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<strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> 3,50 €<br />
www.taxi-times.taxi<br />
B E R L I N<br />
UNZUFRIEDENHEIT MIT DER VERKEHRSPOLITIK<br />
WER KANN ES BESSER?<br />
PBEFG-NOVELLE<br />
Wann kommt die<br />
Fachkundeprüfung?<br />
INTERVIEW<br />
Fünf Unternehmer haben<br />
Regine Günther angezeigt<br />
FLUGHAFEN BER<br />
Warteschlangen und die<br />
Suche nach Lösungen
LONDONER LEGENDE TRIFFT<br />
BERLINER SCHNAUZE<br />
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2 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
FOTO Seite 3: <strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong>. FOTOS Titelseite: AfD, Mihai Blank, Bündnis 90/Die Grünen <strong>Berlin</strong>,<br />
Roland Horn, DiG, Martin Rulsch, Harry Schnitger, SPD, Yves Sucksdorff, Matthias Tüxen<br />
DIE WAHL DER QUAL<br />
Manche meinen, die Parteien werden sich inhaltlich immer<br />
ähnlicher. Darüber lässt sich streiten. (Kleine Information am<br />
Rande für die jüngeren Leser: Früher standen auf Wahlplakaten<br />
meist Inhalte, also konkrete Aussagen darüber, welche Partei was<br />
machen wollte.) Auf den heutigen Wahlplakaten sind kaum noch<br />
Inhalte zu finden, das meiste ist austauschbar, wie die nachfolgenden<br />
Beispiele zeigen: „Holen wir uns die Zukunft!“, „Gemeinsam<br />
<strong>Berlin</strong> bewegen“, Bereit, weil ihr es seid.“, „Klar und direkt“ oder<br />
auch „Alle im Blick.“ Letzteres trifft in Bezug auf die überall aufgestellten<br />
Wahlplakate leider ganz besonders beim <strong>Taxi</strong>fahren zu,<br />
wenn man in der Stadt unterwegs ist und dem Plakatwahnsinn<br />
schutzlos ausgeliefert ist. Warum hat hier eigentlich die politisch<br />
so hochgelobte Digitalisierung noch nicht zugeschlagen?<br />
Doch keine Sorge, so inhaltsleer, wie mancher Wahlspruch<br />
klingt, sind die Wahlprogramme der Parteien nicht. Auch, wenn<br />
sie auf den ersten Blick mehr Gemeinsamkeiten haben als Unterschiede<br />
und in Gesprächen zwischen uns bzw. Gewerbevertretern<br />
und Politikern (wie auf dem Foto unten) oft inhaltlich Ähnliches<br />
rüberkam, gibt es doch auch unterschiedliche Aussagen zur Verkehrspolitik<br />
und zur Einstellung zum <strong>Taxi</strong>gewerbe sowie zu Uber<br />
& Co. von den einzelnen Parteien und ihren Spitzenkandidaten.<br />
Darüber informieren wir Sie mit dieser Ausgabe kurz vor der<br />
Wahl ausführlich.<br />
Als Politiker(in) hat man es vermutlich schwer: Bei jeder Entscheidung<br />
jubeln die einen, die anderen sind empört, und Empörung<br />
kann im Zeitalter des Shitstorms sehr ungemütlich sein.<br />
Star-Poet Reinhard Mey brachte es schon vor 49 Jahren auf den<br />
Punkt: „Dem einen ist meine Nase zu weit links im Gesicht. Zu<br />
weit rechts erscheint sie dem ander’n, und das gefällt ihm nicht.<br />
Und flugs ergreift das Wort der dritte, und der bemerkt sodann:<br />
Sie sitzt zu sehr in der Mitte und ich sollt’ was ändern daran.“<br />
So ähnlich muss es <strong>Berlin</strong>s Verkehrssenatorin momentan gehen:<br />
Radfahrerverbände kritisieren, sie setze das Mobilitätsgesetz<br />
nur halbherzig und zu langsam um. Autofahrer dagegen finden,<br />
dass ihre Maßnahmen zu Ungunsten des motorisierten Verkehrs<br />
viel zu weit gehen. Interessengruppenübergreifend wird Regine<br />
Günther aber dafür kritisiert, im Umgang mit etlichen Problemen<br />
wie z. B. dem Mietwagen-Wildwuchs untätig zu sein – viel Stoff<br />
für Wahlkampf (und sogar für eine Strafanzeige, siehe Seite 20).<br />
Viel Spaß und Erkenntnisse beim Lesen wünscht<br />
– die Redaktion –<br />
<strong>Taxi</strong>-<strong>Berlin</strong>-Geschäftsführer Hermann Waldner mit SPD-Spitzenkandidatin<br />
Franziska Giffey im Juni <strong>2021</strong><br />
INHALT<br />
MELDUNGEN<br />
4 News<br />
WAHL ZUM ABGEORDNETENHAUS<br />
5 <strong>Taxi</strong>-Wahlprüfsteine<br />
6 Politiker im <strong>Taxi</strong>zentrum<br />
8 Der Verkehr in <strong>Berlin</strong> – wie geht es<br />
weiter?<br />
10 Streifzug durch die Wahlprogramme<br />
TAXI BERLIN<br />
12 ViaVan gewinnt SFD-Ausschreibung<br />
12 Vorbestellung am BER anbieten<br />
13 Lobbyarbeit für ein starkes <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
auf europäischer Ebene<br />
GEWERBE<br />
14 Düstere Aussichten<br />
15 Fachkunde: Freilos mit Nachprüfung<br />
16 PBefG lässt viel Gestaltungsspielraum –<br />
wie will der Senat damit umgehen?<br />
19 Verbände durften mitreden<br />
20 Strafanzeige wegen Untätigkeit<br />
22 Weiter Ärger um BER-Laderechte<br />
E-MOBILITÄT<br />
24 Neue E-<strong>Taxi</strong>-Modelle<br />
25 <strong>Berlin</strong>s E-<strong>Taxi</strong>-Fördertopf<br />
KOLUMNE<br />
26 Unwissenheit ist Stärke<br />
26 Impressum<br />
TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
3
MELDUNGEN<br />
NEWSTICKER<br />
HILFE FÜR<br />
HOCHWASSEROPFER<br />
BUSSGELD FÜR<br />
ILLEGALES BEREITHALTEN<br />
Die Länder und Gemeinden können das<br />
Bereithalten von Taxen – außer an beschilderten<br />
Halteplätzen – an weiteren Orten<br />
zeitweise gestatten. So erlaubt die <strong>Berlin</strong>er<br />
<strong>Taxi</strong>ordnung es „in der Zeit von 20.00 Uhr<br />
bis 6.00 Uhr oder anlässlich öffentlicher<br />
Veranstaltungen.“ Die zweite Angabe ist<br />
schwammig, während die erste klar das<br />
nächtliche Stehen vor Lokalen zulässt.<br />
München erlaubt solche Ausnahmen<br />
nicht. Ein Kollege, der sich dort trotzdem<br />
vor einer Lokaltür bereithielt, sollte ein<br />
Bußgeld bezahlen. Er wehrte sich erfolgreich<br />
vor Gericht. Der Gesetzgeber hatte es<br />
versäumt, den Verstoß im PBefG mit einem<br />
Bußgeld zu bewehren.<br />
Dieses Manko ist mit der PBefG-Novelle<br />
behoben worden. Seit 1. August ist das illegale<br />
Bereithalten bußgeldbewehrt. ar<br />
Die Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands hat<br />
auch <strong>Taxi</strong>unternehmen hohe Schäden zugefügt und einigen die<br />
Existenz zerstört. Fahrzeuge sind demoliert worden, Büroräume<br />
verwüstet. Mancherorts ist die Straßeninfrastruktur nicht mehr<br />
funktionstüchtig, um das Geschäft auszuüben. Die <strong>Taxi</strong>stiftung<br />
Deutschland, die vom Bundesverband ins Leben gerufen wurde,<br />
bietet seriöse Hilfe für betroffene <strong>Taxi</strong>unternehmer(innen). Ihr Vorstandsvorsitzender<br />
Michael Oppermann, zugleich Geschäftsführer<br />
des BVTM, betont, dass jeder gespendete Betrag „1:1 an hilfsbedürftige<br />
Kolleginnen<br />
und Kollegen fließt“,<br />
wie es im offiziellen<br />
Spendenaufruf <strong>Taxi</strong>stiftung Deutschland<br />
SPENDENKONTO<br />
heißt. Auch der IBAN: DE85 5019 0000 0000 3733 11<br />
<strong>Taxi</strong>-<strong>Times</strong>-Verlag Frankfurter Volksbank<br />
hat bereits 500 Euro Verwendungszweck: „Soforthilfe Flut“<br />
gespendet. ar<br />
BVG-POOLING FÜR BERLINS OSTEN<br />
Der Senat hat für 2022 die BVG mit der<br />
Erprobung eines Rufbus-Systems beauftragt.<br />
Das umfasst keinen Haustür-Dienst<br />
wie beim <strong>Taxi</strong>, sondern es werden virtuelle<br />
Haltestellen bedient. Ab Mai soll das Gebiet<br />
zwischen der S5 (Ostkreuz–Mahlsdorf), der<br />
S3 (Ostkreuz–Köpenick) und der Stadtgrenze<br />
mit barrierefreien Acht-Personen-Rufbussen<br />
bedient werden.<br />
Zunächst ist eine dreijährige Erprobungsphase<br />
vorgesehen. Das Land steuert drei Millionen<br />
Euro bei. Noch steht nicht fest, wer die<br />
Fahrzeuge im Auftrag der BVG betreiben soll.<br />
Das <strong>Taxi</strong>gewerbe hofft, dass die BVG aus dem<br />
Fehler beim Berlkönig gelernt hat und diesmal<br />
im Sinne der nachhaltigen grünen <strong>Berlin</strong>er<br />
Verkehrspolitik das <strong>Taxi</strong>gewerbe unter<br />
Einbeziehung der bestehenden Flotte für das<br />
neue Rufbusprojekt heranzieht. ar<br />
Nichtbezahlung<br />
von Krankenfahrten<br />
verhindern<br />
ABRECHNUNGS-PROBLEME BEI KRANKENFAHRTEN<br />
Krankenkassen sind Institutionen, die – wie alle anderen – kostensparend<br />
haushalten müssen. Einige gehen dabei sehr weit und<br />
spielen bei Krankenfahrten die Anbieter gegeneinander aus oder<br />
entwickeln gar Tricks, sich ganz vor der Zahlung zu drücken. Der<br />
Bundesverband <strong>Taxi</strong> und Mietwagen e. V. (BVTM) verzeichnet<br />
zunehmend Meldungen, bei denen <strong>Taxi</strong>betriebe auf den Fahrtkosten<br />
sitzen geblieben sind. Aberwitzige Argumentation der Kassen: Der<br />
Unternehmer habe gar kein Recht, die Fahrtkosten dem Kassenmitglied<br />
in Rechnung zu stellen. Abrechnungsexpertin Gisela Spitzlei<br />
empfiehlt daher, sich von Fahrgästen eine Haftungserklärung unterschreiben<br />
zu lassen, die den Fahrgast im Zweifelsfall verpflichtet,<br />
den Fahrpreis vorzustrecken. Einen entsprechenden Textbaustein<br />
finden Sie durch das Scannen des QR-Codes.<br />
ar<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> Gillessen, Axel Rühle / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> (2)<br />
4 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
WAHLEN<br />
Franziska<br />
Giffey (43)<br />
war von 2015<br />
bis 2018 als<br />
Nachfolgerin<br />
von Heinz<br />
Buschkowsky<br />
Neuköllner Bezirksbürgermeisterin,<br />
dann bis Mai<br />
<strong>2021</strong> Bundesfamilienministerin,<br />
ist seit November<br />
gemeinsam mit Raed Saleh<br />
<strong>Berlin</strong>er SPD-Vorsitzende<br />
und nun Spitzenkandidatin<br />
für das Amt der Regierenden<br />
Bürgermeisterin.<br />
Kai<br />
Wegner (49)<br />
ist seit 2005<br />
Abgeordneter<br />
im Deutschen<br />
Bundestag,<br />
war von 2011<br />
bis 2016 Generalsekretär<br />
der <strong>Berlin</strong>er CDU, ist seit<br />
Mai 2019 als Nachfolger<br />
von Monika Grütters Landesvorsitzender<br />
und nun<br />
Spitzenkandidat für den<br />
Chefsessel im „roten Rathaus“,<br />
wo er Michael Müller<br />
(SPD) ablösen möchte.<br />
Bettina<br />
Jarasch (52)<br />
war von 2013<br />
bis 2018 im<br />
Bundesvorstand<br />
und<br />
von 2011 bis<br />
2016 Landesvorsitzende<br />
von Bündnis 90/Die Grünen.<br />
Nachdem sie 2017 den<br />
Einzug in den Bundestag<br />
verpasste, kandidiert sie für<br />
das Amt der Regierenden<br />
Bürgermeisterin.<br />
Klaus<br />
Lederer (47)<br />
war von 2005<br />
bis 2016<br />
Landesvorsitzender<br />
der<br />
Linken und<br />
ist in der rot-rot-grünen<br />
Koalition Kultur- und<br />
Europasenator. Nachdem<br />
er 2009 und 2013 den<br />
Einzug in den Bundestag<br />
verpasste, kandidiert er<br />
derzeit zum zweiten Mal für<br />
das Amt des Regierenden<br />
Bürgermeisters.<br />
TAXI-WAHLPRÜFSTEINE<br />
Die <strong>Taxi</strong>-„Innung“ hat Ende Juli die Spitzenkandidaten von fünf <strong>Berlin</strong>er<br />
Parteien schriftlich nach deren Standpunkten zu typischen <strong>Taxi</strong>-Themen<br />
gefragt. Vier Wochen später hatten nur zwei von Ihnen geantwortet.<br />
FOTOS: Jonas Holthaus, Yves Sucksdorff, Bündnis 90/Die Grünen <strong>Berlin</strong>, DiG<br />
Der Stadtverkehr steht vor einem<br />
Umbruch. Für die <strong>Taxi</strong>branche gilt<br />
es, wichtige Weichen zu stellen:<br />
Wird auch der nächste Senat die Inklusion<br />
und die E-Mobilität des Gewerbes fördern<br />
und ihm so in die Zukunft helfen? Im Bemühen,<br />
einen Beitrag zur Klimarettung zu<br />
leisten, wollen viele Parteien Deutschlands<br />
Kfz mehr oder weniger schnell emissionsfrei<br />
haben – eine von vielen Herausforderungen<br />
für das <strong>Taxi</strong>gewerbe. Die „Innung“<br />
sieht in den „neuesten Förderungsmaßnahmen“<br />
neue Möglichkeiten für die Branche<br />
entstehen und weist darauf hin, dass die<br />
Autoindustrie nicht schnell genug liefern<br />
könne. Sie wünscht sich daher eine Verlängerung<br />
des Förderprojekts Wirtschaftsnahe<br />
Elektromobilität (WELMO) für Taxen.<br />
Wie stehen die Parteien dazu?<br />
Eines der beiden Antwortschreiben<br />
kommt von der Linken: Man habe sich über<br />
den Vorausgang der „Innung“ mit dem selbst<br />
finanzierten E-<strong>Taxi</strong> gefreut, weswegen die<br />
Förderung durch das Land „auch überfällig“<br />
gewesen sei. Man wolle diese demnächst<br />
auswerten, werde das Projekt weiterhin<br />
positiv begleiten und „die Förderung verstetigen<br />
und ausweiten, wenn das Erfolg<br />
hat und auf Akzeptanz und Zustimmung<br />
stößt.“ Gleichermaßen müsse man den Ausbau<br />
der E-Ladeinfrastruktur voranbringen,<br />
dies sei ein entscheidender Faktor bei der<br />
Durchsetzung, ebenso, wie sich der Preis<br />
pro Ladung im Vergleich zu Benzin und<br />
Diesel entwickeln werde. „Die Strompreise<br />
müssen attraktiv und kalkulierbar sein.“<br />
Die FDP, derzeit <strong>Berlin</strong>s kleinste Fraktion<br />
und in der Opposition, hat ebenfalls<br />
geantwortet und unterstützt eine WELMO-<br />
Verlängerung, möchte das Programm sogar<br />
auf Brennstoffzellen-/Wasserstoff-<strong>Taxi</strong>s<br />
ausweiten und prüfen, warum die Mittel<br />
bisher zögerlich abgerufen wurden, und<br />
die Förderbedingungen entsprechend verbessern,<br />
unter anderem durch Berücksichtigung<br />
der Lieferzeiten.<br />
DIE HALTEPLÄTZE,<br />
DER ALTE FLICKENTEPPICH<br />
Zum Problem der „kontinuierlichen Reduzierung<br />
von <strong>Taxi</strong>halteplätzen“ schreibt die<br />
FDP, sie unterstütze die Erhaltung der <strong>Taxi</strong>halteplätze<br />
und deren bessere Ausstattung.<br />
Dabei wolle man neben der Infrastruktur<br />
für die Fahrerinnen und Fahrer auch die<br />
dortige Ladeinfrastruktur ausbauen. Insgesamt<br />
will die FDP „individuelle Mobilität<br />
weiter gewährleisten“ und stellt sich den<br />
Ideen einer ‚autofreien Stadt’, die das Auto<br />
zum Feindbild erklären, klar entgegen.<br />
Die Linke weist darauf hin, dass Halteplätze<br />
Bezirks- und nicht Senatssache<br />
sind, will aber prüfen, „wie das Land <strong>Berlin</strong><br />
eine gesamtstädtische Steuerung etablieren<br />
kann“, um den „Flickenteppich“<br />
abzuschaffen.<br />
Die Inklusionsförderung will Die Linke<br />
verbessern. Sie fordere im Wahlprogramm<br />
die Festschreibung eines Anteils barrierefreier<br />
Taxen und die Anschaffung von<br />
Fahrzeugen durch den Senat, die an die<br />
Unternehmen verleast werden sollen.<br />
Auch die FDP will die Förderung verbessern<br />
und weist darauf hin, dass andere<br />
Städte zeigen, dass „eine flächendeckende<br />
Versorgung von Inklusionstaxis in <strong>Berlin</strong><br />
theoretisch möglich wäre“.<br />
Pauschale Festpreise beim <strong>Taxi</strong> würde<br />
die FDP im Sinne der Attraktivität der <strong>Taxi</strong>nutzung<br />
aufgrund<br />
höherer Transparenz<br />
begrüßen, besonders<br />
bei Flughafenfahrten.<br />
Die Linke sieht das<br />
ebenso, „z. B. auch<br />
an der Messe“. Zudem<br />
möchte die FDP „die<br />
Benachteiligung von<br />
<strong>Taxi</strong>s gegenüber Mietwagen<br />
beim Ridesharing“<br />
aufheben.<br />
Die Wahlprüfsteine<br />
für die<br />
Parteien im<br />
Bundestag<br />
Zu Sozialstandards und Dumping fordert<br />
Die Linke mehr Kontrollen von Mietwagenfirmen,<br />
die Verpflichtung zu Fiskal-<br />
Wegstreckenzählern, die Durchsetzung<br />
der Rückkehrpflicht, eine Begrenzung der<br />
Mietwagenkonzessionen sowie „die Möglichkeit<br />
der Festlegung von Mindestpreisen<br />
für Mietwagenfahrten, um Sozialdumping<br />
zu vermeiden (gemäß PBefG)“. Aus dem gleichen<br />
Beweggrund möchte die FDP durch<br />
„klare, gleichwertige Spielregeln für alle“<br />
die „Dumping-Angebote im Mobilitätsmarkt<br />
unterbinden“. Auch sie hält dazu Mindestpreise<br />
für Mietwagen für sinnvoll.<br />
Seitens CDU, Grünen und SPD lagen der<br />
„Innung“ zum Redaktionsschluss dieser<br />
Ausgabe noch keine Antworten vor. ar<br />
TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
5
WAHLEN<br />
Gesprächsrunde im <strong>Taxi</strong>-Museum (v.l.n.r.): Boto Töpfer und Ralf Titzmann (TVB), Leszek Nadolski („Innung“), Kai Wegner (CDU), Hermann<br />
Waldner und Jens Schmiljun (<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong>), Carsten Reichert („Innung“), Ahmad Vahdati (TD <strong>Berlin</strong>)<br />
POLITIKER IM<br />
TAXIZENTRUM<br />
Letztens machten einige <strong>Berlin</strong>er Politiker auf ihren Wahlkampftouren<br />
Station in der Persiusstraße, tauschten sich mit Gewerbevertretern aus<br />
und machten zum Teil Zusagen. Werden sie Wort halten?<br />
Funktionsträger aus Koalition, Opposition<br />
und Verwaltung waren schon<br />
des Öfteren im <strong>Taxi</strong>zentrum in den<br />
letzten Jahren – neben dem Regierenden<br />
Bürgermeister Michael Müller unter anderem<br />
Ramona Pop, Stefan Gelbhaar, Elke<br />
Breitenbach und Kevin Kühnert. Die aktuell<br />
wichtigste <strong>Berlin</strong>er Verkehrspolitikerin,<br />
Regine Günther, setzte noch keinen Fuß auf<br />
das Terrain in Friedrichshain.<br />
Zu Beginn des jetzigen Wahlkampfs<br />
Anfang Juni <strong>2021</strong> besuchten Franziska<br />
Giffey und Raed Saleh (beide SPD) das<br />
<strong>Taxi</strong>zentrum (<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> berichtete). Mitte<br />
Juli folgte Kai Wegner (CDU). Knapp drei<br />
Wochen später kamen Klaus Lederer und<br />
Kristian Ronneburg (Die Linke). Die Politiker<br />
trafen mit den Gastgebern von <strong>Taxi</strong><br />
<strong>Berlin</strong> sowie mit den Verbandsspitzen der<br />
<strong>Berlin</strong>er Gewerbevertretungen zusammen.<br />
Ort der Gespräche über Anliegen<br />
und Probleme des <strong>Taxi</strong>gewerbes war der<br />
Konferenzsaal des <strong>Taxi</strong>-Museums von <strong>Taxi</strong><br />
<strong>Berlin</strong>, wobei stets schon vorher auf dem<br />
Parkplatz geplaudert, gefachsimpelt und<br />
E-Ladesäulen sowie Fahrzeuge besichtigt<br />
wurden, etwa elektrisch angetriebene oder<br />
barrierefreie Taxen.<br />
Leszek Nadolski, Erster Vorsitzender der<br />
„Innung“ des <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbes, die<br />
zu den Treffen eingeladen hatte, sprach<br />
als Kenner der Inklusionsthematik und<br />
der Elektromobilität. Er erklärte: „Bislang<br />
haben wir viele Rollstuhlfahrer transportiert.<br />
Doch jetzt ist die Ausschreibung<br />
zugunsten eines Anbieters entschieden<br />
worden, der noch nicht einmal Fahrzeuge<br />
dafür hat, geschweige denn die Erfahrung<br />
mit diesen Fahrten“ (siehe dazu Seite 12,<br />
„ViaVan“).<br />
WER PROBLEME LÖSEN WILL,<br />
MUSS SIE KENNEN<br />
Für einen Regierenden Bürgermeister<br />
sind der Gesamtüberblick und die Koordination<br />
der politischen Bereiche wichtig. Für<br />
Einzelthemen sind die Fachpolitiker, sprich<br />
die Senatoren, zuständig. Dennoch hörten<br />
Plauderei im Museum: Jens Schmiljun von<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong> und Kai Wegner (CDU)<br />
sich alle Politiker die Deatails mit nicht<br />
nachlassendem Interesse an. Kai Wegner<br />
sagte dazu: „Ich will Lösungen schaffen,<br />
dazu muss ich die Probleme kennen“.<br />
Gastgeber Hermann Waldner machte<br />
gegenüber den Kandidaten klar, was vom<br />
nächsten Regierenden Bürgermeister<br />
erwartet wird: ein fairer Wettbewerb. Das<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe fordert – bisher vergeblich –<br />
das überfällige Eindämmen des Wildwuchses<br />
bei Uber, Free Now & Co., den unter<br />
anderem die <strong>Berlin</strong>er Ordnungsbehörden<br />
FOTOS: Matthias Tüxen<br />
6 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
WAHLEN<br />
FOTOS: Innung des <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbes e. V., Danielo Baltrusch, Matthias Tüxen<br />
mit ihrem tatenlosen Zusehen bei den permanenten<br />
Rechtsverstößen der Mietwagenfahrer<br />
ermöglicht haben. Da die Novelle<br />
des Personenbeförderungsgesetzes den<br />
Kommunen und Ländern umfangreiche<br />
Steuerungsinstrumente an die Hand gibt,<br />
sind im Bezug auf den Personenbeförderungsmarkt<br />
jetzt tatsächlich wichtige Weichen<br />
zu stellen, wie Hermann Waldner und<br />
„Innungs“-Vorstand Carsten Reichert den<br />
Politikern bei deren Besuchen erläuterten.<br />
Für CDU-Chef Wegner war das Thema<br />
ein Angriffspunkt, um den rot-rot-grünen<br />
Senat zu kritisieren, wenngleich er sich<br />
eher zurückhaltend über die unseriösen<br />
Konkurrenzanbieter äußerte.<br />
Dass eine wirksame Kontrolle möglich<br />
ist, zeigen die Behörden in Hamburg, wo<br />
die Zahl der Mietwagen überschaubar ist<br />
und die <strong>Taxi</strong>branche somit gute Überlebenschancen<br />
hat. Dort müsse ein Mietwagenunternehmer<br />
etwa einen Businessplan<br />
Kristian Ronneburg und Klaus Lederer (beide Die Linke) im<br />
Gespräch mit Carsten Reichert (<strong>Taxi</strong>-„Innung“)<br />
vorlegen. „Anhand konkreter Zahlen wird<br />
dann die Wirtschaftlichkeit des Mietwagenbetriebes<br />
geprüft. Und da ist für viele<br />
nach einer gewissen Probezeit wieder<br />
Schluss, denn ein finanzielles Überleben<br />
ist nur mit Gesetzesverstößen möglich“, so<br />
Reichert. In <strong>Berlin</strong> werde das aber nicht<br />
geahndet.<br />
Von vielen im <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbe ist<br />
zu hören, das Personal in der Verkehrsverwaltung<br />
sei weder quantitativ noch<br />
qualitativ in der Lage, seine Aufgaben zu<br />
erfüllen. Es fehle am Problembewusstsein.<br />
„Was man machen kann, ist, dass man die<br />
Mietwagenbetriebe besser kontrolliert.<br />
Dass man diese Konzessionen nicht einfach<br />
wie Chips verteilt“, forderte Waldner.<br />
Auch wird bemängelt, dass die Vertreter<br />
der Branche zu wenig in Abstimmungsprozesse<br />
einbezogen werden.<br />
Kai Wegner zeigte sich gut informiert.<br />
So war ihm auch der Verweis auf Hamburg<br />
nicht neu. „Ich höre das so oft: Bei Mieten,<br />
bei der Wirtschaft, beim Verkehr ist<br />
Hamburg uns überlegen. Aber da regiert<br />
auch rot-grün.“ Sein Vorschlag: Alle müssten<br />
an einen Tisch, was eigentlich eine<br />
Franziska Giffey<br />
zu Besuch im<br />
<strong>Taxi</strong>-Zentrum<br />
Selbstverständlichkeit<br />
sei, und dann müssen<br />
endlich ideologiefrei die<br />
besten Lösungen gesucht werden. Dazu<br />
gehöre auch, dass das Landesamt für Bürger-<br />
und Ordnungsangelegenheiten (LABO)<br />
endlich seinen Job mache. Dies versprach er<br />
anzupacken, sollten die politischen Zeichen<br />
nach der Wahl am 26. September anders<br />
stehen.<br />
Boto Töpfer, Erster Vorsitzender des<br />
<strong>Taxi</strong>verbandes <strong>Berlin</strong>,<br />
Brandenburg,<br />
brachte praktische<br />
Probleme des <strong>Berlin</strong>er<br />
Gewerbes noch<br />
einmal direkt mit<br />
Lösungsansätzen<br />
auf den Punkt:<br />
„Wenn Sie Regierender<br />
Bürgermeister<br />
wären und Sie<br />
hätten einen guten<br />
F i n a n z s e n a t o r<br />
und einen guten<br />
Innensenator, dann<br />
könnten Sie die unseriöse Mietwagenkonkurrenz<br />
sofort von der Straße bekommen,<br />
wenn Sie die Abgabenordnung und<br />
das Sozialversicherungsrecht anwenden<br />
lassen, denn die Herrschaften<br />
zahlen weder<br />
ordnungsgemäß Steuern<br />
noch korrekt ihre<br />
Sozialabgaben.“<br />
Ebenso wurden die<br />
Bedienung des Flughafens<br />
sowie die (mangelnde)<br />
Inklusion im<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe thematisiert.<br />
Doch auch konkrete<br />
Alltagsprobleme<br />
wurden beim Namen<br />
genannt. So beklagte<br />
Töpfer, die Parkraumbewirtschaftung<br />
in der<br />
Innenstadt stelle für<br />
Mehrwagenbetriebe ein existentielles Problem<br />
dar, da jeder Betrieb nur eine Parkplakette<br />
für ein einziges Fahrzeug erhält.<br />
Klaus Lederer ist kein Verkehrspolitiker,<br />
erschien aber mit seinem verkehrspolitischen<br />
Sprecher: Kristian Ronneburg<br />
SPD-Spitzenkandidatin Giffey mit „Innungs“-Chef Leszek<br />
Nadolski (links) und <strong>Taxi</strong>-<strong>Times</strong>-Redakteur Hayrettin Şimşek<br />
erwies sich erneut als Kenner der Materie.<br />
Die Linke vertritt zum Teil Positionen<br />
zugunsten des <strong>Taxi</strong>gewerbes, zum Teil aber<br />
auch Positionen, die in der Branche eher<br />
auf Unverständnis stoßen. So lehnt sie wie<br />
die Grünen den 16. und 17. Bauabschnitt<br />
der A 100 ab, während das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
der Verlängerung der Stadtautobahn eine<br />
hohe Wichtigkeit zumisst. Ganz auf der<br />
Seite des <strong>Taxi</strong>gewerbes waren die beiden<br />
Linken-Politiker aber, was den Wildwuchs<br />
des Mietwagengewerbes betrifft. Das<br />
Geschäftsgebaren von Uber, Free Now &<br />
Co. lehnt die Linke schon aus rein sozialpolitischen<br />
Gründen ab.<br />
CDU-VORSITZENDER<br />
WILL KONTAKT HALTEN<br />
Kai Wegner versprach der versammelten<br />
Runde, das <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbe in seinen<br />
Anliegen voll zu unterstützen. Zudem<br />
wolle er sich, egal in welcher künftigen<br />
Funktion, mindestens einmal jährlich in<br />
ähnlicher Runde austauschen. Sollte die<br />
CDU an der nächsten Landesregierung<br />
beteiligt sein, so wird Wegner – wie auch<br />
seine Parteifreunde Burkard Dregger und<br />
Kai Wegner hörte Hermann Waldner interessiert zu.<br />
Oliver Friederici, die vor zwei Jahren am<br />
gleichen Ort zu Besuch waren – vom <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
in die Pflicht genommen werden,<br />
und man wird genau hinsehen, ob den<br />
Ankündigungen der Politiker auch Maßnahmen<br />
folgen.<br />
ar<br />
TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
7
WAHLEN<br />
(v. l. n. r.) Oliver Friederici, Henner Schmidt, Hermann Waldner, Stephan Wilhelm, Michael Rothe<br />
DER VERKEHR IN BERLIN –<br />
WIE GEHT ES WEITER?<br />
Zu einer Online-Diskussion waren nicht die „üblichen Verdächtigen“<br />
eingeladen, sondern Oppositionspolitiker und Verkehrsexperten.<br />
Für das <strong>Taxi</strong>gewerbe war Hermann Waldner dabei.<br />
Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-<br />
Stiftung hatte Ende Juli zum<br />
Webinar über den <strong>Berlin</strong>er Stadtverkehr<br />
der Zukunft geladen. Programmreferent<br />
Dr. Georg Mannsperger übergab das<br />
Wort nach einer Begrüßungsansprache an<br />
die Moderatorin, Jessica Hanack, Redakteurin<br />
für Mobilität der <strong>Berlin</strong>er Morgenpost.<br />
Da das <strong>Taxi</strong> kein zentrales Thema in<br />
der allgemeinen Verkehrspolitik ist, stand<br />
zunächst der Linienverkehr im Vordergrund.<br />
Die Experten kritisierten, in <strong>Berlin</strong><br />
würden zu viele Planungen<br />
und Verkehrsprojekte<br />
endlos gegeneinander<br />
abgewogen<br />
und immer weiter<br />
geprüft, als wolle man<br />
sich vor Entscheidungen<br />
drücken.<br />
Henner Schmidt,<br />
Sprecher für Infrastruktur<br />
und Umwelt<br />
der FDP-Fraktion im <strong>Berlin</strong>er Abgeordnetenhaus,<br />
pflichtete den Vorrednern bei<br />
und meinte, dass schnell zu realisierende<br />
Projekte parallel mit langfristigen in<br />
Angriff genommen werden sollten. Oliver<br />
Friederici, verkehrspolitischer Sprecher<br />
der CDU-Fraktion und Vorsitzender des<br />
Verkehrsausschusses im Abgeordnetenhaus,<br />
kritisierte die Senatspolitik in vielen<br />
Punkten, beispielsweise fehle es an<br />
der mutigen Umsetzung von Projekten und<br />
der Fähigkeit, Dinge an mehreren Stellen<br />
«Der Senat hat<br />
mit dem LDS<br />
völlig falsch<br />
verhandelt.»<br />
Oliver Friederici<br />
gleichzeitig in Angriff zu nehmen, wie<br />
andere Bundesländer es tun. Die Koalitionsparteien<br />
seien sich untereinander in zu<br />
vielen Dingen uneinig.<br />
Zum Thema „Rufbus zur Überbrückung<br />
der letzten Meile“ fragte die Moderatorin<br />
Hermann Waldner, den sie als Gründer des<br />
europaweiten Mobilitätsservices taxi.eu<br />
mit der höchsten Fahrzeugdichte Europas<br />
vorstellte, auch bekannt als Vizepräsident<br />
des Bundesverbandes <strong>Taxi</strong> und Mietwagen<br />
e. V. und Geschäftsführer der Funkgesellschaft<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong>, ob<br />
er mit dem geplanten<br />
Rufbus-Testprojekt im<br />
Osten der Stadt Konkurrenz<br />
auf das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
zukommen<br />
sehe. Waldner sagte,<br />
dass die <strong>Taxi</strong>branche<br />
zwar auf keinen Auftrag<br />
gerne verzichte,<br />
doch würden auch<br />
moderne Verkehrsformen gebraucht, dagegen<br />
stelle das <strong>Taxi</strong>gewerbe sich nicht. Man<br />
sollte es aber einbeziehen und das nutzen,<br />
was es seit Jahrzehnten könne. Für spontanen<br />
Schienenersatzverkehr habe sich das<br />
<strong>Taxi</strong> als bestens geeignet erwiesen. Eine<br />
bestehende Flotte eigne sich für solche<br />
Einsätze am besten.<br />
Schmidt bemerkte, dass Rufbusse aufgrund<br />
der schlechten Anbindung der<br />
Außenbezirke eine sinnvolle Ergänzung<br />
seien, und dass ein Rufbusprojekt schnell<br />
darstellbar sei: Man bräuchte nicht zehn<br />
Jahre lang Schienen zu bauen, sondern<br />
müsse nur Fahrzeuge kaufen und Verträge<br />
abschließen. Es sei sinnvoll, beim Erstellen<br />
solcher Konzepte „die <strong>Taxi</strong>wirtschaft mit in<br />
den Blick zu nehmen und zu überlegen, wie<br />
man die am besten einbindet“.<br />
NÄCHSTER SENAT WIRD<br />
WIEDER EISERN SPAREN MÜSSEN<br />
Michael Rothe, Vorstandsvorsitzender<br />
des Verkehrspolitischen Informationsvereins<br />
(VIV), merkte an, der Einsatz von<br />
Rufbussen in wesentlich mehr Gebieten<br />
könne den ÖPNV deutlich wirtschaftlicher<br />
machen, und die Erfordernis hierfür stelle<br />
sich nach der Corona-Krise leider sehr deutlich:<br />
Der nächste Senat werde erheblich<br />
weniger Geld zur Verfügung haben als der<br />
jetzige – wie auch Schmidt prognostizierte.<br />
Zweites großes Thema war die Sharing-<br />
Mobilität. Leihrädern und E-Scootern steht<br />
Stephan Wilhelm, Verkehrsplaner und Vertreter<br />
des Netzwerks Bündnis Schiene <strong>Berlin</strong>-Brandenburg<br />
(BSBB), skeptisch gegenüber,<br />
da noch zu viele grundlegende Dinge<br />
nicht ausgereift seien. Schmidt befürwortet<br />
die kleinen Fahrzeuge grundsätzlich, sieht<br />
aber viel Regelungsbedarf. Alles zu limitieren,<br />
zu lizenzieren oder „Strafzahlungen<br />
draufzuhauen“, wie der Senat es wolle, hält<br />
er dagegen für den falschen Weg. Auch<br />
Friederici sieht darin übertriebene staatliche<br />
Regelungswut und eine Beschränkung<br />
der sozialen Marktwirtschaft. Er erwartet,<br />
FOTOS: Martin Rulsch, Harry Schnitger, <strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong>, Agentur BahnStadt, VIV<br />
8 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
WAHLEN<br />
Screenshots: Friedrich-Naumann-Stiftung<br />
dass die von Grünen und Linken geplante<br />
Änderung des <strong>Berlin</strong>er Straßengesetzes<br />
(BerlStrG), die nicht nur die Opposition,<br />
sondern auch die SPD ablehne, vor Gericht<br />
ebenso „krachend scheitern“ werde wie der<br />
Mietendeckel. Rothe ergänzte, die Sharing-<br />
Zweiräder sollten dringend auch verpflichtend<br />
in Außenbezirke gebracht werden –<br />
was Friederici unterstützte, Schmidt jedoch<br />
für unwirtschaftlich hält.<br />
Schließlich ging es um das Thema <strong>Taxi</strong><br />
und Mietwagen. Laut Waldner muss die<br />
Verwaltung sich bewusst sein, ob sie eine<br />
Regulierung des Mietwagenmarktes bevorzugt<br />
oder weiterhin Wildwuchs zulassen<br />
will. Die ausufernde Zahl von Mietwagen<br />
gefährde Arbeitsplätze im <strong>Taxi</strong>gewerbe.<br />
Die an deren Stelle im Mietwagengewerbe<br />
geschaffenen Arbeitsplätze seien prekär,<br />
da bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit<br />
zwischen 23 und 34 km/h in der Stadt nur<br />
ein bestimmter Umsatz in der verfügbaren<br />
Zeit zu erzielen sei. Unterbiete man<br />
die <strong>Taxi</strong>-Fahrpreise, so sei zwangsläufig<br />
„irgendjemand der Dumme“, d. h., dies<br />
geschehe auf Kosten der Arbeitnehmer<br />
und/oder des Gemeinwesens, das dafür<br />
bezahlen müsse – gemeint ist, dass Fahrer<br />
beispielsweise beim Arbeitsamt „aufstocken“<br />
müssen und dem Staat Steuern entgehen.<br />
Daher sei eine Regulierung nötig.<br />
In <strong>Berlin</strong> werde derzeit die Bedeutung des<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbes für die Daseinsvorsorge<br />
„böse missachtet“.<br />
FRIEDERICI: SENAT TUT NICHTS<br />
FÜR DAS TAXIGEWERBE<br />
Auf die Zuschauerfrage, wie die CDU<br />
einen fairen Wettbewerb garantieren wolle,<br />
antwortete Friederici ohne Zögern: „Indem<br />
wir das mehr kontrollieren, und zwar konzertiert<br />
mit Zoll, Finanzbehörden und der<br />
Polizei.“ Der Senat müsse sich mehr für die<br />
Branche engagieren, die für Preissicherheit<br />
und einen klaren Tarif stehe – „etwas ganz<br />
anderes als das, was Uber anbietet.“ Im Fall<br />
des Flughafens BER habe der Senat bei<br />
Moderatorin Jessica Hanack von der <strong>Berlin</strong>er Morgenpost und die fünf<br />
Verkehrsexperten beim Online-Gespräch<br />
der Tarifproblematik versagt. Auch gegen<br />
Schwarzarbeit im <strong>Taxi</strong>gewerbe gehe man<br />
etwa in München ungleich konsequenter<br />
vor als in <strong>Berlin</strong>.<br />
Zum Thema Mindestpreise für Mietwagen<br />
bezeichnete Schmidt den Wettbewerb<br />
zwischen <strong>Taxi</strong> und Mietwagen als „teilweise<br />
sehr unfair“. Dennoch solle man<br />
die neue Möglichkeit des Mindestpreises<br />
nicht missbrauchen und ihn zu hoch ansetzen.<br />
Ein vorsichtig und genau kalkulierter<br />
Mindestpreis, der auf die Kosten des Autos,<br />
des Benzins und den Mindestlohn für den<br />
Fahrer abstellt, sei eine wichtige Grundlinie.<br />
Die hohe Vermittlungsprovision und<br />
der Gewinn des Mietwagenunternehmers<br />
kamen in der Rechnung allerdings nicht vor.<br />
Beim Thema Flughafen erwähnte Moderatorin<br />
Hanack den häufigen Notstand mit<br />
langen Wartezeiten für die Passagiere und<br />
fragte Waldner nach Lösungsmöglichkeiten.<br />
Der beklagte das Fehlen eines vernünftigen<br />
Vertrages zwischen <strong>Berlin</strong> und<br />
Brandenburg, den man „vor vielen Jahren<br />
vergessen“ habe. LDS-Landrat Stephan<br />
Loge habe eine „etwas eigentümliche Vorstellung“<br />
davon, wie viele Taxen am Flughafen<br />
künftig benötigt werden. Zudem fahre<br />
kaum ein <strong>Taxi</strong> mit BER-Ladeberechtigung<br />
ohne Anlass nach Schönefeld, um sich dort<br />
womöglich mehrere Stunden bereitzuhalten.<br />
Zum Zeitpunkt der Diskussion war die<br />
neue 80-Prozent-Regel noch nicht bekannt<br />
(siehe S. 22).<br />
Als Ziel müsse die <strong>Berlin</strong>er Politik<br />
anstreben, dass <strong>3.</strong>000 bis 4.000 <strong>Berlin</strong>er<br />
Taxen am Hauptstadtflughafen ladeberechtigt<br />
werden. Da immer nur ein Bruchteil<br />
der berechtigten <strong>Taxi</strong>s bereitstehen werde,<br />
könne der Flughafen bei weitem nicht hinreichend<br />
bedient werden.<br />
Scharfe Kritik kam von Friederici: „Der<br />
Senat hat völlig falsch verhandelt.“ Von<br />
zehn Fluggästen am BER kämen etwa sieben<br />
aus <strong>Berlin</strong>, zwei aus Polen und einer<br />
aus Brandenburg. Wenn der LDS sich in<br />
den Verhandlungen nicht bewege, so müsse<br />
ein „Befahrverbot für die <strong>Taxi</strong>s“ her, technisch<br />
sei dies umsetzbar, indem man am<br />
Terminal 1 des Flughafens eine der beiden<br />
Ladeleisten für <strong>Berlin</strong>er Taxen und<br />
die andere für LDS-Taxen reserviere und<br />
keinem <strong>Taxi</strong>fahrer erlaube, einen Fahrgast<br />
in das jeweils andere Bundesland zu bringen.<br />
Friederici warf Verkehrsstaatssekretär<br />
Ingmar Streese vor, überhaupt nicht die<br />
Interessen <strong>Berlin</strong>s gegenüber Brandenburg<br />
zu vertreten.<br />
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TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
9
WAHLEN<br />
WAS DIE PARTEIEN WOLLEN: EIN<br />
STREIFZUG DURCH DIE WAHLPROGRAMME<br />
VIELE GEMEINSAMKEITEN,<br />
VIELE UNTERSCHIEDE<br />
Über die gewerbepolitischen Herausforderungen<br />
für die <strong>Taxi</strong>branche haben<br />
wir auf den vorherigen Seiten berichtet.<br />
Hier nun noch ein Überblick<br />
über die geplante Verkehrspolitik der<br />
sechs Parteien, die im <strong>Berlin</strong>er Abgeordnetenhaus<br />
vertreten sind. Dazu finden<br />
sich in den Wahlprogrammen mehr<br />
Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Ein<br />
Streifzug durch die Wahlprogramme<br />
kann hier nicht umfassend sein und hat<br />
keine bestimmte Reihenfolge.<br />
Inklusion ist für alle Parteien im Abgeordnetenhaus<br />
ein Muss, ebenso das Ziel<br />
eines umweltfreundlicheren Verkehrs<br />
mit mehr und attraktiverem ÖPNV.<br />
FDP-VERKEHRSPOLITIK<br />
Die FDP schreibt: „Wir wollen unsere<br />
Verkehrsinfrastruktur grundlegend<br />
modernisieren und Mobilität neu denken.“<br />
Man wolle die Daseinsberechtigung jedes<br />
Verkehrsmittels anerkennen; der Bürger<br />
müsse wählen können. Autoverkehr solle<br />
weder aus der Innenstadt verdrängt noch<br />
gezielt unattraktiv gemacht werden. Viel<br />
mehr sollen die Alternativen gestärkt werden.<br />
Das Mobilitätsgesetz müsse überarbeitet<br />
werden, Außenbezirke und Umland<br />
besser angebunden sein. Und ganz klare<br />
Ansage: Die FDP will das Straßennetz weiter<br />
ausbauen.<br />
Wie gewohnt setzt die FDP sich besonders<br />
für Innovationen ein, sei es autonomes<br />
Fahren (auch „durch Flotten autonomer<br />
Kleintaxis“), Wasserstoffantrieb, Rufbusse<br />
oder eine dichte Ladeinfrastruktur. Dabei<br />
wird eine Kooperation mit der Privatwirtschaft<br />
ausdrücklich angestrebt – wie etwa<br />
beim „Berlkönig“, dessen Weiterbetrieb<br />
gefordert wird.<br />
DAS TAXI IM<br />
FDP-WAHLPROGRAMM<br />
Auch von einer Liberalisierung des <strong>Taxi</strong>markts<br />
„im Interesse der Kundinnen und<br />
Kunden“ ist die Rede, um zusätzlichen<br />
Anbietern – damit sind ganz FDP-typisch<br />
Uber und Free Now gemeint – die Verwirklichung<br />
neuer Geschäftsmodelle zu<br />
ermöglichen.<br />
Die FDP hatte sich am stärksten gegen<br />
die TXL-Schließung eingesetzt. Nun sollen<br />
wenigstens alle <strong>Berlin</strong>er Taxen am<br />
BER laden dürfen – fraglich ist nur, wie<br />
das erreicht werden soll.<br />
GRÜNE VERKEHRSPOLITIK<br />
Das genaue Gegenteil vom Straßennetzausbau<br />
wollen Bündnis 90/Die Grünen<br />
(und Die Linke). Bettina Jarasch, die<br />
Spitzenkandidatin der Grünen, sagte im<br />
März, statt über den Weiterbau der A 100<br />
sollte man über den Rückbau reden. „Ich<br />
meine damit, dass <strong>Berlin</strong> mit der A 100 vor<br />
vielen Jahrzehnten etwas begonnen hat,<br />
was im Jahr <strong>2021</strong> ganz klar ein Fehler ist.<br />
Innerstädtischer Raum ist heutzutage viel<br />
zu wertvoll, um ihn an eine Autobahn zu<br />
verschwenden.“<br />
Da bei Autobahnen auch der Bund mitzureden<br />
hat, wird die A 100 voraussichtlich<br />
ab 2024 im Ortsteil Alt-Treptow enden. An<br />
der vorläufig letzten Ausfahrt an der Straße<br />
Am Treptower Park droht dann ein extremes<br />
Stauchaos, da die Fertigstellung der<br />
Elsenbrücke erst für 2028 erwartet wird –<br />
für die Grünen ein Grund, die aktuelle Bautätigkeit<br />
in Frage zu stellen. Für die anderen<br />
– mit Ausnahme der Linken – ist es<br />
dagegen ein Grund, den 17. Bauabschnitt,<br />
also die Fortsetzung von Alt-Treptow nach<br />
Lichtenberg, zügig anzugehen.<br />
An einigen Stellen fordert das grüne<br />
Wahlprogramm eine kosequente Umsetzung<br />
der Klimaschutzziele: Autos mit Verbrennungsmotor<br />
sollen bis 2030 aus der<br />
Innenstadt und bis 2035 aus ganz <strong>Berlin</strong><br />
verschwinden. Zudem wollen Sie eine „City-<br />
Maut“ für die Innenstadt einführen.<br />
Mit der Umsetzung des Mobilitätsgesetzes<br />
von 2018, das deutlich die grüne<br />
Handschrift trägt,<br />
sind weitere Vorhaben<br />
bereits in Teilen<br />
umgesetzt worden und<br />
im Straßenraum sichtbar,<br />
etwa die Umverteilung<br />
des Straßenraums zugunsten<br />
des Fahrradverkehrs oder die<br />
Erweiterung des Busspurnetzes mit<br />
punktueller Verbreiterung von Busspurabschnitten,<br />
die das Überholen von Radfahrern<br />
durch Busse und Taxen ermöglicht.<br />
DAS TAXI IM<br />
GRÜNEN WAHLPROGRAMM<br />
Das <strong>Taxi</strong>gewerbe wollen die Grünen<br />
erhalten und „ihm neue Geschäftsfelder<br />
eröffnen: ob beim Pooling oder durch Inklusionstaxis.“<br />
Deren Anzahl wollen die Grünen<br />
deutlich erhöhen.<br />
AFD-VERKEHRSPOLITIK<br />
Ganz andere Vorstellungen als die Grünen<br />
hat die AfD, deren verkehrspolitischer<br />
Sprecher Frank Scholtysek mit zwei Co-<br />
Autoren ein umfassendes und detailreiches<br />
Verkehrskonzept für <strong>Berlin</strong> verfasst hat.<br />
Hier wird auch der Weiterbau der A100 nach<br />
Lichtenberg mit Tendenz zum kompletten<br />
Ringschluss gefordert, um die Innenstadt<br />
mehr zu entlasten. Außerdem soll die Tangentiale<br />
Verbindung Ost vorangetrieben<br />
und als Tangentiale Verbindung Nord über<br />
Weißensee bis nach Reinickendorf weitergebaut<br />
werden.<br />
Pendlern soll der Umstieg in den Zug<br />
durch Verbesserungen bei der Bahninfrastruktur<br />
schmackhaft gemacht werden.<br />
Nicht Zwang, sondern die Attraktivität<br />
eines Verkehrsmittels müsse laut AfD<br />
der Grund zum Umstieg sein. Finanziert<br />
werden soll das ganze dadurch, dass der<br />
dann attraktivere ÖPNV von sehr viel mehr<br />
Fahrgästen genutzt wird, die auch höhere<br />
Fahrpreise bezahlen sollen – was wiederum<br />
nicht nach Attraktivitätssteigerung klingt.<br />
FOTOS: Siehe Seite 3<br />
10 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
WAHLEN<br />
Von oben rechts im Uhrzeigersinn: Franziska Giffey (SPD), Kai Wegner (CDU),<br />
Kristian Ronneburg (Linke), Regine Günther (Grüne), Frank Scholtysek (AfD),<br />
Henner Schmidt (FDP), Klaus Lederer (Linke), Bettina Jarasch (Grüne),<br />
Tino Schopf (SPD), Oliver Friederici (CDU)<br />
DAS TAXI IM<br />
AFD-WAHLPROGRAMM<br />
Die Auto-, E-Moped-, E-Roller- und Fahrradflotten<br />
des Free-Floating-Sharing müssen<br />
nach Meinung der AfD kontingentiert<br />
werden, denn sie „kannibalisieren <strong>Taxi</strong><br />
und ÖPNV“ .<br />
LINKE VERKEHRSPOLITIK<br />
Die Linke stimmt den Grünen zu, die<br />
A 100 solle zurückgebaut werden. Der<br />
Zugang zu Mobilität solle weder vom<br />
Wohnort noch vom Besitz eines Autos,<br />
vom Gesundheitszustand und auch nicht<br />
vom Geldbeutel abhängen. Zudem wünscht<br />
sich die Linke kostenlosen Linienverkehr,<br />
wie er für Schüler üblich ist, langfristig<br />
für alle.<br />
Finanzieren wollen die Linken das unter<br />
anderem mit einer Nahverkehrsabgabe und<br />
einer höheren Besteuerung von Diesel. Im<br />
Unterschied zu den Grünen lehnen sie<br />
eine City-Maut ab und wollen „niemanden<br />
zwangsbeglücken“, sondern allen die Wahl<br />
des Verkehrsmittels lassen.<br />
DAS TAXI IM<br />
LINKEN WAHLPROGRAMM<br />
Zur Umsetzung des Inklusionsgedanken<br />
regt Die Linke an, das Land <strong>Berlin</strong> solle<br />
Inklusionstaxen kaufen und an die Unternehmer<br />
verleasen, um die Barriere der<br />
hohen Anschaffungskosten<br />
zu<br />
umgehen (ein Vorschlag,<br />
den auch<br />
Oliver Friederici<br />
von der CDU bereits<br />
äußerte). Außerdem<br />
steht in ihrem allgemeinen,<br />
aber sehr<br />
umfangreichen Wahlprogramm,<br />
man wolle<br />
die „Bevorteilung von Uber<br />
und Co beenden, da Taxen<br />
eine wichtige Aufgabe in der<br />
Ergänzung des ÖPNV übernehmen.<br />
Wir wollen Kontrollen von Mietwagenunternehmen<br />
bezüglich der Einhaltung<br />
der gesetzlichen Bestimmungen deutlich<br />
verstärken. <strong>Berlin</strong> sollte nach dem Vorbild<br />
Hamburgs Mietwagenunternehmen<br />
zur Installation von Fiskaltaxametern<br />
verpflichten, damit Kontrollen wirksam<br />
durchgeführt werden können.“<br />
SPD-VERKEHRSPOLITIK<br />
Die SPD hat als Spitzenkandidatin Franziska<br />
Giffey aufgestellt, eine Kennerin der<br />
Stadt und besonders ihrer sozialen Probleme.<br />
Was die verkehrspolitischen Vorstellungen<br />
der SPD betrifft, so lässt sich<br />
eine große Schnittmenge mit den beiden<br />
Koalitionspartnern ausmachen. Auch<br />
die SPD sieht im Auto nicht die Mobilität<br />
der Zukunft und steht hinter dem Mobilitätsgesetz,<br />
aber <strong>Berlin</strong> könne und werde<br />
weder ausschließlich eine Autostadt noch<br />
ausschließlich eine Fahrradstadt sein. Folglich<br />
wird kein radikaler Kurs gegen den<br />
Autoverkehr angestrebt, sondern ebenfalls<br />
ein Ausbau des ÖPNV-Netzes als Anreiz<br />
zum Umstieg.<br />
DAS TAXI IM<br />
SPD-WAHLPROGRAMM<br />
Zu taxirelevanten Themen schreibt die<br />
SPD: „Carsharing-Angebote werden wir<br />
möglichst auf ganz <strong>Berlin</strong> ausweiten und<br />
das lokale <strong>Taxi</strong>gewerbe fördern.“ Das<br />
Inklusionstaxi will man „erhalten und verbessern“.<br />
Private Fahrdienste, die wie <strong>Taxi</strong>s<br />
agieren, „müssen auch wie <strong>Taxi</strong>s reguliert<br />
werden. Wir wollen das lokale <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
vor unlauterem Wettbewerb schützen.“<br />
CDU-VERKEHRSPOLITIK<br />
Last but not least: CDU-Spitzenkandidat<br />
Kai Wegner befürwortet den Weiterbau der<br />
A 100 und hätte zur Steigerung der Attraktivität<br />
des ÖPNV am liebsten einen Zwei-<br />
Minuten-Takt zu Stoßzeiten, außerdem<br />
deutlich bessere Takte in allen Stadtteilen<br />
auch beim Bus und ein 365-Euro-Ticket, da<br />
nur ein viel attraktiverer ÖPNV die Straßen<br />
entlasten könne. Von jeder Haltestelle<br />
<strong>Berlin</strong>s aus sollen in maximal 30 Minuten<br />
Alex oder Zoo erreichbar sein, hierzu<br />
bedürfe es weiterer „Expressverkehrsmittel<br />
(Regio, S- oder U-Bahn, Tram, X-Bus)“<br />
sowie Rufbusse nach „Berlkönig“-Vorbild.<br />
Zudem werden umfangreiche Ausbaumaßnahmen<br />
und Verbesserungen im Regionalund<br />
Fernverkehr angekündigt, wobei ein<br />
Schwerpunkt auf PR-Parkplätzen liegt.<br />
Diese gelten als Schlüssel zur Entlastung<br />
innerstädtischer Straßen.<br />
Im „fairen Miteinander aller Mobilitätsformen“<br />
habe auch das Auto seinen<br />
„berechtigten Platz“. Eine City-Maut lehnt<br />
die CDU ab. „Auch die Elektromobilität<br />
bringen wir voran – mit Batteriewechselstationen<br />
und 50.000 zusätzlichen Ladepunkten“,<br />
so das Wahlprogramm. Für eine<br />
„nachhaltige, vernünftige und unideologische<br />
Verkehrswende“ setzt die CDU auch<br />
auf die Wasserstofftechnologie.<br />
DAS TAXI IM<br />
CDU-WAHLPROGRAMM<br />
Unter der Überschrift „Zukunftsprogramm<br />
<strong>Taxi</strong>“ heißt es im Wahlprogramm:<br />
„Wir werden ein Zukunftsprogramm <strong>Taxi</strong><br />
auflegen, um diese Mobilitätsform fit für<br />
die kommenden Jahrzehnte zu machen.<br />
Dazu gehören die klimagerechte Umwandlung<br />
der <strong>Taxi</strong>flotte, eine angepasste Konzessionsvergabe<br />
und das konsequente<br />
Vorgehen der Ordnungsbehörden gegen<br />
schwarze Schafe unter den <strong>Taxi</strong>unternehmen.“<br />
Gleich anschließend steht im Absatz<br />
„Neuartige Fahrvermittlungsdienste“ dann<br />
aber: „Dank digitaler Innovationen können<br />
neuartige Fahrvermittlungsdienste einen<br />
Beitrag zur Individualmobilität in <strong>Berlin</strong><br />
leisten. Wir wollen diese Dienste in <strong>Berlin</strong><br />
zulassen, solange für die Fahrer und Fahrzeuge<br />
die gleichen Qualitätsanforderungen<br />
gelten wie im <strong>Taxi</strong>bereich.“<br />
ar<br />
TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
11
TAXI BERLIN<br />
VIAVAN GEWINNT<br />
SFD-AUSSCHREIBUNG<br />
Der „Berlkönig“ von ViaVan – bald der große<br />
<strong>Berlin</strong>er Anbieter von Behindertenfahrten?<br />
Bisher wird der Sonderfahrdienst in <strong>Berlin</strong> von<br />
der WBT betrieben. Bei der letzten<br />
Ausschreibung hat ViaVan die WBT unterboten<br />
und erhält nun für knapp fünf Jahre den<br />
Auftrag zur Behindertenbeförderung.<br />
Die Ausschreibung war verschoben<br />
worden, so dass der nächste Turnus<br />
nun statt am 1.6. erst am 1.10.<br />
beginnt – und am 30.6.2026 endet. ViaVan,<br />
ein Plattformanbieter, der auf Ridepooling<br />
per App spezialisiert ist und in <strong>Berlin</strong> in<br />
Kooperation mit der BVG den „Berlkönig“<br />
betreibt, ist seit 2017 ein Joint-Venture<br />
zwischen dem deutschen Daimler-Konzern<br />
und der amerikanisch-israelischen Via<br />
Transportation Incorporated, die weltweit<br />
Ridepooling-Dienste betreibt.<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong> rechnet damit, dass ein Teil<br />
der Subunternehmer, die die Fahrten bisher<br />
im Auftrag des SFD durchführten, weiterhin<br />
im Geschäft bleibt, nur nicht mehr im<br />
Auftrag der Wirtschaftsgenossenschaft<br />
<strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>besitzer (WBT), sondern von<br />
der ViaVan GmbH. Fahrgäste berichten<br />
aber auch von Stammfahrern, die sich<br />
bereits von ihren treuen Kunden verabschieden<br />
mit dem Worten: „Ab Oktober<br />
bin ich arbeitslos.“<br />
ViaVan stellt für den Sonderfahrdienst<br />
laut <strong>Berlin</strong>er Behinderten-Zeitung 54<br />
Fahrzeuge bereit und erhofft sich durch<br />
die Bündelung der Fahrten eine Steigerung<br />
der Effektivität. Dies dürfte bei rund<br />
300 Fahrten pro Tag aber die Ausnahme<br />
bleiben. Zudem können oder wollen viele<br />
Nutzer des Sonderfahrdienstes keine App<br />
benutzen.<br />
Aufträge, die die Kapazitäten des<br />
Sonderfahrdienstes übersteigen, werden<br />
nach Möglichkeit an das <strong>Taxi</strong>gewerbe weitergegeben.<br />
Dies könnte zumindest in der<br />
ersten Zeit zu Problemen führen, da es <strong>Berlin</strong>-weit<br />
noch keine 30 barrierefreien <strong>Taxi</strong>s<br />
gibt. Hier übersteigt die Nachfrage das<br />
Angebot bei Weitem, was die Umrüstung<br />
eines <strong>Taxi</strong>s zum Inklusionstaxi zu einer<br />
lukrativen Investition macht, wie <strong>Taxi</strong>-<br />
<strong>Berlin</strong>-Chef Hermann Waldner vorrechnet.<br />
Er sieht in der bevorstehenden Kooperation<br />
eine Chance für das <strong>Taxi</strong>gewerbe und appelliert<br />
seit Langem an die Unternehmer, bei<br />
der Erneuerung des Fuhrparks die Prämien<br />
für Inklusion und Elektromobilität mitzunehmen,<br />
da man so mit BAFA-Förderung bis<br />
zu 39.000 Euro Förderung je Fahrzeug erhalten<br />
kann.<br />
ar<br />
VORBESTELLUNG<br />
AM BER ANBIETEN<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong> punktet derzeit bei<br />
Fahrgästen mit Verlässlichkeit:<br />
Aufgrund der Unterversorgung des<br />
Flughafens BER mit Taxen entstehen häufig<br />
Schlangen von wartenden Fahrgästen.<br />
Die Lösung: Kunden können Taxen am<br />
BER bestellen oder sogar vorbestellen. Da<br />
Taxen ohne Transponder die Ladeleisten<br />
nicht befahren können, werden Vorbestellkunden<br />
am Terminal 1 auf der Ebene<br />
0 (Ankunftsebene) zum Kurzzeitparkplatz<br />
geschickt. Er befindet sich links neben der<br />
Busvorfahrt, an der die Ladeleisten für<br />
Taxen mit Transponder abzweigen. Hier ist<br />
auch ein sinnvoller Standort für Kunden,<br />
die ihr <strong>Taxi</strong> per App bestellen.<br />
<strong>Taxi</strong>-<strong>Berlin</strong>-Geschäftsführer Hermann<br />
Waldner bittet alle Kolleginnen und Kollegen,<br />
die jemanden zum Flughafen bringen,<br />
ihre Fahrgäste über diese Möglichkeit zu<br />
informieren: „Wer Fluggäste veranlasst, ihr<br />
<strong>Taxi</strong> für die Heimfahrt bei uns vorzubestellen,<br />
bindet Kunden an das <strong>Taxi</strong>gewerbe. So<br />
entsteht auch ein Vorteil im Wettbewerb<br />
mit den Mietwagenanbietern.<br />
Jeder Fahrer mit Funkauftrag kann auf<br />
dem Kurzzeitparkplatz laden. Das berührt<br />
keine Verträge zwischen <strong>Berlin</strong> und Brandenburg.<br />
Wer als Fahrgast auf Nummer<br />
sicher gehen will, sollte also unter Tel.<br />
(030) 20 20 20 sein <strong>Taxi</strong> rechtzeitig zum<br />
BER bestellen. In der Fahrer-App kann man<br />
die tatsächliche Ankunftszeit des Fluges<br />
abrufen.“<br />
ar<br />
FOTOS: BVG/Oliver Lang, <strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong><br />
12 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
TAXI BERLIN<br />
LOBBYARBEIT AUF<br />
EUROPÄISCHER EBENE<br />
Mit „<strong>Taxi</strong>s4SmartMobility“ ist seit einigen Monaten eine <strong>Taxi</strong>vertretung<br />
in Brüssel aktiv. Die Gründung geht auf Hermann Waldner zurück.<br />
FOTO: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
Hermann Waldner vertritt die <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>-<br />
Interessen bis nach Brüssel.<br />
Das <strong>Taxi</strong>s4SmartMobility-Netzwerk<br />
(T4SM) ist die konsequente Weiterentwicklung<br />
von zunächst<br />
bilateralen Gesprächen zwischen Hermann<br />
Waldner und Vertretern der großen französischen<br />
<strong>Taxi</strong>zentrale G7, die der <strong>Berlin</strong>er<br />
und Geschäftsführer von taxi.eu sowohl<br />
in seiner Funktion als Vizepräsident des<br />
Bundesverbandes <strong>Taxi</strong> und Mietwagen<br />
als auch als Vorstandsmitglied von <strong>Taxi</strong><br />
Deutschland führte – schon damals mit<br />
dem Ziel, eine schlagkräftige Organisation<br />
auf europäischer Ebene aufzustellen.<br />
Heute ist T4SM ein Zusammenschluss<br />
von Verbänden, Vermittlern und Zentralen<br />
aus Deutschland, Dänemark, Frankreich,<br />
den Niederlanden und der Schweiz.<br />
Deren Ziel definiert Waldner wie folgt: „Wir<br />
kennen den starken Einfluss von Uber &<br />
Co. in Brüssel. Dies darf aber keinesfalls<br />
dazu führen, dass die Europäische Union<br />
in Bezug auf die Personenbeförderung<br />
gesetzliche Regelungen trifft, die bewährte<br />
nationale Personenbeförderungsgesetze<br />
unter dem Deckmantel der Digitalisierung<br />
verwässert.“<br />
Vorsitzender von T4SM ist der Münchener<br />
Mehrwagenunternehmer und Verbandsfunktionär<br />
Gregor Beiner. Für ihn<br />
ist der Zusammenschluss auf europäischer<br />
Ebene von großer Bedeutung: „Die Arbeit<br />
von <strong>Taxi</strong>s4SmartMobility (T4SM) zeigt –<br />
und hat bereits gezeigt –, wie wichtig diese<br />
ist. Auf europäischer Ebene werden die Entscheidungen<br />
getroffen, welche zukünftig<br />
auch für unser Gewerbe relevant werden.<br />
Mit T4SM sind wir in der Lage, die Entscheidungen<br />
zu beeinflussen und dem <strong>Taxi</strong><br />
gerade auch auf dieser Ebene ein Gesicht zu<br />
geben. Wie wichtig das ist, sehen wir in den<br />
verschiedenen Kommissionssitzungen, an<br />
denen wir teilnehmen, wo große Plattformanbieter<br />
ebenfalls starke Präsenz zeigen<br />
und versuchen, Rahmenbedingungen für<br />
sich optimal zu gestalten.”<br />
DAS TAXIGEWERBE ALS<br />
STARKE EUROPÄISCHE MARKE<br />
Gründungsmitglieder des Netzwerks,<br />
welches sich direkt in Brüssel für das<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe einsetzt, sind taxi.eu, les<br />
taxis G7, <strong>Taxi</strong> Deutschland eG, <strong>Taxi</strong> 40100<br />
für das österreichische <strong>Taxi</strong>gewerbe,<br />
Gescop, Koninklijk Nederlands Vervoer,<br />
Dansk Person Transport, Bundesverband<br />
<strong>Taxi</strong> und Mietwagen e. V. und <strong>Taxi</strong>-phone<br />
Genève. Die Mitglieder stehen für digitale<br />
Innovation, sozial verantwortliches<br />
Handeln sowie für das Vorantreiben einer<br />
nachhaltigen und „grünen“ Zukunft in der<br />
Personenbeförderung. Zudem verfolgt das<br />
Netzwerk eine effiziente und transparente<br />
Nutzung und Auswertung der durch die<br />
Personenbeförderung gewonnenen Daten.<br />
In einem Manifest, das auf der Webseite<br />
der Organisation zu finden ist, wird das<br />
Ziel klar ausgesprochen: „Wir fordern<br />
die Europäische Kommission auf, sicherzustellen,<br />
dass die Zukunft der Mobilität<br />
nachhaltig, innovativ, sozial verantwortlich<br />
und sicher ist und die Einzigartigkeit<br />
des <strong>Taxi</strong>gewerbes anerkannt wird.“ Die<br />
oben genannten ‚Best-Practice‘-Beispiele<br />
zeigen, dass das <strong>Taxi</strong>gewerbe seine Stärke<br />
lokal und regional ausspielen kann. Nimmt<br />
man zudem die lokalen Unterschiede in<br />
der Gesetzgebung mit in die Betrachtung<br />
auf, dann erklärt sich auch, warum T4SM<br />
auf EU-Ebene verdeutlichen will, warum<br />
es gut ist, dass das <strong>Taxi</strong>gewerbe und die<br />
politischen Rechtsgrundlagen in jedem<br />
Land individuell organisiert sind und eine<br />
EU-einheitliche Gesetzgebung das vor<br />
Ort geleistete Engagement, wie beispielsweise<br />
die Krankenbeförderung, gefährden<br />
könnte und stattdessen den sogenannten<br />
Plattformanbietern Tür und Tor öffnen<br />
würde. Erst letzten Monat haben Vertreter<br />
der T4SM-Geschäftsstelle in Brüssel<br />
an mehreren Workshops und Politikgesprächen<br />
teilgenommen und konnten dort<br />
gegenüber Stakeholdern und Abgesandten<br />
von Kommissionen die Interessen des <strong>Taxi</strong>gewerbes<br />
vertreten. Bei den von DG MOVE,<br />
Cerre und POLIS veranstalteten Workshops<br />
mit dem Titel „EU-Regulierung von Ride-<br />
Hailing“ waren auch Vertreter von Uber<br />
& Co. unter den Teilnehmern. Genau das<br />
zeigt, wie wichtig es ist, dass auch die<br />
<strong>Taxi</strong>branche auf der europäischen Ebene<br />
präsent ist.<br />
jh<br />
TAXI BERLIN TZB GMBH<br />
Persiusstraße 7, 10245 <strong>Berlin</strong><br />
Telefon: +49 (0)30 / 690 27 20<br />
Telefax: +49 (0)30 / 690 27 19<br />
E-Mail: info@taxi-berlin.de<br />
www.taxi-berlin.de<br />
Das Kundencenter ist derzeit coronabedingt<br />
geschlossen. Verbrauchsmaterialien<br />
wie Quittungen etc. sind im<br />
Technikcenter Mo-Fr 8-16 Uhr und in<br />
der Außenstelle Ruhleben (Freiheit<br />
22, Mo-Fr 9-18 Uhr) erhältlich.<br />
Fahrer- und Unternehmerbetreuung:<br />
fub@taxi-berlin.de, Tel. 20 20 21-130<br />
Geschäftsführer: Hermann Waldner<br />
Presserechtlich verantwortlich für<br />
diese Seite: Hermann Waldner<br />
Redaktion: Axel Rühle (ar)<br />
Pressekontakt: presse@taxi-berlin.de<br />
TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
13
GEWERBE<br />
Dominik Eggers und Richard Leipold beim Webinar<br />
DÜSTERE AUSSICHTEN<br />
Als die PBefG-Novelle Ende Mai weitgehend ausgearbeitet war, klärte<br />
der BVTM über die künftigen Regelungen, Möglichkeiten und Gefahren<br />
auf. Regionale Gewerbevertreter gaben Einschätzungen dazu ab.<br />
Das Frühjahr <strong>2021</strong> war die Zeit des<br />
zweiten großen Lockdowns, so<br />
dass eine umfangreiche Seminarreihe<br />
zum neuen Personenbeförderungsgesetz<br />
(PBefG) digital stattfand. Der neu<br />
gewählte Präsident Herwig Kollar erklärte<br />
die wichtigen Änderungen, die Telekom-<br />
Vertreter Thomas Sell und Christian Meyer<br />
steuerten technische Aspekte bei, regionale<br />
Gewerbevertreter beleuchteten die Fakten<br />
im Zusammenhang mit den örtlichen Gegebenheiten,<br />
und Dominik Eggers vom BVTM<br />
moderierte die vier Webinare, die für die<br />
Regionen Nord, West, Ost und Süd abgehalten<br />
wurden.<br />
Am Webinar Ost nahm für <strong>Berlin</strong> Richard<br />
Leipold, erster Vorsitzender der <strong>Berlin</strong>er<br />
<strong>Taxi</strong>vereinigung e. V. (BTV), teil. Er zeichnete<br />
ein recht düsteres Bild der Zukunft für<br />
die <strong>Taxi</strong>branche der Bundeshauptstadt. Ein<br />
großes Problem resultiert seiner Einschätzung<br />
nach aus dem Wörtchen „kann“ in den<br />
Paragraphen 51 und 51 a des novellierten<br />
PBefG. So geben einzelne Kann-Bestimmungen<br />
den Genehmigungsbehörden<br />
die Möglichkeit, Kontingentierungen und<br />
Tarifkorridore festzulegen.<br />
Hamburg werde aufgrund seiner funktionierenden<br />
Politik und funktionierender<br />
Genehmigungsbehörden damit geringe<br />
Schwierigkeiten haben. In <strong>Berlin</strong> mit seiner<br />
„unwilligen“ Behörde sehe es jedoch<br />
ganz anders aus: Egal, wie viele Prozesse<br />
man gewinne und wie viele Rechtsverstöße<br />
durch digitale Plattformanbieter man<br />
belege, die Zahl der Mietwagen wachse<br />
unaufhörlich und werde demnächst die<br />
Zahl von 5.000 erreichen.<br />
UBERS ZUSCHUSSGESCHÄFT<br />
„Das Wort ‚kann’ macht uns also erhebliche<br />
Schwierigkeiten, weil es bedeutet,<br />
dass die Genehmigungsbehörden nicht<br />
verpflichtet sind, bestimmte Maßnahmen<br />
einzuleiten, die notwendig wären, um das<br />
Überleben des Taxengewerbes zu gewährleisten“,<br />
so Leipold. Der Hauptgrund für<br />
den Erfolg der Plattformanbieter liegt nach<br />
Leipolds Ansicht darin, dass sie das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
systematisch preislich unterbieten<br />
– was bei weitgehender Einhaltung rechtlicher<br />
Regeln wie Umsatzsteuergesetz und<br />
Arbeitsrecht gar nicht möglich sei – was<br />
er anhand einer Beispielrechnung belegt<br />
hat, die bereits in der letzten <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
<strong>Berlin</strong> erschienen ist. Die Angebote der<br />
Plattformanbieter könnten folglich nicht<br />
im Rahmen der Legalität liegen.<br />
Als Folge rechnet Leipold mit dem<br />
Verschwinden des über 100 Jahre alten<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbes. Seine Konkurrenzunfähigkeit<br />
resultiere nicht aus der Corona-Krise,<br />
sondern sei ein strukturelles, systemisches<br />
Problem. Durch die Vorteile des Mietwagengewerbes<br />
gegenüber dem <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
– nicht vorhandene Betriebspflicht, Beförderungspflicht<br />
und Tarifpflicht – würden<br />
die Plattformanbieter das <strong>Taxi</strong>gewerbe weiterhin<br />
durch Rosinenpickerei kannibalisieren,<br />
um sich nach dessen Verschwinden<br />
vom Markt einen erbitterten Konkurrenzkampf<br />
zu liefern.<br />
Die PBefG-Novelle sei somit nicht unbedingt<br />
als Fortschritt anzusehen, sondern<br />
bedeute in <strong>Berlin</strong> eher den Todesstoß des<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbes. Der Grund: Das Landesamt<br />
für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten<br />
(LABO) wäre in der Lage, zu sehen, was<br />
in <strong>Berlin</strong> passiert, doch sei der Wille, darauf<br />
zu reagieren, leider nicht erkennbar.<br />
Leipold zitierte den Oberbürgermeister<br />
einer westdeutschen Stadt, wenn man die<br />
Landesgrenze nach <strong>Berlin</strong> überschreite,<br />
verlasse man den funktionierenden Teil<br />
Deutschlands.<br />
Dass dieses Nichtfunktionieren nur am<br />
fehlenden Willen der Verwaltung bzw. der<br />
Politik liegt, zeige das Beispiel Hamburg,<br />
wo das Mietwagengewerbe funktionierend<br />
unter Kontrolle gehalten werde. ar<br />
FOTOS: BVTM, BTV<br />
14 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
GEWERBE<br />
FREILOS MIT<br />
NACHPRÜFUNG<br />
Eigentlich hätte die Ortskundeprüfung für <strong>Taxi</strong>fahrer durch eine<br />
Fachkunde für alle P-Schein-Neulinge ersetzt werden sollen. Weil die<br />
Politik dafür aber kein Konzept hatte, ist zunächst gar nichts nötig.<br />
FOTO: Axel Rühle / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
Es ist eine der vielen tiefgreifenden Änderungen der seit<br />
Anfang August gültigen PBefG-Novelle, die als „Gesetz<br />
zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts“ am<br />
<strong>3.</strong> März von der Bundesregierung beschlossen worden war. Der<br />
Nachweis einer Ortskunde wurde abgeschafft. Stattdessen müssen<br />
Neubewerber um einen Personenbeförderungsschein (P-Schein)<br />
eine sogenannte Fachkunde nachweisen. Als der Bundesrat Ende<br />
März dem Gesetz zustimmte, wurde gleichzeitig das Bundesverkehrsministerium<br />
damit beauftragt, die Inhalte der neu aufgenommenen<br />
Fachkunde zu definieren.<br />
Seitdem passierte auf ministerialer Ebene herzlich wenig.<br />
Bemühungen des <strong>Taxi</strong>- und Mietwagenverbands TMV, die Inhalte<br />
gemeinsam mit der Politik an einem runden Tisch zu erörtern,<br />
blieben lange Zeit unbeantwortet. Scheuers Ministerium konnte<br />
sich nicht einmal darauf verständigen, ob die Fachkunde lediglich<br />
durch die Teilnahmebescheinigung eines Seminars oder mittels<br />
Prüfung nachgewiesen werden muss. Entsprechend ist bis heute<br />
nicht klar, wer eine solche Prüfung abnehmen darf.<br />
So verstrich wertvolle Zeit, bis schlussendlich die Bundesländer<br />
gezwungen waren, eine Übergangsregelung zu definieren. Anderenfalls<br />
hätte ab 1. August keine Behörde mehr einen Neu-Antrag<br />
auf den P-Schein bearbeiten können und somit kein Neuling mehr<br />
als <strong>Taxi</strong>fahrer, Mietwagenchauffeur oder Fahrer für den gebündelten<br />
Bedarfsverkehr beginnen können.<br />
Bayern war Anfang Juli das erste Bundesland, das eine solche<br />
Übergangsregelung erließ. Sie gilt „vorbehaltlich bis zu einer<br />
künftig bundeseinheitlichen Regelung durch das Bundesministerium<br />
für Verkehr und digitale Infrastruktur mit Gültigkeit für<br />
das Gebiet des Freistaats Bayern.“<br />
Kernaussage der Übergangsregelung ist, dass der Nachweis der<br />
Fachkunde bei Erteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung<br />
mit Gültigkeit für <strong>Taxi</strong>s, Mietwagen und den gebündelten<br />
Bedarfsverkehr vorübergehend – wegen tatsächlicher Unmöglichkeit<br />
– nicht zu verlangen ist. Somit ist jede Führerscheinstelle<br />
angewiesen, Neubewerbern einen Führerschein zur Fahrgastbeförderung<br />
auch ohne Fachkundenachweis auszustellen.<br />
Die P-Scheine, die seit dem 2. August beantragt werden, sind<br />
also mit folgender zwischen den Ländern vereinbarter Auflage<br />
verbunden: „Die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung wird<br />
unter der auflösenden Bedingung erteilt, dass sie erlischt, wenn<br />
der Inhaber die Bestätigung zum Nachweis der Fachkunde nicht<br />
spätestens ein Jahr nach Beauftragung der für den Nachweis der<br />
Fachkunde geeigneten Stelle vorlegt. Der Beginn der Jahresfrist<br />
richtet sich nach dem Tag der Beauftragung.“<br />
Konkret bedeutet dies, dass aktuell jeder Bewerber um einen<br />
P-Schein bei der Genehmigungsbehörde lediglich ein medizinisches<br />
Gutachten sowie das obligatorische Führungszeugnis<br />
vorlegen muss. Sobald der Gesetzgeber dann aber die Inhalte<br />
und das Prüfungsverfahren für eine Fachkunde festgelegt hat,<br />
muss der Nachweis dieser Fachkunde innerhalb von 12 Monaten<br />
nachgereicht werden.<br />
jh<br />
TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
15
GEWERBE<br />
Verkehrssenatorin Regine Günther geht viele Probleme noch nicht an, wie ihr Staatssekretär Ingmar Streese erläuterte.<br />
ES GIBT VIEL ZU TUN –<br />
WARTEN WIR’S AB!<br />
Das neue PBefG überlässt den Genehmigungsbehörden viel Spielraum für<br />
Regelungen. Wie will <strong>Berlin</strong> damit umgehen? SPD-Verkehrsexperte Tino<br />
Schopf hat vom Senat konkrete Stellungnahmen eingefordert.<br />
Tino Schopf ist seit Jahren der verkehrspolitische<br />
Sprecher der SPD-<br />
Fraktion im Abgeordnetenhaus.<br />
Er setzt sich seit Langem immer wieder<br />
für die Interessen des <strong>Taxi</strong>gewerbes ein<br />
und beweist hohe Fachkompetenz bei den<br />
taxispezifischen Fragen. Dies wird auch in<br />
einer umfangreichen Anfrage zu den neuen<br />
Möglichkeiten des novellierten Personenbeförderungsgesetzes<br />
(PBefG) deutlich,<br />
die Schopf im Sommer an die Senatsverwaltung<br />
stellte. Wir fassen die Antworten<br />
von Verkehrsstaatssekretär Ingmar Streese<br />
zusammen.<br />
Genehmigungspflicht für Plattformanbieter:<br />
Streese berichtete, <strong>Berlin</strong> und<br />
andere Länder hätten bei der Ausarbeitung<br />
des neuen PBefG die Einführung<br />
einer speziellen „Plattformgenehmigung“<br />
und eine Definition spezifischer Genehmigungsvoraussetzungen<br />
und -folgen für<br />
Plattformbetreiber, eine „Anti-Dumping-<br />
Regelung“ und Vorgaben zur Barrierefreiheit<br />
für Mietwagen gefordert, was im<br />
Bundesrat zwar abgelehnt, später aber<br />
vom Bundestag weitgehend übernommen<br />
worden sei. Der aus Sicht des Landes<br />
<strong>Berlin</strong> und der kommunalen Spitzenverbände<br />
besonders relevante Aspekt, für die<br />
URSACHENFORSCHUNG ZUM MIETWAGEN-WILDWUCHS<br />
Warum ist die Zahl der <strong>Berlin</strong>er Taxenkonzessionen<br />
rückgängig, während<br />
die der Mietwagen um das Dreifache<br />
ansteigt? Tino Schopf richtete diese<br />
Frage zum wiederholten Mal an die<br />
Senatsverwaltung. Dabei verbat er sich<br />
vorsorglich, ihn wieder mit der Ausrede<br />
abzuspeisen, man habe die Mietwagenunternehmer<br />
nicht nach ihrer Motivation<br />
gefragt.<br />
So fiel die Antwort des Staatssekretärs<br />
zwar nicht befriedigend, jedoch<br />
umfangreich aus: Dem „hier implizierten“<br />
Zusammenhang widerspreche<br />
die Zunahme von Taxen im Jahr 2018.<br />
Abgesehen davon müsse man vieles<br />
berücksichtigen, etwa dass die Plattformanbieter<br />
in <strong>Berlin</strong> früher auf den<br />
Markt gekommen seien als in anderen<br />
Städten, dass sie sehr offensiv geworben<br />
hätten und den Kunden großzügige<br />
Rabatte angeboten hätten.<br />
Auch, dass Mietwagen nicht den<br />
berühmten drei Pflichten des <strong>Taxi</strong>gewerbes<br />
unterliegen (Tarif-, Beförderungs-<br />
und Betriebspflicht) und dass<br />
mit der Ortskundeprüfung 2017 eine<br />
große Hürde für Mietwagenfahrer<br />
gefallen sei, zog Streese als Argument<br />
heran, aber letzteres sei ja nun abgeschafft.<br />
Anmerkung der Redaktion: Die von<br />
Streese hier aufgeführten Gründe<br />
mögen allesamt stichhaltig sein. Die<br />
Tatsache, dass die Duldung der permanenten<br />
Rechtsverstöße den Wildwuchs<br />
ebenfalls erheblich befeuert haben,<br />
verschweigt Streese aber in seiner<br />
Antwort.<br />
ar<br />
FOTO: Axel Rühle / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
16 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
GEWERBE<br />
digitalen Vermittlungsplattformen einen<br />
eigenständigen Genehmigungstatbestand<br />
einzuführen, sei hingegen nicht aufgenommen<br />
worden.<br />
Bessere Kontrollmöglichkeiten im<br />
Mietwagensektor: Bei dieser Frage<br />
blieb Streese inkonkret: Dies hänge „von<br />
einer praxistauglichen Ausgestaltung der<br />
neuen Regelungsansätze“ ab. Die Kennzeichnungspflicht<br />
für Mietwagen erleichtere<br />
Kontrollen. Man setze sich gegenüber<br />
dem Bundesverkehrsministerium für eine<br />
Kennzeichnung ein, die auch den Ort der<br />
Konzessionierung erkennen lasse, „um<br />
insbesondere zu verhindern, dass innerhalb<br />
einer Stadt mehrere Fahrzeuge mit<br />
der gleichen Nummer im Einsatz sind.“ Die<br />
Kontrolle anderer Pflichten wie der Rückkehrpflicht<br />
hänge entscheidend von den<br />
neuen Datenlieferpflichten ab – die aber<br />
im Bundesrecht noch nicht festgelegt sind.<br />
Erst im Januar oder Juli 2022 könne man<br />
prüfen, „wie Kontrollkonzepte an die neuen<br />
Regelungen anzupassen sind einschließlich<br />
der personellen Auswirkungen.“<br />
Leider beantwortete Streese auch die<br />
Frage nicht, anhand welcher Kriterien<br />
der Marktanteil von Mietwagen berechnet<br />
wird, um bei Überschreiten von 25 Prozent<br />
die Regelungen des Gebündelten Bedarfsverkehres<br />
anzuwenden. Laut Insidern ist<br />
hier das Büro Linne+Krause im Spiel, dessen<br />
Gutachten zur Wirtschaftlichkeit des<br />
<strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbes im Jahr der letzten<br />
Wahl, 2016, so viel Sprengstoff enthielt,<br />
dass der erste Müller-Senat es eine Weile<br />
unter Verschluss hielt.<br />
Gebündelter Bedarfsverkehr (Mietwagen-Pooling):<br />
Zu den Fragen nach<br />
zeitlichen und räumlichen Ausschlussgebieten,<br />
Kontingentierung der Anzahl der<br />
angebotenen Fahrzeuge, Pooling-Quote<br />
(samt Kriterien zu deren Festlegung,<br />
Überprüfbarkeit und Konsequenzen<br />
bei Nicht-Erreichen), Festlegung einer<br />
Rückkehrpflicht und Sozialstandards<br />
für Beschäftigte wurde von Streese nur<br />
zusammenfassend angemerkt, dass noch<br />
Diskussionen zwischen den Bundesländern<br />
im Gange und „komplexe juristische und<br />
verkehrswirtschaftliche Fragen zu klären“<br />
seien, wozu der Senat externe Experten<br />
heranziehen werde. Das Vergabeverfahren<br />
dazu laufe derzeit.<br />
Tarifkorridor: Die novellierte Version<br />
des Paragraphen 51 PBefG ermöglicht es<br />
dem Senat, Mindest- und Höchstpreise<br />
für vorbestellte Fahrten zu erlauben. Die<br />
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr<br />
und Klimaschutz positioniert sich dazu<br />
folgendermaßen: „Wie bei Anpassungen<br />
des Taxentarifs generell liegt hier die Initiative<br />
beim Gewerbe, zu prüfen, welche der<br />
neuen tariflichen Gestaltungsmöglichkeiten<br />
genutzt werden sollen. Die Beurteilung<br />
der Anträge durch den Verordnungsgeber<br />
erfolgt dann auf Basis der Vorgaben gem.<br />
§ 51 Abs. 3 PBefG.“<br />
Fachkunde: Die genauen Parameter zum<br />
Inhalt der Fachkunde müssen vom Bundesgesetzgeber<br />
noch ausgearbeitet werden<br />
(siehe Seite 15). Streese legte hierzu<br />
die Sicht des Landes <strong>Berlin</strong> dar, dass die<br />
Anforderung zwingend als Prüfung auszugestalten<br />
sei, dass also eine bloße Teilnahmebescheinigung<br />
einer einschlägigen<br />
Lehrveranstaltung nicht als Qualifikation<br />
für P-Schein-Anwärter ausreichen dürfe<br />
(eine Ansicht, die nicht von allen Bundesländern<br />
geteilt wird). Hier muss der Bundestag<br />
noch Entscheidungen treffen.<br />
Anzeige<br />
TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
17
GEWERBE<br />
Tino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher<br />
der <strong>Berlin</strong>er SPD-Fraktion<br />
Ingmar Streese, Verkehrsstaatssekretär<br />
Konformitätsbewehrte, softwarebasierte<br />
Systeme anstelle von<br />
Taxametern: Das neue PBefG erlaubt<br />
statt des Fiskaltaxameters künftig die Nutzungkonformitätsbewehrter,<br />
softwarebasierter<br />
Systeme.<br />
Welche Herausforderungen sich dadurch<br />
für LABO und Eichamt ergeben, lässt sich<br />
laut Streese noch nicht bestimmen: „Die<br />
Regelungen im Mess- und Eichgesetz<br />
(MessEG) sind derzeit nicht kompatibel<br />
mit softwarebasierten Messungen, da<br />
die Regelungen der Messgeräterichtlinie<br />
2014/32/EU auf die Messung nach zurückgelegter<br />
Wegstrecke abstellen und das<br />
Messgerät Taxameter aus EU-Taxameter<br />
mit Wegstreckensignalgeber besteht. Hier<br />
wären zunächst vom Gesetzgeber die notwendigen<br />
Grundlagen zu schaffen und die<br />
Anforderungen zu definieren bzw. entsprechende<br />
Ausnahmen zu regeln.“ Gegebenenfalls<br />
müssten weitere Regeln für Hersteller<br />
und Verwender her, bevor die beiden<br />
Behörden die damit verbundenen Aufgaben<br />
einschätzen könnten.<br />
Übermittlung von Echtzeitdaten<br />
(Mobilitätsdaten) und Mobilitätsdatenverordnung:<br />
Streese verweist<br />
darauf, dass das BMVI erst noch die<br />
nötige Mobilitätsdatenverordnung erlassen<br />
müsse. Einen Entwurf habe Scheuers<br />
Ministerium den Ländern und Verbänden<br />
bereits übermittelt „und die Länder haben<br />
eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben.<br />
Das Land <strong>Berlin</strong> hat hier konkrete<br />
Hinweise zu Ergänzungs-, Korrektur- und<br />
Klarstellungsbedarf in Bezug auf den Gelegenheitsverkehr<br />
eingebracht“, die vollumfänglich<br />
übernommen worden seien.<br />
Experimentierklausel (Paragraph 2<br />
PBefG): Die Verlängerung der möglichen<br />
Genehmigung von drei auf fünf Jahre spiele<br />
für <strong>Berlin</strong> derzeit keine Rolle, und „Implikationen<br />
für noch laufende Verkehre“, also<br />
den „Berlkönig“, bestehen laut Streese<br />
nicht. So handele es sich auch beim geplanten<br />
BVG-Pooling in Marzahn-Hellersdorf<br />
und Treptow-Köpenick (siehe Seite 4) nicht<br />
um „einen Rufbus auf Basis von § 2 Abs.<br />
7 PBefG“. Vielmehr sei für nächstes Jahr<br />
„die Erprobung eines Linienbedarfsverkehrs<br />
gem. § 44 PBefG in einem begrenzten<br />
Bediengebiet als Teil des ÖPNV“ geplant.<br />
In dem Paragraphen geht es um die<br />
„Beförderung von Fahrgästen auf vorherige<br />
Bestellung ohne festen Linienweg<br />
zwischen bestimmten Einstiegs- und<br />
Ausstiegspunkten“ zu „Beförderungsentgelten<br />
und -bedingungen im Rahmen der<br />
Vorgaben des Aufgabenträgers im Nahverkehrsplan,<br />
im öffentlichen Dienstleistungsauftrag<br />
oder der Vorabbekanntmachung“,<br />
also vom Senat festgelegte Fahrpreise und<br />
ohne Haustür-Service.<br />
ar/jh<br />
WEGSTRECKENZÄHLER FÜR MIETWAGEN<br />
Laut einem Beschluss des Abgeordnetenhauses<br />
müssen den Mietwagenanbietern<br />
Fiskal-Wegstreckenzähler<br />
auferlegt und bestehende Ausnahmegenehmigungen<br />
widerrufen werden.<br />
Umgesetzt wurde allerdings nur der<br />
erste dieser beiden Punkte. Der Senat<br />
habe gar nicht vor, auch den zweiten<br />
Punkt umzusetzen, da dies „für<br />
das LABO einen Aufwand bedeuten<br />
würde“, kritisierte Tino Schopf in<br />
seiner Anfrage an das LABO. Von dort<br />
lautetet die Antwort sinngemäß: Die<br />
Ausnahmegenehmigungen seien rechtmäßig<br />
erteilt worden, und laut Paragraph<br />
49 Verwaltungsverfahrensgesetz<br />
(VwVfG) dürfe ein solcher Verwaltungsakt<br />
nur widerrufen werden, „wenn<br />
die Behörde auf Grund nachträglich<br />
eingetretener Tatsachen berechtigt<br />
wäre, den Verwaltungsakt nicht zu<br />
erlassen“, oder „wenn ohne den Widerruf<br />
das öffentliche Interesse gefährdet<br />
würde, oder um schwere Nachteile für<br />
das Gemeinwohl<br />
zu verhüten oder<br />
zu beseitigen“.<br />
Da müsse jeder<br />
Einzelfall begründet<br />
werden. Ansonsten<br />
könnten die Betroffenen<br />
verlangen,<br />
für den erlittenen<br />
Vermögensnachteil<br />
entschädigt zu<br />
werden, da sie auf<br />
den Bestand des<br />
Verwaltungsaktes vertraut hätten.<br />
Doch immerhin gelte die Pflicht zum<br />
Einbau auch bei Alt-Genehmigungen<br />
von letztem Jahr, wenn die Konzession<br />
dieses Jahr erteilt wurde. Somit führe<br />
sowohl die regelmäßige Fuhrparkerneuerung<br />
als auch die erforderliche<br />
Wiedererteilung von ausgelaufenen<br />
Genehmigungen zu einem sukzessiven<br />
Wegstreckenzählereinbau bei allen<br />
Mietwagen, was auch der geplanten<br />
Entwicklung der Kapazitäten des Eichamtes<br />
entspreche.<br />
Ergänzend wies die Verwaltung darauf<br />
hin, „dass es nach derzeitiger Rechtslage<br />
nicht möglich ist, den Einbau eines<br />
Wegstreckenzählers mit fiskalischen<br />
Erfassungseinrichtungen (analog dem<br />
sog. Fiskaltaxameter im Taxengewerbe)<br />
oder GPS-Datenerfassung zur Kontrolle<br />
der Rückkehrpflicht zu fordern“. ar<br />
FOTOS: SPD, Die Hoffotografen, Hale<br />
18 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
Deutschland.<br />
<strong>Berlin</strong> e.V.<br />
GEWERBE<br />
DOCH MAL MIT AM TISCH<br />
Seit Jahren fordern <strong>Berlin</strong>s <strong>Taxi</strong>verbände einen engeren Austausch<br />
mit der Verkehrsverwaltung. Nun wurde das Rufen endlich erhört.<br />
Drei Gewerbevertreter berichten von einem Gespräch im August.<br />
FOTOS: Axel Rühle / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> (3), Ahmad Vahdati<br />
Mitte August saßen im Dienstgebäude<br />
der Senatsverwaltung für<br />
Umwelt, Verkehr und Klimaschutz<br />
(SenUVK) Carsten Reichert von der<br />
Innung des <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbes e. V.,<br />
Boto Töpfer, Erster Vorsitzender des <strong>Taxi</strong>verbandes<br />
<strong>Berlin</strong>, Brandenburg e. V. (TVB)<br />
und Irene Jaxtheimer von <strong>Taxi</strong> Deutschland<br />
<strong>Berlin</strong> e. V. mit Dr. Lutz Kaden von<br />
der IHK (der das Treffen mit angestoßen<br />
hatte) sowie zwei LABO- und vier SenUVK-<br />
Leuten am Tisch. Senatorin Günther und<br />
Staatssekretär Streese waren nicht dabei.<br />
Das Hauptaugenmerk während der<br />
Gesprächsrunde lag auf einer neuen Regelung<br />
in Paragraph 49, Absatz 4 PBefG: „In<br />
Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern<br />
kann die Genehmigungsbehörde zum<br />
Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen<br />
die [...] Regelungen für den gebündelten<br />
Bedarfsverkehr auch auf den [...]<br />
Verkehr mit Mietwagen anwenden, wenn<br />
per App vermittelter Verkehr mit Mietwagen<br />
einen Marktanteil von 25 Prozent am<br />
Fahrtaufkommen im Gelegenheitsverkehr<br />
mit Taxen, Mietwagen und gebündelten<br />
Bedarfsverkehr überschreitet.“<br />
Konkret bedeutet dies, dass eine Behörde<br />
in diesem Fall beispielsweise die Anzahl<br />
der taxiähnlich agierenden Mietwagenkonzessionen<br />
begrenzen könnte. Es wäre<br />
ein sehr wirksames Instrument, wie man<br />
den <strong>Berlin</strong>er Mietwagen-Wildwuchs und<br />
den damit einhergehenden permanenten<br />
Rechtsbruch endlich eindämmen könnte.<br />
Doch davon scheint man im LABO weit entfernt<br />
zu sein, denn dort geht es zunächst<br />
einmal darum, wie man die 25 Prozent<br />
ermitteln soll: Darüber herrscht Rätselraten<br />
– offenbar auch beim Senat. Er denkt an<br />
einen versuchsweisen Erhebungszeitraum<br />
von einem Jahr und soll in Gesprächen mit<br />
dem Gutachterbüro Linne+Krause stehen.<br />
Im Zusammenhang mit der Ladeberechtigung<br />
am Flughafen BER (siehe Seite<br />
22) wurde der gemeinsame Tarif angesprochen.<br />
Jedoch soll sich der überfällige<br />
gemeinsame <strong>Taxi</strong>tarif von <strong>Berlin</strong> und dem<br />
LDS in der Ausarbeitung befinden. Boto<br />
Töpfer signalisierte Kooperationsbereitschaft<br />
seitens des Gewerbes durch das<br />
Angebot, die Differenzierung zwischen<br />
Tag- und Nachtfahrpreisen aus dem LDS-<br />
Tarif zu übernehmen.<br />
Was die Fachkunde betrifft, so hatte<br />
die „Innung“ sich dafür ausgesprochen,<br />
zumindest ein Minimum an Ortskunde,<br />
bestehend etwa aus den Adressen der<br />
Krankenhäuser mit Notaufnahme, in den<br />
Prüfungsstoff aufzunehmen. Daran zeigte<br />
der Senat kein Interesse.<br />
Auf die Frage von Irene Jaxtheimer von<br />
<strong>Taxi</strong> Deutschland, wann <strong>Berlin</strong>er Mietwagen<br />
Konzessionsnummern erhalten, wie<br />
es in München bereits erfolgt ist, hieß es,<br />
zwei bis drei Monate würde es noch dauern.<br />
Auch bei der geplanten Erhebung und<br />
Auswertung von Daten aus dem Mietwagengewerbe<br />
scheint der Senat weit zurückzuliegen,<br />
wie Reichert kritisierte. Dafür<br />
fehle noch die Software.<br />
Zum Tagesordnungspunkt „Lückenlose<br />
Erfassung und zeitnahe Überprüfung<br />
der Umsätze von 18-Monats-GmbHs im<br />
<strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>verkehr und seiner illegalen<br />
Konkurrenten beim Mietwagen per App“<br />
hieß es von Behördenseite, eine solche<br />
Überprüfung erfolge heute regelmäßig<br />
bereits nach sechs Monaten.<br />
Sitzungsleiter Guido Schötz von der<br />
SenUVK regte weitere Treffen im Zwei-<br />
Monats-Turnus an.<br />
red<br />
DREI BERLINER TAXI-VERBÄNDE<br />
AN EINER ADRESSE:<br />
Persiusstraße 7,<br />
10245 <strong>Berlin</strong><br />
<strong>Taxi</strong>verband <strong>Berlin</strong>, Brandenburg e. V.<br />
Derzeit eingeschränkte Öffnungszeiten<br />
Tel. +49 30 / 20 20 21 319<br />
E-Mail: info@taxiverband-berlin.de<br />
Innung des <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbes e. V.<br />
Sekretariat: Mo bis Do 10 bis 16 Uhr,<br />
Fr 10 bis 14 Uhr<br />
Tel.: + 49 30 / 23 62 72-01, -02<br />
Fax: + 49 30 / 23 62 72 03<br />
E-Mail: info@taxiinnung.org<br />
www.facebook.com/taxiinnung<br />
<strong>Taxi</strong> Deutschland <strong>Berlin</strong> e.V.<br />
Sekretariat: Di und Do 12 bis 16 Uhr<br />
Tel.: +49 30 / 202 02 13 10<br />
Fax: +49 30 / 202 02 13 11<br />
E-Mail: berlin@taxideutschland.eu<br />
www.taxideutschland.eu<br />
www.facebook.com/taxi.deutschland.eu<br />
Pressekontakt: presse@taxi-berlin.de<br />
TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
19
GEWERBE<br />
MICHAEL KLEWER UND VIER WEITERE<br />
UNTERNEHMER HATTEN GENUG VON DER<br />
UNTÄTIGKEIT DER BEHÖRDEN:<br />
STRAFANZEIGE GEGEN<br />
GÜNTHER UND SCHWARZ<br />
Eine Gruppe <strong>Taxi</strong>unternehmer hat im<br />
Juli einen lange in Erwägung gezogenen<br />
Schritt gewagt und Strafanzeige<br />
gegen Verkehrssenatorin Regine Günther<br />
(Bündnis 90/Die Grünen) und Günter<br />
Schwarz, den Gruppenleiter Personenbeförderung<br />
beim Landesamt für<br />
Bürger- und Ordnungsangelegenheiten<br />
(LABO), erstattet (Aktenzeichen:<br />
246 Js 518/21). <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> sprach mit<br />
Michael Klewer, einem der Unternehmer,<br />
die Strafanzeige gestellt haben.<br />
TAXI TIMES: Herr Klewer, wie kam es<br />
zu dem Entschluss zur Anzeige?<br />
Michael Klewer: Dass das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
in existentiellen Schwierigkeiten steckt,<br />
weiß ja jeder, und Corona hat es<br />
zwar noch schlimmer gemacht,<br />
aber den Hauptgrund gab es<br />
schon vorher: die Untätigkeit der<br />
Behörden gegenüber der Mietwagenplage.<br />
Man kann ja seit Jahren<br />
zuschauen, wie das Problem<br />
immer schlimmer wird und wie<br />
die Behörden nichts und wieder<br />
nichts machen. Ich sehe abends<br />
inzwischen mehr Uber- und Free-<br />
Now-Autos als Taxen. Darüber wird geredet<br />
und geredet, aber irgendwann merkt<br />
man, dass Worte nicht mehr reichen.<br />
Sie sind ja Mitglied in der „Innung“<br />
und waren sogar mal im Vorstand.<br />
Erreicht man als Verband nichts?<br />
Absolut gar nichts. Das, was heute im<br />
Mietwagenbereich läuft, kennen wir ja von<br />
früher ähnlich im Taxenbereich. Schon<br />
damals wurde auf nichts reagiert. Auf die<br />
Missstände haben doch Vertreter aller<br />
Gewerbevertretungen immer und immer<br />
wieder hingewiesen, sowohl damals als<br />
auch heute bei den Mietwagen. Es gab<br />
Demonstrationen „gegen den Wildwest<br />
von Uber & Co.“, aber Frau Günther hat<br />
sich nicht blicken lassen, sie ignoriert einfach<br />
alles. Sie hat ja nicht mal zu Verhandlungen<br />
über die Laderechte am Flughafen<br />
die Verbände an den Tisch geholt. Ich habe<br />
das Gefühl, unsere Probleme sind ihr und<br />
Herrn Streese einfach nur lästig.<br />
Haben Sie schon mal an das LABO oder<br />
an Frau Günther geschrieben?<br />
Einmal? Ein Kollege aus unserer Gruppe,<br />
der mitzählt, hat in den letzten zwei<br />
Jahren ziemlich genau 600 mal schriftlich<br />
beim LABO auf Verstöße von Mietwagenfahrern<br />
hingewiesen, und von einem<br />
anderen Kollegen weiß ich, dass er auch<br />
kurz vor der 600er-Marke ist. Das heißt,<br />
schon die zwei haben an die 1.200 Fälle<br />
dokumentiert und an das LABO gemeldet,<br />
«Laut Gerichtsurteil sind<br />
erwiesene Verstöße gegen<br />
die Rückkehrpflicht in<br />
erheblicher Anzahl ein Grund,<br />
Konzessionen zu entziehen.»<br />
und es gibt sicherlich etliche weitere Kollegen,<br />
ich schätze mehrere hundert, die das<br />
ebenso fleißig taten und zum Teil vielleicht<br />
sogar noch tun. Es liegen also seit Jahren<br />
Hunderte, höchstwahrscheinlich sogar<br />
Tausende von Meldungen vor. Es gibt ein<br />
Gerichtsurteil aus Nordrhein-Westfalen,<br />
nach dem erwiesene Verstöße gegen die<br />
Rückkehrpflicht in erheblicher Anzahl ein<br />
hinreichender Grund sind, Konzessionen<br />
zu entziehen.<br />
Was passiert in <strong>Berlin</strong> nach so einer<br />
Meldung?<br />
In der Regel kommt nicht mehr als eine<br />
Eingangsbestätigung. Und wenn das LABO<br />
mal ausnahmsweise etwas unternimmt,<br />
gibt es die Firmen<br />
meist schon gar nicht<br />
mehr. Wir alle kennen<br />
ja die berüchtigten<br />
20-Monats-GmbHs. Inzwischen<br />
sind sie dazu übergegangen,<br />
wenn die Behörden<br />
ihnen auf die Pelle rücken, dass<br />
die Firma dann schnell nach Polen,<br />
Ungarn oder Bulgarien verkauft wird.<br />
Welchen Tatbestand werfen Sie Frau<br />
Günther und Herrn Schwarz vor?<br />
Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum<br />
Sozialabgabenbetrug. Unserer Meinung<br />
nach begünstigen sie mit ihrer Untätigkeit<br />
die Schwarzarbeit. Wir haben es ja beim<br />
Mietwagengewerbe mit einem immensen<br />
Ausmaß an organisierter Kriminalität<br />
zu tun, die auch das LABO<br />
sieht – aber sie tun einfach nichts.<br />
Es wird heruntergespielt, es wird<br />
bagatellisiert, es werden keine<br />
Informationen herausgegeben ...<br />
Mich würde mal brennend interessieren,<br />
wie viele der Mietwagenbetriebe,<br />
die in den letzten zwei,<br />
drei, vier Jahren Konzessionen<br />
beantragt haben, heute noch existieren.<br />
Wenn wir darüber Zahlen hätten,<br />
würde das ganze Desaster auf dem Tisch<br />
liegen. Aber deshalb bekommt man diese<br />
Zahlen ja nicht.<br />
Das Hauptproblem sehen Sie also beim<br />
LABO?<br />
Die Funktion, die Herr Ritter in Hamburg<br />
hat, hat in <strong>Berlin</strong> Herr Schwarz inne. Ich<br />
weiß nicht, warum die beiden das Problem<br />
so unterschiedlich behandeln, aber sie tun<br />
es. Ich kann Ihnen die Geschichte eines<br />
Unternehmers erzählen, ein bekannter<br />
Uber-Partner. Der wollte letztes Jahr nach<br />
Hamburg expandieren und da mal eben<br />
100 B-Klassen mit schicker Free-Now-Türwerbung<br />
als Mietwagen anmelden. Herr<br />
20 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
GEWERBE<br />
«Was ich in meinem<br />
Umfeld immer wieder höre:<br />
Viele Kollegen haben das<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe inzwischen<br />
resigniert verlassen. Was<br />
aber noch viel schlimmer ist:<br />
Sie haben aufgrund unserer<br />
Situation den Glauben<br />
an unseren Rechtsstaat<br />
verloren.»<br />
FOTOS: Axel Rühle / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
R i t -<br />
ter hat<br />
ihm dann die<br />
Voraussetzungen genannt<br />
und was er dafür darzulegen hätte –<br />
woraufhin der die 100 Anträge zurückzog.<br />
Dann ist er zurück nach <strong>Berlin</strong>, und<br />
Herr Ritter hat das LABO angeschrieben<br />
und gewarnt, dass die betreffende GmbH<br />
es sicherlich in <strong>Berlin</strong> versuchen werde.<br />
Raten Sie mal, wo die 100 B-Klassen jetzt<br />
trotzdem als Mietwagen unterwegs sind!<br />
Anderes Beispiel: Ein Kollege hat 2018<br />
beim LABO Bescheid gesagt, dass in Nürnberg<br />
Unternehmerscheine verkauft wurden,<br />
auch an <strong>Berlin</strong>er Unternehmer. Das<br />
haben die ihm nicht geglaubt und wollten<br />
nichts davon wissen, bis sie es nach ein<br />
paar Wochen schwarz auf Weiß aus Nürnberg<br />
hatten. Da mussten sie zugeben, dass<br />
er Recht hatte.<br />
Also Herr Schwarz hat genug Leute, um<br />
Ausnahmegenehmigungen zu verteilen,<br />
zu wenige, um sie zu widerrufen, und<br />
anscheinend überhaupt keine, um sich<br />
um die offensichtliche Kriminalität zu<br />
kümmern.<br />
Also eine Art Geschäftsschädigung des<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbes durch Unterlassen?<br />
Das LABO sollte sich Herrn Ritter zum Vorbild<br />
nehmen. Der genehmigt den antragstellenden<br />
Mietwagenunternehmern bei<br />
Erstkonzessionierung erst mal nur drei<br />
oder fünf Autos für eine Probezeit. Wenn<br />
der Betrieb sich als seriös erweist, kann<br />
man über mehr reden.<br />
Vor allem aber müsste das<br />
LABO so wie in Hamburg<br />
die Betriebssitze kontrollieren:<br />
Haben die so viele Stellplätze wie<br />
Autos, haben die Aufenthaltsräume,<br />
Toiletten usw., und haben sie eine plausible<br />
Kalkulation, um das Geschäft wirtschaftlich<br />
zu betreiben? Damit wäre das<br />
Problem schnell angepackt, denn wie wir<br />
wissen, können Uber- und Free-Now-Partner<br />
gar nicht wirtschaftlich arbeiten, ohne<br />
die Gesetze mit Füßen zu treten.<br />
Können Sie das<br />
vor Gericht mit<br />
Zahlen belegen?<br />
Es ist ja eine einfache<br />
Rechnung:<br />
Ein <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
zahlt 7 Prozent<br />
Mehr wer tsteuer<br />
und ungefähr 3<br />
Prozent Vermittlungsprovision,<br />
macht zusammen<br />
10 Prozent. Unter<br />
dem Strich kann er froh sein, wenn er 10<br />
Prozent Gewinn macht; realistisch sind<br />
eher knapp über 5. Beim Mietwagen ist<br />
es so, dass zu den 19 Prozent Mehrwertsteuer<br />
25 bis 30 Prozent Vermittlungsprovision<br />
kommen, und die Fahrpreise sind<br />
oft niedriger als beim <strong>Taxi</strong>, Personal- und<br />
Fahrzeugkosten aber ähnlich. Damit kann<br />
man logischerweise legal keinen Gewinn<br />
erwirtschaften, es sei denn, man bezahlt<br />
die Fahrer auf dem Papier unter Mindestlohn<br />
und hinterzieht in erheblichem<br />
Maße Steuern. In Wirklichkeit lässt man<br />
sie schwarz arbeiten. Wir haben Beweise,<br />
dass viele Mietwagenfahrer entweder<br />
gar nicht oder als geringfügig Beschäftigte<br />
angemeldet sind, wissen aber zugleich,<br />
dass sie bei 60, 70 Wochenarbeitsstunden<br />
<strong>3.</strong>000, 4.000 Euro auf die Hand „verdienen“.<br />
Wenn denen das Arbeitslosengeld<br />
um 120 Euro gekürzt wird, weil sie ihre<br />
Zeit nicht mit Fortbildungsmaßnahmen<br />
verschwenden, lachen die sich tot.<br />
Wir können uns nicht vorstellen, dass<br />
Herr Schwarz das alles nicht weiß. Und<br />
dass er es dennoch zulässt und billigend<br />
in Kauf nimmt, dass damit das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
weiter und weiter in den Ruin getrieben<br />
wird, das dürfen wir nicht länger zulassen.<br />
Es ist ja so, dass Wirtschaftskriminelle<br />
Allnächtliches Bild in <strong>Berlin</strong>: mehr Mietwagen als Taxen<br />
eher mit Deals davonkommen als mit echten<br />
Strafen. Man kommt in unserem Land<br />
eher für Schwarzfahren in den Knast als<br />
für Schwarzarbeit.<br />
Was ich in meinem Umfeld immer wieder<br />
höre: Viele Kollegen haben das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
inzwischen resigniert verlassen.<br />
Was aber noch viel schlimmer ist: Sie haben<br />
aufgrund unserer Situation den Glauben an<br />
unseren Rechtsstaat verloren.<br />
Wir sind dennoch zuversichtlich, dass<br />
wir mit unserer Strafanzeige Erfolg haben<br />
werden, und haben vor, die Vorwürfe<br />
noch zu erweitern – um den Verdacht der<br />
Strafvereitelung.<br />
Das Gespräch führte Axel Rühle.<br />
TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
21
GEWERBE<br />
Guido Beermann, brandenburgischer Minister für Infrastruktur und Landesplanung<br />
BER: HOFFEN AUF<br />
GUIDO BEERMANN<br />
Mit steigenden Fluggastzahlen wird die Untauglichkeit des Vertrags zu<br />
den <strong>Taxi</strong>-Laderechten offensichtlich. Die „80-Prozent-Regel“ tut ein<br />
Übriges. Kann der brandenburgische Verkehrsminister sich einschalten?<br />
Am 1. Oktober will die Senatsverwaltung<br />
für Umwelt, Verkehr und<br />
Klimaschutz (SenUVK) bekanntgeben,<br />
welche 300 <strong>Berlin</strong>er Taxen für die<br />
nächsten zwölf Monate eine Ladeberechtigung<br />
am Flughafen erhalten. Anfang<br />
August hatte man die <strong>Taxi</strong>betriebe über<br />
die Konditionen informiert, zu denen sie<br />
sich bewerben konnten.<br />
Eine der Bedingungen stößt dabei auf völliges<br />
Unverständnis innerhalb der Branche:<br />
Mit der Abgabe der Bewerbung verpflichten<br />
Unternehmer ihre Fahrer, sich im Fall<br />
der Erteilung einer BER-Berechtigung in<br />
mindestens vier von fünf Schichten mindestens<br />
einmal am Flughafen bereitzuhalten.<br />
Zur Kontrolle dieser „80-Prozent-<br />
Regel“ müssen sie der Übermittlung der<br />
entsprechenden Daten von der Firma<br />
Apcoa, die die Park- und Ladeinfrastruktur<br />
am Flughafen betreibt, an das LABO<br />
zustimmen. <strong>Taxi</strong>s, die in weniger als 80<br />
Prozent aller gefahrenen Schichten die<br />
Schranke am Flughafen passieren, können<br />
die Berechtigung wieder verlieren.<br />
Boto Töpfer, Erster Vorsitzender des <strong>Taxi</strong>verbandes<br />
<strong>Berlin</strong>, Brandenburg e. V. (TVB),<br />
RECHENBEISPIEL: LEERFAHRTEN DURCH 80-PROZENT-REGEL<br />
Welche Zahl an Leerfahrten von <strong>Berlin</strong><br />
zum Flughafen BER die 80-Prozent-<br />
Regel verursachen dürfte, lässt sich<br />
anhand eines Rechenexempels mit<br />
geschätzten Zahlen betrachten: Angenommen,<br />
die gegenwärtig 6.372 <strong>Berlin</strong>er<br />
Taxen, von denen 300 (also 4,71<br />
Prozent) am Flughafen laden dürfen,<br />
fahren im Durchschnitt 1,5 Schichten<br />
pro Tag (ein Teil steht still, der Hauptteil<br />
ist werktags oder täglich im Zweischichtbetrieb<br />
unterwegs, und einige<br />
Betriebe haben sogar ein Drei-Schicht-<br />
System eingeführt). Dann finden an<br />
einem durchschnittlichen Tag in <strong>Berlin</strong><br />
9.558 <strong>Taxi</strong>schichten statt, davon 450<br />
mit BER-Plakette. Rechnen wir mit<br />
der doppelten Zahl an Fluggästen pro<br />
Monat verglichen mit Juli <strong>2021</strong>. Wenn<br />
ein Zehntel aller 1,25 Millionen abfliegenden<br />
Passagiere eines Monats (also<br />
125.000) mit dem <strong>Taxi</strong> zum BER fährt,<br />
davon 80 Prozent (100.000) aus <strong>Berlin</strong><br />
und im Durchschnitt zu zweit in einem<br />
Fahrzeug, dann ergibt dies monatlich<br />
50.000 oder täglich 1.613 <strong>Taxi</strong>fahrten<br />
von <strong>Berlin</strong> zum Flughafen. Dies trifft<br />
wahrscheinlich in 4,71 Prozent der Fälle,<br />
also 76 mal, ein <strong>Taxi</strong> mit BER-Plakette.<br />
Die restlichen 374 Schichten von Taxen<br />
mit BER-Plakette werden zu 80 Prozent<br />
eine Leerfahrt zum Flughafen beinhalten,<br />
das sind 449 Leerfahrten täglich<br />
oder monatlich 1<strong>3.</strong>915 Leerfahrten.<br />
Auf ein Jahr hochgerechnet ergibt dies<br />
16<strong>3.</strong>952 weitere Leerfahrten mit Taxen<br />
von <strong>Berlin</strong> zum Flughafen BER, die der<br />
rot-rot-grüne Senat dem <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
aufzwingt. ar<br />
FOTO: BMWI<br />
22 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
GEWERBE<br />
FOTOS: J.-H. Janßen, Roland Horn,<strong>Taxi</strong> <strong>Berlin</strong><br />
kommentiert dies gegenüber <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
sehr kritisch: „Die geplante Regelung mutet<br />
schon etwas satirisch an. Sollen Bewerber<br />
auf die blaue Plakette damit abgeschreckt<br />
werden? Eine sinnvolle Regelung würde<br />
so aussehen, dass alle <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>s in<br />
Schönefeld laden dürfen, so dass nur<br />
wenige leer hinfahren und eben immer die<br />
100, 200 Kollegen sich am BER bereithalten,<br />
die da ausgeladen haben. Bei 300 kann<br />
die Schranke meinetwegen unten bleiben.<br />
Die rot-rot-grüne Koalition und insbesondere<br />
die grün geführte Verkehrsverwaltung<br />
predigen permanent Klimaschutz um<br />
jeden Preis, zwingen aber <strong>Taxi</strong>fahrer mit<br />
dieser Regelung zu massenhaften Leerfahrten<br />
und erreichen so das genaue Gegenteil.<br />
Abgesehen davon werden die <strong>Taxi</strong>s weiterhin<br />
nicht ausreichen, um den Flughafen<br />
zuverlässig zu bedienen.“<br />
Regine Günther, <strong>Berlin</strong>er Senatorin für<br />
Umwelt, Verkehr und Klimaschutz<br />
Was aber treibt eine grün geführte<br />
Senatsverwaltung dazu, solch eine klimafeindliche<br />
Regelung zu treffen? Um das zu<br />
verstehen, muss man gut ein Jahr zurückblicken:<br />
Die SenUVK hatte im vergangenen<br />
Herbst in letzter Minute (und ohne<br />
die <strong>Taxi</strong>verbände einzubeziehen) mit dem<br />
Landkreis Dahme-Spreewald (LDS) eine<br />
Vereinbarung ausgehandelt, nach der je<br />
300 <strong>Taxi</strong>s aus <strong>Berlin</strong> und dem LDS (zusammen<br />
600) eine Ladeberechtigung am Flughafen<br />
erhalten, was bei Bedarf auf bis zu je<br />
550 <strong>Taxi</strong>s (zusammen 1.100) erhöht werden<br />
soll. Das bedeutet, dass 98 Prozent aller<br />
<strong>Taxi</strong>s des dünn besiedelten LDS am Flughafen<br />
laden dürfen, während es – nach aktuellem<br />
Stand – immer nur 4,7 Prozent aller<br />
<strong>Berlin</strong>er Taxen sind. Die restlichen 95,3<br />
Prozent müssen stets leer vom Flughafen<br />
nach <strong>Berlin</strong> zurückfahren, was einhellig<br />
als ökologisch und ökonomisch unsinnig<br />
kritisiert wird. Entsprechend empört fielen<br />
damals die Reaktionen im Gewerbe und die<br />
Debatte im <strong>Berlin</strong>er Abgeordnetenhaus aus.<br />
Das Verhandlungsergebnis ist aber<br />
zum großen Teil der ungünstigen <strong>Berlin</strong>er<br />
Verhandlungsposition geschuldet, da der<br />
Flughafen im LDS liegt und der dortige<br />
Landrat Stephan Loge offenbar keinen<br />
Grund sah, der <strong>Berlin</strong>er Seite mehr Zugeständnisse<br />
zu machen, wenngleich die<br />
damals 306 im LDS konzessionierten Taxen<br />
– heute sind es unter 300 – den Flughafen<br />
nicht alleine bedienen könnten.<br />
Doch auch die aktuell zugelassenen<br />
600 Taxen reichen nicht aus. Seit die<br />
Zahl der Landungen nach den Corona-<br />
Beschränkungen wieder steigt, herrscht<br />
am BER chronischer <strong>Taxi</strong>mangel. Oft stehen<br />
nur 25 bis 30 Taxen am BER bereit,<br />
was nicht einmal für eine einzige gelandete<br />
Maschine ausreicht. Das ist zum Bedauern<br />
der <strong>Taxi</strong>branche mittlerweile auch medial<br />
ein großes Thema. „Für das Image unserer<br />
Hauptstadt-Region <strong>Berlin</strong>-Brandenburg ist<br />
das eine absolute Katastrophe“, wird Hermann<br />
Waldner, Geschäftsführer von <strong>Taxi</strong><br />
<strong>Berlin</strong>, in einem Bericht der <strong>Berlin</strong>er Zeitung<br />
zitiert. „Kein Wunder, dass viele Gäste<br />
sagen: Erst kriegen sie den Flughafen über<br />
Jahre nicht fertig gebaut, nun gibt es dort<br />
nicht genug <strong>Taxi</strong>s.“<br />
Auch Waldner hält nicht viel von der<br />
80-Prozent-Regel: „Die <strong>Taxi</strong>betreiber sollen<br />
gezwungen werden, zum neuen Flughafen<br />
zu fahren – das ist nicht akzeptabel“.<br />
Ins selbe Horn stößt in der <strong>Berlin</strong>er<br />
Zeitung Leszek Nadolski von der Innung<br />
des <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbes e. V.: Was das<br />
Landesamt hier dekretiere, sei nicht mehr<br />
und nicht weniger als ein Eingriff in die<br />
unternehmerische Freiheit. „<strong>Taxi</strong>betriebe<br />
haben zwar eine Betriebspflicht, aber keine<br />
Behörde kann einem Betrieb im Pflichtfahrgebiet<br />
vorschreiben, dass ein bestimmter<br />
Halteplatz angefahren werden muss. Wie<br />
sollen die Unternehmer bei einer Betriebsprüfung<br />
ihre ungewöhnlichen Leerkilometer<br />
begründen, oder zahlt das LABO dem<br />
Finanzamt die Differenz?“<br />
Keine Seltenheit: Nachfrage > Angebot<br />
Es geht also bei dieser ablehnenden Haltung<br />
um den wirtschaftlichen Aspekt. Die<br />
„erzwungene“ Fahrt nach Schönefeld zum<br />
Bereithalten, die aus dem Westen und Norden<br />
<strong>Berlin</strong>s ziemlich lange dauern kann,<br />
LDS-Landrat Stephan Loge<br />
lohne sich nur, wenn man auch auf dem<br />
Weg zum Flughafen zahlende Kundschaft<br />
im Wagen hat. „Einfach so leer zum BER<br />
fahren – das macht niemand“, so ein Fahrer<br />
gegenüber der <strong>Berlin</strong>er Zeitung. Hermann<br />
Waldner sieht es ebenso kritisch: „Falls<br />
man nicht mindestens drei- bis viertausend<br />
<strong>Taxi</strong>s zum Flughafenservice zulässt, wird<br />
man den Flughafen BER niemals befriedigend<br />
bedienen können. Jedes <strong>Taxi</strong>, welches<br />
einen Fluggast aus der Stadt hinaus<br />
zum Flughafen<br />
bringt, muss<br />
auch wieder<br />
einen zurückkehrenden<br />
Fluggast<br />
nach <strong>Berlin</strong><br />
bringen, sonst<br />
geht diese Rechnung<br />
doch nicht<br />
auf.“<br />
Boto Töpfer<br />
sieht deshalb<br />
d r i n g e n d e n<br />
Nachverhandl<br />
u n g s b e d a r f<br />
– sowohl zur<br />
Zum Nachlesen:<br />
Welche Bedingungen<br />
der<br />
Senat an eine<br />
Bewerbung für<br />
die BER-Ladeberechtigung<br />
geknüpft hat.<br />
Anzahl der Ladeberechtigungen als auch<br />
zur Vereinheitlichung der <strong>Taxi</strong>tarife von<br />
<strong>Berlin</strong> und dem LDS. Nadolski sieht das<br />
genau so: „Alle <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>s sollten eine<br />
Ladeberechtigung erhalten und dafür alle<br />
LDS-<strong>Taxi</strong>s überall in <strong>Berlin</strong> Fahrgäste aufnehmen<br />
können“, zitiert ihn die <strong>Berlin</strong>er<br />
Zeitung. „Wenn statt maximal 600 mehrere<br />
tausend <strong>Taxi</strong>s am Flughafen Fahrgäste<br />
aufnehmen dürften, gäbe es unterm Strich<br />
genug Wagen – und der Hauptstadt-Region<br />
bliebe die jetzige Blamage erspart.“<br />
Doch all diese Forderungen werden<br />
weiterhin ungehört verhallen, solange<br />
der zuständige LDS-Landrat Stephan Loge<br />
das tatsächliche Ausmaß seines regionalen<br />
Protektionismus weiterhin ignoriert.<br />
Waldner drängt deshalb darauf, dass sich<br />
der brandenburgische Infrastrukturminister<br />
Guido Beermann einschaltet. „Er<br />
sollte dringend mit LDS-Landrat Stephan<br />
Loge sprechen. Es besteht auch die rechtliche<br />
Möglichkeit, dass er das Thema ganz<br />
an sich zieht.“<br />
ar/jh<br />
TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
23
E-MOBILITÄT<br />
NEWSTICKER<br />
Der Mirai soll mit einer Tankfüllung bis zu<br />
650 Kilometer weit fahren.<br />
DAS H2-TAXI<br />
Das erste Toyota-Mirai-<strong>Taxi</strong> steht derzeit<br />
beim Münchener Autohaus DIT. Der<br />
Japaner fährt elektrisch, der Strom für<br />
die E-Maschine kommt aber nicht aus der<br />
Steckdose, sondern wird an Bord von einer<br />
Brennstoffzelle erzeugt. Lokal emittiert der<br />
Mirai, genau wie andere BEVs (batterieelektrische<br />
Fahrzeuge), kein CO₂, sondern<br />
lediglich ein wenig Wasser. Bereits die<br />
erste Generation des Mirai konnte als <strong>Taxi</strong><br />
geordert werden, mehr Sinn im <strong>Taxi</strong>einsatz<br />
ergibt aber die aktuelle Generation. Im Vergleich<br />
zum Vorgänger ist die Reichweite<br />
größer und der Wagen ist für fünf Personen<br />
zugelassen. Rein optisch macht er einiges<br />
her. Kleine Details wie die eingezogene<br />
Dachlinie in der Fahrzeugmitte fallen erst<br />
beim zweiten Hinsehen auf. Der Mirai ist<br />
derzeit das einzige Brennstoffzellenfahrzeug<br />
auf dem deutschen Markt, das auch<br />
als <strong>Taxi</strong> umgerüstet werden kann. sg<br />
„ELECTRIC ONLY“<br />
BEI MERCEDES<br />
Nachdem sich Volkswagen,<br />
Audi oder auch<br />
Volvo zur Elektromobilität<br />
bekannt haben, zieht jetzt<br />
auch der Stuttgarter Konzern<br />
nach. Anstatt wie bislang<br />
mit „Electric first“, also<br />
einer Vorrangstellung für<br />
elektrifizierte Fahrzeuge,<br />
lautet jetzt das neue Credo<br />
bei Mercedes „Electric only“. Die Marke mit dem Stern will ab 2025<br />
alle neuen Fahrzeugstrukturen rein elektrisch auslegen. In der<br />
Praxis sollen drei neue Elektro-Architekturen geschaffen werden,<br />
die alle Bereiche von mittelgroßen Pkw bis hin zu leichten Nutzfahrzeugen<br />
abdecken sollen. Ziel der neuen Strategie ist es, bis zum<br />
Ende des Jahrzehnts, falls erforderlich, vollelektrisch zu werden.<br />
Natürlich lässt sich der Konzern bei einer so umfassenden<br />
Umstrukturierung nicht auf eine hundertprozentige Kehrtwende<br />
festnageln, denn wo es die Marktbedingungen nicht zulassen, elektrisch<br />
zu fahren, wird es wohl auch weiterhin Mercedes-Benz-<br />
Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor geben. Ob allerdings auch die<br />
<strong>Taxi</strong>flotte diesem exklusiven Club angehören wird, kann angezweifelt<br />
werden. Mit Blick auf die IAA wird deutlich, dass der Strategie<br />
schnell Taten folgen.<br />
sg<br />
NEUES MITSUBISHI-TAXI<br />
Der Mitsubishi Eclipse Cross Plug-in-<br />
Hybrid verfügt standardmäßig über einen<br />
Allradantrieb und kann bis zu 61 Kilometer<br />
rein elektrisch fahren. Mitsubishi setzt auf<br />
einen Benzin-Motor und zwei E-Maschinen.<br />
Besonders sticht dabei der auf Sparsamkeit<br />
getrimmte Verbrenner hervor, der trotz 2,4<br />
Litern Hubraum lediglich 95 PS leistet.<br />
Unterstützung bekommt er von zwei weiteren<br />
E-Maschinen, jeweils eine pro Achse.<br />
Die Systemleistung wird vom Hersteller mit<br />
188 PS angegeben. Als <strong>Taxi</strong> kann das SUV<br />
direkt beim Händler geordert werden. Der<br />
Umbau erfolgt bei Intax in Oldenburg. Dort<br />
kostet das <strong>Taxi</strong>paket inklusive Folierung<br />
990 Euro. Inbegriffen sind eine Vorrüstung<br />
für Taxameter, Dachzeichen und Funkgerät<br />
sowie eine <strong>Taxi</strong>notalarmanlage und ein zentraler<br />
Innenlichtschalter.<br />
sg<br />
Hat das Model 3 ein Schiebedach, wird das Dachzeichen auf einem<br />
Dachträger montiert.<br />
MODEL 3 IN<br />
HELLELFENBEIN<br />
Mit der Auslieferung der ersten Tesla Model 3 mit <strong>Taxi</strong>paket hat<br />
der <strong>Taxi</strong>-Spezialist Intax erste Fotos der umgebauten Fahrzeuge<br />
veröffentlicht. Mit dem Model 3 ist jetzt neben Model S und Model<br />
X das dritte Tesla-Modell mit einem <strong>Taxi</strong>- oder Mietwagenpaket<br />
erhältlich. Das <strong>Taxi</strong>-Paket inklusive Folierung schlägt mit 2.450<br />
Euro zu Buche. Wer keine Folierung benötigt, zahlt lediglich 1.250<br />
Euro. Mittlerweile sind die <strong>Taxi</strong>- und Mietwagen-Pakete direkt über<br />
den sogenannten Tesla-Store bestellbar. Die Fahrzeuge werden dann<br />
bereits umgerüstet und mit voller Werksgarantie ausgeliefert. Wie<br />
bei allen Intax-<strong>Taxi</strong>umrüstungen ist eine komplette Rückrüstung<br />
ohne Probleme möglich.<br />
sg<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>, INTAX<br />
24 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
E-MOBILITÄT<br />
Voraussichtlich<br />
bald häufiger zu<br />
sehen: E-Taxen<br />
an Ladesäulen<br />
(hier in der Persiusstraße).<br />
Viele Fragen<br />
beantwortet die<br />
eMO in den „FAQ“<br />
ihrer Internetseite.<br />
15.000 EURO FÜR JEDES<br />
NEUE BERLINER E-TAXI<br />
Der Senat fördert E-Taxen in der gleichen Höhe wie Inklusionstaxen.<br />
Kombiniert man beide Innovationen, so kann man einschließlich BAFA-<br />
Förderung für ein neues <strong>Taxi</strong> bis zu 39.000 Euro abgreifen.<br />
FOTO: Leszek Nadolski<br />
Das Förderprogramm Wirtschaftsnahe<br />
Elektromobilität (WELMO),<br />
mit dem der <strong>Berlin</strong>er Senat den<br />
Anteil elektrisch angetriebener Gewerbefahrzeuge<br />
möglichst schnell erhöhen<br />
möchte, umfasst seit Anfang Juli auch ein<br />
<strong>Taxi</strong>-Modul.<br />
Wie Birgit Heckmann vom Fachgebiet<br />
Mobilität der Senatsverwaltung für Wirtschaft,<br />
Energie und Betriebe (SenWEB)<br />
bei einem Webinar Anfang Juli erläuterte,<br />
gibt es die Förderung in Höhe von 25<br />
Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben,<br />
also dem Netto-Angebotspreis ohne<br />
BAFA-Förderung (maximal 15.000 Euro je<br />
Fahrzeug) für batterieelektrisch und mit<br />
Brennstoffzellen betriebene <strong>Taxi</strong>s mit bis<br />
zu acht Fahrgastplätzen. Plug-in-<strong>Taxi</strong>s werden<br />
nicht gefördert.<br />
Voraussetzungen für die Förderung sind:<br />
Betriebssitz oder Niederlassung in <strong>Berlin</strong>;<br />
Fahrzeug muss auf den Antragsteller zugelassen<br />
sein und (überwiegend in <strong>Berlin</strong>) als<br />
<strong>Taxi</strong> (nicht als Mietwagen) eingesetzt werden;<br />
Mindestzulassungsdauer: 12 Monate.<br />
Auch die Ladeinfrastruktur ist in <strong>Berlin</strong><br />
förderungsfähig: Für normale Ladesäulen<br />
auf privaten betrieblichen Flächen<br />
in <strong>Berlin</strong> bezahlt das Land 50 Prozent<br />
der Gesamtkosten (maximal 2.500 Euro<br />
pro Ladepunkt). Der Anschluss an das<br />
Niederspannungsnetz wird ebenfalls mit<br />
50 Prozent der Kosten (maximal 2.500<br />
Euro pro Ladepunkt) bezuschusst. Auch<br />
Schnellladesäulen werden mit 50 Prozent<br />
der Gesamtkosten bedacht, wobei hier der<br />
Höchstbetrag bei 30.000 Euro pro Schnellladepunkt<br />
liegt. Der Anschluss an das Mittelspannungsnetz<br />
wird hier mit ebenfalls<br />
50 Prozent der Kosten (maximal 55.000<br />
Euro pro Schnellladepunkt) gefördert.<br />
Was die Ladeinfrastruktur betrifft, so<br />
müssen die zu fördernden Ladepunkte im<br />
Stadtgebiet errichtet werden und den Strom<br />
ausschließlich aus regenerativer Energie<br />
beziehen.<br />
VERLÄNGERUNG DER<br />
FÖRDERUNG WÄRE WICHTIG<br />
Der Fördertopf soll zunächst bis Jahresende<br />
offenstehen. Heckmann hofft auf eine<br />
Fortsetzung, konnte aber angesichts der<br />
bevorstehenden Abgeordnetenhauswahl<br />
keine verbindliche Prognose über den weiteren<br />
Verlauf abgeben.<br />
Die eMO berät interessierte Unternehmer<br />
in zwei Stufen: In der Potentialberatung<br />
kann der Interessent Aufschluss<br />
darüber erhalten, welche Antriebsart für<br />
sein Unternehmen sinnvoll erscheint. In<br />
der Realisierungsberatung wird genauer<br />
erörtert, welche Fahrzeugmodelle für das<br />
Unternehmen in Betracht kommen, welchen<br />
Anforderungen die Ladeinfrastruktur<br />
gerecht werden muss und welche Kosten<br />
durch die Elektrifizierung eingespart werden<br />
können. Die kostenpflichtige Beratung<br />
wird ebenfalls gefördert.<br />
Manuel Roddelkopf von der Inno2Grid<br />
GmbH, einem Anbieter für nachhaltige<br />
Mobilitätslösungen und Beratungsunternehmen<br />
bei WELMO, rechnet bei den<br />
Betriebskosten mit einer jährlichen Einsparung<br />
von 5.000 bis 6.250 Euro pro Fahrzeug<br />
für den Unternehmer, nicht zuletzt<br />
aufgrund der geringeren Wartungskosten<br />
(kein Ölwechsel usw.). Er erwartet eine<br />
Verfünffachung der E-Mobilität bis 2025,<br />
wofür seiner Einschätzung nach ein enormer<br />
Ausbau der Ladeinfrastruktur und eine<br />
teilweise Verlagerung der Ladestellen in den<br />
privaten Bereich erforderlich ist. ar<br />
WICHTIGE REIHENFOLGE<br />
BEI DER ANTRAGSTELLUNG<br />
Äußerst wichtig ist die Reihenfolge<br />
von Angebotseinholung, Förderanträgen<br />
und Fahrzeugkauf:<br />
1. Angebot des Händlers einholen<br />
2. WELMO-Antrag stellen und<br />
Zuwendungsbescheid abwarten<br />
(ist man antragsberechtigt?)<br />
<strong>3.</strong> Fahrzeug kaufen oder leasen<br />
4. Antrag auf Umweltbonus beim<br />
Bundesamt für Wirtschaft und<br />
Ausfuhrkontrolle (BAFA) stellen<br />
und Auszahlung erhalten<br />
5. WELMO-Auszahlung beantragen<br />
und erhalten. Darüber<br />
informiert die IBB Business<br />
Team GmbH auch auf ihrer<br />
Internetseite. Die Antragstellung<br />
erfolgt elektronisch, das<br />
heißt, per Mausklick auf der<br />
Internetseite. Die IBB meldet<br />
sich etwa zwei Wochen nach<br />
Antragstellung.<br />
Mit der Einhaltung der Abfolge<br />
lässt sich ein Verlust des Förderanspruchs<br />
vermeiden. ar<br />
TAXI <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong><br />
25
KOLUMNE<br />
UNWISSENHEIT IST STÄRKE<br />
Wir leben in einer Zeit des lebenslangen Lernens, so wurde und wird<br />
es uns erzählt, praktisch bis heute. Diese Ära ist dabei, zu Ende zu<br />
gehen, und das <strong>Taxi</strong> fährt voran.<br />
Demnächst soll ein jeder <strong>Taxi</strong> fahren<br />
dürfen, auch wenn er nicht eine<br />
Straße oder auch nur einen Platz<br />
kennt. Sollte er doch einmal danach gefragt<br />
werden, wird die Antwort die sein, die es<br />
in Amerika zum Running-Gag der gesamten<br />
Dienstleistungsbranche geschafft hat:<br />
„I don’t know, I’m just working here!“ –<br />
Frag’ in Zukunft nicht den <strong>Taxi</strong>fahrer nach<br />
irgendetwas in der Stadt, sondern sei froh,<br />
wenn er Autofahren kann.<br />
Dann wird es passieren,<br />
du kommst<br />
am <strong>Berlin</strong>er Hauptbahnhof<br />
an, steigst<br />
in ein <strong>Taxi</strong>, in dem<br />
der <strong>Taxi</strong>fahrer,<br />
bevor er die Fahrt<br />
beginnen kann, in<br />
sein Navi das Brandenburger<br />
Tor, dein<br />
Fahrziel, eingeben<br />
muss, auch wenn<br />
dies kaum einen<br />
Kilometer entfernt<br />
und praktisch in<br />
Sichtweite liegt.<br />
Vorausgesetzt, der<br />
Fahrer ist des korrekten<br />
Schreibens<br />
kundig, weswegen<br />
die Eingabe wohl bald fernmündlich à la<br />
„Alexa“ erfolgen wird oder bereits erfolgt.<br />
Nun kann es auch schon losgehen mit<br />
deiner Beförderung, alles auf mündliche<br />
Anweisung aus dem Off und völlig ohne<br />
Ortskenntnisse.<br />
Ich will das <strong>Taxi</strong>fahren nicht überbewerten.<br />
Ärzte ohne anatomische „Ortskenntnisse“<br />
wird es wohl nicht geben – oder?<br />
Möglicherweise ist das nur so einer dummer<br />
Spruch, dass derjenige, der nichts<br />
weiß, alles glauben muss. Bestimmt ist<br />
alles ganz anders, und vor allem als man<br />
denkt. Für mich stellt sich mit dem Wegfall<br />
der Ortskunde für <strong>Taxi</strong>fahrer die Frage, ob<br />
ich mich noch einmal hinter das Lenkrad<br />
eines <strong>Taxi</strong>s setze. Warum soll ich mich<br />
selbst downgraden und mich unter Wert<br />
verkaufen? Und überhaupt: <strong>Taxi</strong>fahren hat<br />
auch Ehre!<br />
Falls das mit dem ewigen Dazulernen nun<br />
aber doch noch gilt, dann ist das jetzt nur<br />
eine Phase, die sich morgen, vermutlich<br />
eher übermorgen, ins Gegenteil verkehrt<br />
– und Wissen ist plötzlich wieder wichtig.<br />
Ich schließe das nicht aus, erlaube mir<br />
allerdings anzumerken, dass die Unwissenheit<br />
vergleichsweise zügig voranschreitet<br />
– abwärts geht es bekanntlich immer<br />
schneller. Setzt man es in Relation zu der<br />
Zeit, die nötig ist, um sich Wissen anzueignen,<br />
tippe ich aus dem Bauch heraus<br />
auf 1:5, wenn nicht gar 1:10. Mit anderen<br />
Worten: Um ein Jahr<br />
Unwissenheit wieder<br />
gut zu machen,<br />
bedarf es fünf, wenn<br />
nicht gar 10 Jahre<br />
Wissensaneignung.<br />
Möglicherweise<br />
ist der Point of no<br />
Return, ab dem die<br />
Unwissenheit als<br />
Normalität wahrgenommen<br />
wird, die<br />
dementsprechend<br />
nicht mehr korrigiert<br />
werden muss,<br />
auch schon erreicht.<br />
Denn die Dummheit<br />
des Menschen ist<br />
nicht nur unendlich,<br />
wie Einstein meinte,<br />
sondern es gibt für sie, ganz wie auf unseren<br />
Autobahnen, auch kein Tempolimit.<br />
Immerhin wird uns die fortschreitende<br />
Verdummung seit Jahren überaus erfolgreich<br />
als „Modernisierung“ verkauft.<br />
Dann ist alles egal, dann kann ich auch<br />
mein persönliches Lieblings-Endzeitszenario<br />
verraten, bei der wie eingangs erwähnt<br />
das <strong>Taxi</strong> voran fährt: Ein Mensch von morgen,<br />
ich wette, einer von diesen <strong>Taxi</strong>fahrern<br />
ohne Ortskenntnisse, wird von der<br />
Künstlichen Intelligenz, eine Art Super-<br />
Navi für alles und jeden, mit angenehmer<br />
aber fester Stimme dazu aufgefordert,<br />
einen ganz bestimmten Knopf auf seinem<br />
mobilen End-Gerät zu drücken, weil dies<br />
für die Welt das beste sei. Und was macht<br />
der Mensch von morgen? Genau, er drückt<br />
diesen ganz bestimmten Knopf, und die<br />
Welt wird erlöst sein. Denn die Welt ist besser<br />
dran ohne den Menschen, allen voran<br />
ohne den von morgen.<br />
rm<br />
IMPRESSUM<br />
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26 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI
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Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft und übernimmt auch keinerlei Haftung oder Garantie<br />
für die Informationen des Aufbauherstellers. Die hier angegebenen technischen Daten bilden<br />
beispielhaft eine zu erwerbende Fahrzeugvariante ab und können vom kaufbaren Fahrzeug<br />
abweichen. Die Ansichten und Darstellung sind beispielhaft für das hier präsentierte Produkt<br />
und stellen nicht den am Ende kaufbaren Endzustand des Fahrzeugs dar. Die teilweise hinterlegten<br />
Ausstattungsumfänge des Grundfahrzeugs bilden nicht den vollen Umfang ab. Die<br />
Ausstattungsumfänge des Grundfahrzeugs müssen in Abstimmung mit dem Aufbauhersteller<br />
gewählt werden, damit der volle Einsatzzweck und die Sicherheit für den Anwender gewährleistet<br />
werden können. | 4 Stromverbrauch und Reichweite wurden auf der Grundlage der<br />
VO 692/2008/EG ermittelt. Stromverbrauch und Reichweite sind abhängig von der Fahrzeugkonfiguration,<br />
insbesondere von der Auswahl der Höchstgeschwindigkeitsbegrenzung. Die<br />
tatsächliche Reichweite ist zudem abhängig von der individuellen Fahrweise, von Straßenund<br />
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