BwieBasel - Basel und das Areal Wolf
Sonderheft BwieBasel Herbst 2021
Sonderheft BwieBasel Herbst 2021
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Spezialausgabe<br />
Herbst 2021<br />
<strong>Basel</strong> <strong>und</strong> <strong>das</strong> <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong>
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EDITORIAL<br />
INHALT<br />
Beat Jans, Regierungspräsident<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
es ist nicht meine Aufgabe als Politiker,<br />
die Zukunft vorherzusagen. Es ist<br />
meine Aufgabe, mitzuhelfen, uns mög -<br />
lichst gut auf die Zukunft vorzubereiten.<br />
Dazu müssen wir die wichtigsten<br />
Herausforderungen kennen, denen<br />
wir uns heute stellen müssen.<br />
Für mich sind es deren drei:<br />
• der Klimaschutz<br />
• die Digitalisierung<br />
• die Pandemiebewältigung<br />
Für diese zentralen Themen müssen<br />
wir intelligente Antworten finden.<br />
Ohne Einsatz moderner Technologien<br />
ist <strong>das</strong> nicht zu schaffen. Deshalb<br />
hat sich die vor zwei Jahren vom<br />
Regierungsrat verabschiedete Strategie<br />
‹Smart City <strong>Basel</strong>› kein geringeres<br />
Ziel gesetzt, als die hohe Lebensqualität<br />
dieser Stadt auch für die Zukunft<br />
zu sichern.<br />
2018 wurde zudem <strong>das</strong> Smart City<br />
Lab <strong>Basel</strong> auf dem <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> durch<br />
die SBB <strong>und</strong> den Kanton gegründet<br />
<strong>und</strong> eröffnet. Mit über 30 Pilotprojek -<br />
ten mit Schwerpunkten in den Bereichen<br />
Logistik, Mobilität <strong>und</strong> Energie<br />
konnte eine grosse Dynamik angestossen<br />
werden. Damit haben wir einen<br />
Ort geschaffen, der in der Verknüpfung<br />
mit der <strong>Areal</strong>entwicklung einem<br />
Smart City-Pilotquartier entspricht.<br />
In diesem Heft erfahren Sie mehr zu<br />
beidem – zum Smart City Lab <strong>Basel</strong><br />
<strong>und</strong> zur Entwicklung des <strong>Areal</strong>s<br />
<strong>Wolf</strong>s. Ich wünsche Ihnen spannende<br />
Entdeckungen bei der Lektüre!<br />
RUBRIKEN<br />
Geschichte: Vom <strong>Wolf</strong> zum <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> Seite 4<br />
Interview: Lukas Ott, Kantons- <strong>und</strong> Stadtentwickler Seite 12<br />
Publireportage: IWB: ein Energieanbieter geht neue Wege Seite 14<br />
Aktuell: Ein Labor für neue Ideen Seite 18<br />
Publireportage: Bussystem 2027, die BVB ist nachhaltig Seite 22<br />
Interview: Jürg Degen, Städteplaner Seite 24<br />
Planung: <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong>, <strong>das</strong> Richtprojekt Seite 26<br />
Facts & Figures: Zahlen <strong>und</strong> Informationen Seite 31<br />
Quellen Seite 31<br />
Impressum<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> Sonderheft ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City›.<br />
Herausgegeben in Zusammenarbeit mit dem Präsidialdepartement, Abteilung Kantons- <strong>und</strong> Stadtentwicklung<br />
<strong>und</strong> dem Bau- <strong>und</strong> Verkehrsdepartement <strong>Basel</strong>-Stadt, Abteilung Städtebau.<br />
© Spalentor Verlag AG, <strong>Basel</strong>, 2021<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 3
GESCHICHTE<br />
Vom <strong>Wolf</strong><br />
zum <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong><br />
Der <strong>Wolf</strong> war – wie auch der Bär <strong>und</strong> der Luchs –<br />
in ganz Nord- <strong>und</strong> Mitteleuropa beheimatet. Durch<br />
die starke Abholzung der Wälder im ausgehenden<br />
Mittelalter verloren die Wölfe jedoch ihre Jagdbeute<br />
<strong>und</strong> waren gezwungen, auch Haustiere zu<br />
reissen, was zu grossen Konflikten führte.<br />
Der <strong>Wolf</strong> hatte schon immer ein schlechtes Image; in<br />
Märchen <strong>und</strong> Sagen ist er stets böse, blutrünstig <strong>und</strong> arglistig.<br />
Schon in der nordischen Mythologie aus der Zeit<br />
vor Christus bedroht der Fenriswolf die Götter <strong>und</strong> frisst<br />
jeweils abends die Sonne.<br />
Und auch in der Bibel heisst es: «Der <strong>Wolf</strong> raubt <strong>und</strong> zerstreut»<br />
(Joh 10:12) oder «Hütet euch aber vor den falschen<br />
Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen,<br />
inwendig aber sind sie reissende Wölfe» (Mt 7:15). Es<br />
leuchtet ein, <strong>das</strong>s zu der Zeit, als die Bibeltexte entstanden<br />
sein sollen, die Menschen mehrheitlich Bauern <strong>und</strong> Hirten<br />
waren <strong>und</strong> deshalb in einem grossen Konkurrenzkampf<br />
zum <strong>Wolf</strong> standen. Sie hatten genau die Tiere domestiziert<br />
– Ziege <strong>und</strong> Schaf – welche die Hauptbeute des <strong>Wolf</strong>es<br />
darstellen. Dadurch gingen bei den Ziegen <strong>und</strong> Schafen<br />
aber auch die Fluchtinstinkte verloren; flohen sie früher<br />
ins Hochgebirge <strong>und</strong> konnten so den Wölfen entkommen,<br />
sammelten sie sich nun bei Gefahr zu einer Gruppe zusammen.<br />
Auch wurden die früher sehr aggressiven <strong>und</strong><br />
wehrhaften Widder <strong>und</strong> Böcke weggezüchtet <strong>und</strong> durch<br />
ausgeglichene <strong>und</strong> friedliche Exemplare ersetzt. Das war<br />
für die Hirten sehr praktisch, aber auch die Wölfe profitieren<br />
davon. So wurde der <strong>Wolf</strong> zum ‹Tier des Teufels›.<br />
Werwolf oder Hexenwolf?<br />
Im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert kamen die Hexenverfolgungen auf;<br />
ab 1430 begann man, im Wallis, um den Genfersee, aber<br />
auch in <strong>Basel</strong>, hauptsächlich Frauen vor Gericht zu zerren,<br />
weil man ihnen vorwarf, sie hätten sich mit teuflischem<br />
Schadenzauber gegen die christliche Gemeinschaft<br />
gewendet. In diesen Jahren tauchte auch der <strong>Wolf</strong><br />
erstmals in den Protokollen der gefolterten ‹Hexen› auf.<br />
In mehreren Prozessen erschien er als Reittier für Hexen;<br />
so wurde 1433 in <strong>Basel</strong> eine Frau hingerichtet, die von<br />
ihrem Nachbarn denunziert worden war. Er behauptete,<br />
sie sei auf einem <strong>Wolf</strong> schnell an ihm vorbei geritten,<br />
während er im Gebüsch versteckt lag. Ein paar Jahre später<br />
wurden die Baslerinnen Agnes Bannwart <strong>und</strong> Barbara<br />
Batmann unter der Anklage, Menschen <strong>und</strong> Vieh vergiftet<br />
<strong>und</strong> H<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Wölfe geritten zu haben, wegen Hexerei<br />
verhaftet <strong>und</strong> dem Henker übergeben. Zur gleichen Zeit<br />
verbreitete sich in der Region der Vorwurf, <strong>das</strong>s Hexen<br />
<strong>und</strong> Zauberer nicht nur auf Wölfen ritten, sondern deren<br />
Gestalt annahmen, um <strong>das</strong> Vieh des Nachbarn zu reissen<br />
oder anderes Unheil anzurichten. Der Glaube ging um,<br />
<strong>das</strong>s bereits ein einziges Haar eines <strong>Wolf</strong>es üblen Streit in<br />
jedes Haus bringe, <strong>und</strong> sein Fleisch galt als giftig.<br />
Während des Basler Kirchenkonzils von 1431 wurden<br />
die Werwolfberichte aus der Westschweiz von den versammelten<br />
Bischöfen eingehend besprochen: Wurde jemand<br />
nur vom Teufel getäuscht, sich wie ein <strong>Wolf</strong> zu<br />
fühlen oder verwandelte sich jemand unter satanischem<br />
Einfluss tatsächlich in einen <strong>Wolf</strong>? Man einigte sich darauf,<br />
<strong>das</strong>s kein Mensch sich in einen <strong>Wolf</strong> verwandeln<br />
könne, doch er konnte mit dem Teufel einen Pakt eingehen,<br />
<strong>das</strong>s er ihn vor sich selbst <strong>und</strong> anderen Menschen als<br />
<strong>Wolf</strong> erscheinen lasse. Damit wurde die vermeintliche<br />
Auf dem <strong>Wolf</strong> / <strong>Wolf</strong>sschlucht<br />
Schon 1256 gab es in <strong>Basel</strong> Personen mit dem Familiennamen<br />
<strong>Wolf</strong>. Man geht heute davon aus, <strong>das</strong>s die Flurbezeichnung<br />
‹Auf dem <strong>Wolf</strong>› nach einem Besitzer namens<br />
<strong>Wolf</strong> benannt wurde; 1366 wird sie erstmals in<br />
einer Urk<strong>und</strong>e des Barfüsser-Klosters erwähnt. Auch<br />
<strong>das</strong> Haus ‹Zum <strong>Wolf</strong>› am Spalenberg 22 (1497 erstmals<br />
erwähnt), gehörte vermutlich einem Herrn <strong>Wolf</strong>.<br />
Bei der <strong>Wolf</strong>sschlucht <strong>und</strong> der ehemaligen <strong>Wolf</strong>strasse,<br />
die 1944 in Belfortstrasse umbenannt wurde, besteht<br />
hingegen ein Bezug zum <strong>Wolf</strong> selbst.<br />
4 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
GESCHICHTE<br />
Verwandlung in einen Werwolf zu<br />
hexerischem Handeln, <strong>das</strong> von der<br />
Kirche verfolgt wurde.<br />
Die angeblichen Werwölfe erkannte<br />
man in menschlicher Gestalt an ihren<br />
zusammengewachsenen Augenbrauen;<br />
als Werwolf fehlte ihnen der<br />
Schwanz.<br />
Wölfe in <strong>Basel</strong><br />
Im Basler Staatsarchiv finden sich<br />
Meldungen, die von Wölfen in der<br />
Stadt <strong>und</strong> Region berichten. Die Angst<br />
vor «wilden reissenden Thieren wie<br />
Wölfen, Bären, Wildschweinen, Luchsen<br />
<strong>und</strong> dgl., die in der Stadt ihr Unwesen<br />
treiben» war so gross, <strong>das</strong>s jedermann<br />
befugt war, «auf diese loszugehen<br />
<strong>und</strong> sie zu erlegen».<br />
Im April 1421 zeigte sich ein <strong>Wolf</strong><br />
mitten in der Stadt. Er «lief den Rhein -<br />
sprung hinunter, über den Fisch markt<br />
<strong>und</strong> die St. Johannsvorstadt. Beherzte<br />
Männer machten sich an die Verfolgung,<br />
ohne <strong>das</strong>s es ihnen gelungen<br />
wäre, seiner habhaft zu werden. Er<br />
entwischte durch <strong>das</strong> Tor <strong>und</strong> entkam<br />
nach der Hard».<br />
Im Winter 1529 «thaten die Wölff um<br />
<strong>Basel</strong> unsäglichen grossen Schaden,<br />
<strong>das</strong>s sie die Geissen, Schwein <strong>und</strong><br />
Küh ganz griffig angefallen <strong>und</strong> erwürgt<br />
haben, <strong>das</strong>s ihnen niemand<br />
wehren mocht.»<br />
Im Januar 1540 wollte ein Müller aus<br />
der Klybeck-Mühle Mehl in die Stadt<br />
führen, als er auf zwei Wölfe traf.<br />
Weil er aber einen «guten H<strong>und</strong> by<br />
sich gehabt, hat sich derselbig an sie<br />
gemacht. Haben also die Wölff vom<br />
Müller abgelassen <strong>und</strong> dem H<strong>und</strong> zugesetzt,<br />
den sie in Stücken zerstört».<br />
Gab es in der Umgebung <strong>Basel</strong>s zu<br />
viele Wölfe, ordnete die Obrigkeit<br />
grosse Hetz- <strong>und</strong> Treibjagden an. Die<br />
letzte fand im Winter 1824/25 statt;<br />
dabei wurden vier Wölfe erlegt.<br />
Die Geist der Grossmutter<br />
im <strong>Wolf</strong>sbrunnen<br />
Auf dem Gebiet des heutigen ‹Spiegelhofs›,<br />
dem Petersberg, standen die<br />
Häuser sehr dicht <strong>und</strong> man sprach davon,<br />
<strong>das</strong>s es Legionen von Ratten <strong>und</strong><br />
Fledermäusen gebe, fingerdicke Spinnennetze<br />
<strong>und</strong> gruselige Keller am<br />
Ufer des rauschenden Birsigs. Dort<br />
stand auch der <strong>Wolf</strong>sbrunnen, der bis<br />
1869 ein mineralhaltiges Quellwasser<br />
spendete <strong>und</strong> 1908 abgebrochen wurde.<br />
Im <strong>Wolf</strong>sbrunnen hauste der Geist<br />
der stadtbekannten Grossmutter, Frau<br />
Schönauer. Man erzählte sich, sie erhalte<br />
jedes Jahr von Kaiser Napoleon<br />
eine Leibrente von 2000 Franken,<br />
1<br />
2<br />
1: ‹Der <strong>Wolf</strong>ritt›, Strassburg, 1489<br />
2: Ulrich Boner: ‹Der Schäfer <strong>und</strong> die<br />
Wölfe› um 1425.<br />
Illustration zu einer Fabel, wo Wölfe<br />
die Schäfer betrügen.<br />
3: Rotkäppchen aus ‹Les Contes de<br />
Perrault›, Illustration von Gustave<br />
Doré, 1872.<br />
3<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 5
GESCHICHTE<br />
weil sie ihn als junges Mädchen gerettet hatte, indem sie<br />
seine durchbrennenden Pferde anhalten konnte.<br />
Die liebenswerte Grossmutter aus dem Welschland konnte<br />
noch im hohen Alter allerlei französische Liedlein singen<br />
<strong>und</strong> scharte viele Kinder um sich. Plötzlich war sie<br />
nicht mehr zu sehen, <strong>und</strong> auch ihr Gesang war nicht mehr<br />
zu hören. Es hiess, sie sei krank, <strong>und</strong> etwa zwei Jahre<br />
später wurde sie unter grosser Anteilnahme der Bevölkerung<br />
zu Grabe getragen. Doch dann tauchte ein unheimliches<br />
Gerücht auf: die Grossmutter sei schon lange gestorben,<br />
aber die Verwandten hätten sie im Keller ihres Hauses<br />
eingesalzen, damit sie weiterhin die kaiserliche Pension<br />
einkassieren konnten. Man habe sie in eine grosse<br />
Waschbütte gelegt <strong>und</strong> reichlich mit Salz bestreut, damit<br />
man sie bei allfälligen Nachforschungen lebensfrisch vor -<br />
zeigen könne. Doch habe die Verwandten <strong>das</strong> schlechte<br />
Gewissen so geplagt, <strong>das</strong>s sie sie nach zwei Jahren endlich<br />
bestatten liessen. – Bei anbrechender Dunkelheit getrauten<br />
sich auch die Mutigsten nicht, alleine im hinteren<br />
Petersberg neben dem <strong>Wolf</strong>sbrunnen vorbei zu gehen,<br />
aus Angst vor dem ruhelosen Geist der eingesalzenen<br />
Grossmutter. Denn dieser huschte nicht geräuschlos<br />
durch Dachgebälk <strong>und</strong> Haustüren, sondern mit grossem<br />
Getöse, Holpern <strong>und</strong> Poltern. Es war als sei sowohl der<br />
Geist der Frau Schönauer auf Rache aus wie auch der<br />
missbrauchte Waschtrog.<br />
Fenriswolf<br />
Der Fenriswolf ist in der nordischen Mythologie <strong>das</strong> erste<br />
Kind des Gottes Loki <strong>und</strong> der Riesin Angrboda.<br />
Fenrisúlfr (altnordisch: fen für ‹Sumpf›) bedeutet wörtlich<br />
‹Sumpf-<strong>Wolf</strong>›. Eine andere Bezeichnung war auch<br />
Hróðvitnir (vitt bedeutete ‹Hexerei› <strong>und</strong> bezieht sich<br />
auf die Vorstellung, <strong>das</strong>s Hexen auf Wölfen reiten).<br />
Die Götter erkannten die Gefahr, die vom Fenriswolf<br />
ausging, <strong>und</strong> brachten ihn nach Asgard, dem Sitz der<br />
Götter, denn sie fürchteten, er werde sie alle verschlingen.<br />
So entschlossen sie sich, ihn für alle Zeiten zu fesseln.<br />
Die ersten beiden Ketten zerriss der <strong>Wolf</strong> jedoch<br />
mühelos. Nun sollte er seine Kraft an der magischen Fessel<br />
Gleipnir erproben, die so harmlos wie ein simpler Faden<br />
aussah. Der Faden war aber von den Zwergen gemacht<br />
worden aus Sachen, die es nicht gibt: aus den<br />
Sehnen der Bären, der Stimme der Fische, den Bärten<br />
der Frauen, dem Speichel der Vögel, dem Geräusch eines<br />
Katzentritts <strong>und</strong> den Wurzeln der Berge.<br />
Der Fenriswolf schöpfte Verdacht. Er verlangte als Pfand<br />
für den Fall eines möglichen Betrugs, <strong>das</strong>s einer der<br />
Götter ihm die rechte Hand ins Maul lege. Keiner wollte<br />
sich dafür hergeben, ausser Tyr, dem Gott des Krieges.<br />
Man fesselte also Fenris, aber je stärker dieser an der<br />
Fessel riss, desto enger zog sie sich zu. Fenris blieb gefangen,<br />
biss Tyr jedoch aus Rache dessen rechte Hand<br />
ab. Befreien wird sich der riesige <strong>Wolf</strong> erst zu ‹Ragnarök›,<br />
dem Ende der Welt. Dann wird er Odin, den Göttervater,<br />
in einem gnadenlosen Kampf töten.<br />
Bild: Odin <strong>und</strong> Fenris, H.A. Guerber: ‹Myths of the Norsemen<br />
from the Ed<strong>das</strong> and Sagas›, London, 1909<br />
Gottesacker <strong>und</strong> Güterbahnhof<br />
1865 entwarf der Basler Bauinspektor Amadeus Merian<br />
den Gottesacker auf dem ‹<strong>Wolf</strong>sfeld›, der – wie der 1868<br />
eröffnete Kannenfeld-Gottesacker – dazu dienen sollte,<br />
die überbelegten Friedhöfe in der Stadt zu entlasten. Das<br />
Land gehörte Margaretha Merian-Burckhardt, Witwe des<br />
Grossgr<strong>und</strong>besitzers Christoph Merian. Diese überliess<br />
die r<strong>und</strong> 500 Aren der Stadt zur Pacht; die spätere Chri-<br />
5: <strong>Wolf</strong>sbrunnen am früheren Petersberg (heute Spiegelhof),<br />
wo der Geist von Grossmutter Schönauer hauste.<br />
Alte germanische Namen<br />
Den Respekt, den die Germanen dem <strong>Wolf</strong> bezeugten<br />
zeigt sich in deren Namen, die noch heute verwendet<br />
werden:<br />
<strong>Wolf</strong> oder Wulf (skandinavisch Ulf)<br />
<strong>Wolf</strong>gang: der mit dem <strong>Wolf</strong> in den Kampf geht<br />
<strong>Wolf</strong>hard: der kühne <strong>Wolf</strong><br />
<strong>Wolf</strong>ram: <strong>Wolf</strong> <strong>und</strong> hraban (Rabe)<br />
<strong>Wolf</strong>dietrich: Sagengestalt aus der Zeit um 1250<br />
Adolf: der edle <strong>Wolf</strong><br />
G<strong>und</strong>olf: der kämpferische <strong>Wolf</strong><br />
Ingolf: Ingwio, wichtigste Gottheit der Germanen<br />
Ludolf: der berühmte <strong>Wolf</strong><br />
Randolf (frz Raoul): <strong>Wolf</strong>s-Schild<br />
Rudolf: der ruhmreiche <strong>Wolf</strong><br />
Vuk, Vukan: serbokroatisch für <strong>Wolf</strong><br />
6 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
GESCHICHTE<br />
5<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 7
GESCHICHTE<br />
Der <strong>Wolf</strong> der E. Rebleutenzunft<br />
Die Rebleute waren für den Bau <strong>und</strong> die Pflege der Rebgebiete der Bürger,<br />
Klöster <strong>und</strong> Kirchen der Stadt verantwortlich. Da sie keinen Wein verkaufen<br />
oder ausschenken durften, gehörten sie zur armen Bevölkerungsschicht. Die<br />
Zunft hatte zwar viele Mitglieder, aber kein Geld.<br />
Um 1380 wurde die Rebleutenzunft in Form einer Halbzunft mit derjenigen<br />
der reichen Grautücher zusammengelegt. Bei diesen handelte es sich um Unternehmer,<br />
welche <strong>das</strong> vom Webstuhl kommende rohe Wolltuch durch Reinigen<br />
<strong>und</strong> Walken gebrauchsfähig machten <strong>und</strong> zu guten Preisen verkauften.<br />
Die Grautücher trugen den <strong>Wolf</strong> im Wappen, was einerseits von der Farbe<br />
dieses Tiers kam, aber auch der Name einer badischen <strong>und</strong> schwäbischen<br />
Tuchart bedeutete; man nannte einen speziellen groben Wollstoff ‹<strong>Wolf</strong>›.<br />
Es kam häufig zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den ungleichen<br />
Zunftbrüdern; so beispielsweise 1397, weil die Rebleute dem alten Bannerzeichen<br />
der Grautücher ein Rebmesser in die Pfoten gaben. Die Regierung<br />
musste immer wieder Streit schlichten, bis sie 1453 verfügte, <strong>das</strong>s die Grautücher<br />
in die Schlüsselzunft integriert wurden.<br />
Die Rebleute behielten somit ihren rebmesserbewehrten <strong>Wolf</strong> <strong>und</strong> verwendeten<br />
ihn in ihrem Siegel, an ihrem Zunfthaus <strong>und</strong> als Prunkbecher.<br />
Links der silbervergoldete Becher der Zunft zu Rebleuten vom Basler Goldschmied<br />
J.J. Birmann II aus dem Jahr 1668. (Historisches Museum <strong>Basel</strong>)<br />
stoph Merian Stiftung verkaufte dann<br />
<strong>das</strong> Land der Einwohnergemeinde<br />
<strong>Basel</strong>. Die Lage des im Mai 1872 eröffneten<br />
<strong>Wolf</strong>gottesackers war jedoch<br />
nicht ideal: Bereits ein Jahr nach seiner<br />
Einweihung wurden die Pläne für<br />
den Rangier- <strong>und</strong> Güterbahnhof bekannt,<br />
welche die Existenz des Friedhofs<br />
so stark bedrohten, <strong>das</strong>s während<br />
fünf Jahren keine Bestattungen mehr<br />
vorgenommen wurden.<br />
Durch den Ausbau der Bahnstrecken<br />
nach Zürich <strong>und</strong> Delsberg genügten<br />
die Kapazitäten des 1875 eröffneten<br />
‹Centralbahnhofs› nicht mehr, weshalb<br />
<strong>das</strong> Zerlegen <strong>und</strong> Bilden von Güterzügen<br />
1876 in den neuen provisorischen<br />
Rangierbahnhof ‹Auf dem<br />
<strong>Wolf</strong>› verlegt wurde. 1880 trat der Regierungsrat<br />
144 Aren des unteren Fried -<br />
hofareals an die ‹Schweizerische Centralbahn›<br />
ab <strong>und</strong> erweiterte dafür den<br />
Friedhof auf beiden Seiten. Dadurch<br />
verlor der <strong>Wolf</strong>gottesacker sein ursprüngliches<br />
Erscheinungsbild eines<br />
Kirchen-Gr<strong>und</strong>risses.<br />
Zudem kamen direkt hinter der nördlichen<br />
Friedhofsmauer Eisenbahnschie -<br />
nen zu liegen, <strong>und</strong> im Süden wur den<br />
Tramgeleise verlegt. Dennoch werden<br />
auf dem <strong>Wolf</strong>gottes acker weiterhin<br />
Bestattungen durchgeführt; allerdings<br />
nur in Familiengräbern. Zudem finden<br />
sich dort einige bemerkenswerte Grab -<br />
monumen te von bekannten Bildhauern<br />
aus dem 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
<strong>und</strong> die Gräber einiger bekannter<br />
(Basler) Persönlichkeiten.<br />
Anne Nagel von der Basler Denkmalpflege<br />
schreibt in ihrer Publikation<br />
‹Der <strong>Wolf</strong>gottesacker›: «Eisenbahn<br />
<strong>und</strong> Tram sowie die umliegende<br />
6: Grabmale auf dem <strong>Wolf</strong>gottesacker<br />
Industrie mit Fabrikgebäuden <strong>und</strong><br />
Lagerhäusern drohen den <strong>Wolf</strong>gottesacker<br />
buchstäblich zu erdrücken.<br />
Wo sich einst eine in sich geschlossene,<br />
idyllische Gartenanlage harmonisch<br />
in die Landschaft einfügte, finden<br />
wir heute eine deformierte Fried -<br />
hofsanlage in völlig unadäquater urbaner<br />
Situation vor.»<br />
56<br />
8 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
GESCHICHTE<br />
7 8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
7: Das 1932 erbaute (<strong>und</strong> 2008 abgebrochene) Kühlhaus<br />
der Frigosuisse markierte den südlichen Bereich des<br />
<strong>Wolf</strong>bahnhofs (rechts hinten die Passerelle)<br />
8: Luftaufnahme des Güterbahnhofs, um 1935<br />
9: Holzverlad für den Transport zwischen B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong><br />
<strong>Wolf</strong>bahnhof beim Lokomotivdepot an der Nauenstrasse<br />
um 1940.<br />
10: Der <strong>Wolf</strong>bahnhof mit Lagerhallen an der St. Jakobsstrasse<br />
200, 1938<br />
11+12: Die <strong>Wolf</strong>-Passerelle 1998. Sie verband <strong>das</strong> G<strong>und</strong>eldinger-Quartier<br />
über den Güterbahnhof <strong>Wolf</strong> mit<br />
dem Gellert.<br />
12<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 9
GESCHICHTE<br />
13 14<br />
15<br />
13: Das Restaurant ‹<strong>Wolf</strong>› um 1938.<br />
14: Das Thai-Restaurant ‹<strong>Wolf</strong> Sawadee› im Juni 2021.<br />
15+16: Links <strong>und</strong> rechts des Eingangs befinden sich noch<br />
immer die Widderköpfe, welche der Überlieferung nach<br />
dem <strong>Wolf</strong> die Zunge herausstrecken <strong>und</strong> ihm sagen: «Bis<br />
hierher kommst du, aber nicht weiter in die Stadt hinein!»<br />
16<br />
10 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
GESCHICHTE<br />
17<br />
Bild 17: Das Haus ‹Zum <strong>Wolf</strong>› am Spalenberg<br />
Bereits 1915 schmückte Burkhard Mangold die Haus-<br />
Fassade ‹zum <strong>Wolf</strong>› am Spalenberg 22 mit Szenen aus<br />
dem Kolonialhandel in Sgraffitotechnik. Die Fassade<br />
mit dem <strong>Wolf</strong> als Signet soll angeblich Hermann Hesse<br />
inspiriert haben bei der Namensgebung zu seinem Basler<br />
Roman ‹der Steppenwolf›, da er des öfteren den<br />
Gemsberg herunter zu spazieren pflegte.<br />
18: Die ‹<strong>Wolf</strong>schlucht-Promenade› erhielt ihren Namen<br />
im Jahr 1954. Um <strong>das</strong> steile Stück Waldweg rankt sich eine<br />
Legende: Im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert besass der Basler Gelehrte<br />
Thomas Platter ein Häuschen am Fusse des Bruderholz.<br />
Eines Tages soll der aus dem Wallis stammende Platter in<br />
jener Schlucht einen prächtigen <strong>Wolf</strong> erlegt haben.<br />
18<br />
Bald wieder echte Wölfe in <strong>Basel</strong>?<br />
Der Tierpark Lange Erlen plant, ein grosszügiges Gehege<br />
anzulegen, in welches ein Rudel Wölfe einziehen<br />
soll. Das Projekt wurde anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums<br />
des Tierparks lanciert <strong>und</strong> hofft auf die Unterstützung<br />
der Basler Bevölkerung. Die Wölfe würden die<br />
bereits im Tierpark vorhandenen, ursprünglich einheimischen<br />
Tiere wie den Luchs, die Wildkatze, den Rotfuchs<br />
<strong>und</strong> die Wisente ergänzen <strong>und</strong> gäben Gelegenheit,<br />
Informationen über den <strong>Wolf</strong> zu vermitteln.<br />
Weitere Informationen: www.erlen-verein.ch<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 11
INTERVIEW<br />
Lukas Ott: «Das Smart City Lab <strong>Basel</strong><br />
ist ein Labor für die ganze Stadt»<br />
Lukas Ott, Leiter Kantons- <strong>und</strong> Stadtentwicklung<br />
Präsidialdepartement des Kantons <strong>Basel</strong>-Stadt<br />
Herr Ott, auf dem <strong>Areal</strong> des ehemaligen Güterbahnhofs<br />
‹<strong>Wolf</strong>› ist seit 2019 ein so genanntes Smart City Lab entstanden.<br />
Das englische Wort ‹smart› bedeutet schlau,<br />
schick, schnell; bezeichnet aber auch einen schar fen<br />
Schmerz. Was bedeutet Smart City Lab nun wirklich?<br />
Smart City ist auf jeden Fall mehr als Digitalisierung.<br />
Smart City ist ein Synonym für eine ressourcenschonende<br />
<strong>und</strong> clevere Stadtentwicklung. Damit stellen wir die Lebens -<br />
qualität der Bevölkerung in den Mittelpunkt. Konkret haben<br />
wir auf dem <strong>Wolf</strong> in einem teilweise unternutzten Güter areal<br />
gemeinsam mit den SBB <strong>das</strong> Smart City Lab <strong>Basel</strong> eingerich -<br />
tet. Es ermöglicht uns <strong>und</strong> unseren Partner*innen, innovative<br />
Lösungen zu entwickeln. Die Einbettung des Smart City<br />
Lab <strong>Basel</strong> in ein Test areal erlaubt es, alle Entwicklungen im<br />
Massstab 1:1 zu testen. Seit April 2019 in Betrieb, beherbergt<br />
es mittlerweile über 60 Partnerfirmen <strong>und</strong> -institutionen.<br />
Was zeichnet <strong>das</strong> Smart City Lab <strong>Basel</strong> besonders aus?<br />
Die Firmen, die sich hier niedergelassen haben, verfolgen<br />
alle <strong>das</strong>selbe Ziel: Sie wollen Ideen entwickeln, ihr Knowhow<br />
teilen, wollen neue, smarte Lösungen für digitale Anwendungen<br />
<strong>und</strong> innovative Technologien testen. Derzeit stehen<br />
Gebäude, Mobilität <strong>und</strong> Citylogistik, aber auch Querschnittsthemen<br />
wie Energieversorgung im Vordergr<strong>und</strong> –<br />
für uns als Stadt sind <strong>das</strong> ganz zentrale Aspekte. Das Lab<br />
bietet einen schweizweit einzigartigen Raum, um Innovationen<br />
<strong>und</strong> Lösungen zu entwickeln, Erfahrungen zu sammeln<br />
<strong>und</strong> gemeinsam als Community weiter zu lernen. Das Lab<br />
macht smarte Lösungen für Experten <strong>und</strong> die interessierte<br />
Öffentlichkeit erlebbar <strong>und</strong> bietet die Möglichkeit, diese Lösungen<br />
mit einem breiten Publikum zu diskutieren. Wir laden<br />
alle ein, sich in unserem Lab einzubringen.<br />
In einem Gespräch mit SBB-Projektleiter Stadler Benz<br />
haben Sie gesagt: «Die Städte sollen vernetzter, intelligenter,<br />
innovativer <strong>und</strong> nachhaltiger werden. Das Ziel<br />
ist Lebensqualität.» Viele Menschen fürchten jedoch,<br />
<strong>das</strong>s die Digitalisierung die Lebensqualität verringert<br />
<strong>und</strong> nicht erhöht. Verstehen Sie diese Befürchtungen?<br />
Die Digitalisierung bietet für unsere Herausforderungen ein<br />
Potenzial, <strong>das</strong> wir nutzen wollen, im Zentrum aber steht der<br />
Mensch. Technologische Entwicklungen dürfen nicht unsere<br />
Gesellschaft formen. Die Gesellschaft muss hier die<br />
Richtung vorgeben <strong>und</strong> moderne Technologien <strong>und</strong> digitale<br />
Daten für ihre Zwecke nutzen. Unser Ziel ist es, <strong>Basel</strong> bis<br />
2030 messbar nachhaltiger zu machen, z. B. bei der Schonung<br />
der Ressourcen oder bei den CO2-Emissionen. Das<br />
Smart City Lab ist ein Inkubator für kleine, agile Unternehmen,<br />
die mithelfen werden, mit kreativen, digitalen Lösungsansätzen<br />
unser Nachhaltigkeitsziel zu erreichen.<br />
Wie steht es dabei mit dem Datenschutz? Bestehen bei<br />
uns diesbezüglich nicht besonders hohe Anforderungen?<br />
Sie haben recht: Die Möglichkeiten für clevere Lösungen<br />
sind schier endlos – sofern die datenschützerischen Bedenken<br />
entkräftet werden können. Denn Vernetzung heisst immer<br />
auch Datenaustausch. Und dieser muss, zumindest<br />
nach unseren mitteleuropäischen Ansprüchen, im Sinne<br />
des Persönlichkeitsschutzes kontrolliert werden. In <strong>Basel</strong><br />
besitzen wir die gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen dafür. Doch ohne<br />
Vertrauen nützt alles nichts. Es liegt an den Behörden, mit<br />
einer klaren Gouvernanz <strong>und</strong> den partizipierenden Firmen<br />
<strong>und</strong> Institutionen <strong>das</strong> Vertrauen durch Transparenz <strong>und</strong><br />
Wahrhaftigkeit herzustellen.<br />
Was haben die Stadt <strong>Basel</strong>, resp. der Kanton <strong>Basel</strong>-<br />
Stadt davon, wenn auf den 16 Hektaren der SBB<br />
Firmen digitale Lösungen testen?<br />
Ich denke, wir sind uns einig: Die Digitalisierung ist der<br />
Schlüsselfaktor für die Entwicklung neuer Formen der städtischen<br />
Mobilität, Logistik <strong>und</strong> Energieversorgung. Alle<br />
Unternehmensprojekte auf dem <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> weisen Schnittstellen<br />
zu weiteren Pilotprojekten auf, machen Partnerschaften<br />
möglich, sind Anstoss für neue Ideen. Vernetzung<br />
ist dazu <strong>das</strong> Stichwort. Weil trotzdem nicht nur zählt, was<br />
digital ist, bietet <strong>das</strong> Lab auch Raum für analoges Erleben<br />
<strong>und</strong> Austauschen. Unsere Absicht: Im Smart City Lab <strong>Basel</strong><br />
sollen sich Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung <strong>und</strong> Öffentlichkeit<br />
austauschen können. In grösserem Massstab anwendbare<br />
Lösungen sollen für die <strong>Areal</strong>- <strong>und</strong> Stadtentwicklung<br />
übernommen werden <strong>und</strong> auch darüber hinaus. Eine<br />
Smart City muss die fortschreitende Entwicklung der Urbanisierung<br />
<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Veränderungen des<br />
Lebensraums verstehen <strong>und</strong> in Planungsprozesse einbezie-<br />
12 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
INTERVIEW<br />
hen können. Wir haben dieses Projekt angestossen, weil wir<br />
wissen: Eine Stadt kann nur als Smart City gelten, wenn die<br />
Stadtentwicklung <strong>und</strong> Planung den Bedürfnissen der Menschen<br />
sowohl mittel- als auch langfristig gerecht wird.<br />
Das Smart City Lab <strong>Basel</strong> soll also über <strong>das</strong> <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong><br />
hinauswachsen?<br />
Natürlich ist so ein Lab noch nicht die Stadt. Doch dort<br />
wächst, was dereinst mit zahlreichen weiteren Angeboten<br />
<strong>und</strong> Anwendungen <strong>Basel</strong> zur Smart City machen wird. Mit<br />
dezentraler ökologischer Energiegewinnung etwa, oder<br />
durch ein intelligentes Verkehrsmanagement. Daten spielen<br />
dabei eine entscheidende Rolle, indem sie die Gr<strong>und</strong>lage<br />
bilden für die Gestaltung neuer Gebäude, den Aufbau<br />
<strong>und</strong> den Unterhalt der Infrastruktur, den optimalen Fluss<br />
des öffentlichen <strong>und</strong> privaten Verkehrs, für die Entwicklung<br />
neuer Stadtviertel, für die Planung des öffentlichen<br />
Angebots.<br />
«Technologische Entwicklungen<br />
dürfen nicht unsere<br />
Gesellschaft formen.»<br />
Erhalten die Firmen, die sich dort ansiedeln, Unterstützung<br />
vom Kanton für deren Projekte?<br />
Wer nach <strong>Basel</strong> kommt, trifft auf ein äusserst günstiges<br />
Umfeld für neue Ideen <strong>und</strong> Projekte. Wenn die Schweiz<br />
<strong>das</strong> innovativste Land der Welt ist, dann ist <strong>Basel</strong> die innovativste<br />
Region des Landes. In keiner anderen Stadt<br />
der Schweiz werden so viele Patente pro Jahr angemeldet<br />
wie bei uns. Die Firmen im Smart City Lab <strong>Basel</strong> profitieren<br />
sehr stark von diesem Umfeld <strong>und</strong> geniessen absolute<br />
Vorzugsbedingungen bei der Nutzung. Die SBB als<br />
Eigentümerin stellt den Partnern die Flächen für ihre Pilotprojekte<br />
zu Nebenkostenbedingungen zur Verfügung.<br />
Zudem wissen wir: Vom Startup zum weltweit bedeutenden<br />
Unternehmen – <strong>das</strong> gehört zur DNA <strong>Basel</strong>s. Verschiedene<br />
Pilotprojekte auf dem <strong>Wolf</strong> sind auch Teil der<br />
Innovations- <strong>und</strong> Startup-Förderprogramme.<br />
Auf dem <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> sind ja auch Wohnungen <strong>und</strong> Gewerberäume<br />
geplant; wächst <strong>Basel</strong> noch immer so<br />
stark, <strong>das</strong>s diese benötigt werden?<br />
Ich höre aus Ihrer Frage eine gewisse Besorgnis heraus. <strong>Basel</strong><br />
wächst. Immer mehr Menschen ziehen in die Stadt,<br />
neue Arbeitsplätze entstehen. Aber man muss sich auch <strong>das</strong><br />
folgende in Erinnerung rufen: Bevor in den 1980er-Jahren<br />
die Abwanderung eingesetzt hat, hatte der Kanton <strong>Basel</strong>-<br />
Stadt sogar schon einmal über 230'000 Einwohnerinnen<br />
<strong>und</strong> Einwohner. Die Sorge, <strong>das</strong>s es bald zu eng sein wird,<br />
dürfte unbegründet sein. Allerdings müssen wir der Frei<strong>und</strong><br />
Grünraumplanung ein besonderes Augenmerk widmen.<br />
Sie sprechen jeweils von einer ‹Jahrh<strong>und</strong>ertchance›,<br />
wenn es um die Transformationsareale wie den <strong>Wolf</strong><br />
geht. Können Sie dies etwas präzisieren?<br />
Angesichts der Attraktivität <strong>Basel</strong>s für Neuzuzüger <strong>und</strong><br />
dem begrenzten Lebensraum stehen wir vor grossen Herausforderungen.<br />
Im Rahmen der sogenannten <strong>Areal</strong>e in<br />
Transformation steht uns insgesamt eine Fläche von r<strong>und</strong><br />
113 Hektaren zur Verfügung, die früher ausschliesslich<br />
der industriellen Produktion oder der Bahn diente. Nun<br />
bietet sich durch den wirtschaftlichen Strukturwandel die<br />
Chance, diese Räume zu öffnen <strong>und</strong> zu vielfältigen Stadtteilen,<br />
wo Menschen nicht nur arbeiten, sondern auch<br />
wohnen, zu entwickeln. Damit Wohnraum für unterschiedliche<br />
Bedürfnisse <strong>und</strong> Einkommen entsteht, ist im<br />
kantonalen Richtplan der Planungsgr<strong>und</strong>satz verankert,<br />
<strong>das</strong>s mindestens ein Drittel des neu geschaffenen Wohnraums<br />
preisgünstig sein soll.<br />
Denken Sie, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Smart City Lab <strong>Basel</strong> auch eine<br />
Art von Vorbild für andere Schweizer Städte sein könnte,<br />
oder gar für Städte in Europa?<br />
Wichtig war für uns beim Start des Projekts, <strong>das</strong>s <strong>das</strong>, was<br />
hier erarbeitet wird, nicht nur lokal relevant ist, sondern<br />
zur Vernetzung mit ähnlich gelagerten Projekten im In<strong>und</strong><br />
Ausland führt. Als Innovationsstandort wollen wir<br />
Vorbild sein. Deshalb fördern wir die Vernetzung mit anderen<br />
Smart Cities <strong>und</strong> Forschungsprojekten. <strong>Basel</strong> wurde<br />
von der Organisation für Sicherheit <strong>und</strong> Zusammenarbeit<br />
in Europa (OSZE) damit betraut, ein Smart-City-Städtenetzwerk<br />
aufzubauen. Das ist Ehre <strong>und</strong> Verpflichtung zugleich.<br />
Ehre, weil die 2018 von der Regierung verabschiedete<br />
Smart-City-Strategie europaweit Resonanz ausgelöst<br />
hat. Verpflichtung, weil die Städte wachsen <strong>und</strong> mit Blick<br />
auf eine wirtschaftliche, gesellschaftliche <strong>und</strong> ökologische<br />
Nachhaltigkeit dringend smarte Innovationen benötigen.<br />
Man spricht davon, <strong>das</strong>s die Covid-Pandemie auch ein<br />
wenig entschleunigt hat, <strong>das</strong>s gewisse Menschen andere<br />
Werte als Gewinnoptimierung oder Expansion wieder<br />
schätzen gelernt haben – hat die Pandemie Auswirkungen<br />
auf <strong>das</strong> Smart City Projekt?<br />
Die Corona-Pandemie hat zumindest gezeigt, <strong>das</strong>s moderne<br />
Technologien ein flexibleres Reagieren auf veränderte<br />
Umstände ermöglichen können. So haben wir die von vielen<br />
geschätzte Möglichkeit des Homeoffice den modernen<br />
Technologien zu verdanken. Der Trend hin zu mehr Homeoffice<br />
wird von der Gesellschaft positiv bewertet <strong>und</strong> hat<br />
sich als fester Bestandteil der Basler Arbeitswelt etabliert.<br />
Hier ist allerdings zu beachten, <strong>das</strong>s die digitale Zusammenarbeit<br />
<strong>das</strong> physische Zusammenkommen nicht ersetzt.<br />
Um eine kreative Zusammenarbeit zu garantieren <strong>und</strong> <strong>das</strong><br />
Miteinander auf der zwischenmenschlichen Ebene zu ermöglichen,<br />
braucht es physische Meetings. Die Arbeitswelt<br />
in <strong>Basel</strong> wird daher in Zukunft je nach Bedarf im<br />
Homeoffice <strong>und</strong> im Büro stattfinden.<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 13
PUBLIREPORTAGE<br />
IWB: ein Energieversorger<br />
geht neue Wege<br />
Olivier Ferilli, Smart City Verantwortlicher IWB<br />
Senior Innovation Manager<br />
Herr Ferilli, Sie sind Smart City Verantwortlicher bei<br />
IWB. Was bedeutet Smart City für Sie <strong>und</strong> für IWB?<br />
Viele Menschen denken, ‹Smart City› stehe für eine digitalisierte<br />
Stadt. Vermutlich kommt es daher, <strong>das</strong>s die digitalen<br />
Elemente diejenigen sind, die man sieht: Sensoren,<br />
übermittelte Daten, Informationen auf dem Internet. Was<br />
man jedoch nicht sieht ist, was alles dahinter steckt, damit<br />
ein Bedürfnis nach dieser Digitalisierung überhaupt<br />
entstanden ist. Für mich ist Digitalisierung <strong>das</strong> Mittel<br />
zum Zweck. Die digitalen Mittel sind eigentlich die<br />
Werkzeuge, welche dazu dienen, die Attraktivität einer<br />
Stadt zu erhöhen. Auslöser oder Impulsgeber kann die<br />
Bevölkerung einer Stadt sein, aber auch <strong>das</strong> Gewerbe<br />
oder Behörden. Man kann also eine Smarte Stadt definieren<br />
als ‹<strong>das</strong> Erreichen von maximaler Lebensqualität mit<br />
minimalstem Ressourcenverbrauch mit der Hilfe von intelligenten<br />
Netzwerken oder digitalen Technologien›.<br />
Sie sprechen von einem Bedürfnis nach Digitalisierung.<br />
Schafft denn die Digitalisierung auch neue Bedürfnisse?<br />
Unbedingt! Es ist natürlich immer ein Zusammenspiel<br />
von verschiedenen Beteiligten, die ein gemeinsames Ziel<br />
haben. Aber durch die Digitalisierung entstehen Bedürfnisse,<br />
oder auch Möglichkeiten. Das ‹smart› bei ‹Smart<br />
City› bedeutet, <strong>das</strong>s es sich eigentlich um eine etwas andere<br />
Form der klassischen Stadtentwicklung handelt. Dabei<br />
geht es darum, <strong>das</strong>s die Stadt ihre Attraktivität behält<br />
oder noch attraktiver wird. Und dies dank neuer Lösungen,<br />
die man gemeinsam entwickelt. Das Gegenteil, eine<br />
‹Non-Smart City›, ist eine Stadt, wo die Beteiligten wie<br />
Gewerbe, Industrie <strong>und</strong> Bevölkerung in Schubladen denken<br />
<strong>und</strong> jeder nur seine Interessen in den Mittelpunkt<br />
stellt.<br />
Welche Interessen hat denn IWB an einer Smart City?<br />
Wenn wir die Stadt <strong>Basel</strong> von heute betrachten, dann ist<br />
IWB der Energie Dienstleister der Stadt. IWB versorgt die<br />
Region <strong>Basel</strong> mit Energie, Wasser, Telekom <strong>und</strong> Elektromobilität.<br />
In der Schweiz ist IWB die erste Adresse für<br />
klimafre<strong>und</strong>liche Energie. Blicken wir in die Zukunft,<br />
müssen wir uns überlegen, welche Rolle IWB haben wird;<br />
‹Smart City› gehört zu den Hilfsmitteln, die uns Inputs dazu<br />
geben. Wir müssen weiterhin offen sein <strong>und</strong> Verschiedenes<br />
ausprobieren. Wir müssen auch die Bedürfnisse der<br />
Bewohnerinnen <strong>und</strong> Bewohner, der Gewerbetreibenden<br />
<strong>und</strong> der Industrie in diesem ‹Ökosystem Stadt› noch besser<br />
kennenlernen, um die richtigen Zukunftslösungen entwickeln<br />
zu können.<br />
Und dieses Ausprobieren findet im ‹Smart City Lab<br />
<strong>Basel</strong>› auf dem <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> statt?<br />
Unter anderem, ja. Dieses Smart City Lab ist für uns ein<br />
Labor, eine Art Treibhaus, <strong>das</strong> wir gerne nutzen. Zusammen<br />
mit verschiedenen Partnerfirmen können wir dort<br />
Ideen weiterentwickeln; dort wird sozusagen der Samen<br />
zur Pflanze. Ist die Pflanze genügend gross, kann die Idee<br />
möglicherweise in der ganzen Stadt ‹ausgesetzt› werden.<br />
«Ich bin der Meinung,<br />
<strong>das</strong>s gerade Smart City Labs<br />
helfen können, die Ängste<br />
vor der Digitalisierung <strong>und</strong><br />
einer befürchteten Überwachung<br />
abzubauen.»<br />
Könnten Sie dies anhand eines Beispiels aufzeigen?<br />
Ja, aber dazu möchte ich noch etwas Gr<strong>und</strong>sätzliches erklären.<br />
Smart City bedeutet, unter den verschiedenen Interessensgruppen<br />
einer Stadt Wissen zu vermitteln. Kann<br />
man dieses Wissen austauschen, dann können – auf partizipative<br />
Art <strong>und</strong> Weise – Lösungen gesucht <strong>und</strong> gef<strong>und</strong>en<br />
werden. Das heisst, ein Unternehmen kann dann Lösungen<br />
anstreben, wenn es weiss, wo jemand Probleme hat.<br />
So arbeitet IWB an mehreren Projekten.<br />
Zum Beispiel ist so <strong>das</strong> Temperatursensor Netzwerk von<br />
meteoblue entstanden. Jetzt sieht man ‹einfach› <strong>das</strong> Projekt<br />
‹Smart Climate Plug and Sense› mit r<strong>und</strong> 150 Sensoren<br />
in der Stadt <strong>Basel</strong> <strong>und</strong> im Dreiländereck. Doch die<br />
14 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
PUBLIREPORTAGE<br />
Einwicklung einer Smart City<br />
Die Wissenschaft empfiehlt für die Entwicklung einer<br />
Smart City vor allem den so genannten ‹Bottom-Up<br />
Approach›, <strong>das</strong> bedeutet, eine Herangehensweise von<br />
unten nach oben. Traditionellerweise geht man Herausforderungen<br />
oft ‹Top-Down›, als von oben nach unten<br />
an. Dieser Ansatz ist aber oft langsam <strong>und</strong> – was<br />
für <strong>das</strong> Vorankommen hindernd ist – Fehler sind dabei<br />
inakzeptabel. Beim Bottom-Up Approach ist gemeinsame<br />
Kreativität wichtig, die auf Wissen, Fähigkeiten, Engagement<br />
<strong>und</strong> Bedürfnssen von Einwohnerinnen <strong>und</strong><br />
Einwohnern aufbaut. Dieses Vorgehen ist schnell, <strong>und</strong><br />
man macht Fehler, um daraus zu lernen. Typische Instrumente<br />
für Bottum-Up sind Foren, Community Plattformen,<br />
‹Hackathons› (Soft- <strong>und</strong> Hardware-Entwicklungs -<br />
ver an stal tun gen, wo gemeinsame Lösungen erarbeitet<br />
werden), <strong>das</strong> Fördern von Startup-Firmen <strong>und</strong> ähnliches.<br />
Dieser Bottom-Up Ansatz wird auch im Smart City Lab<br />
<strong>Basel</strong> auf dem <strong>Wolf</strong> vom Kanton <strong>Basel</strong>-Stadt <strong>und</strong> der<br />
SBB verfolgt.<br />
Entstehung ist fast noch spannender als <strong>das</strong> Resultat.<br />
Meist ist ja nicht eine Idee vorhanden, die man genau<br />
umsetzt, sondern ein Projekt entwickelt sich durch <strong>das</strong><br />
Teilen des Wissens.<br />
‹Smart Regio <strong>Basel</strong>› hatte vor einiger Zeit zu einem<br />
Ro<strong>und</strong>table zu Sensornetzwerken eingeladen. Zu dieser<br />
Zeit hatten wir von IWB bereits die Idee, Energiedaten<br />
auf dem Lab zu messen – wie viel Strom fliesst, wie viel<br />
Gas <strong>und</strong> Wasser wird verbraucht, etc. Dies wollten wir<br />
den Zahlen gegenüberstellen, wie viel Energie auf dem<br />
Lab künftig produziert werden würde. Wir wollten die<br />
Messresultate über unser LoRa-Netz (Long-Range Funknetz)<br />
übertragen <strong>und</strong> visualisieren. Als wir dann vom<br />
Wunsch hörten, Temperaturen messen zu können, kam<br />
uns <strong>das</strong> sehr entgegen. Denn den Stromverbrauch zu<br />
messen ist zwar für uns relevant, aber für Bevölkerung<br />
nicht spannend, auch wenn sie sich diesen Verbrauch auf<br />
einer Website ansehen kann. Eine Temperaturmessung<br />
hingegen mit Sensoren, deren Messung man online in<br />
Echtzeit abrufen kann – <strong>das</strong> ist für viele Menschen eine<br />
nützliche Information.<br />
So haben wir dann gemeinsam <strong>das</strong> Projekt weiterverfolgt,<br />
die meteoblue-Sensoren an unser Netz gehängt,<br />
während zwei, drei Wochen die Temperaturen gemessen<br />
<strong>und</strong> diese dann auf der Open Government Data Plattform<br />
von <strong>Basel</strong>-Stadt öffentlich zur Verfügung gestellt. Das<br />
Projekt ‹Smart Climate Plug&Sense› wurde dann technisch<br />
äquivalent in der ganzen Stadt umgesetzt (siehe<br />
blaues Infokästchen).<br />
Das Tolle daran war, <strong>das</strong>s wir allen, mit dem wir darüber<br />
sprachen, gleich zeigen konnten, worum es ging. Und es<br />
ist für alle eindrücklich, wenn man zeigen kann, <strong>das</strong>s es<br />
am Barfüsserplatz so <strong>und</strong> so viel Grad hat, <strong>und</strong> auf dem<br />
Margrethenhügel soviel. Dies überzeugte auch viele Behörden.<br />
Jetzt geht <strong>das</strong> Ganze weiter: Wie könnte man die-<br />
se Messungen langfristig betreiben? Denn obwohl <strong>das</strong><br />
Projekt abgeschlossen ist, möchte man es unbedingt beibehalten;<br />
es ist weltweit <strong>das</strong> grösste Temperaturmess-<br />
Netzwerk dieser Art.<br />
Was sagen Sie den Menschen, die sich vor ‹Big Brother›<br />
fürchten, vor einer allgegenwärtigen Überwachung?<br />
Zuerst würde ich ihnen sagen, <strong>das</strong>s dies schon heute der<br />
Fall ist. Alle, die ein Handy besitzen, mit Kreditkarte bezahlen,<br />
ein Social-Media-Konto führen, sind sich bewusst,<br />
<strong>das</strong>s man immer transparenter wird. Gerade bei<br />
Projekten wie dem vorhin genannten spielt dieses Thema<br />
eine grosse Rolle. Alles, was wir messen, wird mit dem<br />
Datenschützer abgesprochen <strong>und</strong> es wird geprüft, ob die<br />
Daten personenbezogen sind oder nicht. Im Moment handelt<br />
es sich ausschliesslich um nicht-personenbezogene<br />
Daten, die unbedenklich sind.<br />
Ich bin der Meinung, <strong>das</strong>s gerade Smart City Labs oder<br />
Real-Labore in der Stadt helfen können, die Ängste vor<br />
der Digitalisierung <strong>und</strong> einer befürchteten Überwachung<br />
abzubauen. – Jemand, der beispielsweise heute zum ersten<br />
Mal mit einem Handy in Kontakt kommt, geht ganz<br />
anders damit um als jemand, der ein solches Gerät schon<br />
seit zehn Jahren benützt. Wer Übung hat weiss, bei diesen<br />
Informationen bin ich transparent, andere Daten über<br />
mich kann ich freigeben oder sperren.<br />
Ein Dienstleister will so viele Daten haben wie möglich,<br />
um seinen Betrieb zu optimieren <strong>und</strong> den K<strong>und</strong>innen <strong>und</strong><br />
K<strong>und</strong>en ein noch besseres Erlebnis zu garantieren. Dem<br />
gegenüber stehen andere K<strong>und</strong>innen <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en, die so<br />
wenig Daten wie möglich einem Anbieter geben wollen,<br />
aus Angst ‹transparent› zu werden.<br />
Wie bei vielen Neuerungen ist die klare Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Wissensvermittlung wichtig. Wir hatten am Anfang<br />
bei den ersten Besprechungen eine Art Slogan in Form eines<br />
Wortspiels festgelegt: Im Smart City Lab sollen IWB<br />
<strong>und</strong> unsere Dienstleistungen ‹er-lab-bar› sein. Wir dach-<br />
Auf der Webseite von meteoblue.com kann man in Echtzeit<br />
ablesen, wie hoch die Temperatur bei den einzelnen<br />
Sensoren ist. IWB ist verantwortlich für die Datenübermittlung<br />
<strong>und</strong> die Infrastruktur. (© meteoblue)<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 15
PUBLIREPORTAGE<br />
Das Projekt Smart Climate – Plug&Sense<br />
Häufigere, heftigere Hitzeperioden stehen auch den<br />
Menschen in der Region <strong>Basel</strong> bevor, stärkere <strong>und</strong> lang<br />
anhaltende Niederschläge wechseln sich mit extremen<br />
Tro ckenphasen ab. In dicht besiedelten Gebieten <strong>und</strong> in<br />
der Agglomeration wird es zuweilen unerträglich heiss.<br />
Der Klimawandel stellt die Region vor Herausforderungen.<br />
Daher braucht es Lösungsansätze, die <strong>das</strong> Zusammenleben<br />
trotz dieser einschneidenden Klimaveränderungen<br />
ermöglichen. Dazu benötigen Experten jedoch<br />
vor allem erst einmal eines: präzise, belastbare <strong>und</strong> engmaschig<br />
erhobene Daten zum sogenannten Mikroklima,<br />
mit denen sich die Entwicklung des Wetters in urbanen<br />
Regionen engmaschig erfassen <strong>und</strong> anhand der gewonnenen<br />
Daten dann auch modellieren lässt.<br />
Genau diese Art von Daten liefert seit April 2020 für die<br />
Region <strong>Basel</strong> ein Netzwerk aus bald 200 Klimasensoren,<br />
<strong>das</strong> im Rahmen des Projekts ‹Smart Climate – Plug & Sense›<br />
zwischen September 2019 <strong>und</strong> Mai 2020 aufgebaut<br />
wurde. Der Abstand zwischen den einzelnen Sensoren<br />
liegt zwischen 500 Metern <strong>und</strong> wenigen Kilometern – für<br />
meteorologische Verhältnisse ist <strong>das</strong> ein aussergewöhnlich<br />
engmaschiges Messnetz. In <strong>Basel</strong>-Stadt <strong>und</strong> in 21 umliegenden<br />
Gemeinden in Deutsch land, Frankreich <strong>und</strong><br />
der Schweiz werden nun detailliert Niederschlagsmengen<br />
<strong>und</strong> Lufttemperaturen gemessen. Die Unterschiede<br />
zwischen Stadt <strong>und</strong> Land sind dabei teilweise erheblich:<br />
bis zu 12°C Unterschied können es an Sommertagen bereits<br />
heute sein. Bei Temperaturen jenseits der 40°C kann<br />
dies im Sommer der Unterschied zwischen aushaltbar<br />
<strong>und</strong> unerträglich sein.<br />
Die von den unscheinbaren Sensoren erfassten Wetterdaten<br />
werden per LoRa-WAN der IWB an den ebenfalls am<br />
Projekt beteiligten Basler Wetterdienstleister meteoblue<br />
gesendet, dort ausgewertet <strong>und</strong> auf der firmeneigenen<br />
Website sowie über <strong>das</strong> Open-Government-Data (OGD)<br />
Portal des Kantons zur Verfügung gestellt.<br />
Ergänzt wird <strong>das</strong> Klimasensornetzwerk durch Feinstaubsensoren<br />
der Sensirion AG, die <strong>das</strong> Lufthygieneamt beider<br />
<strong>Basel</strong> (LHA) im Rahmen des Projekts testet, sowie<br />
durch Schallsensoren, die im Auftrag des AUE <strong>Basel</strong>-Stadt<br />
an diversen zentralen Messpunkten im Kanton installiert<br />
wurden. Auch die Daten dieser Sensoren werden auf der<br />
OGD-Plattform öffentlich zugänglich gemacht.<br />
Dadurch entsteht ein triregionales Messnetz, womit man<br />
<strong>das</strong> lokale Klima im Detail studieren, modellieren <strong>und</strong> aus<br />
den Ergebnissen Rückschlüsse auf ökologische <strong>und</strong> ökonomische<br />
Massnahmen ziehen kann. Zukünftig lassen sich<br />
dann mit Simulationen verschiedene Planungsszenarien<br />
wie Änderungen der Bodenbedeckung, der Vegetation,<br />
der Gebäude usw. testen, um die bestmöglichen Planungs -<br />
optionen für kommende Jahrzehnte zu bewerten.<br />
Langfristiges Ziel des Projekts ‹Smart Climate – Plug & Sense›<br />
ist es, die technologischen <strong>und</strong> organisatorischen Infrastrukturen<br />
bereitzustellen, um ein mit unterschiedlicher<br />
Sen sorik flexibel bestückbares Sensornetzwerk in der Region<br />
zu etablieren <strong>und</strong> dessen langfristigen Betrieb zu sichern.<br />
Beteiligt am Projekt sind: Smart Regio <strong>Basel</strong>, Lufthygieneamt<br />
beider <strong>Basel</strong>, meteoblue AG, AUE <strong>Basel</strong>-Stadt,<br />
IWB <strong>und</strong> Sensirion AG.<br />
ten an einen Ort, wo die Menschen hinkommen, einen<br />
Kaffee trinken, die Projekte erleben können, Informationen<br />
nachlesen können etc. Dies hat leider bis heute noch<br />
nicht stattfinden können. Vielleicht liegt es auch ein wenig<br />
daran, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> nicht gerade im Stadtzentrum<br />
liegt <strong>und</strong> auch, <strong>das</strong>s es sich dabei um einen Logistik-<br />
Hub handelt, wo Lastwagen herumfahren, was nicht sehr<br />
einladend ist.<br />
Gibt es noch weitere Smart City-Projekte auf dem <strong>Areal</strong><br />
<strong>Wolf</strong>, in die IWB involviert ist?<br />
IWB ist in diversen Projekten involviert, da <strong>das</strong> Thema<br />
‹Strom› in jedem Projekt ein zentraler Faktor ist. Wir unterstützen<br />
also mit unserem Fachwissen, sind aber auch<br />
an neuen Erkenntnissen interessiert. Wir sind beispielsweise<br />
am Projekt der Firma upVolt beteiligt, die einen<br />
grossen Batteriespeicher auf dem Lab errichten will. Uns<br />
interessieren die Auswirkungen solcher grossen Speicher<br />
auf unser Netz <strong>und</strong> im Gegenzug unterstützen wir gerne<br />
mit Fachwissen.<br />
Das Lab ist auch ein Vernetzungsmotor, welcher die<br />
OpenInnovation Vorstösse von IWB (Innovation in Zusammenarbeit<br />
mit andern Firmen) unterstützt. So konnten<br />
wir auch schon Startups des Labs mit unseren K<strong>und</strong>innen<br />
<strong>und</strong> K<strong>und</strong>en zusammenbringen.<br />
Gibt es auch Flops?<br />
Nein, von Flops würde ich nicht sprechen, denn es gehört<br />
ja zum ‹Bottom-Up Approach›, <strong>das</strong>s man Ideen ausprobiert<br />
<strong>und</strong> – falls sie nicht umsetzbar sind – neue Wege<br />
sucht. Wir haben uns beispielsweise überlegt, wie man in<br />
der Stadt mehr Ladestationen für Elektroautos schaffen<br />
könnte, ohne <strong>das</strong>s wir neue Leitungen legen <strong>und</strong> dafür<br />
graben müssen, denn <strong>das</strong> ist teuer. Im Projektteam tauchte<br />
die Idee auf, wir könnten dafür die Strassenlaternen, die<br />
Kandelaber benützen, denn diese werden ja über ein bestehendes<br />
Kabel mit Strom versorgt. Damit könnte man<br />
zwar die Autos nicht schnell laden, aber eine r<strong>und</strong> zehnstündige<br />
Ladung würde reichen, damit ein Auto etwa 150<br />
km fahren könnte. Das wäre eine gute Lösung für Mieterinnen<br />
<strong>und</strong> Mieter, die in der blauen Zone parkieren.<br />
Und damit würde der Begriff ‹Laternenparkplatz› wieder<br />
seine ursprüngliche Bedeutung erfahren...?<br />
Genau. Doch leider gibt es da grosse Herausforderungen.<br />
Es gibt zwingende Verordnungen, welche vorschreiben,<br />
<strong>das</strong>s mit dem Strom, der die Lampe versorgt, keine Autos<br />
geladen werden dürfen. Man müsste eine neue Leitung zu<br />
den Kandelabern ziehen, was wir ja eben unterlassen wollten.<br />
Aber der Weg ist <strong>das</strong> Ziel... Ich möchte hier betonen,<br />
<strong>das</strong>s ich zwar bei IWB für Smart City verantwortlich bin,<br />
16 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
PUBLIREPORTAGE<br />
<strong>das</strong>s jedoch ganz viele Fachleute hinter mir stehen, die ich<br />
jederzeit zu den verschiedenen Themen befragen kann, <strong>und</strong><br />
die mich unterstützen. Dank diesen Fachleuten ist dann die<br />
Idee sozusagen umgeschwenkt; wir haben realisiert, <strong>das</strong>s<br />
es in der Stadt auch viele weitere stromführende Infrastrukturen<br />
gibt; nicht nur in den Kandelabern, sondern zum<br />
Beispiel in Verteilkästen etc. In kurzer Zeit werden wir<br />
deshalb einen Versuch starten, bei einem Verteilkasten eine<br />
Ladestation einzurichten. Dazu gehört natürlich, <strong>das</strong>s es in<br />
der Nähe einen Parkplatz mit blauer Zone hat. Dies ist ein<br />
typisches Beispiel für ein Smart City Projekt: Man hatte eine<br />
Idee, suchte nach einer Lösung, scheiterte, suchte weiter,<br />
sprach mit Fachleuten <strong>und</strong> fand so eine neue Lösung.<br />
IWB wird – gemeinsam mit anderen Partnern – auch<br />
ein Projekt in der grossen Lagerhalle 2 auf dem <strong>Areal</strong><br />
<strong>Wolf</strong> realisieren?<br />
Ja wir sind daran, einen ‹Escape Room› zu bauen. Also einen<br />
Raum, wo es diverse Rätsel gibt, die gelöst werden<br />
müssen, um aus diesem auszubrechen. Die Idee entstand<br />
im Rahmen eines internen Workshops <strong>und</strong> soll nebst dem<br />
Erlebnis auch Wissen zu Smart City <strong>und</strong> Energie – Wind,<br />
Sonne, Wasser – vermitteln. Es wird je einen Raum pro<br />
Thema geben, wo man durch die zu lösenden Rätsel spielerisch<br />
Informationen vermitteln kann. Die SBB <strong>und</strong> der<br />
Kanton als Initianten des Smart City Labs <strong>Basel</strong> waren sofort<br />
einverstanden, <strong>und</strong> mit der Firma Breakout <strong>Basel</strong><br />
konnten wir einen spezialisierten Partner für den Betrieb<br />
gewinnen. Das Projekt wird nun realisiert.<br />
Und damit kommen wir auch zur Finanzierung von derartigen<br />
Projekten. Es geht hier um ein Pilotprojekt, welches<br />
so noch nie in dieser Form umgesetzt wurde. Das heisst,<br />
für jeden Partner ist dies ein Novum. Die Partizipation beruht<br />
darauf, <strong>das</strong>s alle ihre Kernkompetenz, Material <strong>und</strong><br />
Zeit ins Projekt mit einbringen. Unterdessen sind es 15<br />
Partnerfirmen geworden; Geld fliesst nur bei hohen Materialkosten<br />
wie bei Holzbauten oder ähnlichem. Wir haben<br />
ein paar Sponsoren, welche uns in diesen Kosten unterstützen.<br />
Es ist ein tolles Projekt, denn bei allen Beteiligten ist<br />
sehr viel Engagement <strong>und</strong> Herzblut dabei, <strong>das</strong> merkt man<br />
bei den Besprechungen. Für manche, gerade aus dem Bausektor,<br />
ist es sehr ungewöhnlich, gemeinsam ein Bauvorhaben<br />
zu entwickeln. Voraussichtlich können wir anfangs<br />
2022 mit dem Betrieb starten.<br />
Die beteiligten Partner des ‹Escape-Rooms› treffen sich<br />
zur Besprechung vor Ort <strong>und</strong> diskutieren die Aufteilung<br />
<strong>und</strong> die Skizzen der einzelnen Räume.<br />
Welche Projekte für eine Smart City verfolgt IWB ausserhalb<br />
des <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong>?<br />
Künftig wollen wir Neues in einem Real-Labor testen. Ein<br />
Real-Labor findet in urbanem Gebiet statt. Die Bevölkerung<br />
wird die Versuche miterleben dürfen <strong>und</strong> so auch Teil<br />
davon sein. Eine der Innovationen hatte ich schon erwähnt,<br />
die Lademöglichkeit an einem Verteilkasten. Daneben gibt<br />
es auch IWB-eigene Projekte wie die ‹Sonnenbox Crowd›,<br />
bei der die Mieterinnen <strong>und</strong> Mieter in <strong>Basel</strong> in eine Solaranlage<br />
investieren können <strong>und</strong> den eigenen Strom beziehen<br />
oder verschenken können. Oder die von IWB installierten<br />
Mini-Rechenzentren in Wohnhäusern, mit deren Abwärme<br />
geheizt werden kann. Auch die zirkuläre Abfallbewirtschaftung<br />
<strong>und</strong> die intelligente öffentliche Beleuchtung<br />
sind Themen, mit denen wir uns beschäftigen. Mehr dazu<br />
finden Sie auf unserer Webseite iwb.ch.<br />
Gespräch: Christiane Widmer<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 17
AKTUELL<br />
Ein Labor<br />
für neue Ideen<br />
Das Smart City Lab <strong>Basel</strong> wurde vom Kanton <strong>Basel</strong>-<br />
Stadt <strong>und</strong> der SBB initiiert; es wird auch von den<br />
beiden Institutionen geführt <strong>und</strong> betrieben. Über<br />
60 Firmen, haben dort neue Ideen, Produkte <strong>und</strong><br />
Dienstleistungen ausprobiert (siehe S. 31), sind zur<br />
Zeit am Testen oder werden Lösungen suchen.<br />
In dieser historischen Lagerhalle wird <strong>das</strong> Kooperationsprojekt<br />
‹Escape Room› realisiert werden (siehe Seite 17).<br />
18 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
AKTUELL<br />
upVolt: ein zweites Leben für Batterien<br />
Mit den zunehmenden Anwendungsgebieten von Batterien<br />
<strong>und</strong> Akkus (z.B. E-Mobilität oder stationäre Strom -<br />
speicher) steigt <strong>das</strong> Volumen von produzierten <strong>und</strong><br />
verwendeten Batterien seit einigen Jahren exponentiell<br />
an.<br />
Gleichzeitig genügen Batterien aus Elektro-Fahrzeugen<br />
mit einer Restkapazität von 80% den Ansprüchen<br />
des Verkehrs nicht mehr <strong>und</strong> müssen aus dem Verkehr<br />
gezogen werden (End-of-First-Life; ‹Ende des ersten<br />
Lebens›). Diese Batterien trotz einer Restkapazität von<br />
80% zu entsorgen <strong>und</strong> kostbare Rohstoffe nur für eine<br />
Erstanwendung zu benutzen, wäre ökonomisch <strong>und</strong><br />
ökologisch wenig sinnvoll. upVolt wurde gegründet, um<br />
mit Second-Life-Speicherentwicklungen ein Umdenken<br />
Richtung Batterie-Upcycling anzustreben <strong>und</strong> arbeitet<br />
an Lösungen, mit denen ‹Batterieschrott› wieder zu intelligent<br />
funktionierenden Batteriesystemen umgewandelt<br />
werden kann.<br />
Im Smart City Lab <strong>Basel</strong> werden die ersten Pilotprojekte<br />
entwickelt <strong>und</strong> getestet. Entsorgte E-Scooter- <strong>und</strong> EV-<br />
Batterien werden in Solarstromspeicher <strong>und</strong> Offgrid-<br />
Batterie-Container eingebaut, um abgelegene Gärtnereien,<br />
Camper, Tiny-Houses <strong>und</strong> grössere Stromverbraucher<br />
mit Strom in einem zweiten Leben zu versorgen.<br />
upVolt arbeitet an einer Vielzahl von Möglichkeiten für<br />
die Wiederverwendung <strong>und</strong> Verbesserung von Batterien,<br />
da ‹Batterieschrott› stetig zunimmt, Stromspeicher für<br />
eine nachhaltige Energieversorgung eine zentrale Rolle<br />
spielen <strong>und</strong> wertvolle Ressourcen länger nutzbar gemacht<br />
werden können. Durch eine modulare Systemaufbauweise<br />
wird eine vielseitige Nutzung realisierbar.<br />
upVolt spezialisiert sich auch auf Dienstleistungen r<strong>und</strong><br />
um E-Bike-/E-Scooter-Akkus, wie Zellentausch <strong>und</strong> elektronische<br />
Reparaturen, da in diesen Gebieten auch eine<br />
Lebensdauerverlängerung von wichtigen Materialien<br />
möglich ist.<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 19
AKTUELL<br />
Bouygues: Modulbauweise<br />
Im Haustechnikbereich wird die Kombination von modularer<br />
Planung, Integrationsplanung <strong>und</strong> Ausführung<br />
immer wichtiger. Die Koordination zwischen den Gewerken<br />
hat einen massiven Einfluss auf die Montagezeit,<br />
Energieeffizienz <strong>und</strong> insgesamt auf die Qualität<br />
von Bauprojekten.<br />
Durch die Anwendung von ‹Building Information Modeling›<br />
(BIM) ist eine flexible Gebäudekonfiguration<br />
möglich. BIM (deutsch: Bauwerksdatenmodellierung)<br />
beschreibt eine Arbeitsmethode für die vernetzte Planung,<br />
den Bau <strong>und</strong> die Bewirtschaftung von Gebäuden<br />
<strong>und</strong> anderen Bauwerken mithilfe von Software. Dabei<br />
werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert,<br />
kombiniert <strong>und</strong> erfasst.<br />
Diese Methode findet Anwendung im Bauwesen zur<br />
Bauplanung <strong>und</strong> Bauausführung (Architektur, Ingenieurwesen,<br />
Haustechnik, Tiefbau, Städtebau, Eisenbahnbau,<br />
etc.)<br />
Bouygues Energies & Services InTec bietet ihren K<strong>und</strong>en<br />
bei komplexen Projekten die Zusammenarbeit aus<br />
einer Hand an, bei der alle beteiligten Gewerke berücksichtigt<br />
werden.<br />
Sie übernimmt den gesamten Koordinationsaufwand<br />
<strong>und</strong> plant vorgefertigte Elemente in Form von kompletten<br />
Rahmen mit allen Gewerken direkt mit der<br />
entsprechenden Dämmung/Isolation.<br />
Im Smart City Lab <strong>Basel</strong> hat Bouygues ein Mock-up einer<br />
gewerkeübergreifenden Modulbauweise im Massstab<br />
1:1 montiert. Diese soll auf Baustellen umgesetzt<br />
werden können.<br />
Astra LED: Plug-and-Play Beleuchtung<br />
Damit moderne <strong>und</strong> intelligente Gebäude Komfort <strong>und</strong><br />
Sicherheit bieten können, müssen die Technologien systematisch<br />
in ein ganzheitliches System integriert sein.<br />
Die ‹Plug-and-Play› Beleuchtung von Astra LED bietet<br />
Raumkomfort mit intelligenter kabel- <strong>und</strong> batterieloser<br />
Lichtsteuerung. Raumsensoren steuern die Beleuchtungsstärke<br />
<strong>und</strong> Farbtemperatur <strong>und</strong> passen sie den natürlichen<br />
Licht verhält nissen an. Integrierte Bewegungsmelder<br />
schalten <strong>das</strong> Licht nur wenn notwendig ein. Damit herrscht<br />
im Raum stets eine konstante Beleuchtungsstärke bei minimalem<br />
Energieverbrauch.<br />
Nebst den Lichtverhältnissen lässt sich auch die Luft -<br />
qualität messen. Steigen der CO2-Gehalt <strong>und</strong> die Anteile<br />
flüchtiger Stoffe (VOC), ändert eine separate Leuchte ihre<br />
Lichtfarbe <strong>und</strong> zeigt damit an, wann Zeit zum Lüften ist.<br />
20 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
AKTUELL<br />
Enuu: Mikromobilität<br />
Mikromobilität ist ein zunehmender<br />
Trend, wobei viele Unternehmen<br />
auf den Markt drängen, als<br />
Folge der Verkehrsüberlastung <strong>und</strong><br />
der Notwendigkeit, nachhaltigere<br />
Transportmöglichkeiten zu finden.<br />
Oft ist der Umsatz pro Fahrzeug jedoch<br />
gering, ebenso wie die Autonomie<br />
<strong>und</strong> die Produktlebensdauer.<br />
Noch bis zum 08.09.21 bietet Enuu<br />
einen Dienst für Mikromobilität<br />
mit leichten Elektrofahrzeugen<br />
an, die Witterungsschutz <strong>und</strong> zusätzliche<br />
Sicherheit bieten. Diese<br />
Fahrzeuge sind klein (für eine Person<br />
inklusive Taschen) <strong>und</strong> können<br />
auf normalen Strassen gefahren<br />
werden. Es wird lediglich ein Moped-Führerschein<br />
benötigt.<br />
Die Fahrzeuge von Enuu werden<br />
in <strong>das</strong> Verkehrs-Ökosystem der<br />
Städte integriert, um neben anderen<br />
Mikromobilitätsangeboten<br />
<strong>und</strong> Velos zu funktionieren. Enuus<br />
werden bei einer Höchstgeschwindigkeit<br />
von etwa 35 km/h zu 100%<br />
mit Batterien be trieben <strong>und</strong> können<br />
im Moment noch auf Veloparkplätzen<br />
abgestellt werden.<br />
KurierZentrale <strong>Basel</strong>:<br />
Smarte Velologistik<br />
Während wegen des rasant wachsenden<br />
Onlinehandels immer mehr<br />
Pakete in die Stadt geliefert werden,<br />
nehmen die Regulierungen<br />
be treffend Zufahrt in die Innenstadt<br />
stetig zu.<br />
Das smarte Velologistik-Konzept<br />
der KurierZentrale <strong>Basel</strong> soll Paket -<br />
dienst leister <strong>und</strong> weitere Lieferanten<br />
dazu bewegen, die letzte Meile<br />
nicht mehr mit eigenen Fahrzeugen<br />
zu bewältigen. Die Sendungen<br />
werden im CityHub im Smart City<br />
Lab <strong>Basel</strong> abgeladen <strong>und</strong> die KurierZentrale<br />
übernimmt die Zustellung<br />
auf der letzten Meile per Lastenvelo.<br />
Dank smarter Routen pla -<br />
nungssoft ware kann die Feinverteilung<br />
effizient <strong>und</strong> preiswert erfolgen.<br />
Der CityHub dient auch als<br />
Lagerfläche für Unternehmen, welche<br />
ihre Pro dukte nahe an der<br />
Stadt verfügbar haben <strong>und</strong> ihre<br />
K<strong>und</strong>en in der Innen stadt flexibel<br />
<strong>und</strong> rasch versorgen wollen.<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 21
PUBLIREPORTAGE<br />
Bussystem 2027:<br />
Mit Vollgas auf dem Weg zu<br />
einem noch nachhaltigeren ÖV<br />
Seit dem 8. Februar 2019 ist bei den Basler Verkehrs-Betrieben<br />
(BVB) ein neues Zeitalter angebrochen: An diesem<br />
Tag ging der ‹Stromnibus›, der erste E-Bus der BVB,<br />
in den Fahrgastbetrieb <strong>und</strong> die BVB ist ins Elektrozeitalter<br />
eingetreten. Seither fährt der E-Bus auf verschiedenen<br />
Linien auf dem BVB-Netz. Der «Stromnibus» ist der<br />
Vorgeschmack auf eine grosse Veränderung im Basler<br />
ÖV, an deren Umsetzung die BVB mit Hochdruck arbeitet:<br />
Bis 2027 wird die gesamte BVB-Busflotte vollständig<br />
auf E-Busse umgestellt. Damit setzt die BVB auch<br />
die gesetzliche Vorgabe um, <strong>das</strong>s ab 2027 der gesamte<br />
ÖV in <strong>Basel</strong>-Stadt mit 100 Prozent erneuerbarer Energie<br />
betrieben werden muss. Der Grosse Rat hat die dafür benötigten<br />
finanziellen Mittel in der Höhe von insgesamt<br />
360 Millionen Franken im Dezember 2020 mit grosser<br />
Mehrheit bewilligt.<br />
Der «Stromnibus», der seit Februar 2019 im Fahrgastbetrieb<br />
fährt.<br />
Beschaffung von 126 E-Bussen<br />
in zwei Etappen<br />
Bis 2027 wird die BVB insgesamt 126 E-Busse beschaffen.<br />
Dies geschieht in zwei Etappen: 2022 werden 62 E-<br />
Busse beschafft, die alle Gasbusse <strong>und</strong> die ältesten Dieselbusse<br />
ersetzen. Diese sind teilweise schon fast zwanzig<br />
Jahre im Einsatz. Beschafft werden 16 E-Normalbusse (12<br />
Meter Länge) <strong>und</strong> 38 E-Gelenkbusse (18 Meter Länge) des<br />
Typs eCitaro, die vom Daimler-Tochterunternehmen Evo-<br />
Bus geliefert werden. Zudem werden acht E-Doppelgelenkbusse<br />
des Typs lighTram 25 ® OPP des Herstellers<br />
Hess aus dem solothurnischen Bellach beschafft. Diese<br />
sind mit 25 Metern länger als die normalen Gelenkbusse<br />
<strong>und</strong> können entsprechend mehr Fahrgäste transportieren.<br />
Sie werden auf der Linie 50 zwischen dem Bahnhof SBB<br />
<strong>und</strong> dem EuroAirport zum Einsatz kommen, die – vor der<br />
Coronapandemie – an ihre Kapazitätsgrenze gestossen ist.<br />
Die BVB hat dazu Testfahrten durchgeführt, die gezeigt<br />
haben, <strong>das</strong>s Doppelgelenkbusse auf der Linie 50 mit kleinen<br />
Anpassungen an der Haltestelleninfrastruktur eingesetzt<br />
werden können. Das Beschaffungsvolumen für die 62<br />
E-Busse beläuft sich auf insgesamt r<strong>und</strong> 65 Millionen<br />
Franken.<br />
In einer zweiten Etappe werden 2027 nochmal 64 E-Busse<br />
beschafft. Diese ersetzen die restlichen Dieselbusse, die<br />
dann <strong>das</strong> Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben werden.<br />
Die Aufteilung der Beschaffung in zwei Etappen erlaubt<br />
es, den technischen Fortschritt, insbesondere die Erhöhung<br />
der Reichweiten der Batterien <strong>und</strong> der Energieeffizienz<br />
der E-Busse, zweimal zu berücksichtigen. Die Erfahrung<br />
mit den E-Bussen, die ab Herbst 2022 bis Frühling<br />
2023 in Betrieb gehen werden, zeigt, <strong>das</strong>s die Batteriereichweiten<br />
innerhalb weniger Jahre stark gestiegen<br />
sind: Während der «Stromnibus» über eine Batteriekapazität<br />
von 248 kWh verfügt, werden die neuen eCitaro-Gelenkbusse<br />
bereits eine Batteriekapazität von 495 kWh haben.<br />
Und <strong>das</strong> bei praktisch gleichem Batteriegewicht. Bei<br />
den E-Bussen, die 2027 in Betrieb gehen sollen, kann voraussichtlich<br />
mit einer noch höheren Batteriekapazität gerechnet<br />
werden.<br />
Neubau der Garage Rank<br />
Damit die E-Busse fahren können, müssen sie an Ladestationen<br />
aufgeladen werden. Darum braucht es neben der<br />
Beschaffung von E-Bussen auch umfangreiche Anpassungen<br />
an der Infrastruktur. Die BVB setzt hauptsächlich auf<br />
die Ladung der E-Busse im Depot. Dort werden die E-<br />
Busse aufgeladen, wenn sie nicht im Fahrbetrieb sind. Die<br />
Garage Rank, in der heute alle Busse abgestellt <strong>und</strong> gewartet<br />
werden, muss dazu neu gebaut werden. Sie müsste aber<br />
auch unabhängig davon neu gebaut werden, da sie in die<br />
Jahre gekommen <strong>und</strong> auch zu klein ist.<br />
Die neue Garage Rank besteht aus zwei voneinander getrennten<br />
Gebäuden: Einer Werkstatt für die Instandhaltung<br />
der E-Busse <strong>und</strong> einer Abstellanlage, in der die E-Busse<br />
parkiert <strong>und</strong> aufgeladen werden. Sie bietet Platz für 144 E-<br />
Busse. Die Abstellanlage könnte um ein weiteres Obergeschoss<br />
mit 32 zusätzlichen Abstellplätzen erweitert werden,<br />
falls die Flotte aufgr<strong>und</strong> von Angebotsausbauten grösser<br />
würde.<br />
22 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
PUBLIREPORTAGE<br />
An jedem Abstellplatz gibt es einen Ladepunkt, an dem<br />
die E-Busse mit einem «Pantographen», einer Art Stromabnehmer,<br />
Energie aufladen können. Ein Lademanagementsystem<br />
optimiert die Ladeleistung für jedes Fahrzeug,<br />
indem unter anderem der Ladezustand der Batterie,<br />
die vorgesehene Abfahrtszeit <strong>und</strong> der voraussichtliche<br />
Energiebedarf des E-Busses berücksichtig wird. So wird<br />
ein möglichst ressourcenschonender <strong>und</strong> wirtschaftlicher<br />
Betrieb möglich. Zuständig für die Planung <strong>und</strong> Umsetzung<br />
der Ladeinfrastruktur ist IWB (Industrielle Werke<br />
<strong>Basel</strong>). Die Kosten dafür werden von der BVB über ein<br />
mengenbasiertes Entgelt pro verbrauchter Kilowattst<strong>und</strong>e<br />
Strom abgegolten.<br />
Die Gelegenheitsladestationen vereinfachen auch die<br />
Flexibilität des Busnetzes <strong>und</strong> tragen dem Fakt Rechnung,<br />
<strong>das</strong>s die E-Busse nicht immer dieselbe Reichweite<br />
haben. So sind die Reichweiten bei tiefen Temperaturen<br />
deutlich geringer als im Sommer, weil die Heizung teilweise<br />
bis zu 50 Prozent der Energie verbraucht.<br />
Leiser <strong>und</strong> umweltfre<strong>und</strong>licher<br />
Von all dem werden die Fahrgäste kaum etwas mitbekommen,<br />
denn am Fahrkomfort ändert sich nichts. Die E-<br />
Busse sind aber leiser, weil sie keine Motorengeräusche<br />
verursachen. Insbesondere bei tiefen Geschwindigkeiten,<br />
beim Beschleunigen <strong>und</strong> an Haltestellen machen E-Busse<br />
Visualisierung der neuen Garage<br />
Rank mit dem Werkstattgebäude<br />
(links) <strong>und</strong> der Abstellanlage<br />
(rechts). Letztere bietet Platz für 144<br />
E-Busse <strong>und</strong> könnte um ein weiteres<br />
Geschoss erweitert werden.<br />
Es braucht zwei Provisorien<br />
Die Bauarbeiten an der neuen Garage Rank beginnen voraussichtlich<br />
2023 <strong>und</strong> dauern bis 2027. Die Instandhaltung<br />
der Busse wird dabei auch während der Bauarbeiten<br />
auf dem <strong>Areal</strong> Rank stattfinden, weil etappiert gebaut<br />
wird. Hingegen können die Busse während der Bauphase<br />
nicht auf dem <strong>Areal</strong> Rank abgestellt werden. Deshalb werden<br />
sie vorübergehend in Provisorien in der Messehalle 3<br />
<strong>und</strong> auf dem ehemaligen BASF-<strong>Areal</strong> im Klybeck parkiert.<br />
In der Messehalle 3 werden ausschliesslich E-Busse<br />
abgestellt. Im Provisorium Klybeck werden E-Busse <strong>und</strong><br />
die noch verbleibenden Dieselbusse abgestellt. Entsprechend<br />
muss auch in beiden Provisorien die notwendige<br />
Ladeinfrastruktur aufgebaut werden.<br />
Neben der Garage Rank <strong>und</strong> den Provisorien werden<br />
auch voraussichtlich fünf Endhaltestellen mit Ladestationen<br />
ausgestattet. An diesen Gelegenheitsladestationen<br />
können die E-Busse während des Endaufenthalts in kurzer<br />
Zeit Energie nachladen. Denn für einige längere Umläufe<br />
von Gelenkbuslinien <strong>und</strong> auch der Linie 50 mit den<br />
E-Doppelgelenkbussen reichen die aktuellen Batteriereichweiten<br />
noch nicht aus.<br />
kaum Lärm. Davon profitieren nicht nur die Fahrgäste,<br />
sondern die gesamte Basler Bevölkerung. Ein weiterer<br />
Vorteil von E-Bussen ist, <strong>das</strong>s sie keine Abgase <strong>und</strong><br />
Russpartikel ausstossen.<br />
Zudem verursachen sie – inklusive der Herstellung der<br />
Batterien – über den gesamten Lebenszyklus gesehen<br />
deutlich weniger CO2 als die bestehenden Busse, weil sie<br />
im Fahrbetrieb kein CO2 ausstossen <strong>und</strong> mit 100 Prozent<br />
erneuerbarer Energie gefahren werden. Insgesamt sind<br />
sie also deutlich umweltfre<strong>und</strong>licher als die heutigen<br />
Busse.<br />
Bis die Region <strong>Basel</strong> davon vollständig profitiert, werden<br />
noch gut sechs Jahre vergehen. Und gut acht Jahre, nachdem<br />
der «Stromnibus» zum ersten Mal seine R<strong>und</strong>en am<br />
Rheinknie gedreht hat, wird <strong>Basel</strong> die erste grosse<br />
Schweizer Stadt sein, die ein ÖV-System hat, <strong>das</strong> zu 100<br />
Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben wird.<br />
Weitere Informationen zum Bussystem 2027<br />
unter bvb.ch/bussystem2027<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 23
INTERVIEW<br />
Projekt <strong>Wolf</strong>: «Die Weitsicht über<br />
<strong>das</strong> Gleisfeld ist grandios»<br />
Welches ist die Aufgabe der Abteilung Städtebau beim<br />
<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong>?<br />
Das Gelände gehört der SBB, <strong>und</strong> bis jetzt gab es dort<br />
mehrheitlich Geleise, Lagerhallen <strong>und</strong> Gebäude für die<br />
Logistik. Durch die Verlagerung des internationalen Güterverkehrs<br />
in den Containerterminal ‹Gateway <strong>Basel</strong> Nord›<br />
<strong>und</strong> einer effizienten Flächennutzung ergibt sich die Möglichkeit,<br />
einen Teil des ehemaligen Güterbahnhofs <strong>Wolf</strong> an -<br />
ders zu nutzen. Damit jedoch eine solche Umnutzung überhaupt<br />
durchgeführt werden kann, benötigt es eine so genannte<br />
‹Städtebauliche Planung› <strong>und</strong> anschliessend eine<br />
Zonenänderung <strong>und</strong> einen Bebauungsplan. Hier kommt die<br />
Abteilung Städtebau ins Spiel. Ihre Aufgabe ist es festzulegen,<br />
welche Bedürfnisse seitens des Kantons <strong>und</strong> der SBB<br />
vorhanden sind, wie beispielsweise Wohnraum <strong>und</strong> Gewerbeflächen.<br />
Sie befasst sich mit Fragen, wie <strong>das</strong> Gebiet verkehrstechnisch<br />
angeb<strong>und</strong>en werden kann <strong>und</strong> vieles mehr.<br />
Jürg Degen, Leiter Städtebau<br />
Bau- <strong>und</strong> Verkehrsdepartement des Kantons <strong>Basel</strong>-Stadt<br />
Herr Degen, Sie sind Leiter der Abteilung Städtebau;<br />
heisst <strong>das</strong>, Sie bauen Städte?<br />
Nein, die Abteilung Städtebau baut nicht selbst. Wir sind<br />
zuständig für die Stadtplanung von bereits bebautem sowie<br />
von noch nicht bebautem Raum. Ein wichtiger Aspekt ist,<br />
die Stadt als Ganzes zu betrachten, wobei <strong>das</strong> Thema Architektur<br />
hier eine wichtige Rolle spielt.<br />
Könnte man sagen, <strong>das</strong>s Sie beispielsweise vor 150<br />
Jahren <strong>das</strong> G<strong>und</strong>eldinger Quartier geplant hätten?<br />
Jein. Die Planung dieses Quartiers wurde zwar durch die<br />
Stadt vorgenommen, <strong>das</strong> Bild der Strassenzüge entstand<br />
jedoch erst mit der Umsetzung der Gebäude. Damals plante<br />
die Stadt keine Häuser im Detail. Sie sorgte eher für eine<br />
Gesamtplanung – <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Terrain erschlossen wurde <strong>und</strong><br />
die Infrastruktur bereit stand. Die Stadt legte fest, wo welche<br />
Strassen liegen sollten, doch die Häuser selbst wurden<br />
durch Unternehmer gebaut. In der heutigen Planung wie<br />
beispielsweise beim <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> bedeutet Städtebau, <strong>das</strong>s<br />
man einen Gesamtentwurf vorsieht, der auch alle Gebäude<br />
umfasst, wie deren Position, die Lücken zwischen den Gebäuden,<br />
die Freiräume, die Nutzung <strong>und</strong> vieles mehr. Es<br />
handelt sich zwar noch um kein Bauprojekt, aber es ist eine<br />
Planung, die mehr als nur die reine Fläche betrifft.<br />
In <strong>Basel</strong> gibt es mehrere <strong>Areal</strong>e, die der Kanton noch<br />
nutzen kann. Was unterscheidet nun <strong>das</strong> <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong><br />
von anderen <strong>Areal</strong>en wie beispielsweise dem Klybeck,<br />
dem Rosental oder dem Westfeld?<br />
Jedes <strong>Areal</strong> ist natürlich anders. Bei der Stadtplanung geht<br />
es eben genau darum, auf die Besonderheiten dieser <strong>Areal</strong>e<br />
einzugehen. Wie kann man ein <strong>Areal</strong> entwickeln, welches<br />
ist der wertvolle Bestand, welches sind die Bedürfnisse,<br />
wie ist dessen Bedeutung für die gesamte Stadt. Im<br />
Westfeld wurde die Chance genutzt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Felix Platter-Spital<br />
einen Neubau benötigte; hier stand die Nutzung<br />
als Wohnfläche im Vordergr<strong>und</strong>. Der Vorteil war, <strong>das</strong>s es<br />
sich um eine grosse Fläche ohne bestehende oder vorgegebene<br />
Strassen handelte. Bei den ehemaligen Industriearealen<br />
sind weniger Rahmenbedingungen gegeben, was<br />
die Herausforderung anspruchsvoller macht.<br />
Was ist nun für <strong>das</strong> <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> geplant?<br />
Das <strong>Wolf</strong> Quartier soll ein ein neuer Stadtteil werden.<br />
Dies bedeutet nicht nur Wohnraum, sondern Platz für<br />
Menschen, die dort wohnen, aber auch dort arbeiten.<br />
Für diese Menschen braucht es auch Schulen, eine Anbindung<br />
an den Öffentlichen Verkehr <strong>und</strong> anderes?<br />
Natürlich; wir klären zuerst möglichst alle Bedürfnisse ab,<br />
bevor wir mit dem Planen beginnen. Sind diese Anforderungen<br />
geklärt, geht es darum, verschiedene Möglichkeiten<br />
zu diskutieren. Es werden Fachleute hinzugezogen,<br />
welche die einzelnen Bereiche abdecken: Architekten,<br />
Städteplaner, Landschaftsarchitekten, Verkehrsplaner, tech -<br />
nische Fachpersonen <strong>und</strong> die Denkmalpflege. Sie versuchen<br />
gemeinsam, möglichst unterschiedliche Lösungsansätze<br />
zu finden. Diese werden dann verglichen: Welche<br />
Lösung hat welche Vorteile, welches sind die Nachteile?<br />
Welche Richtung möchte man weiterverfolgen? Diese Besprechungen<br />
finden einerseits unter Fachleuten statt; im<br />
Fall des <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong>s waren aber auch Interessensvertreter<br />
dabei wie etwa Quartiervereine <strong>und</strong> Verbände, die mit ih-<br />
24 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
INTERVIEW<br />
rem Wissen <strong>und</strong> ihren Ansprüchen ebenfalls zur Lösung<br />
beitragen konnten.<br />
Wann entscheidet sich, <strong>das</strong>s man auf dem <strong>Areal</strong> nicht<br />
einfach ein riesiges Hallenbad hinstellt?<br />
Dies geschieht schon vor der Auslösung einer städtebaulichen<br />
Studie. Es gibt die übergeordneten Vorgaben wie<br />
den Richtplan, in dem Arbeiten, Woh nen, Verkehr, Nutzungen<br />
im öffentlichen Interesse etc. festgelegt sind. Diese<br />
Anforderungen werden dann je nach <strong>Areal</strong> unterschiedlich<br />
umgesetzt. Beim <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> bleibt ein Teil des<br />
Güterumschlags bestehen, auch wenn er reduziert wird.<br />
Es geht darum, ein Quartier zu planen, <strong>das</strong> zwar in sich<br />
selbst funktioniert, aber auch mehr leistet, als nur Wohnfläche<br />
zu bieten. Bestehende <strong>und</strong> zukünftige Arbeitsplätze<br />
sind natürlich auch zu berücksichtigen.<br />
Das <strong>Wolf</strong> Quartier soll ein<br />
neuer Stadtteil werden.<br />
Dies bedeutet nicht nur<br />
Wohnraum, sondern Platz<br />
für Menschen, die dort wohnen,<br />
aber auch arbeiten.<br />
Wie passt hier <strong>das</strong> ‹Smart City Lab <strong>Basel</strong>› dazu? Handelt<br />
es sich um eine Art Zwischennutzung?<br />
Das <strong>Areal</strong> befindet sich zur Zeit in einer Art Zwischenphase.<br />
Die Logistikflächen gehen zurück, neue Wohnhäuser<br />
können noch nicht gebaut werden. Deshalb hat man die<br />
Nutzung der frei werdenden Gebäude für dieses ‹Lab› als<br />
Zwischennutzung vorgesehen. Wie weit <strong>und</strong> in welchem<br />
Rahmen diese Idee auch fortgesetzt werden kann, wenn<br />
<strong>das</strong> gesamte <strong>Wolf</strong>-Projekt umgesetzt ist, kann ich zum jetzigen<br />
Zeitpunkt nicht sagen. Vielleicht wird <strong>das</strong> ‹Lab› als<br />
Konzentration von innovativen Unternehmen auch in Zukunft<br />
weiterbestehen.<br />
2019 erschien der Schlussbericht ‹Städtebaulicher Studienauftrag<br />
<strong>und</strong> Richtprojekt <strong>Wolf</strong>›. Was bedeutet dies?<br />
Dieser Schlussbericht ist sozusagen <strong>das</strong> Endresultat der<br />
bereits oben erwähnten Diskussion der Fachleute <strong>und</strong> Interessensvertreter.<br />
Er zeigt, welche Lösungen die am Verfahren<br />
beteiligten Personen vorsehen, um möglichst alle<br />
Anforderungen erfüllen zu können. Dazu gehören die generelle<br />
Bebauung, aber auch Verkehrskonzepte, die Anzahl<br />
Parkplätze, Ersatzflächen für geschützte Pflanzen<br />
<strong>und</strong> Tiere, <strong>das</strong> Erhalten von gewissen identitätsstiftenden<br />
Gebäuden <strong>und</strong> vieles mehr. Die Lösungen sollen zeigen,<br />
wie die Wohnqualität sein wird. Sie sollen sozusagen ein<br />
Stimmungsbild, also die allgemeine Ausrichtung der Architektur<br />
zeigen. Damit die Projekte im grossen Kreis unter<br />
Fachleuten <strong>und</strong> mit Laien diskutiert werden können,<br />
braucht es nicht nur Text, sondern Illustrationen, Grafiken<br />
<strong>und</strong> Modelle. So können die Rechtsgr<strong>und</strong>lagen für die<br />
Umnutzung des <strong>Areal</strong>s geschaffen werden; diese legt die<br />
Verwaltung dem Regierungsrat <strong>und</strong> anschliessend dem<br />
Grossen Rat vor. Erst wenn diese Planung akzeptiert <strong>und</strong><br />
rechtskräftig geworden ist, kann <strong>das</strong> Projekt fortgesetzt<br />
<strong>und</strong> können Architekturwettbewerbe lanciert werden.<br />
Warum wurde <strong>das</strong> Projekt von Christ&Gantenbein/<br />
EM2N ausgewählt, um weiterverfolgt zu werden?<br />
Überzeugt hat <strong>das</strong> Projekt in erster Linie durch die Aufteilung<br />
in einen grossen Innenraum, eine Art riesigem Hof,<br />
<strong>und</strong> der Aussenbebauung. Innen ist der Raum, in dem man<br />
leben kann, in welchem es grün <strong>und</strong> ruhig ist; aussen ist<br />
die Weite, die für <strong>das</strong> zukünftige <strong>Wolf</strong> Quartier charakteristisch<br />
sein wird. Auch die Integration der zu erhaltenden<br />
Gebäude ist sehr geschickt gelöst.<br />
Wie wird die Anbindung des neuen <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> sein?<br />
Der neue Stadtteil ist mit den Tramlinien 14 <strong>und</strong> 15 sowie<br />
der Buslinie 42 gut erschlossen. Insgesamt gibt es drei<br />
Haltestellen, die genutzt werden können. Zudem soll die<br />
Verbindung zum G<strong>und</strong>eli wie früher durch eine Passerelle<br />
geschaffen werden. Aber auch mit dem Velo ist <strong>das</strong><br />
<strong>Areal</strong>, <strong>das</strong> sich mitten in der Stadt befindet, sehr gut erreichbar.<br />
Warum soll jemand in eine Wohnung auf dem <strong>Areal</strong><br />
<strong>Wolf</strong> ziehen?<br />
In <strong>Basel</strong> existiert ein grosses Bedürfnis nach Wohnraum;<br />
neu angebotene Wohnungen sind sehr begehrt. Wir stellen<br />
fest, <strong>das</strong>s viele Baslerinnen <strong>und</strong> Basler in diese Wohnungen<br />
ziehen <strong>und</strong> nicht nur Zuzüger oder Expats, was sich<br />
auch bei der Erlenmatt gezeigt hat. Es gibt offenbar viele<br />
Einwohnerinnen <strong>und</strong> Einwohner, die ein neues Wohnumfeld<br />
suchen. Der <strong>Wolf</strong> bietet urbanes, grosszügiges Wohnen<br />
– die Weitsicht über <strong>das</strong> Gleisfeld ist grandios. Zudem<br />
sind in den Gebäuden entlang der St. Jakobs-Strasse im<br />
Erdgeschoss Räume für Dienstleistungen, Verkauf, Kleingewerbe,<br />
etc. geplant.<br />
Wer wird die Überbauung vornehmen, die Stadt?<br />
Nein, die Stadt hat mit dem Bau nichts zu tun. Wir sind der<br />
Partner für die Planung <strong>und</strong> für <strong>das</strong> Schaffen der Voraussetzungen,<br />
damit dort etwas verändert, etwas gebaut werden<br />
kann. Die SBB wird entscheiden, wieviel sie selbst investieren<br />
<strong>und</strong> wieviel sie abgeben wird. Geplant ist, <strong>das</strong>s<br />
ein Drittel der Wohnungen sich im Rahmen der Mietpreise<br />
von Wohngenossenschaften bewegt.<br />
Wann wird es auf dem <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> konkret losgehen?<br />
Der Baubeginn ist für 2025 geplant; 2027 sollten die ersten<br />
Flächen bezugsbereit sein.<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> 05/2020 25
PLANUNG<br />
<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong>:<br />
<strong>das</strong> Richtprojekt<br />
Das 2019 vorgestellte Richtprojekt für <strong>das</strong> <strong>Areal</strong><br />
sieht Wohn-, Logistik-, Gewerbe- <strong>und</strong> Büroflächen<br />
vor. Dabei sollen die r<strong>und</strong> 550 Wohnungen im<br />
westlichen Teil eines Hofs entstehen; die Gewerbe<strong>und</strong><br />
Büronutzungen im östlichen Teil, der an <strong>das</strong><br />
bestehende UAG-Gebäude angrenzt.<br />
1<br />
26 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
PLANUNG<br />
2<br />
1: Übersicht <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> zwischen<br />
G<strong>und</strong>eldingen <strong>und</strong> Gellert.<br />
2: Modell des Richtprojekts im<br />
Stadtmodell des Kantons <strong>Basel</strong>-<br />
Stadt. Am linken unteren Bildrand<br />
der <strong>Wolf</strong>gottesacker; daneben die<br />
geplante Passerelle, welche die neue<br />
Überbauung mit dem G<strong>und</strong>eldinger<br />
Quartier verbinden soll.<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 27
PLANUNG<br />
Situationsplan des Richtprojekts<br />
Richtprojekt <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong><br />
Das Projekt von Christ & Gantenbein, Maurus Schifferli,<br />
Rudolf Keller & Partner, welches als Basis für die weitere<br />
Planung dient, wird im Schlussbericht wie folgt beschrieben:<br />
Städtebaulich zeigt <strong>das</strong> Projekt einen gleichmässig länglich<br />
umbauten Park mit rhythmisierter Höhen- <strong>und</strong> Tiefenentwicklung<br />
einzelner Bauten. Tiefere Bauten in der Mitte<br />
des <strong>Areal</strong>s werden durch zunehmend höhere Gebäude<br />
zu den beiden Rändern hin ergänzt <strong>und</strong> geben der Hofraumfigur<br />
über die gesamte Länge des <strong>Areal</strong>s eine Höhenstruktur.<br />
Zusätzlich sind einzelne Bauten entlang der<br />
Längsseite beidseitig tiefenversetzt <strong>und</strong> strukturieren damit<br />
die äusseren <strong>und</strong> inneren Gebäudeseiten. Das bestehende<br />
UAG-Gebäude wird miteingeb<strong>und</strong>en. Die Etappierung<br />
ist prinzipiell von West nach Ost vorgesehen. Die<br />
Ringbebauung ist jedoch in der Lage, auf veränderte Bedürfnisse<br />
seitens Bauherrschaft <strong>und</strong> Markt einzugehen.<br />
Durch diese städtebauliche Setzung ergibt sich ein grosser,<br />
länglicher, nach aussen abgeschlossener Innenhof mit<br />
punktuellen Durchgängen nach Norden, Westen <strong>und</strong> Osten.<br />
Der Innenhof bietet Platz für vielfältige Begegnungsorte<br />
im Quartier <strong>und</strong> dient Bewohnern <strong>und</strong> Besuchern von ausserhalb<br />
gleichermassen als Treffpunkt. Für den Innenhof<br />
wird ein durchgehender Plattenbelag mit unterschiedlich<br />
weit geöffneten ‹Fugen› dargestellt. Entlang der Gebäude<br />
werden dichte Fugen (Fahrbahnen) <strong>und</strong> im Innern des<br />
Hofs offene Fugen (grüne Felder) mit Platz für Pflanzen<br />
<strong>und</strong> Bäume vorgeschlagen.<br />
Einzelne Elemente der ursprünglichen Bahnnutzung (z.B.<br />
der ehemalige Portal-Kran) werden in den Freiraum integriert.<br />
Die unterschiedlichen Nutzungen werden über die gesamte<br />
Hofraumfigur verteilt. Schwerpunkte liegen wie gefordert<br />
beim Wohnen <strong>und</strong> bei Flächen für Büro <strong>und</strong> Dienstleistungen<br />
beziehungsweise Gewerbe <strong>und</strong> Produktion. Im Erdgeschoss<br />
sind hauptsächlich Flächen für öffentliche Nutzungen,<br />
Gastronomie, Gewerbe <strong>und</strong> Produktion sowie Büro<br />
<strong>und</strong> Dienstleistungen angeordnet. Im ersten Obergeschoss<br />
sind südseitig vor allem Flächen für Gewerbe <strong>und</strong> Produktion<br />
sowie öffentliche Nutzungen bestimmt, nordseitig<br />
Wohnnutzungen. Ab dem ersten bis zum achten Obergeschoss<br />
sind schwerpunktmässig Wohnnutzungen vorgesehen<br />
ergänzt mit Gewerbe <strong>und</strong> Büro-nutzungen. Die Nutzung<br />
City-Logistik ist im bestehenden UAG-Gebäude untergebracht.<br />
Die Erschliessung des <strong>Areal</strong>s für den Motorisierten Individualverkehr<br />
geschieht ab der St. Jakobs-Strasse; er wird<br />
über fünf mögliche Zufahrten direkt in Tiefgaragen oder<br />
auf <strong>das</strong> oberirdische Parkfeld auf dem UAG-Gebäude gelenkt.<br />
Im Innenhof selbst sind Anlieferungen erlaubt. Die<br />
Erschliessung für den schweren Nutzverkehr ist räumlich<br />
<strong>und</strong> funktional von der übrigen Erschliessung getrennt.<br />
Der Fuss- <strong>und</strong> Veloverkehr wird quer durch die Ringbebauung<br />
geführt. Zu diesem Zweck soll im Westen eine<br />
neue Brücke über die Bahngleise als Verbindung zum Hexenweglein<br />
erstellt werden.<br />
Im Osten ist eine neue Über- oder Unterführung der<br />
Bahngleise mit Anschluss an <strong>das</strong> bestehende Velonetz zu<br />
prüfen. Hinsichtlich ÖV geht der Vorschlag vom Bau einer<br />
neuen S-Bahn-Station <strong>Wolf</strong> in der Mitte des <strong>Areal</strong>s<br />
aus. Entlang der St. Jakobs-Strasse wird eine neue Buslinie<br />
mit Halt im zentralen Mobilitätshub vorgeschlagen.<br />
Die Tramlinie 14 wird weiter genutzt.<br />
Für den Umgang mit der herausfordernden Lärmsituation<br />
werden verschiedene Wohnungstypologien für die<br />
strassen- <strong>und</strong> gleisseitig exponierten Wohnungen entwikkelt.<br />
Empfindliche Nutzungen werden möglichst nicht an<br />
exponierter Stelle angeordnet <strong>und</strong> Spielräume für bauliche<br />
Massnahmen freigelassen.<br />
28 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
PLANUNG<br />
Geplanter Wohnhof<br />
Geplanter Gewerbehof<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 29
PLANUNG<br />
Bewusstsein für Geschichte <strong>und</strong> Umwelt<br />
Eine der Anforderungen bestand darin, <strong>das</strong> denkmalgeschützte<br />
Dienstgebäude des ehemaligen Rangierbahnhofs<br />
sowie historische Lagerhallen <strong>und</strong> weitere Elemente zu erhalten.<br />
Diese werden im Projekt in die gesamte Überbauung<br />
integriert; aus Sicht des Denkmalschutzes ist ein sehr<br />
sorgfältiger Umgang mit den relevanten Themen wie Berücksichtigung<br />
der Achse, paralleles Bauen an die Bahn erkennbar.<br />
Auch die Massstäblichkeit der Neubauten ist gut<br />
gewählt: sie wirken im Vergleich zu den historischen Gebäuden<br />
angemessen <strong>und</strong> ‹erdrücken› diese nicht.<br />
Im ganzen Hof ist ein Plattenbelag mit unterschiedlich<br />
grossen Fugen vorgesehen, die für eine durchgängige Begrünung<br />
sorgen. In freien Flächen können sich Wildpflanzen<br />
beliebig ansiedeln; aktuell beheimatet <strong>das</strong> <strong>Areal</strong><br />
<strong>Wolf</strong> r<strong>und</strong> 400 Pflanzen- <strong>und</strong> Tierarten (davon 89 Arten,<br />
die sich auf der Roten Liste befinden). Diese werden dort<br />
eine neue Heimat finden. Weitere freie Flächen werden<br />
mit Mutterboden aus umliegenden Bahnstandorten gefüllt,<br />
der mit Samen <strong>und</strong> Sprossen angereichert ist . Daraus<br />
entwickeln sich unterschiedlich hohe Hecken, welche<br />
Spiel- <strong>und</strong> Aufenthaltsbereiche umschliessen. Der Verzicht<br />
auf eine durchgehende Unterkellerung ermöglicht<br />
die Pflanzung von tiefwurzelnden Bäumen, was atmosphärisch<br />
<strong>und</strong> stadtklimatisch grosse Vorteile bringt.<br />
6<br />
7<br />
8<br />
6: Ein Portalkran <strong>und</strong> zwei Gleisstränge könnten ebenfalls<br />
erhalten bleiben; Bahnwagen könnten temporär als<br />
Spielwagen, Bar oder ähnliches genutzt werden.<br />
7: Beispiel eines Plattenbelags mit unterschiedlich grossen<br />
Fugen, im ganzen Hof vorgesehen.<br />
8: Die neue Verkehrssituation auf dem <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong><br />
30 <strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021›
FACTS & FIGURES<br />
Kennzahlen zum <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong><br />
Gesamtfläche<br />
160000 m 2 ; dient heute praktisch ausschliesslich dem Güterumschlag.<br />
R<strong>und</strong> 100000 m 2 sollen gemäss dem Richtprojekt für eine neue Nutzung<br />
verwendet werden; 62000 m 2 stehen im Osten weiterhin für Gewerbe <strong>und</strong><br />
Logistik zur Verfügung.<br />
Das Projekt <strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> sieht vor:<br />
73 000 m 2 Wohnfläche, 36000 m 2 Büro- <strong>und</strong> Dienstleistungen<br />
62 000 m 2 Gewerbe- <strong>und</strong> Logistik, 11000 m 2 für öffentliche Einrichtungen,<br />
Verkauf <strong>und</strong> Gastronomie. R<strong>und</strong> 550 Wohnungen befinden sich im westlichen<br />
Teil des Hofes. Die vielseitigen Gewerbe- <strong>und</strong> Büronutzungen befinden<br />
sich im östlichen Teil, der an <strong>das</strong> bestehende UAG-Gebäude angrenzt.<br />
Dieses bleibt als Umschlagsplatz für die Logistik bestehen. Ebenso wird der<br />
Freiverlad auf dem <strong>Areal</strong> weiterhin seinen Platz haben.<br />
Städtebaulicher Studienauftrag <strong>und</strong> Richtprojekt<br />
Im Schlussbericht vom 20. Februar 2019 werden die Zielsetzungen, Rahmen<br />
<strong>und</strong> Ablauf des Verfahrens, die vier Vorschläge <strong>und</strong> <strong>das</strong> ausgewählte Richtprojekt<br />
vorgestellt (www.wolf-basel.ch → richtprojekt).<br />
Smart City Lab <strong>Basel</strong><br />
Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft<br />
<strong>und</strong> Verwaltung, die sich im Smart<br />
City Lab engagieren (Stand Juli 2021)<br />
Pilotprojekte Gebäude<br />
• afca: HoloLens (Mixed Reality<br />
<strong>Areal</strong>visualisierung)<br />
• ABB: Predictive maintenance<br />
• AstraLED, Halio, Regent:<br />
Gebäudeautomation<br />
• Belimo, Hoval, Leicom: Integration<br />
von Gebäudeautomation 2<br />
• Bouygues: Gewerkeübergreifende<br />
Modulbausweise 1<br />
• Elektron: Smart waste management<br />
• eSMART: Smart Co-Working 2<br />
• In situ <strong>und</strong> Zirkular GmbH:<br />
Zirkuläres Bauen 2<br />
• FHNW Retro Nova: Photovoltaik<br />
bei denkmalgeschützten Gebäuden 1<br />
• Kiubx: Tiny Houses 2<br />
• iart: Medienfassaden<br />
Pilotprojekte Mobilität<br />
• Circ: E-Trottis<br />
<strong>und</strong> gläserne Werkstatt 1<br />
• Enuu: Light electric vehicles<br />
• Mobility: Car sharing<br />
• Pick-e-bike: Bike sharing<br />
• Reego: Optimale Nutzung<br />
Elektroautos<br />
• Swiss Traffic:<br />
Smarte Verkehrszählung<br />
• Urb-x: Smarte Veloinfrastruktur 2<br />
• Velopa: Zweiradparkierung Bikeep<br />
Pilotprojekte Citylogistik<br />
• 89grad, SBB:<br />
Smarte Schliessfachanlage<br />
• Cargo Sous Terrain:<br />
City Logistik Hub 2<br />
• DPD: Citylogistik<br />
mit elektrischen Fahrzeugen 2<br />
• Huber AG: Schlaue Box<br />
• IBION: Multistation mit<br />
Ladefunktion/Lagerungsboxen 1<br />
• KurierZentrale: Citylogistik mit<br />
stadtverträglichen Fahrzeugen<br />
• Radschaft: Entsorgung Bioabfälle<br />
• Rikscha Taxi: Citylogistik mit<br />
stadtverträglichen Fahrzeugen<br />
• Sovereign: Citylogistik<br />
Strategische Partner<br />
• amag<br />
• Basler Kantonalbank<br />
• Basler Verkehrsbetriebe<br />
• Fachhochschule Nordwestschweiz<br />
• Gewerbeverband <strong>Basel</strong>-Stadt<br />
• Handelskammer beider <strong>Basel</strong><br />
• Notime 1<br />
• Smart Regio <strong>Basel</strong><br />
• SmartCity Alliance<br />
• Siemens Mobility AG<br />
• Rapp Trans AG<br />
• Universität <strong>Basel</strong><br />
Zwischen-/Pioniernutzungen<br />
• Kooperation Escape Room: IWB,<br />
Sauter BC, Selmoni, Baumann<br />
Zimmerei, Trivadis, Regent,<br />
Planwelt, Kompotoi, IWF, Schild,<br />
Text- <strong>und</strong> Bildnachweis<br />
Textquellen<br />
Christian Röther: Der beste Feind des Menschen,<br />
Deutschlandfunk, 16.08.2017<br />
Jürgen Mischke, Inga Siegfried: Die Ortsnamen<br />
von <strong>Basel</strong>, Namenbuch <strong>Basel</strong>-Stadt 2, Christoph<br />
Merian Verlag, 2016<br />
<strong>Wolf</strong>sbrunnen: Zeitungsnotiz von 1914 / Basler<br />
Woche, 05.09.1941<br />
Website Rapp Gruppe; Rückbau Frigosuisse-<br />
Kühlhaus, abgerufen am 26.06.2021<br />
Abbildungen <strong>und</strong> Autoren<br />
5: o: Ulrich Molitor: ‹De laniis et phitonicis<br />
mulieribus›, Strassburg, 1489<br />
M: Ulrich Boner: Der Edelstein, Öffentliche<br />
Bibliothek der Universität <strong>Basel</strong>, Handschrift<br />
A N III 17, um 1420<br />
u: Gustave Doré aus: Les Contes de Perrault,<br />
Paris 1862<br />
6: H. A. Guerber: Myths of the Norsemen;<br />
From the Ed<strong>das</strong> and Sagas, London, 1909<br />
7: BILD 7,7 (Foto Alfred Kugler),<br />
Staatsarchiv <strong>Basel</strong>-Stadt<br />
8: o: Inv. 1882.224 Foto Peter Portner<br />
Historisches Museum <strong>Basel</strong><br />
9: ol: BALAIR 60008, Ml: NEG 1773<br />
Mr: NEG 7334, Staatsarchiv <strong>Basel</strong>-Stadt<br />
or: ETH Bibliothek, Zürich,<br />
Foto Walter Mittelholzer, 1931–1937<br />
10: ol: NEG 6657, Staatsarchiv <strong>Basel</strong>-Stadt<br />
17: zVg IWB, Oliver Ferilli<br />
21: Markus Senn, Stein am Rhein<br />
22/23: BVB<br />
24: Adriano A. Biondo, <strong>Basel</strong><br />
27: Kai Pitschmann, <strong>Basel</strong><br />
28: Christ & Gantenbein<br />
29: Ponnie Images<br />
30; o: Bau- <strong>und</strong> Verkehrsdepartement BS<br />
M: Lola Domenèch, Barcelona<br />
u: EBP Schweiz AG<br />
Alle übrigen Fotos, Bilder <strong>und</strong> Illustrationen:<br />
Christian Lienhard<br />
Alle übrigen Texte: Christiane Widmer<br />
Hon Design,<br />
Ecofort: Escape Room zum Thema<br />
Energie 2<br />
• Hochbeet <strong>Basel</strong>:<br />
Hochbeet Service <strong>und</strong> Vertrieb 2<br />
• Natürlich Unverpackt: Laden<br />
Weitere Pilotprojekte<br />
• Cleantech Energy Systems:<br />
PV Solar Tracker 2<br />
• Growcer: Vertical Farming<br />
• IWB: Echtzeit Energiemonitoring<br />
<strong>und</strong>-visualisierung<br />
• Meteoblue: Stadtklimamessung<br />
• Nomoko: Digitale Zwillinge<br />
• Ökozentrum, SBB: Powerpack<br />
• Revendo: Upcycling von elektronischen<br />
Geräten <strong>und</strong> Batterien 1<br />
• State of Place: Big Data & Analytics<br />
im Urban Design 1<br />
• UpVolt: Secondlife Batterien<br />
1) abgeschlossen; 2) geplant<br />
<strong>Bwie<strong>Basel</strong></strong> ‹<strong>Areal</strong> <strong>Wolf</strong> / Smart City 2021› 31
Smart-City<br />
mbgrafik.ch<br />
ohne<br />
Bücher?<br />
Wir<br />
<strong>Basel</strong>.<br />
Bücher | Musik | Tickets<br />
Aeschenvorstadt 2 | 4010 <strong>Basel</strong><br />
www.bider<strong>und</strong>tanner.ch