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literatur KULTUR JOKER 25
Unter dem Titel „Paris denken
/ Penser Paris“ befasst sich
ein Buch des Literaturwissenschaftlers
Karlheinz Stierle
mit der Stadt Paris, die auf
Schriftsteller, Intellektuelle,
Künstler und Bohémiens aus
aller Welt seit jeher eine starke
Anziehungskraft ausgeübt hat;
so wurde die komplexe Zeichen-
und Erscheinungswelt
der französischen Metropole
stetig neu zu Texten und Bildern
verarbeitet. Stierle beschäftigt
insbesondere, unter
welchen Aspekten deutsche
Künstler von Paris angezogen
werden; auch fragt er
nach deutsch-französischen
Interferenzen, wenn er etwa
fragt, ob Friedrich Schlegels
Vorstellung einer grenzenlos
wachsenden Universalpoesie
auf die Stadtvision
von Victor Hugo wirkte
oder zeigt, dass Rainer
Maria Rilke erst in Paris
zur eigenen dichterischen
Sprache gefunden hat.
Thematisiert werden auch
Georg Simmel, Hugo von
Hofmannsthal, Walter Benjamin
und Peter Handke; und
selbstverständlich stoßen wir
in diesem gelehrten Buch auf
Baudelaire, Zola, Rodin, Maxime
du Camp und Flaubert.
Paris birgt viele Epochen, ist
Projektionsfläche und Existenzform
– ein idealer Ort
für Künstler.
Gustave Flaubert ist im
Alter von 58 Jahren über der
Arbeit an diesem komischen
Roman 1880 gestorben, so blieb
„Bouvard und Pécuchet“ unvollendet.
Jetzt ist das Buch in einer
schlüssigen Neuübersetzung
erschienen. Die Hauptfiguren
„Bouvard und Pécuchet“ halten
sich für recht schlau, rund vierzig
Jahre lang experimentieren
sie auf diversen Gebieten, sind
aber danach „genauso klug als
wie zuvor“. Und so fing es an:
die biederen Kerle leben als
Kopisten in Paris und träumen
vom Leben auf dem Land;
Bouvard erbt und die beiden
Freunde können sich
ein Landgut kaufen,
das sie aber Zug um
Zug mit immer neuen
Ideen ruinieren,
gehe es nun um Obstbäume
oder um Raupenzucht.
Am Ende
wollen sie nach Paris
in ihren alten Beruf
zurück und nur noch
die „Dummheiten“
berühmter Autoren
abschreiben. Der Leser
wohnt einer Komödie
bei und das
dürfte Flauberts Absicht
entsprechen; er
nimmt die Tölpelhaftigkeit
naiver Besserwisser
aufs Korn und
hat dafür – nach eigenen
Aussagen - zahllose Bücher
gelesen. Insofern könnte
das Werk auch ein ironisches
Selbstportrait des Autors sein,
der fortwährend liest und mit
seinen literarischen Projekten
in Verzug gerät. Eine vergnügliche
Lektüre.
• Victor Klemperer. „Licht
und Schatten. Kinotagebuch
1929-1945“. Nele Holdack /
Christian Löser (Hg.). Aufbau
Verlag, Berlin 2020
• Klaus Mann. Der Kaplan.
Ein Drehbuch für Rossellinis
Filmklassiker Paisà (1946).
Susanne Fritz (Hg.). Wallstein,
Göttingen 2021
• Mona Horncastle. Josefine
Baker. Weltstar, Freiheitskämpferin,
Ikone. Molden Verlag,
Wien 2020
• Briefe von Sophie Taeuber-
Arp an Annie und Oskar Müller-Widmann.
Scheidegger &
Spiess, Zürich 2021
• Karlheinz Stierle. Paris
denken / Penser Paris.
Deutsch-französische Annäherungen.
Suhrkamp 2021
• Gustave Flaubert. Bouvard
und Pécuchet. Roman.
Aus dem Frz. von Hans-Horst
Henschen. Wallstein, Göttingen
2021
Cornelia Frenkel
Legendärer Büchermarkt
Historische Altstadt Endingen
„Über die Dörfer“
Badenweiler Literaturtage vom 7.-10. Oktober
Am 9. und 10. Oktober 2021
wird Endingen am Kaiserstuhl
über Nacht zur „Bücherhauptstadt“
Deutschlands – dann ist,
erstmals und einmalig an zwei
Tagen, der legendäre Büchermarkt
im Städtli!
Bücherfreunde, Sammler und
Entdecker finden sich in den
Straßen und Plätzen der Altstadt
zum Bummeln, Stöbern
und Entdecken ein. Dann dreht
sich alles um gebrauchte und
antiquarische Bücher, Schallplatten,
CDs und Schellack-
Raritäten.
Parallel zum Markttreiben laden
die Einzelhändler zu einem
verkaufsoffenen Sonntag ein.
Für Bewirtung sorgen Endinger
Gastronomen mit ihren
Angeboten in den Cafés und
Biergärten. Spiel- und Spaß für
Kinder und gutes Wetter gehören
dabei bereits zum festen
Programm.
Weitere Infos: www.endinger-buechermarkt.de,
Tel.
07642/4970230, facebook.com/
endingerbuechermarkt
Der Endinger Büchermarkt bietet literarische Schätze für alle!
Foto: Endinger Büchermarkt
Rüdiger Safranski und der
Verein Bürgerforum Badenweiler
e.V. als Veranstalter haben
die diesjährigen Badenweiler
Literaturtage unter das Motto
gestellt: „Über die Dörfer“.
Ursprünglich war dieses Thema
für die Literaturtage 2020
vorgesehen, die aber coronabedingt
verschoben wurden.
Nun findet das Literaturfestival
endlich wieder statt, und alle
vor einem Jahr eingeladenen
Autor*innen sind mit von der
Partie.
Zur Eröffnung am 7. Oktober
stellt die Autorin Dörte Hansen
ihren Roman „Mittagsstunde“
vor, der vom Verschwinden
einer bäuerlichen Welt erzählt,
von Verlust, Abschied und Neubeginn.
Das friesische Jorwerd
steht im Zentrum des großartigen
Epos des Publizisten und
Bestsellerautors Geert Mak
über den Untergang des Dorfes
in Europa: „Wie Gott verschwand
aus Jorwerd“. Geert Mak
in Lesung und Gespräch mit
Rüdiger Safranski beschließt
am 10. Oktober in der Sonntagsmatinee
das Festival.
Am 8. Oktober stellt Lola
Randl ihr Buch „Der große
Garten“ vor und Karl-Heinz Ott
liest aus seinem letzten Roman
„Und jeden Morgen das Meer“:
Drei Österreicher haben am
9. Oktober ihren Auftritt: Norbert
Gstrein mit seinem Roman
„Als ich jung war“, die junge
Raphaela Edelbauer hat mit
dem Buch „Das flüssige Land“
einen schwindelerregenden Debütroman
vorgelegt und Monika
Helfer zeichnet in ihrem
preisgekrönten Roman „Die
Bagage“ das kärgliche Ambiente
des ländlichen Lebens zu
Beginn des 20. Jahrhunderts
nach.
Weitere Infos: www.badenweiler-literaturtage.de
FC Delius im Gespräch mit Rüdiger Safranski (2019)
© Badenweiler Literaturtage