt. Umso mehr verdankt De Venoge einer Reihe hochtalentierter Kellermeister,
in der jüngeren Vergangenheit etwa Thierry Gasco (wechselte zu Pommery), Eric Lebel (wechselte zu
Krug) und aktuell Isabelle Tellier.
Die Stilistik von De Venoge wird vor allem durch den Pinot Noir geprägt, der für reife, volle und dennoch
frische Weine sorgt, die bemerkenswert lagern können. Nicht umsonst besitzt das Haus eine der umfangreichsten
Bibliotheken mit alten Jahrgängen in der Champagne. Die herausragende Qualität bis zurück zum
Beginn der 1970er Jahre wurde Ende 2014 in einer Verkostung von FINE Das Weinmagazin eindrucksvoll
demonstriert. Der Ausbau der Weine erfolgt klassisch in Edelstahltanks, in der Regel mit Ablauf der Malo.
Die Dauer der Flaschengärung ist überdurchschnittlich, die Dosage moderat.
Intermezzo ab Mai 1996 in der Rémy-Cointreau-
Gruppe und einem noch kürzeren bei LVMH ab
September 1998 (die lediglich an den Bürogebäuden
samt Kellern des Nachbarn von Moët & Chandon
in Épernay interessiert waren), wird De Venoge
schließlich nur wenige Tage später von Boizel
Chanoine Champagne (BCC) übernommen, in
deren Besitz es noch heute ist. Seit 2015 hat das
Haus seinen neuen Sitz in der noblen Avenue de
Champagne in Épernay.
P O R T F O L I O
Das Angebot bei De Venoge ist sehr klar in drei
Segmente – Cordon Bleu, Vin des Princes und
Louis XV – getrennt. Das »blaue Band« schmückt
Cordon Bleu Brut, Cordon Bleu Extra Brut,
Cordon Bleu Rosé sowie Cordon Bleu Blanc
de Noirs, unter anderem Namen ab 1988, einer
der ersten Blancs de Noirs einer größeren Maison.
Aus höher klassifizierten Gemeinden stammen die
Grundweine für die Prinzen-Linie: Princes Blanc
de Blancs Brut wird aus Chardonnays aus Le
Mesnil-sur-Oger und Trépail komponiert, Princes
Blanc de Noirs Brut dagegen aus Pinot Noir von
der Montagne de Reims und Les Riceys, daneben
noch Princes Extra Brut sowie Princes Rosé
Brut [→ Highlight]. Die Prestige Cuvées Louis XV
Millésimé Brut und Louis XV Rosé Millésimé
Brut stammen ausschließlich aus Grand-Cru-
Gemeinden. Darüber hinaus gibt es noch die
bedeutende Vinothèque-Reihe, für die Jahrgänge
bis in die Siebzigerjahre auf Bestellung
degorgiert werden.
H I G H L I G H T
Princes Rosé Brut
Die Prinzen-Cuvée aus dem 19. Jahrhundert (Vin
des Princes) wurde Mitte des 20. Jahrhunderts
wieder aufgenommen und als Grand Vin des Princes
zwischen den Jahrgängen 1961 und 1993 als Blanc
de Blancs produziert – Nachfolger wurde mit dem
1995er-Jahrgang die Cuvée Louis XV. Die Non-
Vintage-Linie Princes, abgefüllt in einer markanten
Karaffe, wurde schließlich um 2000 eingeführt und
unterhalb des Louis XV positioniert. Der Wein macht
schnell klar, dass dieser Rosé d’Assemblage sich in
seine stolze Ahnenreihe mit allem Recht einreihen
kann. Sehr komplexe Nase, mit roten Beeren, sehr
gut integriertem Holz und einigen laktischen Noten.
Am Gaumen wirkt der Wein sehr pur, frisch und
weinig, mit einer sehr dezenten Restsüße. Ein hervorragender
Essensbegleiter.
KATEGORIE GRÖSSE GEGRÜNDET PRÄGENDE REBSORTE AUSBAU BSA
NM
1837
850.000 Flaschen
DOMINIERENDES TERROIR EIGENE REBFLÄCHE BEWIRTSCHAFTUNG SITZ ADRESSE KONTAKT
keines keine nicht bekannt 51200 Épernay
33, avenue de Champagne
+33 3 26 53 34 34
champagnedevenoge.com
adv@champagnedevenoge.com
230 231
Champagner
Die 100 wichtigsten Maisons, Winzer und Kooperativen
Stefan Pegatzky
DANKSAGUNG
Für die Bereitstellung von Verkostungsmustern
möchten wir uns bei den Produzenten sowie
deren Vertriebsorganisationen herzlich bedanken.
Darüber hinaus haben uns auch viele Händler unterstützt.
Unser Dank gilt Alpina Wein, CWD, Eggers &
Franke, Eggerssohn, Gute Weine Lobenberg, Kate &
Kon, Mack & Schühle, Passion Vin, Pinard de Picard,
Schenk Weine, Schlumberger, Josef Schreiblehner,
Smart Wines, Carl Tesdorpf, Veritable, Vinaturel,
La Vinothèque du Sommelier, Michael Walker,
Wein am Limit, Wein & Glas Compagnie, Wein
Wolf, Weinhandlung Kreis, dem Wiedenbrücker
Lieblingsweinladen und Wolfgang Wuttke. Ganz
besonders möchten wir uns bei Nicola Neumann
von Champagne Characters für ihr Engagement
und ihre Großzügigkeit bedanken.
Quellen und weiterführende Literatur
Die Informationen dieses Buches entstammen einer
jahrelangen Beschäftigung mit Champagner und
zahlreichen Reisen in die Region. Viele davon
mündeten in umfangreiche Reportagen für FINE
Das Weinmagazin, das wie kaum ein anderes Weinmagazin
weltweit Autoren und Fotografen Raum
für fundierte und umfassende Darstellungen gibt.
Erfreulicherweise erfreut sich Champagner
einer breiten Darstellung in den Medien. Dank
des Internets sind viele Informationen insbesondere
über die Selbstdarstellungen der Produzenten
oder informative Weinhändler schnell greifbar.
Allerdings ist die Fehlerdichte, nicht zuletzt
wegen Copy-and-paste, enorm hoch, auch Wikipedia-Artikel
sind oftmals nahezu unbrauchbar.
Unter allen Champagnerblogs am wertvollsten ist
wegen der Informationen zu allen 319 Gemeinden
www.winetomas.wordpress.com. Ansonsten sind
»analoge« Standardwerke nach wie vor unverzichtbar.
Wer Champagner wirklich verstehen möchte,
muss auch zu historischen Darstellungen greifen.
Glücklicherweise sind einige davon im Internet
frei zugänglich, u. a. Henry Vizetelly: A History
of Champagne (1882), André Simon: History of
Champagne (1962) oder François Bonal: Le Livre
d’Or du Champagne (1984). Aktueller ist Nicholas
Faith: The Story of Champagne (aktualisiert 2016).
Wer tiefer einsteigen will, für den ist immer noch
Roger Dion: Histoire de la Vigne et du Vin en
France (1959, zahlreiche Neuauflagen) unverzichtbar,
das Standardwerk zur eigentlichen Entstehung
des Champagners ist Benoît Musset: Vignobles de
Champagne et vins mousseux (2008).
Gefragter sind natürlich Überblicksdarstellungen
von Produzenten. Wer an der Vorgeschichte
der heute führenden Häuser interessiert
ist, findet bei den antiquarisch gut greifbaren Bänden
von Hubrecht Duijker: Die großen Weine Elsass,
Loire, Champagne (1982) und Gert v. Paczensky:
Champagner (1987) wertvolle Informationen.
Lange konkurrenzlos als Einführung und Überblick
war der Band Champagne & Sparkling Wine
von Tom Stevenson und Essi Avellan, leider stammt
die letzte aktualisierte Ausgabe von 2013. Bruno
Boidron und Éric Glatre: La Champagne et ses Vins
(2006) wollten etwas publizieren, was der Guide
Feret für Bordeaux ist, aber der Band ist unvollständig
und eine Neuauflage nicht in Sicht. Das derzeit
vollständigste Kompendium der Produzenten
bietet Gerhard Eichelmann: Champagne (2021,
nur auf Englisch). Der allgemeine Infoteil zu den
Produzenten ist zuletzt stark eingedampft worden,
was allerdings durch einen sehr guten Abschnitt
zu den Regionen mehr als wettgemacht wird. Zum
Verhältnis Produzenten und Terroir ist Peter Liem:
Champagne (2017) nach wie vor unerreicht, zumal
dank der Faksimile-Reproduktion der Larmat-
Karten. Viele wertvolle Informationen finden
sich auch bei David White: But first, Champagne
(2016) und im jährlich erscheinenden, von Stephan
Speicher kundig herausgegebenen Champagne
Magazin. Eine aktuelle Referenz ist Tyson Stelzer:
The Champagne Guide.
Impressum
Champagner
Die 100 wichtigsten Maisons, Winzer und Kooperativen
Stefan Pegatzky
© 2021 Tre Torri Verlag GmbH und
CPA! Communications und Projektagentur GmbH, Wiesbaden
www.tretorri.de
Herausgeber Ralf Frenzel
Idee, Konzeption und Umsetzung Tre Torri Verlag GmbH
Gestaltung und Fotografie Guido Bittner, Wiesbaden
Reproduktion Lorenz & Lechner, Inning am Ammersee
Printed in Oosterbeek, NL
ISBN 978-3-96033-119-3
Fotos im Auftrag von FINE Das Weinmagazin: Rui Camilo (14, 72–73),
Johannes Grau (7, 15, 20, 28–29, 118–119), Marco Grundt (10, 12, 17, 18, 21),
Alex Habermehl (198–99), Stefan Pegatzky (8), Marc Volk (4, 19, 156–157)
240
Haftungsausschluss
Die Inhalte dieses Buchs wurden von Herausgeber und Verlag sorgfältig erwogen und geprüft.
Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Die Haftung des Herausgebers
bzw. des Verlags für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Manchmal muss es einfach Champagner sein!
Aber welcher? Heute produzieren nicht weniger
als 4.500 Betriebe den berühmtesten Schaumwein
der Welt – jeder mit einem eigenen Konzept.
Stefan Pegatzky gibt mit diesem Buch einen Wegweiser
durch die Vielfalt des Champagners von
heute und stellt die 100 wichtigsten Produzenten
und deren »Stil des Hauses« vor: von den traditionsreichen
Marken über innovative Kooperativen bis
hin zu revolutionären Winzern. Dabei erfahren Sie
alles Wichtige über die unterschiedlichen Traubensorten,
Regionen und Ausbaustile.