flip-Joker_2021-10
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20 KULTUR JOKER interview
Kultur Joker: Welche Begegnungen
neben den Workshops
sind zwischen Publikum und den
Künstler*innen gegeben?
Yasmin Ulrich: Wir wollen
immer die Möglichkeit geben,
dass sich das Publikum
nach der Veranstaltung mit den
Künstler*innen austauschen
kann.
Jérémy Goltzéné: Wir bieten
für Künstler*innen auch Residenzen
an, also die Möglichkeit,
vor Ort an einer Vorführung zu
arbeiten. Manche Proben können
als öffentliche Proben vom
Publikum auch besucht werden.
Der Choreograf Daniel Rakovsky
zum Beispiel kommt im Dezember
zu uns und entwickelt
mit Claire Pastier sein neues
Projekt „Pas de deux“, das am
18. Februar zu sehen sein wird.
Das Publikum kann bei der Entstehung
des Projekts dabei sein.
Eines unserer größeren Projekte
heißt „Kultur und Solidarität“.
Über dieses Projekt veranstalten
Künstler*innen in französischen
Altersheimen Konzerte und
zeichnen im Anschluss die Reaktionen
des Publikums auf. Das
Elektro-Duo French fuse wird
diese Aufnahmen beim letzten
Konzert unserer Saison verwenden
und daraus ein Musikset entwickeln.
Yasmin Ulrich: Das wird ein
Mash-up aus älteren bekannten
Songs, diesen Aufnahmen und
Eigenkompositionen. Benjamin
und Jerry sind echte Profis, was
das Mixen angeht.
Kultur Joker: Einen Schwerpunkt
bildet Ihr Programm zur
kulturellen Bildung. Wie ist das
aufgebaut?
Jérémy Goltzéné: Unser Programm
„Künstlerische und kulturelle
Bildung“ fußt auf drei
Säulen: Die Begegnung zwischen
Künstler*in, Stück und
Publikum, die praktische Umsetzung
durch das Publikum und
das Entwickeln von Fähigkeiten
währenddessen. Das Programm
entwickeln wir für Kinder an
Schulen, aber auch innerhalb
unserer Workshops. Die Kompanie
Kiaï, die im April bei uns ihre
Zirkusshow „Ring“ veranstaltet,
bietet zum Beispiel Workshops
an, bei denen man lernen kann,
wie man akrobatisch auf dem
Trampolin springt.
Kultur Joker: Spiegelt sich die
Publikumsnähe von Art’Rhena
auch in der Architektur des Gebäudes
wider?
Yasmin Ulrich: Die Bühne unseres
Veranstaltungssaals schließt
ebenerdig zum Publikumsraum.
Es wird kein Unterschied zwischen
den Künstler*innen und
dem Publikum gemacht. Je
nach Typ der Aufführung kann
das Publikum einen Kreis um
die Künstler*innen bilden, aber
auch auf hinzugefügten Rängen
vor der Bühne sitzen. In
jedem Stockwerk befinden sich
darüber hinaus Vorräume. Vor
Eröffnen Ende Oktober die Saison: Die Kompanie Rois Vagabonds: „Concerto pour deux clowns“
jedem Stück können Vorfreude
oder Aufregung gemeinsam geteilt
werden. Nach dem Stück
kann man dort über die Aufführung
sprechen oder mit den
Künstler*innen ins Gespräch
kommen. Auch wir vom Team
wollen dort präsent sein und den
Austausch mitgestalten. Für Reflexionen,
auch kritische, haben
wir ein offenes Ohr.
Kultur Joker: Kann sich das
breite Publikum die Kulturinsel
auch leisten? Wie sieht Ihre
Preispolitik aus?
Jérémy Goltzéné: Wir möchten
unsere Vorführungen auch vom
Preis her zugänglich gestalten.
Die Spanne bewegt sich zwischen
4-15€ pro Person, je nach
Länge des Stücks, Alter und
Ermäßigung. Ein Besuch der
Kulturinsel soll nicht teurer als
der Besuch eines französischen
Kinos sein.
Kultur Joker: Wie weit sind die
Künstler*innen, wie weit die
Kulturinsel bei der kreativen
Ideenfindung für das Programm
beteiligt?
Yasmin Ulrich: Jérémy Goltzéné
ist Anfang des Jahres immer
unterwegs und sieht sich verschiedene
Künstler*innen und
Veranstaltungen an, setzt sich
mit ihnen in Kontakt und entwickelt
aus diesem Kontakt das
Programm. Meine Kollegin Mathilde
Feutry ist für die Zusammenarbeit
der Künstler*innen
mit dem Publikum zuständig.
Im Französischen nennt man das
„Médiation“. Aus dieser Verbindung
hat meine Kollegin auch
einen Kinoklub entwickelt, aber
auch das Projekt „Kultur und
Solidarität“. Die Ideen gehen
im Grunde von uns aus, für die
weitere Arbeit daran suchen wir
uns künstlerische Partner*innen.
Kultur Joker: Gibt es Initiativen
oder Formate, die saisonübergreifend
in Ihrem Programm
Platz finden?
Yasmin Ulrich: Wir stehen gerade
noch am Anfang unseres Programms,
deshalb müssen wir zunächst
sehen, wie das Publikum
auf die verschiedenen Formate
reagiert. Grundsätzlich freuen
wir uns natürlich über Veranstaltungen,
die wir auch saisonübergreifend
anbieten können. Die
Veranstaltungen dieses Jahr sind
aber erst einmal einmalig.
Kultur Joker: Dieses Jahr hattet
Sie bereits einen Probelauf
mit einem Programm, das außer
Haus stattfand. Wie waren die
Reaktionen darauf?
Yasmin Ulrich: Zur Coronazeit
war es natürlich schwierig, das
Programm so umzusetzen, wie
wir es gerne gemacht hätten.
Wir mussten leider viele Veranstaltungen
absagen, was uns im
Herzen weh getan hat. Deshalb
war es umso schöner, wenn wir
einmal etwas realisieren konnten.
Als wir dann auch ein positives
Feedback bekamen, war das nach
dieser Durststrecke umso nahrhafter.
Gerade bei den Kooperationen
mit Schulen gab es viele
Komplimente von Schüler*innen
und Lehrer*innen. Das war
schön.
Jérémy Goltzéné: Mit der Pandemie
wurden die Grenzen und
Säle geschlossen. Jetzt öffnen die
Säle und man spürt, dass es wieder
losgehen muss.
Kultur Joker: Eine gewisse Vorfreude
konnten Sie sicher schüren.
Yasmin Ulrich: Auf Facebook
haben wir tatsächlich schon
Anfragen bekommen: Wann ist
denn endlich die Eröffnung?
Wann geht’s los? Die Menschen
sind sehr neugierig.
Jérémy Goltzéné: Unsere Vorstellungen
an Schulen sind von
deutscher wie französischer
Seite bereits komplett ausgebucht.
Am 5. September waren
wir auch in Freiburg. Mit dem
Centre Culturel Français veranstalteten
wir die „Fête de la musique“.
Viele Leute dort waren
sehr an Art’Rhena interessiert.
Kultur Joker: Soll die Rheininsel
auch über Art’Rhena hinaus
zur Kulturinsel werden?
Jérémy Goltzéné: Es gibt da tatsächlich
etwas, das man im Französischen
„Masterplan“ nennen
würde. Die Insel soll ein Ausflugsziel
für die Bewohner*innen
der französischen und deutschen
Seite werden. Dafür soll auf der
Foto: V Vanhecke
Insel ein Park entstehen, den man
wie die ganze Insel mit einem
Leihfahrrad erkunden kann. Jetski
soll man auch fahren können.
Eine Fußgängerbrücke wird
Breisach direkt mit der Rheininsel
verbinden. Auf französischer
Seite sollen Kreuzfahrtschiffe
anlegen können. Menschen, die
den Rhein herunterfahren, um
Städte wie Colmar, Mulhouse
oder Freiburg zu besichtigen,
sollen auch bei uns anlegen können.
Art’Rhena wird der Beginn
einer Renaissance der Rheininsel
sein.
Kultur Joker: Das klingt vielversprechend.
Vielen Dank für das
Gespräch!
Art‘Rhena im Oktober/November
Musik, Akrobatik und Clownerie
kommen zusammen
im Programm der Kompanie
Les Rois Vagabonds, die
mit „Concerto pour deux
clowns“ das Programm der
ersten Saison von Art‘Rhena
eröffnen. Aufführung vom
28.–30. Oktober, 20 Uhr
und am 31. Oktober, 15 Uhr.
Magische Begegnungen verspricht
Peter Valance, der als
bester Illusionist Deutschlands
gehandelt wird. Am
6. November, 20 Uhr bietet
er auf der Kulturinsel seine
„Grand Magic Show“, die
Stunts, Magie und raffinierte
Tricks effektvoll kombiniert.
Weder Zirkus noch Magie,
dafür aber eine nachdenkliche
Reise in die Welt der
Objekte bietet das Korso-OP.
Kollektiv mit seiner neuesten
Aufführung „Lost puppy“
am 12./13. November, 20
Uhr. Eindringlich verhandelt
das Kollektiv, was Besitz bedeutet.
Objekttheater bringt
auch die Bühnenadaption des
Bilderbuchs „Akim rennt“
durch die Kompanie Toit végétal
am 17. November, 15
Uhr. Eine Erzählung über
die Flucht vor dem Krieg mit
Zeichnungen, Objekten und
Klang. Eine kritische Auseinandersetzung
mit Technologie
in unserem Alltag bietet
das Kollektiv Aïe Aïe Aïe
mit „Ersatz“. Am 23./24. November,
20 Uhr entführt das
Kollektiv in eine mögliche
Zukunft voller seltsamer Begegnungen.
Weitere Infos und Tickets:
www.artrhena.eu