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Credit Suisse bulletin, 2011/01
Credit Suisse bulletin, 2011/01
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Seit 1895 das Magazin der Credit Suisse<br />
Schweizer Ausgabe / Deutsch<br />
Nummer 1<br />
April /Mai 20<strong>11</strong><br />
<strong>Herkunft</strong><br />
Alles eine Frage des Zeithorizonts<br />
Branchenhandbuch Kurzarbeit bewährt sich in der Krise / Nouriel Roubini Der US-Starökonom im exklusiven Leader-Interview<br />
Dossier Immobilienanlagen Nachhaltiges Bauen ist auch in der Schweiz das Gebot der Stunde
TECHART GrandGT und TECHART Magnum.<br />
Die neuen Individualisierungsprogramme für Porsche Panamera und Cayenne.<br />
TECHART Individualisierungsprogramme sind atemberaubend elegant und aufregend sportlich.<br />
Voller Charakter und so unverwechselbar wie Ihre Persönlichkeit. Zum Beispiel die neuen Programme<br />
TECHART GrandGT für den Porsche Panamera und TECHART Magnum für die Porsche Cayenne Modelle.<br />
Original TECHART bedeutet aber auch: TÜV- und DTC-zertifizierte Entwicklungsprozesse, höchste Materialund<br />
Fertigungsqualität, strenge Sicherheitsprüfungen sowie umfangreiche Testzyklen. Im Windkanal und<br />
auf der Rennstrecke. Auf dem Prüfstand und im Crashversuch.<br />
Ganz nach unserem Grundprinzip: Erstausrüsterqualität.<br />
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Tel.: +41 (0)52 355 30 60, E-Mail: info@techart.ch<br />
Internet: http://www.techart.ch
Editorial 1<br />
kooaba<br />
kooaba erkennt Fotos von CDs, Büchern<br />
und Zeitungen und liefert Infos aus dem Web.<br />
Meine Geburtsurkunde weist mich als Bürger eines kleinen Dorfes namens<br />
Ober erlinsbach im Schweizer Mittelland aus. Obwohl Erlinsbach insgesamt kaum<br />
mehr als 6000 Einwohner zählt, war es bis vor Kurzem dreigeteilt, und zwar in ein<br />
Ober- und Niedererlinsbach Solothurn und Erlinsbach Aargau. Der Erzbach, der<br />
mitten durchs Dorf fliesst, ist gleichzeitig auch die Kantonsgrenze. Immerhin haben<br />
sich auf der Solothurner Seite vor fünf Jahren die Ober- und Niedererlinsbacher<br />
zu einer Gemeinde vereint.<br />
Nun ist mein Vater tatsächlich auch im solothurnischen Obererlinsbach geboren<br />
und aufgewachsen. Insofern stimmten bei ihm bezüglich <strong>Herkunft</strong> Sein und offi zieller<br />
Schein noch überein. Doch kaum hatte er die Berufslehre abgeschlossen, zog es<br />
ihn in die Ostschweiz, wo er nicht nur eine gute Stelle, sondern auch seine künftige<br />
Frau fand. Auch wenn er sich am Anfang wegen seines unüberhörbar «fremdländischen»<br />
Dialektes so manche spitze Bemerkung gefallen lassen musste, fühlte<br />
er sich schon bald heimisch und hielt der Ostschweiz und letztlich St. Gallen<br />
sein Leben lang die Treue. Solche innerschweizerischen Migrationsgeschichten<br />
sind aber noch immer die Ausnahme, erst recht über die Sprachregionen hinaus.<br />
Die Schweizer sind in der Regel stark verwurzelt in ihrer Wohngemeinde und<br />
gelten im internationalen Vergleich als ausgesprochen migrationsfaul.<br />
Das tut der Attraktivität der Schweiz als Immigrationsland aber keinerlei Abbruch.<br />
Vergleichsweise gute Löhne und ein hoher Lebensstandard bei gleichzeitig tiefer<br />
Arbeitslosenquote ziehen Jahr für Jahr Tausende ausländischer Arbeitskräfte an.<br />
Sie sind zu einem wichtigen Motor der Schweizer Wirtschaft und damit unseres<br />
Wohlstands geworden. Aber sie verursachen auch Ängste: Gemäss dem vom <strong>bulletin</strong><br />
bereits zum siebten Mal durchgeführten Identitätsbarometer, das diesem Heft<br />
beiliegt, sehen 78 Prozent der Schweizer ihre Identität durch Einwanderung und<br />
67 Prozent durch die internationale Öffnung bedroht. Die Schweizer scheinen<br />
vergessen zu haben, dass wir alle irgendwann einmal Einwanderer waren. Man<br />
muss bei der Ahnenforschung einfach nur weit genug zurückgehen.<br />
Gold Winner<br />
Gold Winner<br />
Ein reges Kommen und Gehen herrscht im Übrigen auch bei den Tieren und Pfl anzen.<br />
So streiften im Schweizer Mittelland einst Löwen und Leoparden umher, bevor sie<br />
nach Süden abwanderten. Gleichzeitig ist das Edelweiss, das Symbol für Schweizer<br />
Alpenfolklore schlechthin, erst relativ spät von der asiatischen Hochsteppe zu uns<br />
eingewandert. Auf der Spurensuche nach der <strong>Herkunft</strong> von Menschen, Tieren und<br />
Pflanzen stösst man in diesem <strong>bulletin</strong> auf so manche Überraschung. Mir hat es<br />
gezeigt, dass <strong>Herkunft</strong> immer nur als Momentaufnahme definiert werden kann. Die<br />
Welt ist und bleibt in Bewegung. So habe ich meine eigene, amtlich beglaubigte<br />
<strong>Herkunft</strong>sgeschichte mittlerweile auch wieder aktualisiert, indem ich zusätzlich das<br />
St. Galler Bürgerrecht erworben habe. Die Obererlinsbacher mögens mir verzeihen.<br />
Foto: Cédric Widmer<br />
Preisträger<br />
Daniel Huber, Chefredaktor <strong>bulletin</strong>
L E S A M I S D U C R E D I T S U I S S E<br />
Aus Freude an Kunst.<br />
Die Credit Suisse pfl egt langjährige Partnerschaften<br />
mit ausgewählten Kunstinstitutionen.<br />
So mit dem Kunsthaus Zürich, dem Singapore Art Museum und der National Gallery in London.<br />
credit-suisse.com/sponsorship
Inhalt 3<br />
Invest<br />
10 Aktuelle Analysen und Prognosen<br />
Coverfoto: Pia Zanetti | Foto: Pia Zanetti<br />
<strong>Herkunft</strong> Neun Menschen aus sieben verschiedenen<br />
Ländern finden in Zürich bei der Credit Suisse zum<br />
Team «Currency & Commodity Research» zusammen.<br />
Wir zeigen sie mit Dingen aus ihrer Heimat, die ihnen<br />
wichtig sind, und befragen sie zum Ur-Schweizerischen.<br />
4 _ Ahnenforschung Autor Till Hein hofft im genetischen<br />
Selbstversuch auf einen Tropfen Wikingerblut.<br />
6 _ Lebensmittel Konsumenten wollen wissen, woher ihr<br />
täglich Brot stammt – regional wäre es ihnen am liebsten.<br />
9 _ Identitätsbarometer Die Schweizer sind stolz auf<br />
ihr Land und glauben an die Stärke der Wirtschaft.<br />
10 _ Schmelztiegel Sie kommen aus der ganzen Welt,<br />
um in Zürich zu einem Team zusammenzufinden.<br />
26 _ Menschheit Eine Reise Millionen Jahre zurück zu den<br />
Ursprüngen der menschlichen Baumaterialien.<br />
29 _ Wanderungen Auch bei den Pflanzen und Tieren<br />
herrscht ein reges Kommen und Gehen.<br />
Wirtschaft<br />
34 _ Branchenhandbuch 20<strong>11</strong> Kurzarbeit<br />
erweist sich in der Krise als probates Mittel<br />
39 _ Experteninterview Warum <strong>Herkunft</strong><br />
für die Anlagestrategie so wichtig ist<br />
40 _ Afrika Bodenschätze, Landwirtschaft und<br />
Mobilfunk treiben Wirtschaftswachstum an<br />
44 _ Nano Winzige Technologie mit riesigem<br />
Wachstums potenzial<br />
46 _ Schwellenländer Von der Werk bank der<br />
Welt zum vielversprechenden Anlagethema<br />
Dossier<br />
greenproperty Nachhaltiges Bauen ist auch<br />
in der Schweiz das Gebot der Stunde<br />
Credit Suisse<br />
50 _ World Economic Forum Konstruktive<br />
Dia loge am Rande des offiziellen Geschehens<br />
53 _ Region mit Zukunft Gespräch mit Antonio<br />
Quintella, Leiter des Amerikageschäfts<br />
55 _ San Francisco Diskussionen über Inno vation,<br />
alternative Energie und Investitionen<br />
62 _ Ausgezeichnete Mi Zhou Die Cellistin<br />
gewinnt den Prix Credit Suisse Jeunes Solistes<br />
64 _ Haubentreffen Das Tessin ist eine kulinarische<br />
Hochburg – das ganze Jahr hindurch<br />
66 _ Man Ray und Adolf Wölfli Für die Kunst<br />
nach Lugano und Bern reisen<br />
69 _ Uster Dank Branch Excellence ist diese<br />
Geschäftsstelle noch attraktiver geworden<br />
70 _ Innovation Erkenntnisse vom Swiss Innovation<br />
Forum auf dem Novartis-Campus<br />
71 _ Risikokapital Zehn Jahre Venture Incubator –<br />
ein Rückblick mit Chairman Pius Baschera<br />
72 _ Gastkommentar Für Osec-Direktor<br />
Daniel Küng ist Neuland in Sicht<br />
Leader<br />
73 _ Roger Federer Drei hektische Tage im<br />
Dienst seiner Foundation und ein ent spanntes<br />
Fotoshooting mit Mario Testino<br />
76 _ Nouriel Roubini Der globale Nomade über<br />
die Weltwirtschaft, die Gier und sich selbst<br />
Service<br />
72 _ Impressum<br />
Ihr Link zu unserem Know-how: www.credit-suisse.com/<strong>bulletin</strong>
4 <strong>Herkunft</strong> Ahnenforschung<br />
Gene lügen<br />
nicht –leider<br />
Russische Seele? Französisches Savoire-vivre? Oder Wikingerblut in den Adern?<br />
Hobby-Familienforscher können sich bei der Suche nach ihren Urahnen von Genetikern<br />
unter die Arme greifen lassen: ein Selbstversuch.<br />
Text: Till Hein<br />
Wo meine Urururgrosseltern wohl einst gelebt haben? In Patagonien?<br />
Auf Sansibar ? Oder gleich hier um die Ecke, im St.- Johann-Quartier<br />
in Basel? Ob sie Jäger waren? Bauern? Oder Piraten?<br />
«Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart meistern»,<br />
sagen Historiker. Doch über die <strong>Herkunft</strong> meiner Familie weiss ich<br />
fast nichts. Vor Generationen soll in Österreich ein Grossonkel von<br />
mir gelebt haben, erfuhr ich neulich auf einem Familienfest: Er war<br />
adlig, steinreich – und verspielte sein gesamtes Vermögen. Doch<br />
vor dem Jahr 1850 ist unsere Familiengeschichte ein einziger blinder<br />
Fleck.<br />
Zum Glück scheint die Wissenschaft in Sachen Ahnenforschung<br />
enorme Fortschritte zu machen. Mittlerweile gilt als erwiesen, dass<br />
jeder Mensch in seinem Erbgut (der DNA) genetische Spuren seiner<br />
Vorfahren trägt, die bis in längst vergangene Epochen der Menschheitsgeschichte<br />
zurückreichen. Und manche Genforscher behaupten,<br />
diese Spuren lesen zu können.<br />
Es war Zufall, dass ich auf diese Methode aufmerksam wurde:<br />
Für ein Magazin sollte ich einen Artikel über die Wikinger schreiben.<br />
Als grosser Fan von «Hägar dem Schrecklichen» kam mir dieser Auftrag<br />
wie gerufen. Bei der Recherche stiess ich im Internet auf ein<br />
Gentest-Unternehmen aus Zürich. «Sind Sie ein Wikinger ?», lockt<br />
die Firma Igenea auf ihrer Website – und bietet diverse Tests zur<br />
genetischen Abklärung an. Ab 199 Franken.<br />
Eine solche Chance konnte ich mir nicht entgehen lassen. Denn<br />
die meisten meiner Verwandten sind ruhelose Menschen, genau wie<br />
ich. Ständig packt uns das Fernweh, die Sehnsucht nach der Weite<br />
des Meeres. Und waren nicht die Wikinger die grössten Seefahrer<br />
der Weltgeschichte? Vielleicht ist die Erklärung simpel, dachte ich:<br />
Wir Heins sind ihre Nachkommen! Wikinger sind Sympathieträger.<br />
Hillary Clinton etwa liebt sie ebenfalls heiss. Die Passion für die<br />
nordischen Barbaren hat sie in die Arme ihres Mannes getrieben. «Er<br />
sah aus wie ein Wikinger », schwärmt die US-Aussenministerin in<br />
ihrer Autobiografie über die erste Begegnung mit Bill 1970 in einem<br />
Studentenclub. Besonders sexy fand Hillary seinen roten Bart und<br />
die langen Haare. Einem solchen «Wikinger aus Arkansas» konnte<br />
sie unmöglich widerstehen.<br />
Dabei haben die echten Wikinger im Mittelalter ganz schön ihr<br />
Unwesen getrieben: Sie fackelten Klöster und ganze Dörfer ab, stahlen<br />
Gold und Edelsteine. «O furore Normannorum libera nos, domine!»,<br />
beteten die Menschen, «Bewahre uns, Herr, vor der Raserei<br />
der Wikinger !» Doch heute ist ihnen niemand mehr böse. Sie gelten<br />
als Kultfiguren: etwas tollpatschig vielleicht und grobmotorisch veranlagt<br />
– wie «Hägar der Schreckliche» –, aber unkapriziös, humorvoll<br />
und authentisch.<br />
Fischkonserven, Würfelzucker, Senf und Autos werden unter dem<br />
Zeichen des Wikinger-Drachenboots vermarktet, Gurken, Würstchen,<br />
Trüffel, Marzipan. Skandinavische Ernährungswissenschaftler propagieren<br />
eine «Wikingerdiät» – und auch die Gentest-Firma Igenea<br />
nutzt die Wikingerbegeisterung. Dank Erbgutanalysen aus Knochenfunden<br />
konnten Wissenschaftler nicht nur DNA-Profile der Kelten,<br />
Perser, Germanen, Skythen, Slawen und Illyrer erstellen, erfahre ich<br />
auf der Igenea-Website: Durch Analysen von Blutspuren aus dem<br />
Nordwesten Englands, die über 1200 Jahre alt seien, habe man nun<br />
auch echtes «Wikingerblut» isoliert !<br />
Ob in meinen Adern tatsächlich Wikingerblut fliesst ? Um diese<br />
Frage zu klären, soll ich eine Speichelprobe einschicken. Die nötigen<br />
Utensilien lässt mir Igenea per Post zukommen. Nun gleite ich mit<br />
einem Wattestäbchen an der Innenseite meiner Wange entlang.<br />
Foto: C Squared Studios, Getty Images<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Ahnenforschung <strong>Herkunft</strong> 5<br />
Sanft, aber druckvoll, damit genügend Zellmaterial hängen bleibt.<br />
Ein seltsames Gefühl, denn bisher kannte ich Speichelproben nur<br />
aus der TV-Serie «Tatort». Dann packe ich die Probe in eine Plastikdose,<br />
schicke sie nach Zürich und überweise die 199 Franken.<br />
Wochenlang keine Antwort. Ob mich Igenea vergessen hat ?<br />
Schliesslich kommt doch Post. Aus einem grossen, dicken Couvert<br />
ziehe ich eine dunkelbraune Mappe mit goldenem Firmenzeichen.<br />
Die Farbkopie einer handgemalten Weltkarte liegt darin. Völkerwanderungen<br />
sind eingezeichnet: fast 20 unterschiedliche Routen.<br />
Kein leichtes Unterfangen, die Urahnenforschung!<br />
Auf einem weiteren Blatt steht mein persönliches Testresultat:<br />
«Haplogruppe: R1a1, Urvolk: Germanen oder Slawen.» Ratlos starre<br />
ich auf die Urkunde. Also doch kein Wikinger ? Und was soll das<br />
überhaupt sein, eine Haplogruppe? Eine beigelegte Legende hilft<br />
weiter: Haplogruppen seien eine Art «dicke Äste des Stammbaums<br />
des Homo sapiens», oder gleichsam «Ethnien der Frühzeit». Sie entstehen,<br />
wenn sich Populationen einer Art längere Zeit isoliert voneinander<br />
entwickeln. So weit, so gut.<br />
Meine Haplogruppe R1a1 scheint, nun ja, hundsgewöhnlich zu<br />
sein: «Über 40 Prozent der Männer, die im Gebiet von Tschechien<br />
bis nach Zentralasien wohnen, gehören dazu», steht im Beitext. Und<br />
in Indien jeder dritte Hindi-sprechende Mann ebenfalls. Ganz schön<br />
unübersichtlich. Was das Wikingerblut angeht, sieht es schlecht aus:<br />
In grauer Vorzeit lebten die Angehörigen der Haplogruppe R1a1 wahrscheinlich<br />
im südlichen Asien.<br />
Und die Rubrik «Urvolk»? Damit werde das Volk bezeichnet, zu<br />
dem meine Ahnen im Zeitraum zwischen 900 vor und 900 nach<br />
Christus gehört haben. Eine eindeutige Zuteilung sei aber nicht immer<br />
möglich. Zum Beispiel bei mir: «Germanen oder Slawen» – ja<br />
was denn nun?! Igenea lässt mich nicht im Stich: Mit Hilfe meines<br />
DNA-Profils könne ich nun in einer Datei mit rund 300 000 weiteren<br />
Profilen nach «genetischen Vettern» suchen, macht mir Igenea-<br />
Geschäftsführer Roman C. Scholz am Telefon Mut. Das seien<br />
Menschen, die mit mir in jüngster Zeit einen gemeinsamen Vorfahren<br />
teilen. «Mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb der letzten 24 Generationen»,<br />
so Scholz. Ich gebe Testnummer und Passwort in die<br />
Suchmaske ein – und sofort identifiziert die Software einen solchen<br />
«Vetter »: in Dänemark. Neue Hoffnung keimt auf. Denn das könnte<br />
auf Wikingerblut hindeuten!<br />
Doch kein einziger «genetischer Vetter » sitzt in den klassischen<br />
Wikingerhochburgen Island und Norwegen. Mist ! Insgesamt identifiziert<br />
das Computerprogramm 15 «Vettern»: Neben dem aus Dänemark<br />
sind es 3 Polen, 3 Deutsche, 2 Russen, 2 Italiener, 1 Ukrainer,<br />
1 Bulgare, 1 Holländer, 1 Rumäne. Ganz schön rumgekommen, meine<br />
Sippschaft ! Es sei trotz allem «nicht völlig ausgeschlossen», dass<br />
in meinen Adern Wikingerblut fliesse, tröstet mich Scholz. Und die<br />
Website seiner Firma empfiehlt diverse «Upgrades». Zum Beispiel<br />
eine «Super-Kombi», die viel genauer sei als der Einsteigertest, den<br />
ich absolviert habe. Dieses Verfahren analysiere zur Abklärung der<br />
väterlichen Verwandtschaftslinie auf dem Y-Chromosom der DNA<br />
statt 12 Markern deren 67 und nehme zusätzlich auch die mütterliche<br />
Linie unter die Lupe. Kostenpunkt: 899 Franken. Wow!<br />
Ich glaube, da lege ich mich lieber gemütlich aufs Sofa und lese<br />
weiter im neuen «Hägar der Schreckliche»-Taschenbuch. <<br />
Till Hein<br />
lebt und arbeitet als freier Autor in Berlin. Der gebürtige Salzburger<br />
schreibt unter anderem für «Die Weltwoche», «mare», «Die Zeit»,<br />
«Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» und die «GEO»-Familie.<br />
Obwohl oder gerade weil die Wikinger<br />
im Mittelalter so gefürchtet waren,<br />
wünscht sich so mancher eine direkte Ahnenlinie.<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
6 <strong>Herkunft</strong> Lebensmittel<br />
Lieber aus<br />
der Region<br />
Trendforscher stellen in Europa und in den USA ein «neues Bewusstsein für Nahrung» fest.<br />
Dabei spielt neben der guten Qualität vor allem die <strong>Herkunft</strong> eine zentrale Rolle. Lebensmittel,<br />
die aus der Region stammen oder deren <strong>Herkunft</strong> klar überprüfbar ist, ermöglichen<br />
eine emotionale Bindung, die im Zeitalter der Globalisierung zunehmend wichtiger wird.<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Lebensmittel <strong>Herkunft</strong> 7<br />
Foto: Valentyn Volkov, Shutterstock<br />
Text: Beat Stauffer<br />
Beim Blick in die Speisekarte des Restaurants Krafft in Basel fällt<br />
dem Gast sofort auf: Hier gibt es nur relativ wenige Gerichte, doch<br />
sind diese umso ausführlicher beschrieben. Ein dreigängiges Menü<br />
könnte wie folgt aussehen: Nach einem «Zweierlei von der Zeininger<br />
Räucherforelle» werden «Rapssamen-Capuns im Bodensee-Ver jus-<br />
Sud, Shitakepilze und Belperknolle» aufgetragen. Als Nachspeise<br />
stehen Schweizer Rohmilch-Käsespezialitäten auf dem Programm.<br />
Dazu gibts weiter hinten detaillierte Angaben zur <strong>Herkunft</strong> von<br />
Fleisch, Gemüse, Fischen und Meeresfrüchten. Dasselbe gilt für den<br />
Wein, der ausschliesslich aus identifizierbaren Betrieben stammt.<br />
Wer noch mehr wissen möchte – etwa über die <strong>Herkunft</strong> von Olivenöl<br />
oder Süssigkeiten – , wird auf der Website des altehrwürdigen<br />
Hotel-Restaurants fündig.<br />
Kaum zehn Minuten vom Hotel-Restaurant Krafft entfernt und in<br />
unmittelbarer Nachbarschaft zu grossen Produktionsstätten des<br />
Pharmamultis Novartis liegt der Matthäusplatz – eine Oase inmitten<br />
eines dicht bewohnten Viertels. Hier findet jeweils am Samstag ein<br />
lebendiger, farbiger Markt statt. Es handelt sich um einen echten<br />
Produzentenmarkt; rund 80 Prozent der angebotenen Waren sind<br />
aus eigenem Anbau oder eigener Herstellung. Gemüsebauern aus<br />
der Umgebung von Basel – viele aus dem angrenzenden Süddeutschland<br />
– verkaufen Obst und Gemüse, Brot und Blumen und dazu eine<br />
Reihe von Spezialitäten wie Honig, selbst gemachtem Essig oder<br />
Schnaps. Der 2006 ins Leben gerufene Markt, dessen Initianten<br />
kürzlich einen Förderpreis der Stadt Basel entgegennehmen durften,<br />
ist ein voller Erfolg und zieht mittlerweile zahlreiche Besucher aus<br />
anderen Quartieren an. Er liegt, so Christof Dietler, Mitinhaber der<br />
Beratungsfirma Pluswert, voll im Trend. Derartige Experimente würden<br />
von Experten der Nahrungsmittelindustrie und der Trendforschung<br />
im Bereich Lebensmittel sehr aufmerksam verfolgt, weil sie<br />
zukünftige Entwicklungen vorwegnähmen.<br />
Irreführende Bezeichnungen<br />
Heute haben viele Konsumenten das ungute Gefühl, nur ungenügend<br />
über die <strong>Herkunft</strong> von Lebensmitteln informiert oder gelegentlich<br />
gar betrogen zu werden. Dass Italien seit langen Jahren weit mehr<br />
Olivenöl exportiert als es selbst herstellt, dass das so genannte<br />
Bündner Fleisch häufig mit argentinischem Rindfleisch hergestellt<br />
wird, wissen mittlerweile nicht nur Eingeweihte. Dazu kommt eine<br />
grosse Verunsicherung der Konsumenten betreffend die Verwendung<br />
von Zusatzstoffen und Konservierungsmitteln bei der Herstellung<br />
vieler Lebensmittel.<br />
Für Christof Dietler steht fest, dass die überprüfbare und nach<br />
Möglichkeit regionale <strong>Herkunft</strong> eines Lebensmittels eine immer<br />
wichtigere Rolle beim Kauf eines Produktes spielt. Es handle sich<br />
um einen Trend, der auch international zu beobachten sei, erklärt<br />
Dietler. Ganz ähnlich schätzt auch Denise Stadler, Mediensprecherin<br />
von Coop, die Lage ein. Viele Konsumenten wünschten sich nicht<br />
nur nachhaltig produzierte Lebensmittel, sondern auch solche aus<br />
regionaler Produktion. «Wir stellen immer mehr fest, dass die<br />
Konsumenten sich nach der <strong>Herkunft</strong> der Ware erkundigen», sagt<br />
Stadler. Dies gelte im besonderen Mass für die «bio-affine Kundschaft<br />
», wie dieses Kundensegment in der Fachsprache der Marketingexperten<br />
heisst. Für Dietler ist bei diesen Konsumenten die<br />
regionale <strong>Herkunft</strong> oft sogar wichtiger als eine zertifizierte biologische<br />
Produktionsweise.<br />
Was steht hinter diesem Wunsch nach Lebensmitteln aus regionaler<br />
Produktion? Zum einen spielt offenbar der Faktor Vertrauen eine<br />
gewisse Rolle. «Man hat mehr Vertrauen in Produkte, die in der<br />
Region hergestellt werden», sagt Stadler. Bei solchen Produkten<br />
lasse sich gegebenenfalls auch überprüfen, ob die Vorgaben stimmten.<br />
Eine wichtige Rolle spielt aber auch der ökologische Aspekt. Bei<br />
lokal hergestellten Lebensmitteln sind die Transportwege wesentlich<br />
kürzer; somit sieht die Ökobilanz in den meisten Fällen auch deutlich<br />
besser aus als bei importierten Produkten. Ein dritter, sehr wichtiger<br />
Faktor ist aber emotionaler Art: Es geht, so die beiden Experten<br />
übereinstimmend, um Heimat, Identifikation, Verankerung, Beziehung.<br />
Gerade im Zeitalter der Globalisierung scheint dieses Bedürfnis<br />
zuzunehmen; in einer Welt, in der regionale, bis anhin selbstständige<br />
Produzenten aufgekauft und in multinationalen Firmen eingegliedert<br />
werden, die dann weltweit dieselben Produkte verkaufen,<br />
wird das Bedürfnis nach «Heimat» zunehmend wichtig.<br />
Eine gewisse Rolle spielt auch ein Trend unter gut verdienenden,<br />
urbanen Menschen, der sich unter dem Begriff LOHAS von den USA<br />
aus in die westlichen Länder verbreitet hat. LOHAS (siehe Box Seite 8)<br />
steht für eine Lebenshaltung, in der gesunde Ernährung und Verantwortung<br />
für die Umwelt zusammenfinden sollen. Oder ist LOHAS<br />
vielleicht eher der schichtspezifische Ausdruck desselben Trends,<br />
der Konsumenten einer anderen Kaufkraftklasse dazu bewegt, im<br />
Winter auf eingeflogene Bohnen oder Spargeln zu verzichten und<br />
stattdessen Wurzelgemüse vom Gemüsebauern aus dem Dorf<br />
nebenan einzukaufen?<br />
Das Bedürfnis nach genauen <strong>Herkunft</strong>sbezeichnungen bei Lebensmitteln<br />
ist nicht neu. Bei Qualitätsweinen wird der genaue<br />
Produktionsort schon seit Langem auf der Etikette vermerkt und<br />
auch bei gewissen Käsesorten spielt die <strong>Herkunft</strong> eine wichtige<br />
Rolle. Mit den gesetzlich geschützten Ursprungsbezeichnungen<br />
AOC und IGP (siehe Box Seite 8) versuchen die Hersteller schon seit<br />
den 1990er-Jahren, ihre «authentischen» von qualitativ weniger wertvollen<br />
Produkten abzugrenzen. Dabei spielt auch der Begriff des<br />
Terroir eine wichtige Rolle. International hatte schliesslich die «Slow<br />
Food»- Bewegung den Bemühungen um echte, unverfälschte und<br />
einzigartige Lebensmittel, die einen hohen Genuss bieten, einen<br />
wichtigen Anstoss gegeben.<br />
Nachhaltige Beschaffungsketten<br />
Kleine, lebhafte Produzentenmärkte und Restaurants wie das<br />
«Krafft» in Basel mögen zwar wichtige Impulse geben, doch können<br />
sie die Probleme nicht lösen, die durch nicht nachhaltig produzierte<br />
Lebensmittel und durch gewaltige Transportwege entstehen.<br />
Entscheidend sei, sagt Dietler, dass bei den Schweizer Grossverteilern<br />
in dieser Hinsicht quantitativ Erhebliches in Gang gebracht<br />
wurde. Denn hier gehe es um Tausende von Tieren, die besser gehalten<br />
werden, um gewaltige Mengen an Pestiziden, auf die vielleicht<br />
verzichtet wird, um Hunderttausende von Kilometern Lastwagentransporte,<br />
die vielleicht wegfallen. «Es geht letztlich um nachhaltige<br />
Beschaffungsketten, von denen alle Beteiligten profitieren können»,<br />
sagt Dietler. Produkte, die in den jeweiligen Regionen hergestellt<br />
werden, schneiden dabei logischerweise besser ab.<br />
Die beiden Schweizer Grossverteiler Coop und Migros hätten in<br />
Sachen Nachhaltigkeit und Regionalität von Lebensmitteln schon<br />
beachtliche Schritte unternommen, sagt Dietler. Die Rede ist von<br />
wachsenden Programmen mit Namen wie «Naturaplan» (Coop, Bio<br />
mit Knospe, 760 Millionen Umsatz), «Naturafarm» (Coop, Tier- ><br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
8 <strong>Herkunft</strong> Lebensmittel<br />
LOHAS<br />
Bedeutet «Lifestyles of Health and Sustainability»;<br />
(wörtlich: Lebensstile der Gesundheit<br />
und Nachhaltigkeit), eine Lebenshaltung,<br />
in der gesunde Ernährung und Verantwortung<br />
gegenüber der Umwelt und den Mitmenschen<br />
zusammenfinden sollen.<br />
Terroir<br />
Mit dem Begriff Terroir ist der Ursprung<br />
eines Erzeugnisses gemeint. Dieser Ursprung<br />
wiederum setzt sich zusammen aus einem<br />
Ort, geprägt durch seine natürlichen Voraussetzungen<br />
(Bodenbeschaffenheit, Klima,<br />
Fauna, Flora und Topografie), und dem<br />
Menschen, der die örtlichen Beding ungen<br />
wertschätzend umsetzt.<br />
AOC- und IGP- Produkte<br />
Die offiziellen Qualitätszeichen AOC oder<br />
IGP sind (seit 1997) landwirtschaftlichen<br />
Erzeugnissen mit einer engen und traditionellen<br />
Verbindung zu ihrem Ursprungsgebiet<br />
vorbehalten. Fleisch- und Käseprodukte<br />
machen den Hauptteil der AOC- und IGPzertifizierten<br />
Produkte in der Schweiz aus.<br />
Slow Food<br />
Die Bewegung «Slow Food» ist in den 1990er-<br />
Jahren in Italien entstanden und hat sich<br />
von dort auf ganz Westeuropa aus gebreitet.<br />
Im Vordergrund steht dabei die Wiederentdeckung<br />
der Genusskultur.<br />
Buchtipp<br />
Thilo Bode, «Die Essensfälscher – Was uns<br />
die Lebens mittelkonzerne auf die Teller<br />
lügen». Frankfurt, S. Fischer Verlag, 2<strong>01</strong>0.<br />
ISBN-10: 3-10-004308-1<br />
haltungsprogramm, 480 Millionen), «Terrasuisse» (Migros, IP-Produkte<br />
aus der Schweiz, 650 Millionen), «Aus der Region. Für die<br />
Region.» (Migros 750 Millionen) oder «Pro Montagna». Dietler ist sich<br />
sicher, dass Coop und Migros mit diesen Umsatzzahlen und den regional<br />
und ökologisch hergestellten Produkten international eine<br />
Vorreiterrolle gespielt haben und mittlerweile europaweit auf Beachtung<br />
stossen.<br />
Per Mausklick zum Bioproduzenten<br />
Für Coop-Sprecherin Stadler ist nicht nur klar, dass ein wachsendes<br />
Kundensegment sich an solchen Trends orientiert; sie ist sogar<br />
überzeugt davon, dass ihre Firma diesen Trend mitgeprägt hat.<br />
Diese Politik betreibe Coop nicht nur im Bereich Bioprodukte, sondern<br />
im gesamten Segment. Falls immer möglich, versuche man<br />
Produkte aus der Schweiz und zusätzlich aus der Region anzubieten.<br />
Gegenwärtig sollen rund 70 Prozent der unter der Coop-Eigenmarke<br />
angebotenen Lebensmittel aus der Schweiz stammen; bei Frischprodukten<br />
ist der Anteil noch wesentlich höher. Ein besonderes<br />
Gewicht auf die <strong>Herkunft</strong> eines Lebensmittels legt Coop dabei<br />
mit so genannt regionalen Produktelinien: Bioprodukte, die meist<br />
von Kleinproduzenten hergestellt werden, sowie Produkte, welche<br />
die Label «Pro Montagna» und «Pro Specie Rara» tragen. Das<br />
neuste Projekt in Sachen Transparenz und Rückverfolgbarkeit<br />
von Lebensmitteln ist die auf den Produkten angebrachte «Natura -<br />
plan-ID». Es handelt sich um eine drei- bis fünfstellige Nummer,<br />
mit Hilfe derer die Konsumenten die genaue <strong>Herkunft</strong> des betreffenden<br />
Lebensmittels in Erfahrung bringen können. Per Mausklick<br />
gelangen die Kunden auf solche Weise zum Biobauernhof. Diese<br />
neue Anwendung (Webapplikation) steht seit Oktober 2<strong>01</strong>0 zur<br />
Verfügung.<br />
Das Konzept des Terroir<br />
Weblinks<br />
www.krafftbasel.ch/restaurant.html<br />
www.terroir.ch/<br />
www.loetschberg-aoc.ch/de/accueil.html<br />
www.naturli.ch/index.html<br />
www.pluswert.ch/<br />
www.aoc-igp.ch<br />
Zurück zum direkt am Rhein gelegenen Hotel-Restaurant Krafft,<br />
das seinen Gästen vornehmlich Gerichte mit regional hergestellten<br />
Lebensmitteln anbietet und deren <strong>Herkunft</strong> in hohem Mass offenlegt.<br />
Küchenchef Steiner ist davon überzeugt, dass seine «Philosophie<br />
der frischen und lokalen Produkte» und die weitgehende <strong>Herkunft</strong>s -<br />
de klaration von den Gästen des «Krafft» geschätzt wird. Eine ähnliche<br />
Linie verfolgen auch etwa die Restaurants Terroir in Zürich und<br />
Lötschberg in Bern. Im «Terroir » werden ausschliesslich schweizerische,<br />
nach Möglichkeit regionale Produkte serviert, deren genaue<br />
<strong>Herkunft</strong> auf der Speisekarte akribisch aufgelistet ist. Mit dem<br />
Begriff Terroir ist der Ursprung eines Erzeugnisses gemeint (siehe<br />
Box links). 100-prozentige «Swissness» gilt auch bei den leicht modernisierten<br />
Rezepten aus Grossmutters Kochbuch.<br />
Im Restaurant Lötschberg in Bern werden in einem etwas einfacheren<br />
Rahmen ebenfalls ausschliesslich Schweizer Produkte serviert:<br />
Wein und Bier, Käse und Wurstwaren, diverse Fondues und<br />
Walliser Raclette. Auch hier finden sich im Glas und auf dem Teller<br />
Lebensmittel, deren <strong>Herkunft</strong> mit AOC-Labels (siehe Box links) zertifiziert<br />
ist und die sich gelegentlich bis auf die einzelnen Bauernhöfe<br />
oder Alpen zurückverfolgen lässt.<br />
Was die Zukunft von nachhaltig produzierten Lebensmitteln aus<br />
der Region oder mit genauer <strong>Herkunft</strong>sbezeichnung betrifft, so sind<br />
sich alle befragten Experten einig: Der Trend geht ganz klar in diese<br />
Richtung. <strong>Herkunft</strong>, Terroir oder gar Ursprung sind gefragt, nur schon<br />
deshalb, weil in diesen Begriffen so viele Gefühle mitschwingen,<br />
welche die nackte Ökobilanz nicht bieten kann. <<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
ulletin plus –<br />
das Heft im Heft<br />
zum Herausnehmen<br />
Credit Suisse Identitätsbarometer 2<strong>01</strong>0<br />
Zusammen mit dem Forschungsinstitut gfs.bern möchte das <strong>bulletin</strong> aufzeigen, wo die<br />
Schweizerinnen und Schweizer der Schuh drückt beziehungsweise wie ihre Einstellung<br />
zu verschiedenen Aspekten des Lebens ist. In der Ausgabe Jugend des <strong>bulletin</strong> berichteten<br />
wir im Dezember über die Resultate des Credit Suisse Sorgenbarometers 2<strong>01</strong>0 und<br />
des erstmals erhobenen Credit Suisse Jugendbarometers. Nun veröffentlichen wir<br />
im Credit Suisse Identitätsbarometer die wichtigsten Ergebnisse der siebten Umfrage<br />
zur Identität Schweiz. Diese geben unter anderem Aufschluss über die politischgesellschaftlichen<br />
und wirtschaftlichen Stärken und Schwächen des Landes. Es lohnt<br />
sich, die Erkenntnisse aller Umfragen miteinander zu vergleichen.<br />
PDF-Versionen (d/f/i) unter www.credit-suisse.com/<strong>bulletin</strong>.
10 <strong>Herkunft</strong> Schmelztiegel<br />
Sven Schubert<br />
Deutschland<br />
Marcus Hettinger<br />
Deutschland<br />
Tobias Merath<br />
Deutschland<br />
Julia Dumanskaya<br />
Russland<br />
Shivani<br />
Tharmaratnam<br />
Singapur<br />
HER<br />
Schmelztiegel Schweiz: Neun Menschen aus sieben verschiedenen Ländern finden<br />
bei der Credit Suisse in Zürich zur Abteilung Currency & Commodity Research<br />
zusammen. Sie alle präsentieren Dinge und Orte, die sie mit ihrer Heimat verbinden.<br />
Und sie verraten, was ihnen an der Schweiz so ungemein schweizerisch vorkommt.<br />
Notiert: Bettina Bucher, fotografiert: Pia Zanetti<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Schmelztiegel <strong>Herkunft</strong> <strong>11</strong><br />
Karim Cherif<br />
Frankreich<br />
Stefan Graber<br />
Schweiz<br />
Joe Prendergast<br />
Irland<br />
Anna-Mária Simon<br />
Rumänien<br />
KUNFT<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
12 <strong>Herkunft</strong> Schmelztiegel<br />
Julia Dumanskaya<br />
Russland<br />
Meine Mutter hat mir diesen Schal vor ein<br />
paar Jahren in Moskau gekauft. Für mich<br />
ist es ein ganz besonderes Gefühl, wenn ich<br />
ihn trage, ich freue mich jedes Mal, wenn<br />
ich ihn anziehe. Das Muster ist typisch<br />
russisch, aber ich habe mir sagen lassen,<br />
dass es auch in Westeuropa immer mehr<br />
in Mode kommt. Das Buch unter meinem<br />
Arm ist ein alter Bildband von Moskau. Eine<br />
schöne, ledergebundene Ausgabe, die<br />
eigentlich meiner Mutter gehört. Ich nehme<br />
ihn hervor, wenn Schweizer Freunde mehr<br />
über meine Heimatstadt erfahren wollen.<br />
Mein Lieblingsbild darin ist die Abbildung<br />
der Kathedralen beim Kreml, dem Wahrzeichen<br />
Moskaus.<br />
...<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Schmelztiegel <strong>Herkunft</strong> 13<br />
…<br />
Ich beobachte in der Schweiz ein ausgeprägtes<br />
Verantwortungsbewusstsein<br />
im Kleinen genauso wie im Grossen, eine<br />
nachhaltige Herangehensweise an alle<br />
Dinge. Ein gutes Beispiel dafür ist, wie im<br />
Eigental in der Nähe von Kloten während<br />
der Amphibienwanderungszeit im Frühjahr<br />
die Strasse für Autos gesperrt wird.<br />
Dank der Strassensperre können Kröten<br />
und Frösche unbeschadet ihre Laichgewässer<br />
erreichen. Das fasziniert mich<br />
jedes Jahr aufs Neue.<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
14 <strong>Herkunft</strong> Schmelztiegel<br />
Joe Prendergast<br />
Irland<br />
Das graue Gemälde hinter mir stammt<br />
von einem unbekannten walisischen Künstler.<br />
Es ist eines der ersten Bilder, die<br />
ich je gekauft habe. 20 Jahre ist das nun<br />
her, und trotz seiner gewaltigen Grösse<br />
hat es mich immer begleitet. Das Gemälde<br />
hat bereits mein Zuhause in London und<br />
dann in Irland geziert, nun ist es mit mir in<br />
die Schweiz gereist. Ich liebe seine Grösse<br />
und Tiefe. Es hat die Unendlichkeit zum<br />
Thema und ist weitaus komplexer, als es<br />
auf den ersten Blick scheinen mag.<br />
...<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Schmelztiegel <strong>Herkunft</strong> 15<br />
…<br />
Wie wichtig hier Richtlinien, Anordnungen<br />
und Pünktlichkeit genommen werden,<br />
mag etwas kalt oder unpersönlich erscheinen.<br />
Doch entsteht daraus eine kollektive<br />
Harmonie, die für mich einen wesentlichen<br />
Bestandteil der Schweizer Identität<br />
darstellt. Ein Vorteil dieser redlichen und<br />
verlässlichen Gesellschaft ist es, dass<br />
selbst kleine Kinder sicher alleine zur Schule<br />
gehen können. Das ist eine grosse<br />
Ausnahme in der modernen Welt.<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
16 <strong>Herkunft</strong> Schmelztiegel<br />
Stefan Graber<br />
Schweiz<br />
Ich bin in Zürich fast ausschliesslich mit<br />
meinem Fahrrad unterwegs. Man ist schnell,<br />
verliert keine Zeit, muss nirgends warten,<br />
keine Fahrpläne studieren, keinen Parkplatz<br />
suchen: Das ist für mich ein Stück Lebensqualität.<br />
In Singapur, wo ich knapp zwei<br />
Jahre lang gearbeitet und gelebt habe, fehlte<br />
mir diese unkomplizierte Form der Mobi -<br />
lität. Nicht nur ist die Verkehrsführung dort<br />
ganz aufs Auto ausgelegt, auch das<br />
heissfeuchte Klima ist nicht gerade radlerfreundlich.<br />
Die Entwicklung verläuft in<br />
entgegen gesetzten Richtungen – hier vom<br />
Auto zum Velo hin, in Asien vom Velo<br />
zum Auto hin.<br />
...<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Schmelztiegel <strong>Herkunft</strong> 17<br />
…<br />
In der Schweiz hat die Privatsphäre, das<br />
eigene ‹Gärtli›, eine grosse Bedeutung.<br />
In öffentlichen Verkehrsmitteln etwa sitzt<br />
jeder möglichst allein. Im Restaurant<br />
bestellt jeder sein eigenes Gericht, während<br />
in Singapur gemeinsam geordert wird,<br />
das Essen kommt in die Tischmitte, und alle<br />
bedienen sich davon. Auch beim Wohnen<br />
sind die Menschen hier oft darauf bedacht,<br />
sich möglichst von den Nachbarn abzuschotten.<br />
In Singapur hingegen verfügen<br />
die Wohnhäuser stets über einen Gemeinschaftsbereich,<br />
wo die Bewohner für alle<br />
möglichen Aktivitäten zusammenkommen.<br />
Foto: Stefan Jaeggi, Keystone<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
18 <strong>Herkunft</strong> Schmelztiegel<br />
Sven Schubert<br />
Deutschland<br />
Geht die Liebe zur Heimat nicht auch ein<br />
wenig durch den Magen? Currywurst und<br />
Pommes, das ist echte Berliner Kost.<br />
In Berlin gibt es ein paar Institutionen, wie<br />
etwa den Imbissstand Curry 36 in Kreuzberg,<br />
wo die Leute bis nachts um drei Schlange<br />
stehen. In der Schweiz hingegen, wo ich seit<br />
sechs Jahren lebe, habe ich es noch nicht<br />
geschafft, eine richtig leckere Currywurst<br />
zu finden. Deshalb gehört bei meinen<br />
Besuchen in Berlin die Wurst aller Würste<br />
zum Pflichtprogramm. Aber ich bin kulinarisch<br />
durchaus lernfähig. Ich habe erst<br />
in der Schweiz angefangen, Käse zu essen,<br />
und mittlerweile denke ich, dass Raclette<br />
und Fondue schon eine feine Sache sind.<br />
...<br />
Marcus Hettinger<br />
Deutschland<br />
Ein VW-Käfer wars, daran erinnere ich<br />
mich genau, wenn ich auch die Farbe<br />
vergessen habe. In dem Käfer also zogen<br />
meine Eltern aus beruflichen Gründen<br />
Anfang der 1970er-Jahre aus Süddeutschland<br />
in die Schweiz. Auf dem Rücksitz<br />
ich, in diesem Kindersitz. Da ich schon<br />
als Kleinkind in die Schweiz kam, spreche<br />
ich auch perfekt den Dialekt. Heute lebe<br />
ich in der Region Basel, der Sprung aus<br />
Süddeutschland war nicht allzu gross.<br />
Wohl auch deshalb habe ich ausser dem<br />
Kindersitz kaum Erinnerungsstücke aus<br />
der alten Heimat aufbewahrt.<br />
...<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Schmelztiegel <strong>Herkunft</strong> 19<br />
…<br />
Anscheinend diente an der Landsgemeinde<br />
in Appenzell lange ein Degen als Stimmrechtsausweis.<br />
Der Degen wurde von<br />
Generation zu Generation vererbt, und noch<br />
heute sollen viele Appenzeller den Degen<br />
an der Landsgemeinde tragen. Auf der<br />
einen Seite ist das eine Kuriosität, auf der<br />
anderen Seite finde ich es schön, wenn<br />
Rituale erhalten bleiben, das bereichert die<br />
Kultur.<br />
Foto: STR, Keystone<br />
…<br />
Vier Sprachen sind in der Schweiz zu Hause,<br />
das geht oft ein wenig vergessen. Es fasziniert<br />
mich, dass man im eigenen Land<br />
herumreisen kann, und plötzlich wird eine<br />
andere Sprache gesprochen. Ohne die<br />
Grenze zu überqueren, befindet man sich<br />
auf ‹fremdem› Territorium – ich finde, wir<br />
sollten mehr Anstrengungen unternehmen,<br />
diese Landessprachen zu sprechen oder<br />
zumindest zu verstehen.<br />
Foto: Arno Balzarini, Keystone<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
20 <strong>Herkunft</strong> Schmelztiegel<br />
Shivani Tharmaratnam<br />
Singapur<br />
Eigentlich fotografiere ich ja lieber selber,<br />
als fotografiert zu werden. Und so habe ich,<br />
wenn ich geschäftlich reise, auch stets<br />
meine Digitalkamera dabei. Aber nicht nur,<br />
um meine neuen Eindrücke festzuhalten,<br />
sondern auch, weil darauf eine Menge Fotos<br />
von meinen Liebsten daheim in Singapur<br />
gespeichert sind. Und von vertrauten Orten.<br />
Ich bin ein absoluter Familienmensch,<br />
und meine Freunde sind mir ebenfalls wichtig.<br />
Eines meiner Lieblingsbilder zeigt meine<br />
Schwester und meine kleine Nichte. So<br />
erlaubt mir die moderne Technik, am anderen<br />
Ende der Welt ein Stück Heimat und Geborgenheit<br />
im Taschenformat mitzuführen.<br />
...<br />
Tobias Merath<br />
Deutschland<br />
Mein Lieblingsessen sind Maultaschen,<br />
und die sind in der Schweiz leider schwer<br />
erhältlich. Man glaubt es nicht – kaum<br />
überquert man den Bodensee, bekommt<br />
man sie nirgends mehr. Bei meinen<br />
Besuchen in Deutschland kaufe ich daher<br />
immer einige Päckchen und friere sie ein.<br />
Die Taschen aus Nudelteig mit einer Füllung<br />
aus Spinat, Brät und Zwiebeln sind eine<br />
Spezialität aus meiner schwäbischen<br />
Heimat. Umgangssprachlich werden sie<br />
manchmal auch als ‹Herrgottsbscheisserle›<br />
bezeichnet. Der Name rührt daher, dass<br />
man das Fleisch in der Fastenzeit durch das<br />
Einrollen im Nudelteig verstecken kann.<br />
...<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Schmelztiegel <strong>Herkunft</strong> 21<br />
…<br />
Mich wundert, dass man in der Schweiz<br />
einfach an einem Automaten einen<br />
Fahrschein lösen und dann damit in den Zug<br />
oder die Strassenbahn steigen kann.<br />
Kontrolliert wird nur in Stichproben. In Asien<br />
ist es meist so, dass man gar nicht erst<br />
bis zum Zug gelangt, wenn man keinen<br />
Fahrschein hat. Man scheint in der Schweiz<br />
sehr viel Vertrauen in die Benützer des<br />
öffentlichen Verkehrs zu haben.<br />
…<br />
Was mich manchmal erstaunt, ist die<br />
grosse Korrektheit, mit der in der Schweiz<br />
alles gehandhabt wird. Zum Beispiel<br />
muss das Altpapier sauber gebündelt sein,<br />
damit es auch abgeholt wird. Am Altglascontainer<br />
sind die Benützungszeiten streng<br />
geregelt und genau einzuhalten. Und ist<br />
die Parkzeit auf einem Besucherparkplatz<br />
auf vier Stunden begrenzt, so ist die<br />
Chance hoch, dass jemand einen Zettel<br />
an die Windschutzscheibe hängt, wenn<br />
der Wagen dort einmal viereinhalb Stunden<br />
steht.<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
22 <strong>Herkunft</strong> Schmelztiegel<br />
Anna-Mária Simon<br />
Rumänien<br />
Ich bin eine Ungarin aus dem Szeklerland,<br />
das im rumänischen Transsilvanien liegt.<br />
Ein Objekt, das mich an meine geliebte<br />
Heimat erinnert, ist das Szekler Tor in<br />
Miniaturformat. Diese imposanten Holztore<br />
sind typisch für die transsilvanische<br />
Architektur. Sie sind mit Gemälden oder<br />
Schnitzereien verziert und verleihen dem<br />
Eingang der Häuser im Dorf etwas Majestätisches.<br />
Unter einem Dach sind zwei Durchgänge<br />
vereint: der kleinere für Menschen,<br />
der grössere für Wagen. Der Besucher,<br />
der durch das Szekler Tor tritt, wird von<br />
Inschriften begrüsst, etwa ‹Segen für den,<br />
der eintritt, und Friede für den, der geht›.<br />
...<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Schmelztiegel <strong>Herkunft</strong> 23<br />
…<br />
Als ich neu in der Schweiz war, suchte ich<br />
in einer Buchhandlung nach Lektüre, um<br />
mein Deutsch zu verbessern. Mein Blick fiel<br />
auf Hugo Loetschers ‹Der Waschküchenschlüssel›.<br />
Da ich bereits festgestellt hatte,<br />
dass der Umgang mit der Waschküche<br />
durchaus Konfliktpotenzial birgt, war ich<br />
neugierig und kaufte das Buch. Zum Glück!<br />
Denn es hat mir erklärt, wie die Schweizer<br />
Mentalität im Alltag funktioniert und warum<br />
es den Schweizern so wichtig ist, dass<br />
man sich an all die geschriebenen und<br />
ungeschriebenen Gesetze hält. So hat mir<br />
Loetschers geniale Kurzgeschichte den<br />
Schlüssel verliehen, um das Schweizer<br />
Szekler Tor zu öffnen.<br />
Foto: Dirk Holst, DH Foto<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
24 <strong>Herkunft</strong> Schmelztiegel<br />
Karim Cherif<br />
Frankreich<br />
In diesem marokkanischen Tea Room fühle<br />
ich mich ein bisschen wie zu Hause.<br />
Ich habe arabische Wurzeln. Die vielen<br />
bunten Kacheln vermitteln orientalisches<br />
Flair, und die niedrigen Sofas erinnern an ein<br />
arabisches Wohnzimmer. Dort macht<br />
man es sich bequem, verbringt Zeit mit der<br />
Familie und Freunden, trinkt Tee. Letzterer<br />
spielt eine wichtige Rolle in unserer Kultur<br />
und unserer Gastfreundschaft. Für einen<br />
Tee hat man immer Zeit, es gibt stets<br />
einen guten Grund, zusammen einen Tee zu<br />
trinken. Empfängt man einen Gast, so<br />
landet man unweigerlich im Wohnzimmer –<br />
mit einem Tee. Es sind Momente des Teilens<br />
und Austauschens, eigentlich des Glücks.<br />
...<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Schmelztiegel <strong>Herkunft</strong> 25<br />
…<br />
Am besten gefällt mir in der Schweiz der<br />
Sommer, wenn man am Abend in eine<br />
Badi-Bar gehen kann. So etwas kenne ich<br />
aus Frankreich nicht. In Paris würde<br />
kaum jemand in der Seine baden wollen.<br />
Meine Favoriten sind die Rimini-Bar<br />
und die Barfuss-Bar in der Frauenbadi. Mich<br />
fasziniert, wie sich diese Orte mit Einbruch<br />
der Dunkelheit komplett verändern.<br />
Aus der Badeanstalt wird ein Ort, wo die<br />
Leute zusammenkommen, sich amüsieren,<br />
Musik hören. Eine recht einzigartige<br />
Kombination aus grossstädtischem Nachtleben<br />
und intakter Natur.<br />
Foto: Dagmar Lorenz<br />
Die bekannte Fotografin Pia Zanetti lebt und arbeitet seit 1971 in Zürich. Zuvor verbrachte sie acht Jahre in Rom und London. Pia Zanetti machte<br />
verschiedentlich mit eindrücklichen Reportagen aus Lateinamerika, Afrika, Nah- und Fernost, Ost- und Westeuropa auf sich aufmerksam. Ihre Fotos sind<br />
in öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten.<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
Tausende von Sternen<br />
mussten geboren<br />
werden und wieder<br />
sterben, damit die auf<br />
unserer Erde vorkommenden<br />
Materialien<br />
entstehen konnten,<br />
aus denen wir Menschen<br />
letztendlich selbst<br />
gebaut sind.<br />
Kinder des<br />
Weltalls<br />
Während die Erklärungsversuche zur <strong>Herkunft</strong> der Menschheit oft mythische Elemente<br />
beinhalten, bleibt unser eigentlicher Ursprung dennoch im Dunkeln. Dagegen ist die<br />
<strong>Herkunft</strong> des «Baumaterials», aus dem der Mensch besteht, wesentlich besser erforscht.<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Elemente <strong>Herkunft</strong> 27<br />
Text: Andreas Walker<br />
Foto: Reha Mark, Shutterstock<br />
Nach heutiger Kenntnis leben wir in einem Universum, das vor etwa<br />
13 Milliarden Jahren entstand. Aus einer gewaltigen Explosion, dem<br />
«Urknall», ging ein extrem kleiner Feuerball mit unvorstellbarer Dichte<br />
und Temperatur hervor – das frühe Universum. Als Folge der Explosion<br />
begann es, sich auszudehnen, ein Vorgang, der bis heute<br />
immer noch andauert. Mehrere Hunderttausend Jahre nach dem<br />
Urknall hatten sich riesige Mengen an Wasserstoff, dem leichtesten<br />
Element, das aus einem Proton und einem Elektron besteht, sowie<br />
etwas Helium und Spuren von Lithium gebildet.<br />
Physiker rätseln heute noch, warum die Schöpfungsgeschichte<br />
nicht schon kurz nach dem Urknall abbrach. Rein theoretisch hätte<br />
sich nämlich der Wasserstoff ziemlich regelmässig im Universum<br />
verteilen können und wäre dann als Wolke im All geblieben, die mit<br />
der Expansion des Universums immer dünner geworden wäre.<br />
Hätte das Universum diese Entwicklung durchgemacht, wäre es<br />
gestorben, bevor etwas aus ihm entstanden wäre, oder anders ausgedrückt:<br />
Es hätte in einem gigantischen Raum geendet, in dem nur<br />
Wasserstoffwolken schwebten. Die Natur hatte aber eine andere<br />
Entwicklung vorgesehen.<br />
Durch Zusammenballung von Materie bildeten sich im Laufe der<br />
Zeit die Sterne, die in riesigen Haufen, den Galaxien, angeordnet<br />
waren. Galaxien sind gigantische Ansammlungen von mehreren<br />
100 Mil liarden Sternen. Auch die Anzahl der Galaxien selbst schätzt<br />
man heute auf über 100 Milliarden.<br />
Gasmassen verdichteten sich zu Sternen<br />
So bildete sich vor Milliarden von Jahren aus Materie der Urwolke<br />
auch eine sich drehende Gasspirale – unsere Ur-Milchstrasse. Als<br />
sich die Gasmassen langsam zu Sternen verdichteten, entstanden<br />
die Sonnen. Massive Sterne der ersten Generation verschmolzen<br />
Wasserstoff zu Helium und schwereren Elementen. Da diese massiven<br />
Sterne kurzlebig waren und gegen Ende ihres Lebens<br />
instabil wurden, zerbarsten sie «bald» in hellen Supernova-Explosionen<br />
– übrig blieben ein Sternrest und eine gigantische Gaswolke.<br />
Vor einigen Milliarden Jahren verdichtete sich auch eine Wolke<br />
von Staub und Gas am Rande der Milchstrasse. In ihrem Zentrum<br />
bildete sich ein dichter, heisser Kern, aus dem ein gelber Stern<br />
entstand – unsere Sonne. Man nimmt heute an, dass sich die<br />
verbleibende Materie in konzentrischen Kreisen um die neugebo rene<br />
Sonne sammelte, aus der schliesslich vor etwa 4,8 Milliarden Jahren<br />
die 8 Planeten, diverse Zwergplaneten, mindestens 60 Monde, Tausende<br />
von Asteroiden und unzählige von Meteoroiden und Kometen<br />
her vor gingen.<br />
Die Entwicklungsstadien der Sonne und anderer Sterne<br />
Die Sonne befindet sich gegenwärtig ziemlich genau in der Mitte<br />
ihres Lebens. Für die «nächste Zukunft» – einige 100 Millionen Jahre<br />
– wird sie mit der gleichen Konstanz strahlen wie heute. Danach<br />
wird ihre Leuchtkraft langsam zunehmen, und sie wird sich aufblähen,<br />
bis sie etwa eineinhalbmal so gross ist wie heute und etwa<br />
doppelt so hell. Gleichzeitig wird es deshalb auf der Erde unerträglich<br />
heiss mit der Folge, dass die Polkappen abschmelzen und die<br />
Landmassen sich in Wüsten verwandeln. In rund fünf Milliarden<br />
Jahren schliesslich wird der Wasserstoffvorrat im Inneren der Sonne<br />
verbrannt sein. Der Kern schrumpft dann durch seine eigene Schwerkraft<br />
zusammen und heizt sich auf, bis die Kernverschmelzungsprozesse<br />
in äusseren Bereichen einsetzen, wo noch Wasserstoff<br />
vorhanden ist. Dabei dehnt sich die Sonne noch weiter aus, gleichzeitig<br />
kühlt ihre Oberfläche ab. In diesem Stadium wird sie zu einem<br />
roten Riesenstern, der etwa 100-mal heller ist als die heutige Sonne<br />
und der sich bis zur Merkurbahn ausdehnen wird. Auf unserer Erde<br />
wird dann ein «Backofenklima» herrschen, in dem die Ozeane verdampfen<br />
und die Erdoberfläche glühend heiss wird.<br />
Nach einigen weiteren Millionen von Jahren wird die Temperatur<br />
im Heliumkern der roten Riesensonne auf rund 100 Millionen Grad<br />
ansteigen. Dann wird die Verschmelzung von Heliumatomen zu Kohlenstoff-<br />
und Sauerstoffatomen beginnen. Von diesem Zeitpunkt an<br />
sammelt sich im Zentrum der Sonne Kohlenstoff an. Im weiteren<br />
Verlauf schrumpft der Kern erneut, und die Heliumbrennzone wandert<br />
nach aussen. Damit bläht sich der Rote Riese derart gigantisch<br />
auf, dass er die Erde verschlucken wird.<br />
Schliesslich stösst die Sonne in einem Zeitraum von etwa<br />
100 000 Jahren ihre äusseren Schichten in den Weltraum ab. Diese<br />
Gaswolke expandiert als so genannter planetarischer Nebel immer<br />
weiter ins All, und im Zentrum bleibt ein heisser, lichtschwacher Stern<br />
zurück – es ist der freigelegte Kern der roten Riesensonne. ><br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
28 <strong>Herkunft</strong> Elemente<br />
Nach weiteren Millionen von Jahren schrumpft dieser Stern langsam<br />
zu einem Weissen Zwerg. Wenn die Sonne dieses Stadium erreicht<br />
hat, besitzt sie etwa noch die halbe Masse der heutigen Sonne,<br />
ist jedoch nur noch etwa so gross wie unsere Erde. Den Rest der<br />
Materie hat sie im Riesenstadium in den Weltraum abgegeben.<br />
Weisse Zwerge haben eine mittlere Dichte von etwa einer Tonne<br />
pro Kubikzentimeter. In ihnen finden keine Kernverschmelzungsprozesse<br />
mehr statt, sodass sie in einem Zeitraum von mehreren<br />
Milliarden Jahren langsam auskühlen.<br />
Sterne mit bis zu vierfacher Sonnenmasse machen eine ähnliche<br />
Entwicklung durch wie die Sonne, allerdings viel schneller. Je massereicher<br />
ein Stern ist, umso kürzer ist seine Lebensdauer. Der Stern<br />
Sirius zum Beispiel erreicht mit etwa zwei Sonnenmassen nur ungefähr<br />
ein Zehntel des Alters unserer Sonne. Sehr massereiche<br />
Sterne existieren sogar «nur » einige Millionen Jahre, was nach kosmologischen<br />
Massstäben sehr kurz ist.<br />
Sternenreste als Baumaterial<br />
Sehr massereiche Sterne haben zwar eine kurze Lebensdauer – sie<br />
erfüllen jedoch eine ganz wichtige Funktion im Kosmos: Sie produzieren<br />
die schweren chemischen Elemente. Im Verlauf ihrer Entwicklung<br />
werden sie zu Roten Überriesen und im Kernbereich so heiss,<br />
dass die Kernverschmelzung weit über das «Heliumbrennen» von<br />
sonnenähnlichen Sternen hinausgeht. So entsteht eine Kettenreaktion,<br />
in der immer schwerere Elemente produziert werden. Nachdem<br />
der Stern Siliziumkerne zu Eisenkernen verschmolzen hat, endet<br />
die Energieproduktion, und der Kern fällt in sich zusammen. Dabei<br />
stösst er seine äusseren Bereiche explosionsartig ab, was zu einem<br />
gigantischen kosmischen Feuerwerk von unvorstellbarem Ausmass<br />
führt – einer Supernova. Der Stern kann dabei die Leuchtkraft von<br />
Milliarden normaler Sonnen annehmen und so viel Materie in den<br />
Raum schleudern, wie für etliche Exemplare unseres Sonnensystems<br />
notwendig wäre. Für Beobachter auf der Erde wird der Stern plötzlich<br />
so hell, dass er seine ganze Galaxie überstrahlt, auch wenn er<br />
vorher für uns gänzlich unsichtbar war. Es scheint dann, als ob ein<br />
neuer Stern aus dem Nichts entstanden wäre. Deshalb bezeichnet<br />
man das plötzliche Aufleuchten eines sternähnlichen Objekts als<br />
Nova, ein ganz grosses derartiges Ereignis sogar als Supernova.<br />
Während einer Supernova-Explosion herrschen Bedingungen,<br />
unter denen auch schwerere Elemente als Eisen entstehen können.<br />
Dabei werden auch so «exotische» Atome wie Gold oder Uran produziert,<br />
die ja ebenfalls auf unserer Erde vorkommen. Mit dieser gigantischen<br />
Explosion werden die neu entstandenen Elemente in den<br />
Weltraum hinausgeschleudert, wo sie sich mit anderen Gaswolken<br />
wieder vermischen und später zum Aufbau von neuen Sonnen und<br />
Planeten «verwendet» werden. Alle Elemente, die auf unserem Planeten<br />
vorkommen, wurden in Sternen und Supernovae «ausgebrütet».<br />
Unsere menschlichen Körper bestehen buchstäblich aus verglühtem<br />
Sternenstaub – oder anders ausgedrückt: Unsere Körper sind transformierte<br />
Überreste längst vergangener Sonnen. Faszinierend die<br />
Vorstellung, dass Menschen, die dieses <strong>bulletin</strong> gerade lesen, ja<br />
selbst die Teleskope, mit denen sie die Sterne beobachten, und letztlich<br />
das gesamte Baumaterial der Erde aus vergangenem Sternmaterial<br />
bestehen. Wir sind im Wortsinne «Kinder des Weltalls»!<br />
Hier wird die faszinierende Intelligenz sichtbar, die im Universum<br />
offensichtlich ziemlich zielgerichtet auf das Leben «hinarbeitet». Aus<br />
Unmengen an Wasserstoff bildeten sich durch geringfügige Dichteschwankungen<br />
und den Einfluss der Gravitation Galaxien und Sterne.<br />
Hätte sich der Wasserstoff völlig gleichmässig verteilt, gäbe es<br />
uns heute nicht. Die «sehr grossen Sonnen» verbrannten sehr schnell<br />
und lieferten dadurch die Bausteine, die für einen weiteren Aufbau<br />
des Universums unbedingt notwendig waren. Nach einigen Sternge<br />
nerationen gab es im Weltall auch schwerere Elemente als Wasserstoff<br />
und Helium – unter anderem auch Kohlenstoff und Silizium,<br />
die auf unserer Erde für die Entstehung des Lebens eine wichtige<br />
Rolle spielen. Schliesslich braucht es gelbe, kleine Sonnen wie die<br />
unsrige, die eine genügend lange Lebensdauer haben und ein Planetensystem<br />
besitzen. In diesem Planetensystem muss es zudem<br />
einen Planeten mit dem passenden Abstand zur Muttersonne geben.<br />
Er darf nicht zu nahe oder zu weit von dieser entfernt sein. Ausserdem<br />
muss er die richtige Atmosphärendichte und -zusammensetzung<br />
haben, weil sonst entweder ein Backofenklima wie auf der Venus<br />
oder eine ewige Eiszeit wie auf dem Mars herrschen dürfte. Unter<br />
diesen Voraussetzungen können die uns heute bekannten Lebensformen<br />
entstehen, falls zudem noch genügend Wasser in geeigneter<br />
Form (flüssige Ozeane) vorhanden ist.<br />
Rein statistisch betrachtet sind die 13 Milliarden Jahre, seit denen<br />
der Kosmos besteht, für eine völlig zufällige Entstehung des Lebens<br />
viel zu kurz. Mit anderen Worten: Das hoch entwickelte Leben entstand<br />
praktisch in der kürzest möglichen Zeit. Auch wenn es auf den<br />
ersten Blick scheint, dass sich unsere Erde in einem kalten, lebensfeindlichen<br />
Universum befindet, das so gross ist, dass wir uns vielleicht<br />
verloren vorkommen – es ist genau umgekehrt.<br />
Das Universum ist auf Leben programmiert<br />
Das Universum scheint darauf programmiert zu sein, in immerwährenden<br />
Zyklen von Werden und Vergehen von Abermilliarden Sonnen<br />
eine immer höhere Ordnung der Materie zu schaffen, die zuerst primitives<br />
Leben und schliesslich die höheren Lebensformen entstehen<br />
liess. Mehrere Generationen von Sternen mussten geboren werden<br />
und wieder sterben, damit diejenigen Materialien entstehen konnten,<br />
die auf unserer Erde vorkommen und aus denen wir letztendlich<br />
selbst gebaut sind.<br />
Die Frage nach dem Warum scheint das menschliche Denkvermögen<br />
zu sprengen. Egal ob diese Kraft Gott, höhere Intelligenz,<br />
Schöpfer oder wie auch immer genannt wird – für menschliche Begriffe<br />
wird die Entstehung des Lebens im Universum das faszinierendste<br />
Wunder bleiben, das je stattgefunden hat ! <<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Flora und Fauna <strong>Herkunft</strong> 29<br />
Ein Kommen<br />
und Gehen<br />
Seit zwei Millionen Jahren herrscht in der Schweizer Tier- und Pflanzenwelt ein stetes<br />
Kommen und Gehen. Ohne Zuwanderung sähe die Landschaft erbärmlich aus. Selbst das<br />
Edelweiss ist ursprünglich keine Alpenpflanze, sondern ein Kind der asiatischen Steppe.<br />
Text: Mathias Plüss<br />
Mit den Pflanzen und Tieren ist es wie mit den Menschen: Wenn man<br />
nur weit genug zurückschaut, sind alle Ausländer.<br />
Selbst die Alpen, für viele Schweizer Inbegriff von Heimat, sind<br />
fast ausschliesslich von Einwanderern besiedelt. Als sie sich vor<br />
25 bis 35 Millionen Jahren auffalteten, bekamen sie Zustrom von<br />
älteren Gebirgen: Alpenrose, Primel und Enzian etwa wanderten aus<br />
asiatischen Berggebieten in die Alpen ein – Krokus, Margerite und<br />
Narzisse aus dem Mittelmeerraum.<br />
Dabei ist die Artenzusammensetzung der Hochalpen noch vergleichsweise<br />
stabil. Ungemein stärker waren die Umwälzungen, die<br />
Flora und Fauna des voralpinen Raumes erlebt haben: Es herrschte<br />
ein ständiges Kommen und Gehen, angetrieben von Klimaänderungen<br />
und zuletzt von menschlichen Eingriffen. «So etwas wie ein Urzustand<br />
unserer Umwelt lässt sich nicht definieren», sagt der Münchner Zoologe<br />
Josef Reichholf. «Die Entwicklung war stets sehr dynamisch.»<br />
Ein ständiges Hin und Her zwischen Kalt- und Warmzeiten<br />
Das prägendste Ereignis vor dem Auftreten des Menschen waren<br />
die Eiszeiten. Für die Tiere und Pflanzen bedeuteten sie eine Katastrophe:<br />
Sechzig Millionen Jahre lang war es stabil warm gewesen –<br />
dann rückten vor zwei Millionen Jahren plötzlich die Gletscher vor.<br />
Nun folgte ein stetes Hin und Her zwischen langen Kalt- und kurzen<br />
Warmzeiten; die vorläufig letzte Kaltzeit ging bei uns erst vor 12 000<br />
Jahren zu Ende.<br />
Die Temperaturunterschiede waren dabei in Mitteleuropa so gross,<br />
dass mit dem Klimawechsel jeweils auch die Tier- und Pflanzenwelt<br />
zu einem grossen Teil ausgetauscht wurde. In Kaltzeiten verschwand<br />
der Wald, und auf die eisfreien Flächen wanderten Tundra- und Steppenarten<br />
ein, die ihr Kerngebiet in Osteuropa und Sibirien hatten.<br />
Dahin zogen sie sich in Warmzeiten auch wieder zurück. Dafür<br />
wurde Mitteleuropa dann jeweils von Tieren und Pflanzen wiederbesiedelt,<br />
die im Mittelmeergebiet «überwintert» hatten. Jeder Klimawechsel<br />
war also von gewaltigen Migrationsströmen begleitet.<br />
Manche Art blieb bei den Wanderungen auf der Strecke. Die<br />
grossen europäischen Gebirge (Pyrenäen, Alpen, Karpaten) verlaufen<br />
von West nach Ost und erschweren die Rückwanderung von<br />
Süden her. Mit jedem Wechsel von warm zu kalt oder umgekehrt<br />
gingen daher Arten verloren – deshalb hat Europa heute eine<br />
verhältnismässig arme Flora. In Nordamerika (wo die Gebirge in<br />
Nord-Süd-Richtung verlaufen) gibt es mehr als 20 Eichenarten,<br />
in Europa nur 4.<br />
Löwen und Leoparden im Mittelland<br />
Manchmal brachte der Klimawechsel aber auch Bereicherungen: Das<br />
Edelweiss, ursprünglich ein zentralasiatischer Hochsteppenbewohner,<br />
kam wahrscheinlich erst in der letzten Eiszeit ins europäische<br />
Tiefland. Als es wieder wärmer wurde, zog es nicht in die Steppe<br />
zurück, sondern kroch die Berge hoch. Auch die charismatischste ><br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
30 <strong>Herkunft</strong> Flora und Fauna<br />
Eiszeit gilt dasselbe. Zwar dürften viele Populationen geschwächt<br />
gewesen sein wegen des abrupten Klimawandels am Ende der<br />
letzten Kaltzeit. Da aber all die verschwundenen Arten frühere<br />
Temperatursprünge jeweils überlebt hatten, kann man für diese<br />
Ausster bewelle kaum dem Klima die Schuld geben. Als einzige sinnvolle<br />
Erklärung bleibt, dass es der Mensch war, der durch Jagd und<br />
Nahrungskonkurrenz die einst so farbige Tierwelt Europas so arg<br />
dezimiert hat.<br />
Die Ausrottung der grossen Säuger war aber erst der Anfang.<br />
Mit dem Aufkommen der Landwirtschaft vor 7000 Jahren begann<br />
der Mensch, auch die Landschaft und mit ihr die Pflanzenwelt umzu<br />
gestalten – zuerst langsam, dann immer massiver, sodass es<br />
heute in der Schweiz kaum mehr einen Flecken gibt, der wirklich<br />
ursprünglich ist. Noch vor 8000 Jahren war Mitteleuropa unterhalb<br />
der Baumgrenze zu 80 bis 90 Prozent von Wald bedeckt. Wirk lich<br />
offene Flächen gab es im Flachland nur nach Waldbränden, Erdrutschen<br />
oder entlang von Gewässern. Allerdings darf man sich den<br />
Schweizer Urwald nicht als strammen, dunklen Fichtenwald vorstellen<br />
– er war mit Bestimmtheit vielfältiger und licht durchfluteter. Dafür<br />
sorgten unter anderem die letzten überlebenden grossen Weidetiere,<br />
etwa Hirsche, Auerochsen und Wisente, die durch Fressen<br />
und Trampeln den Wald offen hielten.<br />
Einerlei im Wald ist menschgemacht<br />
Das Edelweiss kam vermutlich erst in der letzten Eiszeit von der<br />
asiatischen Steppe zuerst ins europäische Tiefland.<br />
aller Alpenpflanzen ist also ein Einwanderer, ja sogar ein ziemlich<br />
junger Zuzüger.<br />
Schlimmer als bei den Pflanzen waren die Verluste bei den Tieren.<br />
Wir machen uns kaum eine Vorstellung davon, wie reich die Welt der<br />
grossen Säugetiere bei uns noch vor 30 000 Jahren war. Man kennt<br />
von der Eiszeit-Fauna vielleicht das Mammut, die Säbelzahnkatze,<br />
den Höhlenbären, aber da waren noch viel mehr: Wollnashörner,<br />
Moschusochsen, Steppenbisons, Wildpferde, Saiga-Antilopen. Riesenhirsche<br />
mit bis zu 45 Kilogramm schweren Geweihen. Grosse<br />
Raubtiere wie Hyänen, Vielfrasse und Leoparden. Der Löwe kam<br />
bei uns auch nach der Eiszeit noch vor – in Ungarn und auf dem Balkan<br />
sogar bis vor 2500 Jahren.<br />
Flusspferde im Rhein weit verbreitet<br />
Ganz anders und vielleicht noch exotischer sah die mitteleuropäische<br />
Tierwelt der letzten Warmzeit vor etwa 120 000 Jahren aus: Waldnashorn,<br />
Damhirsch und Auerochse lebten hier – dazu Wasserbüffel,<br />
Wildpferd und Wildesel. Im Rhein waren Flusspferde weit verbreitet.<br />
Am eindrücklichsten dürften die zahlreichen Waldelefanten mit einer<br />
Schulterhöhe von bis zu vier Metern gewesen sein! Noch im 18. Jahrhundert<br />
war den Gelehrten die Vorstellung von europäischen Nashörnern<br />
und Elefanten derart ungeheuer, dass sie sämtliche Knochenfunde<br />
auf Importe für Zirkusspiele in römischer Zeit zurückführten.<br />
Da wir heute wieder in einer Warmzeit leben, müssten wir natürlicherweise<br />
auch wieder eine Warmzeit-Fauna haben. Doch die meisten<br />
dieser Tiere sind ausgestorben oder haben sich nach Afrika und<br />
Asien zurückgezogen. Für die grossen Säuger und Raubtiere der<br />
Dann begannen unsere Vorfahren, durch Brandrodung Flächen freizulegen<br />
und darauf Getreide anzubauen. Dadurch wurde der Wald<br />
immer weniger und immer eintöniger. Die heutige Dominanz von<br />
Buchen, Eichen und Rottannen ist menschgemacht, wie Untersuchungen<br />
der Forschungsgruppe des Berner Botanikers Willy Tinner<br />
gezeigt haben: Indem der Mensch immer wieder Feuer legte und den<br />
Wald nutzte, dezimierte er die im Mittelland einst dominierenden<br />
Ulmen, Linden, Ahorne und Eschen. Profitiert haben jene Arten, die<br />
besonders feuer- und störungsresistent sind, und das sind vor allem<br />
Buchen und Eichen.<br />
Während also die Wälder verödeten, blühten die Felder auf. Denn<br />
auf den gerodeten Flächen wuchs nicht nur das Korn, sondern auch<br />
eine ganze Begleitflora, die die Steinzeit-Europäer unabsichtlich mit<br />
dem Getreide aus dem Nahen Osten importiert hatten. Kamille, Kornrade,<br />
Klatschmohn, Kornblume: Diese attraktiven, heute teilweise<br />
wieder seltenen Arten sind Ost-Importe.<br />
Aber nicht nur sie. Man schätzt, dass in der Schweiz 40 Prozent<br />
der Pflanzenarten so genannte Kulturfolger sind – dass sie also von<br />
der Tätigkeit der Menschen profitiert haben. Manche sind aus Steppen<br />
eingewandert, als bei uns die Bäume im grossen Stil fielen. Andere<br />
waren schon zuvor auf kleinen offenen Flächen vorhanden und<br />
haben sich dank der Landwirtschaft massiv ausgebreitet. Ähnliches<br />
gilt für Tiere, etwa für Feldmäuse und Kohlweisslinge, aber auch für<br />
inzwischen bedrohte Arten wie das Rebhuhn, den Feld hasen oder<br />
den Kiebitz.<br />
Experten fordern wieder mehr Wildnis<br />
Fast nichts mehr in der Schweiz ist vom Menschen unbeeinflusst.<br />
Ursprüngliche Wälder oder auch Flussläufe gibt es kaum mehr. Und<br />
ausgerechnet die artenreichsten Flächen, die kleinstrukturierten<br />
Wiesen und Felder mit Hecken, Einzelbäumen und Waldrändern, für<br />
viele Leute der Inbegriff von Natur, sind letztlich ein Kunstprodukt:<br />
Sie entstanden als unbeabsichtigte Folge einer bestimmten Form<br />
der Landbearbeitung und verschwinden jetzt im Zuge der Inten si-<br />
Fotos: Creativ Studio Heinemann, Getty Images | Michael Breuer, Prisma Bildagentur<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Flora und Fauna <strong>Herkunft</strong> 31<br />
Wisente sind grosse Wildrinder, die vor ein paar Tausend Jahren in<br />
grosser Zahl die Landschaften der Voralpen besiedelten.<br />
vierung der Landwirtschaft wieder. Wie soll der Naturschutz mit<br />
dieser Situation umgehen? Einerseits, da sind sich die Fachleute<br />
einig, braucht es mehr Wildnis, etwa neue Nationalpärke, wo sich<br />
die natürliche Dynamik möglichst ungestört entfalten kann. Allerdings<br />
muss man sich bewusst sein, dass sich dafür in absehbarer<br />
Zeit keine riesigen Flächen finden lassen. «In der Jungsteinzeit lebten<br />
nur 20 000 Menschen auf dem Gebiet der Schweiz, in der Bronzezeit<br />
vielleicht 100 000», sagt Urs Tester von der Umweltorganisation<br />
Pro Natura. «Mit den heutigen Einwohnerzahlen ist es völlig i llusorisch,<br />
dass wir zum Beispiel wieder 80 Prozent Wald haben werden.»<br />
Mit staatlichen Mitteln Landschaften pflegen?<br />
Anderseits begleitet uns die traditionelle Kulturlandschaft schon seit<br />
einigen Tausend Jahren und ist darum wertvoll, auch wenn sie letztlich<br />
etwas Menschgemachtes ist. Doch wie soll man sie erhalten,<br />
wenn die zugehörige extensive Landwirtschaft verschwindet ? Bei<br />
Pro Natura propagiert man Buntbrachen und Extensivstreifen, die<br />
der Bauer zwischen seine Felder streuen soll. «Die Begleitflora<br />
gehört zum Ackerbau», sagt Urs Tester. «Wenn es in der Schweiz<br />
keine Getreidefelder mehr gäbe, dann bräuchte es auch die Begleitpflanzen<br />
nicht mehr. Denn ohne den entsprechenden Lebensraum<br />
wären sie nur noch etwas Museales, und das wollen wir nicht.»<br />
Josef Reichholf hingegen betont gerade die Parallele zum Museum:<br />
«Im Agrar- oder Forstbereich mit Gewalt einen Zustand zu<br />
erhalten, der ertragsschwächer ist als die Intensivbearbeitung, ist<br />
auf lange Sicht unrealistisch», sagt er. Um den Erhalt der Kulturlandschaft<br />
sollten sich daher die Naturschützer kümmern und nicht die<br />
Landwirte. «Es geht um ein Kulturgut und ist daher auch eine Kulturaufgabe.<br />
Am besten wäre es, wenn die Naturschutzverbände<br />
Grundbesitzer würden und Teile der Landschaft pflegten. Das Geld<br />
könnte vom Staat kommen. Das wäre dann das Gleiche wie bei einem<br />
Museum, wo man mit Staatsmitteln gewisse Dinge erhält, die einem<br />
Teil der Bevölkerung etwas bedeuten.»<br />
Diskussion über die Wiederansiedlung des Wisents<br />
Schwieriger ist es mit jener Natur, die bereits ganz verschwunden<br />
ist. Wäre es möglich, in der Schweiz etwa Wisente wiederanzusiedeln<br />
– grosse Wildrinder, wie es sie hier noch vor ein paar Tausend<br />
Jahren in grosser Zahl gab? «Der Wisent würde als grosser Pflanzenfresser<br />
eigentlich in unsere Landschaft gehören», sagt Urs Tester<br />
von Pro Natura. Man überlege sich derzeit Wiederaussetzungen im<br />
Jura, allerdings in grossen Freigehegen. «Sie kämen sonst rasch in<br />
Konflikt mit unserer Landnutzung.» Josef Reichholf hat ähnliche<br />
Bedenken: Wenn man ein Tier wirklich frei wiederansiedeln wolle,<br />
dann besser robuste Pferde. «Pferde sind am besten geeignet. Sie<br />
halten Distanz und sind lernfähig – kapieren etwa rasch, dass Autos<br />
gefährlich sind.»<br />
Und was ist mit den vielen grossen Raubtieren, die einst unsere<br />
Gegend bevölkerten? Der dänische Biologe Jens-Christian Svenning<br />
hat den ernst gemeinten Vorschlag gemacht, Löwen in Europa wiederanzusiedeln.<br />
Doch muss man kein Prophet sein, um zu wissen,<br />
dass das zumindest für die Schweiz völlig unrealistisch ist: Ein dicht<br />
besiedeltes Land, das mit einwandernden Bären und Wölfen seine<br />
liebe Mühe hat, wird niemals Löwen dulden. <<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
Invest<br />
l<br />
I nvest<br />
Wirtschaft, Märkte und Anlagen<br />
Wirtschaft<br />
Zinsen und<br />
Obligationen<br />
Währungen<br />
Aktienmärkte<br />
Rohstoffe<br />
Immobilien<br />
Wir erwarten ein weiteres<br />
Jahr mit starkem Wachstum.<br />
Die Dynamik nimmt<br />
vor allem in den Industrieländern<br />
zu. Die Infl ation<br />
steigt insbesondere in<br />
Schwellenländern weiter.<br />
Gegen Ende 20<strong>11</strong> ist<br />
mit ersten Zinsschritten<br />
der EZB und SNB zu<br />
rechnen. Die langfristigen<br />
Zinsen nehmen dies<br />
vorweg. Obligationen<br />
bleiben unter Druck.<br />
Wir erwarten einen eher<br />
schwächeren US-Dollar<br />
gegenüber dem EUR und<br />
asiatischen Währungen.<br />
Der Franken hat seinen<br />
Höchststand gegenüber<br />
dem EUR erreicht.<br />
Starkes Wachstum,<br />
starke Unternehmensbilanzen,<br />
vernünftige<br />
Bewertungen und zunehmender<br />
Risikoappetit<br />
stützen Aktien. Das<br />
Hauptrisiko sind Zinserhöhungen.<br />
Die globale Nachfrage<br />
nach Rohstoffen nimmt<br />
weiter zu, aber wir erwarten<br />
zunehmende Preisausschläge.<br />
Das Risiko<br />
sind auch hier höhere<br />
Zinsen.<br />
Schweizer Immobilien sind<br />
nur in einigen Regionen<br />
überteuert. Wir erwarten<br />
20<strong>11</strong> trotz zunehmenden<br />
Angebots weitere Preiserhöhungen.<br />
Die Turbulenzen in Libyen haben zu einem<br />
Sprung bei den Ölpreisen und einem<br />
Rückschlag an den Aktienmärkten geführt.<br />
Müssen wir nun mit einem Szenario wie<br />
1973 oder 1990 rechnen, als Kriege in<br />
Nahost zu einem Ölschock und bald darauf<br />
zu einer Rezession führten? Wir denken<br />
nicht, denn das Risiko scheint relativ gering,<br />
dass die wichtigsten Ölexportländer im<br />
Golf ernsthaft destabilisiert werden.<br />
Gerade weil sie ihre unzufriedenen Bevölkerungsschichten<br />
unterstützen müssen,<br />
werden Länder wie Saudi Arabien und Iran<br />
ihre Erd ölförderung sogar forcieren. Das<br />
Wachs tum der Weltwirtschaft sollte also<br />
kaum beeinträchtigt werden und die Inflation<br />
nur temporär ansteigen. Deshalb<br />
bleiben wir im Moment in unserer Anlagestrategie<br />
auch bei einer Übergewichtung<br />
von Aktien. Einige Lehren lassen sich aber<br />
aus den jüngsten Entwicklungen doch<br />
ziehen: Erstens sind politische Entwicklungen<br />
für Anleger ebenso wichtig wie wirtschaftliche.<br />
Zweitens sind politische Systeme,<br />
die nicht demokratisch verankert<br />
sind, längerfristig instabil. Drittens ist der<br />
Zeitpunkt politischer Änderungen ebenso<br />
schwierig zu prognostizieren wie derjenige<br />
der wirtschaftlichen. Viertens bleibt die<br />
Abhängigkeit von fossilen Energieträgern<br />
eine der primären Fussangeln für unser<br />
Wirtschaftssystem.<br />
Foto: Ed Darack, Corbis<br />
Dr. Oliver Adler<br />
Leiter Global Economics<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
ll<br />
Invest<br />
Wirtschaft<br />
Industrieländer<br />
besser, Schwellenländer<br />
weiter solide<br />
Das Wachstum der Weltwirtschaft hält an<br />
und ist zunehmend breiter abgestützt.<br />
Dabei fällt auf, dass die Ergebnisse von<br />
Unternehmensbefragungen in Industrieländern<br />
sich jüngst weiter verbessert haben,<br />
während sie in Schwellenl ändern stabil oder<br />
leicht rückläufi g waren (siehe Chart). Der<br />
Wachstumsverlauf in Europa bleibt sehr uneinheitlich.<br />
Die grösseren Eurozone-Länder,<br />
insbesondere Deutschland, wachsen solide.<br />
Hingegen schränken die intensiven Sparmassnahmen<br />
die Wachstumsaussichten in<br />
den von der Schulden krise stark betroffenen<br />
Ländern sehr ein. Thomas Herrmann<br />
Unternehmer in Industrieländern<br />
optimistischer<br />
Quelle: Bloomberg, PMIPremium, Credit Suisse<br />
Zinsen und<br />
Obligationen<br />
Kurzfristige Zinsen trotz<br />
Inflationsanstiegs weiterhin<br />
historisch tief<br />
Insbesondere in Schwellenländern ist die<br />
Infl ation jüngst angestiegen (siehe Chart).<br />
Dies ist in erster Linie eine Folge der höheren<br />
Rohstoffpreise (z. B. Nahrungsmittel),<br />
aber in Schwellenländern bestehen auch<br />
zyklische Infl ationsrisiken, die über den<br />
«Rohstoffschock» hinausgehen. Die dortigen<br />
Notenbanken straffen daher zunehmend<br />
die Geldpolitik. In den Industrieländern rechnen<br />
wir mit einer ersten Zinserhöhung der<br />
Bank of England im Mai. Im Euroraum und in<br />
der Schweiz dürften die kurzfristigen Zinsen<br />
noch bis etwa Ende Jahr auf ihrem historischen<br />
Tief verharren, in den USA wohl sogar<br />
noch länger. Thomas Herrmann<br />
Infl ation steigt wegen höherer Rohstoffpreise<br />
Quelle: Bloomberg, Datastream, Credit Suisse<br />
Währungen<br />
US-Dollar ohne<br />
Zinsunter stützung<br />
Der US-Dollar dürfte 20<strong>11</strong> gegenüber den<br />
meisten Währungen schwach bleiben<br />
oder sich sogar noch weiter abschwächen.<br />
Die Kombination von einem anhaltend tiefen<br />
US-Zinsniveau mit einem Aussenhandelsund<br />
Fiskaldefi zit steht unserer Meinung<br />
nach einer Erholung des Dollars im Wege.<br />
Wir erwarten auch, dass sich der strukturelle<br />
Aufwertungstrend der Währungen von<br />
Schwellenl ändern im Zuge der globalen<br />
Konjunkturerholung fortsetzen wird. Asiatische<br />
Währungen erscheinen uns attraktiv,<br />
da sie aufgrund ihrer Leistungsbilanzüberschüsse<br />
unter Aufwertungsdruck bleiben<br />
dürften. Marcus Hettinger<br />
Tiefe US-Zinsen sprechen gegen<br />
Dollarerholung<br />
Quelle: Datastream, Credit Suisse<br />
Einkaufsmanagerindex<br />
Industrie<br />
55<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
G3 (USA, Eurozone, Japan)<br />
BRIC<br />
2009<br />
2<strong>01</strong>0<br />
Expansion<br />
Kontraktion<br />
20<strong>11</strong><br />
Inflation<br />
Jahresveränderung (in %)<br />
6.0<br />
4.0<br />
2.0<br />
0<br />
– 2.0<br />
2003 2005 2007 2009 20<strong>11</strong><br />
Schwellenländer (EM-8)<br />
Industrieländer (G3: Eurozone, Japan, USA)<br />
EUR/USD<br />
1.60<br />
1.50<br />
1.40<br />
1.30<br />
1.20<br />
1.10<br />
2003<br />
2005<br />
2007<br />
2009<br />
20<strong>11</strong><br />
EUR/USD-Wechselkurs<br />
2-jährige Zinsdifferenz Swap EUR minus USD<br />
%<br />
2<br />
1<br />
0<br />
–1<br />
–2<br />
Frankenstärke dämpft<br />
Preise<br />
Die Schweizer Wirtschaft profitiert weiterhin<br />
von der starken Auslands- und Binnennachfrage.<br />
Allerdings rechnen wir wegen der<br />
anhaltenden Frankenstärke mit einer Verfl<br />
achung der Exportdynamik. Positive Folge<br />
des starken Frankens ist die zunehmende<br />
Dämpfung der Preise. Die Kerninfl ation<br />
fi el im Januar im Vorjahresvergleich auf 0%.<br />
Ausser den höheren Energiepreisen sind<br />
kaum Preistreiber auszumachen, zumal die<br />
Produktionskapazitäten noch immer nur<br />
durchschnittlich ausgelastet sind. So wird<br />
die Nationalbank vor Ende 20<strong>11</strong> wohl keine<br />
Zinserhöhung vornehmen müssen.<br />
Fabian Heller<br />
Anleihemärkte: Investieren in<br />
schwierigem Zinsumfeld<br />
Die an Fahrt gewinnende Weltwirtschaft<br />
und der zunehmende Risikoappetit von<br />
Anlegern dürften zu weiter steigenden längerfristigen<br />
Zinsen beitragen, nicht zuletzt<br />
bei EUR- und CHF-Anleihen, deren<br />
Renditen wegen verbliebener Unsicherheiten<br />
über die EU-Schuldenkrise noch gedrückt<br />
sind. Wir empfehlen in diesem Umfeld eine<br />
Fokussierung auf kurz- und mittelfristige<br />
Laufzeiten und die Bei mischung von Fonds,<br />
die in Anleihen geringerer Kreditqualität,<br />
z.B. im Bereich von Entwicklungsländern<br />
sowie hoch verzinster Unternehmensoder<br />
nachrangiger Bankenanleihen,<br />
investieren. Stefan Klein<br />
Das Ende der Frankenstärke<br />
gegenüber dem EUR<br />
Die deutliche Überbewertung des Frankens<br />
gegenüber dem Euro sowie die höheren<br />
Zinsen im Euroraum sprechen für einen<br />
schwächeren Franken. Dies vor allem, wenn<br />
sich die Eindämmung der Schuldenkrise<br />
in der EWU als dauerhaft erweist und die<br />
globale Konjunkturer holung – wie von<br />
uns erwartet – weitere Fortschritte macht.<br />
Unter diesen Umständen würden Kapitalabfl<br />
üsse aus der Schweiz zunehmend wahrscheinlich.<br />
Das charttechnische Bild hat<br />
sich für EUR/CHF jüngst ebenfalls verbessert<br />
und signal isiert, dass die Frankenstärke<br />
einen Höhepunkt erreicht hat. Marcus Hettinger<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Invest<br />
Ill<br />
Aktienmärkte<br />
Rohstoffe<br />
Immobilien<br />
Globale Aktienmärkte mit<br />
weiterem Potenzial<br />
Trotz der starken Erholung der Aktienmärkte<br />
seit den Tiefstständen vom März 2009<br />
bleiben wir bei unserer konstruk tiven Einschätzung<br />
des Aktienmarktumfelds. Das solide<br />
Wirtschaftswachstum in Schwellenländern<br />
und die zunehmend breiter abgestützte<br />
Erholung in den entwickelten Ländern sollten<br />
Aktien generell unterstützen. Die hohen<br />
Bargeldbestände in den Bilanzen der Firmen<br />
und die noch immer günstigen Bewertungsniveaus<br />
sind weitere Argumente für Aktien.<br />
Wir empfehlen breit diversifi zierte Investitionen<br />
in Unternehmen aus entwickelten Märkten<br />
sowie Schwellen ländern. Roger Signer<br />
Starker Jahresbeginn, aber<br />
Volatilität dürfte steigen<br />
Die Rohstoffpreise hatten einen starken<br />
Start ins neue Jahr. Die Vorlaufi ndikatoren<br />
deuten auf ein solides Nachfragewachstum<br />
hin, was für weitere Preiszuwächse spricht.<br />
Allerdings steigen auch die Risiken. Durch<br />
den Wirtschaftsaufschwung sind die Lagerbestände<br />
in vielen Märkten gesunken.<br />
Dies kann zu deutlichen Preisausschlägen<br />
im Fall eines Produktionsausfalls führen.<br />
Der Aufwärtstrend dürfte unsteter werden.<br />
Tobias Merath<br />
Volatilität der Rohstoffmärkte seit<br />
Jahres beginn wieder gestiegen<br />
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse<br />
Schweizer Wohnimmobilien:<br />
Stabil-positiver Ausblick<br />
Seit 2005 sind die Schweizer Wohnungspreise<br />
um etwa 35% gestiegen. Trotzdem<br />
sind die Preise unserer Meinung nach in<br />
den meisten Regionen nicht fundamental<br />
überhöht. Ausnahmen sind der Genferseeraum,<br />
Teile des Grossraums Zürich<br />
sowie einzelne touristische Regionen. Die<br />
Wohnbautätigkeit bleibt hoch, was den<br />
Preisdruck mittelfristig mildert. Dennoch<br />
erwarten wir 20<strong>11</strong> einen weiteren Anstieg<br />
der durchschnittlichen Wohnungspreise.<br />
Martin Bernhard<br />
Hohe Wohnbautätigkeit in der Schweiz<br />
Quelle: BfS, Credit Suisse<br />
Globale Aktien immer noch günstig bewertet<br />
Quelle: Datastream, Credit Suisse<br />
12-Monatsausblick<br />
KGV MSCI World<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
1990 1994 1998 2002 2006 2<strong>01</strong>0<br />
Historische 30-Tage-Volatilität<br />
(annualisiert) in %<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
2009<br />
Credit Suisse Commodity Benchmark<br />
2<strong>01</strong>0<br />
20<strong>11</strong><br />
Anzahl<br />
70 000<br />
60 000<br />
50 000<br />
40 000<br />
30 000<br />
1995<br />
1999<br />
2003<br />
2007<br />
2009<br />
20<strong>11</strong><br />
Neu erstellte Wohnungen, Summe über 4 Quartale<br />
Im Bau befindliche Wohnungen<br />
(KGV) MSCI World<br />
+/–1 Standardabweichung<br />
Durchschnitt<br />
SMI: Weiteres Gewinnwachstum<br />
trotz Frankenstärke<br />
Schweizer Aktiengesellschaften sollten gemäss<br />
Konsenserwartungen 20<strong>11</strong> ein Gewinnwachstum<br />
von etwa 10% aufweisen.<br />
Wir halten diese Einschätzung für realistisch,<br />
da die Nachfrage nach Schweizer Gütern<br />
hoch bleiben dürfte. Die Möglichkeit weiter<br />
steigender In put-Kosten oder einer erneuten<br />
Frankenstärke sind unseres Erachtens die<br />
grössten Risikofaktoren. Das Bewertungsniveau<br />
bleibt attraktiv, sodass wir für<br />
die nächsten 12 Monate weiteres Potenzial<br />
im SMI sehen. Allerdings stufen wir den<br />
Aktienmarkt im internationalen Vergleich<br />
neutral ein. Roger Signer<br />
Fokus Rohstoffe: Wie kann investiert werden?<br />
Renditeentwicklung der einzelnen<br />
Rohstoffsektoren<br />
Quelle: JPMorgan, Credit Suisse<br />
in CHF seit Januar 2009<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
2009 2<strong>01</strong>0<br />
20<strong>11</strong><br />
CSCB Energieindex<br />
CSCB Agrarindex<br />
CSCB Edelmetallindex<br />
CSCB Industriemetallindex<br />
Die auf die globale Finanzkrise folgende<br />
Wirtschaftserholung geht ins dritte Jahr.<br />
Die Frühindikatoren zeigen an, dass das<br />
Wirtschaftswachstum auch 20<strong>11</strong> solide<br />
ausfallen dürfte. Der konjunkturelle Aufschwung<br />
hinterlässt auch an den Rohstoffmärkten<br />
Spuren; die zunehmende<br />
Nachfrage führt zu steigenden Preisen.<br />
Rohstoffe spielen auch im Portfolio von<br />
Anlegern eine zunehmende Rolle. So<br />
bedeuten Rohstoffinvestments eine Beteiligung<br />
am globalen Wachstum und sie<br />
bieten eine gewisse Absicherung gegen<br />
Inflation. Edelmetalle eignen sich darüber<br />
hinaus als Schutz gegen Extremereignisse.<br />
Heutzutage haben Anleger<br />
eine Vielzahl von Möglichkeiten, in Rohstoffe zu investieren. Abgesehen vom<br />
physischen Erwerb, der zumindest bei Edelmetallen üblich ist, bilden zahlreiche<br />
Rohstoffindizes die Performance von Rohstoffgruppen, aber auch von einzelnen<br />
Rohstoffmärkten ab. Diese Indizes dienen als Grundlage für eine Vielzahl von<br />
Anlagevehikeln, wie z.B. ETFs oder strukturierten Produkten. So werden Rohstoffe<br />
für immer mehr Anleger zugänglich. Tobias Merath<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
lV<br />
Invest<br />
Performance und Prognosen im Überblick<br />
Wichtigste Anlageklassen und Märkte<br />
Aktien<br />
Gesamtrendite in CHF (%)<br />
Erwartete Rendite 1 und Risiko (% p.a.)<br />
20<strong>11</strong> letzte 3 Jahre letzte 5 Jahre 1 Jahr 5 Jahre Risiko 2<br />
(bis 16.02.) (p.a.) (p.a.)<br />
MSCI World 8.7 – 6.2 –5.3 12.5 9.3 17.9<br />
S&P500 8.1 – 4.6 –5.3 13.5 9.1 16.3<br />
Eurostoxx 50 10.5 – <strong>11</strong>.0 –7.9 14.0 9.4 20.9<br />
SMI 3.0 – 3.1 –1.9 9.5 8.1 19.2<br />
MSCI Emerging Markets – 0.7 – 4.9 1.2 16.5 <strong>11</strong>.6 28.9<br />
Obligationen 3<br />
Schweiz – 0.3 4.6 2.9 2.0 2.4 3.0<br />
Eurozone 4.5 –3.2 –0.6 2.0 2.8 4.6<br />
USA 3.8 0.0 –0.7 2.5 1.9 3.7<br />
Schwellenländer 2.3 3.8 1.3 8.0 6.2 16.7<br />
Geldmarkt (CHF) 0.0 0.8 1.3 0.4 1.4 2.6<br />
Alternative Anlagen<br />
DJ UBS Commodities 10.3 1.0 7.1 8.0 8.0 17.7<br />
Gold 0.2 10.3 13.1 9.0 6.0 13.3<br />
Immofonds Schweiz (SIX) 3.0 8.6 5.4 2.0 4.5 7.4<br />
DJ CS Hedge Fund Index 4.2 – 1.3 – 0.3 7.5 6.8 8.6<br />
Konjunktur und Inflation<br />
BIP-Wachstum real (in %) Infl ation (in %)<br />
2009 2<strong>01</strong>0 5 20<strong>11</strong> 5 2009 2<strong>01</strong>0 5 20<strong>11</strong> 5<br />
Global – 1.3 4.8 4.2 1.5 3.2 3.2<br />
USA – 2.4 2.9 3.0 – 0.4 1.6 1.8<br />
Japan – 5.2 4.3 1.4 – 1.4 – 0.8 – 0.4<br />
Eurozone – 4.0 1.5 2.1 0.4 1.6 1.9<br />
Deutschland – 4.9 3.5 2.7 0.3 0.8 1.4<br />
Schwellenländer 4 4.9 8.9 7.5 3.7 5.0 5.6<br />
China 9.1 10.3 8.8 – 0.7 3.1 4.8<br />
Schweiz – 1.9 2.8 1.2 – 0.5 0.7 0.7<br />
Wichtige Informationen<br />
Die Informationen und Meinungen in diesem Bericht wurden von<br />
Credit Suisse per angegebenem Datum erstellt und können sich<br />
ohne vorherige Mitteilung ändern. Der Bericht wurde einzig zu<br />
Informationszwecken publiziert und ist weder ein Angebot noch<br />
eine Aufforderung seitens oder im Auftrag von Credit Suisse zum<br />
Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder ähnlichen Finanzinstrumenten<br />
oder zur Teilnahme an einer spezifi schen Handelsstrategie<br />
in irgendeiner Rechts ordnung. Der Bericht wurde ohne<br />
Berücksichtigung der Zielsetzungen, der fi nanziellen Situation<br />
oder der Bedürfnisse eines bestimmten Anlegers erstellt. Der<br />
Bericht enthält keinerlei Empfehlungen rechtlicher Natur oder hinsichtlich<br />
Inves titionen, Rechnungslegung oder Steuern. Er stellt<br />
auch in keiner Art und Weise eine auf die persönlichen Umstände<br />
eines Anlegers zugeschnittene oder für diesen angemessene<br />
Inves tition oder Strategie oder eine andere an einen bestimmten<br />
Anleger gerichtete Empfehlung dar. Ver weise auf frühere Entwicklungen<br />
sind nicht unbedingt mass gebend für künftige Ergebnisse.<br />
Die Informationen stammen aus oder basieren auf Quellen, die<br />
Credit Suisse als zuver lässig erachtet. Dennoch kann keine Gewähr<br />
für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Informationen<br />
geleistet werden. Credit Suisse lehnt jede Haftung für Verluste<br />
aus der Verwendung dieses Berichts ab.<br />
WEDER DER VORLIEGENDE BERICHT NOCH KOPIEN DAVON<br />
DÜRFEN IN DIE VEREINIGTEN STAATEN VERSANDT, DORT-<br />
HIN MITGENOMMEN ODER AN US- PERSONEN ABGEGEBEN<br />
WERDEN.<br />
Örtliche Gesetze oder Vorschriften können die Verteilung von<br />
Research-Berichten in bestimmten Rechtsordnungen einschränken.<br />
Dieser Bericht wird von der Schweizer Bank Credit Suisse verteilt,<br />
die der Zulassung und Regulierung der Eidgenös sischen Finanzmarktaufsicht<br />
untersteht.<br />
Das vorliegende Dokument darf ohne schriftliche Genehmigung<br />
der Credit Suisse weder ganz noch aus zugsweise ver vielfältigt<br />
werden.<br />
Copyright © 20<strong>11</strong> Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr verbundene<br />
Unternehmen. Alle Rechte vor behalten.<br />
Zinsen (in %)<br />
Kurzfristzinsen (3M-Libor)<br />
Renditen 10-J. Staatsanleihen<br />
16.02. in 3M in 12M 16.02. in 3M in 12M<br />
USA 0.31 0.4 0.4 3.61 3.5 3.5<br />
Deutschland 1.09 1.1 1.5 2.29 3.1 3.2<br />
Grossbritannien 0.80 0.7 1.0 3.85 3.6 3.9<br />
Japan 0.34 0.2 0.2 1.31 1.1 1.2<br />
Schweiz 0.17 0.3 0.5 1.92 1.9 2.2<br />
Währungen<br />
CHF pro Fremdwährungen<br />
pro EUR<br />
16.02. in 3M in 12M 16.02. in 3M in 12M<br />
CHF – – – 1.31 1.28 1.32<br />
USD 0.97 0.95 0.94 1.35 1.35 1.41<br />
CAD 0.98 0.99 0.94 1.33 1.30 1.41<br />
GBP 1.56 1.56 1.58 0.84 0.82 0.83<br />
JPY 6 1.16 1.14 1.13 <strong>11</strong>3.21 <strong>11</strong>2.05 <strong>11</strong>7.03<br />
CNY 6 14.68 14.59 14.86 8.90 8.78 8.88<br />
Quelle: Credit Suisse, Bloomberg, Datastream<br />
1 Aktien und Obligationen in Lokalwährung, DJ UBS Commodities Index, Gold und DJ CS Hedge Fund Index in USD 2 Erwartete Standardabweichung<br />
der Rendite 3 Schweiz: Credit Suisse LSI, Eurozone: Citigroup WGBI EMU govt 5-7Y., USA: Barclays US Govt Intermediate Bond, Schwellenländer: JPM<br />
EMBI+, Geldmarkt (CHF): JPM Cash CHF 1M 4 Acht (8) grösste Schwellenländer 5 Prognosen 6 Preis von 100 JPY resp. CNY in CHF<br />
Impressum Invest<br />
Herausgeber Credit Suisse AG, Global Research,<br />
Postfach 300, 8070 Zürich<br />
E-Mail publications.research@credit-suisse.com<br />
Internet www.credit-suisse.com/research<br />
Redaktion Maxime Botteron<br />
Beiträge Dr. Oliver Adler, Thomas Herrmann, Fabian Heller,<br />
Stefan Klein, Marcus Hettinger, Roger Signer, Tobias Merath,<br />
Martin Bernhard<br />
Konzept und Layout www.arnold.inhaltundform.com<br />
Nachdruck gestattet mit dem Hinweis «Aus dem <strong>bulletin</strong> der<br />
Credit Suisse»<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Die überraschende Sonderschau<br />
an der GiardinaZÜRICH vom 16. bis 20. März 20<strong>11</strong><br />
Messe Zürich, Halle 2, Stand A05<br />
Wir nehmen Mass für Ihren Garten
34 Wirtschaft Branchenhandbuch 20<strong>11</strong><br />
Kurzarbeit<br />
als Erfolgsrezept<br />
Das kontrovers diskutierte Instrument der Kurzarbeit wird vom Branchenhandbuch 20<strong>11</strong><br />
als Spezialthema genauer unter die Lupe genommen. Im Zentrum der Studie<br />
stehen wie gewohnt die Einflussfaktoren und das mittelfristige Wachstumspotenzial<br />
von 31 Schweizer Branchen. Text: Aline Jörg, Economic Research<br />
%<br />
5<br />
0<br />
Pharma, Chemie<br />
Medtech, Messindustrie<br />
Uhrenindustrie<br />
Gesundheitswesen<br />
Unternehmensberatung<br />
Informatik<br />
Versicherungen<br />
Banken<br />
Architekten, Ingenieure<br />
Grosshandel<br />
Elektrotechnik<br />
Nachrichtenübermittlung<br />
Energieversorgung<br />
Maschinenbau<br />
Immobilienwesen<br />
Elektronik<br />
–5<br />
Quelle: Credit Suisse Economic Research<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Branchenhandbuch 20<strong>11</strong> Wirtschaft 35<br />
Nahrungsmittelindustrie<br />
Kunststoffindustrie<br />
Holzindustrie<br />
Metallerzeugnisse<br />
Detailhandel<br />
Autogewerbe<br />
Bau<br />
Möbelindustrie<br />
Reisebranche<br />
Metallerzeugung<br />
Papierindustrie<br />
Landverkehr, Logistik<br />
Druck und Verlag<br />
Textil- und Bekleidung<br />
Gastgewerbe<br />
Landwirtschaft<br />
1 Mittelfristige Chancen-Risiken-Bewertung<br />
Skala von +10 (beste) bis –10 (schlechteste Einstufung); die gelben Vierecke geben den Anteil an der Schweizer Bruttowertschöpfung in Prozent an.
36 Wirtschaft Branchenhandbuch 20<strong>11</strong><br />
2 Detailhandel: in zehn Jahren zehn Prozent der Läden geschlossen<br />
Zwischen 1998 und 2008 kam es im Detailhandel zu einem Konzentrationsprozess.<br />
Das Lädelisterben wurde durch die Filialisierung kompensiert. Die Beschäftigtenzahl<br />
im Detailhandel nahm dabei sogar noch leicht zu.<br />
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research<br />
> 7.5% > 5% –2.5%– 2.5%<br />
> –5% > –7.5% > –10% > –20% > –25% > –50%<br />
Das Schreckgespenst der tiefgreifendsten<br />
Rezession seit der Grossen Depression, das<br />
die Weltwirtschaft im Anschluss an die<br />
Finanzkrise in Atem hielt, scheint gebannt.<br />
Das Jahr 2<strong>01</strong>0 wird als das Jahr der Erholung<br />
in Erinnerung bleiben. Es gelang der globalen<br />
Wirtschaft, wenn auch mit Hilfe massiver<br />
fiskalischer Stützungsmassnahmen, die hohen<br />
Verluste im Eiltempo wieder wettzumachen.<br />
Im internationalen Vergleich konnte sich die<br />
Schweizer Wirtschaft im schwierigen makroökonomischen<br />
Umfeld gut behaupten. So<br />
fanden in der zweiten Jahreshälfte immer<br />
mehr Branchen ein Stück weit zur Normali tät<br />
zurück. Der Weg der Erholung im Schweizer<br />
Industriesektor war durch die konjunkturelle<br />
Belebung der internationalen Handelspartner<br />
geprägt, während eher binnenmarktorientierte<br />
Branchen auf die gute Stimmung der<br />
Schweizer Konsumenten und den stützenden<br />
Effekt der Zuwanderung bauen konnten.<br />
Auch der Finanzsektor befreite sich trotz<br />
neuer Verunsicherungen durch die Euro-<br />
Schuldenkrise aus dem Tief.<br />
Kurzarbeit in der Metallindustrie<br />
Retail Outlook<br />
Der Detailhandel ging nahezu unbeschadet durch die jüngste<br />
Wirtschaftskrise. Selbst im Rezessionsjahr 2009 legten<br />
die nominalen Umsätze um fast ein Prozent zu. 2<strong>01</strong>0 dürften die<br />
Schweizer Detailhändler gar rund zwei Prozent mehr Umsatz<br />
verbucht haben. Das seit 2004 anhaltende Wachstum nährt sich<br />
wesentlich aus der robusten Einwanderung, die selbst<br />
in Zeiten schlechter Konsumentenstimmung zu einem gewissen<br />
«Sockelwachstum» führt. Angesichts der Robustheit des<br />
Detailhandels geht leicht vergessen, dass die Branche einem<br />
erheblichen Strukturwandel unterworfen ist.<br />
Das «Lädelisterben» ist kein Mythos, sondern Tatsache:<br />
Zwischen 1998 und 2008 musste im Detailhandel per saldo jeder<br />
zehnte Laden, im kleinflächigen Lebensmittel-Detailhandel gar<br />
jeder vierte Laden seine Tore schliessen. Gleichzeitig stieg aber<br />
die Beschäftigung in dieser Dekade um insgesamt 1,7 Prozent<br />
an, was mit einer Tendenz zu grossflächigeren Läden einherging.<br />
Die Filialisierung als wichtiger Treiber dieser Entwicklung<br />
er fasste zwischen 1998 und 2008 fast alle Segmente<br />
des Detailhandels. Die Filialketten waren im Sporthandel, bei<br />
den Apotheken und Drogerien, im Buch- sowie im Möbelhandel<br />
am stärksten auf dem Vormarsch, allesamt Subbranchen,<br />
in denen 1998 noch ein hoher Anteil der Beschäftigten in<br />
unabhängigen Einzelgeschäften arbeitete. Regional betrachtet<br />
war das Lädelisterben ein flächendeckendes Phänomen, das<br />
jedoch in wenig touristischen Randregionen wie dem Jurabogen,<br />
dem Toggenburg oder dem Nordtessin am stärksten auftrat<br />
(siehe Grafik 2 oben).<br />
Nicht nur durch den Umstand, dass die globale<br />
Wirtschaft wesentlich schneller in die<br />
Wachstumszone zurückfand als in früheren<br />
Rezessionen, sondern auch durch den geringen<br />
Anstieg der Arbeitslosigkeit unterscheidet<br />
sich diese Wirtschaftsbaisse<br />
grundlegend von früheren Rückschlägen.<br />
Ein Erklärungsansatz des Beschäftigungsphänomens<br />
basiert auf dem Instrument der<br />
Kurzarbeit, von dem in der Rezession 2009<br />
sehr viel häufiger Gebrauch gemacht wurde<br />
als etwa in der Dotcom-Krise: Auf dem Höhepunkt<br />
der Technologieblase waren nur<br />
knapp 19 000 Arbeitnehmende von Kurzarbeit<br />
betroffen, wohingegen auf dem Peak<br />
der Finanz- und Wirtschaftskrise annähernd<br />
fünfmal mehr Personen als Kurzarbeiter<br />
angemeldet waren.<br />
Anhand bisher unveröffentlichter Daten<br />
des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco)<br />
wurde es erstmals möglich, das Ausmass<br />
des Einsatzes von Kurzarbeit in den einzelnen<br />
Branchen zu analysieren. Es zeigt sich,<br />
dass vor allem exportorientierte Industriebetriebe<br />
dieses Werkzeug für sich nutzten,<br />
was aber insofern nicht erstaunt, als dass genau<br />
diese Branchen die Weltwirtschaftskrise<br />
2009 mit Umsatz- und Exporteinbrüchen im<br />
oftmals zweistelligen Bereich am stärksten<br />
zu spüren bekamen.<br />
Unter Berücksichtigung der Branchengrösse<br />
war die Metallindustrie gefolgt von der Textil-<br />
Fotos: Rolex Learning Center: Roland Halbe | Yang Liu, Corbis, Specter | Weisflog, Fotofinder | Michael Turek, Getty Images | Toshi Kawano, Getty Images<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Branchenhandbuch 20<strong>11</strong> Wirtschaft 37<br />
und Bekleidungsindustrie sowie dem Maschinenbau<br />
die absolute Spitzenreiterin bei<br />
der Beanspruchung von Kurzarbeit: Im<br />
Mai 2009 war jeder vierte Arbeitnehmende<br />
in der Metallindustrie von Kurzarbeit betroffen,<br />
und im Jahresdurchschnitt betrug der<br />
Anteil noch immer 16 Prozent, was umgerechnet<br />
der Jahresarbeitszeit von rund 5700<br />
Vollzeitbeschäftigten entspricht. Im Gegensatz<br />
zur Industrie fand das Instrument bei<br />
den Dienstleistungsbranchen nur marginal<br />
Verwendung.<br />
Nachdem sich im Jahr 2<strong>01</strong>0 die Wogen<br />
der Weltwirtschaft geglättet hatten, wurden<br />
auch die Kurzarbeitszeit-Entschädigungen<br />
wieder massiv abgebaut. Es stellt sich nun<br />
die Frage, ob der Anstieg der Arbeitslosigkeit<br />
entsprechend gedämpft werden konnte. Das<br />
Seco kommt zum Schluss, dass die Arbeitslosenquote<br />
ohne die Möglichkeit zur Kurzarbeit<br />
2009 nicht 3,7 Prozent, sondern 4,3<br />
Prozent betragen hätte.<br />
Was dies konkret für die einzelnen Branchen<br />
bedeutet hätte, sprich wie hoch die<br />
spezi fische Branchenarbeitslosigkeit ohne<br />
die Möglichkeit zur Kurzarbeit gestiegen<br />
wäre, ist in Grafik 3 (Seite 38) ersichtlich. In der<br />
Textil- und Bekleidungsindustrie beispielsweise<br />
hätte die Arbeitslosigkeit unseren<br />
Berechnungen zufolge satte 17 Prozent betragen,<br />
demgemäss konnte der Einsatz von<br />
Kurzarbeit die Quote um 7 Prozentpunkte auf<br />
rund 10 Prozent reduzieren. Auch im Maschinenbau<br />
und in der Metallindustrie hätte die<br />
Arbeitslosigkeit um etwa 7 Prozentpunkte<br />
höher ausfallen können.<br />
Ob nun aber Kurzarbeit den Verlust von<br />
Arbeitsplätzen nachhaltig verhinderte, kann<br />
derzeit noch nicht abschliessend beurteilt<br />
werden. Es besteht jedenfalls stets die Gefahr,<br />
dass die Beanspruchung der Kurzarbeit<br />
strukturell notwendige Entlassungen lediglich<br />
zeitlich verzögert und dass Unternehmen<br />
Kurzarbeitsentschädigungen beantragen, die<br />
ihre Angestellten auch ohne staatliche Unterstützung<br />
weiterhin beschäftigen könnten. Es<br />
spricht aber einiges dafür, dass Kurzarbeit<br />
gerade in dieser Krise, die für äusserst scharfe<br />
Einbrüche, aber auch für eine aussergewöhnlich<br />
schnelle Erholung gesorgt hatte,<br />
den Unternehmen als passendes Werkzeug<br />
zur Überbrückung der kurzzeitig katastrophalen<br />
Auftragslage diente.<br />
Hightechbranchen an der Spitze<br />
Während der pharmazeutischen Industrie und der Medizintechnik hohes Potenzial<br />
zugestanden werden, gelten Gastgewerbe und Landwirtschaft als schwierig.<br />
Neben dem Spezialthema Kurzarbeit widmet<br />
sich das Branchenhandbuch der Struktur<br />
der Branchenlandschaft Schweiz. Die mittelfristige<br />
Chancen -Risiken-Bewertung der<br />
Credit Suisse eruiert das Zukunftspotenzial<br />
der einzelnen Branchen (siehe Grafik 1, Seite 34/35).<br />
Es ist nicht überraschend, dass gerade<br />
Hightechbranchen wie die chemisch-pharmazeutische<br />
Industrie, die Medizintechnik<br />
und die Hersteller von Mess- und Kontrollinstrumenten<br />
sowie die für die Schweiz<br />
bedeu tende Uhrenindustrie die Spitzenplätze<br />
unter sich ausmachen, profitieren diese doch<br />
vom im internationalen Vergleich starken Forschungs-<br />
und Innovationsplatz Schweiz. Die<br />
zunehmende Komplexität und Vernetzung<br />
von Wirtschaft und Gesellschaft beschert<br />
auch den Unternehmen im Beratungs- und<br />
Informatikdienstleistungssektor eine rosige<br />
Zukunft.<br />
Der im internationalen Vergleich gut positionierte<br />
Finanzplatz legt für die Versicherungen<br />
und Banken ein gutes Fundament für ein<br />
weiterhin überdurchschnittliches Wachstum,<br />
während das Gesundheitswesen vor allem<br />
von der demografischen Alterung profitieren<br />
wird. Das Mittelfeld ist durch eine hetero gene<br />
Mischung von Branchen gekennzeichnet:<br />
Einem intensiven internationalen Kostendruck<br />
sind Industriezweige wie die Elektrotechnik,<br />
der Maschinenbau, die Elektronik<br />
und die Kunststoffindustrie ausgesetzt, die<br />
sich in Zukunft durch innovative Produkte im<br />
globalen Markt behaupten müssen.<br />
Die hinteren Plätze der Rangliste belegen<br />
diejenigen Branchen, welche mit strukturellen<br />
Problemen zu kämpfen haben, die<br />
mittelfristig grundlegende Anpassungen<br />
erfordern. So befindet sich der Detailhandel<br />
in einem harten Verdrängungswettbewerb,<br />
das Autogewerbe sieht sich einer Marktsättigung<br />
gegenüber, und im Baugewerbe<br />
herrscht aufgrund tiefer Eintritts barrieren ein<br />
grosser Margendruck. Die Textil- und Bekleidungsindustrie,<br />
das Gastgewerbe und die<br />
Landwirtschaft besitzen im Branchenvergleich<br />
das schwächste Wachstumspotenzial.<br />
Handel mit hoher Bruttowertschöpfung<br />
Das Wachstumspotenzial einer Branche sagt<br />
aber nichts über ihre Bedeutung für die<br />
Schweizer Wirtschaft aus. Bezüglich der<br />
Bruttowertschöpfung, des Produktions- ><br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
38 Wirtschaft Branchenhandbuch 20<strong>11</strong><br />
3 Arbeitslosenquote nach Branchen: Kurzarbeit hat sich gelohnt<br />
In manchen Branchen wäre die Arbeitslosenquote ohne das Steuerungsinstrument der<br />
Kurzarbeit massiv höher ausgefallen. Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse<br />
%<br />
16<br />
12<br />
8<br />
4<br />
0<br />
Textil- und<br />
Bekleidungsindustrie<br />
Papierindustrie<br />
Druck und Verlag<br />
Chemie / Pharma<br />
Kunststoffindustrie<br />
Metallindustrie<br />
Maschinenbau<br />
Arbeitslosenquote 2009 ohne Kurzarbeit (Schätzung)<br />
Arbeitslosenquote 2009 mit Kurzarbeit<br />
Elektroindustrie und<br />
Präzisionsinstrumente<br />
Bau<br />
Grosshandel<br />
Banken<br />
Informatik<br />
wicklungen der Gesamtwirtschaft abhängig,<br />
sondern wird von der Zunahme der Bevölkerung,<br />
deren Alterung und den steigenden<br />
Ansprüchen an Gesundheit und Wohlbefinden<br />
beeinflusst. Das stetige Wachstum<br />
der Gesundheitsausgaben basiert nicht<br />
unwesentlich auf den Wettbewerbsbeschränkungen<br />
und fehlenden Anreizen zur Kosteneindämmung.<br />
Politische Reformen versuchen<br />
mit Wettbewerbselementen die Kostenverantwortung<br />
nicht nur bei den Versicherten,<br />
sondern auch bei Ärzten und Krankenversicherern<br />
zu fördern. Dennoch ist mittelfristig<br />
aufgrund der dynamischen Entwicklung der<br />
Nachfrage weiterhin mit einer Zunahme der<br />
Gesundheitsausgaben zu rechnen.<br />
Risiken bleiben auch 20<strong>11</strong> bestehen<br />
werts abzüglich Vorleistungen, zeigen sich<br />
die Banken, der Detailhandel und das Gesundheitswesen<br />
aktuell als die drei Schwergewichte<br />
der Schweizer Wirtschaft. Diese<br />
drei Dienstleistungsbranchen vereinen zusammen<br />
rund 20 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung<br />
der Schweiz (Anteil Banken<br />
6,9%, Detailhandel 6,5% und Gesundheitswesen<br />
6,2%). Zusätzlich gehören diese drei<br />
Branchen zu den grössten Arbeitgebern der<br />
Schweiz und beschäftigen über 28 Prozent<br />
aller Arbeitnehmenden.<br />
Die hohe Wertschöpfung der Banken<br />
fusst nicht zuletzt auf dem breit diversifizierten<br />
Angebot an Finanzdienstleistungen:<br />
Das traditionelle Spar- und Kreditgeschäft<br />
wird ergänzt durch das Vermögensverwaltungsgeschäft<br />
und durch einen breiten<br />
Dienst leistungskatalog im Bereich Unternehmensfinanzierung<br />
und -beratung. Eine<br />
solche Risikostreuung der Geschäftstätigkeit,<br />
die Fähigkeit, sich generell schnell den Veränderungen<br />
anzupassen, und der Trend des<br />
globalen Einkommenswachstums halfen dem<br />
Schweizer Bankensektor, die Baisse der globalen<br />
Finanzkrise zu überwinden und sich<br />
mittelfristig eine im schweizerischen Branchenvergleich<br />
überdurchschnittliche Wachstumsposition<br />
zu verschaffen. Dennoch ist<br />
der Erfolg der Banken nach wie vor stark<br />
von den globalen Kapitalmarktentwicklungen<br />
sowie dem Ausmass der Regulierungen<br />
abhängig.<br />
Der Detailhandel erwies sich während der<br />
Rezession als Stütze der Konjunktur und<br />
bekam dank der anhaltend hohen Einwanderung<br />
die schlechte Konsumentenstimmung<br />
nur schwach zu spüren (vgl. dazu Box «Retail Outlook»<br />
auf Seite 36). Das Gesundheitswesen als drittgrösster<br />
Wertschöpfungsträger der Schweiz<br />
ist weniger von den konjunkturellen Ent-<br />
Was ist nun nach dem Jahr der Erholung für<br />
die Schweizer Wirtschaft zu erwarten? Die<br />
schnelle Aufholjagd des vergangenen Jahres<br />
darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass<br />
Sondereffekte wie etwa fiskalische Stüt -<br />
zungsmassnahmen, die Wiederaufstockung<br />
der Lager und statistische Basiseffekte das<br />
Wachstum beschleunigt haben. Diese werden<br />
in naher Zukunft an Kraft verlieren.<br />
Die Risiken sind indessen durch die<br />
rasche Erholung nicht verschwunden: Die<br />
globalen Ungleichgewichte sind noch nicht<br />
abgebaut, und die Überschuldung einzelner<br />
Staaten wird die Wirtschaft auch in Zukunft<br />
belasten. Nebst den genannten Entwicklungen<br />
ist für die Schweiz auch der weitere<br />
Verlauf des Euro-Franken-Wechselkurses<br />
zentral. Die Wirtschaft ist vor entsprechend<br />
grosse Herausforderungen gestellt und<br />
muss beweisen, dass sich nach der raschen<br />
Erholung ein nachhaltiges Wachstum etablieren<br />
kann. <<br />
Das Branchenhandbuch 20<strong>11</strong> und die Detailhandelsstudie «Retail Outlook 20<strong>11</strong>» des Economic Research<br />
fi nden Sie unter www.credit-suisse.com/research (Schweizer Wirtschaft / Branchen).<br />
Wer baut, rechnet.<br />
Und heizt mit Holz.<br />
Setzen Sie auf die Energie, die nachwächst – und Ihnen auch<br />
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<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse<br />
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Fotos: Muster Mustermann | Muster Mustermann
Anlagestrategien Wirtschaft 39<br />
Passende Produkte für<br />
jedes Kundendomizil<br />
Andreas Russenberger, Leiter Global MACS (Multi Asset Class Solutions) Mandates and<br />
Funds der Credit Suisse, erklärt, warum das Thema <strong>Herkunft</strong> für die Entwicklung seiner<br />
Produkte, aber auch für den Know-how-Transfer innerhalb des Unternehmens wichtig ist.<br />
Foto: Rainer Wolfsberger<br />
<strong>bulletin</strong>: Wo begegnen Sie dem Thema <strong>Herkunft</strong><br />
in Ihrem Berufsalltag?<br />
Andreas Russenberger: Das Thema <strong>Herkunft</strong> beschäftigt<br />
mich in dreierlei Hinsicht: in Bezug auf unsere Mitarbeitenden,<br />
Kunden und Produkte.<br />
Dann lassen Sie uns zuerst über die Mitarbeitenden<br />
sprechen. Warum ist deren <strong>Herkunft</strong> wichtig?<br />
Das Portfolio-Management der Credit Suisse ist weltweit<br />
an 20 Orten präsent. Als Teil eines global tätigen, Schweizer<br />
Finanzunternehmens müssen wir – egal ob in Hongkong, London,<br />
Dubai oder Singapur – eine gute Mischung von erfahrenen Fachleuten<br />
aus dem In- und Ausland haben.<br />
Wie gross ist bei dieser Mischung der Anteil an lokal<br />
verankerten Mitarbeitenden?<br />
Ein guter Mix ist entscheidend. Generell kann gesagt werden, dass<br />
wir vermehrt auf einheimische Mitarbeitende setzen. Die Zeiten sind<br />
vorbei, als man als Schweizer Bank von all seinen Kunden erwarten<br />
konnte, dass sie durchwegs Englisch oder Deutsch sprachen. Der<br />
Kunde fühlt sich wohler, wenn er in seiner Muttersprache kommunizieren<br />
kann. Doch selbst in Australien, wo die Sprache an sich weniger<br />
das Problem wäre, beschäftigen wir vorwiegend einheimische<br />
Mitarbeitende, die auch mit der Kultur und vor allem mit der lokalen<br />
Rechtssprechung sowie dem regulatorischen Umfeld vertraut sind.<br />
Somit wird also vor allem die lokale Verankerung<br />
immer wichtiger ?<br />
Nicht nur. Als global tätiges Unternehmen müssen wir unser internationales<br />
Know-how bestmöglich nutzen. Aus diesem Grund haben<br />
wir in unserem Bereich ein offizielles Austauschprogramm eingeführt,<br />
bei dem unsere Mitarbeitenden jeweils für ein paar Monate an einem<br />
anderen der 20 Standorte arbeiten. Damit soll eine Art gegenseitige,<br />
kulturelle Befruchtung ermöglicht werden. Auch kann das grosse<br />
Produkte-Know-how und das Fachwissen, das in der Schweiz vorhanden<br />
ist, Mitarbeitenden an anderen Standorten zugänglich gemacht<br />
werden – und umgekehrt.<br />
Damit wäre der Know-how-Transfer auf der zwischenmenschlichen<br />
Ebene gewährleistet. Wie sieht das auf der<br />
produktetechnischen Ebene aus?<br />
Wir verfolgen beim Portfolio-Management eine Strategie von spezialisierten<br />
Produktionsstandorten. So soll zum Beispiel ein gemischtes<br />
Euro-Portfolio für einen deutschen Kunden überall auf der Welt<br />
gleich aussehen und eine gleich hohe Qualität aufweisen. Entsprechend<br />
wird das Grundraster eines solchen Portfolios von Zürich<br />
aus in die verschiedenen Länder geschickt, wo es kopiert und an<br />
die lokalen Gegebenheiten angepasst wird. Damit können<br />
wir sicherstellen, dass der Kunde unabhängig vom<br />
Booking Center überall die gleiche Qualität erhält. Nehmen<br />
wir auf der anderen Seite ein Mandat, das in asiatische<br />
Wertschriften investieren soll. Das sollte nicht in<br />
Zürich entwickelt werden, sondern sinnvollerweise im<br />
asiatischen Kompetenz-Center in Singapur. Dadurch<br />
wird asiatisches Know-how auch für Schweizer Kunden<br />
zugänglich. Einerseits fördern wir also sehr gezielt den kulturellen<br />
Austausch und machen andererseits das lokale Fachwissen mittels<br />
moderner Technik allen Kunden global zugänglich.<br />
Insgesamt gesehen rückt die Schweizer <strong>Herkunft</strong> der<br />
Credit Suisse also immer mehr in den Hintergrund?<br />
Die Tendenz besteht, richtig. Wir müssen uns als global tätige<br />
Schweizer Bank bezüglich Kultur und Sprachkompetenz ganz klar<br />
dem Kunden annähern. Es braucht in den verschiedenen Märkten<br />
lokal verankerte Mitarbeitende. Trotzdem wollen wir unseren Kunden<br />
in aller Welt ein gewisses Mass an Swissness zuteil werden lassen.<br />
Und wie sieht das aus?<br />
Indem wir zum Beispiel in der Schweiz Produktedesigns entwerfen<br />
und unsere hohen Standards beim Controlling, Risk Management<br />
sowie Legal und Compliance global anwenden. Für mich gehört zum<br />
Begriff Swissness abgesehen von den hohen Qualitätsansprüchen<br />
und der Vertrauenswürdigkeit auch ein bescheidenes, zuvorkommendes<br />
und professionelles Auftreten.<br />
Damit sind wir von den Mitarbeitenden quasi fliessend zu<br />
den Produkten übergegangen. Bleibt von den drei ursprünglich<br />
erwähnten Punkten noch die <strong>Herkunft</strong> der Kunden.<br />
Bei unseren Kunden wird die <strong>Herkunft</strong> nicht nur über den Pass definiert,<br />
sondern vor allem auch über das Wohn- und Steuerdomizil.<br />
Ganz egal in welchem Booking Center ein Kunde den Abschluss<br />
macht, er bekommt immer Produkte, welche die Bestimmungen des<br />
Steuerrechts oder anderer regulatorischer Vorschriften seines <strong>Herkunft</strong>slandes<br />
erfüllen. Wir sind diesbezüglich führend auf dem Markt.<br />
Wie kann das gewährleistet werden?<br />
Indem wir das in der Schweiz entwickelte Rohgerüst eines Produktes<br />
in die wichtigsten Zielmärkte zur rechtlichen Abklärung schicken.<br />
Dort müssen in der Regel noch verschiedene Feinanpassungen gemacht<br />
werden. Doch am Schluss kann zum Beispiel ein Kunde mit<br />
Wohnsitz in Frankreich irgendwo auf der Welt das in Frankreich zulässige<br />
Produkt mit Schweizer Wurzeln buchen. Solche aufwändigen<br />
Abklärungen im jeweiligen <strong>Herkunft</strong>sland der Kunden können nur<br />
wenige global tätige Finanzunternehmen bieten. Daniel Huber<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
40 Wirtschaft Afrika<br />
Afrikas<br />
Potenzial<br />
ist weiterhin<br />
enorm<br />
6%<br />
Illustration: John Hollander<br />
4%<br />
BIP-Wachstum Afrika BIP-Wachstum weltweit<br />
2%<br />
0%<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2<strong>01</strong>0 2<strong>01</strong>2<br />
1 Afrika übertrifft globales Wachstum<br />
Das Wachstum des realen Bruttoinlandprodukts (BIP) in Afrika dürfte sowohl 20<strong>11</strong> als auch 2<strong>01</strong>2<br />
das globale Wachstum übertreffen. Quelle: IMF, Credit Suisse
Afrika Wirtschaft 41<br />
Afrikas Entwicklung ist im Wandel begriffen. Nach einem Jahrzehnt mit überdurchschnittlichem<br />
realem Wachstum zeigten sich viele Skeptiker von der wirtschaftlichen Leistung<br />
des Kontinents überrascht. Afrikas vielversprechende Aussichten beruhen auf einer Reihe<br />
von Wachstumstreibern; allen voran die gewaltigen Bodenschätze des Kontinents, gefolgt<br />
vom Mobilfunk bis hin zur Landwirtschaft.<br />
Text: Robert Ruttmann, Eastern Europe & Africa Equity Research<br />
Nach der rasanten Erholung von der Finanzkrise<br />
und einem Jahrzehnt mit überdurchschnittlichem<br />
Wirtschaftswachstum setzt<br />
Afrika seinen soliden Wachstumstrend fort.<br />
Der wirtschaftliche Aufschwung auf dem<br />
Kontinent dürfte auch weiterhin die globalen<br />
Wachstumsraten übertreffen (siehe Grafik 1).<br />
Dieses nachhaltige Wachstum untermauert<br />
das Szenario eines dauerhaften Wandels mit<br />
langfristigem Entwicklungspotenzial in Afrika.<br />
Dabei stellen sich zurzeit viele Anleger die<br />
Frage: Welche Sektoren sind der Motor für<br />
dieses Wachstum?<br />
Erschliessung der Energiereserven<br />
Afrika hat sich in den letzten Jahren zu einem<br />
wichtigen weltweiten Lieferanten von Öl und<br />
Gas entwickelt. Der Kontinent steht mit<br />
einem Ölvorkommen von 120 Milliarden Barrel<br />
beziehungsweise 9,5 Prozent der Weltreserven<br />
an dritter Stelle der ölreichsten<br />
Regionen. Zudem ist die jährliche Ölproduktion<br />
in Afrika während der letzten zehn Jahre<br />
um 3,4 Prozent angestiegen und beläuft sich<br />
somit auf das Doppelte des Anstiegs der<br />
weltweiten Produktion (1,4 Prozent).<br />
Auf dem afrikanischen Kontinent befinden<br />
sich Erdgasvorkommen von 14,6 Milliarden<br />
Kubikmeter (91,8 Milliarden Barrel); dies entspricht<br />
8,2 Prozent der weltweiten Erdgasreserven<br />
(siehe Grafik 3).<br />
Aufgrund der bisher eingeschränkten Erschliessung<br />
in Afrika geht die Credit Suisse<br />
davon aus, dass noch viel mehr Öl auf dem<br />
Kontinent vorhanden ist. Jüngste Funde in<br />
Uganda und Ghana scheinen diese Annahme<br />
zu bestätigen. Hinzu kommt, dass die bestätigten<br />
Öl- und Gasvorkommen in Afrika in den<br />
letzten zehn Jahren um 15 Prozent gestiegen<br />
sind, während sie in der übrigen Welt nur um<br />
8 Prozent zugenommen haben. Und obwohl<br />
es die grösseren Ölgesellschaften waren, die<br />
zuerst in Afrika investiert haben, sind ihnen<br />
die kleineren dicht auf den Fersen.<br />
Reich an Metallvorkommen<br />
Seit Langem ist bekannt, dass viele afrikanische<br />
Regionen reichhaltige Edel- und Industriemetallvorkommen<br />
aufweisen. In Afrika<br />
befindet sich der Grossteil der weltweit bekannten<br />
Vorkommen an Platin, Chrom und<br />
Diamanten sowie ein grosser Teil der weltweiten<br />
Bauxit-, Kobalt-, Gold-, Phosphatund<br />
Uranvorkommen (siehe Grafik 4). Bezüglich<br />
der globalen Reserven nimmt der Kontinent<br />
weltweit jeweils die erste oder zweite<br />
Stelle ein bei Bauxit, Kobalt, Gold, Diamanten,<br />
Metallen der Platingruppe (PGM), Phosphatgestein,<br />
Vermiculit und Zirkonium.<br />
Führende, grosse Bergbauunternehmen<br />
waren bei Investitionen auf dem afrikanischen<br />
Kontinent im Allgemeinen zurückhaltend.<br />
So haben die grössten globalen Bergbauunternehmen<br />
(BHP Billiton, Vale, Rio<br />
Tinto und Xstrata) nur 6 Prozent ihrer Umsatzerlöse<br />
in Afrika generiert. Kleinere Bergbauunternehmen<br />
haben demzufolge bei der<br />
Erschliessung der Ressourcen eine bedeutende<br />
Rolle gespielt. Viele der afrikanischen<br />
Bergbauunternehmen werden sicherlich von<br />
den neuen Höchstständen der Metallpreise<br />
profitieren.<br />
Anschluss für Afrika<br />
Afrika bleibt der weltweit wachstumsstärkste<br />
Markt für Mobiltelekommunikation. Allein im<br />
vergangenen Jahr konnten entsprechende<br />
Anbieter rund 90 Millionen neue Kunden gewinnen<br />
– so viele Einwohner zählt Deutschland.<br />
Und trotz des spektakulären Wachstums<br />
birgt die Region weiterhin ein bedeutendes<br />
Wachstumspotenzial, da heute in Afrika<br />
erst vier von zehn Menschen Zugang zu einem<br />
Mobiltelefon haben. Dies bedeutet umgerechnet,<br />
dass noch circa 600 Millionen<br />
Afrikaner keinen Mobilfunkanschluss besitzen.<br />
Für die Zukunft erwartet die Credit<br />
Suisse bis 2<strong>01</strong>4 eine Durchdringungsrate<br />
von 75 Prozent, also 350 Millionen Neukunden<br />
– diese Zahl entspricht der Gesamtbevölke<br />
rung der USA. Dieses solide Wachstums -<br />
po tenzial ist einerseits zurückzuführen auf<br />
das steigende Einkommen in den meisten<br />
afrikanischen Ländern und andererseits auf<br />
die wichtige Rolle, die Mobiltelefone für die<br />
Entwicklung Afrikas spielen. Mobiles Banking<br />
beispielsweise erleichtert den Handel<br />
und verringert Informationsasymmetrien, wodurch<br />
es zur Effizienz der Märkte beiträgt.<br />
Finanzdienstleistungen für Afrika<br />
In den meisten Grenzmärkten ist der Bankensektor<br />
einer der ersten Bereiche, der Wachstum<br />
verzeichnet. In Afrika war dies nicht<br />
anders. Laut McKinsey belief sich 2008<br />
das gesamte Bankvermögen in Afrika auf<br />
1,1 Billionen US-Dollar, vergleichbar mit<br />
Russland mit circa 1 Billion US-Dollar. Als im<br />
Jahr 2007 die chinesische ICBC, die grösste<br />
Bank der Welt gemessen an der Marktkapitalisierung,<br />
5,5 Milliarden US-Dollar für einen<br />
Anteil von 20 Prozent an der südafrikanischen<br />
Standard Bank Group zahlte, begannen<br />
Banker weltweit das Potenzial des afrikanischen<br />
Bankensektors zu realisieren.<br />
Rund 80 Prozent der Afrikaner haben immer<br />
noch keinen Zugang zu einem Bankkonto<br />
(siehe Grafik 7).<br />
Viele Banken nutzen dieses Wachstumspotenzial<br />
und entwickeln innovative Dienst- ><br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
30%<br />
20%<br />
10%<br />
Subsahara-Afrika<br />
Lateinamerika<br />
Asien/Pazifik<br />
Europa<br />
Nordamerika<br />
Nordasien<br />
Mittlerer Osten / Nordafrika<br />
60%<br />
40%<br />
20%<br />
Naher Osten<br />
Eurasien<br />
Afrika<br />
Lateinamerika<br />
Nordamerika<br />
Asien/Pazifik<br />
0%<br />
0%<br />
2 Ein Kontinent mit einem enormen Agrarpotenzial<br />
Kein anderer Kontinent verfügt grundsätzlich über so viel<br />
landwirtschaftlich nutzbare Gebiete wie Afrika.<br />
3 Nur ein Bruchteil der Öl- und Gasreserven des<br />
afrikanischen Kontinents sind erschlossen<br />
Afrika verfügt weltweit über die drittgrössten Öl- und Gasreserven.<br />
80%<br />
40%<br />
Platin<br />
Diamanten<br />
Kobalt<br />
Vermiculit<br />
Phosphat<br />
Bauxit<br />
Zirkonium<br />
Flussspat<br />
Mangan<br />
Uran<br />
Gold<br />
Kupfer<br />
2<br />
1<br />
Entwickelte Volkswirtschaften<br />
Emerging Markets<br />
Asien<br />
Lateinamerika<br />
Afrika<br />
0%<br />
0<br />
4 Enorme Metallvorkommen<br />
Ein Grossteil der globalen Ressourcen an Edel- und Industriemetallvorkommen<br />
befindet sich in Afrika.<br />
5 Infrastruktur: Grosses Verbesserungspotenzial<br />
Afrika verfügt weltweit über die geringste regionale Infrastrukturkapazität.<br />
120%<br />
80%<br />
40%<br />
Afrika<br />
Asien/Pazifik<br />
Naher Osten<br />
Lateinamerika<br />
Nordamerika<br />
Osteuropa<br />
Westeuropa<br />
20%<br />
16%<br />
12%<br />
8%<br />
80%<br />
60%<br />
40%<br />
20%<br />
Subsahara-Afrika<br />
Arabische Staaten<br />
Lateinamerika<br />
Ostasien<br />
Südasien<br />
Insgesamt<br />
Zentralasien und Osteuropa<br />
Einkommensstarke OECD-Staaten<br />
0%<br />
0%<br />
0%<br />
6 Rasanter Anstieg der Mobil telefondurchdringung<br />
In Afrika gibt es eine geringe Marktdurchdringung und grosses Wachstumspotenzial<br />
für die Telekommunikationsbranche. Durchschnittliche<br />
prognostizierte jährliche Wachstumsrate 2007–12 (rechte Achse).<br />
7 Gute Aussichten für den afrikanischen Bankensektor<br />
80 Prozent der Erwachsenen in Afrika haben immer noch keinen Zugang zu<br />
einem Bankkonto.
Afrika Wirtschaft 43<br />
leistungen wie Mobile Banking, um diese<br />
Zielgruppe der Erstkunden für den Finanzsektor<br />
zu erschliessen. Mikrofinanz-Institute<br />
haben gezeigt, dass der Zugang zu Kapital,<br />
selbst in Form von sehr kleinen Darlehen, die<br />
Produktivität steigern und sogar ein florierendes<br />
Geschäftsumfeld in Niedriglohnländern<br />
schaffen kann.<br />
Afrika verfügt über enormes Potenzial im<br />
Agrarsektor. Obwohl 25 Prozent der landwirtschaftlich<br />
nutzbaren Gebiete weltweit auf<br />
dem afrikanischen Kontinent liegen, macht<br />
der Anteil Afrikas an der globalen Agrarproduktion<br />
nur 10 Prozent aus. Dies ist hauptsächlich<br />
auf unzureichende technische Ressourcen<br />
zurückzuführen. Es kommt beispielsweise<br />
nur ein Traktor auf 868 Hektar.<br />
Der Weltdurchschnitt liegt bei einem Traktor<br />
auf 56 Hektar. Zudem setzen afrikanische<br />
Landwirte nur 13 Prozent des Volumens an<br />
Dünger ein, der sonst durchschnittlich ausgebracht<br />
wird. Dies führt dazu, dass die landwirtschaftlichen<br />
Erträge in Afrika 66 Prozent<br />
unter dem Weltdurchschnitt liegen.<br />
in USD<br />
2000.00<br />
1000.00<br />
0.00<br />
4.8% CAGR<br />
2000 2002<br />
2004<br />
2006<br />
2008<br />
2<strong>01</strong>0 2<strong>01</strong>2 2<strong>01</strong>4<br />
8 Anstieg der Kaufkraft in Afrika<br />
Das Pro-Kopf-Einkommen in Afrika steigt weiterhin jährlich um durchschnittlich fünf Prozent.<br />
Illustrationen: John Hollander<br />
Landwirtschaftsflächen besser nutzen<br />
Diese Zahlen sprechen dafür, dass die landwirtschaftliche<br />
Produktion durch den Einsatz<br />
von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, Bewässerungsmethoden<br />
und besserer Technologie<br />
erheblich gesteigert werden kann. Darüber<br />
hinaus verfügt der Kontinent über mehr<br />
als 27 Prozent der weltweit ungenutzten Agrarflächen<br />
(siehe Grafik 2). Eine Erschliessung<br />
dieses Potenzials könnte auch einen Multiplikatoreffekt<br />
haben, da mehr als 65 Prozent<br />
der afrikanischen Bevölkerung in der Landwirtschaft<br />
tätig sind.<br />
Bedingt durch das anhaltende Wachstum<br />
wird auch der afrikanische Verbrauchermarkt<br />
immer attraktiver. Von 2005 bis 2008 stiegen<br />
die Konsumausgaben in Afrika um<br />
16 Prozent jährlich, dies ist mehr als das<br />
Doppelte des BIP-Wachstums während dieses<br />
Zeitraums. Diese Entwicklung sowie weiterhin<br />
steigende Einkommen widerspiegeln<br />
sich in einem wachsenden afrikanischen<br />
Verbrauchersegment. Laut Angaben des<br />
Internationalen Währungsfonds soll bis 2<strong>01</strong>5<br />
das Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Kopf in<br />
Afrika durchschnittlich um 5 Prozent jährlich<br />
wachsen (siehe Grafik 8).<br />
Bis zum Jahr 2<strong>01</strong>5 führt dies zu einem Anstieg<br />
der Kaufkraft von mindestens 30 Prozent.<br />
Es bedeutet auch, dass mehr Verbraucher von<br />
einem sehr niedrigen Einkommensniveau (das<br />
heisst unter 1000 US-Dollar) in ein die Grundbedürfnisse<br />
deckendes Einkommensniveau<br />
wechseln (1000 bis 5000 US-Dollar) und somit<br />
zur wachsenden Mittelschicht gehören.<br />
Unternehmen, die den steigenden Konsumbedarf<br />
dieser wachsenden afrikanischen Mittelschicht<br />
bedienen wollen, könnten sehr wohl<br />
von Erstanbieter-Vorteilen profitieren.<br />
Steigende Infrastrukturausgaben<br />
Die Produktivität der afrikanischen Volkswirtschaften<br />
wird noch immer durch unzureichende<br />
Infrastrukturen gebremst. Dadurch<br />
resultieren Transportengpässe und Unterbrechungen<br />
in der Stromversorgung. Die<br />
Trans port kosten in Afrika sind bis zu viermal<br />
höher als in den Industrienationen und stellen<br />
de facto eine Handelsbeschränkung dar und<br />
hemmen die Wirtschaftstätigkeit. Auf dem<br />
Kontinent, dessen Bewohner mit ständigen<br />
Unterbrechungen der Stromversorgung zu<br />
kämpfen haben, findet man nur ein paar marode<br />
Bahnstrecken und nichts, was im Entferntesten<br />
einer transkontinentalen Autobahn<br />
ähneln würde.<br />
Obwohl die Investitionsausgaben afrikaweit<br />
von drei Milliarden US-Dollar im Jahr<br />
1998 auf zwölf Milliarden US-Dollar 2007<br />
ge stiegen sind – drei Viertel kommen aus China<br />
–, benötigt der Kontinent laut McKinsey<br />
bis 2<strong>01</strong>4 noch geschätzte 180 Milliarden US-<br />
Dollar, um die Millenniums-Entwicklungs ziele<br />
zu erreichen. Es bedarf also mehr Investitionen<br />
von Staaten und privaten Unternehmen.<br />
Die frühzeitige chinesische Präsenz in Afrika<br />
und der dadurch bedingte Erfolg könnten mehr<br />
internationale Unternehmen dazu veran lassen,<br />
dem Beispiel der Volksrepublik zu folgen.<br />
Keine risikolosen Anlagen<br />
Der fast zehnjährige Konjunkturaufschwung<br />
hat die traditionelle Sichtweise Afrikas als<br />
einer kriegszerrütteten, verarmten Krisenregion<br />
ohne Anlagepotenzial in Frage gestellt.<br />
Und dieser Trend verlagert den Schwerpunkt<br />
der Weltwirtschaft weiter in Richtung der<br />
Emerging Markets. Die Nachfrage aus China<br />
und Indien nach den umfangreichen afrikanischen<br />
Ressourcen wird auch weiterhin für<br />
ein starkes Interesse an Afrika vonseiten<br />
ausländischer Unternehmen sorgen. Doch<br />
trotz der vielversprechenden Aussichten sollten<br />
sich die Anleger auch der politischen,<br />
rechtlichen und operationellen Risiken, die<br />
mit allen Geschäften in Afrika verbunden<br />
sind, bewusst sein. Unter Berücksichtigung<br />
dieser Risiken müsste aber auch darauf hingewiesen<br />
werden, dass viele Regionen, die<br />
ähnlich wie Afrika als unsicher, exotisch und<br />
risikoreich eingestuft worden sind – darunter<br />
Länder wie Indien und China –, Anlegern in<br />
den letzten Jahren hohe Renditen eingebracht<br />
haben. Im 21. Jahrhundert könnte nun<br />
Afrika an der Reihe sein. <<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
44 Wirtschaft Nanotechnologie<br />
Winzige Technologie,<br />
riesiges Potenzial<br />
Der jährliche Umsatz mit nanobasierten Produkten dürfte sich bis 2<strong>01</strong>5 verdreifachen.<br />
Die Treiber für dieses starke Wachstum sind die steigende Energienachfrage,<br />
Ressourcenknappheit, Aspekte der Energieversorgungssicherheit und höhere<br />
Erwartungen an die Lebensqualität.<br />
Mobiltelefon-Evolution:<br />
vom Motorola DynaTAC<br />
aus dem Jahr 1983 zum<br />
2007 lancierten iPhone.<br />
Text: Dr. Miroslav Durana, Leiter Index Development and Nanotechnology, Thematic Research<br />
1983 lancierte Motorola mit Genehmigung<br />
des US-Kommunikationsausschusses die<br />
Produktserie DynaTAC. Es handelte sich dabei<br />
um die erste Palette moderner Mobiltelefone.<br />
Das Telefon war so gross wie ein Taschenbuch<br />
und im Vergleich zum heutigen<br />
Samsung Galaxy Smartphone äusserst ressourcen-<br />
und kostenintensiv. Das Galaxy-<br />
Telefon benötigt über 80 Prozent weniger<br />
Rohmaterial (Kunststoffe, Keramik und<br />
Metalle) als sein Vorläufer von Motorola, was<br />
enorme Einsparungen von Ressourcen, Energie,<br />
Abfall und Schadstoffen ermöglicht. Darüber<br />
hinaus verfügt das Smartphone über<br />
zahlreiche neue Funktionen wie eine leistungsfähigere<br />
Datenverarbeitung und -visualisierung,<br />
internetbasierte Applikationen,<br />
Kamera und GPS. Mit einem Verkaufspreis<br />
ab 500 US-Dollar ist das Smartphone über<br />
90 Prozent billiger als das erste Mobiltelefon<br />
von Motorola (auf Basis des aktuellen Dollarkurses).<br />
Möglich wurde dieser Durchbruch<br />
dank der Einführung zahlreicher nanobasierter<br />
Lösungen wie einem Display mit organischen<br />
Leuchtdioden, der 45-nm-Siliziumtechnologie<br />
und Lithium-Ionen-Batterien.<br />
Seit seiner Einführung im Juni 2<strong>01</strong>0 wurden<br />
unseren Schätzungen zufolge bis Anfang<br />
Dezember über 8 Millionen Stück dieses<br />
Smartphones verkauft – das Beispiel veranschaulicht<br />
die rasante Entwicklung des Nanotechnologiemarktes.<br />
Die zunehmende Anwendung der Nanotechnologie<br />
ist von Interesse für verschiedene<br />
ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche<br />
Herausforderungen. Dazu gehören die<br />
wachsende Energie- und Ressourcenknappheit,<br />
die Gesundheitsversorgung, steigende<br />
Erwartungen an die Lebensqualität und Mo-<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Nanotechnologie Wirtschaft 45<br />
oto: Kyle Bean<br />
F<br />
bilität sowie das Leben in einer informationsintensiveren<br />
Welt. Hauptgrund für den Höhenflug<br />
der Nanotechnologie ist die Tatsache,<br />
dass wir mit dieser Technologie Materialien<br />
und Prozesse auf der Ebene der Atome oder<br />
auf Nanometer-Ebene steuern oder beeinflussen<br />
können (1 Nanometer = 0,0000<strong>01</strong><br />
Millimeter), um Materialien oder Produkte mit<br />
neuen oder besseren Eigenschaften oder<br />
Funktionen hervorzubringen. Auf der Grundlage<br />
unserer Analysen lassen sich die Märkte<br />
für Nanotechnologie in fünf Schlüsselsektoren<br />
einteilen (siehe Grafik 1).<br />
Langfristiger Wachstumstreiber<br />
Samsung Electronics kündigte zum Beispiel<br />
an, dass das Unternehmen bis 2020 rund<br />
21 Milliarden US-Dollar für die Entwicklung<br />
neuer Technologien aufwenden werde, insbesondere<br />
für Lithium-Ionen-Batterien für<br />
künftige Hybrid- und Elektroautos, leistungsfähigere<br />
Speicher für elektronische Geräte<br />
wie Tablet-PC und Laptops sowie für Leuchtdioden<br />
(LED). Samsung will im laufenden<br />
Jahrzehnt sieben bis acht Milliarden US-Dollar<br />
für die Entwicklung nanobasierter LED-<br />
Beleuchtungen und zehn Milliarden US-Dollar<br />
für die Entwicklung wiederaufladbarer (Lithium-Ionen-)Batterien<br />
und neuer Solarsysteme<br />
aufwenden. Die meisten dieser Technologien<br />
werden nanobasierte Elemente<br />
beinhalten, die das Verhältnis zwischen Leistung<br />
und Kosten verbessern. Ein weiteres gutes<br />
Beispiel ist die Absicht der südkoreanischen<br />
Regierung, zwischen 20<strong>11</strong> und 2<strong>01</strong>3<br />
jährlich fast sechs Milliarden US-Dollar für<br />
Umwelttechnolog ien auszugeben. Mehrere<br />
dieser grünen Technologien dürften die Eigenschaften<br />
von Produkten im Nanometer-Massstab<br />
zur Leistungssteigerung nutzen, wie dies<br />
in Wasseraufbereitungsanlagen der Fall ist.<br />
Nanotechnologie dürfte zu den Schlüsseltechnologien<br />
des 21. Jahrhunderts zählen<br />
und zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum<br />
beitragen. Mit Nanotechnologie<br />
lassen sich leichtere und intelligentere<br />
Produkte entwickeln, die zudem den steigenden<br />
Erwartungen an die Lebensqualität<br />
Rechnung tragen, Ressourcen und Umwelt<br />
schonen und die Gesundheitskosten eindämmen.<br />
Das wird mit grosser Wahrscheinlichkeit<br />
zu einem starken Wachstum in den Märkten<br />
für Nanotechnologie in allen fünf Sektoren<br />
(siehe Grafik. 1) führen. Die starke Nachfrage<br />
betrifft vermutlich vor allem neue Smartphones,<br />
Laptops, Tablet-PC, LED-Produkte,<br />
Fernseher mit LED und organischen LED,<br />
elektronische oder medizinische Geräte, Lösungen<br />
zur Wasseraufbereitung, Lithium-Ionen-Batterien,<br />
Dünnschicht-Solarzellen,<br />
Schadstoffreinigungsverfahren und Arzneimittel-Abgabesysteme.<br />
Dieser Trend dürfte in den kommenden<br />
Jahren anhalten. Viele nanobasierte Produkte<br />
sind bereits im industriellen Massstab<br />
erhältlich, doch Innovation und Produktionsoptimierung<br />
sind ein laufender Prozess. Weltweit<br />
dürften sich die Ausgaben für Forschung<br />
und Entwicklung in diesem Bereich bis 2<strong>01</strong>3<br />
gegenüber 2<strong>01</strong>0 mehr als verdoppeln und<br />
70 Milliarden US-Dollar erreichen. Bis 2<strong>01</strong>5<br />
wird sich der Markt für Nanotechnologie<br />
Schätzungen zufolge mehr als verdreifachen<br />
und auf über 380 Milliarden US-Dollar wachsen.<br />
Dafür sprechen steigende Investitionen<br />
in Forschung und Entwicklung, die Aussicht<br />
auf weitere technische Meilensteine, Produktionsoptimierungen<br />
und Skaleneffekte.<br />
Wachtum von über 20 Prozent<br />
Auf Sektorebene werden die höchsten<br />
Wachstumsraten (bis 2<strong>01</strong>5 über 25 Prozent<br />
jährlich) für den Bereich der «Nano-In formationstechnologie»<br />
prognostiziert. Dafür<br />
spricht die erwartete rasche Durchdringung<br />
des Marktes mit 24-nm- und 32-nm-Speichertechnologien,<br />
LED-Beleuchtungen und-<br />
Displays sowie mit vielfältigen Mobilgeräten<br />
wie Smartphones, Laptops, Speichermedien<br />
(wie USB-Sticks), optimierten DVD-Playern<br />
und medizinischen Geräten. Die durchschnittliche<br />
jährliche Wachstumsrate in den<br />
Bereichen «Nanomaterialien» und «Nanoenergie<br />
und andere» wird auf über 20 Prozent<br />
geschätzt. Angekurbelt wird sie hauptsächlich<br />
durch die starke Nachfrage nach nanobasierten<br />
Materialien und Verbundwerkstoffen<br />
(z. B. nanostrukturierte Metalloxide),<br />
nanobasierten Sonnenkollektoren, Lithium-<br />
Nanowerkzeuge<br />
· Optische<br />
Mikroskopie<br />
· Elektronen-und<br />
Atomkraft-<br />
Mikroskopie<br />
Nanounterlagen<br />
· Nanomaterialien<br />
· Verbundbeschichtung<br />
· Nanofabrikationen<br />
Märkte für<br />
Nanotechnologie<br />
Nanoenergie<br />
und<br />
andere<br />
· Solarmodule<br />
· Batterien<br />
· Nanofiltration<br />
· Supraleiter<br />
2 Outperformance der Märkte<br />
Der Credit Suisse Global Nanotechnology Index<br />
schneidet seit Jahren besser ab als der MSCI<br />
World Equity Index. Quelle: Bloomberg, Credit Suisse / IDC<br />
Index<br />
220<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
06.02<br />
06.03<br />
06.04<br />
06.05<br />
06.06<br />
Credit Suisse Global Nanotechnology Index<br />
MSCI World<br />
Ionen-Batterien und Abluftreinigungssystemen<br />
für die Sektoren Energie, Verteidigung,<br />
Automobile und Investitionsgüter. Das niedrigste<br />
Wachstum mit einer durchschnittlichen<br />
jährlichen Wachstumsrate von schätzungsweise<br />
8 bis 15 Prozent wird für den Sektor «Nanowerkzeuge»<br />
erwartet, da dieser Bereich<br />
technisch bereits weit fortgeschritten ist.<br />
Besser als die Aktienmärkte<br />
Die Credit Suisse entwickelte den Credit<br />
Suisse Global Nanotechnology Index (Bloomberg<br />
Ticker: CSGNI Index) für Anleger, die<br />
an der wirtschaftlichen und technologischen<br />
Dynamik im Nanotechnologiemarkt teilhaben<br />
wollen. Grafik 2 zeigt, dass der Index langfristig<br />
besser abgeschnitten hat als der MSCI World<br />
Equity Index und dass die Nanotechnologiemärkte<br />
wesentlich bessere Wachstumsaussichten<br />
aufweisen als die globalen Aktienmärkte.<br />
<<br />
1 Die Schlüsselsektoren für Nanotechnologie<br />
Die Märkte für Nanotechnologie lassen sich in fünf Schlüsselsektoren einteilen.<br />
Nano-<br />
Informationstechnologie<br />
· Gedruckte<br />
Elektronik<br />
für Speicherelemente<br />
· Beleuchtung<br />
(O-LED)<br />
· Flachbildschirm<br />
06.07<br />
06.08<br />
06.09<br />
06.10<br />
Quelle: Credit Suisse<br />
Nano-<br />
Gesundheitsprodukte<br />
· Biomaterialien<br />
· Arzneimittelabgabe<br />
· Medizintechnik<br />
· Krebsbehandlung<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
46 Wirtschaft Anlagestrategien<br />
Die Schwellenländer und allen voran China (im Bild ein Stahlwerk) sind zum Wachstumsmotor der globalen Konjunktur geworden.
Anlagestrategien Wirtschaft 47<br />
Schwellenländer als<br />
Alternative im Aktienund<br />
Obligationenbereich<br />
Die Schwellenländer haben sich im letzten Jahrzehnt von der Werkbank der Welt<br />
zum wichtigsten Wachstumsmotor der globalen Konjunktur entwickelt, wobei der<br />
Binnenkonsum zu einer immer wichtigeren Wachstumskomponente wird.<br />
Das macht sie zu einem spannenden Anlagethema.<br />
Text: Anja Hochberg, Leiterin Anlagestrategie, Adrian Zürcher, Stratege Aktien / Emerging Markets<br />
Foto: Lin Debin, Imaginechina<br />
Im laufenden Jahr werden die Schwellenländer<br />
rund 75 Prozent des globalen Wachstums<br />
generieren (Abbildung 1). Dass es sich dabei<br />
weniger um einen zyklischen Schub als vielmehr<br />
um einen starken strukturellen Trend<br />
handelt, davon sind wir überzeugt. Dank einer<br />
engeren Einbindung in die Weltwirtschaft gelang<br />
vielen Schwellenländern im vergangenen<br />
Jahrzehnt der entscheidende Übergang<br />
vom exportgetriebenen Wachstum zu einem<br />
binnenwirtschaftlich orientierten Modell. Dies<br />
führte in den letzten Jahren zu einem Ausgleich<br />
der Kräfteverhältnisse. War der globale<br />
Konsum zu Beginn der 1990er-Jahre noch<br />
stark durch die amerikanischen Konsumenten<br />
bestimmt, so hat die Konsumkraft der<br />
Schwellenländer mittlerweile diejenige der<br />
USA eingeholt. Als tragende Säulen für den<br />
wirtschaftlichen Aufholprozess erweisen sich<br />
dabei das robuste demografische Gerüst<br />
der Schwellenländer und die tiefe Verschuldungsrate<br />
bei den privaten und staatlichen<br />
Haushalten (Abbildung 2).<br />
Anlagen in Emerging Markets<br />
Der deutlich steigende Einfluss auf die Weltwirtschaft<br />
und die starke Wachstumskraft<br />
machen Schwellenländer aber auch zu einem<br />
wesentlichen Anlagethema. Wir sind der<br />
Meinung, dass ein Engagement in diesen<br />
Märkten in keinem ausgewogenen Portfolio<br />
mehr fehlen sollte. Es gilt jedoch zu beachten,<br />
dass solche Investitionen wesentlich<br />
detailliertere Expertisen erfordern. Die Sensitivität<br />
der einzelnen Anlageklasse auf<br />
länderspezifische Ereignisse ist im Weiteren<br />
deutlich höher. Dadurch steigen die Chancen<br />
für lohnende Investitionen, aber auch die<br />
Risiken verhalten sich in Abhängigkeit zu den<br />
Opportunitäten.<br />
Die Herausforderung hierbei besteht darin,<br />
einen Prozess zu implementieren, der in<br />
der Lage ist, Marktineffizienzen zeitnahe zu<br />
erkennen und in den Portfolios umzusetzen.<br />
Dabei sollen unter Wahrung eines kontrollierten<br />
Risikos Investitionen innerhalb der<br />
verschiedenen Regionen und Länder so umgeschichtet<br />
werden, dass eine zusätzliche<br />
Renditequelle entsteht. Um diese Herausforderungen<br />
besser zu berücksichtigen und<br />
dem zunehmenden Bedürfnis unserer Kunden<br />
nach Anlagen in Emerging Markets entsprechen<br />
zu können, hat das Credit Suisse<br />
Asset Management unter der Leitung des<br />
CIO Office ein neues Expertenteam zusammengestellt:<br />
das Emerging Market Steering<br />
Committee (EMSC). Ziel dieser in den globalen<br />
Gesamtanlageprozess eingebundenen<br />
Spezialistenrunde ist es, im Rahmen der<br />
taktischen Asset Allocation (sprich Vermögensaufteilung)<br />
vorübergehende Ungleichgewichte<br />
bei Aktien, Anleihen oder Währungen<br />
aus den Emerging Markets systematisch zum<br />
Vorteil unserer Kunden zu nutzen.<br />
Aktuelles Marktumfeld und Ausblick<br />
Eine gewisse Konjunkturabschwächung ist<br />
zwar auch in den Schwellenländern festzustellen,<br />
insbesondere in China, wo sich das<br />
Wachstum über die letzten Monate sichtbar<br />
auf 9,6 Prozent (drittes Quartal) verlangsamt<br />
hat. Dies hat bei einigen Marktteilnehmern<br />
bereits Sorgen über eine mögliche harte<br />
Landung im Reich der Mitte ausgelöst. Das<br />
EMSC ist jedoch klar der Meinung, dass solche<br />
Bedenken übertrieben sind. China hat<br />
es bis anhin bestens verstanden, die richtigen<br />
Schritte zur Begrenzung der Inflation sowie<br />
zur Abkühlung des heissgelaufenen Häusermarktes<br />
einzuleiten, ohne dadurch die konjunkturelle<br />
Dynamik übermässig einzudämmen.<br />
Die jüngste Stärke bei den wirtschaftlichen<br />
Frühindikatoren wie dem Purchasing<br />
Managers Index bestätigt unsere Einschätzung.<br />
Diese erfreulichen Entwicklungen bieten<br />
der chinesischen Regierung den nötigen<br />
Spielraum, um mit weiteren Massnahmen ><br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
48 Wirtschaft Anlagestrategien<br />
1 Wachstum: Industrialisierte Welt und Schwellenländer im Vergleich<br />
Globales Wachstum wird weiterhin von den Schwellenländern getragen.<br />
Bereits 20<strong>11</strong> werden sie 75 Prozent zum globalen Wachstum beisteuern.<br />
Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft, Amt für Statistik, Credit Suisse<br />
Veränderung gegenüber Vorjahr in %, gewichtet nach Kaufkraftparität<br />
6.0<br />
5.0<br />
4.0<br />
3.0<br />
2.0<br />
1.0<br />
0<br />
–1.0<br />
–2.0<br />
–3.0<br />
1998<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2<strong>01</strong>0<br />
Schwellenmärkte Industrieländer Weltwirtschaftswachstum<br />
2 Verschuldung: Industrialisierte Welt und Schwellenländer im Vergleich<br />
Während die Staatsverschuldung in den Industrieländern weiterhin deutlich ansteigt, nimmt sie<br />
in den Schwellenländern ab. Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse<br />
Staatsschulden (in % des BIP)<br />
<strong>11</strong>0<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
Januar<br />
Schwellenländer<br />
Entwickelte Länder<br />
2006 2007 2008 2009 2<strong>01</strong>0 20<strong>11</strong> 2<strong>01</strong>2 2<strong>01</strong>3 2<strong>01</strong>4 2<strong>01</strong>5<br />
Inflation und Preisübertreibungen im Immobilienmarkt<br />
in den Griff zu bekommen.<br />
Auch in anderen Schwellenländern ist<br />
die Wirtschaftsdynamik tendenziell eher zu<br />
forsch, was eine weitere Straffung der monetären<br />
Zügel nach sich zieht. Es erstaunt<br />
daher nicht, dass in diesem Umfeld sich ausweitender<br />
Zinsdifferenzen die Währungen<br />
der Schwellenländer ihren Aufwärtstrend<br />
weiter fortsetzen dürften. In vielen Ländern<br />
regt sich jedoch Widerstand gegen die<br />
westliche Kapitalflut. Einige Länder haben<br />
Kapitalkontrollen eingeführt, sprich eine Kapitalsteuer<br />
für ausländische Investoren. Das<br />
EMSC erwartet jedoch, dass diese Massnahmen<br />
eher zu höherer Volatilität führen werden,<br />
die Kapitalflüsse jedoch in Richtung Emerging<br />
Markets (EM) aufgrund der Renditevorteile<br />
nicht wesentlich gebremst werden.<br />
Das höhere wirtschaftliche Momentum<br />
in den Schwellenländern und die tiefen Zinsen<br />
in den westlichen Ländern unterstützen<br />
weiterhin ein taktisches Übergewicht von<br />
EM-Anleihen gegenüber den Kernmärkten.<br />
Hierbei bevorzugen wir zurzeit EM-An leihen<br />
in Lokalwährungen gegenüber USD-<br />
Emissionen. Die meisten Währungen dieser<br />
Länder sind unterbewertet und bieten daher<br />
eine zusätzliche Renditequelle. Zudem sehen<br />
wir aufgrund der sehr tiefen US-Zinskurve<br />
wesentlich höhere Risiken bei USD-Anleihen.<br />
Bewertungstechnisch bevorzugen wir<br />
osteuropäische sowie lateinamerikanische<br />
Anleihen in Landeswährungen gegenüber<br />
asiatischen.<br />
Auf der Aktienseite bekräftigen wir aufgrund<br />
der hohen binnenwirtschaftlichen<br />
Dynamik und des höheren Unternehmensgewinnwachstums<br />
das Übergewicht von EM<br />
gegenüber dem Gesamtmarkt. Das zurzeit<br />
schwierige politische Umfeld im Nahen Osten<br />
und mögliche Implikationen für andere EM-<br />
Regionen rechtfertigt jedoch aus taktischer<br />
Sicht nur ein moderates Übergewicht. Asien<br />
als Wach stumsmotor ist unsere bevorzugte<br />
Region. Zwei Favoriten in unserer aktuellen<br />
Allokation sind Korea und seit Kurzem China.<br />
Indien erscheint uns dagegen eher teuer.<br />
Osteuropa stufen wir aufgrund der Heterogenität<br />
der einzelnen Länder neutral ein. Zentralosteuropa<br />
meiden wir zurzeit, hingegen<br />
ist Russland aufgrund der äusserst attraktiven<br />
Bewertung unser Top-Favorit. Die Türkei<br />
ist aufgrund des hohen Wachstums und perspektivisch<br />
fallender Zinsen ebenfalls ein attraktives<br />
Anlageland. In Lateinamerika sehen<br />
wir zurzeit die geringsten Renditechancen,<br />
weshalb wir die Region untergewichten. <<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Dossier Immobilienanlagen<br />
Experten<br />
für nachhaltiges<br />
Bauen<br />
Inhalt<br />
<strong>01</strong> Real Estate Asset Management der Credit Suisse<br />
02 Credit Suisse Real Estate Fund Hospitality<br />
03 greenproperty – Gütesiegel mit Wirkungskraft<br />
04 Hintergrundinterview über nachhaltiges Bauen<br />
05 Business Center Andreaspark, Zürich<br />
06 Projekt Foyer, Zug<br />
07 Immobilienanlagen im Überblick
Spreitenbach<br />
Shoppi<br />
Zürich<br />
Prime Tower<br />
Zürich<br />
Sihlcity<br />
Basel<br />
Messeturm<br />
Zürich<br />
Jelmoli - House of Brands<br />
St. Gallen<br />
Businesshouse<br />
Köniz<br />
Business Park<br />
Rorschach<br />
Trischli’s<br />
La Chaux-de-Fonds<br />
Hauptsitz Tag Heuer<br />
Burgdorf<br />
Residenz Burdlef<br />
Bern<br />
Genfergasse 14<br />
St. Erhard<br />
Silence<br />
Davos<br />
Stilli Park<br />
Pregny-Chambésy<br />
Chemin de Cornillons<br />
Zug<br />
Foyer<br />
Lausanne<br />
EPFL<br />
Zug<br />
Uptown<br />
Genf<br />
Geneva Business Center<br />
Bellinzona<br />
Via dei Gaggini<br />
Genf<br />
Confédération Centre<br />
Luzern<br />
Lakefront<br />
Luzern<br />
Sportarena<br />
<strong>01</strong><br />
Immobilien<br />
Exzellente Asset Manager<br />
Die Anlage in Immobilien ist krisenresistent<br />
und bietet eine stabile Ausschüttungsrendite.<br />
Diese ist im Normalfall<br />
mittelfristig umso attraktiver, je diversifizierter<br />
man seine Anlage gestalten<br />
kann. Weil Privatkunden in dieser<br />
Hinsicht naturgemäss Grenzen gesetzt<br />
sind, schätzen sie die Möglichkeit des<br />
indirekten Investierens via Immobilienfonds.<br />
Auch für professionelle Kunden<br />
wie Pensionskassen sind Anteile an<br />
Immobilienfonds feste Komponenten<br />
ihres Portfolios. In den letzten Jahren<br />
hat sich gezeigt, dass neben der zu<br />
erwartenden Rendite auch die konkrete<br />
Ausrichtung eines Fonds für den<br />
Investitionsentscheid massgebend ist.<br />
Diese Erkenntnis bildet die Basis der<br />
verschiedenen Anlagegefässe des Real<br />
Estate Asset Management der Credit<br />
Suisse, das im Dezember 2<strong>01</strong>0 Immobilienvermögen<br />
im Gesamtwert von 27,2<br />
Milliarden Franken verwaltete. Damit<br />
zählen die Anleger in ihrer Gesamtheit<br />
zu den wichtigsten Vermietern und<br />
Bau herren, denn in <strong>11</strong>00 Liegenschaften<br />
bestehen gut 70 000 Mietverhältnisse,<br />
die einen jährlichen Nettomietertrag von<br />
1,44 Milliarden Franken (2<strong>01</strong>0) ergeben.<br />
Die jährlichen Investitionen aller Immobilienfonds<br />
für Umbauten und Sanie -<br />
rungen belaufen sich auf 250 Millionen<br />
Franken; die derzeit laufenden 48 Neubauprojekte<br />
lösen Gesamtbaukosten von<br />
rund 2,3 Milliarden Franken aus.<br />
Diese hohen Zahlen stellen für die<br />
Fotos: Credit Suisse
02<br />
Immobilien<br />
Premiere Immobilienfonds<br />
mit Gastgeber-Qualität<br />
Die Familie der Immobilien-Anlagegefässe des Real Estate<br />
Asset Management der Credit Suisse ist noch attraktiver<br />
geworden: Der Credit Suisse Real Estate Fund Hospitality stiess<br />
Ende 2<strong>01</strong>0 bei den Investoren auf eine sehr rege Nachfrage.<br />
Bestandesliegenschaften<br />
Projekte<br />
Wert der Immobilienanlagen in den<br />
einzelnen Geschäftsregionen<br />
(in Millionen Schweizer Franken):<br />
Bern 1883, Genfersee 3719,<br />
Innerschweiz 1473,<br />
Nordwestschweiz 5050,<br />
Ostschweiz 1371, Südschweiz 494,<br />
Westschweiz 521, Zürich 8064.<br />
<strong>11</strong>0 Mitarbeitenden des Real Estate<br />
Asset Management der Credit Suisse<br />
unter der Leitung von Markus Graf eine<br />
Verpflichtung dar – die Verpflichtung<br />
zu sorgfältigen Investitionen mit nachhaltigem<br />
Charakter. Andreas Schiendorfer<br />
Mehr Informationen unter<br />
www.credit-suisse.com/ch/<br />
realestate<br />
Hotel Stilli Park,<br />
Davos<br />
EPFL,<br />
Lausanne<br />
In der Schweiz wird die Gastfreundschaft<br />
(Hospitality) seit jeher grossgeschrieben<br />
und kann als Teil unserer nationalen Identität<br />
bezeichnet werden. «Das Hospitality<br />
Business ist ursprünglich aus der Hotellerie<br />
hervorgegangen, umfasst heute aber<br />
ein viel breiter gefächertes Angebot: von<br />
Campus-Liegenschaften, Immobilien für<br />
den Gesundheitssektor, unterschiedlichen<br />
Hotelformen bis hin zu Residenzen sowie<br />
Wohnen im Alpenraum», erklärt Lucas<br />
Meier, Fondsmanager des Credit Suisse<br />
Real Estate Fund Hospitality (CS REF<br />
Hospitality). «Mit dem neuen Fonds investieren<br />
wir nun breit diversifiziert in Hospitality-Liegenschaften<br />
und können unser<br />
Know-how gezielt einbringen.»<br />
Eine Hospitality-Liegenschaft wird laut<br />
Meier dann als erfolgreich eingestuft,<br />
wenn diese gleichermassen die Bedürfnisse<br />
von Investor, Benutzer/Gast und<br />
Betreiber erfüllt. Für den wirtschaftlichen<br />
Erfolg ist der Betreiber von entscheidender<br />
Bedeutung. Deshalb arbeitet der erste<br />
Schweizer Immobilienfonds mit Gastgeberqualitäten<br />
ausschliesslich mit national und<br />
international anerkannten Marken und<br />
Top-Betreibergesellschaften zusammen.<br />
«Zu Interessenkonflikten kann es nicht<br />
kommen, denn eine Beteiligung an Betriebsgesellschaften<br />
ist gesetzlich ausgeschlossen»,<br />
betont Lucas Meier.<br />
Die Immobilienanlagen werden nach<br />
Lage und Nutzungsart diversifiziert. Dabei<br />
können bereits bestehende Liegenschaften<br />
gekauft und nötigenfalls saniert, aber<br />
auch neue Bauprojekte realisiert werden.<br />
Ursprünglich ging man von einer Fondsgrösse<br />
von rund 500 Millionen Schweizer<br />
Franken aus. «Schnell haben wir aber gesehen,<br />
dass die Nachfrage wesentlich<br />
grösser ist», führt der Fondsmanager aus.<br />
«Schliesslich legten wir das Emissionsvolumen<br />
auf 900 Millionen Franken fest.»<br />
Die ersten Investitionen betreffen die attraktiven<br />
Neubauprojekte Hotel Stilli Park in<br />
Davos sowie ein Kongresshaus und ein<br />
Wohngebäude auf dem Campus der Ecole<br />
polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL)<br />
in Ecublens.<br />
Interessant ist der Fonds vor allem für<br />
Anleger mit einem mittel- bis langfristigen<br />
Anlagehorizont, die in erster Linie einen<br />
laufenden Ertrag suchen. Investiert haben<br />
bislang ausschliesslich qualifizierte Anleger,<br />
doch ist geplant, den CS REF Hospitality<br />
in den nächsten fünf Jahren für das<br />
Publikum zu öffnen und an der Schweizer<br />
Börse zu kotieren. schi<br />
kooaba<br />
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über das Hotel Stilli Park sowie<br />
das Kongresszentrum und das<br />
Wohngebäude auf dem Campus<br />
der EPFL bei Lausanne lesen?<br />
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Real Estate Asset Management der Credit Suisse
03<br />
Immobilien<br />
greenproperty<br />
Gütesiegel mit Wirkungskraft<br />
Der im Frühjahr 2009 lancierte Credit Suisse Real Estate Fund Green Property befindet sich<br />
auf Erfolgskurs : Sieben vielversprechende Projekte konnten bereits lanciert werden, darunter<br />
eines eröffnet – das Business Center Andreaspark in Zürich. Und das im Zusammenhang mit<br />
diesem Immobilienfonds entwickelte Gütesiegel greenproperty bewährt sich in der Praxis sehr gut.<br />
Auswertung<br />
Beispielprojekt<br />
Lebenszyklus<br />
Materialien<br />
Im Zusammenhang mit nachhaltigem Bauen<br />
sind Empfehlungen wie Minergie-Standard<br />
oder Gebäudeenergiepass weit herum anerkannte<br />
Begriffe. Allmählich dürfte aber<br />
auch das Gütesiegel greenproperty im Bewusstsein<br />
der Öffentlichkeit einen gewichtigeren<br />
Platz einnehmen, denn Mitte 2<strong>01</strong>0<br />
ist mit dem Business Center Andreaspark<br />
BCA in Zürich-Leutschenbach die erste<br />
greenproperty-Liegenschaft fertiggestellt<br />
und bezogen worden.<br />
Doch was steckt eigentlich hinter diesem<br />
Gütesiegel ? «Unser erklärtes Ziel war es,<br />
das erste umfassende Gütesiegel für nachhaltige<br />
Immobilien in der Schweiz zu realisieren<br />
und eine gesamthafte Beurteilung<br />
Nutzung<br />
Energie<br />
Infrastruktur<br />
Jeder der fünf greenproperty-Dimensionen liegen fünf bis neun Kriterien zugrunde. Die rote<br />
Auswertungslinie zeigt nicht nur an, ob die Kriterien erfüllt sind, sondern auch, in welchem<br />
Bereich noch am meisten Verbesserungspotenzial vorhanden ist.<br />
und Qualifizierung von Immobilien zu<br />
ermöglichen», erklärt Markus Graf, Head<br />
Real Estate Asset Management Switzerland.<br />
«Dazu haben wir zusammen mit dem<br />
Ingenieur- und Planungsbüro Amstein +<br />
Walthert bestehende Nachhaltigkeitslabels<br />
analysiert und ein eigenes Bewertungsverfahren<br />
entwickelt.»<br />
Untersucht werden bei einer greenproperty-Prüfung<br />
nicht weniger als 86 Indikatoren,<br />
die auf der Basis von Benchmarks<br />
und geltenden Standards bewertet werden.<br />
Diese Indikatoren werden in 35 Kriterien<br />
zusammengefasst. Diese wiederum werden<br />
den fünf Dimensionen der Nachhaltigkeit<br />
zugeordnet: Nutzung, Infrastruktur,<br />
Energie, Materialien und Lebenszyklus<br />
(siehe links). Das Gütesiegel greenproperty<br />
sagt aus, dass eine Liegenschaft in allen<br />
fünf Dimensionen die konsolidierte Bewertung<br />
der hohen Vorgaben des Gütesiegels<br />
erfüllt (siehe Box unten).<br />
«Dieses System hat sich in der Praxis<br />
sehr gut bewährt. Vor allem hat sich gezeigt,<br />
dass ein Gebäude, das von Anfang<br />
an mit Blick auf die Anforderungen von<br />
greenproperty konzipiert wird, nicht teurer<br />
als ein herkömmliches Projekt sein muss»,<br />
führt Jean-Claude Maissen, Fondsmanager<br />
Credit Suisse Real Estate Fund Green<br />
Property (CS REF Green Property), aus.<br />
«Wir bekamen Anfragen aus aller Welt.<br />
Man wollte wissen, wie die Kriterien definiert<br />
sind und welche Erfahrungen wir gesammelt<br />
haben, aber auch, wie man einen<br />
solchen Fonds aufbaut.»<br />
Der CS REF Green Property hat bereits in<br />
folgende Projekte investiert: Uptown (Zug),<br />
Business Center Andreaspark BCA (Zürich),<br />
Lindenhöfe und Westhöfe (Dietikon), Foyer<br />
(Zug), Trischli’s (Rorschach) sowie amRietpark<br />
Baufeld A2 und B (Schlieren).<br />
Markus Graf betont, dass das Real<br />
Estate Asset Management der Credit Suisse<br />
seit 2<strong>01</strong>0 nur noch in nachhaltige Projekte<br />
investiert. «Wir sind stolz darauf, im Bereich<br />
auf nachhaltiges Bauen in der Schweiz eine<br />
Vorreiterrolle einzunehmen.» schi<br />
Ausgewählte Kriterien der fünf Dimensionen<br />
Nutzung Infrastruktur Energie Materialien Lebenszyklus<br />
Soziale Kontakte Öffentlicher Verkehr /<br />
Langsamverkehr<br />
Sommerlicher Wärmeschutz<br />
Verfügbarkeit von<br />
Rohstoffen<br />
Gebäudestruktur / Ausbau<br />
Tageslicht Grundversorgung Wärme für Warmwasser Schadstoffe Instandsetzung<br />
Räumliche Identität Individuelle Mobilität Elektrizität Umweltbelastung Betrieb / Unterhalt<br />
Zugänglichkeit Standort Deckung Energiebedarf Rückbau Bewertung<br />
Sicherheit Raumklima Bausubstanz<br />
Grafik: Credit Suisse<br />
Real Estate Asset Management der Credit Suisse
Roger Baumann (links), Leiter Business Development Real Estate Asset Management der Credit Suisse, und Jean-Claude Maissen, Fondsmanager<br />
des Credit Suisse Real Estate Fund Green Property, geben Auskunft über nachhaltiges Bauen und das Gütesiegel greenproperty.<br />
04<br />
Immobilien<br />
Credit Suisse hat die nachhaltige<br />
Immobilie neu definiert<br />
Der Credit Suisse Real Estate Fund Green Property ist als einziger Fonds ausschliesslich in<br />
nachhaltige Bauprojekte investiert. Die Credit Suisse setzt dabei auf ihre eigenen nachhaltigen<br />
Werte. Ihr Gütesiegel greenproperty bewegt zum Umdenken.<br />
Foto: Katharina Lütscher<br />
<strong>bulletin</strong>: Wie gross ist der Credit Suisse<br />
Real Estate Fund Green Property<br />
(CS REF Green Property) ?<br />
Jean-Claude Maissen : Seit der Lancierung<br />
im April 2009 haben wir sieben<br />
Bauprojekte im Wert von 425 Millio -<br />
nen Franken erworben, davon entfällt<br />
rund ein Drittel auf Wohnnutzung.<br />
Der Rest fällt auf kommerzielle Immobilien.<br />
Eines der sieben Projekte wurde<br />
Mitte 2<strong>01</strong>0 bereits fertiggestellt und das<br />
Gebäude bezogen; drei weitere werden<br />
20<strong>11</strong> abgeschlossen.<br />
Das Thema Umwelt ist Ihnen wichtig.<br />
Doch auch der CS REF Green Property<br />
verbaut wertvolle Landreserven.<br />
Maissen : Unsere Bauprojekte sind<br />
vorwiegend in ehemaligen Industriegebieten<br />
anzutreffen. Das Limmatfeld<br />
in Dietikon etwa ist eine Umnutzung<br />
einer bestehenden Industriebrache in ein<br />
gemischt genutztes Quartier, ebenso<br />
die Überbauung amRietpark in Schlieren.<br />
Verdichtung nach innen war auch das<br />
Ziel beim Bebauungsplan Foyer auf dem<br />
ehemaligen Areal von Landis & Gyr<br />
in Zug. Nachhaltiges Bauen heisst nicht<br />
zwingend, dass man auf der «grünen<br />
Wiese» Landreserven vernichtet, sondern<br />
man verdichtet in der Regel innerhalb<br />
eines urbanen Umfeldes. Wir fügen einer<br />
bestehenden Infrastruktur mehr Nutzung<br />
hinzu und steigern deren Wirkungsgrad.<br />
Roger Baumann : greenproperty-Projekte,<br />
die an bestehende Infrastrukturen<br />
angebunden sind, erhalten eine höhere<br />
Punktzahl in unserer Nachhaltigkeitsbewertung<br />
als Projekte auf der «grünen<br />
Wiese». Standort und Infrastruktur<br />
sind wesentliche Kriterien bei einer ganzheitlichen<br />
Nachhaltigkeitsbewertung.<br />
Mit deren Berücksichtigung wollen wir der<br />
Zersiedelung entgegenwirken und den<br />
Energieverbrauch für das Pen deln zum<br />
Wohn- beziehungsweise Arbeitsort, also<br />
die induzierte Mobilität, reduzieren.<br />
Stichwort Gütesiegel : Warum braucht die<br />
Schweiz ein Nachhaltigkeitslabel ?<br />
Baumann : Das Center for Corporate<br />
Responsibility and Sustainability (CCRS)<br />
der Universität Zürich hat sich im ><br />
Real Estate Asset Management der Credit Suisse
Auftrag von Minergie dieser Frage<br />
05 Zürich Das Referenzprojekt<br />
angenommen. Man ist sich einig, dass<br />
es in dieser ganzen Labelvielfalt eine<br />
« Die hohen ökologischen Orientierungshilfe für die Immobilienindustrie<br />
braucht. Ein Nachhaltig-<br />
Standards und die zentrale<br />
Lage sind die Hauptgrün - keitslabel muss auf lokal geltenden<br />
de für unseren Einzug in Standards basieren. greenproperty ist<br />
den Andreaspark », erklärt ein Qualitätsmerkmal bei Anmiet-<br />
Christine Gebhard, Head oder Investitionsentscheiden. Dass<br />
Corporate Communi-<br />
je doch internationale Firmen, die in der<br />
cation der Aduno Gruppe, Schweiz «grüne» Flächen anmieten<br />
eines in der Zahlungsverarbeitung<br />
operierenden dards wie etwa LEED, BREEAM oder<br />
wollen, ihre länderspezifischen Stan-<br />
Unter nehmens. Die Aduno DGNB als Anmietkriterien verwenden,<br />
ist verständlich. Deshalb werden<br />
Gruppe ist mit der Karl<br />
Steiner AG Hauptmieterin wir in Zukunft vermehrt Mehrfachzertifizierungen<br />
im Markt sehen. Das<br />
des Business Center<br />
Andreaspark BCA in Leutschenbach.<br />
«Ein Meilen-<br />
Wie objektiv ist greenproperty ?<br />
macht durchaus Sinn.<br />
stein in unserer Unternehmensgeschichte», so Christine Gebhard. Maissen : Bei diesem Gütesiegel geht<br />
«Das Design und die Architektur des BCA weisen den Weg in<br />
es darum, die Nachhaltigkeit einer<br />
die Zukunft.» Und natürlich die Tatsache, dass die markante Glasfassade<br />
mit Aluminiumlamellen nicht zulasten der Nachhaltig - bar zu machen. Dadurch können<br />
Liegenschaft für uns objektiv mess -<br />
keit geht. Die erste fertiggestellte Liegenschaft mit greenproperty- wir unsere Investitionsentscheide auf<br />
Zertifikat passt bestens zur neuen Dynamik von Zürich Nord.<br />
ein solides Fundament stellen und<br />
Mehr unter www.credit-suisse.com/<strong>bulletin</strong><br />
einschätzen, wo bei einem Baupro jekt<br />
oder einer Liegenschaft noch Verbesserungspotenzial<br />
besteht. Die Objek -<br />
tivität ist hoch, da das Güte siegel in<br />
06 Zug Zwei Fonds im Gleichtakt<br />
enger Zusammenarbeit mit anerkannten<br />
Spezialisten entwickelt wurde.<br />
«Dieser Büroneubau ist<br />
Was genau steckt hinter diesem<br />
einerseits für Johnson & Label ? Können Sie die 35 Kriterien<br />
Johnson das grösste neue Ihren Bedürfnissen anpassen ?<br />
Bürogebäude-Projekt<br />
Baumann : Die Indikatoren sowie<br />
innerhalb des Konzerns ihre Bewertung sind festgelegt. Das<br />
und anderseits auch ein Be wertungssystem wird periodisch<br />
Pilotprojekt in vielen<br />
überprüft und gegebenenfalls an<br />
Bereichen wie flexiblen neue Standards angepasst. Beispielsweise<br />
sind MINERGIE ® und MINER-<br />
Arbeitsplätzen oder nachhaltigem<br />
Bauen», erzählt GIE-ECO ® zentrale Bestandteile<br />
Heinz Schmid, General<br />
unseres Güte siegels. Wenn sich diese<br />
Manager der Cilag GmbH Labels weiterentwickeln und sich<br />
International. Beinahe<br />
den neuen gesetzlichen Bestimmungen<br />
anpassen, verschärft sich<br />
wäre das Pharmaunternehmen<br />
Opfer seines eigenen auch greenproperty.<br />
Erfolgs geworden: 1999 Maissen : Wir haben das Gütesiegel<br />
mit <strong>11</strong>0 Per sonen ins Siemens-Areal beim Bahnhof eingezogen, zusammen mit anerkannten Spezialisten<br />
entwickelt und damit den Schlüssel<br />
beschäftigt man nun in Zug 600 an sechs Standorten. Doch<br />
zwei Neubau ten, realisiert durch den CS REF Green Property und für den nachhaltigen Immobilienmarkt<br />
den CS REF PropertyPlus, schaffen bis Mai 2<strong>01</strong>2 Abhilfe –<br />
geschaffen. Mit unserem umfassenund<br />
erst noch Platz für zwei weitere Tochtergesellschaften<br />
den Kriterienkatalog haben wir uns in<br />
von Johnson & Johnson. Mehr unter www.credit-suisse.com/<strong>bulletin</strong> meinen Augen einen Marktvorteil<br />
für die nächsten drei bis fünf Jahre<br />
erarbeitet.<br />
Warum kann eine Immobilie zurückgestuft<br />
werden oder das Gütesiegel<br />
verlieren ?<br />
Fotos: Credit Suisse<br />
Real Estate Asset Management der Credit Suisse
Baumann : Gewisse Indikatoren sind in<br />
der Bewirtschaftungsphase einer<br />
Immobilie in der Tat nicht mehr oder nur<br />
beschränkt beeinflussbar. Zum Beispiel<br />
der vorgegebene Anteil an Recycling-<br />
Beton. Die Plan- und Projektdaten für<br />
den Energiebedarf können sich aber<br />
in der Nutzungsphase durchaus ändern.<br />
Wenn der Verbrauch aufgrund von<br />
unvorhersehbarem Nutzerverhalten oder<br />
technischen Mängeln grösser ist als<br />
vorgesehen, ist eine Zurückstufung<br />
möglich, sofern keine Gegenmassnahmen<br />
zur Senkung getroffen werden.<br />
Mit der jährlichen Rezertifizierung wird<br />
ein Anreiz gesetzt, unsere Gebäude<br />
laufend zu optimieren.<br />
Maissen : Veränderungen können in<br />
beide Richtungen gehen – es besteht<br />
somit immer auch die Chance, dass nach<br />
einer gewissen Zeit ein Objekt höher<br />
eingestuft wird. Zum Beispiel wertet eine<br />
verbesserte Infrastruktur eine Liegenschaft<br />
auf. Das könnten ein verdichtetes<br />
Fahrplannetz sein oder mehr Einkaufsmöglichkeiten<br />
in unmittelbarer Nähe.<br />
Zudem soll ein kritisches Nachprüfen<br />
auch Anreiz für eine nachhaltigere<br />
Bewirtschaftung sein.<br />
Die Infrastruktur ist also ein wichtiger<br />
Bestandteil Ihres Gütesiegels. Bedeutet<br />
dies, dass wer auf dem Land wohnt,<br />
nicht greenproperty-tauglich ist ?<br />
Maissen : Nachhaltigkeit umfassend<br />
betrachten heisst alle Aspekte mit<br />
einbeziehen : Infrastruktur, Lebenszyklus,<br />
Materialien, Nutzung und Energie.<br />
Wir werden unser Gütesiegel neu in Gold,<br />
Silber und Bronze abstufen. Insofern<br />
kann neu auch eine nachhaltige Liegenschaft<br />
im Grünen, mit Anschluss an den<br />
öffentlichen Verkehr, ein Silber- oder<br />
Bronze-Zertifikat bekommen. Zusammen<br />
mit den entsprechenden Spezialisten<br />
sind wir aber zum Schluss gekommen,<br />
dass eine Liegenschaft in unseren<br />
Augen nicht als nachhaltig gelten soll,<br />
wenn man zuerst eine Viertelstunde<br />
mit dem Auto fahren muss, bevor man<br />
Läden, Schulen, Arbeitsplätze oder<br />
Ähnliches erreichen kann – da nützt auch<br />
die energieeffizienteste Bauweise nichts.<br />
Werden Sie greenproperty auf andere<br />
Bereiche ausweiten ?<br />
Baumann : Das ist eines unserer Schwerpunktthemen<br />
für dieses Jahr. Green<br />
Hospitality heisst das Projekt. Bis jetzt<br />
wenden wir das Gütesiegel auf Wohn-,<br />
Im Limmatfeld in Dietikon realisieren der CS REF Green Property und der CS REF LivingPlus<br />
die Projekte Westhöfe und Lindenhöfe. Beide Projekte sind mit dem Gütesiegel greenproperty<br />
zertifiziert. Weitere Informationen finden Sie unter www.credit-suisse.com/<strong>bulletin</strong>.<br />
Büro- und Verkaufsliegenschaften an.<br />
Nun stellt sich die Frage nach einer<br />
nachhaltigen Bewertung von Betreiberliegenschaften.<br />
Es gibt in der Hotellerie<br />
weltweit etwa 340 Labels. Hier liegt<br />
der Fokus jedoch nicht auf der Bausubstanz<br />
und der Nutzung, sondern hauptsächlich<br />
auf der operativen Führung<br />
des Betriebs. Das beinhaltet lokale Esswaren,<br />
energiesparende Geräte, Recycling,<br />
Wäscheservice. Mit einem umfassenden<br />
Gütesiegel bezogen auf den<br />
Hotelbau, beispielsweise auf die Verwendung<br />
von Klimageräten in den Zimmern,<br />
würde eine nachhaltige Unternehmensführung<br />
an Bedeutung gewinnen.<br />
Maissen : Mit unserer Bewirtschafterin<br />
Wincasa laufen bereits entsprechende<br />
Projekte. Geplant ist unter anderem<br />
ein Handbuch zum Thema Immobilienbewirtschaftung.<br />
Wir stellen uns umfangreiche<br />
Handlungsanweisungen vor. Das<br />
kann durchaus bis hin zum Putzmittel<br />
des Hauswarts gehen. Die ganze Nachhaltigkeitsthematik<br />
ist Bestandteil<br />
unserer Verträge: Auch unsere Mieter<br />
sollen entsprechende Vorgaben, etwa<br />
beim Mieterausbau, erfüllen.<br />
Warum dürfen Kleinanleger nicht in Ihren<br />
CS REF Green Property investieren ?<br />
Maissen : Der CS REF Green Property ist<br />
kein alltägliches Produkt. Die Finanzmarktaufsicht<br />
(Finma) hat wesentliche<br />
Ausnahmen bewilligt, wie beispielsweise<br />
eine 100-prozentige Bauprojektquote.<br />
Um Kleinanleger zu schützen, hat die<br />
Finma als Auflage den Anlegerkreis auf<br />
qualifizierte Investoren eingeschränkt.<br />
Diese Einschränkung gilt für die ersten<br />
fünf Jahre, also für die Aufbauphase<br />
des Fonds. Innerhalb der nächsten drei<br />
Jahre werden wir den Fonds an die<br />
Börse bringen und somit allen Anlegern<br />
zugänglich machen. Dann werden auch<br />
die Ausnahmebewilligungen aufgehoben.<br />
Für das laufende Jahr sind bereits viele<br />
Projekte aufgegleist ...<br />
Baumann : 20<strong>11</strong> ist das Jahr der Weiterentwicklung<br />
und der Kommuni kation.<br />
Nebst dem Projekt Green Hospitality ist<br />
die Ausdehnung des Gütesiegels auf die<br />
anderen Anlagegefässe des Real Estate<br />
Asset Management der Credit Suisse<br />
ge plant. Weiter werden wir die erste<br />
Lie genschaft definitiv zertifizieren (nach<br />
Fertigstellung). Und ferner arbei ten wir<br />
an einer Lösung für die Beur teilung<br />
von Bestandesobjekten bei Renovationen.<br />
Wir haben seit 2009 viel bewegt,<br />
nun wol len wir Beweise bringen.<br />
Franziska Vonaesch<br />
kooaba<br />
Hier finden Sie Artikel über die verschiedenen<br />
Bauprojekte des CS REF<br />
Green Property sowie weiterführende<br />
Informationen über greenproperty.<br />
Real Estate Asset Management der Credit Suisse
07<br />
Immobilien<br />
Real Estate Asset Management<br />
der Credit Suisse<br />
Das Real Estate Asset Management der Credit Suisse ist mit rund<br />
27 Milliarden Franken Anlagevermögen in der Schweiz führender<br />
Anbieter für indirekte Immobilienanlagen. Es bewirtschaftet acht<br />
Immobilienfonds, drei Immobilien-Anlagegruppen der Credit Suisse<br />
Anlagestif tung sowie Gefässe Dritter (z. B. Swiss Prime Site AG).<br />
Das Real Estate Asset Management verfügt über langjährige Erfahrung<br />
in der Realisierung grosser Bauprojekte. Der Erfolg basiert<br />
auf überdurchschnittlichem und fundiertem Know-how und auf der<br />
erprobten Zusammenarbeit mit renommierten General- und Totalunternehmen<br />
sowie einem professionellen Portfoliomanagement.<br />
Die Immobilien-Anlagegefässe des Real Estate Asset Management (inklusive Gefässe Dritter)<br />
Credit Suisse REF Siat Credit Suisse REF Interswiss Credit Suisse<br />
REF PropertyPlus<br />
Credit Suisse REF LivingPlus<br />
Fokus Wohnimmobilien Kommerzielle Immobilien Kommerzielle Immobilien Wohnen mit Service<br />
Schweiz x x x x<br />
International<br />
Investoren Alle – börsenkotiert Alle – börsenkotiert Alle – börsenkotiert Alle – börsenkotiert<br />
Credit Suisse REF<br />
Green Property<br />
Credit Suisse REF Hospitality<br />
Credit Suisse<br />
REF International<br />
Credit Suisse 1a Immo PK<br />
Fokus Nachhaltige Immobilien Hospitality-Immobilien Kommerzielle Immobilien Ausgewogen<br />
Schweiz x x x<br />
International<br />
x<br />
Investoren Qualifizierte Investoren* Qualifizierte Investoren* Institutionelle Investoren PK, Sozialversicherungs-/<br />
Ausgleichskassen<br />
CSA Real Estate Switzerland CSA RES Commercial CSA RES Dynamic Swiss Prime Site<br />
Fokus Ausgewogen Kommerzielle Immobilien Wohnimmobilien Kommerzielle Immobilien<br />
Schweiz x x x x<br />
International<br />
Investoren<br />
Steuerbefreite Einrichtungen<br />
der 2. Säule<br />
* gemäss Art. 10 Abs. 3 KAG i.V. mit Art. 6 Abs. 1 KKV<br />
Steuerbefreite Einrichtungen<br />
der 2. Säule<br />
Steuerbefreite Einrichtungen<br />
der 2. Säule<br />
Alle – börsenkotiert<br />
Weitere Informationen finden Sie unter www.credit-suisse.com/ch/realestate<br />
Credit Suisse AG, Real Estate Asset Management, Sihlcity – Kalandergasse 4, 8070 Zürich, Telefon 044 334 43 48, Fax 044 332 10 82<br />
Mail info.realestate@credit-suisse.com<br />
Fotos: Credit Suisse
Credit Suisse 49<br />
Credit Suisse<br />
Business / Sponsoring / Responsibility<br />
02<br />
03<br />
<strong>01</strong><br />
<strong>01</strong><br />
In memoriam<br />
Paul Calello<br />
Der Chairman Investment<br />
Banking der Credit Suisse,<br />
Paul Calello, ist im Alter<br />
von 49 Jahren gestorben.<br />
«Paul Calello war eine heraus<br />
ragende Führungspersönlichkeit<br />
und ein unkomplizierter,<br />
sehr menschlicher<br />
Arbeitskollege, der tragfähige<br />
Beziehungen aufbaute und<br />
seine Umwelt positiv ver -<br />
änder te. Wir werden ihn sehr<br />
ver missen, doch sein Geist<br />
und seine Errungenschaften<br />
werden Teil der Credit<br />
Suisse bleiben», sagt Brady<br />
W. Dougan, CEO der Credit<br />
Suisse. Paul Calello stiess<br />
1990 zur Credit Suisse als<br />
Gründungsmitglied der Credit<br />
Suisse Financial Products.<br />
2006 wurde er CEO der Region<br />
Asia Pacific der Credit<br />
Suisse, die unter seiner<br />
Leitung spektakuläre Wachstums<br />
raten erzielte. Sieben<br />
Jahre später übernahm er<br />
den Posten des CEO Investment<br />
Banking – just zu jener<br />
Zeit, als die Finanzkrise<br />
ausbrach. «Er hat gemeinsam<br />
mit seinem Team hervorragende<br />
Arbeit geleistet und<br />
unsere Investment Bank<br />
sicher durch die Krise geleitet»,<br />
meinte Brady Dougan.<br />
Im Juli 2<strong>01</strong>0 wurde Paul<br />
Calello Chairman der Division<br />
Investment Banking.<br />
02<br />
03<br />
Euromoney Awards<br />
«Best Global Private<br />
Bank»<br />
Die Credit Suisse wurde von<br />
«Euromoney», dem renommierten<br />
Finanzmagazin für<br />
die globalen Bank- und Kapitalmärkte,<br />
zum zweiten Mal<br />
in Folge als weltweit beste<br />
Privatbank ausgezeichnet.<br />
Darüber hinaus erhielten wir<br />
eine Reihe von regionalen<br />
und Länder-Awards, darunter<br />
jene für die beste Privatbank<br />
in Westeuropa, im Nahen<br />
Osten sowie in Mittel- und<br />
Osteuropa. Die jährlichen<br />
«Euromoney»-Ranglisten beruhen<br />
auf einer qualitativen<br />
und quantitativen Prüfung<br />
der besten Dienstleistungen<br />
im Private Banking, aufgeschlüsselt<br />
nach Märkten und<br />
Dienstleistungs bereichen.<br />
Entrepreneurs Summit<br />
Unternehmenserfolg in<br />
einer sozial verantwortlichen<br />
Geschäftswelt<br />
Credit Suisse Private Banking<br />
USA hielt ihren zweiten<br />
jährlichen Entrepreneurs<br />
Summit in Sundance, Utah,<br />
ab. Dieser Event reiht sich<br />
ein in die Bestrebungen der<br />
Credit Suisse, vermögenden<br />
Unternehmern innovative<br />
Führungsperspektiven zu eröffnen.<br />
Darüber hinaus bot<br />
der Summit den Teilnehmenden<br />
auch Gelegenheit zum<br />
Networking mit Kollegen,<br />
zum Wissensaustausch mit<br />
Fachleuten sowie zum<br />
Updating bezüglich aktueller<br />
Marktentwicklungen. Im<br />
Zentrum des Gipfels standen<br />
Innovationen in der neuen<br />
Dekade sowie Erfolgsstrategien<br />
in einer sozial verantwortlichen<br />
Geschäftswelt.<br />
Zu den Referenten gehörten<br />
unter an deren Biz Stone,<br />
Mitbegründer von Twitter,<br />
Jerry Greenfeld, Mitbegründer<br />
von Ben & Jerry’s<br />
Homemade, sowie Danny<br />
Meyer, Geschäftsführer<br />
der Union Square Hospitality<br />
Group.<br />
Frontline Training<br />
Globales Zertifizierungsprogramm<br />
lanciert<br />
Die Credit Suisse hat ein<br />
globales Test- und Zertifizierungsprogramm<br />
für alle in<br />
Kundenkontakt stehenden<br />
Private-Banking-Mitarbeitenden<br />
lanciert. Das so genannte<br />
Frontline Training and<br />
Cer tifi cation Program ist ein<br />
anspruchsvolles, sowohl<br />
Web- als auch Schu lungsraum-basiertes<br />
Weiterbildungs<br />
programm, das auf<br />
Investment-Themen wie<br />
Beratungsprozesse, Anlagefonds,<br />
Alternative Anlagen,<br />
Devisen, Vermögensverwaltungsmandate<br />
sowie struk turierte<br />
Derivate fokussiert.<br />
Daneben gehören aber auch<br />
Bereiche wie Erbschaftsplanung<br />
oder «One Bank» zum<br />
Lehrplan. Bis Ende 2<strong>01</strong>2<br />
werden mehr als 6000 Credit<br />
Suisse Relationship Manager<br />
ein Frontline-Training-Zertifikat<br />
erwerben. Im September<br />
2<strong>01</strong>0 schloss eine erste Pilotgruppe<br />
aus rund 150 Mitarbeitenden<br />
das Programm<br />
erfolgreich ab. Seither haben<br />
615 weitere Mitarbeitende<br />
weltweit dieses umfangreiche<br />
Weiterbildungsprogramm absolviert.<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
50 Credit Suisse<br />
WEF<br />
Text: Dorothée Enskog<br />
Finanzreformen und<br />
Unternehmertum<br />
auf der Agenda des WEF<br />
Bei den Finanzreformen wurden<br />
zwar Fortschritte erzielt, doch es ist<br />
unklar, ob damit weitere Finanzkrisen<br />
wirklich verhindert werden.<br />
So der Tenor einer Podiumsdis -<br />
kussion der Credit Suisse beim Weltwirtschaftsforum<br />
(WEF) in Davos.<br />
Eine andere Gesprächsrunde diskutierte<br />
die unternehmerischen<br />
Erfolgsfaktoren in den Schwel lenländern.<br />
Erfolg hat demnach,<br />
wer zu den Besten der Branche<br />
gehört, einen guten Ruf geniesst<br />
und über eine klare Langzeitstrategie<br />
ver fügt.<br />
Das Thema des WEF-<br />
Jahrestreffens 20<strong>11</strong> lautete<br />
«Gemeinsame Normen für<br />
eine neue Realität». Unter den<br />
Teilnehmenden befanden<br />
sich CEOs von weltweit führenden<br />
Unternehmen, Politiker<br />
aus wichtigen Ländern und<br />
Kader von internationalen<br />
Organisationen.<br />
Drei führende Vertreter von<br />
Finanzaufsichtsbehörden –<br />
Philipp Hildebrand, Präsident<br />
der Schweizerischen<br />
Nationalbank, Lawrence<br />
Summers, emeritierter Professor<br />
der Harvard University und ehemaliger<br />
amerikanischer Finanzminister, sowie Jaime<br />
Caruana, General Manager der Bank für<br />
Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) –<br />
analysierten in einer Podiumsdiskussion am<br />
Rande des WEF die Auswirkungen der laufenden<br />
Finanzreformen auf das Finanzsystem<br />
sowie künftige Risiken.<br />
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
müssten klar, allgemeingültig und vorhersehbar<br />
sein, forderte Philipp Hildebrand. «Die<br />
grösste Herausforderung besteht darin, ein<br />
Gleichgewicht zwischen einer sorgfältigen<br />
Abklärung der bestehenden Probleme und<br />
einer schnellen Lösung dieser Probleme zu<br />
finden. Die Unsicherheit, die der noch immer<br />
nicht abgeschlossene Regulierungsprozess<br />
bewirkt, fügt der Wirtschaft mehr Schaden<br />
zu als ein strenges Regelwerk. Stehen die<br />
Regeln erst einmal fest, dann können sich<br />
die Banken darauf einstellen, auch wenn sie<br />
sehr streng sind», betonte Hildebrand.<br />
Für ihn gibt es gegenwärtig noch drei<br />
Hauptfragen, die der Klärung bedürfen: die<br />
Liquiditätsvorschriften, das Schattenbankensystem<br />
und die «Too big to fail»-Problematik.<br />
«Die G20-Staaten haben im November grünes<br />
Licht für Basel III gegeben. Das Regelwerk<br />
wird gegenwärtig implementiert und<br />
macht das gesamte System wesentlich sicherer<br />
», gab sich Jaime Caruana überzeugt.<br />
Die Basel-III-Vorschriften sind Minimalanforderungen,<br />
die von den einzelnen Ländern<br />
entsprechend ihren Bedürfnissen angepasst<br />
werden können. «Wir müssen hier<br />
international nach einer stärkeren Vereinheitlichung<br />
streben und einen Kompromiss zwischen<br />
nationaler und internationaler Ausgestaltung<br />
finden», betonte Caruana. «Das<br />
Financial Stability Board (FSB) strebt nach<br />
möglichst einheitlichen Finanzmarktregeln,<br />
doch einzelne Länder gehen bei der Umsetzung<br />
der Basel-III-Regeln eigene Wege»,<br />
stellte Hildebrand fest. «Die Schweiz legt den<br />
Schwerpunkt auf die Kapitalausstattung,<br />
Grossbritannien auf Vergütungen und die<br />
USA auf die Volcker-Regeln und den Eigenhandel.<br />
Nun gilt es dafür zu sorgen, dass das<br />
FSB einigermassen einheitliche Spielregeln<br />
durchsetzen kann.» Eine seiner Hauptprioritäten<br />
sei die Schaffung einer Instanz, die einspringe,<br />
wenn ein internationales Finanzinstitut<br />
in Schwierigkeiten gerate, führte Philipp<br />
Hildebrand weiter aus.<br />
Internationaler Ansatz vonnöten<br />
Ein guter Ansatz wäre, das zentrale Paradox<br />
der Finanzkrise aus einer volkswirtschaftlichen<br />
Perspektive heraus zu analysieren,<br />
glaubt Lawrence Summers. «Die Krise entstand<br />
aus übertriebenem Vertrauen, übermässiger<br />
Verschuldung, exzessiven Krediten<br />
und überhöhten Preisen für Vermögens werte.<br />
Der Lösungsweg, den man gegenwärtig gewählt<br />
hat, ist aber: noch grösseres Ver- ><br />
Fotos: Eric Bouvet, VII Network, Corbis, Specter | Laurent Gilliéron, Keystone<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Credit Suisse 51<br />
Regulierung der Finanzmärkte<br />
«Die neuen Regulierungen der<br />
Finanzmärkte und ihr Einfluss<br />
auf das Wirtschaftswachstum»,<br />
so lautete das Thema einer<br />
Podiums diskussion am WEF in<br />
Davos, die von der Credit Suisse<br />
ver anstaltet wurde. Gastgeber<br />
der Veranstaltung war Eric Varvel<br />
(Bild rechts unten), CEO des<br />
Investment Banking der Credit<br />
Suisse. Die Diskussionsrunde<br />
ging nicht nur auf den Stand der<br />
Finanz reform ein, sondern diskutierte<br />
auch Vorschläge, wie<br />
nach der Finanzkrise mit Risiken<br />
umgegangen werden soll. Drei<br />
führende Vertreter von Finanzaufsichtsbehörden<br />
– aus der<br />
Schweiz, den USA und von der<br />
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich<br />
(BIZ) in Basel –<br />
nahmen an der Debatte teil<br />
und beantworteten anschliessend<br />
zahlreiche Fragen aus<br />
dem Publikum.<br />
Lichter mit dem Motiv der Schweizer Fahne<br />
beleuchten während einer früheren<br />
Aufl age des Weltwirtschaftsforums das<br />
Davoser Hotel Belvedere.<br />
Unternehmensgeist in den Schwellenländern<br />
«Unternehmen und Familienkonzerne: Das Fundament<br />
für das Wachstum in den Schwellenländern», war das<br />
Thema einer anderen von der Credit Suisse veranstalteten<br />
Podiumsdiskussion. Gastgeber war Fawzi Kyriakos-Saad<br />
(im Bild links mit Mikrofon), CEO der Region Europe,<br />
Middle East and Africa der Credit Suisse. Die fünf Diskussionsteilnehmer<br />
aus Argentinien, dem Libanon, der Republik<br />
Tschechien, den Philippinen und Russland legten ihre<br />
Standpunkte dar und gaben Ratschläge. Drei von ihnen<br />
vertraten traditionelle Familien konzerne, während<br />
die anderen beiden ihre Unternehmen in den letzten<br />
zehn Jahren aufgebaut haben.<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
52 Credit Suisse<br />
trauen, noch mehr Schulden und noch mehr<br />
Kredite. Das ist genau der falsche Weg,<br />
denn er führt nicht aus der Krise heraus, sondern<br />
tiefer in sie hinein.» Entsprechend sollten<br />
die Finanzmärkte global und nicht auf<br />
nationalstaatlicher Ebene geregelt werden.<br />
Summers weiter: «Wenn die vorgeschriebene<br />
Kapitalausstattung auf einem Niveau liegt,<br />
das auch die Banken selbst für angemessen<br />
halten, stellt dies keine besondere Einschränkung<br />
dar. Siedelt jedoch die Politik die<br />
Kapitalausstattung weit über diesem Niveau<br />
an, dann besteht das Risiko, eine finanzielle<br />
Maginot-Linie zu schaffen: Dieses Niveau<br />
wird zwar mit allen Mitteln verteidigt, doch<br />
es ist nicht sehr schwer, die Verteidigung zu<br />
umgehen. Das schafft ein weiteres Risiko.»<br />
Die Massnahmen, die die einzelnen Länder<br />
für ihre Banken ergriffen haben und die international<br />
vereinbart wurden, scheinen gemäss<br />
Summers tatsächlich zu einer Verringerung<br />
der Verschuldung, einer Erhöhung des Eigen<br />
kapitals und zu höheren Anforderungen<br />
bezüglich liquider Mittel geführt zu haben,<br />
doch sei zu befürchten, dass wir schon bald<br />
eine volkswirtschaftliche Perspektive einnähmen<br />
und uns auf die finanzielle Gesundheit<br />
einzelner Banken und Branchen konzentrierten.<br />
Rosige Zukunft für Schwellenländer<br />
«In den Schwellenländern gibt es sehr starke<br />
Familienunternehmen und sehr starke Unternehmerpersönlichkeiten.<br />
Sie haben beide<br />
eine rosige Zukunft vor sich», gab sich Fawzi<br />
Kyriakos-Saad, CEO der Region Europe,<br />
Middle East and Africa der Credit Suisse,<br />
Im Rahmen des WEF<br />
organisiert die Credit<br />
Suisse jeweils spezielle<br />
Veranstaltungen in<br />
einem eigenen Pavillon,<br />
um mit ihren globalen<br />
Anspruchsgruppen zusammenzukommen.<br />
Dabei diskutieren Experten<br />
über eine breite<br />
Palette von Themen.<br />
Oben auf dem Bild zu<br />
sehen sind der ehemalige<br />
Bundesrat und<br />
heutige Stiftungsratspräsident<br />
der Credit<br />
Suisse Kundenstiftungen,<br />
Flavio Cotti, sowie<br />
links Almiro Carigiet,<br />
Leiter Private Banking<br />
Nordbünden. Die Bank<br />
ist seit Jahrzehnten<br />
Mitglied des Weltwirtschaftsforums<br />
und seit<br />
2006 strategischer<br />
Partner.<br />
bei einer zweiten Gesprächsrunde überzeugt.<br />
«Uns fehlt es allgemein an Ka pital. Die<br />
Schwellenländer stehen mit den Industrieländern<br />
im Wettbewerb um Investitionen.<br />
Familienkonzerne müssen zu den Besten<br />
ihrer Branche gehören, wenn sie im Rennen<br />
um die knappen Ressourcen mithalten wollen.»<br />
Die Diskussionsteilnehmer, fünf erfolgreiche<br />
Unternehmer aus der Region, gaben<br />
Ratschläge für erfolgreiches Unternehmertum.<br />
«Ein Familienunternehmen, das erfolgreich<br />
sein will, muss langfristig ausgerichtet<br />
sein», meinte Enrique Pescarmona, Präsident<br />
der Corporación IMPSA, die im Bereich<br />
erneuerbare Energien tätig und seit 104 Jahren<br />
in Familienbesitz ist. «In seiner Branche<br />
muss ein Familienbetrieb Spitze sein, um<br />
gegen die grössten internationalen Konkurrenten<br />
bestehen zu können.»<br />
Sich immer wieder neu erfinden<br />
Diese Ansicht teilte auch David Iakobachvili.<br />
Der Mitbegründer des russischen Milchkonzerns<br />
Wimm-Bill-Dann Foods, der erst kürzlich<br />
von PepsiCo übernommen wurde, meinte:<br />
«Wir stehen im Wettbewerb mit ausländischen<br />
Firmen. Daher müssen wir bessere<br />
Qualität liefern.» «Um 175 Jahre zu überleben,<br />
muss sich ein Unternehmen immer wieder<br />
neu erfinden», meinte Jaime Augusto Zobel<br />
de Ayala, Präsident und CEO der philippinischen<br />
Ayala Corporation.<br />
«In Schwellenländern hat nur Erfolg, wer<br />
ehrgeizig, optimistisch, geduldig und finanzstark<br />
genug ist, um auch einmal eine Durststrecke<br />
durchzustehen», ergänzte Jiri Smejc,<br />
Aufsichtsratspräsident des PPF-Konzerns,<br />
einer der grössten internationalen Finanzund<br />
Investmentfirmen in Zentral- und Osteuropa.<br />
«Bei einer Expansion ins Ausland<br />
sollte man sich auf das Kerngeschäft konzentrieren<br />
und nicht diversifizieren», zeigte<br />
sich Samer Said Khoury überzeugt. Er ist<br />
Executive Vice President der Consolidated<br />
Contractors Company, eines der grössten<br />
Baukonzerne im arabischen Raum.<br />
Nicht nur geschäftliche Themen standen<br />
am Weltwirtschaftsforum auf der Agenda der<br />
Credit Suisse. Auch die Wohltätigkeit war ein<br />
zentrales Thema, wie die Präsentationen zur<br />
Unterstützung der Kundenstiftungen durch<br />
die Bank zeigten. «Die bedeutende Anzahl<br />
Spenden, die in den letzten zehn Jahren geleistet<br />
wurden, und, noch erfreulicher, die<br />
rasant wachsende Zahl von Einzelspendern<br />
sind beeindruckend», sagte Flavio Cotti, Präsident<br />
des Stiftungsrats der Kundenstiftungen<br />
der Credit Suisse.<br />
Fotos: Laurent Gilliéron, Martin Rütschi, Keystone | Steffen Thalemann | Cameron Davidson, Corbis, Specter | Danny Lehman, Corbis, Specter<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Credit Suisse 53<br />
Antonio Quintella CEO Region Americas<br />
«Die Region Americas<br />
bietet Aussicht auf gute<br />
Geschäfte»<br />
Interview: Kate Baum und Dorothée Enskog<br />
Wachstumspotenzial sieht Antonio Quintella, CEO Americas,<br />
in Brasilien und anderen Schwellenländern sowie im Private Banking<br />
in Amerika und Kanada. Entscheidend sind Mitarbeitende,<br />
welche die Kunden und ihre Bedürfnisse ins Zentrum rücken.<br />
<strong>01</strong><br />
02<br />
<strong>01</strong><br />
02<br />
Antonio Quintella<br />
ist seit 2<strong>01</strong>0 CEO der Region Americas und<br />
gleichzeitig Mitglied der Geschäftsleitung<br />
der Credit Suisse. Daneben bleibt er weiterhin<br />
CEO der Region Brasilien, Co-Leiter des<br />
Global Emerging Markets Council und Vor -<br />
sitzender des Americas CEO Management<br />
Committee. Quintella ist seit 1997 bei der<br />
Credit Suisse, seit 2003 als CEO der Region<br />
Brasilien. Zuvor arbeitete er bei ING Barings.<br />
In seiner Freizeit fährt er Motocross-Rennen<br />
und nimmt dabei an Langstrecken- wie<br />
auch Offroad-Veranstaltungen teil.<br />
Die Credit Suisse führt in über 40 Städten<br />
Niederlassungen, zum Beispiel in New York<br />
und Rio de Janeiro.<br />
<strong>bulletin</strong>: Welche Schwerpunkte haben<br />
Sie sich gesetzt, als Sie im Juli 2<strong>01</strong>0<br />
zum CEO der Region Americas der Credit<br />
Suisse ernannt wurden?<br />
Antonio Quintella: Kunden, Zusammenarbeit<br />
und Personalpolitik.<br />
Und worin bestehen in Ihren Augen die<br />
Stärken der Credit Suisse in dieser Region?<br />
Wir sind im Investment Banking gut aufgestellt.<br />
Das gilt insbesondere für Lateinamerika,<br />
wo unsere gute Position auch dem Private<br />
Banking und dem Asset Management<br />
zugutekommt. In Kanada sowie im Private-<br />
Banking-Geschäft in den USA haben wir<br />
ebenfalls sehr gute Wachstumsaussichten.<br />
Das Asset Management wurde neu ausgerichtet<br />
und ist wieder auf dem Wachstumspfad.<br />
Für uns sind die Aussichten in der gesamten<br />
Region sehr gut.<br />
Sie leiten die Geschäfte der Credit<br />
Suisse in Brasilien seit 2003. Was hat sich<br />
seither dort getan, und welche Folgen haben<br />
sich daraus für unsere Bank ergeben?<br />
Brasilien ist dabei, seine Wirtschaft zu stabilisieren.<br />
Anfänglich waren die Planungsund<br />
Anlagehorizonte aufgrund der hohen makroökonomischen<br />
und teilweise auch politischen<br />
Unsicherheiten sehr kurzfristig. Viele<br />
Möglichkeiten, die wir unseren Kunden in<br />
den Industrieländern anbieten konnten, gab<br />
es hier nicht.<br />
Doch der Umbruch war vorhersehbar, und<br />
wir stellten unsere Bank so auf, dass wir am<br />
Wachstum im Investment Banking, Private<br />
Banking und Asset Management partizipieren<br />
konnten, indem wir uns in allen drei Bereichen<br />
auf einen erstklassigen und umfassenden<br />
Kundenservice konzentrierten. Das<br />
Wachstum in diesen Bereichen war in Brasilien<br />
besonders stark. Wir bemühten uns,<br />
den neuen Kundenwünschen, die sich ><br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
54 Credit Suisse<br />
03<br />
dank der zunehmenden wirtschaftlichen Stabilität<br />
entwickelten, Rechnung zu tragen. Wir<br />
hatten uns in extrem volatilen Märkten sehr<br />
gut behauptet, doch wir wollten uns zu einer<br />
Bank weiterentwickeln, die auch in weniger<br />
volatilen Märkten sehr erfolgreich ist, indem<br />
wir uns auf den Kunden konzentrieren.<br />
Wird Brasilien im selben Rhythmus wie<br />
bis anhin weiterwachsen?<br />
Das halte ich für einige weitere Jahre für sehr<br />
gut möglich. Dazu tragen insbesondere die<br />
demografische Entwicklung und der Rohstoffreichtum<br />
bei. Und natürlich auch die<br />
recht vernünftige Wirtschaftspolitik der Regierung.<br />
Brasilien hat einen grossen Bedarf an Investitionen<br />
in Infrastruktur und Wohnungsbau<br />
sowie an Kapital. Unternehmen und Anleger<br />
haben also viele Möglichkeiten für eine Kapitalanlage.<br />
Die Antwort auf Ihre Frage lautet<br />
deshalb: Brasilien bietet ein recht günstiges<br />
Umfeld, und ich wäre nicht sonderlich erstaunt,<br />
wenn das Land weiterhin diese hohen<br />
Wachstumsraten aufweisen würde.<br />
Was können andere Schwellenländer<br />
von Brasilien lernen?<br />
Was Brasilien auszeichnet, sind eine niedrige<br />
Inflationsrate, eine vorsichtige Steuerpolitik<br />
und demokratische Strukturen. Diese drei<br />
Faktoren haben sicherlich am meisten zu den<br />
Veränderungen in Brasilien in den letzten<br />
Jahren beigetragen. Erwähnt werden müssen<br />
auch noch politische Massnahmen, mit<br />
denen die Armut bekämpft wird, unter der<br />
das Land seit ewigen Zeiten litt und die noch<br />
immer nicht ausgemerzt ist.<br />
Sie stehen mit an der Spitze des Global<br />
Emerging Markets Council der Credit<br />
Suisse. Welche Schwellenländer beobachten<br />
Sie besonders aufmerksam?<br />
Alle Schwellenländer sind auf ihre Art und Weise<br />
interessant, und für unsere Kunden und die<br />
Bank selbst bietet sich hier ein weites Feld.<br />
03<br />
Die Geschäftsregion<br />
Americas – die USA,<br />
Kanada, Lateinamerika<br />
und die Karibik – ist<br />
für die Credit Suisse<br />
von grosser Bedeutung.<br />
Sie verfügt<br />
in dieser Region über<br />
Niederlassungen in<br />
44 Städten und 14 verschiedenen<br />
Ländern.<br />
Insgesamt zählt die<br />
Credit Suisse in der<br />
Region Americas<br />
12 000 Mitarbeitende.<br />
Wir sind besonders stark in China und Indien<br />
engagiert, da dies für uns natürlich die vielversprechendsten<br />
Märkte sind. Aber auch<br />
der Nahe Osten, Russland, das übrige Asien<br />
und Südafrika bieten vielfältige Möglichkeiten.<br />
Dies sind alles sehr zukunftsträchtige<br />
Regionen für unser Geschäft.<br />
Welche Bedeutung haben Ihrer Meinung<br />
nach Unternehmer für das Wachstum in<br />
den Schwellenländern, und welche Folgen<br />
hat dies für die Credit Suisse?<br />
Unternehmer sind immer wichtig. Sie spielten<br />
zum Beispiel eine bedeutende Rolle für<br />
die wirtschaftliche Entwicklung der USA.<br />
Noch wichtiger ist jedoch ein Umfeld, das es<br />
ihnen ermöglicht, erfolgreich zu sein. Stimmt<br />
das Umfeld – das heisst, wird das Unternehmertum<br />
gefördert –, finden sich immer Unternehmer,<br />
die allfällige Investitions- und Geschäftsmöglichkeiten<br />
nutzen.<br />
Der einzige Unterschied zu den Industrieländern<br />
liegt darin, dass sich die Unternehmen<br />
in den Schwellenländern in der Regel in<br />
den Händen ihrer Gründer oder der Gründerfamilien<br />
befinden. Dadurch überlappen sich<br />
die Private-Banking- und die Investment-<br />
Banking-Bedürfnisse unserer Kunden häufig.<br />
Worin unterscheidet sich die Credit<br />
Suisse von ihren Mitbewerbern?<br />
Schliesslich sind wir ja nicht die einzige<br />
Bank, die in den Ländern mit hohen<br />
Wachstumsraten die wohlhabenden<br />
Kunden gewinnen möchte<br />
Das stimmt zwar, doch nicht jede Bank hat<br />
dasselbe Geschäftsmodell, dieselbe Strategie<br />
oder dieselbe Angebotspalette. Die Credit<br />
Suisse verfolgt ein sehr klares Ziel: Wir wollen<br />
in ausgewählten Märkten das beste Private<br />
Banking, das beste Investment Banking<br />
und die beste Vermögensverwaltung bieten.<br />
Dieses eindeutige Ziel unterscheidet uns bereits<br />
von unseren Mitbewerbern.<br />
Ein weiterer Trumpf ist unsere Kundenorientierung:<br />
Wir wollen unsere Kunden voranbringen<br />
und bieten ihnen daher Finanzprodukte<br />
und Dienstleistungen, die optimal<br />
auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Das<br />
können Anlagen, Finanzierungen, eine strategische<br />
Beratung oder die Nachfolgeplanung<br />
sein. Unsere Palette ist sehr umfangreich,<br />
aber das Ziel ist immer, zum Erfolg<br />
unserer Kunden beizutragen.<br />
In den Schwellenländern herrscht ein harter<br />
Wettbewerb, denn hier war und ist das<br />
höchste Wachstum zu verzeichnen. In meinen<br />
Augen sind wir durch unser Geschäftsmodell<br />
sehr gut aufgestellt, um in diesem<br />
Wettbewerb bestehen zu können.<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Credit Suisse 55<br />
Werfen wir nun kurz einen Blick auf<br />
die USA. Unser Investment Banking in den<br />
USA ist umsatzstark, doch das Private<br />
Banking könnte durchaus noch ausgebaut<br />
werden.<br />
Das ist absolut richtig. In unserer gegenwärtigen<br />
Lage scheint mir allerdings ein organisches<br />
Wachstum die beste Strategie, auch<br />
wenn dies seine Zeit braucht. Das Problem<br />
liegt in der Personalausstattung. In einem<br />
kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen<br />
kommt es auf die Mitarbeitenden an, die<br />
einem in wichtigen Geschäftsbereichen zur<br />
Verfügung stehen. Der Erfolg ist in der Finanzbranche<br />
sehr von der Qualität des Personals<br />
abhängig. Es gibt viele Firmen, die über grosse<br />
finanzielle Mittel verfügen, andere haben<br />
in ihrem Segment einen sehr guten Ruf. Will<br />
die Credit Suisse mehr Wachstum und höhere<br />
Renditen für ihre Aktionäre erzielen, muss<br />
sie sich vor allem durch ihre Personalstrategie<br />
unterscheiden.<br />
Es wurde viel über die Veränderungen<br />
der gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
in den USA diskutiert. Wie ist die Credit<br />
Suisse darauf vorbereitet ?<br />
Sehr gut. Es ist normal, dass der Gesetzgeber<br />
sich auf die Finanzbranche und die<br />
Grossbanken konzentriert. Nach den Ereignissen<br />
der Jahre 2007 und 2008 dürfte dies<br />
auch kaum jemanden verwundern. Der amerikanische<br />
Gesetzgeber will einfach sicherstellen,<br />
dass die Geschäfte der Banken auf<br />
einer soliden Grundlage stehen und sie ihre<br />
Risiken im Griff haben. Es soll in Zukunft<br />
ausgeschlossen werden, dass die Banken<br />
die gesamte Wirtschaft in Gefahr bringen.<br />
Zwar interessiert sich der Gesetzgeber für<br />
zahlreiche Aspekte des Bankwesens, doch<br />
sein Hauptaugenmerk liegt auf den Kontrollmechanismen.<br />
Das ist etwas, das wir tatsächlich<br />
fest im Griff haben müssen, sowohl<br />
auf Bank- wie auch auf Mitarbeiterebene,<br />
wenn wir in den nächsten Jahren erfolgreich<br />
sein wollen. Die strengeren Auflagen machen<br />
ein umfassenderes Berichtswesen und<br />
weitere Massnahmen nötig, aber das Bestreben<br />
des Gesetzgebers entspricht im<br />
Grunde auch unseren eigenen Bedürfnissen:<br />
funktionierende Kontrollmechanismen, die in<br />
Einklang mit unserer Strategie stehen.<br />
Noch ein letztes Wort zu Ihren Zielen für<br />
das laufende Jahr …<br />
Hauptziel ist, die Marktanteile in unseren<br />
Kerngeschäften auszubauen. Dazu haben<br />
wir auch die richtige Strategie: Wir konzentrieren<br />
uns auf unsere Kunden und sind für<br />
San Francisco<br />
Text: Jack Grone / Dorothée Enskog<br />
Innovation,<br />
Amerikas Zukunft<br />
und Alternativenergie<br />
Das Geschäft mit der Innovation, der Einfluss von<br />
Alternativenergien, die Situation im amerikanischen<br />
Immobilienmarkt und Amerikas Zukunft gehörten zu den<br />
zahlreichen Themen, die anlässlich der 10. Credit Suisse<br />
Private Banking USA West Coast Wealth Management<br />
Conference diskutiert wurden.<br />
Neue Realitäten, neue Antworten»<br />
− das Thema der West<br />
Coast Wealth Management<br />
Conference lockte rund 250<br />
Investoren nach Half Moon Bay, Kalifornien.<br />
Die breit gefächerten Beiträge und<br />
Gesprächsrunden der eintägigen Konferenz<br />
ermöglichten ihnen ein vertieftes<br />
Verständnis der sich schnell wandelnden<br />
Welt, in der wir leben. «Genau genommen<br />
verschwinden Industrien, die wir<br />
einst für wichtig hielten, und neue entstehen»,<br />
sagte Robert Weissenstein,<br />
Chief Investment Officer Private Banking<br />
Americas, bei der Begrüssung der<br />
Teilnehmenden.<br />
Die vernetzte Revolution<br />
Das Geschäft mit der Innovation konzentriere<br />
sich heute auf Konnektivität, Zugänglichkeit<br />
und nachweislichen Mehrwert,<br />
erklärten die Teilnehmer einer<br />
Podiumsdiskussion zum Thema Innovation.<br />
«Innovation ist für wachstumsorientierte<br />
Anleger ein entscheidendes<br />
Thema. Sie sind nicht an Details oder<br />
Technologien interessiert, sondern an<br />
den daraus resultierenden Chancen, die<br />
ihnen ermöglichen, ihre Tätigkeit auszudehnen<br />
und effizienter zu werden»,<br />
meinte Cully Davis vom Equity Capital<br />
Innovation beginne, Bereiche wie die<br />
Nah rungsmittelsicherheit und die Logistik<br />
im Zuge des demografischen Wandels zu<br />
verändern, meinte Paul Ciriello, Gründer<br />
der Risikokapitalfirma Fairhaven Capital<br />
Partners. Dies führt in den genannten<br />
Sektoren zu einem neuen Anlegertyp.<br />
Eine Gegenströmung in der Welt der Innovation<br />
stellt das Thema Sicherheit dar.<br />
«Die Anzahl Geräte und Verbindungen<br />
wächst rasant, das bedeutet mehr Anfälligkeit.<br />
Die damit verbundenen Sicherheitsrisiken<br />
sind er heblich», fügte Ciriello<br />
hinzu. Laut seiner Prognose wird die<br />
Zahl der vernetzten elektronischen Geräte<br />
bis ins Jahr 2020 von heute 6 auf 50<br />
Milliarden anwachsen. «Ein Virus wird sich<br />
nicht gegen einen Einzelnen richten, sondern<br />
gegen uns alle.»<br />
«Länder wie China werden zudem<br />
zu eigen ständigen Innovationszentren»,<br />
sagte Richard Kramlich, Mitbegründer<br />
von New Enterprise Associates, einer<br />
anderen Risikokapitalfirma. «Für mich ist<br />
China der Wal-Mart unter den Regierungen<br />
– unbändig und beeindruckend<br />
zugleich. Die USA laufen Gefahr, ihre wirtschaftliche<br />
Führungsposition einzubüssen»,<br />
betonte Kramlich.<br />
Erstaunliche Alternativenergien<br />
Der immer noch sehr junge Alternativenergiesektor<br />
habe die Anleger gezwungen,<br />
von seinem rasanten Wachstum<br />
Notiz zu nehmen. Zu diesem Schluss<br />
kam ein Forum zum Thema neue Energie-<br />
sie da, und dies Tag für Tag. Markets Team der Credit Suisse. Die quellen. «Die Alternativenergie steckt ><br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
56 Credit Suisse<br />
<strong>01</strong><br />
<strong>01</strong> Bryce Lee, Co-<br />
Head Global Alternative<br />
Energy<br />
der Credit Suisse,<br />
erläuterte die<br />
Bedeutung der<br />
Alternativenergie.<br />
02 Robert Weissenstein,<br />
Chief<br />
Investment Officer<br />
Private Banking<br />
Americas, begrüsste<br />
die 250 Teilnehmenden.<br />
03 Die 10. West<br />
Coast Wealth<br />
Management<br />
Conference fand<br />
in Half Moon<br />
Bay, Kalifornien,<br />
statt.<br />
Products Equity Research Team der Credit<br />
Suisse. Ein bedeutender Rückgang der<br />
Zwangs vollstreckungen von Privathäusern<br />
würde den Beginn einer Gesundung signalisieren,<br />
fügte er hinzu. Auf gewerblicher Seite<br />
verzeichneten viele Vermieter leicht rückläufige<br />
Cashflows, und eine von zehn Immobilien<br />
sei von Kreditausfall betroffen, sagte Lawrence<br />
Raiman, Partner bei Big 5 Asset Management.<br />
«Für Anleger, die ihr Augenmerk<br />
auf den gewerblichen Sektor richten, gibt<br />
es Chancen, aber man sollte sehr vorsichtig<br />
sein», meinte er und wies darauf hin, dass in<br />
den nächsten Jahren gewerbliche Hypotheken<br />
in Höhe von rund 400 Milliarden US-<br />
Dollar jährlich fällig würden.<br />
immer noch in den Kinderschuhen. Aber sie<br />
hat sich schnell zu einem globalen Geschäft<br />
entwickelt », meinte Bryce Lee, Co-Head<br />
Global Alternative Energy der Credit Suisse.<br />
«Unternehmen, die normalerweise nicht so<br />
früh an die Börse gehen würden, können es<br />
in diesem Bereich tun. Das ist recht erstaunlich.»<br />
Alternativenergie könne in vier Hauptkategorien<br />
unterteilt werden: Solarenergie,<br />
Windenergie, alterna tive Treibstoffe sowie<br />
eine technologiegestützte Kategorie, die<br />
Batterien und intelli gente Stromnetze umfasst.<br />
Die Solarenergie sei eine der ersten<br />
Domänen gewesen, die grössere Kapitalströme<br />
anlockten, sagte Satya Kumar,<br />
leitender Analyst des Energy and Semiconductor<br />
Capital Equipment Stocks Team der<br />
Credit Suisse. Hunderte chinesischer Unternehmen<br />
drängten in den Markt für Sonnenkollektoren.<br />
Man befürchte eine Phase mit<br />
Kapazitätsüberschüssen und Preiskontrollen,<br />
was wiederum die Aktienkurse des Sektors<br />
02<br />
04 Robert Reich,<br />
Ökonom und<br />
Autor, sprach<br />
über Amerikas<br />
Zukunft.<br />
03 04<br />
unter Druck brächte, bemerkte er. «Wer auf<br />
eine ansprechende, sichere Rendite aus ist,<br />
für den ist dieser Sektor wahrscheinlich nicht<br />
das Richtige», meinte Mart Stuart, Gründer<br />
von Allotrope Venture, einem Unternehmen,<br />
das in saubere Technologien investiert. Dennoch<br />
bleibe Alternativenergie auf lange Sicht<br />
wirtschaftlich attraktiv.<br />
Immobilienmarkt weiterhin schwierig<br />
Der amerikanische Immobilienmarkt stehe<br />
vor weiteren schmerzvollen Jahren, meinten<br />
die Experten einer Runde, die sich mit dem<br />
Wiederaufbau des Fundaments dieses Sektors<br />
befasste. Grundeigentum biete zwar<br />
selektiv Mehrwert, aber der Sektor erfordere<br />
starke Nerven, war man sich einig. Die<br />
Anfragen potenzieller Hauskäufer seien seit<br />
dem Auslaufen der von der Regierung gewährten<br />
Steueranreize im letzten April markant<br />
zurückgegangen, erklärte Dan Op penheim<br />
vom Homebuilders and Building<br />
Amerikas Zukunft<br />
Die heutige Aufgabe der US-amerikanischen<br />
Politik bestehe darin, die Kaufkraft der amerikanischen<br />
Beschäftigten wiederherzustellen,<br />
damit erneut das Einkommen und nicht<br />
die Kreditaufnahme zur treibenden Kraft des<br />
Wirtschaftswachstums werde, sagte der<br />
Ökonom und Autor Robert Reich, der im<br />
Kabinett von Bill Clinton als Arbeitsminister<br />
gedient hatte, in seinem Referat. «Die amerikanischen<br />
Konsumenten waren 30 Jahre<br />
lang die Triebfeder der globalen Wirtschaft»,<br />
erklärte Reich. «Aber als die Medianlöhne<br />
stagnierten, begannen sich die Konsumenten<br />
mit Kreditkarten und Eigenheimkrediten<br />
zu verschulden, um ihre Ausgaben aufrechtzuerhalten,<br />
und die Möglichkeiten dieser<br />
‹Bewältigungsmechanismen› sind nun ausgeschöpft.»<br />
Weiter meinte er, dass sich Amerikas Ärger<br />
grösstenteils gegen China richte, das anstelle<br />
eines Modells der freien Marktwirtschaft einen<br />
«staatlich kontrollierten Kapitalismus» bevorzuge.<br />
Doch könne China nicht für die zurzeit<br />
15 Millionen Arbeitslosen in den USA verantwortlich<br />
gemacht werden. Amerika erzeuge<br />
auch Probleme in seinen öffentlichen<br />
und privaten Rentensystemen, die von der<br />
alternden Babyboom-Generation des Landes<br />
finanziert würden, warnte Reich. «Es<br />
besteht die Fantasievorstellung, den Ruhestand<br />
in einer Kreuzung aus Club Med und<br />
medizinischer Einrichtung zu verbringen.<br />
Morgens geht man zum Schnorcheln, und<br />
nachmittags gibt es zusätzlichen Sauerstoff.»<br />
Trotzdem sieht Reich die Zukunft des<br />
Landes grundsätzlich optimistisch. «Jedes<br />
Mal, wenn wir an einen gefährlichen Punkt<br />
gelangt sind, haben wir die Ärmel hochgekrempelt<br />
und uns zusammengerauft. Und wir<br />
werden es wieder tun.»<br />
Fotos: Credit Suisse | Sammlung Georges Bloch, Kunstmuseum Bern | Stanser Musiktage | 2<strong>01</strong>0, ProLitteris, Zürich<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Credit Suisse 57<br />
Credit Suisse Partner<br />
<strong>01</strong><br />
<strong>01</strong><br />
Irène Schweizer in Concert<br />
Happy Birthday<br />
03<br />
Stanser Musiktage<br />
20 Nationen<br />
03<br />
Anzeige<br />
04<br />
02<br />
02<br />
Die bekannteste Schaffhauserin?<br />
Über die Landesgrenzen<br />
hinaus betrachtet, ist<br />
dies sicher Irène Schweizer,<br />
eine der wich tigsten Gestalten<br />
des europäischen Free<br />
Jazz. Am 2. Juni wird das<br />
stetig zu neuen musikalischen<br />
Ufern aufbrechende Energiebündel<br />
70 Jahre alt. Die<br />
Pianistin debütierte 1976 am<br />
Jazzfestival Willisau, ihre Premiere<br />
im Grossen Saal der<br />
Zürcher Tonhalle erfolgt am<br />
<strong>11</strong>. April 20<strong>11</strong>. Das Konzert<br />
findet im Rahmen der All<br />
Blues Jazz Recitals statt. Die<br />
Partnerschaft zwischen Credit<br />
Suisse und All Blues begann<br />
vor 15 Jahren – zur Feier verlosen<br />
wir 5 x 2 Eintrittskarten.<br />
www.credit-suisse.com/<br />
sponsoring<br />
Lucerne Festival<br />
Neue Stiftungsräte<br />
Der von Hubert Achermann<br />
präsidierte Stiftungsrat des<br />
Lucerne Festival ist um drei<br />
Mitglieder ergänzt worden.<br />
Neben Isabelle Welton, IBM<br />
Schweiz, und Martin Senn,<br />
CEO Zurich Financial Services,<br />
hat auch Urs Rohner,<br />
designierter Verwaltungsratspräsident<br />
der Credit Suisse,<br />
in diesem Gremium Einsitz<br />
genommen. Urs Rohner<br />
ist zu dem Verwaltungsrat<br />
der Opernhaus Zürich AG.<br />
www.lucernefestival.ch<br />
Kunstmuseum Bern<br />
Auf Anker folgt Picasso<br />
Dank der Jubiläumsausstellung<br />
zum 100. Todestag<br />
von Albert Anker kam das<br />
Kunstmuseum mit total<br />
168176 Be suchern zum drittbesten<br />
Jahresergebnis seiner<br />
Geschichte. Besser schnitt<br />
man nur 1985 und 1992 ab –<br />
dank grossartiger Picasso-<br />
Ausstellungen. Und just vor<br />
wenigen Tagen wurde in Bern<br />
die Picasso-Ausstellung<br />
«Die Macht des Eros» mit<br />
Druckgrafiken aus der Sammlung<br />
Bloch eröffnet. Sie<br />
dauert bis zum 1. Mai.<br />
www.kunstmuseumbern.ch<br />
04<br />
Anzeige<br />
Die Stanser Musiktage,<br />
an denen Jazz und Weltmusik<br />
sich begegnen, setzen mit<br />
dem mediterranen Kulturraum<br />
erstmals einen Schwerpunkt<br />
(im Bild Mistico Mediterraneo).<br />
Bei 13 Konzerten im<br />
Haupt- und 40 Konzerten<br />
im Nebenprogramm bieten<br />
vom 1. bis 7. Mai 300 Künstler<br />
dennoch grenzenlose<br />
kulturelle Vielheit.<br />
www.stansermusiktage.ch<br />
Kunsthaus Zürich<br />
Giacometti und Beuys<br />
Mit 420 000 Besuchern<br />
verzeichnete das Kunsthaus<br />
das beste Ergebnis seit<br />
20 Jahren. Dazu trugen vor<br />
allem die Ausstellungen über<br />
die Sammlung Bührle und<br />
Pablo Picasso bei. Auch 20<strong>11</strong><br />
bringt viele Höhepunkte. Gegenwärtig<br />
läuft eine Alberto-<br />
Giacometti-Ausstellung, im<br />
Mai folgen Joseph Beuys<br />
und im Oktober die be rühmte<br />
Nahmad-Collection.<br />
www.kunsthaus.ch<br />
Salzburger Festspiele<br />
Freunde werden 50<br />
1960 wurde in Salzburg das<br />
grosse Festspielhaus eröffnet.<br />
Die Freunde der Salzburger<br />
Festspiele konstituierten<br />
sich im Jahr darauf.<br />
Präsidiert von Heinrich<br />
Spängler zählen sie heute<br />
1800 Förderer und 2800<br />
Mit glieder, darunter viele<br />
Schweizer, und steuern rund<br />
zwei Millionen Euro (fünf Prozent)<br />
ans Budget bei.<br />
www.festspielfreunde.at<br />
Bücher, E-Books, Musik,<br />
Filme, Games & mehr<br />
» ganz einfach<br />
online einkaufen<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
58 Credit Suisse<br />
Katastrophenhilfe-Fonds<br />
Nach Naturkatastrophen darf<br />
die langfristige Hilfe<br />
nicht vernachlässigt werden<br />
Haiti fällt zusammen, Pakistan geht unter. Die letztjährigen<br />
Bilder haben sich unauslöschlich in unser Gedächtnis<br />
eingegraben. Dennoch wendet sich die Aufmerksamkeit der<br />
Weltöffentlichkeit neuen Ereignissen zu. Die nationalen<br />
Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften hingegen leisten<br />
nach der Soforthilfe auch Wiederaufbauarbeit.<br />
Text: Bernard van Dierendonck, Fabienne de Lannay<br />
Schuler. «Die Not der Menschen und die von<br />
der Flut verursachten Schäden in Pakistan<br />
sind unvorstellbar gross, gemäss UNO sogar<br />
noch verheerender als vor sechs Jahren nach<br />
dem Tsunami in Südasien. Gerade dieser<br />
Jugendliche führte mir aber vor Augen, wie<br />
sinnvoll und nötig unsere Nothilfe für den<br />
schwachen Einzelnen ist.»<br />
1863 entstand auf Initiative von<br />
Henri Dunant das Internationale<br />
Komitee vom Roten Kreuz (IKRK).<br />
Es ist vorwiegend in Kriegsgebieten<br />
tätig. In Katastrophengebieten<br />
kommen vor allem die 186 nationalen<br />
Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften<br />
zum Einsatz, die in<br />
der 1919 entstandenen Internationalen<br />
Föderation der Rotkreuzund<br />
Rothalbmondgesellschaften<br />
zusammenge schlossen sind.<br />
Die Credit Suisse unterstützte 2<strong>01</strong>0<br />
als Partner sowohl das IKRK als<br />
auch verschiedene nationale<br />
Rotkreuz gesellschaften, so etwa<br />
in Amerika, Australien, Hongkong<br />
und in der Schweiz.<br />
Durch die Zeltgassen im Notlager<br />
für Flutopfer schiebt<br />
sich ein Jugendlicher mit<br />
Hilfe einer Art Seifenkiste<br />
über die staubigen Strassen.<br />
Das Gefährt ist ein<br />
Rollstuhlersatz. Ein Jahr zuvor wurde der<br />
Knabe von einer Schlange gebissen. Eigentlich<br />
wäre eine solche Verletzung auch in<br />
Pakistan behandelbar, doch das Schicksal<br />
meinte es nicht gut mit dem Verletzten, das<br />
rettende Serum war damals im Dorf nicht<br />
mehr erhältlich. Seither ist der 15-Jährige<br />
unheilbar gelähmt. Als im Sommer 2<strong>01</strong>0 nach<br />
dem anhaltenden Monsunregen auch noch<br />
die Fluten seine Heimat vollständig zerstörten,<br />
schien für den behinderten Jungen erst<br />
recht alles am Ende. Nun gibt es aber wieder<br />
ein bisschen Hoffnung in seinem Leben –<br />
dank des Aufnahmelagers, welches das<br />
Schweizerische Rote Kreuz (SRK) und die<br />
pakistanische Rothalbmondgesellschaft nahe<br />
der Grossstadt Hyderabad errichtet haben.<br />
Einsatz für den schwachen Einzelnen<br />
Die Begegnung mit diesem pakistanischen<br />
Jugendlichen hat bei Karl Schuler, Kommunikationsbeauftragter<br />
des SRK, einen bleibenden<br />
Eindruck hinterlassen. «In unseren<br />
Notlagern gewähren wir als Erstes den<br />
Schwächsten, den Behinderten, den obdachlosen<br />
Familien mit kleinen Kindern und den<br />
alten Menschen Unterschlupf», erklärt Karl<br />
Verheerende Auswirkungen<br />
In der südlichen Provinz Sindh stehen noch<br />
immer ganze Landstriche unter Wasser.<br />
«In den anderen Regionen erinnert ein mehrere<br />
Kilometer breiter graubrauner Streifen<br />
Schlamm links und rechts des Indus und seiner<br />
Seitenarme an die einstigen Wassermassen»,<br />
erinnert sich Schuler. Eine Fläche so<br />
gross wie Grossbritannien ist zerstört, der<br />
Schlamm erstickt das Kulturland der Kleinbauern<br />
und vernichtet die Baumwollernte.<br />
Erstmals muss Pakistan, eigentlich einer der<br />
grössten Exporteure, selbst Baumwolle einführen.<br />
Der Wiederaufbau des Landes wird<br />
noch Jahrzehnte dauern und viele Milliarden<br />
Dollar kosten. Bis dahin sind zwölf Millionen<br />
Menschen in ihrer Existenz bedroht.<br />
Auch in Haiti ist die Situation nach dem<br />
Erdbeben vom 12. Januar 2<strong>01</strong>0 alles andere<br />
als gut. Rund 1,3 Millionen Menschen haben<br />
ihr Obdach verloren, und der Grossteil von<br />
ihnen ist auch ein Jahr nach der Katastrophe<br />
noch immer auf die Verteilung von Trinkwasser<br />
und weiteren Hilfsgütern durch die Hilfsorganisationen<br />
angewiesen. Da die hygienischen<br />
Verhältnisse im Land sehr schlecht<br />
sind, brach zudem Ende letzten Oktobers im<br />
Norden Haitis die Cholera aus. Bis Ende<br />
2<strong>01</strong>0 erkrankten 150 000 Menschen an der<br />
Cholera und mindestens 350 Menschen<br />
starben bisher. Das SRK eröffnete Anfang<br />
Dezember in Grand-Goâve zusammen mit<br />
Médecins du Monde eine Cholera-Zeltklinik.<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Credit Suisse 59<br />
Hier ist nun ein vierköpfiges Schweizer Team<br />
tätig. «Neben der Soforthilfe geht es uns vor<br />
allem auch darum, einheimische Ärzte und<br />
Krankenschwestern zu schulen, da diese<br />
Seuche in Haiti zuvor unbekannt war», betont<br />
der SRK-Mitarbeiter.<br />
Seit dem verheerenden Erdbeben vom 12. Januar 2<strong>01</strong>0 sind in Haiti verschiedene<br />
nationale Rotkreuz- beziehungsweise Rothalbmondgesellschaften im Einsatz,<br />
die sowohl kurzfristige Hilfe leisten als auch den Wiederaufbau vorantreiben.<br />
Die zahlreichen Spenden, die unmittelbar nach dem Beben aus der ganzen Welt<br />
bei den nationalen Gesellschaften eingingen, werden unter anderem für sanitäre<br />
Einrichtungen, die Erstellung von Unterkünften als auch für IT und Telekommunikation<br />
verwendet. Zudem wurden aufgrund des Ausbruchs der Cholera im<br />
Oktober 2<strong>01</strong>0 zusätzliche Kliniken eröffnet.<br />
Klare Rollenverteilung erleichtert Hilfe<br />
Fotos: SRK, Augusta Theler | SRK, Karl Schuler<br />
Einen Vergleich zwischen verschiedenen Katastrophen<br />
und Hilfseinsätzen zu ziehen, ist<br />
schwierig, denn die Herausforderungen vor<br />
Ort sind immer wieder anders. Doch stets<br />
geht es in einem ersten Schritt darum, möglichst<br />
schnell möglichst gezielt Hilfe leisten<br />
zu können, sich auf einen Einsatz vorzubereiten,<br />
obwohl vielleicht der offizielle Hilfsappell<br />
des betroffenen Staates noch nicht<br />
erfolgt ist und die für einen mehrmonatigen<br />
Soforteinsatz nötigen Ressourcen nur in beschränktem<br />
Umfang vorhanden sind. Und<br />
nicht zuletzt kommt es darauf an, den Einsatz<br />
verschiedenster Hilfswerke aus allen Teilen<br />
der Welt zu koordinieren.<br />
Was die 186 nationalen Rotkreuz- beziehungsweise<br />
Rothalbmondgesellschaften anbelangt,<br />
so hat man sich abgesprochen, wer<br />
in welchen Bereichen Hilfe leisten und eine<br />
entsprechend geschulte und ausgerüstete<br />
Notfall-Soforthilfeeinheit – eine so genannte<br />
Emergency Response Unit (ERU) – entsenden<br />
könnte. Dabei meldet sich die nationale Gesellschaft<br />
des Not leidenden Landes jeweils<br />
bei der Föderation in Genf, die ihrerseits die<br />
benötigten ERU aufbietet.<br />
Das SRK beispielsweise konzentriert<br />
sich – wie fünf andere Länder auch – auf die<br />
Logistik und unterstützt zudem das Deutsche<br />
Rote Kreuz im Gesundheitsbereich (Basic<br />
Health Care). Das Britische Rote Kreuz hingegen<br />
stellt neben Logistik vor allem sanitäre<br />
Einrichtungen zur Verfügung, und das<br />
Amerikanische Rote Kreuz hat sich auf ><br />
Katastrophenhilfe-Fonds<br />
Sehen Sie einen Videobericht über die Arbeit des<br />
Roten Kreuzes in Haiti und Pakistan. Darin spricht<br />
unter anderem Karl Schuler, Kommunikationsbeauftragter<br />
des Schweizerischen Roten Kreuzes<br />
(SRK), über die Herausforderungen vor Ort.<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
60 Credit Suisse<br />
<br />
Informationstechnologie und Kommunikation<br />
sowie auf Aufräumarbeiten und die Erstellung<br />
von Unterkünften spezialisiert.<br />
Schnelles Handeln ermöglichen<br />
Die letztjährigen Monsunregen haben in Pakistan heftige Überschwemmungen<br />
ausgelöst, rund ein Viertel des Landes wurde überflutet. Schätzungen zufolge<br />
sind seit der Flut zwölf Millionen Menschen in ihrer Existenz bedroht. Eine Million<br />
von ihnen lebt noch in Notlagern. Um die Lebensbedingungen für die Menschen<br />
schnell und nachhaltig zu bessern, bauen die nationalen Rotkreuzgesellschaften<br />
zusammen mit dem pakistanischen Roten Halbmond Unterkünfte, reparieren<br />
Trinkwasser- und Sanitäranlagen und bieten medizinische Notversorgung.<br />
Die Katastrophen 2<strong>01</strong>0 haben einmal mehr<br />
deutlich gemacht, dass die Hilfsorganisationen<br />
jederzeit auf einen Grosseinsatz vorbereitet<br />
sein müssen. «Da Katastrophen nicht<br />
planbar sind, haben wir immer Hilfsgüter und<br />
auch finanzielle Mittel für einen Soforteinsatz<br />
bereitgestellt », erklärt Hannes Heinimann,<br />
Leiter der Katastrophenhilfe des SRK, «aber<br />
dies natürlich nur in beschränktem Umfang.<br />
Unsere Spendenaufrufe erfolgen immer<br />
zweckgebunden mit Blick auf ein konkretes<br />
Ereignis, sodass wir eigentlich keine Reserven<br />
anlegen können. Deshalb sind wir alle<br />
froh um sehr schnell gesprochene Mittel, auf<br />
die wir zurückgreifen können, noch bevor die<br />
eigentlichen Kampagnen angelaufen sind.»<br />
Der Katastrophenhilfe-Fonds der Credit<br />
Suisse stellt eine mögliche Quelle für solche<br />
Sofortmittel dar. «Im Falle von Haiti hat unser<br />
Disaster Relief Fund Committee innert weniger<br />
Stunden eine Million Dollar zur Verfügung<br />
gestellt, die je zur Hälfte an das SRK und das<br />
Amerikanische Rote Kreuz gingen», erklärt<br />
Fritz Gutbrodt, Direktor der Credit Suisse<br />
Foundation. «Oft führen wir auch eine Sammelaktion<br />
unter unseren Mitarbeitenden<br />
durch, fügen aus unseren Fondsmitteln die<br />
doppelte Summe hinzu und stellen sie dann<br />
den Rotkreuz- beziehungsweise Rothalbmondgesellschaften<br />
zur Verfügung.» Auf<br />
diese Weise kamen 2<strong>01</strong>0 insgesamt rund<br />
sieben Millionen Dollar für die Opfer der Katastrophen<br />
in Pakistan und Haiti zusammen.<br />
Unterstützung auch für die Zeit danach<br />
Eric Eckholdt, Leiter der Credit Suisse Americas<br />
Foundation, konnte sich während eines<br />
Aufenthalts auf Haiti persönlich von der effizienten<br />
Arbeitsweise der nationalen Rotkreuzgesellschaften<br />
überzeugen. «Ich bin<br />
wirklich beeindruckt, wie diszipliniert und<br />
koordiniert die verschiedenen Gesellschaften<br />
zusammenarbeiten. Trotz Temperaturen<br />
von über 30 Grad und Arbeitszeiten von bis<br />
zu 20 Stunden pro Tag sind die Helfer mit<br />
vollem Einsatz dabei. Sie gehen an ihre Belastungsgrenze.»<br />
Das SRK verfolgt hier neben der logistischen<br />
Koordination der Hilfslieferungen aller<br />
Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften<br />
eine mehrjährige Strategie. «Im September<br />
2<strong>01</strong>0 konnten im Bergdorf Palmiste à Vin<br />
die ersten unserer 600 erdbebensicheren<br />
Fotos: SRK, Olivier Mathys | Fondation Sasso San Gottardo<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Credit Suisse 61<br />
Credit Suisse Foundation<br />
Durchbruch<br />
am Gotthard<br />
Häuser bezogen werden», führt dazu Heinimann<br />
aus. Es bleibt jedoch noch viel Arbeit<br />
zu leisten. In der Hauptstadt Port-au-Prince<br />
sind kaum Fortschritte festzustellen, selbst<br />
die Strassen im Zentrum sind noch nicht vollständig<br />
vom Schutt befreit, unter anderem<br />
weil die Regierung nicht genug Baumaschinen<br />
zur Verfügung stellt.<br />
In Pakistan wiederum hatte der nationale<br />
Rote Halbmond das SRK um Hilfe beim Aufbau<br />
und Betrieb von Notlagern gebeten. Zusammen<br />
mit der Direktion für Entwicklung<br />
und Zusammenarbeit DEZA brachten die<br />
Schweizer 1000 Zelte in ein Lager im Süden<br />
nahe Hyderabad. 30 000 Familien konnte mit<br />
Nahrungsmittelpaketen über das Schlimmste<br />
hinweggeholfen werden. Über einen Monat<br />
verteilt erhielten sie zwei Pakete à 30 Kilo<br />
mit Weizen, Reis, Zucker, Öl, Linsen, Salz,<br />
Milchpulver und Tee. Nahrungsmittel, die aus<br />
dem Land selbst stammen.<br />
«Weil an allen Ecken und Enden Soforthilfe<br />
zu leisten ist, besteht die Gefahr, dass<br />
man die Familien nach einem Monat wieder<br />
aus den Augen verliert», stellt Karl Schuler<br />
fest. «Dem wollen die Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften<br />
bewusst entgegenwirken.»<br />
Darum konzentriert sich das SRK auch<br />
in Pakistan – in der südlichen Provinz Sindh<br />
und im gebirgigen Swat-Tal, hoch oben im<br />
Norden des Landes – auf die langfristig angelegte<br />
Hilfe. In Sindh hilft es den Menschen<br />
bei der Rückkehr in ihre Dörfer, und im Gebirge,<br />
wo das Volk der Paschtunen lebt, investiert<br />
es in ein mobiles Gesundheitssystem<br />
und in den Hausbau.<br />
Das Jahr 2<strong>01</strong>0 konfrontierte das Rote<br />
Kreuz mit schwerwiegenden Katastrophen.<br />
Es brachte die renommierte Organisation an<br />
ihre Grenzen. Karl Schuler: «Selbstverständlich<br />
gibt es eine Diskrepanz zwischen den<br />
unendlich grossen Bedürfnissen und den tatsächlichen<br />
Hilfsmöglichkeiten. Aber unser<br />
fokussiertes Vorgehen zeitigt immer wieder<br />
Erfolgserlebnisse und ermutigende Begegnungen<br />
mit betroffenen Menschen.»<br />
Der Gotthard-Basistunnel zwischen Erstfeld und Bodio ist mit 57 Kilometern der<br />
längste Eisenbahntunnel der Welt. Dementsprechend gross war die Beachtung des<br />
am 15. Oktober 2<strong>01</strong>0 bei Sedrun erfolgten Durchstichs der Oströhre. Doch bis zur<br />
Inbetriebnahme der neuen Alpentransversale dauert es noch bis Ende 2<strong>01</strong>7. 1992<br />
hatte der Souverän das Acht-Milliarden-Franken-Projekt gutgeheissen; 2006<br />
bewilligte das Parlament ein Kostendach von 19,1 Milliarden Franken. Der erste<br />
Gotthardtunnel zwischen Göschenen und Airolo stellte bei seiner Eröffnung am<br />
1. Juni 1882 ebenfalls einen Weltrekord dar. Der Durchstich am 29. Februar 1880<br />
erfolgte jedoch ohne die treibenden Kräfte: Ingenieur Louis Favre war kurz zuvor<br />
verstorben, Alfred Escher hatte wegen einer Kostenüberschreitung von 20 Prozent<br />
das Präsidium der Gotthardbahn abgeben müssen.<br />
«Das Zustandekommen<br />
Mit Sasso San Gottardo steht nun ein weiteres<br />
einer schweizerischen<br />
Alpenbahn erschien mir Gotthardprojekt vor dem Durch bruch. Im Artilleriewerk<br />
von Tag zu Tag wichtiger<br />
Sasso da Pigna, dem Rückgrat des Reduit im Zweiten<br />
und dringlicher. Es wurde<br />
mir immer klarer, dass Weltkrieg, werden unter der Leitfrage «Wie gehen<br />
die Schweiz ohne eine den wir mit unseren Ressourcen um?» die fünf Themen<br />
Wall ihrer Alpen durchbrechende<br />
Eisenbahn zu Mobilität und Lebensraum, Wasser, Energie, Sicherheit<br />
einem von dem grossen sowie Wetter und Klima behandelt. schi<br />
Weltverkehr umgangenen<br />
und verlassenen Eilande Mehr über das vom Jubiläumsfonds der Credit Suisse<br />
herabsinken müsste.» Foundation unterstützte Projekt erfahren Sie unter<br />
Alfred Escher<br />
www.sasso-sangottardo.ch.<br />
Literaturtipp<br />
«Alfred Escher zwischen Lukmanier und Gotthard». Briefe zur<br />
schweizerischen Alpenbahnfrage 1850–1882. Hrsg. Alfred<br />
Escher-Stiftung / Joseph Jung. Div. Autoren. Zürich (NZZ Libro)<br />
2008, 3 Bände, 808 Seiten. ISBN: 978-3-03823-379-4<br />
Wettbewerb unter www.credit-suisse.com/<strong>bulletin</strong><br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
62 Credit Suisse<br />
Prix Credit Suisse Jeunes Solistes<br />
Mi Zhou – eine<br />
Cellistin sorgt<br />
für Wohlklang<br />
Text: Andreas Schiendorfer<br />
Zehn Jahre nach der Argentinierin<br />
Sol Gabetta spielt sich mit der<br />
Chinesin Mi Zhou erneut eine Cellistin<br />
in die Herzen der Klassikfreunde.<br />
Ihre Ausbildung erhält derzeit an der<br />
Musik-Akademie der Stadt Basel<br />
bei Thomas Demenga den Feinschliff.<br />
Am Donnerstag,<br />
18. August 20<strong>11</strong>, gibt<br />
Mi Zhou ihr Debüt<br />
am Lucerne Festival.<br />
Begleitet wird sie<br />
dabei von der Pianistin<br />
Paola Oetiker de<br />
Piante Vicin. Mi Zhou<br />
spielt in der Lukaskirche<br />
Werke von<br />
Strawinski, Cassadó,<br />
Fauré und Demenga.<br />
Conservatorio della Svizzera italiana:<br />
Das öffentliche Vorspiel um<br />
den Prix Credit Suisse Jeunes<br />
Solistes in Lugano dauert den<br />
ganzen Tag. Ein Hörgenuss für das Publikum,<br />
ein Stress für die Jury. Sie muss sich ein objektives<br />
Bild über die Finalisten machen, sich<br />
gewissermassen ein Ohr bilden über einen<br />
deutschen Bratschisten, einen russischen<br />
Violinisten, eine ungarische Klarinettistin, eine<br />
chinesische Cellistin und über einen deutschen<br />
Violinisten. «Als Musikprofessoren sind<br />
wir ein solches Programm gewohnt», meint<br />
Gastgeber und Jurypräsident Christoph<br />
Brenner, «und bei einem solchen Niveau<br />
macht das wirklich Spass.» Auch die übrigen<br />
Jurymitglieder bestätigen die hohe Qualität<br />
des Vorgetragenen, für Michael Haefliger,<br />
Intendant Lucerne Festival, war die Finalistengruppe<br />
als Ganzes gar die bisher beste.<br />
Der scheinbare Wermutstropfen: Schweizer<br />
sind keine dabei. «2007 hat die Schweizerin<br />
Die Jury-Mitglieder (von links) Stephan Schmidt, Hervé Klopfenstein,<br />
Michael Eidenbenz, Michael Haefliger und Christoph Brenner mit<br />
der Gewinnerin Mi Zhou in ihrer Mitte.<br />
Aniela Frey gewonnen, diesmal<br />
sind sie im Halbfinal in Lausanne<br />
knapp gescheitert», führt Michael<br />
Eidenbenz von der Zürcher Hochschule<br />
für Künste aus. «Viele der<br />
besten Schweizer fehlen hier, weil<br />
sie zum Abschluss ihrer Ausbildung<br />
ins Ausland gehen. Für ihre Persönlichkeitsentwicklung<br />
ist das<br />
empfehlenswert.» Um gekehrt besuchen<br />
ausgesprochen viele Talente<br />
aus aller Welt die sieben Schweizer<br />
Musikhochschulen. «Die Musikausbildung in<br />
der Schweiz steht seit der letzten Reform im<br />
internationalen Vergleich mit an der Spitze»,<br />
bestätigt Michael Haefliger. Und diesmal<br />
trifft zu, was man immer sagt: Alle hätten<br />
den Sieg verdient. Die Klarinettistin Melinda<br />
Maul beispielsweise verzauberte die Zuhörer<br />
auf einem Instrument, das eher selten zu<br />
Soloehren kommt, und der Violinist Stefan<br />
Tarara spielte Beethovens «Kreutzer-Sonata»<br />
grandios und publikumswirksam. Die Wahl<br />
fiel schliesslich knapp, aber doch einstimmig,<br />
wie Christoph Brenner betont, auf die chinesische<br />
Cellistin Mi Zhou. Sie wirkte bei ihrem<br />
Vortrag einfühlsam und variabel, selbstbewusst<br />
bei ihren Interpretationen und bescheiden<br />
in ihrem Auftreten. Der Start zu einer<br />
grossen Karriere? Mi Zhou: «Der Auftritt in<br />
Luzern wird ein Höhepunkt meiner Karriere<br />
sein. Mein Ziel ist es aber, Cellistin in einem<br />
Schweizer Orchester werden zu dürfen.»<br />
Prix Credit Suisse Jeunes Solistes<br />
Der Prix Credit Suisse Jeunes Solistes wird<br />
von Lucerne Festival, der Konferenz Musikhochschulen<br />
Schweiz (KMHS) und der<br />
Credit Suisse Foundation alle zwei Jahre für<br />
Musiker in der Schweiz bis 26 Jahre ausgerichtet.<br />
Er ist mit 25 000 Schweizer Franken<br />
sowie einem Auftritt in der Reihe Debut<br />
am Lucerne Festival dotiert. Die bisherigen<br />
Preisträger: Andriy Dragan, Piano (2009),<br />
Aniela Frey, Flöte (2007), Tecchler Trio<br />
(2005), Pawel Mazurkiewicz, Piano (2003),<br />
Sol Gabetta, Cello (20<strong>01</strong>).<br />
www.lucernefestival.ch<br />
Fotos: Conservatorio della Svizzera Italiana | Uwe Arens | Sean Sprague, Fotofinder<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Credit Suisse 63<br />
Kundenstiftungen<br />
Text: Andreas Schiendorfer<br />
Sieben Millionen<br />
sinnvoll eingesetzt<br />
Die drei gemeinnützigen<br />
Stiftungen Accentus,<br />
Empiris und Symphasis<br />
haben im Jahr 2<strong>01</strong>0<br />
weltweit über 200 Projekte<br />
unterstützt.<br />
Accentus, Empiris und Symphasis, die drei<br />
von der Credit Suisse gegründeten gemeinnützigen<br />
Kundenstiftungen, ermöglichen Donatorinnen<br />
und Donatoren, sich auf unkomplizierte<br />
Art und Weise für die Natur und die<br />
Gesellschaft zu engagieren. Damit die Spendengelder<br />
uneingeschränkt und effizient<br />
eingesetzt werden können, übernimmt die<br />
Credit Suisse die Administrations- und Management<br />
kosten. Kompetente Mitarbeitende<br />
der Geschäftsstelle der drei Stiftungen stellen<br />
zudem die Auswahl und die Überwachung<br />
der Projekte sicher. Im Jahr 2<strong>01</strong>0 konnten<br />
gemäss Geschäftsführer Daniel Otth und<br />
Stiftungsratspräsident Flavio Cotti weltweit<br />
für 204 Projekte über sieben Millionen Franken<br />
ausgeschüttet werden.<br />
Accentus<br />
Die älteste der drei<br />
Stiftungen feierte<br />
2<strong>01</strong>0 ihr zehnjähriges<br />
Bestehen mit einem<br />
gehaltvollen neuen<br />
Webauftritt. Accentus<br />
Schach Schweiz ist<br />
ein Beispiel einer möglichen<br />
Unterstiftung.<br />
Gegenwärtig unterstützt<br />
dieser Fonds in<br />
Zollikon die Schachschule<br />
Chess4Kids<br />
(siehe Bild) sowie das<br />
Projekt Science City<br />
Jugendschach in Stadtzürcher<br />
Schulen.<br />
Initiant von Accentus<br />
Schach Schweiz ist<br />
William Wirth, der<br />
am 13. März 20<strong>11</strong> seinen<br />
80. Geburtstag<br />
feierte und darin Viktor<br />
Kortschnoi, dem besten<br />
Schweizer Schachspieler<br />
aller Zeiten,<br />
um zehn Tage voraus<br />
ist. www.accentus.ch<br />
Empiris<br />
Die Preisträger des<br />
internationalen Empiris<br />
Award for Research<br />
in Brain Diseases sorgen<br />
regelmässig für<br />
Schlagzeilen. Susanne<br />
A. Schneider, Preisträgerin<br />
2009, beispielsweise<br />
erhält an<br />
der Jahrestagung<br />
der American Academy<br />
of Neurology im April<br />
in Honolulu den bekannten<br />
Jon Stolk<br />
Award in Movement<br />
Dis orders for Young<br />
Investigators. Ein Porträt<br />
der beiden Preisträger<br />
2<strong>01</strong>0, Verena<br />
Finder, ETH Zürich,<br />
und Andreas Vitalis,<br />
Universität Zürich,<br />
findet man unter www.<br />
empiris.ch<br />
Symphasis<br />
Das Schweizerische<br />
Rote Kreuz verbessert,<br />
mit Unterstützung<br />
von Symphasis, die<br />
Gesundheit in den<br />
nörd li chen Regionen<br />
von Laos. Die Stiftung<br />
versorgt die Dörfer<br />
durch den Bau von<br />
Brunnen, Reservoirs<br />
und Lei tungen mit<br />
sauberem Wasser. Insgesamt<br />
half Symphasis<br />
2<strong>01</strong>0 bei der Finanzierung<br />
von jeweils über<br />
40 Projekten in Asien<br />
und Afrika. Im <strong>bulletin</strong><br />
beschrieben wir kürzlich<br />
Massnahmen zur<br />
Rettung des Regenwaldes<br />
in Madagaskar.<br />
Auf der Website www.<br />
symphasis.ch finden<br />
sich weitere Beispiele.<br />
Seit über 100 Jahren bauen wir Häuser mit<br />
den Baustoffen der Natur. Denn sie schaffen<br />
optimales, wohngesundes Raumklima und<br />
bedeuten Klimaschutz für unsere Umwelt.<br />
Besonders der Werkstoff Holz speichert<br />
enorme Mengen CO 2. Dies schont unser Klima,<br />
denn der Baustoff entzieht der Erdatmosphäre<br />
mit jedem Haus bis zu 50 Tonnen<br />
CO 2, was dem gesamten CO 2-Ausstoss eines<br />
Mittelklassewagens in 15 - 20 Jahren entspricht.<br />
Somit sind die Holzhäuser, die wir<br />
bauen, CO 2-neutral.<br />
Lassen Sie sich von den Baufritz-Innovationen<br />
für umweltgerechtes Wohnen überzeugen.<br />
Und von unseren Stilwelten inspirieren:<br />
Tel. 033-34<strong>11</strong>000, www.baufritz-bu.ch<br />
Ausgezeichnet mit dem Deutschen<br />
Nachhaltigkeitspreis 2009<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
64 Credit Suisse<br />
Kulinarische Woche<br />
Text: Andreas Schiendorfer<br />
Das Tessin neu<br />
entdecken<br />
Abendessen<br />
Ort: Schaffhausen<br />
Restaurant: Fischerzunft<br />
Koch: André Jaeger<br />
Ort: Ascona<br />
Restaurant: Hotel Eden Roc<br />
Koch: Rolf Krapf<br />
4.4.20<strong>11</strong><br />
Wir schwärmen von der Sonnenstube<br />
Tessin, von der herrlichen<br />
Landschaft, den Spezialitäten<br />
wie Kastaniensuppe, Cazzuola,<br />
Brasato al Merlot oder einer Torta della<br />
Nonna. Das alles gibt es, und es gibt die<br />
gemütlichen Grotti, in denen ein Glas Wein<br />
gleich doppelt so gut schmeckt. «Aber es<br />
gibt noch ein anderes Tessin», erklärt Dany<br />
Stauf facher. «Das Tessin der Haute Cuisine,<br />
das Tessin für Gourmets.» Stauffachers Mission<br />
ist es, diese Botschaft in der ganzen<br />
Schweiz, aber auch im Tessin selbst zu verbreiten.<br />
Deshalb hat er vor fünf Jahren ein<br />
Gourmetfestival gegründet, wie es ähnliche<br />
auch in Gstaad und St. Moritz gibt. Anlässlich<br />
des fünften San Pellegrino Sapori Ticino besuchen<br />
zwischen 3. April und 22. Mai acht<br />
Schweizer Spitzenköche das Tessin – nicht<br />
um kulinarische Entwicklungshilfe zu leisten,<br />
sondern für einen Besuch bei Berufsfreunden,<br />
die sich gegenseitig zu Höchstleistungen<br />
motivieren. Und Stauffachers Rezept<br />
geht auf: Von Jahr zu Jahr nutzen immer<br />
mehr Deutsch- und Westschweizer dieses<br />
von der Credit Suisse mitunterstützte Gourmetfestival<br />
für einen Besuch in der Südschweiz.<br />
Alle nötigen Informationen finden<br />
Sie unter<br />
www.saporiticino.ch<br />
www.sanpellegrinosaporiticino.ch<br />
Mittagessen<br />
Restaurant: Al Portone<br />
Ort: Lugano<br />
Restaurant: Villa Saroli<br />
Ort: Lugano<br />
Restaurant: Seven Easy<br />
Ort: Ascona<br />
Restaurant: Locanda Orico<br />
Ort: Bellinzona<br />
Buon appetito!<br />
Grandes Tables de Suisse<br />
Die talentiertesten und kreativsten Spitzenköche<br />
der Schweiz sind seit 1960 in der Vereinigung<br />
Grandes Tables de Suisse zusammengeschlossen.<br />
Unter der Leitung von André Jaeger fördert diese<br />
Vereinigung den Austausch zwischen Ausnahmetalenten<br />
im Zeichen einer Kultur des Genusses<br />
und der Gastfreundschaft. Unter den 50 Mitgliedern<br />
befi nden sich neben den acht Gastköchen<br />
auch die vier Gastgeber Ivo Adam, Gian Luca Bos,<br />
Martin Dalsass und Dario Ranza.<br />
Literaturtipps<br />
Die Liebe zum Essen beginnt beim Lesen. Viele<br />
Spitzenköche erlauben uns mit ihren Büchern,<br />
einen Blick in ihre Küchen zu werfen. André<br />
Jaeger etwa führt uns als kulinarischer Brückenbauer<br />
zu den «Highlights der europäisch-asiatischen<br />
Küche». In loser Folge stellen wir Ihnen die<br />
Bücher von André Jaeger, Ivo Adam, Martin<br />
Dalsass, Markus Neff sowie die DVD von Denis<br />
Martin vor unter www.credit-suisse.com/<strong>bulletin</strong>.<br />
Ihr schnellster Zugang ist über kooaba.<br />
10.4.20<strong>11</strong><br />
16.4.20<strong>11</strong><br />
30.4.20<strong>11</strong><br />
21.5.20<strong>11</strong><br />
Rahmenanlässe<br />
3.4.20<strong>11</strong><br />
Restaurant: Grand Hotel Eden<br />
Ort: Lugano<br />
Köche: Alessio Rossi<br />
Dario Ranza<br />
Gian Luca Bos<br />
Ivo Adam<br />
Luigi Lafranco<br />
Marco Ghilodi<br />
Martin Dalsass<br />
Rolf Krapf<br />
22.5.20<strong>11</strong><br />
Restaurant: Cantina Vinattieri<br />
Anlass: Jahresfeier der Grandes<br />
Tables de Suisse<br />
Ort: Ligornetto<br />
Köche: Alessio Rossi<br />
Dario Ranza<br />
Gian Luca Bos<br />
Ivo Adam<br />
Luigi Lafranco<br />
Martin Dalsass<br />
Rolf Krapf<br />
Silvio Galizzi<br />
10.4.20<strong>11</strong><br />
Ort: Cologny Genf<br />
Restaurant: Le Lion d’Or<br />
Köche: Tommy Byrne und<br />
Gilles Dupont<br />
Ort: Locarno<br />
Restaurant: Hotel Villa Principe<br />
Leopoldo<br />
Koch: Dario Ranza<br />
Ort: Steinen SZ<br />
Restaurant: Adelboden<br />
Koch: Franz Wiget<br />
Ort: Vacallo-Chiasso<br />
Restaurant: Conca Bella<br />
Koch: Gian Luca Bos<br />
Ort: Vevey<br />
Restaurant: Denis Martin<br />
Koch: Denis Martin<br />
Ort: Ascona<br />
Restaurant: Seven Easy<br />
Koch: Ivo Adam<br />
Ort: Küsnacht<br />
Restaurant: Rico’s Kunststuben<br />
Koch: Rico Zandonella<br />
Ort: Lugano<br />
Restaurant: Santabbondio<br />
Koch: Martin Dalsass<br />
Ort: Saas Fee<br />
Restaurant: Fletschhorn<br />
Koch: Markus Neff<br />
Ort: Ascona<br />
Restaurant: Parkhotel Delta<br />
Koch: Luigi Lafranco<br />
Ort: Fribourg<br />
Restaurant: Le Pérolles<br />
Koch: Pierre-André Ayer<br />
<strong>11</strong>.4.20<strong>11</strong><br />
17.4.20<strong>11</strong><br />
18.4.20<strong>11</strong><br />
1.5.20<strong>11</strong><br />
2.5.20<strong>11</strong><br />
Ort: Lugano<br />
Restaurant: Hotel Splendide Royal<br />
Koch: Alessio Rossi<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Credit Suisse 65<br />
Preise und Preisträger<br />
<strong>01</strong><br />
CFO of the Year 20<strong>11</strong><br />
Die besten Finanzchefs der Schweiz<br />
<strong>01</strong><br />
02<br />
Das CFO Forum Schweiz (CFOs) hat am Swiss CFO Day in<br />
Zug zum zweiten Mal die besten Finanzchefs der Schweiz<br />
geehrt. In der Kategorie SMI gewann Michel Demaré,<br />
ABB Ltd. (2<strong>01</strong>0 Theophil H. Schlatter, Holcim). In der<br />
Kategorie SPI-Firmen siegte Roland Abt, Georg Fischer AG<br />
(2<strong>01</strong>0 Gerard van Kesteren, Kühne & Nagel). In der Kategorie<br />
CFOs-Mitglieder schwang Reto Conrad, Emmi AG<br />
(2<strong>01</strong>0 Andreas R. Herzog, Bühler), obenaus. Zur elfköpfigen<br />
Jury gehörte auch Hans Baumgartner, Leiter KMU-<br />
Geschäft Credit Suisse.<br />
Mehr unter www.swisscfoday.ch<br />
Johanna Dürmüller-Bol Young Classic Award 20<strong>11</strong><br />
Davos Festival als Nachwuchsförderer<br />
02<br />
03<br />
Im Rahmen von Interlaken Classics wurde zum fünften Mal<br />
ein Förderer des musikalischen Nachwuchses geehrt.<br />
Hatte 2007 Anne-Sophie Mutter den mit 20 000 Franken<br />
dotierten Preis für ihre Stiftung erhalten, so ging er letztes<br />
Jahr an die Sibelius Akademie Helsinki mit Rektor Gustav<br />
Djupsjöbacka. 20<strong>11</strong> wurde das Davos Festival – young<br />
artists in concert mit der Intendantin Graziella Contratto<br />
ausgezeichnet (Bild). Letztes Jahr hatte das Davos Festival<br />
sein 25-jähriges Bestehen gefeiert. 20<strong>11</strong> findet es vom<br />
23. Juli bis zum 6. August statt.<br />
Mehr unter www.davosfestival.ch und www.interlaken-classics.ch<br />
Anzeige<br />
03<br />
Credit Suisse Sports Awards 2<strong>01</strong>0<br />
Ariella Kaeslin und Simon Ammann<br />
Fotos: Armin Zogbaum, Corbis | Patrick Kälin | PHOTOPRESS/Alexandra Wey<br />
Die Kunstturnerin Ariella Kaeslin wurde im Dezember zum<br />
dritten Mal in Folge zur Sportlerin des Jahres gewählt.<br />
Der doppelte Doppel-Olympiasieger Simon Ammann wurde<br />
Sportler des Jahres. Die weiteren Preisträger: U17-Fussballweltmeister<br />
(Team), Dany Ryser (Trainer), Mike Schmid<br />
(Newcomer) und Christoph Kunz (Behindertensportler).<br />
Die Credit Suisse Mitarbeiterin Chantal Cavin schaffte als<br />
Zweite zum dritten Mal nach 2007 und 2009 den Sprung<br />
aufs Podest. Die blinde Schwimmerin wurde in Rio de<br />
Janeiro dreimal Weltmeisterin auf der Kurzbahn.<br />
Mehr unter www.sports-awards.ch<br />
Stanser Musiktage und Schaffhauser Jazzfestival<br />
Neuer Preis für Nachwuchsjazz<br />
Der Gewinner des neuen Nachwuchswettbewerbs der<br />
Schweizer Jazzschulen wird die Gelegenheit erhalten, am<br />
Samstag, 7. Mai, an den Stanser Musiktagen und 2<strong>01</strong>2 am<br />
Schaffhauser Jazzfestival aufzutreten – Bandcoaching und<br />
CD-Produktion inklusive. schi<br />
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Telefon 044 714 70 70, www.bacher-gartencenter.ch, www.terrassengestaltung.ch<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
66 Credit Suisse<br />
Kunst<br />
Unbekümmert,<br />
aber nicht gleichgültig:<br />
Man Ray<br />
Das Museo d’Arte in Lugano widmet sich in<br />
seiner neusten Ausstellung bis Mitte Juni<br />
dem vielseitigen amerikanischen Künstler Man Ray.<br />
Text: Andreas Schiendorfer<br />
<strong>01</strong><br />
Nach dem grossen Erfolg der<br />
Retrospektive von Robert<br />
Mapplethorpe 2<strong>01</strong>0 wendet<br />
sich das Museo d’Arte erneut<br />
einem amerikanischen<br />
Fotokünstler zu. Doch ist<br />
Man Ray wirklich ein Amerikaner ? Geboren<br />
am 27. August 1890 in Philadelphia unter<br />
dem Namen Michael «Emmanuel» Rudnitzky<br />
als erstes von vier Kindern russisch-jüdischer<br />
Eltern, war er zwar amerikanischer Staatsbürger<br />
und verbrachte auch sein halbes Leben<br />
in den USA, doch seine künstlerische<br />
Inspiration holte er sich bei der europäischen<br />
Avantgarde, und am wohlsten fühlte er sich<br />
in Paris, wo er von 1921 bis 1940 ein erstes<br />
Mal wirkte. Seine Rückkehr nach Amerika<br />
auf der Flucht vor den Nationalsozialisten<br />
zusammen mit Salvador Dalí empfand er<br />
nicht als Heimkehr, sondern als Exil. Von<br />
1951 bis zu seinem Tod 1976 lebte er erneut<br />
in Frankreich.<br />
Bestimmend für seinen künstlerischen<br />
Werdegang war die Aufnahme des 22-Jährigen<br />
in die New York City Modern School – das<br />
Ferrer Center – mit seinen unkonventionellen<br />
Lehrmethoden und seinen von freiheitlichen<br />
Idealen geprägten Lehrern. Damit wurde der<br />
Boden gelegt für Man Rays Zuwendung zum<br />
Dada. Als Maler fand er nach und nach zu<br />
einer eigenständigen futuristisch-kubistischen<br />
Figuration, doch vollzog er 1915 auch<br />
den Schritt zur dreidimensionalen Kunst. In<br />
Man Ray. Museo d’Arte, Lugano,<br />
26. März–19. Juni 20<strong>11</strong><br />
www.mdam.ch<br />
www.manraytrust.com<br />
<strong>01</strong> Man Ray. «Le Violon<br />
d’Ingres». 1924.<br />
Man Ray Trust. Nackte<br />
Rückenansicht von<br />
Kiki de Montparnasse<br />
mit Schlüsseln<br />
eines Violoncellos.<br />
Anspielung auf «La<br />
Grande Baigneuse»<br />
von Jean-Auguste-<br />
Dominique Ingres.<br />
Dieser liebte das<br />
Aktmalen und das<br />
Musizieren mit<br />
dem Cello.<br />
02 Man Ray.<br />
«Les Larmes». 1924.<br />
Man Ray Trust.<br />
dieser Phase motivierte der französische<br />
Künstler Marcel Duchamp Man Ray, der erst<br />
seit Kurzem einen Fotoapparat besass, sich<br />
der Fotografie zuzuwenden.<br />
Inhaltlich befasste sich Man Ray zunehmend<br />
mit dem Unbewussten, dem angedeutet<br />
Mystischen, was sich ab 1919/20 in Fotogrammen<br />
beziehungsweise Rayographien<br />
ausdrückte, im Fotografieren ohne Kamera,<br />
durch das Belichten von Objektarrangements<br />
auf lichtempfindlichem Papier.<br />
Seinen Freunden Duchamp und Francis<br />
Picabia nach Europa gefolgt, wurde Man Ray<br />
Teil der Pariser Kunstszene rund um den<br />
Montparnasse. Seine Fotoporträts zahlreicher<br />
Künstlerfreunde sind nicht nur als<br />
Kunstwerke bedeutsam, sondern auch als<br />
historische Dokumente. In Paris widmete sich<br />
Man Ray zudem der Mode- und der Aktfotografie.<br />
Weltberühmt ist seine Aufnahme «Le<br />
Violon d’Ingres» mit einer speziellen Rückenansicht<br />
seiner Muse Kiki de Montparnasse<br />
(siehe Bild 02). Auch im Kunstfilm versuchte<br />
er sich, allerdings mit mässigem Erfolg.<br />
02<br />
Aus seinem amerikanischen Exil zurückgekehrt,<br />
fotografierte er wiederum viele Künstlerkolleginnen<br />
wie Juliette Gréco oder Catherine<br />
Deneuve, doch wandte er sich mit<br />
seinen Natural Paintings auch wieder der<br />
Malerei zu. In der Schweiz waren Werke von<br />
Man Ray beispielsweise 1966 im Kunsthaus<br />
Zürich in der grossen Dada-Retrospektive<br />
aus Anlass des 50. Jubiläums zu sehen –<br />
und auch die Einladungskarte zur soeben<br />
abgelaufenen, viel beachteten Picasso-Ausstellung<br />
im Kunsthaus zierte ein Foto von<br />
Man Ray, der mit Picasso sehr eng befreundet<br />
gewesen war.<br />
Man Ray starb am 18. November 1976 in<br />
Paris. Seine Frau Juliet Browner liess auf<br />
dem Grabstein die Inschrift «unconcerned,<br />
but not indifferent» (unbekümmert, aber nicht<br />
gleichgültig) anbringen. Sie gründete auch<br />
den «Man Ray Trust» mit vielen Originalarbeiten.<br />
Auf der Website der Stiftung ist das<br />
Schaffen Man Rays sehr gut dokumentiert.<br />
Doch ist dies wenig im Vergleich zur Chance,<br />
in Lugano die Originale zu studieren.<br />
Fotos: 2<strong>01</strong>0, Prolitteris, Zürich | Adolf Wölfli-Stiftung, Kunstmuseum Bern<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Credit Suisse 67<br />
03<br />
04<br />
Kunst<br />
Das Kunstmuseum<br />
Bern ist Adolf Wölflis<br />
Heimat<br />
Wer die Art brut liebt, kann<br />
jederzeit das Kunstmuseum Bern<br />
aufsuchen. Dort sind stets Bilder des<br />
Berner Künstlers Adolf Wölfli zu<br />
sehen. Gegenwärtig im faszinierenden<br />
Vergleich zu den alten Meistern<br />
des Mittelalters.<br />
03 Adolf Wölfli.<br />
«Die Drachenfels-<br />
Trimbach-Eisenbahn-<br />
Fuss und Fahr-<br />
Brücke, in China».<br />
1909. Adolf-Wölfli-<br />
Stiftung, Kunst -<br />
mu seum Bern.<br />
04 Adolf Wölfli.<br />
«Die Kreutzigung<br />
Jesus Christi».<br />
1917. Adolf-Wölfli-<br />
Stiftung, Kunstmuseum<br />
Bern.<br />
Ausstellungen:<br />
Adolf Wölfli Univers - Rétrospective,<br />
Lille/Villeneuve d’Asque,<br />
LaM, Lille métropole musée d’art moderne,<br />
d’art contemporain et d’art brut,<br />
9. April – 3. Juli<br />
Adolf Wölfli. Rathaus Ingelheim.<br />
Internationale Tage von Boehringer Ingelheim.<br />
3. Mai – 10. Juli<br />
www.kunstmuseumbern.ch<br />
www.adolfwoelfli.ch<br />
Irgendwann irgendwohin unterwegs im<br />
ICN Adolf Wölfli, liest der Reisende an<br />
der Waggonwand ein Zitat des Emmentaler<br />
Malers und Schriftstellers. Ist<br />
fasziniert und irritiert zugleich, zutiefst<br />
inspiriert, ohne sofort zu uneingeschränktem<br />
Verständnis des Gesagten<br />
durchzudringen. Das Zitat muss wohl aus<br />
seiner Schrift «Von der Wiege bis zum<br />
Graab» stammen, 1985 publiziert, doch bereits<br />
1908 bis 1912 entstanden. In der Irrenanstalt<br />
Waldau bei Bern.<br />
Dorthin wird Adolf Wölfli 1895 nach erfolgloser<br />
versuchter Notzucht an einem kleinen<br />
Mädchen mit der Diagnose Schizophrenie<br />
eingeliefert. Mag sein, dass sein Leben anders,<br />
gewissermassen normaler verlaufen<br />
würde, hätte er nicht eine entwürdigende,<br />
zukunftsraubende Jugend als Verdingbub<br />
verbringen müssen. Doch bewundernswürdig<br />
ist, dass Adolf Wölfli – wie auf andere Art<br />
auch Robert Walser – im Alter von 35 Jahren<br />
in seinem tiefsten Innern eine künstlerische<br />
Quelle anzuzapfen vermag, die ihn am Leben<br />
erhält und die von einer Produktivität und<br />
geheimnisvollen Qualität ist, die uns auch<br />
heute noch in Erstaunen versetzt.<br />
Mit seinem Werk «Ein Geisteskranker als<br />
Künstler » macht Walter Morgenthaler, während<br />
Jahren sein ärztlicher Betreuer, 1921<br />
auf Wölfli aufmerksam. Doch die Bekanntheit<br />
hält nicht an, zu absonderlich ist dieses<br />
gigantische Werk. Es ist dem französischen<br />
Künstler Jean Dubuffet 1945 und ab den<br />
1960er-Jahren dem Berner Ausstellungsmacher<br />
Harald Szeemann vorbehalten, den<br />
wichtigsten Vertreter der Art brut in die aktuelle<br />
Kunstwelt zurückzurufen und einem<br />
breiteren Publikum zugänglich zu machen.<br />
Mittlerweile ist Adolf Wölfli in weiten Kreisen<br />
bestens bekannt. Doch kennt man ihn<br />
wirklich? Wer vor seinen Bildern steht, entdeckt<br />
immer wieder neue Facetten. Die 1975<br />
entstandene, im Kunstmuseum Bern beheimatete<br />
Adolf-Wölfli-Stiftung, geleitet von Daniel<br />
Baumann, sorgt mit wechselnden Ausstellungen<br />
für stets lohnenswerte Entdeckungsreisen.<br />
Diesmal geht es ins Mittelalter zurück. Hat<br />
der ungebildete Knecht und Handlanger die<br />
alten Meister wirklich gekannt, oder hat er<br />
seine Motive allein in sich selbst gefunden?<br />
Seine Interpretation und seine Verwendung der<br />
christlichen Bildwelt jedenfalls sind höchst<br />
eigenständig. Und darum bedenkenswert. schi<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
68 Credit Suisse<br />
Aquabasilea<br />
Ein Tag<br />
Ferien, ohne<br />
zu verreisen<br />
Aquabasilea in Pratteln,<br />
die vielfältigste Wasserwelt<br />
der Schweiz, kann den<br />
ersten Geburtstag feiern.<br />
Gewinnen Sie zwei von<br />
zwölf Tageseintritten.<br />
Wasserschloss Europas wird die<br />
Schweiz genannt. Von hier aus findet<br />
das Wasser seinen Weg in die<br />
Nordsee (Rhein), ins westliche Mittelmeer<br />
(Rhone), ins Adriatische Meer (Tessin/Po)<br />
und ins Schwarze Meer (Inn/Donau). In den<br />
Schweizer Wasserwelten ist alles möglich<br />
und jeder findet Unterhaltung und Entspannung.<br />
Am Rhein in Basel etwa sieht man sich<br />
ins südländische Verzascatal versetzt; kein<br />
Wunder, handelt es sich doch bei Aquabasilea<br />
um die landesweit grösste Wasserwelt<br />
mit einer Nutzfläche von über 13 000 Quadratmetern.<br />
Da hat es im Erlebnis- und Vitalbad<br />
Platz für mehrere Becken mit einem Gesamtvolumen<br />
von über 2200 Kubikmetern und<br />
nicht weniger als sieben Rutschbahnen –<br />
und es hat Platz für eine vielfältige Saunawelt<br />
sowie für einen Spa- und Fitnessbereich.<br />
Mit statistischen Werten zu operieren, ist<br />
aber heikel, denn, so Andreas Schauer, Verwaltungsrat<br />
der Betreiberfirma Aquabasilea<br />
AG, «ein Bad ist nie fertig». Das 270-Millionen-Projekt,<br />
finanziert von Immobilienanlagen<br />
des Real Estate Asset Management der<br />
Credit Suisse (siehe Dossier), eroberte die<br />
Schweizer Wasserfreunde allerdings nicht im<br />
Sturm. Nach einer Anpassung der Eintrittspreise<br />
und der Parkplatzgebühren erreichen<br />
die Frequenzen in der Wasserwelt und im<br />
Business- und Wellnesshotel Courtyard by<br />
Marriott nun aber problemlos die gesteckten<br />
Ziele. Lesen Sie im Internetmagazin unseren<br />
Hintergrund- und Erlebnisbericht und machen<br />
Sie bei unserer Verlosung von 6 x 2 Tageseintritten<br />
mit. schi<br />
www.credit-suisse.com/<strong>bulletin</strong><br />
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<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Credit Suisse 69<br />
Kunst und Bau<br />
Erinnerungen<br />
an Eintagsfliegen<br />
Werke der Künstlerin Dominique Lämmli findet man in<br />
den Filialen Arosa, Châtel-St-Denis, Giubiasco, St. Margrethen,<br />
Zürich-Uraniastrasse und neu auch in Uster.<br />
Branch Excellence<br />
Geschäftsstelle Uster<br />
90 Geschäftsstellen der Credit Suisse<br />
sind im Rahmen der Initiative Branch<br />
Excellence bis Ende 2<strong>01</strong>0 kundenund<br />
umweltfreundlich umgebaut<br />
worden und verfügen jetzt über ein<br />
einheitliches Erscheinungsbild. Die<br />
Wiedereröffnung der Geschäftsstelle<br />
Uster erfolgte am 1. November.<br />
Ruedi Grünenfelder,<br />
Leiter Privatkunden Uster<br />
Fotos: Marco Blessano | Credit Suisse | Aquabasilea AG, www.aquabasilea.ch<br />
Die in Zürich wirkende Dominique<br />
Lämmli (*1964) ist<br />
nicht nur Malerin, Installations-<br />
und Objektkünstlerin,<br />
sondern auch Zeichnerin.<br />
Die hier abgebildete hochformatige<br />
Zeichnung trägt den Titel<br />
«Fliegen-1» und ist in der Filiale Uster ausgestellt.<br />
Die Zeichnung besteht aus zwei<br />
Blättern, die jeweils 120 x 80,5 cm messen<br />
und nebeneinander liegen. Das Werk ist im<br />
Zusammenhang mit einem langjährigen Projekt<br />
Lämmlis entstanden, bei dem die Künstlerin<br />
unter dem Titel «Verliebt in die Planeten»<br />
fabelhafte Landschaften mit Sträuchern,<br />
Blumen, Wäldern und Tieren thematisiert.<br />
Der Titel des Werks spricht von Fliegen.<br />
Müssen wir also kleine Brummer hinter den<br />
schwarzen Abdrücken auf den Blättern vermuten?<br />
In der Regel werden Fliegen als<br />
etwas Lästiges und Hässliches betrachtet,<br />
ja sie werden sogar als böse abgewertet.<br />
Gerade in der Literatur kommen sie selten gut<br />
weg: ob in Goethes «Faust », wo Mephisto<br />
als Fliegengott bezeichnet wird, oder später<br />
bei Jean-Paul Sartre, der in «Les Mouches»<br />
die Fliegen zu Rachegöttinnen macht. Die<br />
Künstlerin schenkt diesen verschmähten<br />
Insekten neuen Lebensraum: Dank einer<br />
Vermischung von Lack und Gouache, die wie<br />
ein Hauch von Kohle das Papier streift,<br />
tanzen die Fliegen auf den weissen Papierblättern<br />
in einer imaginären, indifferenten,<br />
aber begrenzten Leerfläche herum. Es ist,<br />
als ob die kleinen Abenteuer ihres sonst so<br />
kurzen Erdenlebens zur Erinnerung festgehalten<br />
würden.<br />
Raquel Brühlmann, Praktikantin Fachstelle Kunst<br />
«Fliegen-1»<br />
Dominique Lämmli, 2009, Gouache,<br />
Eisenoxidschwarz auf Papier,<br />
zwei Teile, je 120 x 80,5 cm.<br />
Sammlung Credit Suisse, Inv. 2<strong>01</strong>0/12382.<br />
<strong>bulletin</strong>: Seit wann ist die Credit<br />
Suisse in Uster präsent?<br />
Ruedi Grünenfelder: Wir sind seit 1892<br />
in Uster tätig, anfänglich allerdings noch<br />
als Schweizerische Volksbank. Das<br />
damals erstellte Gebäude, im Stadtzentrum<br />
beim Bahnhof gelegen, befindet<br />
sich seit 1912 in unserem Besitz.<br />
Wie verlief der Umbau?<br />
Die grösste Herausforderung war,<br />
dass das Gebäude einerseits unter<br />
Denkmalschutz steht und anderseits<br />
schon mehrmals umgebaut worden<br />
ist. Unser Projekt wurde in neun<br />
Monaten umgesetzt und kostete insgesamt<br />
rund acht Millionen Franken.<br />
Es hat sich gelohnt: Das Ambiente der<br />
Besprechungszimmer mit Werken<br />
von Schweizer Künstlern ist sehr gut<br />
gelungen und wurde von unseren<br />
Kunden durchwegs positiv aufgenommen.<br />
Äusserst zufrieden bin ich über<br />
die Zusammenarbeit mit den lokalen<br />
und regionalen Gewerbe- und Industrieunternehmen,<br />
die rund 80 Prozent<br />
der vergebenen Aufträge ausführten.<br />
Welchen Stellenwert nimmt Uster<br />
für die Credit Suisse ein?<br />
Uster ist mit 32 000 Einwohnern die<br />
drittgrösste Stadt im Kanton Zürich,<br />
und Studien haben das enorme Potenzial<br />
des Zürcher Oberlands in den<br />
Bereichen Privat- und Firmenkundengeschäft<br />
aufgezeigt. Momentan beschäftigen<br />
wir 40 Mitarbeitende. Ich<br />
bin überzeugt, dass wir dank des Umbaus<br />
unsere Stellung in naher Zukunft<br />
weiter ausbauen können. schi<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
70 Credit Suisse<br />
03<br />
Swiss Innovation Forum<br />
Text: Dorothée Enskog<br />
Leidenschaft und<br />
Frustration als<br />
Quelle der Innovation<br />
Leidenschaft, Neugierde und<br />
Frustration sind die Triebfedern für<br />
Innovation. Darin waren sich die<br />
Referenten des 5. Swiss Innovation<br />
Forum in Basel einig – Jimmy<br />
Wales etwa, Mitbegründer von<br />
Wikipedia, und Joseph Jimenez,<br />
CEO von Novartis.<br />
<strong>01</strong> 02<br />
04<br />
<strong>01</strong> Die Firma Optotune<br />
AG aus Dübendorf –<br />
rechts CEO Manuel<br />
Aschwanden – gewann<br />
den Swiss Technology<br />
Award in der Kategorie<br />
Start-up. Optotune<br />
hat eine stufenlos<br />
verstellbare Linse entwickelt,<br />
die bei Kameras<br />
in Mobiltelefonen<br />
einen Quantensprung<br />
ermöglicht.<br />
02 In der Kategorie Seed<br />
ging der Award an die<br />
Malcisbo AG aus<br />
Zürich – Zweiter von<br />
links CEO Lino Camponovo<br />
– für die Entwicklung<br />
biotechnologischer<br />
Impfstoffe,<br />
beispielsweise gegen<br />
Wurmbefall.<br />
03 Die HeiQ Materials AG<br />
aus Bad Zurzach –<br />
rechts CEO Carlo<br />
Centonze – schwang<br />
in der Kategorie Maturity<br />
Stage obenaus.<br />
Die Firma entwickelt<br />
nachhaltige textile<br />
Effekte für beispielsweise<br />
medizinische<br />
Anwendungen oder<br />
für die Erdöl absorbierende<br />
Oilguardmatte.<br />
04 Heiss begehrt, denn<br />
immer wohlverdient:<br />
der Swiss Technology<br />
Award. Mehr unter<br />
www.ch-innovation.ch<br />
Innovation geht von Leuten aus, die an<br />
etwas glauben. Von Persönlichkeiten,<br />
die Meilensteine setzen», erklärte<br />
Joseph Jimenez, CEO des Schweizer<br />
Pharmaunternehmens Novartis, dem<br />
Publikum des 5. Swiss Innovation Forum.<br />
«Diese Meilensteine verändern das<br />
Paradigma, die Art, wie wir an Dinge herangehen.»<br />
Doch in der Pharmabranche hat<br />
Innovation ihren Preis. «Wenn wir weiterhin<br />
innovativ sein wollen, brauchen wir attraktive<br />
Renditen auf dem investierten Kapital. Bis<br />
ein neuer Wirkstoff auf den Markt gelangt,<br />
entstehen durchschnittlich Kosten von 1,5<br />
Milliarden US-Dollar », führte Jimenez aus.<br />
Im Gegensatz dazu beruht die spektakuläre<br />
Erfolgsgeschichte von Wikipedia weder<br />
auf technischer Innovation noch auf innovativer<br />
Forschung. Das Anfang 20<strong>01</strong> lancierte<br />
kostenlose Online-Lexikon enthält heute<br />
über 17 Millionen Artikel. «Wikipedia löste<br />
jedoch eine gesellschaftliche Innovation aus.<br />
Heute arbeitet eine grosse, offene Gemeinschaft<br />
von Freiwilligen auf das gemeinsame<br />
Ziel hin, das gesamte menschliche Wissen<br />
zusammenzufassen», führte Jimmy Wales<br />
Mitbegründer von Wikipedia, aus.<br />
Leidenschaft als Ursache des Erfolgs<br />
Wikipedia kann auf rund 100 000 aktive Mitwirkende<br />
zählen. Wales wird oft gefragt, was<br />
diese Leute motiviert, so viel Zeit für das<br />
Projekt aufzuwenden. «Ich glaube, die Idee<br />
einer kostenlosen Enzyklopädie ist für viele<br />
sehr inspirierend. Es geht darum, ihr Wissen<br />
mit anderen zu teilen. Das Projekt macht<br />
aber auch Spass. Sie erschaffen etwas Gemeinsames<br />
in Echtzeit.» Noch sind fast<br />
90 Prozent der Mitwirkenden Männer, vermutlich<br />
deshalb, weil gewisse Bearbeitungsfunktionen<br />
nicht sehr anwenderfreundlich<br />
sind. «Wir versuchen, diese zu vereinfachen»,<br />
betonte Wales. Die Wissenslieferanten sind<br />
mit durchschnittlich 26 Jahren sehr jung. Der<br />
Anteil der Promovierten ist doppelt so hoch<br />
wie in der Gesamtbevölkerung. Rund 400<br />
Millionen Menschen informieren sich monatlich<br />
auf Wikipedia. Sie ist damit die am fünfthäufigsten<br />
besuchte Website.<br />
Neugierde als Treiber der Innovation<br />
«Es braucht Leidenschaft, um kreativ und<br />
innovativ zu sein», ist Jean-Claude Biver,<br />
CEO des Schweizer Uhrenherstellers Hublot,<br />
überzeugt. Biver, der hinter dem erfolgreichen<br />
Turnaround der Uhrenmarke Omega<br />
steht, hält Kreativität für wichtiger als Wissen.<br />
«Wissen ist für alle zugänglich, Innova-<br />
Fotos: Swiss Innovation Forum | Hilti Aktiengesellschaft<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Credit Suisse 71<br />
tion baut dagegen auf Wissen auf. Sie sollten<br />
sich täglich fragen: ‹Kann ich etwas anders<br />
machen als bisher ?› Wenn wir alles immer<br />
auf dieselbe Art erledigen, werden wir zu<br />
einem Museum. Mit etwas Neugierde bleiben<br />
wir jung und kreativ.» Biver gab auch Einblicke<br />
in seine Unternehmensphilosophie, die<br />
sich als enorm erfolgreich erwiesen hat. Sie<br />
beruht auf drei Pfeilern: Mitteilen, Respektieren<br />
und Verzeihen. «Ein Manager muss<br />
sein Wissen, seine Bedenken und seine Fehler<br />
anderen mitteilen und alle unabhängig von<br />
der Hierarchiestufe respektieren, bis zum<br />
Reinigungspersonal.» Ein Manager muss<br />
ausserdem Fehler und Misserfolge verzeihen<br />
können, da die Mitarbeitenden daraus lernen.<br />
Häufige Fehler seien natürlich ein anderes<br />
Thema, räumte Biver ein.<br />
Risikokapital<br />
Pius Baschera,<br />
Chairman Venture Incubator,<br />
VR-Präsident Hilti<br />
Interview: Andreas Schiendorfer<br />
«Innovation ist der Motor<br />
der Schweizer Wirtschaft»<br />
Zehn Schweizer Grossunternehmen,<br />
darunter auch die Credit Suisse,<br />
haben im Jahr 2000 den<br />
Risikokapitalfonds Venture<br />
Incubator gegründet. Chairman<br />
Pius Baschera zieht Bilanz.<br />
Auch Frustration wirkt als Motor<br />
Die Frustration darüber, dass sich bestehende<br />
Daten oder Statistiken nicht mit einer<br />
Software veranschaulichen liessen, bewog<br />
den Gründer der Gapminder Foundation, Ola<br />
Rosling, sein innovatives Visualisierungstool<br />
zu entwickeln. «Aus der Frustration wurde<br />
Leidenschaft für mein Produkt», sagt er. Mit<br />
seinem Tool können Anwender innert Sekunden<br />
langfristige Trends auf der Basis von<br />
Tausenden von Daten in Grafik- oder Tabellenform<br />
veranschaulichen. «Die Welt kann<br />
sich nur positiv verändern, wenn wir die richtigen<br />
Entscheidungen treffen. Solche Entscheidungen<br />
können wir nur treffen, wenn<br />
uns verständliche Daten zur Verfügung stehen.»<br />
Gapminder wurde 2007 von Google<br />
übernommen und bildet heute einen umfassenden<br />
Teil der Suchmaschine für die Visualisierung<br />
vorhandener Wirtschaftsdaten.<br />
«Leider geben uns viele öffentliche Stellen<br />
keinen Zugang zu ihren Datenbanken», bedauert<br />
Rosling. Zu den wenigen Ausnahmen<br />
gehörten die Weltbank und Eurostat. Die<br />
Credit Suisse war in diesem Jahr erstmals<br />
Sponsor des Innovationsforums.<br />
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Filme, Games & mehr<br />
» ganz einfach<br />
online einkaufen<br />
Laut Credit Suisse Identitätsbarometer<br />
sind 67 Prozent der Schweizerinnen<br />
und Schweizer sehr stolz<br />
auf unseren inter nationalen Ruf der<br />
hohen Qualität, aber nur 35 Prozent<br />
auf unsere Innovationskraft.<br />
Die Qualität der Schweizer Wirtschaft<br />
gründet zum grossen Teil auf<br />
ihrer Innovationskraft. Was die<br />
Forschung anbelangt, die Anzahl Patente<br />
etwa oder die Verweise in<br />
wissenschaftlichen Publikationen, ist<br />
die Schweiz absolute Weltspitze.<br />
Vielleicht drückt der relativ tiefe Umfragewert<br />
aus, dass wir in Bezug<br />
auf den Transfer in die Praxis verbesserungsfähig<br />
sind. Das stimmt.<br />
Hier kann Risikokapital helfen?<br />
Unbedingt. Deshalb haben zehn<br />
Firmen vor zehn Jahren Venture<br />
Incubator gegründet und sich mit<br />
je zehn Millionen Franken beteiligt.<br />
Warum macht Hilti mit ? Spielt Innovation<br />
bei Ihnen auch eine Rolle?<br />
Von einem generell fortschrittlichen,<br />
innovativen geistigen Klima in der<br />
Schweiz profitieren auch wir. Bei Hilti<br />
spielte übrigens die Innovationskraft<br />
schon immer eine besonders grosse<br />
Rolle. Das ist gut so und nötig: Ohne<br />
Innovationen kann kein Grossunternehmen<br />
überleben. Innovation bezieht<br />
sich aber nicht nur auf Produkte,<br />
sondern auch auf Prozesse und Geschäftsmodelle.<br />
Wie fällt die Bilanz nach zehn<br />
Jahren Venture Incubator aus?<br />
Äusserst positiv. Deshalb haben wir<br />
2009, mitten in der Wirtschaftskrise,<br />
beschlossen, unser Engagement<br />
unbefristet zu verlängern.<br />
Können Sie uns Zahlen liefern?<br />
Wir haben bis jetzt <strong>11</strong>6 Millionen<br />
Franken in 35 Unternehmen investiert,<br />
die rund 750 hochwertige<br />
Arbeitsplätze geschaffen haben.<br />
Aus elf Exits haben wir 53 Millionen<br />
Schweizer Franken gelöst,<br />
die wir nun wieder investieren.<br />
Welches ist die Erfolgsstory?<br />
Unter unseren Verkäufen hat es<br />
Firmen wie Endoart, HPL, EsbaTech<br />
oder Picodrill, die sich in der Branche<br />
bereits einen guten Namen geschaffen<br />
haben. Und auch das aktuelle<br />
Portfolio enthält vergleichbare Perlen.<br />
Gab es auch Fehleinschätzungen?<br />
Jedes Investment wird von den<br />
Venture-Incubator-Partnern und vom<br />
Investment Committee seriös geprüft.<br />
Da sich unsere Investments aber auf<br />
die Seed-Phase, also die Anfangsphase<br />
eines Start-ups, beziehen, sind<br />
Rückschläge unvermeidlich.<br />
Zuletzt ein Wort zur Konkurrenz.<br />
Tut es Ihnen weh, dass mit der SVC –<br />
AG für Risikokapital ein neuer Player<br />
auf dem Markt aufgetaucht ist ?<br />
Auf dem Gebiet der Start-up-<br />
Förderung kann es gar nicht zu viele<br />
Investoren haben. Die SVC AG<br />
investiert zwar erst, wenn die Marktakzeptanz<br />
bereits erreicht ist, aber<br />
es gibt zwischen uns interessante<br />
Partnerschaften wie beispiels weise<br />
im Falle von sonicemotion.<br />
www.ventureincubator.ch<br />
www.svc-risikokapital.ch<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
72 Credit Suisse<br />
Gastkommentar<br />
Neuland in Sicht<br />
Die Osec informiert, berät und begleitet<br />
Schweizer und Liechtensteiner KMU<br />
bei ihren internationalen Geschäftsvorhaben.<br />
Die Credit Suisse ist Anfang<br />
2009 eine Partnerschaft mit der Osec<br />
eingegangen.<br />
KMU-Exportindikator<br />
Der vierteljährliche Exportindikator<br />
besteht aus den Osec-KMU-Exportperspektiven<br />
und dem Credit Suisse<br />
Exportbarometer. Die nächste Ausgabe<br />
erscheint am 7. April, zu finden unter<br />
www.credit-suisse.com/research.<br />
Aussenwirtschaftsforum<br />
Am 7. April in der Messe Zürich unter<br />
dem Titel «Neuland – Chancenland».<br />
Unter den Referenten befinden<br />
sich Bestsellerautor Kjell Nordström,<br />
Institute for International Business<br />
der Stockholm School of Economics,<br />
Jean-Claude Biver, CEO Hublot,<br />
und Bundesrat Johann N. Schneider-<br />
Ammann. Die Credit Suisse bietet zwei<br />
Workshops an zu den Themen «Wachstum<br />
finanzieren» (mit Carlo Centonze,<br />
CEO HeiQ) und «Herausforderung<br />
Internationalisierung» (mit Annette<br />
Heimlicher, CEO Contrinex, und Rico<br />
Baldegger, HSW Fribourg). Details<br />
unter www.osec.ch > Forum 20<strong>11</strong>.<br />
Osec Export Award<br />
Die Gewinner 20<strong>11</strong> werden am 7. April<br />
bekannt gegeben. Ihre Vorgänger:<br />
2<strong>01</strong>0 Bauwerk, St. Margrethen (Step-in),<br />
Contrinex, Givisiez (Success);<br />
2009 K-Team, Yverdon-les-Bains;<br />
2007 Schmid Rhyner, Adliswil.<br />
Aussenwirtschaftsmagazin<br />
Zweimal jährlich berichtet «Go!»<br />
fundiert zu Themen der Aussenwirtschaft.<br />
Kostenlose Abonnements<br />
unter www.osec.ch/publikationen schi<br />
Daniel Küng<br />
CEO Osec<br />
In neue Märkte vorzustossen,<br />
ist für Unternehmen<br />
oft ein Weg,<br />
um die Exportstrategie<br />
weiter zu diversifizieren.<br />
Heute, im Zeitalter der<br />
Globalisierung, wo der Konkurrenzdruck<br />
infolge der zunehmenden<br />
Zahl von Anbietern<br />
immer härter wird, ist das<br />
besonders wichtig – wenn auch nicht so<br />
einfach. Denn viele Unternehmen spüren<br />
noch immer die Nachwehen der Wirtschaftskrise<br />
und jetzt auch die Folgen des starken<br />
Schweizer Frankens. Deshalb ist es wichtig,<br />
dass man als Unternehmer die Augen offen<br />
hält und fortlaufend nach «Neuland» Ausschau<br />
hält. Um nicht ins Hintertreffen zu<br />
geraten, sollten Unternehmen also genau<br />
mitverfolgen, wo sich globale, neue Trends<br />
entwickeln und wo neue Märkte mit hohen<br />
Handelsvolumina entstehen.<br />
Es ist erwiesen, dass bei Ländern, mit<br />
denen die Schweiz oder die EFTA ein Freihandelsabkommen<br />
abgeschlossen hat, das<br />
Handelsvolumen zwischen der Schweiz und<br />
diesen Ländern in der Folge ansteigt. Es ergeben<br />
sich dadurch also zusätzliche Chancen<br />
für exportorientierte Unternehmen, da die<br />
Zollgebühren ja beträchtlich sinken. Neues<br />
Geschäftspotenzial entsteht insbesondere in<br />
Märkten, die bis anhin für die Schweizer<br />
Wirtschaft noch nicht oben auf der Prioritätenliste<br />
gestanden haben. Die neuen südamerikanischen<br />
«Tigerstaaten» Peru und<br />
Kolumbien beispielsweise<br />
werden dadurch auf einmal<br />
attraktiv. Aber auch andere<br />
Märkte wie Südafrika, Ägypten,<br />
Südkorea und Schwergewichte<br />
wie Indonesien und<br />
die Golfstaaten sind ebenfalls<br />
sehr interessant.<br />
Früher bedeutete die Unterstützung<br />
im Aussenhandel vor<br />
allem Exporthilfe. Doch mittlerweile ist sie<br />
infolge der Globalisierung und wegen des<br />
starken Schweizer Frankens auch zur Unterstützung<br />
beim so genannten Sourcing geworden.<br />
Heute sollte man sich als Exporteur<br />
fragen: Wo kaufe ich Komponenten und<br />
Dienstleistungen ein? Denn aufgrund des<br />
schwachen Euros und der gesunkenen<br />
Margen im Export kann es durchaus Sinn<br />
machen, beim «Sourcing» beziehungsweise<br />
beim Einkauf auf Angebote aus dem EU-<br />
Raum zurück zugreifen, um das Währungsrisiko<br />
besser abzusichern.<br />
Flexibilität, Anpassung und Produktivitätssteigerungen<br />
sind bei Schweizer Exporteuren<br />
jetzt das A und O, auch wenn dies einfacher<br />
gesagt als getan ist. Für uns bei der Osec ist<br />
es nicht anders: Wir müssen uns auf neue,<br />
aufstrebende Märkte einstellen, zusätzlich zu<br />
der traditionellen Exportberatung auch vermehrt<br />
«Sourcing-Unterstützung» anbieten und<br />
generell auf die veränderten Bedürfnisse<br />
unserer KMU-Klientel eingehen können. Gerade<br />
jetzt ist dies wichtig, denn jetzt brauchen<br />
uns die Kunden mehr denn je.<br />
Impressum<br />
<strong>11</strong>7. Jahrgang, 5 x jährlich, Deutsch,<br />
Englisch, Französisch, Italienisch<br />
HERAUSGEBER: Credit Suisse AG<br />
Postfach 2, CH-8070 Zürich<br />
Telefon +41 44 333 <strong>11</strong> <strong>11</strong><br />
REDAKTION: Daniel Huber<br />
(dhu; Leitung), Andreas Schiendorfer<br />
(schi); Regula Brechbühl (rb),<br />
Dorothee Enskog (de), Michael<br />
Krobath (mk), Mandana Razavi (mar).<br />
Mitarbeit: Fabienne de Lannay (fdl),<br />
Valérie Clapasson Fahrni (cfv),<br />
Ivana Bianchet (Dossier).<br />
Kontakt: redaktion.<strong>bulletin</strong>@creditsuisse.com<br />
REALISATION: www.arnold.inhaltundform.com<br />
Gestaltung: Michael<br />
Suter, Luzian Meier, Maja Davé,<br />
Alice Kälin, Angelique Bolter<br />
Prozess management: Karin Cappellazzo<br />
Korrektorat: Carola Bächi,<br />
Claudia Marolf (notabene)<br />
Übersetzungen Credit Suisse Druck<br />
Swissprinters Zürich AG<br />
MEDIADATEN/KONTAKT:<br />
Marketing: Veronica Zimnic<br />
WEMF-Auflage 2009: 145 504<br />
Registrierung: ISSN 1423-1360<br />
Internet: www.credit-suisse.com/<br />
<strong>bulletin</strong> Inserate: print-ad kretz gmbh,<br />
Telefon +41 44 924 20 70, <strong>bulletin</strong>@<br />
kretz-gmbh.ch Mutationen: siehe<br />
Talon Nachdruck von Texten: gestattet<br />
mit Hinweis «Aus dem <strong>bulletin</strong><br />
der Credit Suisse».<br />
REDAKTIONSKOMMISSION:<br />
Richard Bachem, Nicole Brändli,<br />
René Buholzer, Urs P. Gauch, Fritz<br />
Gutbrodt, Anja Hochberg, Angelika<br />
Jahn, Bettina Junker Kränzle,<br />
Hanspeter Kurzmeyer, Andrés Luther,<br />
Charles Naylor<br />
Diese Publikation dient zu Informationszwecken.<br />
Sie bedeutet kein Angebot<br />
und keine Aufforderung seitens<br />
der Credit Suisse zum Kauf oder<br />
Verkauf von Wertschriften. Hinweise<br />
auf die frühere Performance garantieren<br />
keine positiven Entwicklungen<br />
in der Zukunft. Die Analysen und<br />
Schlussfolgerungen wurden durch<br />
die Credit Suisse erarbeitet und<br />
könnten vor ihrer Weitergabe an<br />
die Kunden von der Credit Suisse<br />
bereits für Transaktionen von<br />
Gesellschaften der Credit Suisse<br />
Group verwendet worden sein. Die<br />
ver tretenen Ansichten sind diejenigen<br />
der Credit Suisse zum Zeitpunkt<br />
der Drucklegung. (Änderungen vorbehalten.)<br />
Credit Suisse ist eine<br />
Schweizer Bank.<br />
Fotos: Osec | Andreas Meier<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Roger Federer Leader 73<br />
Grosse Gala<br />
für einen<br />
guten Zweck<br />
Kurz vor Weihnachten war Roger Federer drei Tage lang im Dienste seiner Stiftung und der<br />
von Rafael Nadal unterwegs. Bei seiner grossen Heimgala in Zürich kamen 2,5 Millionen Franken<br />
zusammen. Beim Rückspiel tags darauf folgte eine weitere Million für Nadals Foundation.<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
74 Leader Roger Federer<br />
1. Tag, Zürich<br />
Beim Podiumsgespräch zu Philanthropie: Roger<br />
Federer mit Credit Suisse Analyst Oliver Adler.<br />
Wollte etwas von seinem Erfolg weitergeben, als<br />
er 2003 die Roger Federer Foundation gründete.<br />
2. Tag, Zürich<br />
Beim grossen Benefiz-Galaabend im Hotel Hyatt<br />
wird ebenfalls für die RF Foundation gesammelt.<br />
Roger Federer und TV-Moderator Jann Billeter<br />
bei der Ziehung der Tombola-Hauptpreise.<br />
Roger Federer (ATP Nr. 2) holt Rivale und Freund<br />
Rafael Nadal (ATP Nr. 1) auf dem Rollfeld ab.<br />
Zürcher Sightseeingtour: Roger und Rafa vor dem<br />
Hauptsitz der Credit Suisse am Paradeplatz.<br />
Das grosse Idol hautnah erlebt: 56 Nachwuchstalente<br />
dürfen mit Roger und Rafa trainieren.<br />
10 500 Zuschauer im ausverkauften Hallenstadion<br />
sorgen für eine imposante Kulisse.<br />
Roger Federer und Rafael Nadal: Für einmal ist das Resultat auf dem Platz Nebensache.<br />
3. Tag, Madrid<br />
Überbringt die Kunde vom Gesamterlös:<br />
Hans-Ulrich Meister, CEO Credit Suisse Schweiz.<br />
2 524 899 Franken sind beim Match for Africa für die<br />
Roger Federer Foundation zusammengekommen!<br />
Kurz vor dem Einlauf in die Caja Mágica ein<br />
letztes Interview fürs spanische Fernsehen.<br />
Fotos: Andreas Meier | Daniel Huber (Madrid)<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Roger Federer Leader<br />
75<br />
Fünf Tage vor dem Weihnachtsabend landet Roger Federer spätabends<br />
auf dem Zürcher Flughafen. Drei voll gepackte Tage im<br />
Dienste seiner eigenen Foundation und derjenigen von Rafael Nadal<br />
erwarten den Schweizer Tennisstar. Beide Stiftungen unterstützen<br />
Hilfsprojekte für minderbemittelte Kinder in den ärmsten Ländern<br />
dieser Welt. Ein kurzer Anruf von Roger genügte, um Nadal für den<br />
Benefiz-Showmatch in Zürich zu gewinnen. Und weil dieser die Idee<br />
eines solchen Matches so gut fand, wollte er gleich auch noch einen<br />
für seine Foundation einen Tag darauf in Madrid organisieren.<br />
Doch am nächsten Morgen stehen für Roger zuerst einmal verschiedene<br />
Meetings und Interviews auf dem Programm. Am Nachmittag<br />
folgt eine von der Credit Suisse organisierte Podiumsdiskussion<br />
mit geladenen Gästen rund um das Thema Philanthropie, bei<br />
der Roger als «Special Guest» über seine Stiftung befragt wird. Die<br />
Anwesenden zeigen sich beeindruckt von Roger, der nicht nur wie<br />
gewohnt durch seine Sprachgewandtheit brilliert, sondern auch durch<br />
ein erstaunlich fundiertes Fachwissen rund um das Thema.<br />
Mittlerweile ist der Umbau des Parterre-Bereichs im Hotel Hyatt in<br />
vollem Gange. Rund 300 Gäste werden für den Galaabend zugunsten<br />
der Roger Federer Foundation erwartet. Kurz vor acht ist es dann<br />
so weit: Gastgeber Hans-Ulrich Meister, CEO Credit Suisse Schweiz,<br />
begrüsst den wohl grössten Schweizer Sportler aller Zeiten auf der<br />
Bühne. Dieser macht auch im Smoking eine gute Figur.<br />
Früh am nächsten Morgen steht bereits wieder ein Termin mit<br />
einem Fernsehteam von CNN auf dem Programm. Um zehn Uhr fährt<br />
Roger zum Flughafen, um die aktuelle Nr. 1 der Tenniswelt abzuholen.<br />
Rafael Nadal freut sich sichtlich über den warmen Empfang<br />
auf dem kalten Rollfeld. Es folgt ein kleiner Spaziergang über den<br />
Paradeplatz und die Bahnhofstrasse, ein Mittagessen beim Italiener<br />
und die Fahrt zum Hallenstadion. Dort warten schon ungeduldig<br />
56 aufgeregte Kinder, die mit den beiden Tenniscracks ein kleines<br />
Training absolvieren dürfen. Dann endlich folgt im bis auf den letzten<br />
Platz gefüllten Hallenstadion der lang ersehnte «Match for Africa».<br />
Eingebettet in ein schillerndes Show-Programm ist der ganze Abend<br />
eine eigentliche Ehrung des Schweizer Tennisstars, der auch prompt<br />
den Match in drei Sätzen für sich entscheidet. Grosse Gewinnerin<br />
des Abends ist aber die Roger Federer Foundation. Zu den rund<br />
zwei Millionen Franken aus Eintrittsgeldern, Marketing- und Sponsoring-Einnahmen<br />
kommen noch Spenden der TV-Zuschauer von<br />
über einer halben Million Franken hinzu. Roger ist sichtlich gerührt,<br />
als Hans-Ulrich Meister als Vertreter des Presenting Partner Credit<br />
Suisse offiziell die Summe bekannt gibt. Ein für die Schweiz historischer<br />
Tennisabend geht zu Ende.<br />
Am nächsten Morgen fliegen Roger und Rafael zusammen im<br />
gleichen Jet nach Madrid. Auch dort trainieren sie am Nachmittag<br />
mit Kindern, besuchen vor dem Match den VIP-Bereich der Sponsoren<br />
und stehen den Medien Red und Antwort. Dabei scheint es<br />
Roger zu geniessen, für einmal in der zweiten Reihe zu stehen. Denn<br />
dieser Abend gehört eindeutig der spanischen Nr. 1. Die Logen der<br />
ausverkauften Caja Mágica sind gefüllt mit spanischer Prominenz,<br />
unter anderem mit Königin Sofía. Rund eine Million Franken kommen<br />
an diesem Abend für die Fundación RafaNadal zusammen. Auf die<br />
Frage nach dem Ausgang des Spiels meint Roger kurz vor dem Einmarsch<br />
lächelnd: «Ich hoffe doch, dass es über drei Sätze geht.» So<br />
ist es dann auch. Doch geht diesmal der entscheidende dritte Satz<br />
an Rafael. Das dürfte Roger aber kaum lange wach halten, als er<br />
noch in der gleichen Nacht im Flieger nach Dubai zufrieden die<br />
Lehne seines Sitzes nach hinten klappt. Daniel Huber<br />
Werbeshooting mit Starfotograf Testino<br />
Für die Bilder der neuen Werbekampagne<br />
beauftragte die Credit Suisse den bekannten<br />
Mode- und Royalty-Fotografen Mario Testino.<br />
Das Shooting fand in entspannter Atmosphäre<br />
in einer Villa in Dubai statt. Es galt, den Werbespruch<br />
«Credit Suisse Helping Roger Federer<br />
Relax Since 1981» fotografisch umzusetzen.<br />
Kennen und schätzen sich: Roger und Testino.<br />
Making-of-Video zum Fotoshooting<br />
Schauen Sie dem Starfotografen Mario Testino<br />
beim Werbeshooting mit Roger Federer in<br />
Dubai über die Schultern.<br />
Online finden Sie die Reportage und das Video<br />
unter www.credit-suisse.com/<strong>bulletin</strong>.<br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
Der<br />
M<br />
Starökonom Nouriel Roubini ist einer der weltweit<br />
berühmtesten globalen Nomaden. Er spricht im<br />
Leaderinterview über die Weltwirtschaft, sich selbst<br />
und darüber, warum Gier durch Angst kontrolliert<br />
werden sollte.
ahner
78 Leader Nouriel Roubini<br />
Interview: Dan Scott<br />
Nouriel Roubini ist Wirtschaftsprofessor an der<br />
Stern School of Business der New York University,<br />
Gründer der Beratungsfirma RGE Monitor und<br />
häufig Referent für CNBC, Bloomberg Television,<br />
die «Financial Times», das «Wall Street Journal» und<br />
weitere bekannte Publikationen. 2006 sagte er<br />
einen gewaltigen Crash voraus, der seinen Anfang<br />
auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt<br />
nehmen würde, und machte damit auf seine einzigartige<br />
innovative und frei anwendbare Methodik<br />
aufmerksam, die von den bei RGE tätigen Ökonomen<br />
angewandt wird, um die komplexen Details<br />
der modernen Weltwirtschaft zu verstehen.<br />
Roubini ist vielleicht besser als jeder andere dazu<br />
geeignet, die Rätsel der komplexen Weltwirtschaft<br />
zu lösen; nicht nur aufgrund seiner akademischen<br />
Laufbahn, sondern auch dank seiner Persisch-,<br />
Italienisch-, Hebräisch- und Englischkenntnisse<br />
und des Umstands, dass er praktisch in<br />
Flugzeugen wohnt.<br />
<strong>bulletin</strong>: Man bezeichnet Sie als einen Propheten.<br />
Was denken Sie darüber ?<br />
Nouriel Roubini: Ich halte mich nicht wirklich für einen Propheten.<br />
Manchmal werde ich sogar Dr. Doom genannt. Dabei ist es<br />
nur vernünftig, sich die Herausforderungen für die Weltwirtschaft<br />
realistisch vor Augen zu halten. Da ist kein Platz für zu viel<br />
Optimismus oder zu viel Pessimismus. Ich versuche, bei meinen<br />
Beurteilungen immer so gut wie möglich abzuwägen, die Risiken,<br />
Volatilitäten und möglichen positiven Entwicklungen so objektiv<br />
wie möglich einzuschätzen, mir mögliche Szenarien vorzustellen<br />
und zu erkennen, welches das wahrscheinlichste ist. Nur so kann<br />
man an eine ungewisse Zukunft herangehen.<br />
Genau dieses Zaudern mögen viele nicht.<br />
Stimmt. Ökonomen wird manchmal nachgesagt, dass sie immer<br />
abwägen; immer heisst es nur: einerseits, andererseits. Man muss<br />
über Szenarien und Wahrscheinlichkeiten nachdenken. Allerdings<br />
darf man auch die eigenen Überzeugungen und Meinungen<br />
nicht vernachlässigen und muss diese besonnen und vernünftig<br />
ausdrücken. Des Weiteren muss man natürlich auch bereit sein,<br />
seine Meinung zu revidieren, wenn sich die Lage ändert, und darf<br />
nicht aus Prinzip daran festhalten.<br />
Uns liegen doch allen dieselben Zahlen vor. Wie kommt es<br />
dann, dass wir zu so unterschiedlichen Beurteilungen kommen?<br />
Ich habe inzwischen ein Team von etwa 40 Ökonomen und<br />
Strategen, die versuchen nachzuvollziehen, was in verschiedenen<br />
Ländern, Regionen und Märkten auf der Welt vor sich geht.<br />
Kein Einzelner ist klug genug, um das Monopol auf Weisheit und<br />
Wahrheit für sich beanspruchen zu können. Man muss da bescheiden<br />
sein. Ich beschäftige mich seit über 25 Jahren mit Wirtschaftstheorie,<br />
empirischer Analyse der Geschichte, Wirtschaftspolitik<br />
und den Märkten. Und ich würde auf jeden Fall sagen: Ja,<br />
es sind dieselben Zahlen. Aber für einen unabhängigen Analysten,<br />
der kein Geld verwaltet und für den sich daher auch kein Interessenkonflikt<br />
ergeben kann, basiert der Erfolg auf dem eigenen<br />
Ruf. Man kann nicht immer richtig liegen; was zählt, ist eine<br />
schlüssige Argumentation. Die Dinge können sich in die eine oder<br />
die andere Richtung entwickeln. Wir müssen uns über die möglichen<br />
Szenarien und die Auswirkungen auf die Vermögenspreise<br />
klar werden. Die Zahlen werden dann zeigen, welches Szenario<br />
am wahrscheinlichsten ist.<br />
Die Doha-Runde ist gescheitert. Ist das für uns von Interesse?<br />
Es sollte uns interessieren, weil eine fortschreitende Handelsliberalisierung<br />
auf multilateraler Ebene wichtig für die Handelsintegration<br />
ist. Dass die Gespräche ins Stocken geraten sind, ist auch<br />
deshalb schlecht, weil das Risiko besteht, dass sich die bereits<br />
vorhandene Liberalisierung umkehren könnte. Stattdessen<br />
wird die bilaterale Ebene möglicherweise wieder wichtiger werden.<br />
Allerdings, und in diesem Punkt teilen viele Ökonomen meine<br />
Ansicht, können bilaterale Abkommen zu Handelsablenkungen<br />
führen. Daher ist im Sinne der Liberalisierung die multilaterale<br />
Ebene der regionalen oder bilateralen immer vorzuziehen. Es<br />
ist also nicht das Ende der Welt, wenn die Gespräche für ein paar<br />
Jahre stocken. Aber es wäre sinnvoll und wichtig, sie wieder<br />
aufzunehmen und erfolgreich abzuschliessen.<br />
Was hätten Sie gern schon früher über den Beruf des<br />
Ökonomen gewusst ?<br />
Fotos: Brian Smale<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
Nouriel Roubini Leader 79<br />
Ich hätte gern früher gewusst, dass die Ökonomie als trostlose<br />
Wissenschaft bezeichnet wird. Und das stimmt so natürlich<br />
nicht ganz. Die Wirtschaft zu verstehen, kann im Idealfall dazu<br />
führen, dass man in der Lage ist, die richtigen Massnahmen<br />
zu ergreifen, um die Welt besser zu machen. Es ist keine rein<br />
intellektuelle Disziplin oder reine Wissenschaft. Es ist ebenso die<br />
Kunst des Möglichen. Ich habe seit dem Beginn meiner Karriere<br />
sehr viel über diesen Beruf dazugelernt.<br />
Ob der Markt nun an einen Double Dip oder ein Wiedererstarken<br />
der Weltwirtschaft glaubt: Wie wird sich der US-Dollar<br />
entwickeln?<br />
In beiden Fällen, selbst im negativen, könnte der Dollar stärker<br />
werden. Der Widerspruch besteht allerdings darin, dass der<br />
Dollar schwächer werden sollte, weil die USA ein hohes Leistungsbilanzdefizit<br />
haben. Um dieses abbauen zu können, muss der<br />
Dollar abgewertet werden. Die Frage ist aber: gegenüber welcher<br />
Währung? Nicht gegenüber dem Euro oder dem Yen, weil diese<br />
Wirtschaften schwach sind. Infrage kommen würden die chinesische<br />
oder andere asiatische Währungen, die unterschätzt werden<br />
und Leistungsbilanzüberschüsse haben. Aber solange China<br />
sein Wechselkursregime nicht ändern will, wird auch niemand<br />
zulassen, dass seine Währung aufgewertet wird. Grundsätzlich<br />
sollte der Dollar also schrittweise gegenüber Währungen von<br />
Emerging Markets abgewertet werden. Dieser Prozess wird aber<br />
von China und anderen Ländern blockiert, die diese Anpassung<br />
verhindern wollen.<br />
Erzählen Sie uns drei Dinge über den Menschen<br />
Nouriel Roubini.<br />
Mein Leben besteht nicht nur aus Wirtschaft. Ich interessiere<br />
mich für Geschichte, Politik, Kultur und Kunst. Ich sammle<br />
zeitgenössische Kunst und kann mich sowohl für bildende als<br />
auch für darstellende Kunst begeistern. Um die Welt zu verstehen,<br />
muss man auch über den eigenen Tellerrand schauen und der<br />
Realität offen und wissbegierig gegenüberstehen. Ausserdem<br />
bin ich, trotz meines Spitznamens Dr. Doom, ein ziemlicher<br />
Optimist. Ich glaube an harte Arbeit und Erfolg, aber man muss<br />
das Leben auch geniessen. Ich bin nicht dieser finstere Pessimist,<br />
als den mich die Leute gern darstellen. Zu guter Letzt denke<br />
ich, dass mich meine intellektuelle Neugierde und mein Drang,<br />
die Welt kennenzulernen, ausmachen. Ich verbringe zwei Drittel<br />
meiner Zeit damit zu reisen. Es ist unglaublich wichtig, dass<br />
man andere Kulturen versteht. Sei es nun Asien, Lateinamerika,<br />
Europa oder Afrika, man muss sich in die einzelnen Länder<br />
begeben und den Menschen dort begegnen. Das fängt in dem<br />
Moment an, in dem man in einem Land ankommt und den<br />
Chauffeur am Flughafen fragt, wie es um die Wirtschaft steht,<br />
und geht bis hin zu den Treffen mit Notenbankvertretern, Medienwissenschaftlern<br />
und so weiter. Man muss sich ein breit<br />
gefächertes Grundwissen zulegen und intellektuelle Leidenschaft<br />
und Neugierde mitbringen. Keine Kultur ist besser als die<br />
anderen. Jedes Land, jede Kultur, jede Religion ist wichtig.<br />
Wäre für Griechenland eine Umschuldung die bessere<br />
Lösung gewesen?<br />
Meiner Meinung nach wird in Griechenland eher früher als<br />
später eine Umschuldung stattfinden. Die Frage ist also nicht,<br />
ob, sondern eher wann und wie. Selbst wenn Griechenland<br />
alles richtig macht, wird die Staatsverschuldung im besten Fall<br />
148 Prozent des BIP betragen. Das kann auf Dauer nicht gut<br />
«Ökonomen wird manchmal<br />
nachgesagt, dass sie immer<br />
abwägen; immer heisst es nur:<br />
einerseits, andererseits.»<br />
gehen. Es muss nicht zu einem ungeregelten Zahlungsausfall wie<br />
in Russland, Argentinien oder Ecuador kommen. Es können<br />
geregelte staatliche Umschuldungsmassnahmen wie in Uruguay,<br />
Pakistan oder in der Ukraine vorgenommen werden.<br />
Ist es nicht paradox, wenn ein Markt gleichzeitig Inflation<br />
und Deflation einpreist ?<br />
Man darf nicht vergessen, dass man nie voraussagen kann,<br />
welche der verschiedenen Prognosen für die Weltwirtschaft sich<br />
am Ende bewahrheitet. Ich sage nicht, dass es keine Tendenzen<br />
gibt. Meiner Meinung nach sind bestimmte Szenarien wahrscheinlicher<br />
als andere. Es kann durchaus sein, dass sich der<br />
Markt bei schlechtem Wachstum gerade so über Wasser<br />
hält oder aber auch, dass er sich nach schweren Zeiten wieder<br />
erholt. Auch ein Double Dip mit deflationären Kräften ist<br />
denkbar, wodurch dann aber grosse Haushaltsdefizite verflüssigt<br />
werden, sodass es zu einer Inflation kommt. Meiner Meinung<br />
nach widerspiegeln diese unterschiedlichen Folgen einer<br />
Inflation die einer ökonomischen Prognose innewohnende<br />
Unsicherheit auf der einen Seite und der darauf reagierenden<br />
Massnahmen auf der anderen Seite. Je nachdem, wie die<br />
Reaktion aussieht, landen wir entweder in einer inflationären oder<br />
einer deflationären Spirale.<br />
Vor welche Herausforderungen stellt uns das schnelle<br />
Wirtschaftswachstum der Emerging Markets?<br />
Die Weltwirtschaft stellt uns vor viele Rätsel, deren Lösung<br />
allerdings klarer wird, sobald wir erkennen, wie wichtig<br />
die Integration der Emerging Markets ist. Zum Beispiel sind die<br />
Reallöhne für ungelernte Arbeitskräfte in den modernen<br />
Wirtschaftsnationen in Bezug auf die Rendite gesunken. Um das<br />
zu verstehen, muss man nur die Grundlagen der Handelstheorie<br />
kennen. Wenn 2,2 Milliarden Chinesen und Inder mehr<br />
arbeiten, sinken natürlich die relativen Löhne der ungelernten<br />
Arbeitskräfte in den modernen Wirtschaftsnationen, mit Auswirkungen<br />
auf Einkommen und Gleichstellung.<br />
Banken und Unternehmen verfügen über viel Geld. Warum<br />
geben sie dieses Geld nicht aus, um damit die Rezession<br />
zu beenden?<br />
In Bezug auf die Banken würde ich sagen, dass sie über riesige<br />
Überschussreserven verfügen, aber diese nicht verleihen.<br />
Ginge es nur um die Kreditversorgung, hätten sie, nach dem Ende<br />
des Releveraging, wieder Geld verleihen können. Ich denke,<br />
dass die schwache Kreditnachfrage sie davon abhält ebenso wie<br />
die Tatsache, dass viele stärkere Unternehmen nichts verleihen.<br />
Zahlreiche finanziell schwache Haushalte möchten keinen Kredit<br />
aufnehmen, weil sie tief verschuldet sind und seitens der ><br />
Credit Suisse <strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong>
80 Leader Nouriel Roubini<br />
Credit Suisse Salon in Abu Dhabi Neudefinition des<br />
Welthandels war das Thema des siebten Credit<br />
Suisse Salons, der im vergangenen Herbst in der<br />
Wüste von Abu Dhabi stattfand. Bei dieser Veranstaltungsreihe<br />
treten renommierte Experten aus Politik<br />
und Wirtschaft in den Dialog mit interessierten<br />
Gästen der Credit Suisse. Gastgeber dieses Salons<br />
war Walter Berchtold, CEO Private Banking, der<br />
in seiner Begrüssungsrede die historische Bedeutung<br />
des Handels als treibende Kraft der Weltwirtschaft<br />
hervorhob. Hauptredner Nouriel Roubini<br />
ging in seinem Vortrag insbesondere auf die neue<br />
Situation ein, die durch den wirtschaftlichen Aufstieg<br />
von China und Indien geschaffen wurde. Die abschliessende<br />
Diskussionsrunde von Roubini mit den<br />
geladenen Gästen wurde vom ehemaligen britischen<br />
Premierminister Sir John Major moderiert.<br />
Banken immer noch Zweifel über die Bonität bestehen. Es war<br />
eigentlich immer die Aufgabe der Banken, die Kreditvergabe<br />
zu überwachen, aber diese Fähigkeit haben sie in den 20 Jahren<br />
der Securitization verlernt, während derer sie nicht gründlich<br />
genug recherchiert haben. Es gibt festgelegte Preise für die Risikoübernahme<br />
und die Kreditvergabe und momentan funktioniert<br />
das «Originate-to-distribute»-Modell der Securitization nicht<br />
mehr, deshalb sitzen die Banken auf ihrem Geld und geben es<br />
nicht aus.<br />
Bei den Unternehmen dagegen herrscht vor allem Unsicherheit<br />
in Bezug auf das Gesamtbild. Was wird aus der Wirtschaft ?<br />
Wie wird der Markt in Zukunft reguliert sein? Zwar verfügen die<br />
grossen Unternehmen noch über viel Kapital, aber es stehen auch<br />
grosse Summen auf dem Spiel und kleinere und mittelgrosse<br />
Unternehmen leiden immer noch unter der Kreditkrise. Man muss<br />
also zwischen den finanziell gut gestellten Unternehmen<br />
und denen, die sich noch nicht wieder von der Krise erholt haben,<br />
unterscheiden. Warum sitzen sie auf diesem ganzen Geld und<br />
erhöhen nicht ihre Investitionsausgaben oder ihren Bedarf an<br />
Arbeitskräften? Das hat alles mit Unsicherheiten in Bezug auf die<br />
Makroökonomie zu tun; damit, dass die Endnach frage immer<br />
noch gering ist und dass immer noch die Gefahr besteht, sich<br />
zu überlasten. Ich denke, dass ein grosser Teil dieses Geldes<br />
eher in Finanzgeschäften landen wird, in Fusionen und Akquisitionen,<br />
Schulden- und Aktienrückkäufen und in der Absicherung<br />
von Vorsorgeplänen als in Investitionsausgaben oder mehr<br />
Arbeits kräften.<br />
Sie spielen in «Wall Street: Geld schläft nicht» von Oliver<br />
Stone sich selbst. Wovon würde der Film handeln, wenn<br />
man Anfang 2007 Ihre Warnungen über die Gefahren von zu<br />
komplexen Finanzgeschäften ernst genommen hätte?<br />
Der Film hat die Finanzkrise zum Thema. Ich weiss nicht, ob das<br />
2007 einen Unterschied gemacht hätte. Es war damals<br />
schon zu spät. Die damaligen Überlastungen bei der Kredit -<br />
ver gabe, bei Schulden und Leverage sind noch eine Weile weitergegangen.<br />
Die Geschichte hätte also so oder so ein schlechtes<br />
Ende genommen, ungeachtet dessen, was ich gesagt habe.<br />
Vielleicht handelt der nächste Film davon, wie wir, dank besserer<br />
Kontrolle und Regulation des Finanzsystems, die nächste Krise<br />
vermeiden können. Die Lektion, die der Film vermitteln will,<br />
ist die, dass Banker und Händler heutzutage auch nicht gieriger<br />
sind als die Gordon Geckos der Achtziger, als es hiess, dass Gier<br />
etwas Gutes sei.<br />
Und ganz falsch ist diese Aussage auch nicht: Auf dem Finanzmarkt<br />
sind etwas Gier und das Streben nach Profit durchaus<br />
legitim. Aber der Gier muss auch immer das Bewusstsein eines<br />
möglichen Verlustes gegenüberstehen und sie muss durch die<br />
Angst kontrolliert werden. Man sollte sich nicht auf Hilfe verlassen<br />
können. Solange man dies aber noch kann und diese Schieflage<br />
existiert, dass man in guten Zeiten extrem hohe Gewinne erzielen<br />
kann und in schlechten Zeiten höchstens mal auf einen Bonus<br />
verzichten muss, wird immer weiter spekuliert und es werden sich<br />
immer wieder Blasen bilden. Im Kapitalismus ist es in Ordnung,<br />
immer etwas mehr zu wollen, aber dieses Bedürfnis muss auch ein<br />
Gegengewicht bekommen, durch leistungsabhängige Entlohnung<br />
und durch das Wissen, dass es bei Verlusten nicht immer einen<br />
Rettungsschirm gibt. Diese Lektion muss jeder Gordon Gecko auf<br />
der Welt lernen. Heute, gestern und morgen. <<br />
Foto: Nic Arnold<br />
<strong>bulletin</strong> 1/<strong>11</strong> Credit Suisse
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