Infomappe 9. Potsdamer Rechtsforum
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<strong>9.</strong> <strong>Potsdamer</strong><br />
<strong>Rechtsforum</strong><br />
zur Zeitarbeit<br />
6. Oktober 2021
EINLADUNG
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
seit dem letzten <strong>Potsdamer</strong> <strong>Rechtsforum</strong> sind zwei Jahre vergangen,<br />
die Pandemie hat Deutschland und Europa seitdem verändert.<br />
Daher freuen wir uns umso mehr über die langsame Rückkehr in<br />
die Normalität!<br />
Keinen Stillstand gab es in der Rechtsprechung. Auf verschiedenen<br />
Ebenen steht das AÜG auf dem Prüfstand der Rechtsprechung.<br />
Der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat den Europäischen Gerichtshof<br />
mit der Frage angerufen, ob die EU-Zeitarbeitsrichtlinie<br />
hinsichtlich des „Gesamtschutzes“ in Deutschland richtig umgesetzt<br />
ist. Die Überlassungshöchstdauer steht im europäischen<br />
und nationalen Blick der Rechtsprechung. Überraschend war auch<br />
die Einschätzung der 4. Kammer des Landesarbeitsgerichtes Baden-Württemberg,<br />
wonach der Zeitarbeitnehmer Mitglied der IG<br />
Metall sein muss, damit die im Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit (TV LeiZ)<br />
verlängerte Überlassungshöchstdauer greift. Die Entscheidung des<br />
EuGH zu Fragen der Überlassungshöchstdauer steht bevor.<br />
Zeitgleich zur Gesamtrechtsentscheidung hat sich der 5. Senat der<br />
Rechtsprechung des 4. Senats angeschlossen und die Anforderungen<br />
an die Arbeitsvertragsgestaltung noch einmal verschärft, mit<br />
der Folge, dass jedwede Abweichung im Arbeitsvertrag vom Tarifvertrag,<br />
sofern nicht ausschließlich positiv für den Mitarbeiter, den<br />
Gleichstellungsgrundsatz auslöst. Das erhöht nochmals die Anforderungen<br />
an die Arbeitsvertragsgestaltung.<br />
Die Kündigung von Arbeitsverhältnissen bleibt mit immer wieder<br />
neuen Anforderungen ein arbeitsrechtliches Dauerthema. Es ist<br />
wichtig, die Folgen dieser Entscheidungen einordnen zu können<br />
und entsprechende Anforderungen abzuleiten.<br />
Das Homeoffice wurde in der Pandemie ebenso zur neuen Normalität<br />
wie die Notwendigkeit, den Geschäftsverkehr zu digitalisieren:<br />
Welche Rahmenbedingungen sind zu beachten? Welche gesetzlichen<br />
Vorgaben gibt es?<br />
Mit wichtigen arbeitsrechtlichen Fragestellungen aus der Rechtsberatung<br />
werden wir auch auf tagesaktuelle Themen eingehen.<br />
Gerne möchten wir mit Ihnen in den Austausch und die Diskussion gehen und freuen uns,<br />
Sie am 6. Oktober in Potsdam begrüßen zu dürfen!<br />
Werner Stolz<br />
iGZ-Hauptgeschäftsführer<br />
Dr. Martin Dreyer<br />
stellv. iGZ-Hauptgeschäftsführer<br />
Eric Odenkirchen<br />
Leiter iGZ-Fachbereich Arbeits- und Tarifrecht
PROGRAMM<br />
MODERATION<br />
Jens Issel<br />
Leiter iGZ-Fachbereich<br />
Kommunikation<br />
<strong>9.</strong>30 BEGRÜSSUNG<br />
Dr. Martin Dreyer | stellv. iGZ-Hauptgeschäftsführer<br />
<strong>9.</strong>45 Aktuelle Rechtsprechung zum Kündigungsrecht,<br />
insbesondere zur verhaltensbedingten Kündigung<br />
Dr. Mario Eylert | Vorsitzender Richter<br />
des 4. Senats am Bundesarbeitsgericht a.D.<br />
10.45 „Kammertheater“ zur Überlassungshöchstdauer:<br />
Das BAG ist am Zug! Oder schließt der EuGH den Vorhang vorher?<br />
Dr. Guido Norman Motz | Rechtsanwalt |<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
11:30 Grenzen der Abweichung vom iGZ-Tarifvertrag –<br />
Praxistipps zur Gestaltung von Arbeitsverträgen<br />
Dr. Oliver Bertram | Taylor Wessing Düsseldorf,<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht
12:30 MITTAGSPAUSE<br />
13:30 Im Gespräch mit dem Fachbereich Arbeits- und Tarifrecht:<br />
Aktuelles aus der Rechtsberatung<br />
Eric Odenkirchen | Leiter iGZ-Fachbereich Arbeits- und Tarifrecht<br />
Jens Issel | Moderator<br />
14:15 Digitalisierung und Mobiles Arbeiten, was geht noch nach<br />
Corona? Qualifizierte elektronische Signatur bei AÜ-Verträgen;<br />
Mobiles Arbeiten<br />
Dr. Vera Luickhardt | Allen & Overy,<br />
Rechtsanwältin, Senior Associate<br />
Digitale Signatur und Aktenführung in der Praxis und Prüfung<br />
der Bundesagentur für Arbeit<br />
Erfahrungsaustausch
15:00 KAFFEEPAUSE<br />
15:30 Der Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer nach<br />
Art. 5 Abs. 3 RL 2008/104/EG – Überlegungen<br />
zum Vorlagebeschluss des BAG vom 16.12.2020<br />
Prof. Dr. Martin Franzen | Inhaber des Lehrstuhls für deutsches,<br />
europäisches, internationales Arbeitsrecht und Bürgerliches Recht<br />
an der Ludwig-Maximillians-Universität München<br />
16.30 SCHLUSSWORT<br />
Eric Odenkirchen | Leiter iGZ-Fachbereich Arbeits- und Tarifrecht
Die Themen des <strong>9.</strong> <strong>Potsdamer</strong> <strong>Rechtsforum</strong>s zur Zeitarbeit<br />
sind – soweit sie rechtlichen Bezug haben – als Fortbildungsmaßnahmen<br />
i. S. v. § 15 FAO geeignet. Die Anerkennung als<br />
Fortbildung ist den regionalen Anwaltskammern vorbehalten.
Jens Issel<br />
MODERATION<br />
Leiter iGZ-Fachbereich<br />
Kommunikation<br />
Jens Issel ist Fachbereichsleiter Kommunikation beim<br />
iGZ.<br />
Als Communication Marketing Lead hat er 14 Jahre<br />
Berufserfahrung in den Bereichen Entwicklung, Umsetzung<br />
und Beratung von operativer und strategischer<br />
Marketingkommunikation für namhafte Organisationen<br />
aus den Bereichen Innovation, Digitalisierung,<br />
Future Planning und Politik.<br />
Seine Überzeugung: „Um erfolgreiche Markenpositionierung<br />
zu betreiben müssen Organisationen nicht nur<br />
gesellschaftliche Entwicklungen erkennen, sondern<br />
auch emotionale Intelligenz gegenüber Ihren Zielgruppen<br />
entwickeln. Am Ende geht es für alle Marken um<br />
Bindung durch gemeinsames Erlebnis.“<br />
» zurück zum Programm
Dr. Martin Dreyer<br />
BEGRÜSSUNG<br />
Stellv. iGZ-Hauptgeschäftsführer<br />
Dr. Dreyer ist seit 2004 beim iGZ. Er hat Rechtswissenschaften<br />
der Westfälischen Wilhelms-Universität<br />
studiert und wurde an der Universität Osnabrück promoviert.<br />
Er ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer und verantwortet<br />
beim iGZ die Bereiche Arbeits- und Tarifrecht<br />
und Bildung und Qualifizierung. Er begleitet<br />
hauptamtlich die Tarifpolitik des iGZ.<br />
Dr. Dreyer ist Mitglied in der Vertreterversammlung der<br />
VBG und vertritt die Verbandspolitik gegenüber der<br />
Berufsgenossenschaft.<br />
» zurück zum Programm
Weil die Bedingungen<br />
einfach stimmen.<br />
Irene Kuczera | Krankenschwester<br />
Ihre Geschichte finden Sie unter www.zeitarbeit-einegutewahl.de
Dr. Mario Eylert<br />
Aktuelle Rechtsprechung zum<br />
Kündigungsrecht, insbesondere zur<br />
verhaltensbedingten Kündigung<br />
Vorsitzender Richter des 4. Senats<br />
am Bundesarbeitsgericht a. D.<br />
Dr. Mario Eylert war seit 2001 Richter am BAG in Erfurt<br />
und Mitglied des (2.) „Kündigungssenats“. Ab 2012 war<br />
er bis zum Herbst 2018 Vorsitzender Richter am BAG<br />
und leitete den (4.) „Tarifsenat“.<br />
Er befasst sich seither weiter mit vielen arbeitsrechtlichen<br />
Themen und ist Vorsitzender zahlreicher betrieblicher<br />
Einigungsstellen.<br />
» zurück zum Programm
06.10.21<br />
Aktuelle Rechtsprechung<br />
zum Kündigungsrecht<br />
insbesondere zur verhaltensbedingten Kündigung<br />
Vortrag zum <strong>9.</strong> <strong>Potsdamer</strong> <strong>Rechtsforum</strong><br />
6. Oktober 2021<br />
Dr. Mario Eylert, Vors. Richter am BAG a.D.<br />
1<br />
Kündigungsrechtliche Rahmenbedingungen<br />
• Verfassungsrechtlicher Rahmenbedingungen<br />
• Europarechtliche Einflüsse?<br />
• Allgemeine Prinzipien<br />
ØPrognoseprinzip<br />
Øultima-ratio-Prinzip (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz<br />
ØInteressenabwägung<br />
2<br />
1
06.10.21<br />
Kündigungsrechtliche Rahmenbedingungen<br />
der Prüfungsmaßstab<br />
Bspw. aus: BAG v. 1<strong>9.</strong>12.2018 - 2 AZR 370/18 - Rn. 15:<br />
„Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wich%gem Grund<br />
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen<br />
vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter BerücksichRgung aller<br />
Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider<br />
Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf<br />
der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu<br />
prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh.<br />
typischerweise als wichRger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der<br />
weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des<br />
Arbeitsverhältnisses unter BerücksichRgung der konkreten Umstände des<br />
Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis<br />
zum Ablauf der (fikRven) Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht.“<br />
3<br />
Kündigungsrechtliche Rahmenbedingungen<br />
der Prüfungsmaßstab<br />
Bspw. aus: BAG v. 7.5.2020 - 2 AZR 619/19 - Rn. 15:<br />
„Eine Kündigung ist iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch Gründe im<br />
Verhalten des Arbeitnehmers bedingt und damit nicht sozial<br />
ungerechUerVgt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder<br />
Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldha[ verletzt hat, eine<br />
dauerha[ störungsfreie Vertragserfüllung in Zukun[ nicht mehr zu<br />
erwarten steht und dem Arbeitgeber eine Weiterbeschä[igung des<br />
Arbeitnehmers über die Kündigungsfrist hinaus in Abwägung der<br />
Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar ist“.<br />
4<br />
2
06.10.21<br />
Kri4k Willemsen zur Rspr. BAG, RdA 2017, 115<br />
• > Das (verfehlte) Bild des „Vertrauenskapitals“ / Überbewertung der Dauer der<br />
Betriebszugehörigkeit : Nach alledem verbleibt es bei dem Befund, dass der Rechtssatz,<br />
wonach die Dauer der Betriebszugehörigkeit auch bei schweren, vorsätzlichen<br />
Pflichtverletzungen zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sei, ja sogar eine an<br />
sich gerechtfertigte außerordentliche Kündigung doch noch zu Fall bringen könne, mit<br />
mehr als einem Fragezeichen zu versehen ist .<br />
• > Interessenabwägung als Einfallstor für eine „beliebige“ Einzelfallrechtsprechung: Es gibt<br />
im Recht der verhaltensbedingten Kündigung aus der Perspektive des Kündigenden keine<br />
Rechtssicherheit . Auch scheinbar noch so „klare“ Tatbestände wie die Abgabe einer<br />
falschen eidesstattlichen Versicherung oder schwere Formalbeleidigungen des<br />
Arbeitgebers oder seiner Repräsentanten können von der Revisionsinstanz immer noch<br />
so weit relativiert werden, dass von dem vermeintlich „sicheren“ Kündigungsgrund am<br />
Ende nichts mehr übrig bleibt. Dieses Defizit einer vorhersehbaren Rechtsprechung wird<br />
in der Literatur mit der „erforderlichen umfassenden Interessenabwägung“ erklärt .<br />
5<br />
Einzelne verhaltensbedingte Gründe –<br />
Verletzung der Arbeitspflicht<br />
6<br />
3
06.10.21<br />
Verletzung der Arbeitspflicht – „Arbeitszeitbetrug“<br />
BAG v. 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 -<br />
Sachverhalt (gekürzt): Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom<br />
16.03.2017.Der im Jahr 1967 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltspflichKge Kläger (K) arbeitete seit<br />
2008 bei B, die ihm eine BeschäOigungszeit ab August 2001 anrechnete, und ihn seit März 2010 als Abteilungsleiter<br />
der Fahr- und Sonderdienste im Eigenbetrieb NaKonaltheater mit einem Entgelt nach der EG 8 in Bezug<br />
genommenen TVöD/VKA (wichKg für den Umstand der „tariflichen Unkündbarkeit“ nach § 34 TVöD) beschäOigt.<br />
Zu K‘s Aufgaben, dem acht Mitarbeiter unterstellt waren, gehörten insbesondere Planungs- und<br />
ÜberwachungstäKgkeiten. K leistete zahlreiche Überstunden, die vergütet wurden. Zu diesem Zweck legte K der B<br />
monatsweise von ihm ausgefüllte und unterzeichnete „Forderungsnachweise“ vor, aus denen - von wenigen<br />
Ausnahmen abgesehen - ohne nähere Zuordnung nach Tagen und Uhrzeiten lediglich das monatliche<br />
Gesamtaudommen an Überstunden ersichtlich war. Sein fachlicher Vorgesetzte, der technische Leiter des<br />
NaKonaltheaters, zeichnete die Formulare mit dem Zusatz „gesehen und anerkannt“ gegen. B‘s Fachbereich<br />
Personal akzepKerte diese Vorgehensweise und kontrollierte vor Abrechnung und Auszahlung der Überstunden nur,<br />
ob alle erforderlichen UnterschriOen vorhanden waren.<br />
Vor der Ernennung zum Abteilungsleiter im März 2010 erhielt K regelmäßig tarifliche Erschwerniszuschläge für<br />
Arbeiten mit u.a. mit besonders starker Schmutz- oder Staubbelastung. B zahlte diese K zunächst weiter, teilte im<br />
aber durch die PersonalreferenKn (PR) im Januar 2012 mit, ihm stünden diese Zuschläge für die neue TäKgkeit nicht<br />
nicht mehr zu. K empfand dies als Missachtung seiner Arbeit. Die PRin eröffnete ihm in einem Gespräch in<br />
Anwesenheit des technischen Leiters weiter, dass der durchschnihliche monatliche Zuschlagsbetrag, den er bislang<br />
erhalten habe, etwa der Vergütung für sieben Überstunden monatlich entspreche. In diesem Umfang könne er<br />
übergangsweise zusätzliche Überstunden aufschreiben, während man versuche, eine Höhergruppierung in die<br />
Entgeltgruppe 9 zu betreiben.<br />
7<br />
Verletzung der Arbeitspflicht – „Arbeitszeitbetrug“<br />
BAG v. 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 -<br />
Anlässlich des Jahresabschlusses für das Wirtscha4sjahr 2015/2016 stellte B fest, dass dem K in der Vergangenheit in erheblichem<br />
Umfang Überstunden mit besDmmten Auffälligkeiten ausbezahlt worden waren. Sie konfronDerte K damit in einem Gespräch am<br />
3. März 2017. K äußerte sich hierzu mit seiner E-Mail vom 6. März 2017 „zum Überstundendilemma“, in der er u.a. ausführte, dass<br />
ein Teil der eingetragenen Überstunden sich nicht auf Zeitstunden bezögen, sondern seien dem vereinbarten GRAUAUSGLEICH<br />
von 7 Stunden für die verweigerten Schmutz- und Erschwerniszulage geschuldet.<br />
Nach Beteiligung des Personalrats kündigte B darauain das Arbeitsverhältnis des K mit am selben Tag zugegangenem Schreiben<br />
vom 16. März 2017 außerordentlich fristlos. K meint, die außerordentliche Kündigung sei ungerechberDgt. Es liege keine<br />
schwerwiegende Vertragsverletzung vor. Er habe mit vertretbaren Gründen annehmen dürfen, dass sein Verhalten nicht<br />
vertragswidrig sei. Sein Handeln sei nicht heimlich gewesen, sondern mit Rückabsicherung bei der PRin und dem direkten<br />
Vorgesetzten erfolgt. Ihm stehe die Erschwerniszulage tatsächlich zu. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass die PRin eine zulässige<br />
Lösungsmöglichkeit vorschlage und befugt sei, rechtlich verbindliche Erklärungen abzugeben. Er habe die „Forderungsnachweise“<br />
deshalb nicht wissentlich oder vorsätzlich falsch ausgefüllt.<br />
B hat zur Begründung ihres Klageabweisungantrags u.a. ausgeführt, für die Kündigung liege ein wichDger Grund vor. K habe einen<br />
schwerwiegenden Arbeitszeitbetrug begangen und sie über Jahre jeden Monat über den Umfang seiner Arbeitsleistung getäuscht,<br />
um eine ihm nicht zustehende Zahlung zum Ausgleich für den Wegfall des tariflichen Erschwerniszuschlags zu erlangen. Die vom K<br />
mit der PRin und dem technischen Leiter Anfang 2012 getroffene Absprache habe dazu geführt, dass sie zur Auszahlung von<br />
hochgerechnet 385 nicht geleisteten Überstunden veranlasst worden sei. Dies stelle eine schwere Pflichtverletzung dar,<br />
unabhängig davon, ob K ein Erschwerniszuschlag zugestanden habe. Auf eine BerechDgung der PRin, einen „Grauausgleich“ zu<br />
vereinbaren, habe K nicht vertrauen dürfen. Als Führungskra4 seien ihm die Kompetenzen bekannt gewesen. Der TVöD eröffne<br />
ohnehin keinen Verhandlungsspielraum. Einer Abmahnung habe es deshalb vor Ausspruch der Kündigung nicht bedur4.<br />
Die in den Vorinstanzen staggegebene Kündigungsschutzklage hat das BAG abgewiesen. Warum?<br />
8<br />
4
06.10.21<br />
Verletzung der Arbeitspflicht – „Arbeitszeitbetrug“<br />
BAG v. 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 -<br />
Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die<br />
abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu<br />
dokumenReren, ist an sich geeignet, einen wichRgen Grund zur außerordentlichen<br />
Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen.<br />
Dies gilt für den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das<br />
wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Dabei<br />
kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf<br />
den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch. Der<br />
Arbeitgeber muss auf eine korrekte DokumentaRon der Arbeitszeit seiner<br />
Arbeitnehmer vertrauen können. Überträgt er den Nachweis der geleisteten<br />
Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllt ein Arbeitnehmer die dafür zur<br />
Verfügung gestellten Formulare wissentlich und vorsätzlich falsch aus, so stellt dies<br />
in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar. Der Arbeitnehmer verletzt<br />
damit in erheblicher Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB)<br />
gegenüber dem Arbeitgeber. (Rn. 16)<br />
9<br />
Verletzung der Arbeitspflicht – „Arbeitszeitbetrug“<br />
BAG v. 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 -<br />
An dem Umstand, dass K die Formulare vorsätzlich falsch ausgefüllt hat, hat der 2. Senat nicht die Spur<br />
eines Zweifels (Rn. 18 ff.), er habe „in die Forderungsnachweise absichtlich nicht geleistete Überstunden<br />
eingetragen“ (Rn.20), um für tatsächlich nicht erbrachte Überstunden eine Vergütung zu erlangen, auf<br />
die er keinen Anspruch haSe, nämlich um die weggefallenen Erschwerniszuschlag auszugleichen. Dabei<br />
war es sich „einer kollusiven Absprache mit der PRin und dem Vorgesetzten bewußt“.<br />
Sein Verhalten sei nicht gerechXerYgt gewesen, zumal ein „vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers<br />
gegen seine Verpflichtung zur korrekten DokumentaYon der geleisteten Arbeitszeit nicht dadurch<br />
gerechXerYgt (wird), dass andere Ar- beitsleistungen zwar erbracht, aber nicht ordnungsgemäß<br />
abgerechnet worden sind.“ (Rn. 22). Eine wirksame „arbeitsvertragliche Vereinbarung“ bzgl. der<br />
Handhabung bestand genauso wenig (keine Vertretungsmacht der PRin nach § 164 BGB) wie ein<br />
unverschuldeter Rechtsirrtum beim K (Rn. 24). Die Interessenabwägung unter BerücksichYgung des<br />
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes führe zu keiner anderen Bewertung (Rn. 29), insbesondere sei „eine<br />
eine Abmahnung vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung entbehrlich gewesen, ... da K seine<br />
Pflichten so schwer verletzt habe - indem er B über Jahre hinweg monatlich um bis zu sieben Stunden<br />
über die erbrachte Arbeitsleistung täuschte und sie dadurch zu Zahlungen veranlasste, auf die er keinen<br />
Anspruch haSe -, dass eine Hinnahme dieses vorsätzlichen und systemaYschen Fehlverhaltens nach<br />
objekYven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für ihn selbst erkennbar -<br />
ausgeschlossen war.“ (Rn. 33).<br />
10<br />
5
06.10.21<br />
Verletzung d. Arbeitspflicht – „Arbeitsverweigerung“<br />
BAG v. 20.5.21 – 2 AZR 457/20 -<br />
(verkürzter) Sachverhalt: Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise<br />
ordentlichen Kündigung.<br />
K war bei B seit August 2017 als „Prozessmanager AutomoYve“ beschähigt. B kündigte das<br />
Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 23. April 2018 ordentlich zum 31. Mai 2018. Dagegen wehrte sich K<br />
in einem ersYnstanzlichen Kündigungsschutzverfahren, in dem die Parteien am 6.<strong>9.</strong>2018 sich verglichen<br />
und ein „Vertragliches Prozessarbeitsverhältnis“ ab 5.<strong>9.</strong>2018 schlossen. Während der<br />
Prozessbeschähigung kam es zu UnsYmmigkeiten über die maßgeblichen Arbeitsbedingungen.<br />
K war bis zum 12. März 2019 arbeitsunfähig. B forderte ihn am Freitag, den 22.3.2019 telefonisch auf,<br />
seine TäYgkeit am Montag, den 25.3.2019 wieder aufzunehmen. Noch am 22.3.2019 übersandte ihr K um<br />
23:17 Uhr per E-Mail einen Antrag auf Erholungsurlaub für die Zeit vom 25.3.2019 bis zum 25.4.2019 und<br />
bat um „schrihliche Genehmigung ... bzw. um Ablehnung unter Nennung der Gründe auf gleichem<br />
Wege“. Weder am 25.3.2019 noch an den Folgetagen erschien K zur Arbeit.<br />
Daraukin außerordentliche, hilfsweise fristgemäße Kündigung mit Schreiben vom 4.4.201<strong>9.</strong><br />
Neben der Frage, „welches Arbeitsverhältnis“ gekündigt worden sei (das „alte“ oder nur ein „besonderes,<br />
neues Arbeitsverhältnis“ – was hier dahingestellt bleibt), stand die Frage des Kündigungsgrundes an sich<br />
im Vordergrund. Bei der Frage einer „Selbstbeurlaubung“ handelt es sich nach meiner prakYschen<br />
Erfahrung um eine häufige KonstellaYon.<br />
11<br />
Verletzung d. Arbeitspflicht – „Arbeitsverweigerung“<br />
BAG v. 20.5.21 – 2 AZR 457/20 -<br />
E-Gründe: Der 2. Senat sieht für die Kündigung einen wi. Grund iSd. § 626 BGB und führt hierzu aus:<br />
K hat durch den „eigenmächYgen AntriS eines von B nicht gewährten Urlaubs eine erhebliche<br />
Pflichtverletzung begangen, die „an sich“ geeignet ist, eine außerordentliche fristlose Kündigung des<br />
Arbeitsverhältnisses zu rechXerYgen (Rn. 25).“ Durch die Selbstbeurlaubung wird die bestehende<br />
Arbeitspflicht verletzt.<br />
Das Verbot der Selbstbeurlaubung folgt unmiSelbar aus § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB, § 7 BUrlG, wörtlich: ...<br />
„dem Kläger stand kein Selbstbeurlaubungsrecht zu. Es kann dahinstehen, ob ein solches trotz des<br />
Vorrangs des gerichtlichen Rechtsschutzes durcheine Leistungsklage oder ggf. einen Antrag auf Erlass<br />
einer einstweiligen Verfügung überhaupt gegeben sein kann. Dies könnte allenfalls nach grundloser<br />
Ablehnung eines Urlaubsantrags bzw. übermäßig lange ausbleibender ReakYon des AGs sowie<br />
drohendem Verfall der betreffenden Urlaubsansprüche in Betracht kommen. K hat aber eine Prüfung<br />
seines Urlaubsantrags und ggf. eine Urlaubsgewährung durch B vor seinem Fernbleiben von der Arbeit<br />
gerade vereitelt. Zudem drohte ihm nicht der Verfall seiner - bis dahin ohnehin nicht mehr vollständig<br />
erfüllbaren - Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2018 mit Ablauf des 31. März 201<strong>9.</strong> Es ist weder festgestellt<br />
noch vom K auch nur behauptet, dass B ihn zuvor über den Umfang seines noch bestehenden Urlaubs<br />
informiert, ihn auf die für die Urlaubsnahme maßgeblichen Fristen hingewiesen und ihn darüber hinaus<br />
aufgefordert haSe, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen.“<br />
12<br />
6
06.10.21<br />
Besonderheiten bei Corona und Arbeitsverweigerung<br />
ArbG Kiel vom 11.3.2021 – 6 Ca 1912 c/20<br />
Der am … 1984 geborene, ledige K ist bei der Beklagten seit Dezember 2016 als Web-<br />
Entwickler in Vollzeit für ein Bru^omonatsgehalt in Höhe von zuletzt EUR 4.100,00 monatlich<br />
beschäaigt. K teilte dem Geschäasführer der Be im Zuge der Corona-Pandemie im März<br />
2020 mit, er sei Risikopafent. K hat sodann wie die überwiegende Anzahl der Mitarbeiter<br />
der B seine Täfgkeit im Homeoffice fortgeführt. B genehmigte auch einen beantragten<br />
Erholungsurlaub des K und wies diesen darüber hinaus an, die zwei für die bisherige<br />
Täfgkeit des Ks neu eingestellten Mitarbeiter in den ersten beiden Dezemberwochen bis zu<br />
seinem Urlaubsbeginn vor Ort im Betrieb einzuarbeiten.<br />
Nach Rücksprache des GFs G mit den beiden einzuarbeitenden Mitarbeitern, die diesem<br />
erläutert haben, dass die Einarbeitung bei weitem noch nicht abgeschlossen sei, hat G den K<br />
angewiesen, die Einarbeitung vor Ort in den Betriebsräumlichkeiten bis zum Urlaubsbeginn<br />
fortzusetzen. Dies K explizit gegenüber dem Gfer mehrfach verweigert und das<br />
Betriebsgebäude ca. 13:00 Uhr verlassen und zugleich mitgeteilt, er werde auch in den<br />
folgenden Tagen bis zum Beginn des Urlaubs nicht mehr in den Betrieb kommen.<br />
Daraukin kündigte B das Arbeitsverhältnis aus wichfgem Grund. Zu Recht?<br />
13<br />
Verletzung von Neben- (Rücksichtnahme)pflichten –<br />
„Der Griff ins Regal“ – LAG Düsseldorf v. 14.1.21<br />
(sehr verkürzter) Sachverhalt:<br />
K war seit 2004 in der Nachtschicht bei einem Paketzustellunternehmen als Be- und<br />
Entlader/Wäscher für Fahrzeuge. Bei einer sYchprobenarYgen Ausfahrtkontrolle<br />
seines Fahrzeugs am 23.3.20 fand der Werkschutz im Kofferraum eine noch<br />
verschlossene Flasche es DesinfekYonsmi\els (1 Liter; damaliger Wert ca. 40 €).<br />
Nach Beteiligung des Betriebsrats kündigte B das Arbeitsverhältnis am 25.03.20<br />
fristlos.<br />
K hat sich dahin eingelassen, er habe das DesinfekYonsmi\el für sich und seine<br />
Arbeit verwandt, er sei während der Arbeit jede Stunde zu seinem KfZ gegangen,<br />
um seine Hände zu desinfizieren. Im Waschraum sei kein DesinfekYonsmi\el<br />
(dauerhae) vorhanden gewesen. B hat ua. erwidert, im Sanitärbereich sei<br />
ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass solche Mi\el nicht mitgenommen<br />
werden dürfen und ein Verstoß zur fristlosen Kündigung führe.<br />
Das LAG bestäYgte die außerordentliche Kündigung. Zu Recht?<br />
14<br />
7
06.10.21<br />
Verletzung von Neben- (Rücksichtnahme)pflichten Beleidigung,<br />
Schmähkritik<br />
BAG v. 5.12.2019 – 2 AZR 240/19 -<br />
K war bei B seit September 2001 als kfm. Angestellte im Einkauf beschäaigt. Im Verlauf des<br />
Arbeitsverhältnisses sah sie sich durch ihre Vorgesetzten wegen ihres Geschlechts und<br />
ihrer afghanischen Herkuna diskriminiert.<br />
In einer E-Mail vom 21.<strong>9.</strong>2008 an den damaligen Vorstandsvorsitzenden der B gab K an, seit<br />
einigen Jahren würden „Guerilla-Akfonen“ gegen sie geführt, sie habe eine<br />
„himmelschreiende Ausländer- und Frauenfeindlichkeit“ vorgefunden. Bei ihrem „Chef“<br />
handele es sich um einen „unterbelichteten Frauen- und Ausländerhasser“. K wies in der E-<br />
Mail darauf hin, dass sie drei „unterhaltspflichfg(e)“ Kinder habe. Weiter: Ich darf Ihnen<br />
hiermit schrialich bestäfgen, dass kein Jude in diesem Land jemals solche seelischen<br />
Qualen erleiden musste, wie ich; und das ist mein Erleben und Empfinden, und kein Gesetz<br />
der Welt kann mir verbieten, darüber zu berichten.<br />
K hielt ihrem unmi^elbaren Vorgesetzten Mobbing, Bossing, unberechfgte Krifk sowie<br />
unsachliche und leere Bemerkungen vor, ferner, dass er seine Posifon nur innehabe, um<br />
einer intellektuellen Frau das Leben zur Hölle zu machen. Seine Fähigkeiten reichten<br />
offensichtlich nicht dazu, als Führungskraa zu fungieren. Er verstehe nicht einmal „den<br />
Unterschied zwischen Kosten und Preis“. K versandte die E-Mail an weitere zwölf<br />
Mitarbeiter der B.<br />
15<br />
Verletzung von Neben- (Rücksichtnahme)pflichten Beleidigung,<br />
SchmähkriRk<br />
BAG v. 5.12.2019 – 2 AZR 240/19 -<br />
Eine erhebliche Pflichtverletzung - die sogar eine außerordentliche Kündigung rechXerYgen kann -<br />
stellen ferner grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter und Repräsentanten oder<br />
von Arbeitskollegen dar, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den<br />
Betroffenen bedeuten.<br />
Zwar dürfen Arbeitnehmer - auch unternehmensöffentlich - KriYk am Arbeitgeber, ihren<br />
Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dabei auch überspitzt äußern. In<br />
grobem Maße unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der PosiYon eines Vorgesetzten führen<br />
können, muss der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen.<br />
Schmähkri5k genießt nach der Rspr. des BVerfGs nicht den Schutz von Art 5 Abs 1 S 1 GG. Eine<br />
Schmähung ist eine Äußerung - unter BerücksichYgung von Anlass und Kontext - jedoch nur dann,<br />
wenn jenseits auch polemischer und überspitzter KriYk nicht mehr die Auseinandersetzung in der<br />
Sache, sondern allein die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.<br />
Ein AN kann sich für bewusst falsche Tatsachenbehauptungen nicht auf sein Recht auf freie<br />
Meinungsäußerung aus Art 5 Abs 1 GG berufen. Solche Behauptungen sind vom Schutzbereich des<br />
Grundrechts nicht umfasst. Anderes gilt für Äußerungen, die nicht Tatsachenbehauptungen,<br />
sondern ein Werturteil enthalten. Sie fallen in den Schutzbereich des Rechts auf Meinungsfreiheit.<br />
Dasselbe gilt für Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen, sofern sie durch<br />
die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind.<br />
16<br />
8
06.10.21<br />
Verletzung von Neben- (Rücksichtnahme)pflichten<br />
Die verspätete AUB – BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 619/19<br />
K war bei B langjährig als Lagerist beschäaigt. Er war nach den Feststellungen des LAG seit<br />
Juli 2016 durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben.<br />
Mit Schreiben vom <strong>9.</strong>11.2016 wies B den K darauf hin, dass dem Vorgesetzten unverzüglich<br />
mitzuteilen sei, wenn eine Arbeitsunfähigkeit bestehe. Außerdem sei deren voraussichtliche<br />
Dauer anzugeben. Die Abgabe oder Übersendung einer AUB genüge grundsätzlich nicht für<br />
eine unverzügliche Anzeige, da sie dem Vorgesetzten nicht vor Beginn der Kernarbeitszeit am<br />
ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit bzw. von deren Verlängerung vorliegen könne. Die<br />
Grundsätze gölten nicht nur bei einer Ersterkrankung, sondern auch bei ihrer Fortdauer über<br />
den ursprünglich bescheinigten Zeitraum hinaus.<br />
B mahnte den K mit Schreiben vom 11. Januar 2017 und weiteren ab.<br />
Eine am Montag, dem 7. August 2017 an der Pforte abgegebene Bescheinigung über eine<br />
Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit des K über den 4. August 2017 hinaus erreichte seinen<br />
Vorgesetzten erst am 8. August 2017, nach Beginn der Kernarbeitszeit.<br />
B kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 31. August 2017, dem K am<br />
selben Tag zugegangen, zum 31. Dezember 2017.<br />
17<br />
Verletzung von Neben- (Rücksichtnahme)pflichten<br />
Die verspätete AUB – BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 619/19<br />
Der 2. Senat akzepYert diese fristgemäße Kündigung, denn eine schuldhaee (hier:<br />
dreimalige) Verletzung (in einem halben Jahr) der sich aus § 5 Abs 1 S 1<br />
EntgFG ergebenden (Neben-)Pflicht zur unverzüglichen Anzeige der Fortdauer einer<br />
Arbeitsunfähigkeit (AU) ist grundsätzlich geeignet, die Interessen des<br />
Vertragspartners zu beeinträchYgen und kann daher - je nach den Umständen des<br />
Einzelfalls - einen zur Kündigung berechYgenden Grund im Verhalten des<br />
Arbeitnehmers iSv. § 1 Abs 2 S 1 KSchG darstellen.<br />
Gemäß § 5 Abs 1 S 1 EntgFG ist der AN verpflichtet, dem AG die AU und deren<br />
voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Die Anzeigepflicht ist nicht auf den<br />
Fall einer Ersterkrankung beschränkt. Sie umfasst die Verpflichtung, auch die<br />
Fortdauer einer AU über die zunächst angezeigte Dauer hinaus unverzüglich<br />
mitzuteilen.<br />
Grundsätzlich gehört das Fehlen von betrieblichen Ablaufstörungen ebenso wie ihr<br />
Vorhandensein zu einer vollständigen Interessenabwägung bei einer auf die<br />
Verletzung der Anzeigepflicht nach § 5 Abs 1 S 1 EntgFG gestützten Kündigung.<br />
18<br />
9
06.10.21<br />
Verletzung von Neben- (Rücksichtnahme)pflichten<br />
„Hose runter“ - sexuelle BeläsYgung im Betrieb<br />
BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 619/19<br />
Sachverhalt: Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von mehrerer außerordentlicher<br />
Kündigungen.<br />
B produziert Automobile. K war bei ihr seit 2014, zuletzt in der Ferfgung, beschäaigt. In<br />
der Nachtschicht vom 1./2.05.2019 näherte K sich einem am sog. Ritzpräger eingesetzten<br />
Leiharbeitnehmer L und zog diesem unvermi^elt mit beiden Händen die Arbeits- und die<br />
Unterhose herunter. L beschwerte sich darüber bei seiner Arbeitgeberin und blieb in der<br />
folgenden Nachtschicht der Arbeit fern.<br />
Nach mehreren in der Zeit ab dem 3.05.2019 geführten Personalgesprächen bat K am<br />
15.05.2019 um ein weiteres Personalgespräch, in dessen Verlauf er sich für den Vorfall<br />
entschuldigte.<br />
Mit Schreiben vom 21.05.2019 sowie vorsorglich erneut mit Schreiben vom 5.06.2019 und<br />
1<strong>9.</strong>08.2019 kündigte B das Arbeitsverhältnis jeweils außerordentlich fristlos.<br />
K hat sich gegen die Kündigungen gewandt - und neben „formellen Fehlern“ (ME: die hier<br />
keine Beachtung finden sollen) – vor allem den Mangel eines wichfgen Grundes gerügt.<br />
Auch L habe ihm 6 Monate zuvor „die Arbeitshose heruntergezogen“.<br />
19<br />
Verletzung von Neben- (Rücksichtnahme)pflichten<br />
„Hose runter“ - sexuelle BeläsYgung im Betrieb<br />
BAG v. 7.5.2020 – 2 AZR 619/19<br />
Der 2. Senat des BAG meint nun, dass „das vom LAG festgestellte Verhalten<br />
des K sei „an sich“ geeignet, einen wichRgen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB zu<br />
bilden. Es handelt sich um eine erhebliche Verletzung seiner Pflicht zur<br />
Rücksichtnahme auf die Interessen der B gem. § 241 Abs. 2 BGB. Die<br />
Beklagte hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse daran, dass ihre<br />
Arbeitnehmer mit den in ihrem Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmern<br />
respektvoll umgehen und gedeihlich zusammenarbeiten. Sie ist nach § 12<br />
Abs. 1 und 3 AGG verpflichtet, auch diese vor sexuellen BeläsRgungen zu<br />
schützen. K bedrängte den L während der Arbeitszeit und hielt ihn dadurch,<br />
ebenso wie die den Vorfall beobachtenden Kollegen, von der Arbeit ab. Das<br />
Entblößen seiner - des Ls - Genitalien stellte überdies einen erheblichen und<br />
entwürdigenden Eingriff in seine InRmsphäre und damit eine Verletzung<br />
seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1<br />
GG dar. Zugleich kann es sich dabei um eine sexuelle BeläsRgung iSv. § 3 Abs.<br />
4 AGG gehandelt haben (Rn. 24).<br />
20<br />
10
06.10.21<br />
•<br />
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit<br />
21<br />
11
06.10.21<br />
12
Dr. Guido Norman<br />
Motz<br />
„Kammertheater“<br />
zur Überlassungshöchstdauer:<br />
Das BAG ist am Zug! Oder schließt<br />
der EuGH den Vorhang vorher?<br />
Rechtsanwalt |<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
1993 – 1999<br />
Studium der Rechtswissenschaften<br />
in Freiburg und Münster<br />
1999 & 2002<br />
Staatsexamina<br />
seit 2002<br />
Zulassung als Rechtsanwalt in Düsseldorf<br />
2010<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
2011<br />
Promotion „Die Arbeitgeberstellung des vorläufigen<br />
Insolvenzverwalters“ bei Prof. Dr. Ulrich Wackerbarth<br />
2002 – 2005<br />
AndresPartner, Rechtsanwälte & Steuerberater,<br />
Insolvenzverwaltung & Restrukturierung,<br />
Partnerschaft mbB, Büro Düsseldorf<br />
2005 – 2010<br />
KLEINER Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft<br />
mbB, Büro Düsseldorf<br />
2010 – 2014<br />
Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft mbB,<br />
Büro Düsseldorf<br />
seit 2014<br />
Rechtsanwalt in eigener Kanzlei<br />
» zurück zum Programm
6. Oktober 2021<br />
„Kammertheater“ zur<br />
Überlassungshöchstdauer:<br />
Das BAG ist am Zug!<br />
Oder schließt der EuGH den Vorhang früher?<br />
1<br />
Dr. Guido Norman Motz<br />
Dr. Motz<br />
Rechtsanwalt<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
< AGENDA<br />
Historie zur Überlassungshöchstdauer<br />
Gesetzliche Vorgaben<br />
Verlängerungsoptionen<br />
Stuttgarter Kammertheater<br />
Rechtsprechung des BAG<br />
Worüber wird der EuGH entscheiden?<br />
2<br />
1
6. Oktober 2021<br />
Historie zur Überlassungshöchstdauer<br />
2003 Entfall der zuvor geltenden ÜHD von 24 Monaten<br />
2008 EU-Zeitarbeitsrichtlinie<br />
2011 Umsetzung der EU-Zeitarbeitsrichtlinie: „Vorübergehend“<br />
2012 TV LeiZ 2012: Übernahmeanspruch<br />
2017 AÜG-Reform 2017: 18-Monate gesetzliche ÜHD<br />
2017 TV LeiZ 2017 und andere Tarifverträge der Einsatzbranchen<br />
3<br />
Gesetzliche Vorgaben zur ÜHD<br />
Abs. 1 Satz 4: „Die Überlassung von Arbeitnehmern ist vorübergehend<br />
bis zu einer Überlassungshöchstdauer nach Absatz 1b zulässig.“<br />
Abs. 1b Satz 1: „Der Verleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht<br />
länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher<br />
überlassen; der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht<br />
länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden lassen.“<br />
Abs. 1b Satz 3: „In einem Tarifvertrag von Tarifvertragsparteien der<br />
Einsatzbranche kann eine von Satz 1 abweichende<br />
Überlassungshöchstdauer festgelegt werden.“<br />
4<br />
2
6. Oktober 2021<br />
Verlängerung der ÜHD<br />
> Tarifvertrag der Einsatzbranche<br />
> Übernahme dieses TV durch Betriebsvereinbarung<br />
> Betriebsvereinbarung auf Grundlage eines solchen TV<br />
> Betriebsvereinbarung zur Anwendung und auf Grundlage<br />
eines solchen TV<br />
5<br />
Rechtsfolgen bei Verstößen gegen ÜHD<br />
> Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Kunden<br />
> Verwirkung? BAG 20.3.2018 – 9 AZR 508/17<br />
> Ordnungswidrigkeit – §§ 1 Abs. 1b, 16 Abs. 1 Nr. 1e) AÜG:<br />
Bußgelder bis zu 30.000 € möglich für PDL<br />
> Unzuverlässigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG:<br />
Entzug der AÜ-Erlaubnis möglich!<br />
6<br />
3
6. Oktober 2021<br />
LAG BW 18.11.2020 – 21 Sa 12/20<br />
Abweichung durch TV der Einsatzbranche zulässig<br />
Regelung der Einsatzdauer: Betriebsnorm<br />
Regelung der ÜHD: Mittelbare Wirkung / Reflex für PDL<br />
Verlängerungsmöglichkeit für Nicht-Gewerkschaftsmitglieder<br />
7<br />
LAG BW 2.12.2020 – 4 Sa 16/20<br />
Abweichung durch TV der Einsatzbranche zulässig<br />
Regelung der Einsatzdauer: Betriebsnorm<br />
Regelung der ÜHD: Inhaltsnorm<br />
Verlängerungsmöglichkeit allein für Gewerkschaftsmitglieder<br />
8<br />
4
6. Oktober 2021<br />
Bewertung der Entscheidungen<br />
Regelungsziel des Gesetzgebers > Einheitliche Verlängerung<br />
Systematik: Verweise auf § 1 Abs. 1b Satz 1<br />
Gesetzeswortlaut<br />
§ 7 ArbZG: BN<br />
Benachteiligung von ZAN: Verleiher-Rondell<br />
Gesetzgebungsverfahren: RefE vs. Endfassung<br />
§ 6a GSA Fleisch<br />
9<br />
Frage nach Gewerkschaftszugehörigkeit<br />
Im Einstellungsprozess unzulässig<br />
Nach der Einstellung streitig:<br />
Grundsätzlich unzulässig, weil unzulässige Benachteiligung wegen<br />
Gewerkschaftsmitgliedschaft denkbar (Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG)<br />
Zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse des AG besteht, insb. zur<br />
Gewährung unterschiedlicher Arbeitsbedingungen > Relevanz!<br />
Parallele zur Frage nach der Schwerbehinderung?<br />
Datenverarbeitung nur gemäß der strengen Zweckbindung!<br />
10<br />
5
6. Oktober 2021<br />
LAG BB 13.05.2020 – 15 Sa 1991/19<br />
Einsatz auf Dauerarbeitsplatz zulässig, sofern keine Vertretung?<br />
Was heißt „vorübergehend“? Sind 55 Monate zu lang?<br />
Fiktion eines Arbeitsverhältnisses auch vor dem 1. April 2017?<br />
Zählen auch Zeiten vor dem 1. April 2017?<br />
Dürfen TV der Einsatzbranche die ÜHD überhaupt regeln?<br />
11<br />
Aktueller Stand<br />
Revisionen gegen LAG Baden-Württemberg<br />
liegen beim BAG:<br />
21 Sa 12/20 > 4 AZR 83/21<br />
4 Sa 16/20 > 4 AZR 26/21<br />
Vorlage des LAG Berlin-Brandenburg<br />
liegt beim EuGH:<br />
C-232/20 – NP ./. Daimler AG<br />
12<br />
6
6. Oktober 2021<br />
Wie wird<br />
das<br />
BAG<br />
entscheiden?<br />
13<br />
Bisherige Rechtsprechung des BAG<br />
12.7.2016: Übernahmeanspruch nur für IG Metall-Mitglieder<br />
22.10.2019: Anforderungen an eine BV<br />
Bislang Keine Aussage zur ÜHD<br />
14<br />
7
6. Oktober 2021<br />
Wie wird<br />
der<br />
EuGH<br />
entscheiden?<br />
15<br />
EuGH 14.10.2020 – C-681/18<br />
„Art. 5 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie ... ist dahin auszulegen, dass<br />
er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die die<br />
Zahl aufeinanderfolgender Überlassungen ... nicht beschränkt<br />
und die Rechtmäßigkeit des Einsatzes ... nicht von der Angabe<br />
der technischen oder mit der Produktion, der Organisation oder<br />
der Ersetzung eines Arbeitnehmers zusammenhängenden<br />
Gründe ... abhängig macht.“<br />
16<br />
8
6. Oktober 2021<br />
EuGH 14.10.2020 – C-681/18<br />
„Dagegen ist diese Bestimmung dahin auszulegen, dass sie es<br />
einem Mitgliedstaat verwehrt, keine Maßnahmen zu ergreifen,<br />
um den vorübergehenden Charakter der Leiharbeit zu wahren,<br />
und einer nationalen Regelung entgegensteht, die keine<br />
Maßnahmen vorsieht, um aufeinanderfolgende Überlassungen<br />
desselben Leiharbeitnehmers an dasselbe entleihende<br />
Unternehmen mit dem Ziel, die Bestimmungen der Richtlinie<br />
2008/104 insgesamt zu umgehen, zu verhindern.<br />
17<br />
Generalanwalt zur Vorlage des LAG BB<br />
1) Prüfung “vorübergehend“ durch das nationale Gericht:<br />
Hat die aufeinanderfolgende Überlassung ... zu einer<br />
Beschäftigungsdauer geführt, die nicht länger ist, als was<br />
vernünftigerweise als Überlassung an ein entleihendes<br />
Unternehmen „um vorübergehend ... zu arbeiten“ im Sinne<br />
von Art. 1 Abs. 1 der RL 2008/104 betrachtet werden kann?<br />
18<br />
9
6. Oktober 2021<br />
Generalanwalt zur Vorlage des LAG BB<br />
Ist für die Entscheidung des entleihenden Unternehmens, auf<br />
eine Reihe aufeinanderfolgender Leiharbeitsverträge<br />
zurückzugreifen, eine objektive Erklärung gegeben worden?<br />
Werden Bestimmungen der RL 2008/104 umgangen?<br />
19<br />
Generalanwalt zur Vorlage des LAG BB<br />
Handelt es sich, unter Abwägung all dieser Gesichtspunkte<br />
und Berücksichtigung aller Umstände, um ein unbefristetes<br />
Arbeitsverhältnis, auf das unter Verstoß gegen Art. 5 Abs. 5 der<br />
RL 2008/104 aufeinanderfolgende Leiharbeitsverträge<br />
künstlich angewandt wurden?<br />
20<br />
10
6. Oktober 2021<br />
Generalanwalt zur Vorlage des LAG BB<br />
2) § 19 Abs. 2 AÜG ist nicht mit der RL 2008/104 vereinbar und<br />
damit unangewendet zu lassen, sofern dies nicht zu einer<br />
Rechtsanwendung contra legem zwingt.<br />
3) Keine Fiktion eines Arbeitsverhältnisses aus der RL aber<br />
Prüfung, ob die Einhaltung der RL durch geeignete Verwaltungsund<br />
Gerichtsverfahren möglich, um die Einhaltung der RL<br />
sicherzustellen?<br />
21<br />
Generalanwalt zur Vorlage des LAG BB<br />
4) Die Ausdehnung der ÜHD kann den Tarifvertragsparteien<br />
überlassen werden und zwar auch deren, die nur für die<br />
Branche des entleihenden Unternehmens zuständig sind.<br />
„Black Box EuGH“<br />
Prof. Dr. Thüsing<br />
22<br />
11
6. Oktober 2021<br />
Absicherung<br />
Keine Haftung für Einhaltung der ÜHD ggü. Kunden übernehmen!<br />
Sachgrund für „vorübergehend“ dokumentieren<br />
Vorübergehend Beschränkung auf 18 Monate<br />
Karenzregelung verstärkt nutzen<br />
Mitarbeitende auswechseln<br />
23<br />
Haben Sie Fragen ?<br />
24<br />
12
6. Oktober 2021<br />
Kontakt & Bildnachweise<br />
Aktenschrank: Bild von Jörg Möller auf Pixabay<br />
Uhr: Bild von Arek Socha auf Pixabay<br />
Fragezeichen: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay<br />
Justitia: Bild von Sang Hyun Cho auf Pixabay<br />
Mikrophon: Bild von Jorge Guillen auf Pixabay<br />
Bundesarbeitsgericht und EuGH: nmann77 - stock.adobe.com<br />
Übrige Bilder von Adobe Stock<br />
guido.motz@motz-law.com | www.motz-law.com<br />
Campus Fichtenhain 67 | 47807 Krefeld<br />
T +49 2151 9368088 | F +49 2151 9368089<br />
25<br />
13
6. Oktober 2021<br />
14
Auf allen Kanälen erreichbar<br />
Faire Zeitarbeit<br />
Faire Zeitarbeit<br />
iGZ e.V.<br />
Interessenverband<br />
Deutscher Zeitarbeitsunternehmen<br />
e.V.<br />
Moderne Zeitarbeit<br />
www.igz-blog.de<br />
instagram.com<br />
Gruppe:<br />
Moderne Zeitarbeit<br />
www.zeitarbeit-einegutewahl.de
Dr. Oliver Bertram<br />
Grenzen der Abweichung vom<br />
iGZ-Tarifvertrag – Praxistipps zur<br />
Gestaltung von Arbeitsverträgen<br />
Taylor Wessing Düsseldorf,<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
Dr. Oliver Bertram berät nationale und internationale<br />
Unternehmen sowie Arbeitgeberverbände in allen<br />
Fragen des Arbeitsrechts, insbesondere bei der Verhandlung<br />
und Gestaltung von Konzepten zur Personal-,<br />
Entgelt- und Arbeitszeitflexibilisierung. Dr. Bertram ist<br />
spezialisiert auf die vertragliche und tatsächliche Gestaltung<br />
des Einsatzes flexibler Personalreserven (Zeitarbeit,<br />
Interim Management, Freelancer) und unterstützt bei<br />
Um- und Restrukturierungen, der Beauftragung von<br />
Fremdpersonal und einem damit verbundenen Outsourcing<br />
von betrieblichen Teilbereichen.<br />
Im Schwerpunkt berät er Personaldienstleistungs-, IT/<br />
Engineering- und Logistikunternehmen sowie Krankenhäuser.<br />
Hinzu kommt die Beratung von Großunternehmen<br />
in Projekten der HR-Compliance.<br />
Dr. Bertram ist vielfach als Dozent auf Seminarveranstaltungen<br />
tätig und veröffentlicht regelmäßig Beiträge,<br />
insbesondere zu Themen der Personalflexibilisierung in<br />
juristischen Fachzeitschriften.<br />
» zurück zum Programm
06/10/2021<br />
<strong>9.</strong> <strong>Potsdamer</strong> <strong>Rechtsforum</strong><br />
Grenzen der Abweichung vom iGZ-Tarifvertrag –<br />
Praxistipps zur Gestaltung von Arbeitsverträgen<br />
6. Oktober 2021 | Dr. Oliver Bertram<br />
Private and Confidential<br />
1<br />
Grenzen der Abweichung vom iGZ-Tarifvertrag<br />
1<br />
Gesetzliche Grundlagen<br />
2<br />
Inbezugnahmeklausel<br />
3 Abweichungen vom iGZ-Tarifvertrag – erfasste Gestaltungen<br />
4 Einzelfälle der Vertragsgestaltung<br />
5 Rettungsanker Kollisionsklausel?<br />
6 Lösungsmodell Mitarbeiterwunsch<br />
7 Ausschlussfristen<br />
Private and Confidential<br />
2<br />
2<br />
1
06/10/2021<br />
1 Gesetzliche Grundlagen<br />
Ø<br />
Equal Treatment – und darin enthalten Equal Pay – als gesetzliche Grundlage der Arbeits- und<br />
Entgeltbedingungen von Zeitarbeitskräften während der Dauer der Überlassung.<br />
§ Equal Treatment/Pay = „die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden<br />
wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts“, vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 AÜG.<br />
§ Formeller Überlassungsbegriff = „die Überlassung dauert an, solange der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nicht<br />
rechtwirksam beendet worden ist“, vgl. LAG Köln, Urteil v. 20.05.2020, Az. 3 Sa 691/1<strong>9.</strong><br />
Ø<br />
Equal Treatment / Equal Pay ist tarifdisponibel, d.h. der Gleichstellungsgrundsatz kann durch die Anwendung<br />
eines Tarifvertrages abbedungen werden, vgl. § 8 Abs. 2 AÜG.<br />
§ „Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, […]. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz<br />
abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen<br />
zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren.“<br />
Private and Confidential 3<br />
3<br />
2.1 Inbezugnahmeklausel<br />
Ø Regelfall in der Praxis: die Vereinbarung über die Anwendung des Tarifvertrages – hier des iGZ durch eine sog.<br />
Inbezugnahme = Arbeitsvertragliche Vereinbarung, dass zwischen den Parteien „der Tarifvertrag“ verbindlich sein<br />
soll.<br />
§ iGZ-Tarifvertragswerk als mehrgliedriger Tarifvertrag (nunmehr) gesichert anerkannt, vgl. BAG, Urteil vom 16.12.2020, Az. 5<br />
AZR 143/19,<br />
§ FOLGE: es liegen (in textlich zusammengefasster Form) acht Tarifverträge vor, jeweils geschlossen mit den Gewerkschaften<br />
IG BCE, NGG, IG Metall, GEW, ver.di, IG Bau, GdP, EVG.<br />
§ ver.di als für Zeitarbeit zuständig anerkannt, vgl. BAG, Urteil vom 16.12.2020, Az. 5 AZR 143/1<strong>9.</strong><br />
§ ABER: Dem entschiedenen Sachverhalt lag eine Überlassung in einen Kundenbetriebe aus der „klassischen“ ver.di-<br />
Zuständigkeit zugrunde, daher kann gesichert nur von einer sog. Annexzuständigkeit ver.di`s ausgegangen werden.<br />
Private and Confidential 4<br />
4<br />
2
06/10/2021<br />
2.2 Inbezugnahmeklausel<br />
Ø Folge der Mehrgliedrigkeit des iGZ-Tarifvertragswerks: Es bedarf einer Kollisionsregelung, um juristisch klar<br />
festzulegen, welcher dieser acht Tarifverträge gilt,<br />
§ wenn der Mitarbeiter im Einsatz ist: Anbindung an den Tarifvertrag mit der für den Kundenbetrieb zuständigen<br />
Gewerkschaft (Annexkompetenz der Gewerkschaft für die in ihren<br />
„klassischen“ Zuständigkeitsbetrieben eingesetzten Zeitarbeitnehmer),<br />
§ wenn für den Kundenbetrieb mehrere<br />
Gewerkschaften fachlich zuständig sind:<br />
§ wenn für den Kundenbetrieb gar keine<br />
Gewerkschaft zuständig ist:<br />
§ solange der Mitarbeiter noch nicht im<br />
Einsatz ist:<br />
§ wenn der Mitarbeiter im eigenen Betrieb<br />
des Arbeitgebers tätig ist (Mischbetriebe!):<br />
§ wenn der Mitarbeiter zwischen zwei<br />
Einsätzen verleihfreie Zeiten hat:<br />
nach Aufzählungsreihenfolge in der Inbezugnahmeklausel,<br />
ver.di,<br />
ver.di.<br />
ver.di,<br />
jeweils der zuletzt geltende Tarifvertrag.<br />
Private and Confidential 5<br />
5<br />
2.3 Inbezugnahmeklausel<br />
Ø Im Wortlaut bedeutet dies:<br />
Die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien bestimmen sich nach den Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, die der<br />
Arbeitgeberverband iGZ mit einer oder mehreren der Gewerkschaften IG BCE, NGG, IG Metall, GEW, ver.di, IG Bau, GdP, EVG abgeschlossen<br />
hat oder zukünftig abschließen wird. Die Tarifverträge liegen zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen aus. Da insoweit mehrere Tarifverträge<br />
existieren oder zukünftig existieren können, gilt zur Ermittlung der jeweils anwendbaren Tarifverträge Folgendes:<br />
(a) Ab Beginn eines jeweiligen Einsatzes bei einem Kunden finden ausschließlich diejenigen Tarifverträge Anwendung, an denen die<br />
Gewerkschaft als Vertragspartei beteiligt ist, aus deren Satzung sich die Zuständigkeit für den Einsatzbetrieb ergibt. Sind satzungsgemäß<br />
mehrere Gewerkschaften zuständig, finden ausschließlich diejenigen Tarifverträge Anwendung, an denen diejenige Gewerkschaft als<br />
Vertragspartei beteiligt ist, die in obiger Aufzählung vor der/den andere/n genannt ist. Ist satzungsgemäß keine der oben genannten<br />
Gewerkschaften für den Einsatzbetrieb zuständig, finden die Tarifverträge Anwendung, an denen die Gewerkschaft ver.di als Vertragspartei<br />
beteiligt ist.<br />
(b) Bis zum Beginn des ersten Einsatzes bei einem Kunden sowie für die Dauer einer Tätigkeit in dem Betrieb des Arbeitgebers selbst finden<br />
die Tarifverträge Anwendung, an denen die Gewerkschaft ver.di als Vertragspartei beteiligt ist.<br />
(c) Die gemäß (a) und (b) ermittelten Tarifverträge finden jeweils durchgängig bis zu dem Zeitpunkt Anwendung, ab dem ein neuer Einsatz<br />
beginnt.<br />
Ø Risiko der Intransparenz nicht gänzlich auszuschließen, daher Ergänzung um Hinweis auf den jeweils geltenden<br />
Tarifvertrag in der Einsatzanweisung.<br />
Private and Confidential 6<br />
6<br />
3
06/10/2021<br />
3.1 Abweichungen vom iGZ-Tarifvertrag – erfasste Gestaltungen<br />
Ø In Bezug genommene Tarifverträge dürfen nicht „ausgehöhlt werden“, d.h. diese müssen grundsätzlich in vollem<br />
Umfang und unverändert Geltung erlangen – keine Befugnis der Arbeitsvertragsparteien ihrerseits wieder von<br />
dem Tarifvertragswerk abzuweichen, vgl. BAG, Urteil vom 16.12.2020, Az. 5 AZR 131/19 Rn. 13 f.<br />
Ø Kernaussagen des Bundesarbeitsgerichts:<br />
§ § 8 Abs.2 Satz 3 AÜG verlangt für den Entleihzeitraum eine vollständige Inbezugnahme des zwischen den jeweiligen<br />
Tarifvertragsparteien abgeschlossenen Tarifwerks für die Arbeitnehmerüberlassung.<br />
§ Unschädlich sind allenfalls<br />
§ vertragliche Regelungen über Gegenstände, die tariflich nicht geregelt sind und deshalb nichts verdrängen sowie<br />
§ Vertragsbestimmungen, die zugunsten des Arbeitnehmers von den tariflichen Bestimmungen abweichen und deshalb<br />
auch im Fall einer beiderseitigen Tarifgebundenheit nach § 4 Abs. 3 TVG zulässig wären.<br />
Ø Rechtsfolgen unzulässiger Abweichungen: keine wirksame Inbezugnahme, sodass der gesetzliche Grundfall des<br />
Equal Treatment / Equal Pay gilt.<br />
Private and Confidential 7<br />
7<br />
3.2 Abweichungen vom iGZ-Tarifvertrag – erfasste Gestaltungen<br />
Ø Folgerungen aus dieser Rechtsprechung im Hinblick auf die erfassten Gestaltungen:<br />
§ Ausschließlich vertragliche Gestaltungen, also beidseitige Regelungen sind von dieser Rechtsprechung erfasst. Eine bloße<br />
Zuwiderhandlung bzw. Missachtung des Tarifvertrages führt demnach nicht zu den genannten Rechtsfolgen.<br />
§ Abweichungsbeurteilung ist dynamisch, d.h. nicht nur bei Abschluss des Arbeitsvertrages sondern auch nachfolgend führen<br />
Abweichungen vom (inzwischen geänderten) Tarifvertrag zur Unwirksamkeit.<br />
§ Eine bloße Besserstellung des Mitarbeiters ist zulässig, aber keine ambivalente Regelung, d.h. die Rechtsposition des<br />
Mitarbeiters muss sich in jeder denkbaren Interessenlage verbessern (kein „kommt drauf an“).<br />
Beispiel für ambivalente Regelungen:<br />
„Geld statt Freizeit“ – Abweichungen im Arbeitszeitkonto<br />
§ Keine Abweichung von „nichts“, d.h. tarifvertraglich nicht erfasste Regelungsbereiche können arbeitsvertraglich ergänzt<br />
werden.<br />
Beispiel für ergänzende Regelungen:<br />
„Pflicht zur wöchentlichen Abgabe von Tätigkeitsnachweisen“ – hierzu keine<br />
Regelungen im iGZ-Tarifwerk enthalten; aber Vorsicht bei „Koppelung“ mit<br />
Entgeltfälligkeit, da Fälligkeit tarifvertraglich geregelt – aber bedingungslos.<br />
Private and Confidential 8<br />
8<br />
4
06/10/2021<br />
4.1 Einzelfälle der Vertragsgestaltung<br />
Ø Erkennbare Schlechterstellungen:<br />
§ Arbeitszeit: Ausweitung der wöchentlichen Arbeitszeit auf eine 40-Stunden-Woche; nicht demgegenüber eine Reduzierung<br />
der Arbeitszeit, da im Tarifvertrag angelegt.<br />
Begrenzung des Arbeitszeitbegriffs („ohne Wege-, Umkleide-, usw. –Zeiten“).<br />
§ Überstunden: Verpflichtung des Mitarbeiters Überstunden leisten zu müssen; Tarifvertrag sieht nur vor, was gelten soll, wenn<br />
Überstunden geleistet werden, gibt aber weder dem Arbeitgeber noch dem Kunden das Recht, solche anzuordnen.<br />
§ Urlaub: (undifferenzierte) Zwölftelung des Urlaubsanspruchs im Eintritts- oder Austrittsjahr: Tarifvertrag verweist auf das<br />
Bundesurlaubsgesetz und sieht damit gesetzlichen Vollurlaub für bestimmte Fälle vor.<br />
Befristung des Urlaubsanspruchs auf bspw. 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres; eine solche Befristung sieht der iGZ-<br />
Tarifvertrag nicht vor.<br />
§ Kündigungsfrist: Gesetzlich sich infolge Beschäftigungsdauer sich verlängernde Kündigungsfristen gelten auch für eine<br />
Kündigung durch den Arbeitnehmer. Tarifvertragliche Regelung ist unklar; Verlängerung zulasten des Mitarbeiters könnte<br />
demnach schlechterstellend sein.<br />
§ Freistellung: während der Kündigungsfrist unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche/Plusstunden aus dem<br />
Arbeitszeitkonto verletzt tarifvertragliches Dispositionsrecht des Mitarbeiters über solche AZK-Stunden.<br />
Private and Confidential 9<br />
9<br />
4.2 Einzelfälle der Vertragsgestaltung<br />
Ø Ambivalente Regelungen:<br />
§ Arbeitszeitkonto: Regelung, kein Arbeitszeitkonto zu führen, sondern Vergütung stets vollumfänglich auszuzahlen ist nicht in<br />
jeder Interessenlage positiv, da „Ansparung“ von Freizeitausgleichsansprüchen („mehr Urlaub“) ebenso als günstiger<br />
angesehen werden könnte. Gleiches gilt für Verkürzung/Erweiterung der Plusstunden-Grenzen.<br />
§ Anders: Verzicht auf Minusstunden oder Verkürzung der entsprechenden AZK-Grenze: ausschließlich begünstigend.<br />
§ Probezeit: Verzicht auf/Verkürzung der Probezeit führt auch für den Mitarbeiter im Ergebnis zu einer längeren<br />
Kündigungsfrist bei Eigenkündigung des Mitarbeiters, daher nicht nur begünstigend.<br />
§ Beendigung: automatisch (auflösende Bedingung) bei Eintritt der Erwerbs-/Arbeitsunfähigkeit; im Tarifvertrag nicht<br />
vorgesehen. Ebenso kritisch: Modifikation der altersrentenbedingten Beendigung.<br />
Private and Confidential 10<br />
10<br />
5
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4.3 Einzelfälle der Vertragsgestaltung<br />
Ø Keine Abweichungen:<br />
§ Vertragsstrafen: Regelungen hierzu verstoßen gegen keine tarifvertraglichen Bestimmungen, da dort nicht geregelt. Aber<br />
Vorsicht mit sog. Verrechnungsklauseln/Zurückbehaltungsrecht, da diese den (tarifvertraglich unbedingten) Lohnanspruch in<br />
Frage stellen.<br />
§ Lohnverpfändung/-Abtretung: Verbote bzw. Regelungen zu Bearbeitungsgebühren verstoßen gegen keine<br />
tarifvertraglichen Bestimmungen, da dort nicht geregelt. Aber Vorsicht mit sog. Verrechnungsklauseln, da diese den<br />
(tarifvertraglich unbedingten) Lohnanspruch in Frage stellen.<br />
§ Meldepflichten: solche bei Arbeitsunfähigkeit, Wiedergenesung, Einsatzbeendigung durch den Kunden usw. verstoßen<br />
gegen keine tarifvertraglichen Bestimmungen, da dort nicht geregelt. Aber Vorsicht mit Sanktionsmechanismen über<br />
Vertragsstrafen, wenn diese mit Lohn verrechenbar sein sollen; siehe oben.<br />
Private and Confidential 11<br />
11<br />
5.1 Rettungsanker Kollisionsklausel<br />
Ø Durch eine Kollisionsklausel wird für den Fall des Widerspruchs zwischen zwei Regelungen der Vorrang einer<br />
Regelung bestimmt. Dort wo eine arbeitsvertragliche Regelung von dem iGZ-Tarifvertragswerk abweicht, würde<br />
somit vorgesehen, dass der Tarifvertrag grds. vorgeht.<br />
Formulierungsbeispiel:<br />
Sollte eine Regelung dieses Arbeitsvertrages von den vorstehend in Bezug genommenen Tarifverträgen abweichen und für<br />
den Mitarbeiter günstiger sein, so treten die tarifvertraglichen Regelungen hinter die hiervon abweichenden<br />
arbeitsvertraglichen Regelungen zurück. Im Übrigen gehen die tarifvertraglichen Regelungen diesem Arbeitsvertrag stets<br />
vor (Vorrang des Tarifvertrages).Für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gilt § 4 Abs. 3 TVG entsprechend.<br />
Ø Ist die Kollisionsklausel ein Allheilmittel und kann man sich die erläuterten Überlegungen dadurch nicht ersparen?<br />
§ Inhaltskontrolle des (AGB-)Arbeitsvertrages nach § 305c Abs. 1 BGB („überraschende Klausel“) und § 307 Abs.<br />
1 Satz 2 BGB („Transparenzgebot“); daher sollte kein „offener Widerspruch im Vertrag“ auftreten.<br />
Private and Confidential 12<br />
12<br />
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5.2 Rettungsanker Kollisionsklausel<br />
Ø Gleichwohl sollte eine Kollisionsklausel aufgenommen werden, vor allem für zwei Anwendungsfälle:<br />
§ zum einen für diejenigen Regelungsbereiche, in denen das iGZ-Tarifvertragswerk die gesetzlichen Regelungen ergänzend<br />
einbezieht, wie bspw. hinsichtlich des Urlaubsrechts. Hier ist nicht abschließend prüfbar, ob etwaige arbeitsvertragliche<br />
Regelungen nicht als den Mitarbeiter schlechterstellen qualifiziert werden können.<br />
§ zum anderen für etwaige zukünftige Änderungen des iGZ-Tarifvertragswerks, durch welche eine arbeitsvertragliche Regelung<br />
nachträglich zu einer den Mitarbeiter schlechter stellenden Bestimmung werden kann.<br />
Ø Beiden Fallgestaltungen kann man nur vorbeugen, indem man vertraglich den deutlichen Willen klarstellt, an der<br />
arbeitsvertraglichen Regelung nur dann und solange festhalten zu wollen, als dass diese für den Mitarbeiter<br />
günstiger ist.<br />
Private and Confidential 13<br />
13<br />
6 Lösungsmodell Mitarbeiterwunsch<br />
Ø Wie dargestellt, führen nur vertragliche Vereinbarungen ggf. zu einer Abweichung im Sinne der dargestellten<br />
Rechtsprechung.<br />
Beispiel:<br />
„Die Parteien vereinbaren, dass jede über die 35. Stunde hinausgehende dem Arbeitszeitkonto<br />
gutgeschriebene Plusstunde jeweils ausgezahlt wird.“<br />
-> als ambivalente Regelung (siehe oben) nicht begünstigend; Folge: Unwirksamkeit der Tarifinbezugnahme.<br />
Alternative:<br />
„Der Mitarbeiter beantragt hiermit, dass jeweils mit der Entgeltabrechnung für den laufenden Monat jede<br />
über die 35. Stunde hinausgehende seinem Arbeitszeitkonto gutgeschriebene Plusstunde ausgezahlt wird.“<br />
Private and Confidential 14<br />
14<br />
7
06/10/2021<br />
7 Ausschlussfristen<br />
Ø Ausgangslage: tarifliche Ausschlussfristen „stehen und fallen“ mit der Wirksamkeit des Tarifvertrages bzw. der<br />
Inbezugnahme des Tarifvertrages. Unwirksamkeitsrisiko kann daher nur durch arbeitsvertragliche<br />
Ausschlussfristen abgesichert werden.<br />
Ø Aber individualvertragliche Ausschlussfristen müssen für den Mitarbeiter günstiger sein, als die tarifvertraglichen;<br />
anderenfalls greift erläuterte Unwirksamkeits-Rechtsprechung. Um dies sicherzustellen, sollten<br />
§ die Ausschlussfristenklausel aufgespalten werden in eine Regelung für Mitarbeiteransprüche und eine für<br />
Arbeitgeberansprüche;<br />
§ die Ausschlussfrist für Mitarbeiteransprüche gegenüber der tariflichen Frist verlängert, die des Arbeitgebers verkürzt werden;<br />
§ die von der Rechtsprechung geforderten Ausnahmen (Mindestlohn; Verletzung von Leib, Leben, Gesundheit; Ansprüche in<br />
Abhängigkeit eines Kündigungsschutzverfahrens etc.) von der für den Mitarbeiter geltenden Ausschlussfrist transparent<br />
aufgenommen werden;<br />
§ etwaige Ansprüche aufgrund vorsätzlichen Handelns – beidseitig – wegen §§ 276 Abs. 3, 202 Abs. 1 BGB ausgenommen<br />
werden, vgl. BAG, Urteil vom 26.11.2020, Az. 8 AZR 58/20 Rn. 72 – 74.<br />
Private and Confidential 15<br />
15<br />
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
Private and Confidential 16<br />
16<br />
8
06/10/2021<br />
Ihr Experte<br />
Oliver Bertram berät als Arbeitsrechtler nationale und internationale Unternehmen sowie<br />
Arbeitgeberverbände in allen Fragen des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts, insbesondere bei<br />
der Verhandlung und Gestaltung von Tarifverträgen und Konzepten zur Personal-, Entgelt- und<br />
Arbeitszeitflexibilisierung. Er ist spezialisiert auf die vertragliche und tatsächliche Gestaltung des<br />
Einsatzes flexibler Personalreserven (Zeitarbeit, Interim Management, Freelancer, Outsourcing<br />
durch Werk-/Dienstverträge) und komplexe Projekte zur Sicherstellung der HR-Compliance.<br />
Im Schwerpunkt berät er Personaldienstleistungs-, IT/Engineering- und Logistikunternehmen sowie<br />
Krankenhäuser. Hinzu kommt die strategische Beratung von Großunternehmen in kollektivarbeitsund<br />
sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen.<br />
Als langjähriger Head of HR bei Taylor Wessing Deutschland kennt Oliver Bertram dabei die<br />
arbeitsrechtlichen Themen seiner Mandanten auch aus der Brille des Unternehmers.<br />
Dr. Oliver Bertram<br />
Partner<br />
Düsseldorf<br />
+49 211 8387-221<br />
o.bertram@taylorwessing.com<br />
Sprachen<br />
§ Deutsch, Englisch<br />
„Hat v.a. bei AÜG u. Fremdpersonaleinsatz einen Überblick über Materie u.<br />
Fallstricke, der dtl.weit so nicht zu finden ist“, JUVE 2017<br />
Häufig empfohlen für Arbeitsrecht, JUVE 2019<br />
Beratungsschwerpunkte<br />
§ Arbeitsrecht<br />
§ Sozialversicherungsrecht<br />
§ Compliance<br />
Private and Confidential<br />
17<br />
17<br />
Europe > Middle East > Asia<br />
taylorwessing.com<br />
© Taylor Wessing 2021<br />
This publication is not intended to constitute legal advice. Taylor Wessing entities operate under one brand but are legally distinct, either being or affiliated to a member of Taylor Wessing Verein. Taylor Wessing Verein does not itself provide services. Further<br />
information can be found on our regulatory page at taylorwessing.com/en/legal/regulatory-information.<br />
18<br />
9
06/10/2021<br />
10
EVENTS<br />
1. Halbjahr 2022<br />
MÄRZ<br />
<strong>9.</strong><br />
Forum Personalmanagement<br />
Berlin<br />
10.<br />
Forum Marketing<br />
Berlin<br />
MAI<br />
24.<br />
Bundeskongress<br />
Hannover
Eric Odenkirchen<br />
Im Gespräch mit dem Fachbereich<br />
Arbeits- und Tarifrecht:<br />
Aktuelles aus der Rechtsberatung<br />
Leiter iGZ-Fachbereich<br />
Arbeits- und Tarifrecht<br />
Eric Odenkirchen ist seit Beginn des Jahres Leiter des<br />
Fachbereichs Arbeits- und Tarifrecht. Als Syndikusrechtsanwalt<br />
berät er Verbandsmitglieder in arbeitsund<br />
tarifrechtlichen Fragestellungen und führt Schulungen<br />
und Seminare zu diesen Themen durch.<br />
Er bringt umfangreiche Führungserfahrung in verschiedenen<br />
Positionen im Dienstleistungssektor mit. Seine<br />
arbeitsrechtlichen Schwerpunkte liegen im Recht der<br />
Arbeitnehmerüberlassung und der Mitbestimmung.<br />
» zurück zum Programm
Weil mir meine Karriere<br />
wichtig ist.<br />
Sanjay Gopi<br />
Maschinenbauingenieur<br />
!<br />
Wie die Zeitarbeit hilft, lesen Sie hier:<br />
www.zeitarbeit-einegutewahl.de
Dr. Vera Luickhardt<br />
Digitalisierung und Mobiles<br />
Arbeiten, was geht noch nach<br />
Corona? Qualifizierte elektronische<br />
Signatur bei AÜ-Verträgen;<br />
Mobiles Arbeiten<br />
Allen & Overy,<br />
Rechtsanwältin, Senior Associate<br />
Dr. Vera Luickhardt ist seit dem Jahr 2003 Rechtsanwältin,<br />
seit 2011 bei Allen & Overy LLP in Düsseldorf. Als<br />
Fachanwältin für Arbeitsrecht berät sie in erster Linie<br />
inländische und ausländische Personalabteilungen zum<br />
arbeitsrechtlichen Tagesgeschäft in Deutschland. Ihr<br />
Beratungsansatz ist konfliktlösend, ganzheitlich und<br />
pragmatisch.<br />
Sie gestaltet unter anderem Arbeits- und Aufhebungsverträge,<br />
begleitet Trennungsprozesse und berät zu<br />
arbeitsrechtlichen Themen im Konzern, wie der konzerninternen<br />
Arbeitnehmerüberlassung und den verschiedenen<br />
Formen sowie Risiken von Fremdpersonaleinsatz.<br />
Sie publiziert regelmäßig in Fachmedien und ist als<br />
Referentin für Inhouse-Workshops anerkannt.<br />
» zurück zum Programm
06/10/2021<br />
Digitalisierung und Mobiles<br />
Arbeiten, was geht noch<br />
nach Corona?<br />
Dr. Vera Luickhardt<br />
6. Oktober 2021<br />
0<br />
Qualifizierte elektronische Signatur bei<br />
Arbeitnehmerüberlassungsverträgen<br />
© Allen & Overy LLP |<br />
1<br />
1
06/10/2021<br />
Qualifizierte elektronische Signatur bei<br />
Arbeitnehmerüberlassungsverträgen<br />
1<br />
Schriftform / andere Formen<br />
2 Voraussetzungen der elektronischen Form<br />
3 Elektronische Signaturen – Abgrenzung<br />
4<br />
Elektronische Form – AÜG<br />
5<br />
Übersicht typische arbeitsrechtliche Erklärungen /Verträge<br />
© Allen & Overy LLP | Digitalisierung und Mobiles Arbeiten, was geht noch nach Corona?<br />
2<br />
2<br />
Schriftform (1) § 126 BGB<br />
1<br />
Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch<br />
Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.<br />
2<br />
Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den<br />
Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei<br />
bestimmte Urkunde unterzeichnet.<br />
3<br />
Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz<br />
ein anderes ergibt.<br />
4<br />
Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.<br />
© Allen & Overy LLP | Digitalisierung und Mobiles Arbeiten, was geht noch nach Corona?<br />
3<br />
3<br />
2
06/10/2021<br />
Schriftform (2) Vergleich mit anderen Formen<br />
Elektronische Form, § 126a BGB Schriftform, § 126 BGB Textform, § 126b BGB<br />
– Elektronisches Dokument mit<br />
einer Erklärung<br />
– Aussteller muss Erklärung<br />
Namen hinzufügen<br />
– Dokument mit qualifizierter<br />
elektronischer Signatur<br />
versehen<br />
– Nicht zulässig, wenn<br />
ausdrücklich ausgeschlossen,<br />
z.B. bei Kündigung,<br />
Aufhebungsvertrag, § 623 BGB<br />
– Urkunde<br />
– Eigenhändige Unterschrift<br />
(„wet ink signature“)<br />
– Grds. auf derselben Urkunde<br />
– Klassiker: Kündigung,<br />
Aufhebungsvertrag, § 623 BGB<br />
– Lesbare Erklärung, in der die<br />
Person des Erklärenden<br />
benannt ist<br />
– Auf einen dauerhaften<br />
Datenträger, z.B. E-Mail, Fax<br />
– Häufig zur Erfüllung von<br />
gesetzlichen Pflichten, z.B.<br />
Unterrichtung Betriebsübergang,<br />
§ 613 Abs. 5 BGB<br />
§ 125 S. 1 BGB: Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig.<br />
© Allen & Overy LLP | Digitalisierung und Mobiles Arbeiten, was geht noch nach Corona?<br />
4<br />
4<br />
Voraussetzungen der elektronischen Form, § 126a BGB<br />
– Als Alternative zur strengen Schriftform dort möglich, wo nicht gesetzlich ausgeschlossen<br />
– Grundlage u.a. in Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über<br />
elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der<br />
Richtlinie 1999/93/EG (kurz: eIDAS-VO (electronic Identification, Authentication and Trust Services))<br />
– Elektronisches Dokument<br />
• elektronische Daten (un-/verschlüsselt), die in einem Schriftträger / Speichermedium verkörpert sind, der ohne<br />
technische Hilfsmittel nicht lesbar ist<br />
• mit dauerhafter Wiedergabemöglichkeit (zur Gewährleistung Beweisfunktion) (auf unbestimmte Zeit<br />
speicherbar/ausdruckbar, „-“ bei klass. Fax, „+“ bei Computer-Fax, „-“ bei Sperren Druckfunktion)<br />
• z.B. E-Mail /-Anhänge, Festplatte, USB-Stick (ob Papierausdruck erfolgt, ist für Frage Formwirksamkeit nicht<br />
entscheidend / Lesbarkeit Schriftzeichen auf Bildschirm genügt)<br />
- Aussteller (der Erklärung) muss dem elektronischen Dokument seinen Namen hinzufügen (Identitätsfunktion)<br />
• Nicht Unterschrift, bloßer Name genügt<br />
• kann (anders als klassische „Unterschrift“ auch) irgendwo im Dokument stehen<br />
- Qualifizierte elektronische Signatur (als Unterschriftenersatz) (vgl. zu Anforderungen nächste Folie)<br />
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5<br />
5<br />
3
06/10/2021<br />
Elektronische Signaturen – Abgrenzung<br />
Elektronische Signatur Fortgeschrittene elektronische Signatur Qualifizierte elektronische Signatur<br />
– Art. 3 Nr. 10 eIDAS-VO: „…sind Daten<br />
in elektronischer Form, die anderen<br />
elektronischen Daten beigefügt oder<br />
logisch mit ihnen verbunden werden<br />
und die der Unterzeichner zum<br />
Unterzeichnen verwendet“<br />
– Kein Sicherheitswert, da jederzeit<br />
kopierbar oder entfernbar<br />
– Ohne besondere Software möglich<br />
Bsp.: eingescannte Unterschrift<br />
Für das Ersetzen<br />
der strengen<br />
Schriftform reichen<br />
(nur) die<br />
elektronische<br />
Signatur oder die<br />
fortgeschrittene<br />
elektronische<br />
Signatur nicht aus!<br />
– Art. 3 Nr. 11 eIDAS-VO: „…ist eine<br />
elektronische Signatur, die die<br />
Anforderungen des Artikels 26 erfüllt“<br />
Anforderungen Art. 26 eIDAS-VO:<br />
– eindeutig Unterzeichner zugeordnet<br />
– Identifizierung Unterzeichner möglich<br />
– Erstellung unter Verwendung elektronischer<br />
Signaturerstellungsdaten, die der Unterzeichner<br />
mit einem hohen Maß an Vertrauen unter<br />
seinen alleinigen Kontrolle verwenden kann<br />
– Verbindung zwischen Signatur und Daten so,<br />
dass eine nachträgliche Veränderung der<br />
Daten erkannt werden kann<br />
à ein nur dem Unterzeichner zugeordneter<br />
(idR Software-) Schlüssel, mit dem er das<br />
elektronische Dokument so verschlüsseln<br />
kann, dass nachträgliche Veränderung zu<br />
erkennen ist<br />
Bsp.: S/Mime (Secure/Multipurpose<br />
Internet Mail Extensions) - asymmetrisches<br />
Verschlüsselungsverfahren für E-Mails<br />
– Art. 3 Nr. 12 eIDAS-VO: „…ist eine<br />
fortgeschrittene elektronische Signatur,<br />
die von einer qualifizierten elektronischen<br />
Signaturerstellungseinheit erstellt wurde<br />
und auf einem qualifizierten Zertifikat für<br />
elektronische Signaturen beruht“<br />
– qualifizierte elektronische Signaturerstellungseinheit:<br />
konfigurierte Software /<br />
Hardware zum Erstellen elektronischer<br />
Signatur, Signaturerstellungsdaten von<br />
qualifiziertem Vertrauensdiensteanbieter<br />
– qualifiziertes Zertifikat<br />
• elektronische Bescheinigung, die<br />
elektronische Signaturvalidierungsdaten<br />
mit natürlicher Person verknüpft und<br />
mindestens Namen oder Pseudonym<br />
dieser Person bestätigt<br />
• von qualifiziertem Vertrauensdiensteanbieter<br />
ausgestellt und erfüllt<br />
Anforderungen Anhang I zu eIDAS-VO<br />
Bsp.: E-Mail im beA der Anwälte (braucht<br />
Signaturkarte und Kartenlesegerät)<br />
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6<br />
6<br />
Elektronische Form – AÜG<br />
Leiharbeitnehmer<br />
(Leih-) Arbeitsvertrag<br />
Tatsächlicher Einsatz mit<br />
Eingliederung und<br />
Direktionsrecht<br />
Arbeitnehmerüberlassungsvertrag<br />
Verleiher<br />
Entleiher<br />
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7<br />
7<br />
4
06/10/2021<br />
Arbeitnehmerüberlassungsvertrag (1) Erforderliche Form / Verstoß<br />
Verleiher<br />
– Schriftform, § 12 Abs. 1 S. 1 AÜG<br />
– Beweissicherungsfunktion, Warnfunktion und Erleichterung Überwachung<br />
– kann durch elektronische Form ersetzt werden (also qualifizierte (!)<br />
elektronische Signatur!), Textform ist nicht zulässig<br />
– Rechtsfolgen bei Formverstoß:<br />
• Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nichtig, § 125 S. 1 BGB<br />
• aber: Nichtigkeit Arbeitnehmerüberlassungsvertrag keine Auswirkung<br />
auf Stellung Leiharbeitnehmer (irrelevant für Fiktion § 10 Abs. 1 AÜG)<br />
• Zuverlässigkeitsprüfung / Widerruf, § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG, § 5 Abs. 1<br />
Nr. 3 AÜG<br />
• Ordnungswidrigkeit, § 16 Abs. 1 Nr. 1c und 1d<br />
(Bezeichnung/Konkretisierung), Abs. 2, 3 i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 5, S. 6<br />
AÜG (bis zu EUR 30.000)<br />
• Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht<br />
Entleiher<br />
© Allen & Overy LLP | Digitalisierung und Mobiles Arbeiten, was geht noch nach Corona?<br />
8<br />
8<br />
Arbeitnehmerüberlassungsvertrag (2) Reichweite Schriftform<br />
Schriftformerfordernis (§ 12 Abs. 1 S. 1 AÜG, § 1 Abs. 1 S. 5, 6 AÜG, §§ 126, 126a BGB) (vgl. auch FW BA AÜG Ziffer 1.1.6.7 Abs. 2 ff., Ziffer 12):<br />
• gesamter Arbeitnehmerüberlassungsvertrag einschließlich<br />
Änderungen, Verlängerungen<br />
• Festlegung der Vertragsparteien und deren Hauptleistungspflichten<br />
(rechtlich verbindlich eingegangene Pflicht des Verleihers zur<br />
Überlassung von Arbeitnehmern und rechtlich verbindlich<br />
eingegangene Pflicht des Entleihers, hierfür eine Vergütung zu leisten)<br />
• Bedingungen, Befristungen, Modalitäten der Leistungspflichten sowie<br />
Nebenabreden<br />
• Offenlegung / Bezeichnung als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag<br />
• besondere Merkmale der für den Leiharbeitnehmer vorgesehenen<br />
Tätigkeit und dafür erforderliche berufliche Qualifikation<br />
• wesentliche Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt im<br />
Betrieb Entleiher für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers<br />
(gilt nicht, soweit Ausnahme § 8 Abs. 2 und 4 S. 2 AÜG)<br />
):<br />
• im Einzelfall auch namentliche Benennung zu überlassender<br />
Leiharbeitnehmer und damit Konkretisierung (z.B., wenn<br />
Gesamtschau<br />
Überlassung bestimmter Arbeitnehmer/besonderer Experte<br />
wesentlicher Inhalt vertraglicher Abrede ist); kommt es<br />
Vertragsparteien hingegen nicht darauf an, welche konkrete Person<br />
überlassen wird, können sie ohne Bezug auf Einzelperson<br />
Überlassung von Leiharbeitnehmer mit bestimmten Merkmalen<br />
vereinbaren / Benennung einzelner Leiharbeitnehmer dann keine<br />
vertragliche Nebenabrede / unterliegt nicht Schriftform, hat jedoch<br />
in Bezug auf den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu erfolgen / muss<br />
als geeigneter Nachweis z. B. in Textform zu Geschäftsunterlagen<br />
genommen und aufbewahrt werden)<br />
• Erklärung Verleiher darüber, dass er über die Erlaubnis verfügt<br />
• zur Feststellung, ob bereits ein hinreichender Rechtsbindungswille niedergelegt ist und es sich damit um einen Vertrag handelt<br />
• „-“ bei Vereinbarung, die lediglich Rahmenbedingungen zwischen Parteien regelt, ohne zur Erbringung konkreter Hauptleistungen zu<br />
verpflichten / erst im Anschluss geschlossene Einzelüberlassungsverträge unterliegen dann der Schriftform<br />
• anders, wenn Vorvertrag / Rahmenvertrag bereits Rechtsbeziehungen mit Bindungswille regelt)<br />
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9<br />
9<br />
5
06/10/2021<br />
Leiharbeitsvertrag (1) Erforderliche Form / Verstoß<br />
Verleiher<br />
Leiharbeitsvertrag<br />
Leiharbeitnehmer<br />
(Leih-) Arbeitsvertrag kann grds. formfrei vereinbart werden; es bedarf weder Schriftform noch elektronischer Form, aber:<br />
– § 2.1 MTV iGZ/DGB: „Der Arbeitgeber hat mit dem Arbeitnehmer einen schriftlichen Arbeitsvertrag abzuschließen. “<br />
– Verleiher muss Leiharbeitnehmer Nachweis über wesentliche Vertragsbedingungen aushändigen, § 11 Abs. 1 S. 1<br />
AÜG i.V.m. § 2 Abs. 1 NachwG, Nachweis unterliegt Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB, kann nicht durch elektronische<br />
Form ersetzt werden, § 2 Abs. 1 S. 3 NachwG; d.h. Verleiher muss wesentliche Vertragsbedingungen schriftlich<br />
niederlegen, Nachweis unterzeichnen und dem Leiharbeitnehmer aushändigen.<br />
Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das NachwG:<br />
– Bußgeld i.H.v. bis zu EUR 1.000, § 16 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 AÜG<br />
– Mögliches Indiz für die Unzuverlässigkeit, § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG<br />
– Zurückbehaltungsrecht Leiharbeitnehmer (Verweigerung Arbeitsleistung bis Nachweiserteilung)<br />
– Prozessual Umkehr Beweis- und Darlegungslast bzw. Beweiserleichterung wegen Beweisvereitelung (str.), d.h.<br />
Leiharbeitnehmer muss nur für ihn günstige Tatsachen vortragen, Arbeitgeber muss vollen Gegenbeweis erbringen<br />
– Aber: Leiharbeitsvertrag wird durch Verstoß nicht unwirksam (nicht konstitutiv; für tarifvertragliche Schriftform str.)<br />
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10<br />
10<br />
Leiharbeitsvertrag (2) Nachweispflichten (mindestens)<br />
Mindestanforderungen aus § 11 Abs. 1 S.1 AÜG i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG:<br />
– Wesentliche Vertragsbedingungen (Aufzählung in § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG ist nicht abschließend)<br />
– Name und Anschrift Vertragsparteien<br />
– Zeitpunkt Beginn Arbeitsverhältnis<br />
– bei befristeten Arbeitsverhältnissen: vorhersehbare Dauer Arbeitsverhältnis<br />
– Arbeitsort oder, falls (Leih-) Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein<br />
Hinweis darauf, dass er an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann<br />
– kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom (Leih-) Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit<br />
– Zusammensetzung und Höhe Arbeitsentgelt einschließlich Zuschläge, Zulagen, Prämien und<br />
Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile Arbeitsentgelt und deren Fälligkeit<br />
– vereinbarte Arbeitszeit<br />
– Dauer jährlicher Erholungsurlaub<br />
– Fristen für Kündigung Arbeitsverhältnis<br />
– in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf<br />
Arbeitsverhältnis anzuwenden sind<br />
– Firma und Anschrift Verleiher<br />
– Erlaubnisbehörde sowie Ort und Datum Erteilung Erlaubnis nach § 1 AÜG<br />
– Art und Höhe Leistungen für Zeiten, in denen Leiharbeitnehmer nicht verliehen ist<br />
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6
06/10/2021<br />
Übersicht typische arbeitsrechtliche Erklärungen /Verträge<br />
Einfache oder fortgeschrittene elektronische Signatur<br />
(letztere ist sicherer, beide wahren nicht die elektronische oder strenge Schriftform)<br />
Qualifizierte elektronische Signatur<br />
(Leih-) Arbeitsvertrag<br />
(Arbeitsvertrag z.T. auch<br />
Nachweis i.S. NachwG)<br />
Aufhebungsvertrag /<br />
Kündigung<br />
Befristungsabrede<br />
Nachvertragliches<br />
Wettbewerbsverbot<br />
(zwar schließt § 14 Abs. 4 TzBfG elektronische Form nicht aus;<br />
Befristung ist aber wesentliche Vertragsbedingung i.S.<br />
NachwG)<br />
(Str., ob elektronische Form ausgeschlossen, wenn Wettbewerbsabrede<br />
wesentliche Vertragsbedingung i.S. NachwG)<br />
Zeugnis<br />
Arbeitnehmerüberlassungsvertrag<br />
Sicherheitsunterweisung<br />
Wes. Vertragsbedingung<br />
i.S. NachwG<br />
(FW BA AÜG Ziffer 11 Abs. 3: Regelung zu Aufwendungsersatz<br />
ist wesentliche Vertragsbedingung i.S. NachwG)<br />
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12<br />
Mobiles Arbeiten<br />
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06/10/2021<br />
Mobiles Arbeiten<br />
1<br />
Mobiles Arbeiten – AÜG<br />
2<br />
Mobiles Arbeiten – Begriffsbestimmung<br />
3<br />
Derzeitige Rechtslage<br />
4 Best Practice – Vorüberlegungen und wichtige Vertragsinhalte<br />
5<br />
Mobiles Arbeiten – Arbeitsschutz<br />
6 Mobiles Arbeiten – Ausland<br />
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14<br />
Mobiles Arbeiten – AÜG<br />
Leiharbeitnehmer<br />
Interne<br />
Mitarbeiter<br />
Verleiher<br />
Entleiher<br />
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15<br />
8
06/10/2021<br />
Mobiles Arbeiten – Diverse Themenkreise<br />
Vertragsbedingungen<br />
Pflichten Arbeitszeit Betriebsmittel Datenschutz<br />
Haftung<br />
Überwachung<br />
Gestaltung des<br />
Arbeitsplatzes<br />
Kostenerstattung<br />
Arbeitsschutz<br />
Zugangsrecht<br />
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16<br />
Mobiles Arbeiten – Leiharbeitnehmer (1)<br />
Leiharbeitnehmer<br />
Zusatzvereinbarung zu<br />
(Leih-) Arbeitsvertrag?<br />
Tatsächlicher Einsatz mit<br />
Eingliederung und<br />
Direktionsrecht<br />
Arbeitnehmerüberlassungsvertrag<br />
mit Befugnis Mobiles Arbeiten?<br />
Verleiher<br />
Entleiher<br />
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17<br />
9
06/10/2021<br />
Mobiles Arbeiten – Leiharbeitnehmer (2)<br />
Vertragsgestaltung /<br />
Direktionsrecht<br />
– Recht zu arbeitsvertraglichen<br />
Änderungen bleibt beim Verleiher<br />
(u.a. Stundenzahl, Gehalt)<br />
– Verleiher überträgt Entleiher aber das<br />
arbeitsrechtliche Weisungsrecht<br />
hinsichtlich Inhalt, Ort und Zeit der<br />
Tätigkeit; diese müssen sich<br />
wiederum im Rahmen der Verträge<br />
halten ((Leih-) Arbeitsvertrag/<br />
Arbeitnehmerüberlassungsvertrag<br />
Klarstellung in (Leih-) Arbeitsvertrag<br />
und Arbeitnehmerüberlassungsvertrag<br />
zu empfehlen<br />
Arbeitsschutz, § 11 Abs. 6<br />
AÜG, §12 Abs. 2 ArbSchG<br />
- Tätigkeit Leiharbeitnehmer bei<br />
Entleiher unterliegt den für Betrieb<br />
Entleiher geltenden<br />
Arbeitsschutzvorschriften<br />
- ergebende Arbeitgeberpflichten<br />
obliegen Entleiher unbeschadet<br />
Pflichten Verleiher; insbesondere<br />
Sicherheitsunterweisung vor<br />
Beginn Beschäftigung und bei<br />
Veränderungen (sonstige<br />
Arbeitsschutzpflichten Verleiher<br />
bleiben unberührt)<br />
Entleiher hier in erster Linie in der<br />
Pflicht; Erfüllung absichern<br />
Datenschutz<br />
– Entleiher legt Zwecke und Mittel<br />
der Datenverarbeitung fest<br />
– Entleiher wird in der Regel<br />
Arbeitsmittel wie PC bereitstellen<br />
(wegen Netzwerk/IT etc.)<br />
– Datenschutzbehörden ordnen<br />
Leiharbeitnehmer dem Entleiher<br />
als Beschäftige zu<br />
Verantwortliche Stelle ist der<br />
Entleiher<br />
Verantwortung liegt also eher beim Entleiher, aber Verleiher bleibt mitverantwortlich<br />
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18<br />
Mobiles Arbeiten – Interne Mitarbeiter<br />
Leiharbeitnehmer<br />
Interne<br />
Mitarbeiter<br />
Arbeitsvertrag und<br />
Zusatzvereinbarung?<br />
Verleiher<br />
Entleiher<br />
Verantwortung liegt (nur) beim Verleiher / Auseinandersetzung mit Rahmenbedingungen<br />
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19<br />
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06/10/2021<br />
Mobiles Arbeiten – Begriffsbestimmung<br />
Mobiles Arbeiten<br />
Homeoffice<br />
– Mobiles Arbeiten ist eine Arbeitsform, die nicht in einer Arbeitsstätte<br />
gemäß § 2 Abs. 1 ArbStättV oder an einem fest eingerichteten<br />
Telearbeitsplatz gemäß § 2 Abs. 7 ArbStättV im Privatbereich des<br />
Beschäftigten ausgeübt wird, sondern bei dem die Beschäftigten an<br />
beliebigen anderen Orten (zum Beispiel im Café, in Verkehrsmitteln, in<br />
einer Wohnung) tätig werden, 2.2 Abs. 1 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel.<br />
– Keine spezifische arbeitsrechtliche Definition<br />
– Bezeichnet i.d.R. Mitarbeiter, die von einem Zuhause aus arbeiten<br />
– Homeoffice ist eine Form des mobilen Arbeitens, 2.2 Abs. 3 SARS-CoV-<br />
2-Arbeitsschutzregel<br />
Telearbeit<br />
– Definition in § 2 Abs. 7 ArbStättV<br />
– Ein Telearbeitsplatz ist ein vom Arbeitgeber fest eingerichteter<br />
Bildschirmarbeitsplatz (bereitgestellt & installiert) im Privatbereich<br />
des Mitarbeiters, für den die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit und<br />
eine Dauer der Einrichtung vereinbart haben.<br />
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20<br />
Mobiles Arbeiten – Derzeitige Rechtslage<br />
– Kein genereller Anspruch auf mobiles Arbeiten (weder für Mitarbeiter, noch für Arbeitgeber)<br />
– Keine gesetzliche Regelung zu mobiler Arbeit<br />
– Zwischenzeitliche Verpflichtung in SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Beschäftigung im Homeoffice;<br />
ersatzloser Wegfall seit 1. Juli 2021)<br />
– Referentenentwurf BMAS (zuletzt i.d.F. 14. Januar 2021): Mobile Arbeit-Gesetz (MAG), kein neues Gesetz,<br />
sondern Verortung in §§ 111, 112, 147 GewO, u.a.:<br />
– Kein gesetzlicher Anspruch auf mobiles Arbeiten, sondern Vereinbarungslösung<br />
– Ohne Vereinbarung muss Arbeitgeber Ablehnung in Textform innerhalb von zwei Monaten begründen<br />
– Ansonsten gilt mobiles Arbeiten für Wunschzeitraum, längstens aber für 6 Monate, als genehmigt<br />
– Gesamte Arbeitszeit muss erfasst werden (Beginn, Ende, Dauer); Mitarbeiter kann Kopie Aufzeichnung verlangen; Art der<br />
Zeiterfassung (analog/digital) wird nicht vorgegeben; keine Regelungen zu Flexibilisierung (z.B. Abkürzung der täglichen<br />
elfstündigen Ruhezeit)<br />
– Gleicher Versicherungsschutz wie im Betrieb<br />
(Letzteres bereits umgesetzt durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz, § 8 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Nr. 2a SGB VII: „Wird die<br />
versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem<br />
Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte […] Versicherte Tätigkeiten sind auch […] das Zurücklegen des<br />
unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten […] fremder Obhut anvertraut werden, wenn die<br />
versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird“.)<br />
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06/10/2021<br />
Mobiles Arbeiten – Best Practice (1) Vorüberlegungen<br />
Einschätzen von Möglichkeiten / Grenzen<br />
– Aufgaben?<br />
– Zeit, Umfang / Lage?<br />
– Einschränkungen?<br />
Umgang mit Arbeitsmitteln und Arbeitsplatz,<br />
die mobil und im Betrieb gebraucht werden?<br />
Kostenerstattung (ob und inwieweit) für Mitarbeiter?<br />
Zusätzlicher Versicherungsschutz für Mitarbeiter<br />
(ggf. auch im Ausland) und Arbeitsmittel?<br />
Erreichbarkeitszeiten / Präsenzpflicht Mitarbeiter?<br />
Festlegung von spezifischen Regelungen /<br />
Vereinbarung mit Mitarbeitern / Richtlinie?<br />
Arbeitssicherheit, Vertraulichkeit und Datenschutz:<br />
– Durchführen von Gefährdungsbeurteilungen<br />
– Aktualisierung/Änderung Weisungen hinsichtlich<br />
Gefahrenquellen<br />
– Ggf. Abschluss Gruppenunfallversicherung<br />
– Freiwillige Maßnahmen/Angebote<br />
Gesundheitsvorsorge<br />
– Weisung hinsichtlich einzuhaltender Arbeitszeiten<br />
– Ggf. Einführung neues Arbeitszeiterfassungssystem<br />
– Information und Schulung über Datenschutz<br />
Rahmenbedingungen für Überwachung,<br />
Einbeziehung und Schulung von Mitarbeitern?<br />
Zusammenarbeit mit weiteren Experten,<br />
Berufsgenossenschaften, sonstigen Stellen für<br />
Arbeitsschutz, frühzeitige Einbindung Betriebsrat<br />
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22<br />
Mobiles Arbeiten – Best Practice (2) Wichtige Vertragsinhalte<br />
Vereinbarung über Umfang von<br />
mobiler Arbeit und Zeiten der<br />
Erreichbarkeit (Vorbehalt<br />
anderweitiger Weisung bzgl.<br />
Arbeitsplatz und Arbeitszeit)<br />
Widerrufsrecht vorbehalten bzgl.<br />
Einverständnis zu mobiler Arbeit<br />
Sicherheitsvorkehrungen treffen /<br />
Bewusstsein schärfen:<br />
– Geheimhaltung vertraulicher<br />
Informationen<br />
– Einhaltung und Dokumentation<br />
der Arbeitszeit<br />
– Datenschutz<br />
– (Arbeits-) Sicherheit des<br />
Arbeitsplatzes<br />
Ordnungsgemäße Beschaffenheit /<br />
Geeignetheit mobiler Arbeitsplatz<br />
sicherstellen<br />
Vertragsklauseln zur Erstattung<br />
von Aufwendungen, die ggf. eine<br />
Erstattung auch vollständig<br />
ausschließen können/ Festlegung<br />
einer pauschale Summe<br />
Zutrittsrecht Arbeitgeber für<br />
Privatwohnung vereinbaren /<br />
entsprechender Vorbehalt<br />
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06/10/2021<br />
Mobiles Arbeiten – Arbeitsschutz<br />
Ermittlung Gefährdungspotential (auch nach<br />
Häufigkeit Nutzung und Tätigkeit)<br />
§ 5 ArbSchG<br />
Psychischer<br />
Besuch?<br />
Fragebogen? Videoanruf? Regelmäßiges Fragen nach Änderungen<br />
Feststellung von Gefahren am konkreten Arbeitsplatz, auch psychischer Art<br />
(ggf. auch bezüglich privater Geräte, wenn Nutzung gestattet)<br />
Ergreifen Schutzmaßnahmen<br />
§ 3 ArbSchG<br />
Sicherheitsunterweisung<br />
§ 12 ArbSchG<br />
Dokumentationspflicht<br />
§ 6 ArbSchG<br />
ArbSchG zzgl. u.a. Vorschriften Berufsgenossenschaften, Bildschirmgeräte (str.); bei Telearbeit zudem ArbStättV<br />
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24<br />
Mobiles Arbeiten – Ausland<br />
Anwendbares Recht<br />
– Vorrangig können Arbeitsvertragsparteien das anwendbare<br />
Recht bestimmen, Art. 8 Abs. 1 ROM I-VO (aber: zwingende<br />
arbeitnehmerschützende Vorschriften dürfen nicht<br />
ausgeschlossen werden)<br />
– Falls Vereinbarung fehlt:<br />
– Wird der Mitarbeiter aus dem Ausland tätig, richtet sich das<br />
anwendbare Recht nach dem gewöhnlich Arbeitsort (d.h. Ort,<br />
wo der Mitarbeiter üblicherweise und im Wesentlichen seine<br />
Arbeitsleistung erbringt, Art. 8 Abs. 2 Rom I-VO)<br />
– Bei nur vorübergehenden Ortsänderungen wird sich<br />
das anwendbare Recht grundsätzlich nicht ändern, sodass<br />
deutsches Recht anwendbar bleibt (z.B. Urlaub)<br />
à Begrenzen Umfang mobiles Arbeiten im Ausland, um<br />
anwendbares Recht beizubehalten<br />
Sozialversicherung / Arbeitsschutz<br />
– Tätigkeitsortsprinzip: Anwendbares Sozialversicherungsrecht<br />
richtet sich nach dem konkreten Leistungsort<br />
– Soweit Mitarbeiter dem deutschen Sozialversicherungsschutz<br />
unterliegt, gilt für ihn der gleiche Unfallversicherungsschutz,<br />
vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. f) VO (EG) 883/2004 (Voraussetzung ist<br />
Vorliegen eines Arbeitsunfalls – hier Neuregelung aus<br />
Betriebsrätemodernisierungsgesetz: Gleichlauf<br />
Versicherungsschutz Betrieb / Haushalt)<br />
– DGUV rät zur Einhaltung von deutschen und ausländischen<br />
Vorschriften zum Arbeitsschutz (hierzu gehört auch die<br />
Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften); bei<br />
Kollisionen sollte das strengere Recht beachtet werden<br />
– Auch bei Tätigkeit im Urlaub; ggf. A1-Bescheinigung beantragen<br />
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25<br />
25<br />
13
06/10/2021<br />
Fragen?<br />
Dr. Vera Luickhardt<br />
Senior Associate<br />
Tel: +49 211 2806 7116<br />
Mobile: +49 172 329 9624<br />
E-Mail: vera.luickhardt@allenovery.com<br />
Allen & Overy (Deutschland) LLP<br />
Dreischeibenhaus 1, 40211 Düsseldorf | Tel +49 211 2806 7000 | Fax +49 211 2806 7800<br />
Bockenheimer Landstraße 2, 60306 Frankfurt am Main | Tel +49 69 2648 5000 | Fax +49 69 2648 5800<br />
Kehrwieder 12, 20457 Hamburg | Tel +49 40 82 221 20 | Fax +49 40 82 221 2200<br />
Maximilianstraße 35, 80539 München | Tel +49 89 71043 3000 | Fax +49 89 71043 3800<br />
allenovery.de<br />
Allen & Overy bezieht sich auf Allen & Overy LLP bzw. ihre verbundenen Unternehmen. Die Allen & Overy LLP ist eine in England und Wales unter der Nummer<br />
OC306763 eingetragene Limited Liability Partnership englischen Rechts. Die Allen & Overy LLP ist von der Solicitors Regulation Authority of England and Wales<br />
zugelassen und untersteht deren Aufsicht.<br />
Jeder Hinweis auf Partner bezieht sich auf die Gesellschafter der Allen & Overy LLP bzw. Mitarbeiter oder Berater der Allen & Overy LLP, deren Status und Qualifikationen<br />
denen eines Gesellschafters entsprechen, oder eine Person mit einem gleichwertigen Status in einem verbundenen Unternehmen der Allen & Overy LLP. Eine Liste der<br />
Gesellschafter der Allen & Overy LLP sowie der als Partner bezeichneten Personen, die nicht Gesellschafter sind, kann am Sitz der Gesellschaft, One Bishops Square,<br />
London, E1 6AD, oder in jedem deutschen Büro eingesehen werden.<br />
Allen & Overy ist eine internationale Anwaltsgesellschaft mit rund 5.600 Mitarbeitern, darunter etwa 580 Partner, an über 40 Standorten weltweit. Eine aktuelle Liste aller<br />
Standorte von Allen & Overy finden Sie unter allenovery.com/locations.<br />
© Allen & Overy LLP 2021. Dieses Dokument enthält lediglich allgemeine Hinweise und stellt keine Beratung dar.<br />
© Allen & Overy LLP | Digitalisierung und Mobiles Arbeiten, was geht noch nach Corona?<br />
26<br />
26<br />
0098354-0000263 PERS_KH-LUICKHAV EUO4: EUP1: 2001958887: 2009196907: 3 1<br />
14
LUST AUF<br />
KARRIERE?<br />
Fortbildungsmöglichkeiten<br />
für<br />
internes Personal<br />
www.ig-zeitarbeit.de/bildung/seminare
Prof. Dr.<br />
Martin Franzen<br />
Der Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer<br />
nach Art. 5 Abs. 3<br />
RL 2008/104/EG – Überlegungen<br />
zum Vorlagebeschluss des BAG<br />
vom 16.12.2020<br />
Inhaber des Lehrstuhls für<br />
deutsches, europäisches,<br />
internationales Arbeitsrecht<br />
und Bürgerliches Recht an der<br />
Ludwig-Maximillians-Universität<br />
München<br />
1983 – 1988<br />
Studium der Rechtswissenschaft, Politischen Wissenschaft,<br />
Geschichte und Volkswirtschaftslehre in Heidelberg<br />
und Berlin<br />
1988 und 1991<br />
1. und 2. Juristisches Staatsexamen in Berlin<br />
1991 – 1999<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Rechtswissenschaft<br />
der Freien Universität Berlin<br />
1993<br />
Promotion am Fachbereich Rechtswissenschaft der<br />
Freien Universität Berlin zum Thema „Der Betriebsinhaberwechsel<br />
nach § 613a BGB im internationalen<br />
Arbeitsrecht“<br />
1999<br />
Habilitation ebenfalls an der Freien Universität Berlin<br />
mit der Schrift „Privatrechtsangleichung durch die Europäische<br />
Gemeinschaft“. Venia legendi für die Fächer<br />
Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Europarecht und Internationales<br />
Privatrecht<br />
1999 – 2004<br />
Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht<br />
an der Universität Konstanz<br />
Seit 2004<br />
Inhaber des Lehrstuhls für deutsches, europäisches,<br />
internationales Arbeitsrecht und Bürgerliches Recht an<br />
der Universität München<br />
» zurück zum Programm
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Der Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer nach Art. 5 Abs. 3<br />
RL 2008/104/EG – Überlegungen zum Vorlagebeschluss des<br />
BAG 16. 12. 2020 – 5 AZR 143/19 (A)<br />
Vortrag auf dem <strong>9.</strong> <strong>Potsdamer</strong> <strong>Rechtsforum</strong> zur Zeitarbeit<br />
am Mittwoch, 6. 10. 2021<br />
Professor Dr. Martin Franzen<br />
Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München<br />
Lehrstuhl für deutsches, europäisches, internationales Arbeitsrecht<br />
und Bürgerliches Recht<br />
1<br />
Überblick über den Inhalt des Vortrags<br />
I. Überblick über die rechtlichen Grundlagen<br />
II. Sachverhalt des BAG-Vorlagebeschlusses vom 16. 12. 2020<br />
III. Vorlagefragen des BAG<br />
IV. Wie wird der EuGH die Vorlagefragen beantworten?<br />
V. Folgen möglicher Antworten des EuGH für das innerstaatliche Recht<br />
2<br />
Folie 2<br />
1
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Überblick<br />
I. Überblick über die rechtlichen Grundlagen<br />
- Art. 5 Abs. 1 RL 2008/104/EG: Gleichbehandlungsgrundsatz<br />
- Art. 5 Abs. 2 bis 4 RL 2008/104/EG: Ausnahmen von diesem<br />
Grundsatz<br />
- Art. 5 Abs. 3 RL 2008/104/EG: Abweichung durch Tarifvertrag<br />
unter „Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern“.<br />
3<br />
Folie 3<br />
Überblick über die rechtlichen Grundlagen<br />
Umsetzung in Deutschland:<br />
- § 8 Abs. 1 AÜG: Gleichbehandlungsgrundsatz<br />
- § 8 Abs. 2 AÜG: Tarifvertrag kann abweichen und muss dabei<br />
die für die Leiharbeitsbranche geltenden Mindeststundenentgelte<br />
beachten.<br />
- § 8 Abs. 4 S. 1 AÜG: Tarifvertrag kann hinsichtlich des<br />
Arbeitsentgelts vom Gleichbehandlungsgrundsatz für die ersten<br />
neun Monate der Überlassung abweichen.<br />
4<br />
Folie 4<br />
2
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Überblick über die rechtlichen Grundlagen<br />
- § 8 Abs. 4 S. 2 AÜG: längere Abweichung bis maximal 15<br />
Monaten zulässig, wenn das Arbeitsentgelt nach 15 Monaten<br />
Überlassung von den Tarifvertragsparteien als gleichwertig mit<br />
den Arbeitsentgelten der Einsatzbranche festgelegt ist und nach<br />
einer Einarbeitungszeit von maximal sechs Wochen das<br />
Arbeitsentgelt der Leiharbeitnehmer stufenweise an dieses als<br />
gleichwertig angesehene Arbeitsentgelt herangeführt wird.<br />
5<br />
Folie 5<br />
6<br />
BAG-Vorlagebeschlusses vom 16. 12. 2020<br />
II. Sachverhalt des BAG-Vorlagebeschlusses vom 16. 12. 2020<br />
Klägerin, Mitglied von ver.di, war aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrags<br />
bei der Beklagten, einem Unternehmen, das gewerblich<br />
Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt. Sie war einem Unternehmen<br />
des Einzelhandels für dessen Auslieferungslager als Kommissioniererin<br />
überlassen und erhielt für die streitgegenständlichen Monate Januar bis April<br />
2017 einen Stundenlohn von 9,23 € brutto. Für diesen Zeitraum betrug der<br />
gesetzliche Mindestlohn nach dem MiLoG aufgrund einer entsprechenden<br />
Rechtsverordnung der Bundesregierung 8,84 €. Beklagte gehört dem<br />
Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ e. V.) an.<br />
Vorinstanzen (ArbG Würzburg 8. 5. 2018 – 2 Ca 1248/17 – BeckRS 2018,<br />
55930 und LAG Nürnberg 7. 3. 2019 – 5 Sa 230/18): Klageabweisung.<br />
Folie 6<br />
3
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
BAG-Vorlagebeschluss vom 16. 12. 2020<br />
7<br />
Vorlagebeschluss des BAG (16. 12. 2020 – 5 AZR 143/19<br />
(A) Rn. 17 ff. – NZA 2021, 800) zum EuGH:<br />
Klage sei allein nach nationalem Recht unbegründet. Falls aber<br />
die nationale Regelung der Abweichung vom<br />
Gleichstellungsgrundsatz durch Tarifvertrag mit Unionsrecht<br />
nicht vereinbar sei, könnte der Klägerin nach Auffassung des<br />
BAG eine weitere Vergütung unter dem Gesichtspunkt des „equal<br />
pay“ zustehen und die Klage zumindest teilweise begründet sein.<br />
Folie 7<br />
BAG-Vorlagebeschluss vom 16. 12. 2020<br />
III. Vorlagefragen des BAG<br />
1. Wie wird der Begriff „Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern“<br />
im Sinne von Art. 5 Abs. 3 RL 2008/104/EG definiert?<br />
Insbesondere: Geht dieser Begriff über den durch<br />
Unionsrecht und nationales Recht festgelegten zwingenden<br />
Schutz für alle Arbeitnehmer hinaus?<br />
8<br />
Folie 8<br />
4
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Vorlagefragen<br />
9<br />
2. Unter welchen Voraussetzungen achtet ein Tarifvertrag, der<br />
vom Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 5 Abs. 1 RL<br />
2008/104/EG nach Art. 5 Abs. 3 RL 2008/104/EG abweicht,<br />
den „Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern“?<br />
a) Wird die hierbei vorzunehmende Bewertung von Arbeitsbedingungen<br />
auf den abweichenden Tarifvertrag beschränkt oder muss dieser mit den<br />
beim Entleiher geltenden Arbeitsbedingungen verglichen werden?<br />
b) Setzt die Abweichung nach Art. 5 Abs. 3 RL 2008/104/EG ein<br />
unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und<br />
Leiharbeitnehmer voraus?<br />
Folie 9<br />
Vorlagefragen<br />
3. Muss der innerstaatliche Gesetzgeber die Bedingungen für die<br />
Abweichung vom Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 5<br />
Abs. 1 RL 2008/104/EG festlegen?<br />
10<br />
4. Falls Frage 3 bejaht wird:<br />
Ist die Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern<br />
nach Art. 5 Abs. 3 RL 2008/104/EG durch die aktuell geltende<br />
Fassung des AÜG bzw. durch die bis zum 31. 3. 2017 geltende<br />
Fassung des AÜG gewahrt?<br />
Folie 10<br />
5
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Vorlagefragen<br />
5. Falls Frage 3 verneint wird:<br />
Dürfen die innerstaatlichen Gerichte vom Grundsatz<br />
der Gleichbehandlung nach Art. 5 Abs. 3 RL<br />
2008/104/EG abweichende Tarifverträge daraufhin<br />
überprüfen, ob diese den Gesamtschutz von<br />
Leiharbeitnehmern beachten?<br />
11<br />
Folie 11<br />
Mögliche Antworten des EuGH<br />
IV. Wie wird der EuGH die Vorlagefragen beantworten?<br />
1. Auslegung des Begriffs „Achtung des Gesamtschutzes von<br />
Leiharbeitnehmern“<br />
a) Verbindlicher Rechtsbegriff oder unverbindlicher Programmsatz?<br />
12<br />
Folie 12<br />
6
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
13<br />
b) Inhalt<br />
aa) Wortlaut<br />
Auslegung des Begriffs „Gesamtschutz“<br />
Andere Sprachfassungen der Richtlinie:<br />
- Englisch: “while respecting the overall protection of temporary<br />
agency workers”<br />
- Französisch: „tout en garantissant la protection globale des<br />
travailleurs intérimaires“.<br />
Folie 13<br />
Auslegung des Begriffs „Gesamtschutz“<br />
14<br />
bb) Systematik<br />
- Erwägungsgrund 16 RL 2008/104/EG: „Gesamtschutzniveau“,<br />
„overall level of protection“, „le niveau global de protection“.<br />
- Art. 5 Abs. 4 RL 2008/104/EG für Mitgliedstaaten ohne System<br />
allgemeinverbindlicher Tarifverträge: „angemessenes<br />
Schutzniveau der Leiharbeitnehmer“, „adequate level of<br />
protection“, „un niveau suffisant de protection“.<br />
- Erwägungsgrund 18 RL 2008/104/EG (auf Art. 4 RL<br />
2008/104/EG bezogen): „Mindestschutz“, „minimum protection“,<br />
„socle de protection“.<br />
Folie 14<br />
7
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Auslegung des Begriffs „Gesamtschutz“<br />
15<br />
Richtlinie 91/383/EWG zur Ergänzung der Maßnahmen zur<br />
Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von<br />
Arbeitnehmern mit befristetem Arbeitsvertrag oder<br />
Leiharbeitsverhältnis<br />
- Art. 2 Abs. 2 RL 91/383/EWG: Grundsatz der Gleichbehandlung<br />
mit Arbeitnehmern des Einsatzbetriebs gilt bezüglich Sicherheit<br />
und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und Inanspruchnahme<br />
individueller Schutzeinrichtungen<br />
- In Deutschland: § 11 Abs. 6 AÜG, § 12 Abs. 2 ArbSchG.<br />
Folie 15<br />
Auslegung des Begriffs „Gesamtschutz“<br />
cc) Entstehungsgeschichte der Richtlinie 2008/104/EG<br />
Vorschlag der EU-Kommission 2002:<br />
„Die Mitgliedstaaten können den Sozialpartnern auf der<br />
geeigneten Ebene die Möglichkeit geben, Tarifverträge zu<br />
schließen, die von dem in Absatz 1 formulierten Grundsatz<br />
abweichen, sofern ein angemessenes Schutzniveau für die<br />
Leiharbeitnehmer gewährleistet ist.“<br />
16<br />
Folie 16<br />
8
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Auslegung des Begriffs „Gesamtschutz“<br />
17<br />
Europäisches Parlament: Streichung der Maßgabe des<br />
„angemessenen Schutzniveaus“ aus Gründen der Rechtssicherheit<br />
für die Tarifvertragsparteien, weil damit eine „Aufhebung des<br />
Tarifvertrags durch den EuGH aufgrund unzureichenden Schutzes<br />
gefordert werden“ könnte.<br />
=> Unterscheidung der Abweichungsmöglichkeiten in Art. 5 Abs. 3<br />
und Abs. 4 RL 2008/104/EG: In Art. 5 Abs. 4 RL 2008/104/EG<br />
schreibt die Richtlinie ein „angemessenes Schutzniveau“ und<br />
damit eine strengere Kontrolle vor, als in dem hier einschlägigen<br />
Art. 5 Abs. 3 RL 2008/104/EG.<br />
Folie 17<br />
Auslegung des Begriffs „Gesamtschutz“<br />
18<br />
dd) Zweck der Richtlinie 2008/104/EG<br />
Art. 2 RL 2008/104/EG:<br />
Schutz der Leiharbeitnehmer durch die Einhaltung<br />
des Grundsatzes der Gleichbehandlung nach<br />
Maßgabe von Art. 5 RL 2008/104/EG und die<br />
Anerkennung der Leiharbeitsunternehmen als<br />
Arbeitgeber.<br />
Folie 18<br />
9
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Auslegung des Begriffs „Gesamtschutz“<br />
19<br />
- Erwägungsgrund 16: Anerkennung der Vielfalt der Arbeitsmärkte<br />
und Arbeitsbeziehungen.<br />
- Art. 5 Abs. 2 RL 2008/104/EG: Abweichung vom<br />
Gleichbehandlungsgrundsatz bei unbefristetem Arbeitsvertrag<br />
zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher zulässig, sofern die<br />
Leiharbeitnehmer auch in den verleihfreien Zeiten bezahlt<br />
werden.<br />
- Art. 5 Abs. 5 RL 2008/104/EG: Vermeidung von Missbrauch<br />
Folie 19<br />
Auslegung des Begriffs „Gesamtschutz“<br />
c) Insbesondere:<br />
Muss der abweichende Tarifvertrag mehr gewähren als<br />
das durch Unionsrecht und Recht der<br />
Mitgliedstaaten vorgegebene für alle Arbeitnehmer<br />
geltende Schutzniveau?<br />
- Besonderer Schutz der Leiharbeitnehmer wegen „Aufspaltung<br />
der Arbeitgeberstellung“ bei der Leiharbeit erforderlich?<br />
20<br />
Folie 20<br />
10
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Auslegung des Begriffs „Gesamtschutz“<br />
d) Fazit<br />
„Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern“ in Art. 5<br />
Abs. 3 RL 2008/104/EG reicht nicht so weit wie<br />
der „angemessene Schutz“ der Leiharbeitnehmer<br />
in Art. 5 Abs. 4 RL 2008/104/EG.<br />
21<br />
Folie 21<br />
Vorlagefrage 2<br />
2. Voraussetzungen für den Gesamtschutz<br />
a) Abstrakt oder relativ?<br />
b) Anwendbar nur bei unbefristetem Arbeitsverhältnis?<br />
Argument: Art. 5 Abs. 2 RL 2008/104/EG<br />
22<br />
Folie 22<br />
11
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Vorlagefrage 3<br />
23<br />
3. Festlegung der Bedingungen des „Gesamtschutzes der<br />
Leiharbeitnehmer“ durch den innerstaatlichen Gesetzgeber,<br />
insbesondere in einer Rechtsordnung, welche eine sogenannte<br />
Richtigkeitsgewähr von Tarifverträgen vorsieht?<br />
- Art. 5 Abs. 3 RL 2008/104/EG: Abweichung vom<br />
Gleichbehandlungsgrundsatz durch Tarifvertrag „nach Maßgabe der<br />
von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen“.<br />
- Bezieht sich diese Wendung auch auf den Gesamtschutz der<br />
Leiharbeitnehmer?<br />
- materiell-rechtliches oder prozedurales Verständnis?<br />
- BAG 16.12.2020: „Richtigkeitsgewähr des Tarifvertrags“<br />
Folie 23<br />
Vorlagefrage 3<br />
Mögliche Antwort des EuGH:<br />
Mitgliedstaat als solcher müsse „Achtung des<br />
Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern“ sicherstellen;<br />
welche Staatsfunktion des Mitgliedstaats – Legislative<br />
oder Judikative - dies tun müsse, werde<br />
unionsrechtlich nicht vorgegeben.<br />
24<br />
Folie 24<br />
12
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Vorlagefrage 4<br />
4. Entsprechen die geltende Fassung bzw. die<br />
frühere Fassung des AÜG diesen<br />
Anforderungen?<br />
25<br />
Folie 25<br />
Vorlagefrage 5<br />
5. Darf die innerstaatliche Rechtsprechung die abweichenden<br />
Tarifverträge daraufhin kontrollieren, ob sie den Gesamtschutz<br />
wahren?<br />
- Nur für den Fall, dass EuGH Frage 3 verneint, der innerstaatliche<br />
Gesetzgeber die Bedingungen für den Gesamtschutz also nicht<br />
festlegen muss.<br />
- Akzeptiert der EuGH Gestaltungsspielräume für die<br />
Tarifvertragsparteien?<br />
- Kompetenzrechtlich: Art. 153 Abs. 5 AEUV: Keine sozialpolitische<br />
Zuständigkeit der EU für das „Arbeitsentgelt“.<br />
26<br />
Folie 26<br />
13
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Zwischenergebnis<br />
27<br />
Meine Antworten auf die Vorlagefragen – nicht diejenigen<br />
des EuGH!<br />
1. Der Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer beurteilt sich nach Maßgabe<br />
aller Regelungen des Unionsrechts und des innerstaatlichen Rechts,<br />
welche auf Leiharbeitnehmer anwendbar sind.<br />
2. Die Voraussetzungen des Gesamtschutzes der Leiharbeitnehmer nach<br />
Art. 5 Abs. 3 RL 2008/104/EG sind abstrakt zu bestimmen, also ohne<br />
Vergleich mit den beim Entleiher geltenden Regelungen.<br />
Art. 5 Abs. 3 RL 2008/104/EG setzt kein unbefristetes Arbeitsverhältnis<br />
zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer voraus.<br />
Folie 27<br />
Meine Antworten auf die Vorlagefragen<br />
28<br />
3. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Voraussetzungen des<br />
Gesamtschutzes der Leiharbeitnehmer geachtet werden. Auf welcher Ebene<br />
– Gesetzgebung, Judikative - dies vorgenommen wird, gibt das Unionsrecht<br />
nicht vor.<br />
4. Das AÜG in seiner früheren und in seiner geltenden Fassung wahrt diesen<br />
Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer.<br />
5. Die Tarifvertragsparteien haben im Hinblick auf die Beurteilung des<br />
Gesamtschutzes der Leiharbeitnehmer eine weite Einschätzungsprärogative.<br />
Wegen der in § 8 AÜG aufgestellten, mit der Richtlinie 2008/104/EG<br />
vereinbaren gesetzlichen Vorgaben bedarf es keiner gerichtlichen Kontrolle<br />
dieses Beurteilungsspielraums.<br />
Folie 28<br />
14
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Folgen<br />
V. Folgen möglicher Antworten des EuGH für das<br />
innerstaatliche Recht<br />
1. EuGH bejaht Frage 3 und verneint Frage 4<br />
a) Keine Unanwendbarkeit von § 8 Abs. 2 – 4 AÜG<br />
- Anwendungsvorrang des Unionsrechts reicht nur so weit<br />
wie die jeweilige unionsrechtliche Regelung wirkt, gegen<br />
die das innerstaatliche Recht verstößt.<br />
29<br />
Folie 29<br />
EuGH bejaht Frage 3 und verneint Frage 4<br />
- EU-Richtlinien wie die Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG wenden sich<br />
nach Art. 288 Abs. 3 AEUV grundsätzlich nur an die Mitgliedstaaten.<br />
- EuGH 3. 6. 2021 – C-726/19 Rn. 80 – IMIDRA/JN : „Eine Bestimmung<br />
des Unionsrechts, die keine unmittelbare Wirkung hat, kann aber nicht<br />
als solche im Rahmen eines dem Unionsrecht unterliegenden<br />
Rechtsstreits geltend gemacht werden, um die Anwendung einer ihr<br />
entgegengesetzten Bestimmung des nationalen Rechts auszuschließen“.<br />
- Verstoß gegen unmittelbar wirkende EU-Rechtsnorm – etwa Art. 31<br />
Abs. 1 GRC – nicht ersichtlich.<br />
30<br />
Folie 30<br />
15
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
EuGH bejaht Frage 3 und verneint Frage 4<br />
31<br />
b) Erfordernis richtlinienkonformer Auslegung des § 8 AÜG?<br />
EuGH: Gerichte müssen „unter Berücksichtigung des gesamten<br />
innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten<br />
Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um<br />
die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu<br />
einem Ergebnis gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten<br />
Ziel in Einklang steht“.<br />
- Grenzen: allgemeine Rechtsgrundsätze des innerstaatlichen<br />
Rechts<br />
- Keine Auslegung contra legem!<br />
Folie 31<br />
Mögliche Antworten des EuGH<br />
32<br />
2. EuGH verneint Frage 3 und gewährt den Arbeitsgerichten in<br />
Frage 5 Kontrollbefugnisse bezüglich der<br />
Leiharbeitstarifverträge im Hinblick auf die Achtung des<br />
Gesamtschutzes der Leiharbeitnehmer<br />
- Verwerfungskompetenz der Arbeitsgerichtsbarkeit im Hinblick<br />
auf die Tarifverträge der Leiharbeit?<br />
- Vergleich mit BAG-Rechtsprechung zu § 14 Abs. 2 S. 3<br />
TzBfG<br />
Folie 32<br />
16
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Fazit<br />
33<br />
Hält EuGH die deutsche Rechtslage für richtlinienwidrig, führt dies nicht<br />
automatisch zum Gleichbehandlungsgrundsatz des § 8 Abs. 1 AÜG. Der<br />
Anwendungsvorrang des Unionsrechts gilt nur für unmittelbar anwendbare<br />
unionsrechtliche Vorschriften, wozu EU-Richtlinien grundsätzlich nicht<br />
gehören.<br />
Für die derzeitige Struktur der Arbeitnehmerüberlassung am<br />
problematischsten wäre es, wenn der EuGH den deutschen<br />
Arbeitsgerichten die Aufgabe zuweisen würde, die für Leiharbeitnehmer<br />
geltenden Tarifverträge auf die „Achtung des Gesamtschutzes“ hin zu<br />
überprüfen.<br />
Folie 33<br />
Fazit<br />
Eine solche Verwerfungskompetenz könnte allerdings<br />
mit dem aus Art. 9 Abs. 3 GG hergeleiteten „Verbot der<br />
Tarifzensur“ in Konflikt geraten. Dies wiederum würde<br />
die Frage aufwerfen, welche grundrechtliche<br />
Rechtsquelle überhaupt anwendbar wäre – diejenige des<br />
Grundgesetzes oder der Europäischen Grundrechte-<br />
Charta.<br />
34<br />
Folie 34<br />
17
Prozessmanagement mit Visio 2010 06.10.21<br />
Fazit<br />
35<br />
Nach der Rechtsprechung des BVerfG bilden bei<br />
„unionsrechtlich vollständig determiniertem Recht“ nicht die<br />
Grundrechte des Grundgesetzes, sondern diejenige der<br />
Europäischen Grundrechte-Charta den Überprüfungsmaßstab.<br />
Wegen des erheblichen Spielraums der Mitgliedstaaten bei der<br />
Umsetzung von Art. 5 RL 2008/104/EG erscheint es allerdings<br />
zweifelhaft, ob es sich bei § 8 AÜG insoweit um<br />
„unionsrechtlich vollständig determiniertes Recht“ im Sinne<br />
der Rechtsprechung des BVerfG handelt.<br />
Folie 35<br />
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