SB_19894BLP
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2020<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Einfluss von fertigungstechnischen<br />
und geometrischen<br />
Parametern auf die<br />
Betriebstauglichkeit lichtbogengelöteter<br />
verzinkter<br />
Stahlkonstruktionen t > 3 mm
Einfluss von<br />
fertigungstechnischen und<br />
geometrischen Parametern auf<br />
die Betriebstauglichkeit<br />
lichtbogengelöteter verzinkter<br />
Stahlkonstruktionen t > 3 mm<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 19.894 B<br />
DVS-Nr.: 07.085<br />
Fraunhofer-Gesellschaft e.V.<br />
Fraunhofer-Institut für Großstrukturen<br />
in der Produktionstechnik IGP<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 19.894 / DVS-Nr.: 07.085 der Forschungsvereinigung Schweißen und<br />
verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF<br />
im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen<br />
Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2020 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 477<br />
Bestell-Nr.: 170587<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-477-7<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Seite 5 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben Nr. 19.894 B<br />
<br />
Zusammenfassung ................................................................................................................... 3<br />
Danksagung .............................................................................................................................. 4<br />
Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................... 5<br />
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................ 7<br />
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................... 11<br />
Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................................... 12<br />
Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung ............................ 13<br />
Stand der Technik und Forschung ................................................................................. 15<br />
2.1 Löten .......................................................................................................................... 15<br />
2.1.1 Metall-Schutzgas-Löten ..................................................................................... 16<br />
2.2 Eigenschaften herkömmlicher Lotwerkstoffe ............................................................... 19<br />
2.3 Eigenschaften lichtbogengelöteter Stahlverbindungen ................................................ 23<br />
2.4 Eignung zur Mehrlagenlötung von Kupfer-Basis-Werkstoffen ..................................... 26<br />
2.5 Schutzwirkung von Zinkschichten ............................................................................... 31<br />
2.6 Stand der Normung .................................................................................................... 32<br />
Motivation, Forschungsziel und Lösungsweg .............................................................. 33<br />
Darstellung und Diskussion der Forschungsergebnisse ............................................. 34<br />
4.1 Verwendete Materialien und Geräte ........................................................................... 34<br />
4.1.1 Grundwerkstoffe ................................................................................................ 34<br />
4.1.2 Lotwerkstoffe ..................................................................................................... 35<br />
4.1.3 Versuchsaufbau ................................................................................................ 36<br />
4.1.4 Probengeometrien ............................................................................................. 37<br />
4.2 Statisches Festigkeitsverhalten................................................................................... 38<br />
4.2.1 Versuchsergebnisse .......................................................................................... 38<br />
Stumpfstoßverbindungen .............................................................................. 38<br />
Doppel-T-Stoß-Verbindungen ........................................................................ 40<br />
4.3 Metallographische Untersuchungen ............................................................................ 44<br />
4.4 Bauteilzugversuche .................................................................................................... 51<br />
4.4.1 Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung ..................................................... 52<br />
4.4.2 Versuchsergebnisse .......................................................................................... 52<br />
4.5 Schwingfestigkeit ........................................................................................................ 53<br />
4.5.1 Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung ..................................................... 53<br />
4.5.1 Versuchsergebnisse .......................................................................................... 54
Seite 6 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben Nr. 19.894 B<br />
4.6 Korrosionsuntersuchungen ......................................................................................... 55<br />
4.6.1 Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung ..................................................... 55<br />
4.6.1 Versuchsergebnisse .......................................................................................... 55<br />
4.7 Eignung zur Mehrlagenlötung ..................................................................................... 59<br />
4.8 Analyse der Verzugsneigung ...................................................................................... 62<br />
4.9 Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen ................................................................................ 66<br />
Wissenschaftlich-technischer und wirtschaftlicher Nutzens der erzielten Ergebnisse,<br />
ihr innovativer Beitrag und ihre industrielle Anwendungsmöglichkeit ....................... 69<br />
Verwendung der Zuwendung ......................................................................................... 70<br />
Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit ........................................ 71<br />
Gegenüberstellung der erzielten Ergebnisse und vorgegebenen Ziele ...................... 72<br />
Fazit und Ausblick ........................................................................................................... 73<br />
Transfer der Forschungsergebnisse ............................................................................. 75<br />
10.1 Plan zum Ergebnistransfer in die Wirtschaft................................................................ 75<br />
10.2 Berichterstattung bei der Forschungsvereinigung im Rahmen der<br />
Fachausschusssitzungen ............................................................................................ 76<br />
10.3 Veröffentlichungen ...................................................................................................... 77<br />
Quellenverzeichnis .......................................................................................................... 78<br />
Anhang ............................................................................................................................. 81<br />
A1 Wöhlerdiagramme ........................................................................................................... 81<br />
A2 Quasistatische Zugversuche .......................................................................................... 89
Seite 13 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben Nr. 19.894 B<br />
<br />
<br />
Die hohe Produktivität und gute Handhabung machen das Metallschutzgasschweißen (MSG)<br />
zum bevorzugten Schweißverfahren für die Verarbeitung von allgemeinen Baustählen im Stahlund<br />
Schiffbau.<br />
Häufig ist es jedoch erforderlich auch verzinkte Konstruktionen wie Ausrüstungselemente,<br />
Geländer, Fassadenelemente oder Seewasserballastrohre (Abbildung 1 (li.)) wirtschaftlich zu<br />
verbinden. Aufgrund des hohen Wärmeeintrags beim Schweißen verdampft das Zink, bei einem<br />
Schmelzpunkt von etwa 420 °C, im Lichtbogen und somit auch im umliegenden Bereich der<br />
Schweißnaht. Diese Zinkverdampfung kann zu Spritzern und Porenbildung in der Schweißnaht<br />
führen, was in der Abbildung 1 (r.) ersichtlich wird. Diese Schweißnahtunregelmäßigkeiten führen<br />
zu drastisch verringerten mechanisch-technologischen Eigenschaften der Verbindung, wodurch<br />
die Funktionalität und Wirtschaftlichkeit sinkt. Des Weiteren kann die eingebrachte Wärme zu<br />
einer teilweisen Zerstörung der rückseitigen Zinkschicht der Konstruktion führen. Das bedeutet,<br />
dass die korrosionshemmende Funktion der Beschichtung nicht mehr gegeben ist. Insbesondere<br />
bei Konstruktionen, welche nur von außen zugänglich sind, wie beispielsweise<br />
Rohrverbindungen, stellt der rückseitige Verlust der Korrosionsschutzschicht ein erhebliches<br />
Risiko für den Betrieb einer solchen Struktur dar.<br />
Aus diesem Grund müssen die Verbindungsflächen verzinkter Stahlstrukturen vor dem<br />
thermischen Fügen mittels MSG- oder Wolframinertgas-Schweißen durch Schleifen oder<br />
Strahlen von der Korrosionsschutzschicht befreit werden. Erst nach dem Fügen erfolgt das<br />
Nachbeschichten sowie die eventuelle Montage zu Baugruppen. Diese zusätzlichen<br />
Prozessschritte sind sowohl zeit- als auch kostenintensiv. Das Verhältnis von Hauptzeit durch<br />
den Fügeprozess zu den Nebenzeiten, die sich aus dem Schleif- und<br />
Nachbeschichtungsprozessen ergeben, beträgt 1/10. Beim Fügen von verzinkten<br />
Seewasserballastrohren werden diese beispielsweise mit Doppelmuffen verbunden, um ein<br />
rückseitiges Abbrennen der Zinkschicht beim Schweißen und somit Nachbeschichtungsprozesse<br />
auf der Rohrinnenseite zu vermeiden<br />
Abbildung 1: Ein Beispiel zu fügender, feuerverzinkter Strukturen im Schiffbau: Ballastwasserrohre (l.),<br />
Schwierigkeiten beim Schweißen verzinkter Strukturen: Bruchfläche einer geschweißten Doppel-T-Probe<br />
(t = 10 mm) mit zahlreichen Poren im Schweißgut (r.).
Seite 14 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben Nr. 19.894 B<br />
Das Lichtbogenlöten mit niedrigschmelzenden Zusatzwerkstoffen auf Kupferbasis bietet den<br />
Vorteil einer geringeren Wärmeeinbringung, wodurch die korrosionshemmenden Eigenschaften<br />
der Beschichtung weitgehend erhalten bleiben. Ein Nachbeschichten der Lötnaht ist aufgrund der<br />
Ausbildung einer korrosionshemmenden Oxidschicht der Lotwerkstoffe nicht erforderlich. Das<br />
Lichtbogenlöten ist für Blechdicken von t < 3 mm im Automotivebereich längst Stand der Technik<br />
und findet Berücksichtigung in den DVS-Merkblättern 0938-1 bis 0938-3. Der Geltungsbereich<br />
dieser Merkblätter beinhaltet die Anwendung auf un- und niedrig legierte Stähle im<br />
<br />
Fügeverfahren konkurrieren zu können, sind Untersuchungen im Blechdickenbereich (t > 3 mm)<br />
notwendig.<br />
Abbildung 2: Makroschliff einer konventionell MSG-geschweißten (li.) sowie einer lichtbogengelöteten<br />
Kehlnaht (r.).<br />
Um Basiswissen für größere Blechdicken zu schaffen, wird die Betriebstauglichkeit sowohl<br />
unbeschichteter als auch feuerverzinkter lichtbogengelöteter Strukturen mit Blechdicken t > 3 mm<br />
analysiert. Die Untersuchungen von statischen und dynamischen Festigkeitseigenschaften sowie<br />
vom Korrosionsverhalten von lichtbogengelöteter Verbindungen stellen eine wertvolle<br />
Erweiterung der Kenntnisse bezüglich des Lichtbogenlötens dar. Diese Untersuchungen werden<br />
durchgeführt, um Empfehlungen für den Einsatz dieser Technologie im Stahlbau und Schiffbau<br />
abzuleiten. Die angestrebten Aussagen zum Einfluss auf die mechanisch-technologischen<br />
Eigenschaften sollen das anwendbare Prozessfenster sowie das verarbeitbare<br />
Werkstoffspektrum erweitern.
Seite 15 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben Nr. 19.894 B<br />
<br />
<br />
<br />
Das Löten wird als ein thermisches Verfahren zum stoffschlüssigen Fügen und Beschichten von<br />
Werkstoffen in der DIN 8505 definiert. Es entsteht eine flüssige Phase durch Schmelzen des<br />
Lotes (Schmelzlöten), oder durch Diffusion an den Grenzflächen (Diffusionslöten). Beim Löten<br />
wird die Schmelztemperatur des Grundwerkstoffs üblicherweise nicht erreicht. Im Allgemeinen<br />
wird zwischen Weichlöten WL (< 450 °C), Hartlöten HL (> 450 °C) und Hochtemperaturlöten HTL<br />
(> 900 °C) unterschieden. Diese Kriterien richten sich nach der Höhe der Liquidustemperatur, bei<br />
der das Lot vollkommen verflüssigt wird. Lote werden als reine Metalle oder geeignete<br />
Legierungen verwendet. Die Art der Lote beschränkt sich auf Stäbe, Drähte, Pulver, Pasten,<br />
Bänder, Bleche oder Formteile. Oft wird beim Löten ein auf Grundwerkstoff und Lot abgestimmtes<br />
Flussmittel zur Unterstützung der Benetzung eingesetzt, indem sie die Oxide auf der Lotfläche<br />
beseitigen und ihre Neubildung während der Anwärmphase verhindern. Durch das Löten lassen<br />
sich zahlreiche Vorteile verzeichnen. So können unterschiedliche Metalle, auch nichtmetallische<br />
Werkstoffe, miteinander verbunden werden. Durch die niedrigen Arbeitstemperaturen erfolgt eine<br />
kaum nennenswerte, schädigende Werkstoffbeeinflussung. Oberflächenschutzschichten (z.B.<br />
Zinküberzüge) werden ebenfalls kaum zerstört. Als weitere Vorteile sind der geringe<br />
Bauteilverzug und Eigenspannungszustand, die Korrosionsbeständigkeit und die Möglichkeit der<br />
Lötung unzugänglicher Bereiche zu nennen. [1] [2]<br />
Lötverfahren lassen sich nach verschiedenen Kriterien einteilen. In Tabelle 1 sind mögliche<br />
Einteilungskriterien und Verfahren beschrieben.<br />
Tabelle 2: Einteilungskriterien und Verfahrensvarianten des Lötens [1]<br />
Einteilungskriterium<br />
Energieträger<br />
Art der Lötstelle<br />
Verfahrensvarianten<br />
Flammlöten<br />
Lichtbogenlöten<br />
Ofenlöten<br />
Fugenlöten<br />
Spaltlöten<br />
Liquidustemperatur des Lotes<br />
Art der Oxidbeseitigung<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Weichlöten<br />
Hartlöten<br />
Hochtemperaturlöten<br />
Löten unter Schutzgas<br />
Löten mit Flussmittel<br />
Löten im Vakuum
Seite 16 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben Nr. 19.894 B<br />
Abbildung 3: Einteilung der Lötprozesse nach Energieträgern [3]<br />
<br />
Das Metall-Schutzgas-Löten (MSG-Löten) wird den Lichtbogenlötprozessen untergeordnet und<br />
ist gerätetechnisch weitgehend identisch mit dem MSG-Schweißen, unter Verwendung eines<br />
drahtförmigen Zusatzwerkstoffes. Als Zusätze werden in der Regel Kupfer-Basis-Lotwerkstoffe<br />
eingesetzt, deren Schmelzbereich kleiner als der des Grundwerkstoffs ist. Angewendet wird das<br />
MSG-Löten bei unbeschichteten und oberflächenveredelten Feinblechen seit Beginn der 1980er-<br />
Jahre. Typische, beim Lichtbogenlöten verwendete Blechdicken, liegen herkömmlicherweise im<br />
Bereich von t 3 mm. Auch beim MSG-Löten sorgt die niedrige Schmelztemperatur des Lotes<br />
für eine geringere Bauteilbelastung, sowie eine geringe Beschädigung der Oberfläche. Es kommt<br />
im Gegensatz zum MSG-Schweißen zu keiner wesentlichen Aufschmelzung des<br />
Grundwerkstoffs.<br />
Das Verfahren eignet sich gut für verzinkte Strukturen, da der Energieeintrag im Vergleich zum<br />
Schweißen um ca. 60 % geringer ist [4]<br />
In Abbildung 4 sind die die Makroschliffe einer MSG-Schweißung und einer Lichtbogenlötung<br />
gegenübergestellt. Flussmittel sind in der Regel nicht erforderlich, da eine Reinigung und<br />
Aktivierung der Oberfläche durch den Lichtbogen erfolgt. [3] [5] [6]