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14 KULTUR JOKER kunst

Cohiba und Rugrats

Die Pop-Art-Maler Mel Ramos und Erró in der Kunsthalle Messmer in Riegel

In der Kunsthalle Messmer

wird bis November der amerikanische

Künstler Mel Ramos

gezeigt, der 2018 hochbetagt

verstorben ist, zusammen

mit dem aus Island gebürtigen,

heute 89-jährigen Erró

Erró: „Mick“,

2020 © the artist

courtesy Galerie

Ernst Hilger, Vienna

Mel Ramos: „Hav A Havana 2“, 1998

© the estate of Mel Ramos courtesy Galerie Ernst Hilger, Vienna

(GuǒmundurGuǒmundson).

Beide zählen zu den bekannten

Pop-Art Künstlern der ersten

Generation, deren Werke immer

wieder heftige Diskussionen

hervorgerufen haben. Bei

der Eröffnung in Riegel ging es

ruhig zu: keine feministischen

Proteste, wie noch 2013 anlässlich

einer Ausstellung in Leipzig,

als Mel Ramos lautstark

Sexismus vorgeworfen wurde.

Am Kaiserstuhl äußerten Besucher

lediglich Irritationen

über „so viele Nackte“. Rund

100 Werke werden dort gezeigt.

Es sind Leihgaben der Galerien

Geuer aus Düsseldorf und Hilger

aus Wien und so verwundert

es nicht, dass einige der

gezeigten Werke rote Punkte

tragen. Die Kunst darf gekauft

werden. Was in Museumsausstellungen

nicht geht, lässt sich

in der Kunsthalle Messmer machen.

Mel Ramos und Erró verbinden

in ihren Werken Trivialkultur

mit Hochkultur und

eine weitere Gemeinsamkeit,

beide sind bei aller Offenheit

für künstlerische Techniken,

treue Anhänger der guten alten

Öl- oder Acrylmalerei auf

Leinwand. Die Motive des aus

Sacramento stammenden Kaliforniers

Mel Ramos sind überwiegend

nackte Frauen, künstliche

60er Jahre Schönheiten,

die als Objekte der Begierde nie

alleine sind. Immer befinden sie

sich in der Gesellschaft von-

Konsumartikeln. Gemäß dem

aus der Werbung stammenden

Motto „Sex sells“,blieb der

Künstler, wie auch sein Publikum,

ein Malerleben lang fasziniert

von den immer gleichen

Bildmotiven. Berühmt wurde

Mel Ramos schon zu Beginn

seiner Laufbahn mit den Pinup

Ladies, die sich auf Zigarren

räkeln, aus Schokoriegeln emporsteigen

und sich an Flaschen

schmiegen. Auch in enger Verbindung

mit großen Tieren sind

sie zu sehen. Mel Ramos technisches

Spektrum reicht von

lebensgroßen Plastikobjekten,

Ölgemälden, Druckgrafiken,

bis hin zu Lichtkästen und Collagen.

Zwei Raritäten erwarten

die Besucher am Ausstellungsende:

eine zarte Bleistiftzeichnung

und ein unfertiges Aquarell.

Nach all der kühlen Glätte

der perfekten Oberflächen,

zeugen diese beiden von wahrer

Meisterschaft.

Erró, der nach vielen Jahren

in Paris, heute wieder in sein

Geburtsland Island zurückgekehrt

ist, bespielt zwei Räume

in der Ausstellung mit knapp

dreißig Werken. Fast alle sind

überraschend kleinformatig

und zeigen Errós besondere

Auffassung der Pop-Art. Seine

Faszination gilt weniger

weiblicher Nacktheit, sondern

Comiczeichnungen und der

klassischen Bildenden Kunst.

Im comicaffinen Frankreich

wurde und wird er sehr für seine

Kunst bewundert und erhielt

2010 den französischen Verdienstorden

der Ehrenlegion. Er

kopiert Werke der großen Malerkollegen

Fernand Léger und

Pablo Picasso und kombiniert

die Ausschnitte mit Figuren aus

Comicheftchen. So sieht man

Légers Bauarbeiter auf einem

Gerüst, damit beschäftigt ein

Gebäude zu errichten, während

eine Gruppe kindlicher Comic-

Helden sich im wilden Chaos

ihres Kinderzimmers aalen.

Nach dem frechen Rotschopf in

der Bildmitte, der sich mit Mamas

Lippenstift ein Zick-Zack-

Muster auf die Backen malt, ist

Mel Ramos: „Peek A Boo Marilyn 2“, 2002

© the estate of Mel Ramos courtesy Galerie Ernst Hilger, Vienna

das im letzten Jahr entstandene

Bild betitelt: „The Red Head“.

Wer in den 90er Jahren Comics

gelesen hat, kennt die Rasselbande,

es sind die Rugrats, die

Teppichratten. Auch andere Comic-Figuren

kann man benennen,

genauso wie die verwendeten

Gemälde der klassischen

Moderne sich identifizieren

lassen. Eine gewisse Kennerschaft

und Rätselfreude gehört

dazu. Erró verbindet in seinen

Bildern beide Welten. Häufig

spiegelt sich das in seiner bevorzugten

Technik, der Collage.

Das Zusammenkleben von

Teilen, die nicht zusammengehören,

schafft Neues. Verblüffende

Kombinationen mit Witz

und Hintersinn entstehen.

Die Pop-Art ist 60 Jahre alt,

es lebe die Pop-Art!

„Mel Ramos & Erró: Legenden

der Pop Art“, Kunsthalle

Messmer, Riegel a.K. Bis

28.11.2021.

Christiane Grathwohl

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