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MUSIK KULTUR JOKER 37
„Singen lehrte mich also auch Geduld“
Der Sänger und Bildende Künstler Bernd Schwär begeistert mit humorvollen Chansons und Geschichten
Bernd Schwär bot einen „Liederabend fürs Herz“ im Finkenschlag, Freiburg-Haslach
Bernd Schwär hat viele Wege
gefunden, seine Gedanken und
Kreativität auszudrücken. Als
Bildender Künstler begeistert er
Kunstliebhaber*innen in Italien,
Frankreich und Deutschland mit
seinen Werken. „Musik ist für
mich die Ergänzung zum Gestalterischen
der Malerei“, erklärt
er auf die Nachfrage, in welcher
Verbindung diese Kunstformen
in seiner Welt stehen. Musik sei
für ihn etwas sehr Emotionales.
Mehr noch als bei der Bildenden
Kunst, könne er beim Singen
sein Inneres nach außen tragen.
„Gefühle müssen mitschwingen,
sonst ist das Ganze nichts“, stellt
er nachdenklich fest.
Dass Bernd Schwär mit Herzblut
musiziert und sich selbst
dabei nicht immer ganz so ernst
nimmt, zeigt schon sein Programm.
Bei vielfältigen Chansonabenden
begeistert er sein
Publikum mit deutschen Chansons,
über die er selbst auch zur
Musik gekommen ist. Mal laut,
dann leise, schließlich erzählerisch,
beinahe schon poetisch
und stets mit großer Gestik trägt
er die deutschen, meist sehr humorvollen
Texte vor, die an manchen
Stellen auch mal derb werden
dürfen. Wie sein Publikum
darauf reagiert, das Lachen,
das gemeinsame Zuhören, das
macht Bernd Schwär besonders
Freude.
Musik und Komposition begeisterte
ihn schon immer,
zum Singen fand er aber in den
1990er Jahren. Angefangen
beim Musizieren im Chor nahm
er schließlich Einzelunterricht.
„1994 bin ich in der Zeitung auf
eine Anzeige gestoßen ‚Qualifizierte
Gesangslehrerin aus
China gibt Unterricht‘. Am 1.
Juni 1994 um 17 Uhr bin ich in
die Egonstraße gefahren. Dort
stand im Versammlungslokal
der Linken Liste ein Klavier,
das wir für den Unterricht nutzen
durften. Das war dann natürlich
eine ganz andere Welt
für mich“, berichtet der gelernte
Schreinermeister. Über seine
Gesangslehrerin unternahm er
schließlich auch viele Reisen
nach China, lernte dort Land,
Leute und die Musik kennen.
„In China habe ich sogar einen
eigenen Namen: ‚Lau-Ben‘ das
heißt ‚Alter Mercedes‘“, erzählt
er lachend. Wie gesagt, Bernd
Foto: promo
Schwär nimmt sich selbst nicht
allzu ernst, seinen Weg als
Künstler und Musiker dagegen
schon. „Während meines Gesangsunterrichts
stand ich immer
wieder vor Schwellen und
Hindernissen, die ich nicht leicht
überwinden konnte. Erst durch
harte Arbeit und viele Proben
bin ich weitergekommen. Singen
lehrte mich also auch Geduld“,
stellt er versonnen fest.
Bis vor vier Jahren nahm er
auch Gesangsunterricht am
Theater Freiburg, wo er über die
Kompositionen von Nicola Vaccai
an die italienische Gesangsschule
herangeführt wurde. „Ich
erinnere mich noch, da gab es
ein Lied, bei dem ich ein Wort
sehr oft falsch ausgesprochen
habe. Dann sagte mir Maria Calicchio
das würde jetzt jedes Mal
eine Flasche Pinot Grigio kosten.
Das war eine teure Geschichte!“,
Bernd Schwär lacht und lehnt
sich dabei auf seinem Stuhl zurück.
Im Theater Freiburg habe
er viele andere Sänger*innen
und Musiker*innen getroffen,
die ihn inspirierten und seinen
Gesang über die Jahre veränderten.
Auch den Pianisten Anton Illenberger
lernte er dort kennen.
Seither musizieren die Beiden
beinahe jeden Sonntagmorgen
bei Schwär daheim im Musikzimmer.
„Sein Einfluss ist groß,
er schlägt immer wieder neue
Stücke vor und hat mich zum
Beispiel an die alten Wiener
Lieder herangeführt“, schwärmt
er von seinem Pianistenfreund.
Anton Illenberger war es auch,
der Bernd Schwär zu seiner Ausstellung
nach Rom begleitete.
Der Veranstalter wünschte, dass
der Künstler Bernd Schwär zur
Eröffnung auch singt. Gesagt,
getan. Mit einem Kinderklappklavier
im Gepäck (ein großes
lässt sich schwer transportieren)
sind die beiden nach Italien zu
Schwärs Vernissage gereist und
trugen vor 400 Menschen „O
sole mio“ vor. „Das kam gut
an!“, erzählt er lachend.
Auch wenn die Chansons in
seinem Programm von der Sprache
und den Geschichten dahinter
leben, ist Bernd Schwär davon
überzeugt, dass Musik auch
ohne Sprache funktioniert, solange
Gefühle dahinterstecken.
Als er darüber spricht wird er
kurz nachdenklich, dann lächelt
er und beginnt eine Geschichte
aus seinem Leben zu erzählen,
die ihm die Bedeutung der Musik
vor Augen geführt habe.
„Es gab einen Mann in Freiburg,
der am Martinstor stand
und immer nach einer Mark
fragte. Ich gab ihm öfter mal
eine Mark und irgendwann hat
er mich auf einen Cappuccino
eingeladen. Eines Nachts, es
war sogar Vollmond, parkte ich
bei der alten Unibibliothek und
da saß er auf dem Mäuerle. Ich
ging also in mein Auto, machte
den Motor an und eine CD begann
zu spielen“, während er die
Geschichte mit großen Gesten
erzählt, beugt sich Schwär nach
vorne. „Damals hörte ich viel
klassische Musik, gerne auch
CDs mit gesammelten Werken.
Als ich mein Fenster öffnete,
kam er zu mir und sagte, dass
er gern klassische Musik höre
und fragte mich, ob er zu mir
ins Auto sitzen dürfe. Ja klar,
warum nicht!“ Die Geschichte
endet damit, dass Bernd Schwär
gemeinsam mit ihm nachts um
halb zwölf losfährt. Über Günterstal,
den Schauinsland, Todtnau,
Feldberg, Titisee, St. Peter
und St. Märgen, bis sie morgens
um halb sechs wieder in Freiburg
waren. „Auf der Fahrt haben
wir sechs Klassik-CDs gehört
und kein Wort miteinander
gesprochen. Danach sah ich ihn
zwei Wochen nicht. Als wir uns
wieder begegnet sind, erzählte
er mir, dass er noch am selben
Morgen nach Hause gefahren
ist. Er kam per Anhalter aus dem
Rheinland und ist in Freiburg
nicht mehr weitergekommen.
Die Musik hat ihm so viel Mut
gegeben, dass er wieder heim zu
seiner Familie gegangen ist.“ Die
Geschichte hat wohl nicht nur
für den Mann vom Martinstor
eine große Bedeutung, denn
auch für Bernd Schwär ist Musik
mehr als nur ein paar Töne und
Zeilen. „Singen macht mir so
großen Spaß und zu sehen, dass
es meinem Publikum ebenfalls
Freude macht und sie am Ende
mit einem Lächeln heimgehen,
das ist dann die Belohnung!“.
Bernd Schwär arbeitet derweil
an einem neuen Programm, mit
dem er für Weihnachts- und
Familienfeiern gebucht werden
kann. Infos unter: schwaer@
modutec.de
Elisabeth Jockers