SELTENE ERKRANKUNGEN
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Darf es noch etwas mehr Calcium sein?<br />
Wenn auch nach mehr als einem Jahr nach einer Schilddrüsenoperation<br />
der Calciumspiegel nicht im Normbereich liegt<br />
Eine Schilddrüsenoperation gehört zu den häufigen Eingriffen in Deutschland, der überwiegende<br />
Teil der Betroffenen sind dabei Frauen. Dabei kann es (beabsichtigt oder unbeabsichtigt)<br />
auch zur Entfernung der Nebenschilddrüsen kommen. Da die linsengroßen Organe<br />
aber für die Produktion eines wichtigen Hormons, des Parathormons, zuständig sind, kann<br />
die Folge ihrer Entfernung eine seltene chronische Erkrankung mit dem Namen Hypoparathyreoidismus<br />
sein. Wir sprachen mit der Endokrinologin Priv.-Doz. Dr. med. Dorothee<br />
Maria Baur über Ursachen und Folgen fehlender Nebenschilddrüsen.<br />
Text Hanna Sinnecker<br />
Priv.-Doz. Dr.<br />
med. Dorothee<br />
Maria Baur<br />
Endokrinologin<br />
im Endokrinologikum<br />
Ulm<br />
Frau Dr. Baur, Sie behandeln<br />
unter anderem auch<br />
Patienten, die an einem<br />
chronischen Hypoparathyreoidismus<br />
(kurz Hypopara)<br />
leiden. Wie entsteht diese<br />
Erkrankung?<br />
In drei Viertel der Fälle<br />
entsteht diese Erkrankung<br />
als Folge einer Schilddrüsenoperation<br />
mit beabsichtigter<br />
oder versehentlicher Entfernung<br />
der Nebenschilddrüsen.<br />
Damit kann der Körper<br />
kein Parathormon mehr herstellen.<br />
Ist das Parathormon<br />
mehr als sechs Monate nach<br />
der Operation erniedrigt,<br />
dann spricht man von einem<br />
Häufiger kommt es zu<br />
Ängstlichkeit und Depressionen<br />
und somit zu starken Einschränkungen<br />
im sozialen Leben der<br />
betroffenen Patienten.<br />
chronischen Hypoparathyreoidismus.<br />
Da in Deutschland<br />
mehr Frauen als Männer<br />
an der Schilddrüse operiert<br />
werden, leiden auch mehr<br />
Frauen an dieser Form des<br />
chronischen Hypoparas.<br />
Was passiert dabei im<br />
Körper der Betroffenen?<br />
Fehlt dem Körper Parathormon,<br />
dann kann die Niere<br />
kein aktives Vitamin D3<br />
mehr herstellen. Somit kann<br />
der Körper nicht mehr genügend<br />
Calcium resorbieren<br />
und zur Verfügung stellen.<br />
Der niedrige Calciumspiegel<br />
führt in vielen Organsystemen<br />
zu Symptomen. Sehr<br />
häufig sind Muskelkrämpfe,<br />
Kribbeln in den Extremitäten<br />
und Spasmen (Tetanien).<br />
Das kann auch andere<br />
Muskelsysteme betreffen wie<br />
zum Beispiel im Darm oder<br />
in der Lunge (sogenannte<br />
Bronchospasmen, die sehr<br />
unangenehm sind). Dazu<br />
kommen Müdigkeit, Schlafstörungen<br />
und Konzentrationsstörungen<br />
(sogenannter<br />
„Brain Fog“). Zudem kommt<br />
es häufiger zu Ängstlichkeit<br />
und Depressionen und somit<br />
zu starken Einschränkungen<br />
im sozialen Leben der betroffenen<br />
Patienten.<br />
Wie wird der Hypopara<br />
behandelt?<br />
Das wichtigste Ziel ist es, den<br />
Calciumspiegel anzuheben<br />
und möglichst im unteren<br />
Normbereich konstant zu<br />
halten. Dazu muss dem<br />
Körper das aktive Vitamin<br />
D3 zugeführt werden, da<br />
der Körper es aufgrund des<br />
Parathormonmangels nicht<br />
mehr selbst herstellen kann.<br />
Zudem wird Calcium gegeben,<br />
in verschiedenen oralen<br />
Applikationsformen, zum<br />
Beispiel als Brausetablette<br />
oder in Tablettenform, oder<br />
bei sehr schweren Tetanien<br />
und Beschwerden auch als<br />
intravenöse Gabe. Zudem<br />
hilft die Gabe von Magnesium<br />
und sogenanntem inaktivem<br />
Vitamin D3. Erwachsene<br />
Patienten mit chronischem<br />
Hypopara, die trotz maximaler<br />
konservativer Therapie<br />
nicht ausreichend