Militaer_aktuell_3_2021
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WELTGESCHEHEN<br />
Aktuelle Konflikte,<br />
Krisen und<br />
Analysen — S. 8<br />
militär<br />
TRUPPENBESUCH<br />
Zu Gast bei der<br />
Gardemusik in<br />
Wien — S. 18<br />
MISSION POSSIBLE<br />
In der Wildnis<br />
überleben mit dem<br />
Jägerbataillon 25 — S. 36<br />
DAS NEUE<br />
ÖSTERREICHISCHE<br />
MILITÄRMAGAZIN<br />
AUSGABE 3|21<br />
EURO 5,80<br />
AKTUELL<br />
Aleppo, Mossul, Donezk:<br />
Seit Jahren verlagern<br />
sich Kampfhandlungen<br />
vermehrt in Städte und<br />
urbane Ballungsräume. Was<br />
bedeutet diese Entwicklung<br />
für das Bundesheer?<br />
Eine Militär Aktuell-Analyse.<br />
URBAN WARFARE<br />
Krieg in<br />
der Stadt
Dienen und<br />
Schützen.<br />
Der AW169 erfüllt die hohen Anforderungen für Einsätze im 21. Jahrhundert.<br />
Der AW169 ist ein zweimotoriger Hubschrauber der neuesten Generation mit<br />
Bestleistungen in seiner Klasse und vielseitigen Einsatzmöglichkeiten unter den<br />
anspruchsvollsten Einsatzbedingungen.<br />
Als leistungsstarker, allwettertauglicher Helikopter, der mit moderner,<br />
fortschrittlicher Ausrüstung und Sicherheitsfunktionen ausgestattet ist,<br />
kann der AW169 in seiner militärischen Version eine Vielzahl von Missionen<br />
erfüllen, darunter Truppentransporte, Logistikunterstützung, Überwachung und<br />
Aufklärung, Einsätze von Spezialkräften, Command and Control, Training,<br />
medizinische Evakuierung und Bergung von Verwundeten, Suche und Rettung<br />
(SAR) sowie Bergung von Personal (Personnel Recovery).<br />
Inspiriert durch die Vision, Neugier und Kreativität des meisterlichen Erfinders –<br />
Leonardo gestaltet die Technologie von morgen.<br />
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E D I T O R I A L<br />
0 0 3<br />
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER<br />
ür Soldaten zählen Häuserkämpfe, wie sie die<br />
F<br />
US-Marines im Spätherbst 2004 in der Rebellenhochburg<br />
Falludscha erlebten, zu den wohl<br />
schwierigsten und gefährlichsten Aufgaben<br />
überhaupt: Überlegene Feuerkraft hilft wenig<br />
gegen einen Gegner, der mit dem Gewehr im<br />
Anschlag im Haus geduldig auf den ersten Soldaten wartet,<br />
der durch die Tür kommt. Improvisierte Sprengladungen,<br />
Minen und Fallen, aber auch Scharfschützen stellen ständige<br />
Gefahren dar. Die über- und unterdische Bebauung unterbricht<br />
Sichtlinien, schafft tote Winkel, schränkt Aufklärungsmöglichkeiten,<br />
Beweglichkeit und Waffenwirkung ein. Sie<br />
hemmt zudem die Kommunikation, kanalisiert Truppenbewegungen,<br />
eröffnet aber auch gleich mehrere verschiedene<br />
Fortbewegungsebenen. Querschläger und Trümmer einstürzender<br />
Gebäude können die Waffenwirkung verstärken. Umgekehrt<br />
bietet selbst zerstörte Infrastruktur gute Deckungs-,<br />
Versteck- und Annäherungsmöglichkeiten. Verzahnen sich<br />
Verteidiger und Angreifer, ist eine Feuerunterstützung durch<br />
Artillerie oder Luftwaffe nur sehr eingeschränkt möglich<br />
und – als wären das der Schwierigkeiten noch nicht genug –<br />
ist auf dem urbanen Gefechtsfeld auch stets mit Zivilbevölkerung<br />
zu rechnen, die geschützt und keinesfalls in Kampfhandlungen<br />
hineingezogen werden sollte.<br />
„Es gibt kaum etwas, das militärisch so komplex ist wie Einsätze<br />
in urbanen Gebieten“, erklärt Generalmajor Bruno Hofbauer<br />
im Gespräch mit Militär Aktuell (siehe Seite 33). Der<br />
Leiter der Direktion Fähigkeiten und Grundsatzplanung<br />
im Generalstab des Bundesheeres hat in den vergangenen<br />
Jahren viele Strategien zur Thematik entwickelt und meint:<br />
„Auch früher hatten die großen Angriffspfeile in Kriegen immer<br />
Städte zum Ziel. Spätestens die Kriege auf dem Balkan<br />
in den 1990er-Jahren haben aber gezeigt, dass es in modernen<br />
Konflikten noch mehr als früher um Städte geht und die<br />
Wahrscheinlichkeit von Einsätzen in urbanen Gebieten auch<br />
für das Bundesheer steigt.“<br />
Um sich darauf bestmöglich vorzubereiten, soll in den kommenden<br />
Jahren die Ausbildung der Truppe verstärkt urbane<br />
Szenarien fokussieren. Dafür errichtet und erweitert das<br />
Heer derzeit an mehreren Standorten Ortskampfanlagen –<br />
allen voran am Truppenübungsplatz (TÜPl) Allentsteig, wo<br />
die Urbane Trainingsanlage (UTA) Steinbach gleich zwei<br />
neue Stadtteile erhält. Wir haben uns bei einem Vor-Ort-Besuch<br />
im Waldviertel von TÜPl-Kommandant Oberst Herbert<br />
Gaugusch die Ausbau- und Erweiterungspläne erklären lassen<br />
(Reportage ab Seite 28). Thema war dabei aber auch das<br />
zuletzt deutlich gewachsene Portfolio an Waffenwirkungsdarstellungsgeräten,<br />
mit denen sich in Übungsgefechten etwa<br />
„Roadside Bombs“, Stolperdrahtfallen und sogar Selbstmordanschläge<br />
simulieren lassen. Ziel ist eine möglichst realistische<br />
Darstellung potenzieller urbaner Einsatzszenarien,<br />
um für den Fall der Fälle bestmöglich vorbereitet zu sein.<br />
„Und das sind die Soldaten erst, wenn die Abläufe in Fleisch<br />
und Blut übergehen“, so Hofbauer abschließend.<br />
COV E R FOTO : N I C K R A I N E R | W W W. N I C K R A I N E R .CO M<br />
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m i l i t ä r a k t u e l l
0 0 4 I N H A L T<br />
INHALT<br />
022In der Schwebe: Die Rettung eingeschlossener Personen aus<br />
Seilbahngondeln ist für die Flugretter und Hubschrauberpiloten<br />
des Bundesheeres eine anspruchsvolle Aufgabe. Böiger Wind<br />
und die Tragseile der Seilbahn stellen permanente Gefahren dar.<br />
018<br />
Blick<br />
auf das Notenblatt: Rund 80 Bläser, Trommler<br />
und Streicher machen die Gardemusik Wien zu einer<br />
der besten Militärmusiken der Welt.<br />
003 EDITORIAL, IMPRESSUM<br />
006 MOMENTUM<br />
Jagdkommando-Soldaten<br />
trainieren Fallschirmspringen<br />
über dem Attersee.<br />
008 WELTGESCHEHEN<br />
Aktuelle Kurzmeldungen<br />
aus aller Welt.<br />
010 COMEBACK DER GADDAFIS?<br />
Der Clan des 2011 getöteten<br />
Diktators Muammar al-Gaddafi<br />
gewinnt kurz vor den geplanten<br />
Parlaments- und Präsidentschaftswahlen<br />
in Libyen an Popularität.<br />
014 AFRIKA-CONNECTION<br />
China unterhält zu immer mehr<br />
afrikanischen Staaten gute<br />
Beziehungen. Die Volksrepublik<br />
steigert so ihren politischen,<br />
zunehmend aber auch ihren<br />
militärischen Einfluss.<br />
016 NEUES AUS DEM HEER<br />
Aktuelle Kurzmeldungen aus<br />
dem Bundesheer.<br />
018 LOKALAUGENSCHEIN<br />
Mit Pauken und Trompeten:<br />
Militär Aktuell bei der Gardemusik.<br />
022 LIFTBERGEÜBUNG<br />
Das Bundesheer trainierte mit<br />
Feuerwehr, Bergrettung und<br />
Liftbetreibern den Ernstfall.<br />
026 STRUKTURANPASSUNG<br />
Generalstabschef Rober Brieger<br />
erklärt die neue Heeresstruktur.<br />
028 GROSSBAUSTELLE<br />
Die Urbane Trainingsanlage (UTA)<br />
Steinbach am Truppenübungsplatz<br />
Allentsteig wird für Trainings<br />
auf „Bataillonsebene“ ausgebaut.<br />
033 URBAN WARFARE<br />
Generalmajor Bruno Hofbauer<br />
im Militär Aktuell-Talk über die<br />
besonderen Herausforderungen<br />
von urbanen Konflikten.<br />
036 SURVIVAL-GUIDE<br />
Damit unterwegs nichts schiefgeht:<br />
Teil 4 der Überlebens-Serie<br />
mit dem Jägerbataillon 25.<br />
044 RÜSTUNGSNEWS<br />
Neuheiten aus der Welt der<br />
Rüstungs- und Sicherheitstechnik.<br />
FOTO S : S E B AST I A N F R E I L E R , L A ( P H OT ) PAU L H A L L I W E L L / M O D G R A F I K : T I B O E X E N B E R G E R / C A R O L I N E S E I D L E R .CO M<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I N D I E S E M H E F T<br />
046 AUSTRALIEN VS. FRANKREICH<br />
Die globalen Auswirkungen<br />
eines geplatzten U-Boot-Deals.<br />
Enorme Reißfestigkeit, eine wasser-, öl- und<br />
schmutzabweisende Fluorcarbonbeschichtung und<br />
Acht-Millimeter-Reißverschlüsse: Die neuen<br />
Fleckentarn-Uniformen des Bundesheeres<br />
vereinen hohe Funktionalität und Passform.<br />
051<br />
048 WERKSBESUCH<br />
Militär Aktuell zu Gast im<br />
Leonardo-Werk in Venegono.<br />
050 SCHLUSSPUNKT<br />
Sicherheitspolitikexperte<br />
Brigadier a. D. Walter Feichtinger<br />
analysiert die geostrategische<br />
Dimension des US-Abzugs aus<br />
Afghanistan.<br />
051 INFOGRAFIK<br />
Die Leistungsmerkmale der<br />
neuen Bundesheer-Uniformen.<br />
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0 0 6 P A N O R A M A<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
M O M E N T U M<br />
Üben für den Ernstfall<br />
Aus der Luft, durch das Wasser, ans<br />
Land: Die Kampfschwimmer des Jagdkommandos<br />
übten vor wenigen Wochen<br />
am Attersee. Dabei wurden amphibische<br />
Spezialeinsatzkräfte und Boote mittels<br />
Fallschirm aus einer C-130 Hercules<br />
abgesetzt. Als Speerspitze tauchten<br />
die Kampfschwimmer dann in weiterer<br />
Folge den Uferbereich an und sicherten<br />
das Vorhaben.<br />
FOTO : B U N D E S H E E R / G O R U P<br />
m i L i t ä r A K t U e L L
0 0 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />
MACRON WIRFT EU NAIVITÄT VOR<br />
Nach dem geplatzten U-Boot-Deal mit Australien (siehe Seite 46)<br />
durfte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kürzlich<br />
über einen neuen Auftrag für die betroffene Naval-Werft freuen:<br />
Griechenland bestellte für rund drei Milliarden Euro drei Fregatten<br />
vom Typ Belharra. Mit Blick auf eine „militärisch und außenpolitisch<br />
unabhängigere EU“ vereinbarten Macron und der griechische<br />
Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis bei der Gelegenheit<br />
auch eine „strategische Partnerschaft“. Europa dürfe<br />
nicht naiv sein, wenn es darum gehe, seine Interessen<br />
zu verteidigen, und müsse verstärkt eigene<br />
militärische Kapazitäten aufbauen, so Macron.<br />
„Wir müssen im Fall der Fälle reagieren<br />
und zeigen können, dass wir die Mittel<br />
und den Willen haben, uns zu verteidigen.“<br />
Nordkoreas<br />
grosser<br />
spruNg<br />
Nach<br />
vorN<br />
TÜRKEI UND RUSSLAND:<br />
NEUE ZUSAMMENARBEIT?<br />
Bei ihrem Gipfeltreffen in Sotschi demonstrierten Russlands<br />
Präsident Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep<br />
Tayyip Erdogan vor wenigen Wochen trotz der russisch-türkischen<br />
Differenzen etwa im Syrien-Krieg und beim Konflikt um<br />
Bergkarabach bestes Einvernehmen. Man könne einen Frieden<br />
in Syrien nur gemeinsam erreichen, so die Staatschefs mit Blick<br />
auf die zuletzt neu aufgeflammten Kämpfe in der Region. Eine<br />
verstärkte Zusammenarbeit soll es künfig neben dem gemeinsamen<br />
Pipeline-Projekt „Turkstream“ bei der Errichtung weiterer<br />
Atomkraftwerke in der Türkei und insbesondere im Rüstungsbereich<br />
geben. Vor allem beim Bau und der Entwicklung von Flugzeugmotoren<br />
und Kampfflugzeugen sowie beim Bau von Booten<br />
und U-Booten soll in Zukunft enger kooperiert werden. Auch die<br />
Lieferung weiterer S-400-Abwehrsysteme an Ankara ist geplant.<br />
Eigenen Angaben zufolge hat<br />
Nordkorea kürzlich erstmals eine<br />
Hyperschallrakete getestet.<br />
Experten sehen darin eine<br />
„Gefahr für die Stabilität<br />
in der Region“.<br />
„die Menschheit fordert<br />
nachdrücklich die<br />
abschaffung von<br />
atomwaffen.“<br />
Der Heilige Stuhl will, dass Atomwaffen<br />
in den Kreis permanent<br />
geächteter Waffen aufgenommen<br />
werden. Deshalb habe man<br />
sich aktiv an der Abfassung und<br />
dem Inkrafttreten des Vertrags<br />
zum Verbot von Atomwaffen beteiligt,<br />
sagte der vatikanische Außenminister<br />
Erzbischof Paul Richard<br />
Gallagher. Und deshalb forderte Gallagher vor<br />
Kurzem die internationale Gemeinschaft erneut auf, ihre Bemühungen<br />
zur Abrüstung und Abschaffung von Atomwaffen zu<br />
intensivieren. Die Welt müsse von der Gefahr eines nuklearen<br />
Kriegs befreit werden, so der Erzbischof. „Die Gelder für atomare<br />
Militärausgaben sollen in einen globalen Fonds zur Förderung<br />
der Entwicklung in den ärmsten Ländern umgeleitet werden.“<br />
FOTO S : G E T T Y I M AG E S , P I C T U R E D E S K<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
Schneller, präziser und zerstörerischer. Seit Jahrtausenden<br />
treiben diese Maximen die Entwicklung von<br />
immer neuen Waffensystemen voran. Die Armbrust<br />
und Langbögen leiteten mit ihrer Reichweite und<br />
Durchschlagskraft den Niedergang des Rittertums<br />
ein, U-Boote machten überraschende Angriffe in<br />
den Weiten des Ozeans möglich und Bomber trugen<br />
Tod und Vernichtung von der Front bis weit ins Hinterland.<br />
Hyperschallwaffen dürften eine ähnliche Revolution<br />
auslösen – mit fünf- bis zehnfacher Schallgeschwindigkeit<br />
sollen sie in vergleichsweise geringer<br />
Flughöhe ihre Ziele anfliegen und enorme Zerstörungen<br />
verursachen können. Kein Wunder also, dass<br />
in den vergangenen Jahren weltweit ein großer Rüstungswettlauf<br />
um die neue Technologie entbrannt<br />
ist, in den nun offensichtlich auch Nordkorea eingestiegen<br />
ist.<br />
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Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA vermeldete<br />
jüngst jedenfalls den „erfolgreichen Test“ einer „strategischen<br />
Waffe“ vom Typ Hwasong-8, deren Entwicklung<br />
im <strong>aktuell</strong>en Fünfjahresplan zur Priorität erklärt<br />
worden sei. Dabei soll erstmals auch ein „Treibstoffkanister“<br />
zum Einsatz gekommen sein. Dadurch<br />
könnte Nordkorea in Zukunft seine Raketen schon<br />
vorab betanken und müsste dies nicht erst umständlich<br />
und zeitraubend an der Abschussstelle tun. Südkoreas<br />
Militär teilte zwar mit, dass die gemessene<br />
Geschwindigkeit und andere Merkmale des abgefeuerten<br />
Geschosses darauf hindeuteten, dass sich die<br />
mutmaßliche Hyperschallrakete noch in „einem frühen<br />
Entwicklungsstadium“ befinde, der amerikanische<br />
Sondergesandte für Nordkorea, Sung Kim,<br />
sah in den Tests trotzdem einen „destabilisierenden<br />
Faktor“, den man keinesfalls unterschätzen sollte.<br />
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0 1 0 W E L T & S T R A T E G I E<br />
ZITTERPARTIE<br />
Die Vorbereitungen für Wahlen in Libyen Ende des Jahres laufen auf Hochtouren –<br />
ob der Urnengang aber tatsächlich stattfinden kann, ist weiter ungewiss. Droht<br />
damit nach Afghanistan auch in Libyen das Nation-Building zu scheitern?<br />
Text: MARKUS SCHAUTA<br />
HOFFNUNG AUF FRIEDEN In Libyen<br />
herrscht seit zehn Jahren Bürgerkrieg (im<br />
Bild Kämpfer von General Khalifa Haftar),<br />
eine Absage der geplanten Wahlen könnte<br />
den brüchigen Frieden im Land gefährden.<br />
m Dezember soll Libyen<br />
I<br />
wählen. Doch Uneinigkeit<br />
zwischen den Parteien<br />
könnte zum Ende des<br />
Friedensprozesses führen.<br />
Im Oktober 2020 einigten<br />
sich die rivalisierenden Parteien in<br />
Libyens Bürgerkrieg auf einen Waffenstillstand.<br />
Eine Übergangsregierung<br />
unter Premier Abdul Hamid Dbeiba<br />
sollte Wahlen für den 24. Dezember<br />
dieses Jahres vorbereiten.<br />
Unter den Kandidaten, die sich der<br />
Wahl stellen wollen, ist unter anderem<br />
General Khalifa Haftar, der mit seinen<br />
Milizen den Osten Libyens kontrolliert.<br />
Der 77-Jährige ist eine umstrittene<br />
Person, wollte er doch noch vor<br />
einem Jahr in einer groß angelegten<br />
Militäroffensive die Hauptstadt Tripolis<br />
einnehmen. Andere mögliche<br />
Kandidaten sind der frühere Innenminister<br />
Fathi Bashagha und Saif al-<br />
Islam, ein Sohn des 2011 gestürzten<br />
Muammar al-Gaddafi.<br />
Doch ob diese Wahlen tatsächlich<br />
stattfinden, ist mehr als fraglich.<br />
Denn zwischen dem im Osten Libyens<br />
tagenden Parlament und der von<br />
der UN anerkannten Regierung in<br />
Tripolis brechen erneut Gräben auf.<br />
Im September – drei Monate vor den<br />
Wahlen – entzog das Parlament in<br />
Tobruk der Regierung das Vertrauen.<br />
Grundlage dafür waren Korruptionsvorwürfe.<br />
Mehrere Milliarden US-<br />
Dollar sollen versickert sein.<br />
Anfang Oktober sind sich die politisch<br />
Verantwortlichen immer noch<br />
uneinig über die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
für die Wahlen.<br />
Auch ist nicht geklärt, ob am 24. Dezember<br />
wie geplant Parlaments- und<br />
Präsidentschaftswahlen stattfinden<br />
sollen oder, wie es Politiker in Tripolis<br />
vorschlagen, der Präsident erst gewählt<br />
wird, nachdem die Bevölkerung<br />
über eine neue Verfassung abgestimmt<br />
hat. Einige Beobachter gehen<br />
davon aus, dass der jetzige Premier<br />
Dbeiba das Scheitern der Wahlen<br />
ausnutzen könnte, um als Übergangspremier<br />
länger an der Macht zu bleiben,<br />
als ursprünglich vorgesehen war.<br />
Doch selbst wenn diese Wahlen stattfinden,<br />
wird es für eine neu gewählte<br />
Regierung nicht einfach. Einer Schätzung<br />
der UN zufolge sollen sich nach<br />
wie vor 20.000 ausländische Soldaten<br />
und Söldner aus der Türkei, Russland,<br />
Syrien, Sudan und dem Tschad in<br />
Libyen aufhalten. Hinzu kommen<br />
Dutzende Milizen im Westen und<br />
Osten des Landes, die zum Teil wichtige<br />
Infrastruktur wie den Flughafen<br />
von Tripolis oder Ölbohranlagen<br />
kontrollieren und immer wieder<br />
Druck auf die Regierung ausüben.<br />
All diese internen und externen Player<br />
könnten die Vereinigung Libyens<br />
noch über Jahre verhindern. Die<br />
Gefahr ist damit groß, dass nach der<br />
Niederlage in Afghanistan auch in<br />
Libyen das Nation-Building scheitert.<br />
FOTO : P I C T U R E D E S K<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
Das Beste aus<br />
zwei Welten<br />
Der M-346‚ Master‘ ist ein äußerst kostene zienter, Fortgeschrittenen-Jettrainer der<br />
nächsten Generation, der bei großen Luftstreitkräften weltweit in Betrieb ist.<br />
Der M-346FA, Fighter Attack Version, ist er auch ein leistungsstarkes leichtes Kamp<br />
ugzeug mit Bordradar, das sich gleichermaßen für Luft-Luftund Luft-Boden-Szenarien<br />
mit präzisionsgelenkter Munition, sowie für die taktische Luftbild-Aufklärung eignet.<br />
Inspiriert von der Vision, Neugierde und Kreativität des großen Meister-Erfi nders -<br />
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0 1 2 W E L T & S T R A T E G I E<br />
CHINAS<br />
AFRIKA<br />
Text: GERALD HAINZL<br />
AMBITIONEN<br />
Als Geldgeber, Investor und wichtiger UN-Truppensteller hat China<br />
in Afrika über Jahrzehnte hinweg Beziehungen aufgebaut, die sich<br />
die Regierung in Peking nun zunehmend auch in Form militärischer<br />
Kooperationen zunutze machen könnte.<br />
D<br />
ie Beziehungen<br />
zwischen China und<br />
afrikanischen Staaten<br />
haben eine lange<br />
Tradition und werden<br />
oft sehr vereinfacht<br />
dargestellt und damit der komplexen<br />
Realität nicht gerecht. Seit in den<br />
1950er-Jahren afrikanische Staaten<br />
ihre Unabhängigkeit von Kolonisierung<br />
und Unterdrückung suchten, manifestierte<br />
sich eine Zusammenarbeit auf<br />
verschiedenen Ebenen. Und seit der<br />
Jahrtausendwende haben sich diese<br />
intensiviert. Kernstück der chinesischafrikanischen<br />
Zusammenarbeit ist<br />
das seit dem Jahr 2000 bestehende<br />
Forum on China-Africa Cooperation<br />
(FOCAC), in dessen Rahmen chinesische<br />
und afrikanische Eliten ihre<br />
Ideen regelmäßig austauschen.<br />
Wirtschaftlich unterscheidet sich das<br />
chinesische Engagement von jenem<br />
anderer globaler Akteure. China ist<br />
zwar an Rohstoffen interessiert, die es<br />
für die Produktion von Alltagsgütern<br />
wie Mobiltelefonen oder Computern<br />
braucht. Gleichzeitig sieht es die<br />
afrikanischen Staaten aber auch als<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I F K - A N A LY S E<br />
FOTO S : U N M I SS / N E K TA R I O S M A R KO G I A N N I S & E R I C KA N A L ST E I N<br />
wichtigen Exportmarkt für genau diese<br />
Produkte. So wie alle anderen externen<br />
Akteure sieht sich China dabei zusehends<br />
mit einem größeren Selbstbewusstsein<br />
afrikanischer Staaten konfrontiert,<br />
wenn es um deren Interessen<br />
geht. Gegenwärtig möchte beispielsweise<br />
die Demokratische Republik<br />
Kongo (DRC) seine Beziehungen zur<br />
Volksrepublik überprüfen, da ein Abkommen<br />
von 2008, das die Konstruktion<br />
von öffentlichen Gebäuden und<br />
Straßen im Wert von rund acht Milliarden<br />
Euro vorsah, bisher nur wenig<br />
konkrete Projekte zur Folge hatte. Im<br />
Rahmen dieses sogenannten „Barter-<br />
Geschäfts“ erhielt China im Gegenzug<br />
Kupfer und Kobalt. Von den versprochenen<br />
3.500 Kilometer Straßen wurden<br />
bis heute aber gerade einmal 356<br />
Kilometer asphaltiert und gebaut.<br />
Schuld daran könnten allerdings auch<br />
die politischen und wirtschaftlichen<br />
Strukturen der DRC sein. Dazu<br />
kommt, dass man Präsident Félix<br />
Tshisekedi eine größere Nähe zu den<br />
USA nachsagt als seinem Vorgänger.<br />
Viele afrikanische Staaten schätzen das<br />
chinesische Engagement in Infrastrukturprojekten<br />
wie Straßen und Eisenbahnen.<br />
Diese Form der Unterstützung<br />
reicht lange zurück. In der ersten<br />
Hälfte der 1970er-Jahre wurde mit der<br />
Tansania-Sambia-Eisenbahnstrecke<br />
CHINESISCHE BLAU-<br />
HELMSOLDATEN<br />
Seit mehr als 30 Jahren<br />
engagiert sich China in<br />
Blauhelm-Missionen der<br />
Vereinen Nationen in<br />
afrikanischen Ländern,<br />
etwa in Mali oder wie im<br />
Südsudan (großes Bild<br />
und Bild rechts).<br />
Zentralsambia mit dem Hafen von<br />
Daressalam in Tansania verbunden. Im<br />
21. Jahrhundert wurde die Eisenbahnlinie<br />
von der äthiopischen Hauptstadt<br />
Addis Abeba nach Dschibuti ebenfalls<br />
von China gebaut und 2018 für den<br />
Personen-, Güter- und Warenverkehr<br />
eröffnet.<br />
Es ist aber buchstäblich nicht alles<br />
Gold, was glänzt. In Sambia haben chinesische<br />
Unternehmen sehr viel in die<br />
Bergbauindustrie investiert. Allerdings<br />
gibt es immer wieder Auseinandersetzungen<br />
zwischen Unternehmen und<br />
Arbeitnehmern sowie Anschuldigungen<br />
wegen illegaler Abbaupraktiken,<br />
Kinderarbeit und nicht bezahlter<br />
Löhne, die zu Interventionen und<br />
Auseinandersetzungen auf hoher<br />
politischer Ebene führen.<br />
Zu den negativen Auswirkungen der<br />
verstärkten Kooperation gehört auch<br />
der hochprofitable Handel mit gefährdeten<br />
Wildtieren oder Teilen von ihnen.<br />
Auswirkungen der Wilderei sind auf<br />
dem gesamten Kontinent spürbar. Die<br />
Nachfrage aus China, aber auch anderen<br />
asiatischen Staaten nach Stoßzähnen<br />
von Elefanten, Nashornhörnern<br />
und Schuppentieren, die in der traditionellen<br />
chinesischen Medizin verwendet<br />
werden, bringt einige Arten an<br />
den Rand der Ausrottung. Da sowohl<br />
der legale, besonders aber der illegale<br />
Handel hohe Profite verspricht, werden<br />
die Anstrengungen zum Schutz<br />
in den kommenden Jahren erhöht<br />
werden müssen.<br />
Im militärischen Bereich ist vor allem<br />
die Militärbasis in Dschibuti zu nennen,<br />
die 2017 für zehn Jahre geleast<br />
wurde. China folgte damit anderen<br />
Nationen, die ebenfalls in Dschibuti<br />
Militärbasen unterhalten. Das Engagement<br />
unterstreicht die Bedeutung des<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 1 4 W E L T & S T R A T E G I E<br />
FUSS IN AFRIKA In Dschibuti,<br />
strategisch vorteilhaft am Golf von<br />
Aden gelegen, eröffnete China 2017<br />
seine erste ausländische Militärbasis<br />
(Bild hier und Bild rechts).<br />
Bab al-Mandab, des Roten Meeres und<br />
des Suezkanals für den internationalen<br />
Handel. Wie wichtig und gleichzeitig<br />
verwundbar dieser Seeweg ist, zeigte<br />
sich, als das Containerschiff „Ever Given“<br />
im vergangenen März auf Grund<br />
lief und ihn für einige Tage blockierte.<br />
Daneben engagiert sich China bereits<br />
seit 1989 in UN Peacekeepingmissionen<br />
auf dem Kontinent. Beim China-<br />
Africa Peace and Security Forum 2019<br />
versprach China Geld für Frieden und<br />
Sicherheit sowie Militärhilfe für die<br />
Afrikanische Union (AU) zur Verfügung<br />
zu stellen. In Afrika mehren sich<br />
allerdings die Stimmen, dass aufgrund<br />
der unterschiedlichen Interessen der<br />
Staaten und Regionen ein gemeinsames<br />
Auftreten mit gemeinsamen Interessen<br />
auch künftig schwierig sein<br />
werde. Dies könnte dazu führen, dass<br />
bilaterale Vereinbarungen in Zukunft<br />
mehr Bedeutung bekommen.<br />
In den internationalen Beziehungen<br />
will China, wie Präsident Xi Jinping bei<br />
der diesjährigen Vollversammlung der<br />
Vereinten Nationen ausführte, auf gegenseitigen<br />
Respekt, Kooperation und<br />
gemeinsamen Nutzen setzen. Dies soll<br />
mit verstärkter Solidarität umgesetzt<br />
werden. Einmal mehr sprach er sich<br />
gegen fremde Militärinterventionen<br />
aus. Die Rhetorik von Kooperation<br />
und Freundschaft kommt in vielen<br />
Teilen Afrikas nach wie vor gut an.<br />
Allerdings zeigt sich während der<br />
Covid-19-Pandemie, dass China auch<br />
tatsächlich gewillt ist, diese Politik umzusetzen.<br />
Staaten mit langjährigen Beziehungen<br />
zu China erhielten bereits<br />
sehr früh erste Lieferungen des Sinovac-Impfstoffs.<br />
Und auch wenn es in<br />
vielen afrikanischen Staaten Probleme<br />
mit der Lagerung und Verteilung gab,<br />
wird von afrikanischer Seite ebenfalls<br />
darauf hingewiesen, dass China reagiert<br />
habe, während der sogenannte<br />
Westen Impfstoffe hortete.<br />
CORONA-DIPLOMATIE Viele Länder Afrikas kamen<br />
in den vergangenen Monaten nur schwer an Corona-<br />
Impfstoffe. An diese Staaten spendete oder verkaufte<br />
China seine Vakzine und sicherte sich über die Impf -<br />
diplomatie Macht und Einfluss.<br />
FOTO S : P I C T U R E D E S K , G E T T Y I M AG E S<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I F K - A N A LY S E<br />
UMGARNT Bei jeder Gelegenheit wirbt der chinesische<br />
Staatschef Xi Jinping für engere wirtschaftliche<br />
Beziehungen zwischen Afrika und China.<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen,<br />
dass China ein wichtiger Partner für<br />
viele afrikanische Staaten ist. Das<br />
chinesische Engagement in Afrika ist<br />
insofern eine Herausforderung, als zur<br />
Zeit des Kalten Krieges die „Claims“<br />
in Afrika abgesteckt waren. Mit dem<br />
wirtschaftlichen Aufstieg Chinas war<br />
es nur eine Frage der Zeit, bis sich<br />
externe Akteure in Afrika von einem<br />
weiteren Mitbewerber herausgefordert<br />
fühlten. Als geopolitischer Akteur versucht<br />
China jedenfalls seine Interessen<br />
in Afrika umzusetzen, mit einem Konzept,<br />
das sich von anderen Akteuren<br />
möglicherweise unterscheidet.<br />
Der Autor ist wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am IFK mit Forschungsschwerpunkt<br />
Afrika.
0 1 6 h e e r & M e h r<br />
LÖSCH ÜBUNG<br />
Brennende Wälder in Italien, Griechenland, Spanien, der Türkei, Sibirien und Kalifornien sorgten<br />
in den vergangenen Monaten weltweit für traurige Schlagzeilen. Auch hierzulande steigt<br />
die Zahl der Waldbrände seit Jahren. Um sich auf die immer häufiger auftretenden und immer<br />
größere Flächen bedrohenden Brände vorzubereiten, hielt der Katastrophenhilfsdienst Ende<br />
August am Ötscher eine groß angelegte Waldbrandübung mit knapp 300 Übenden ab. Neben<br />
den örtlichen Feuerwehren waren auch drei Katastrophenhilfsdienstzüge, die Sonderdienste<br />
Wald- und Flurbrandbekämpfung sowie zwei Bundesheer-Hubschrauber bei der Übung dabei.<br />
Ein S-70 Black Hawk und eine Alouette III unterstützten die Florianis am Boden.<br />
BLACKOUT-EVENT AUF<br />
DER DONAUBÜHNE TULLN<br />
das thema „blackout“ wird als einsatzrealistisches<br />
szenario für das bundesheer immer wichtiger. ein<br />
europaweiter strom-, infrastruktur- sowie Versorgungsausfall<br />
ist ein wahrscheinliches und gleichzeitig<br />
unterschätztes risiko. Mit einer knapp eineinhalbstündigen<br />
Aufführung mit zahlreichen live-performances<br />
hat das bundesheer daher am 30. september<br />
abends auf der donaubühne in tulln auf das thema<br />
aufmerksam gemacht. in der live-Vorführung waren<br />
militärische luft- und spezialfahrzeuge gemeinsam<br />
mit polizeieinsatzkräften und Kräften der Freiwilligen<br />
Feuerwehren sowie des Zivilschutzes bei der bewältigung<br />
eines „blackout“-szenarios zu sehen.<br />
Foto s : A l e x A n d e r h A i d e n , b u n d e s h e e r 7 p u s c h ,<br />
b u n d e s h e e r / A i r p ow e r , b u n d e s h e e r / g o r u p<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
N E W S A U S D E N S T R E I T K R Ä F T E N<br />
VORSCHAU AUF DIE „AIRPOWER 22“<br />
Es bleibt beim geplanten 3-Jahres-Rhythmus: Nach der „Airpower“ im<br />
Jahr 2019 findet die Flugshow des Bundesheeres im kommenden Jahr<br />
bereits zum zehnten Mal statt. Wir haben mit dem Projektleiter, Brigadier<br />
Wolfgang Prieler, über den Stand der Vorbereitungen gesprochen.<br />
MILITÄR TRIFFT<br />
WIRTSCHAFT<br />
Das Bundesheer hat gemeinsam mit der<br />
TÜV Austria Akademie ein Modell zur Zertifizierung<br />
von militärischen Qualifikationen<br />
entwickelt. Damit können militärisch erworbene<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten ins Zivile<br />
übersetzt und nach internationalen Normen<br />
sichtbar und nutzbar gemacht werden. In<br />
weiterer Folge soll das Projekt auch mit<br />
der Wirtschaftskammer verknüpft und ein<br />
politisch übergreifender Konsens gefunden<br />
werden. Mit dieser Zertifizierung soll die<br />
Akzeptanz der Miliztätigkeit in Unternehmen<br />
verbessert werden. Ein erworbenes<br />
Zertifikat ist zwei Jahre gültig.<br />
Herr Brigadier, worin soll sich die „Airpower 22“ von den bisherigen<br />
„Airpowers“ unterscheiden?<br />
Die „Airpower 22“ wird die Erfolgsgeschichte der Veranstaltungsreihe<br />
weiterschreiben, sie ist ja die bereits die zehnte „Airpower“ und damit<br />
so etwas wie eine Jubiläumsveranstaltung. Sie wird aus einer militärischen<br />
Leistungsschau am Boden, Vorführungen der österreichischen<br />
Luftstreitkräfte, internationaler militärischer Kunstflugstaffeln und<br />
Teilnehmern aus dem Bereich der Zivilluftfahrt bestehen. Wir haben<br />
uns dabei einen wesentlichen Schwerpunkt gesetzt und streben<br />
tatsächlich die Umsetzung als nationales und internationales „Role<br />
Model“ für einen nachhaltigen Großevent an.<br />
Es soll auch einen neuen Ausstellungsbereich heimischer Firmen<br />
geben, die im Luft- und Weltraumbereich forschen und produzieren.<br />
Ja, auch das ist ein Schwerpunkt. Die „Airpower 22“ wird im Rahmen<br />
einer gemeinsamen Ausstellung neueste luftfahrtrelevante Technologien,<br />
Entwicklungen und Innovationen, etwa im Bereich Nachhaltigkeit,<br />
aber auch in den Bereichen Electric Aircraft und Urban Air<br />
Mobility, präsentieren.<br />
Einladungen an Luftwaffen und Staffeln wurden bereits vor Wochen<br />
verschickt – gibt es schon erste Rückmeldungen?<br />
Wir haben bereits erste informelle Kontakte und Anfragen, für konkrete<br />
Aussagen ist es aber noch zu früh. Durch den coronabedingten<br />
Ausfall vieler internationaler Airshows in den vergangenen Monaten<br />
ist aber mit einer guten Beteiligung bekannter Staffeln zu rechnen.<br />
Welche Aufgaben stehen für Sie und Ihr Organisationsteam in den<br />
kommenden Wochen auf der Agenda ganz weit oben?<br />
Wir sind mitten in der Planungsphase und arbeiten mit unseren Partnern<br />
Red Bull und dem Land Steiermark am konkreten Durchführungsplan.<br />
Und wir arbeiten bereits mit unabhängigen Experten an<br />
einem umfassenden Nachhaltigkeitskonzept, weil wir schon bei der<br />
Planung, bei allen Ausschreibungen und während der Organisation die<br />
Aspekte Klimaschutz und Nachhaltigkeit effektiv umsetzen werden.<br />
„Greenwashing“ ist uns zu wenig, wir werden das in allen Bereichen<br />
konkret umsetzen – bis hin zu einem nachhaltigen Verkehrskonzept.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 1 8 H E E R &<br />
M<br />
E H R<br />
MUSIK<br />
MIT MARSCH<br />
Vom Staatsbesuch bis zum Ball sorgt die Gardemusik für den richtigen Sound.<br />
Die meisten Musiker sind Grundwehrdiener mit Kapell-Erfahrung.<br />
Text: STEFAN TESCH<br />
Bilder: SEBASTIAN FREILER<br />
enn das keine<br />
W<br />
eindeutige Ansage<br />
ist: „Die<br />
Posaune muss<br />
knallen, dass<br />
die Dachziegel<br />
wegfliegen“. Weiter geht es mit „zwei<br />
Takte vor 126 noch mehr andrücken“.<br />
Damit der Walkürenritt pfiffig klingt,<br />
steckt Kapellmeister und Chef der<br />
Gardemusik Oberst Bernhard Heher<br />
bei der Probe sichtlich viel Herzblut<br />
hinein.<br />
Auf einem Podest erhaben sitzt er vor<br />
seinem Orchester im Proberaum. Ein<br />
paar Takte spielen, Wiederholung, andere<br />
Version, zurück an den Start. Musik<br />
ist harte Arbeit, so viel steht fest. Zu<br />
Dirigentenstab und geschultem Gehör<br />
bringt Heher die notwendige Portion<br />
Feingefühl fürs Menschliche mit: „Ich<br />
bin Entertainer, Psychologe und Geistlicher“,<br />
scherzt der gebürtige Niederösterreicher.<br />
Seit 2001 ist er Kommandant<br />
der Gardemusik in Wien, mit der Maria-<br />
Theresien-Kaserne (MTK) als Heimat.<br />
Ihm unterstehen knapp 80 Bläser, Klavierspieler<br />
und Trommler sowie Streicher.<br />
Der Großteil davon sind Grundwehrdiener,<br />
die 13 Monate Dienst versehen.<br />
Hinzu kommen einige Unteroffiziere<br />
als Kader.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
T R U P P E N B E S U C H<br />
DIE GARDEMUSIK<br />
GROSSE BANDBREITE & SCHNELL<br />
EINSATZBEREIT Rund 20.000 Stücke<br />
umfasst das Notenarchiv. Wenn es rasch<br />
gehen muss, ist ein Stück in zwei Tagen<br />
zur Aufführung bereit.<br />
Die Garademusik ist in Wien in der<br />
Maria-Theresien-Kaserne (MTK)<br />
stationiert und ist in die Garde wie<br />
eine Kompanie eingegliedert.<br />
Sie besteht aus rund 80 Musikern,<br />
ein Großteil davon sind Grundwehrdiener.<br />
Voraussetzung für den<br />
Eintritt ist es, seinen Grundwehrdienst<br />
um sieben Monate zu verlängern.<br />
Ebenso müssen die Musiker<br />
beim Einrücken schon ein Instrument<br />
beherrschen. Zum Orchester<br />
gehören auch Unteroffiziere, die<br />
zusätzlich bei der Ausbildung von<br />
Kaderpersonal mitarbeiten.<br />
Die Gardemusik spielt „alles“ von<br />
Operetten bis Märschen, modernen<br />
Stücken und Jazz. Typische Einsätze<br />
sind Staatsbesuche, Bälle, Begräbnisse,<br />
Angelobungen. An Instrumenten<br />
sind im Orchester unter anderem<br />
Klarinette, Trompete, Fagott, Oboe,<br />
Flöte, Querflöte, Tuba, Trommel,<br />
Posaune, Becken, Saxofon, Klavier<br />
sowie diverse Streichinstrumente<br />
zu finden.<br />
Heute im Proberaum, morgen bei einem<br />
Staatsbesuch. Wohin immer auch die<br />
Ehrenkompanie der Garde österreichweit<br />
ausrückt, ist die „hauseigene“<br />
Musik dabei und sorgt für den passenden<br />
Sound. „Wir spielen in der Hofburg,<br />
bei den Paralympics, auf Bällen und oft<br />
auf Benefizveranstaltungen“, erzählt<br />
Heher über die Einsatzgebiete. Während<br />
man im August urlaubt, ist das Orchester<br />
in den übrigen Monaten viel auf<br />
Achse. Fünf bis sechs Stunden proben<br />
die Musiker dafür täglich, sowohl im<br />
Orchesterrahmen, als auch in den einzelnen<br />
Kojen. „Ohne Klimaanlage ist das<br />
im Sommer extrem heiß“, so<br />
Heher, der kein gutes Wort<br />
über das in die Jahre gekommene<br />
Gebäude verliert. Weil<br />
das Heeresnachrichtenamt gleich<br />
daneben residiert, sind offene Fenster<br />
während der Proben tabu.<br />
Wien<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 2 0 H E E R & M E H R<br />
Zurück zum Walkürenritt von Richard<br />
Wagner, den das Orchester beim Besuch<br />
von Militär Aktuell probt. Ein theatralisches<br />
Stück, das man auch als Filmmusik<br />
kennt. „Militärmusik verbindet man<br />
mit Märschen, aber wir spielen alles!<br />
Von der Operette bis zu James Bond“,<br />
veranschaulicht es Heher. Für Bälle stellt<br />
man zudem eine Big Band.<br />
man an seinem von der Sonne gebleichten<br />
Barett in scharlachrot. Ein spannender<br />
Job mit viel Abwechslung, bei<br />
Staatsbesuchen und Co steht der Musikmeister<br />
als Frontmann im Rampenlicht.<br />
Zudem fungiert Springer auch als Lehr-<br />
Unteroffizier. Zwar ist die Gardemusik<br />
keine Schule, aber sie ist Ausbildungsstätte<br />
für angehende Stabsunteroffiziere.<br />
22 Ausbildungstage dauert es bis zum<br />
„Registerführer“, was etwa mit einem<br />
Zugskommandanten vergleichbar ist.<br />
Unter den Musikern weilen verschiedene<br />
Talente. Aber nicht alle sind auf dem<br />
gleichen Level, denn die Grundwehrdiener<br />
kommen in der Regel aus diversen<br />
Musikvereinen aus ganz Österreich. Um<br />
bei Heher anzuheuern, muss man ein<br />
Instrument einigermaßen (vor)spielen<br />
können, den Rest lernt man bei der<br />
Garde. Wie zum Beispiel „Musik in<br />
Bewegung“, also Spielen während des<br />
Marschierens im Schritt. Verantwortlich<br />
dafür ist Vizeleutnant Gerald Springer,<br />
seines Zeichens Musikmeister. Er plant<br />
die Ausrückungen der Gardemusik, vergattert<br />
vor Ort die Musiker und führt sie<br />
mit dem Taktstock (Tambour) als marschierender<br />
Dirigent durch die Auftritte.<br />
„Trompeten und Flügelhörner marschieren<br />
meist ganz vorne, Trommeln weiter<br />
hinten, dazwischen Holzbläser“, schildert<br />
er. Dass er viel draußen ist, sieht<br />
engagierT Oberst Bernhard Heher, 58, ist seit 2001 Kommandant der Gardemusik und<br />
gleichzeitig Heeresmusikchef für ganz Österreich. Der studierte Instrumentalpädagoge,<br />
Dirigent und Klarinettenspieler ist ebenso Mitglied der Wiener Johann Strauss-Gesellschaft.<br />
„Wir sind mittlerweile drei Frauen im Orchester“<br />
gefreiTe VikToria Waldbauer<br />
ist Klarinettenspielerin bei der<br />
Gardemusik.<br />
Welche instrumente spielen Sie?<br />
Klarinette ist mein Hauptinstrument, aber ich<br />
spiele auch Klavier, Gitarre und Saxofon.<br />
Warum haben Sie sich für die gardemusik<br />
entschieden?<br />
Ich war in der Musikschule und wollte etwas<br />
mit Musik weitermachen. Ich habe durch<br />
Freunde von der Gardemusik erfahren, habe<br />
mich dann zum Vorspielen gemeldet und<br />
wurde genommen. Im Jänner bin ich dann<br />
zur 4. Gardekompanie in Horn zur Grundausbildung<br />
eingerückt.<br />
Worin unterscheidet sich das militärische<br />
vom zivilen musizieren?<br />
Beim Heer ist es viel strenger. Wenn der Herr<br />
Oberst etwas verlangt, dann muss das einheitlich<br />
und schnell umgesetzt werden. Im<br />
Zivilen ist das nicht so.<br />
Wie lange ist die eingewöhnungsphase<br />
in den militärischen musikbetrieb, auch<br />
was das exerzieren betrifft?<br />
Es gibt keine Eingewöhnungsphase. Man<br />
wird ins kalte Wasser gestoßen, aber lernt<br />
es sehr schnell. Ich spiele ja in zwei Musikvereinen,<br />
daher habe ich schon ein bisschen<br />
Erfahrung mit dem Marschieren.<br />
Wie gefällt es ihnen bei der gardemusik?<br />
Es ist echt cool und es ist mir eine Ehre, dabei<br />
zu sein. Ich bin hier unter Gleichgesinnten,<br />
wir verstehen uns gut und ich lerne Leute aus<br />
ganz Österreich kennen. Mittlerweile sind<br />
wir sogar schon drei Frauen im Orchester.<br />
Was war für Sie der schönste moment?<br />
Als wir im Lockdown in einem Altersheim eine<br />
kleine Tanzmusik spielten. Die Leute haben<br />
sich so gefreut, dass es Unterhaltung gibt.<br />
m i l i T ä r a k T u e l l
HARTE ARBEIT Bis zu sechs Stunden täglich proben die Gardemusiker<br />
– sowohl im Orchester wie auch alleine in Kojen.<br />
Beim Lokalaugenschein im Klassenzimmer zeigt sich:<br />
„Dirigieren, Formlehre, Musikgeschichte, Harmonielehre.<br />
Man lernt, wie Akkorde aufgeschlüsselt sind<br />
und wie Werke konstruiert sind“, beschreibt es Heher,<br />
während einer der Kursteilnehmer gerade an der Tafel<br />
Noten schreibt.<br />
Gute Ausbildung kommt der Gardemusik nicht nur in<br />
den eigenen Reihen zugute, denn die insgesamt neun<br />
Militärmusiken (je eine pro Bundesland) ziehen an<br />
einem Strang und helfen gegenseitig aus, wenn Not am<br />
Mann ist. Ihrer aller Boss ist ebenso Heher, denn er<br />
bekleidet zusätzlich die Funktion als Militärmusikchef<br />
in Österreich. „Von der Instrumentenbeschaffung bis<br />
zum Personal; ich bin der Vater für alles“, meint er mit<br />
einem Schmunzeln. Dazu gehört auch, dass Heher<br />
Stücke wie den Heinz-Fischer-Marsch, den Gerald-<br />
Klug-Marsch und den Van-der-Bellen-Marsch selbst<br />
komponiert. „Ich schaue mir unter anderem an, welche<br />
Hobbys ein Mensch hat, für den ich komponiere.<br />
„Heinz Fischer wandert gerne, daher habe ich Jodelmotive<br />
eingebaut“, verrät der studierte Musiker. Dies<br />
passiert allerdings so geschickt, dass es der Laie nicht<br />
heraushört. Ein Klaudia-Tanner-Marsch liegt übrigens<br />
in der Schublade, wurde aber noch nicht veröffentlicht.<br />
Nur ungern erinnert sich Heher an die Zeit vor gut<br />
einem halben Jahrzehnt, als bei der Militärmusik der<br />
Sparstift angesetzt wurde: „Höchst peinlich. Es waren<br />
nur mehr verstärke Miniaturorchester übrig.“ Bald aber<br />
ging es wieder bergauf. Seither bilden die Militärmusiken,<br />
die zu den Militärkommanden gehören, ihre<br />
Grundwehrdiener vom ersten Tag an – also inklusive<br />
Gefechtsdienst – selbst aus. Ausnahme bildet die<br />
Gardemusik, da diese ja kämpfende Kompanien im<br />
eigenen Haus hat.<br />
Die Nähe zur kämpfenden Truppe blieb auch Ende<br />
September erhalten, als die Gardemusik auf der<br />
Donaubühne in Tulln den Sound für die Veranstaltung<br />
„Blackout – Der Herzschlag-Event unserer Republik“<br />
lieferte. Zur Live-Vorführung von Fahrzeugen, Infanterie<br />
und Luftfahrzeugen durfte der Donauwalzer natürlich<br />
nicht fehlen.
0 2 2 H E E R &<br />
M<br />
E H R<br />
ALLES GUTE<br />
KOMMT VON<br />
OBEN<br />
Im Fall eines technischen Gebrechens bei einem Sessellift oder einer Seilbahn kommt<br />
es im Winter auf jede Minute an. Gemeinsam mit Liftbetreibergesellschaft, Feuerwehr<br />
und Bergrettung trainierte das Bundesheer daher kürzlich den Ablauf und die<br />
Koordination eines Rettungseinsatzes. Text: JÜRGEN ZACHARIAS Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />
s ist gerade 14.30 Uhr,<br />
E<br />
als plötzlich nichts<br />
mehr geht. Wie sich<br />
später herausstellen<br />
wird, hat ein Lagerschaden<br />
bei der Umlenkrolle<br />
den Rosenkranz-Sessellift<br />
am Kreischberg im obersteirischen<br />
Bezirk Murau zum Stehen gebracht.<br />
Rund 150 Snowboarder und Skifahrer<br />
sitzen nun teils dutzende Meter über<br />
dem Boden fest. Zuerst gehen die<br />
Wintersportler von einer kurzen Pause<br />
aus. Sie blicken abwechselnd in<br />
Richtung Berg- und Talstation, scherzen<br />
miteinander und lachen. Bald<br />
aber schon wird klar: Der Lift ist<br />
defekt, ein Weiterkommen nicht möglich.<br />
Ein Albtraum! Zugleich aber der<br />
Startschuss für einen spektakulären<br />
Rettungseinsatz, der nicht nur allen<br />
nationalen Medien, sondern auch<br />
Spiegel, ZDF, Bild, Focus und sogar<br />
CNN und der BBC Berichte wert ist.<br />
Gemeinsam mit Einsatzkräften der<br />
Bergrettung, der Feuerwehr und des<br />
Seilbahnbetreibers befreien sechs<br />
Hubschrauberteams (drei Alouette III<br />
des Bundesheeres, zwei Hubschrauber<br />
des Innenministeriums und ein<br />
ÖAMTC-Helikopter) die Wintersportler<br />
aus ihrer misslichen Lage.<br />
Flugretter seilen die Skifahrer und<br />
Snowboarder ab oder lassen sich<br />
gemeinsam mit ihnen von den Hubschraubern<br />
aus den Sesseln heben.<br />
Gegen 17.15 Uhr wird der Rettungseinsatz<br />
erfolgreich beendet.<br />
„Die Leute hatten damals Glück im<br />
Unglück“, erinnert sich Flugretter Major<br />
Ulf Remp dreieinhalb Jahre später<br />
im Gespräch mit Militär Aktuell an<br />
die Ereignisse vom 29. Jänner 2018.<br />
„Die Sonne schien, es war praktisch<br />
windstill und vergleichsweise warm.<br />
Wären die Temperaturen nur um ein<br />
paar Grad niedriger gewesen, hätte<br />
das ganz anders ausgehen können.“<br />
Um im Fall unwirtlicherer Bedingungen<br />
(bei hohen Minustemperaturen<br />
und starkem Wind drohen schon<br />
nach kurzer Zeit Unterkühlungen<br />
und Erfrierungen, Panikreaktionen<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
R E P O R TA G E<br />
wie Herabspringen könnten die Folge<br />
sein!) noch schneller und effizienter<br />
reagieren zu können als damals und<br />
vor allem aber mit Liftbergungen vertraute<br />
Flugretter zu haben, organisierte<br />
die Heeresflugrettereinsatzgruppe<br />
Süd kürzlich eine groß angelegte Liftbergeübung<br />
in St. Oswald in der Gemeinde<br />
Bad Kleinkirchheim. Gemeinsam<br />
mit Bergrettung, Feuerwehr und<br />
Personal des Liftbetreibers trainierten<br />
rot-weiß-rote Soldaten dabei intensiv<br />
die Rettung eingeschlossener Personen<br />
aus Seilbahn-Gondeln.<br />
Einweisung beim Parkplatz Brunnach,<br />
wenige Meter neben der Talstation<br />
der Biosphärenparkbahn in St. Oswald.<br />
Einsatzleiter Vizeleutnant Hubert<br />
Schuster, der 2018 selbst als Flugretter<br />
am Kreischberg dabei war, macht die<br />
Teilnehmer auf die Besonderheiten<br />
des Terrains und die Schwerpunkte<br />
der geplanten Liftbergeübung aufmerksam.<br />
Es sollen mehrere Gondeln<br />
beübt und die Dutzenden darin eingeschlossenen<br />
Personen gerettet werden,<br />
so Schuster. „Dabei geht es vor<br />
allem um ein Training der Abläufe,<br />
aber auch um eine möglichst gute<br />
Koordination aller an der Übung Beteiligten<br />
und um die Abstimmung der<br />
verschiedenen Herangehensweisen.“<br />
Während sich die Mitarbeiter des Liftbetreibers<br />
mithilfe sogenannter Seilfahrgeräte<br />
über die Liftstützen und<br />
das Tragseil den Gondeln nähern und<br />
die darin befindlichen Personen auf<br />
den Boden abseilen, setzen die beteiligten<br />
Bundesheer-Helikopter (zwei<br />
Alouette III und eine AB212) Flugretter<br />
direkt auf den Gondeln ab und<br />
nehmen sie wenig später gemeinsam<br />
mit Geretteten aus den Kabinen<br />
wieder auf.<br />
Zu beobachten ist das wenige Minuten<br />
später, nachdem die erste Alouette<br />
III von einer Wiese neben dem Parkplatz<br />
in Richtung Seilbahn abgehoben<br />
hat. An Bord mehrere Flugretter des<br />
Bundesheeres, die kurz darauf mithilfe<br />
der Seilwinde des Helikopters auf<br />
die Dächer von Gondeln steigen, dort<br />
manuell mit einem Hebel die Türen<br />
zu den Fahrkabinen öffnen und zu<br />
den Eingeschlossenen in die Kabinen<br />
klettern. „Das sieht natürlich spektakulär<br />
aus und ist für die Soldaten gar<br />
nicht so ungefährlich“, sagt Hauptmann<br />
Gerald Schumer, Kommandant<br />
der an der Übung beteiligten Flugrettereinsatzgruppe<br />
Süd. Vor allem die<br />
Tragseile stellen für Flugretter und<br />
Hubschraubercrews eine Gefahr dar.<br />
„Um das Risiko so gering wie möglich<br />
zu halten, muss der Pilot exakt fliegen<br />
und auch bei möglicherweise böigem<br />
Wind eine saubere Schwebeposition<br />
halten“, erklärt Schuster. „Unter<br />
dem Strich üben wir hier ein für alle<br />
Beteiligten sehr komplexes Szenario.“<br />
Hauptmann Andreas P., Pilot einer<br />
AB212, bestätigt diese Aussage: „In<br />
den Bergen können sich die Windverhältnisse<br />
schlagartig ändern, was unsere<br />
Arbeit natürlich nicht leichter<br />
macht. Dazu kommt, dass wir kaum<br />
optische Anhaltspunkte haben, an<br />
denen wir uns orientieren können.<br />
PERFEKT ORGANI-<br />
SIERTER ABLAUF<br />
Einsatzleiter Vizeleutnant<br />
Hubert Schuster (Bild<br />
oben) zeigt sich zufrieden<br />
mit der Übung und<br />
dem Zusammenspiel von<br />
Bundesheer, Bergrettung,<br />
Liftbetreiber und<br />
Feuerwehr.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 2 4 H E E R &<br />
M<br />
E H R<br />
Das Liftseil, Bäume in der unmittelbaren<br />
Umgebung und selbst die Gondeln<br />
bewegen sich durch den<br />
Downwash des Hubschraubers, fallen<br />
also als Bezugspunkte aus.“ Entscheidend<br />
für einen erfolgreichen Einsatz<br />
ist laut dem Pilot auch die Arbeit des<br />
Bordtechnikers und die Kommunikation<br />
der Hubschraubercrew miteinander:<br />
„Wir operieren mit dem Windenseil<br />
in unmittelbarer Nähe der Tragseile<br />
der Seilbahn. Da können schon<br />
wenige Zentimeter viel ausmachen<br />
und wenn da auch nur eine Kleinigkeit<br />
schiefgeht oder wir uns an Bord<br />
schlecht absprechen, kann das schnell<br />
sehr unschön werden.“<br />
Bislang läuft aber alles zur vollsten<br />
Zufriedenheit von Einsatzleiter Vizeleutnant<br />
Hubert Schuster. Regelmäßig<br />
starten und landen Bundesheer-Helikopter<br />
im Tal, setzen Gerettete ab<br />
und nehmen Flugretter auf: „Wir<br />
konnten in relativ kurzer Zeit bereits<br />
viele Personen aus den Gondeln retten“,<br />
sagt Schuster. „Die Abläufe funktionieren<br />
von Beginn weg sehr gut,<br />
die Zuständigkeiten sind klar geregelt.“<br />
Zeit, um mit Stabswachtmeister<br />
Philipp Heidenreich vom Jägerbataillon<br />
25 zu sprechen. Der Flugretter<br />
hat gerade selbst eine Person aus einer<br />
Gondel gerettet und weist nun auf<br />
einen Aspekt hin, der im Ernstfall zu<br />
berücksichtigen ist, hier und heute<br />
aber nicht geübt werden kann: Der<br />
Faktor Stress. „Wenn Leute schon<br />
lange Zeit auf Rettung warten, möglicherweise<br />
stark unterkühlt und von<br />
der Situation mitgenommen sind,<br />
dann sind sie natürlich sehr emotional<br />
und aufgeregt. Unsere Aufgabe ist es<br />
dann, sie unbeschadet in Sicherheit zu<br />
bringen, sie aber auch zu beruhigen,<br />
ihnen gut zuzureden und ein Vertrauensverhältnis<br />
aufzubauen. Dahingehend<br />
haben wir in vielen Einsätzen<br />
viel Erfahrung sammeln können.“<br />
Apropos Erfahrungen sammeln. Einsatzleiter<br />
Hubert Schuster will die<br />
heutige Übung auch zur Erarbeitung<br />
systemischer Abläufe nützen, die in<br />
Zukunft bei ähnlich gelagerten Einsätzen<br />
zur Anwendung kommen können<br />
und auch in der Herresflugretterausbildung<br />
implementiert werden sollen.<br />
„Wir wollen den größtmöglichen Nutzen<br />
aus der Übung ziehen und damit<br />
in Zukunft unsere Einsatzführung<br />
noch besser gestalten“, sagt Schuster<br />
abschließend. Nachsatz: „Unser Ziel<br />
muss es sein, im Fall eines derartigen<br />
Szenarios so schnell wie möglich zu<br />
helfen und dabei die Sicherheit aller<br />
Beteiligten bestmöglich zu gewährleisten.“<br />
KOMPLEXE SITUATION<br />
Für AB212-Pilot Hauptmann<br />
Andreas S. ist das Zusammenspiel<br />
mit Bordtechniker<br />
Stefan R. (bild links) für einen<br />
erfolgreichen Einsatz entscheidend.<br />
Hauptmann Gerald<br />
Schumer, Kommandant<br />
der Flugrettereinsatzgruppe<br />
Süd (Bild rechts oben), weist<br />
auf die Notwendigkeit einer<br />
engen Kooperation und<br />
guten Zusammenarbeit von<br />
Bundesheer, Liftbetreiber,<br />
Bergrettung und Feuerwehr<br />
hin. „Alle Beteiligten müssen<br />
an einem Strang ziehen und<br />
sich aufeinander verlassen<br />
können.“<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
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0 2 6 H E E R & M E H R<br />
Was bringt die<br />
Strukturanpassung,<br />
Herr General?“<br />
Am 15. Juni hat Verteidigungsministerin Klaudia Tanner<br />
die Änderung der Struktur der Zentralstelle angeordnet.<br />
Das Motto lautet „weniger Verwaltung, mehr Truppe“.<br />
Was das unter dem Strich bedeutet? Wir haben bei<br />
Generalstabschef Robert Brieger nachgefragt.<br />
Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
Herr General, was ist der<br />
Kern der geplanten<br />
Strukturanpassung?<br />
Welche Ziele sollen<br />
damit erreicht werden?<br />
Die Absicht ist es, das<br />
Ministerium schlanker zu machen, auf<br />
die vorwiegend administrativen verwaltungsmäßigen<br />
Belange zu beschränken<br />
und die Zentralstelle personell zu entlasten.<br />
Im Gegenzug soll der Truppe mehr<br />
Personal zur Verfügung gestellt werden.<br />
Es geht also um eine Ressourcenverschiebung?<br />
Genau. Durch Pensionsabgänge und die<br />
Bündelung von Aufgaben, die bislang im<br />
System mehrfach abgebildet waren, soll<br />
unter dem Strich Personal frei und in<br />
Richtung Truppe verschoben werden.<br />
Ziel ist es, dass oberhalb der Truppenebene<br />
in Zukunft eine Aufgabe nur<br />
mehr einmal wahrgenommen wird. Der<br />
Generalstab wird zudem nur mit seinen<br />
Spitzenfunktionären Teil des Ministeriums<br />
bleiben und das Personal der neun<br />
Direktionen im Wesentlichen im nachgeordneten<br />
Bereich abgebildet.<br />
Lässt sich Personal aus der Verwaltung<br />
einfach bei der Truppe eingliedern?<br />
Das ist natürlich nicht einfach und um<br />
das zu „dekonflikten“, haben wir auch<br />
eine tiefgehende Analyse angestellt, mit<br />
der Aufgaben klarer gefasst und mit<br />
Vollbeschäftigungsäquivalenten hinterlegt<br />
wurden. Einige Wechsel werden<br />
leichter vonstattengehen, weil die betroffenen<br />
Personen über die notwendigen<br />
Qualitäten bereits verfügen, bei anderen<br />
wird es Umschulungsmaßnahmen brauchen.<br />
Lässt sich die geplante Personalverschiebung<br />
quantifizieren?<br />
Die politische Vorgabe ist es, dass auf<br />
Basis der zuvor erwähnten Aufgabenanalyse<br />
in allen Direktionen vom errechneten<br />
Personalbedarf 15 Prozent eingespart<br />
werden sollen. Ob das überall<br />
gelingt, ist nicht sicher, weil es Bereiche<br />
zur Sicherstellung unserer Verfassungsaufgaben<br />
gibt, die man einfach nicht einsparen<br />
kann. Grundsätzlich sind wir der<br />
Auffassung: Wenn man Aufgaben weglässt,<br />
dann soll man das klar benennen<br />
und die verbliebenen Aufgaben zu 100<br />
Prozent erfüllen. Wir wollen keine mit<br />
der „Rasenmäher-Methode“ vorgenommene<br />
Leistungsminimierung in allen<br />
Bereichen. Es geht darum, die verbleibenden<br />
Aufgaben mit ausreichend<br />
Quantität und Qualität zu hinterlegen.<br />
Die Strukturanpassung soll bis April<br />
2022 abgeschlossen sein, oder?<br />
Genau und bis dahin ist noch einiges zu<br />
tun. Nach der Beurteilung der Einsparungsmaßnahmen<br />
muss die Personalorganisation<br />
verhandelt werden, dafür ist<br />
das Bundesministerium für Kunst, Kultur,<br />
öffentlichen Dienst und Sport unser<br />
Ansprechpartner. Anschließend gilt es<br />
die neue Geschäftseinteilung einzunehmen,<br />
die jeweiligen Führungspositionen<br />
auszuschreiben und durch die Frau<br />
Bundesminister zu besetzen.<br />
Wie sehr ist durch die zusätzlichen<br />
Arbeiten das System belastet?<br />
Natürlich ist eine Mehrbelastung unserer<br />
ohnehin gestrafften Ressourcen nicht<br />
von der Hand zu weisen. Allerdings:<br />
Das Bundesheer leidet darunter, dass die<br />
häufig angestoßenen Organisationsänderungen<br />
nie vollständig abgeschlossen<br />
werden konnten. Wenn es nun gelingt,<br />
die neue Organisation einzunehmen<br />
und auch über einen längeren Zeitraum<br />
aufrechtzuerhalten, dann ist das den<br />
Aufwand und die Mühen in jedem Fall<br />
wert – die Vorteile werden aber wohl<br />
erst mittel- bis langfristig spürbar sein.<br />
Was hat nun die Truppe von den<br />
Änderungen? Was hat der Jäger in<br />
FOTO : P I C T U R E D E S K<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I N T E R V I E W<br />
Die geplanten<br />
Änderungen<br />
im Detail<br />
Aus fünf Sektionen (inklusive Ebene<br />
Generalstab) werden drei Generaldirektionen<br />
(Präsidialdirektion,<br />
Generaldirektion für Verteidigungspolitik<br />
und Generaldirektion für<br />
Landesverteidigung). Die Kernkompetenz<br />
„Militärische Landesverteidigung“<br />
wird in der Zentralstelle Amstetten und der<br />
durch den Chef des Generalstabes Pionier in Villach von<br />
repräsentiert, der gleichzeitig als der geplanten Reform?<br />
Kommandant der Generaldirektion Es wird durch die Neuaufstellung<br />
sicherlich<br />
für Landesverteidigung fungiert.<br />
Künftig wird der Generalstabschef zu einer Beschleunigung<br />
vieler Prozesse<br />
als Teil der Zentralstelle und des<br />
Bundesheeres die Bereiche Einsatz, und bürokratischer Abläufe<br />
kommen – etwa<br />
Luftstreitkräfte, Ausbildung, Logistik<br />
Beschaffung, IKT und Cyber, Infrastruktur,<br />
Militärisches Gesundheits-<br />
aber auch im Bereich<br />
im Rüstungsbereich,<br />
wesen und Fähigkeiten- und<br />
der Personalverwaltung.<br />
Man sollte erwar-<br />
Grundsatzplanung führen. Durch<br />
den Generaldirektor für Verteidigungspolitik<br />
werden die Bereiche nelle Notwendigkeiten<br />
ten können, dass perso-<br />
Recht, Verteidigungspolitik und wie Verstärkungen,<br />
internationale Beziehungen sowie Dienstzuteilungen,<br />
die Kommunikation geführt.<br />
Versetzungen und<br />
Die Präsidialdirektion führt die Aufnahmen ins System<br />
Bereiche Personal und administrative<br />
Angelegenheiten.<br />
vonstattengehen.<br />
in Zukunft schneller<br />
Der Mehrwert für die<br />
Truppe liegt also vor allem<br />
in der Dynamisierung der Prozesse<br />
in der Zentralstelle und in der geplanten<br />
Personalumverteilung.<br />
Werden davon auch besonders<br />
beanspruchte und ausgedünnte<br />
Personalbereiche profitieren?<br />
Das wäre zumindest das Ziel. Viele<br />
Prozesse dauern bei uns <strong>aktuell</strong> auch<br />
deshalb so lange, weil bestimmte Bereiche<br />
wie der fliegermedizinische Dienst<br />
extrem unterdotiert und überlastet sind.<br />
Es ist also nicht nur eine Frage der guten<br />
Ablauforganisation, sondern es geht in<br />
bestimmten Bereichen auch um mehr<br />
Ressourcen. Und wie bekommt man<br />
mehr Ressourcen? Indem man die<br />
Attraktivität erhöht und Mittel dorthin<br />
verschiebt – und genau das ist nun<br />
geplant.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 2 8 H E E R & M E H R<br />
HÄUSER<br />
KAMPF<br />
IN ALLENTSTEIG<br />
Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />
E<br />
ine gewaltige Explosion<br />
erschüttert die umstehenden<br />
Häuser, vom<br />
Hügel sind Maschinengewehrsalven<br />
zu hören,<br />
laut donnernd zieht ein F-18-<br />
Kampfjet im Tiefflug über die umkämpfte<br />
Ortschaft. Jetzt die Deckung<br />
zu verlassen, gleicht einem Selbstmordkommando<br />
und trotzdem heben<br />
die Männer ihre Köpfe. Sie rücken<br />
ihre Helme zurecht. Sekunden später<br />
verschwinden sie in einem dunklen<br />
Betonrohr, um einige Meter weiter in<br />
einem uneinsehbaren, mit Brennesselstauden<br />
dicht bewachsenen Bereich<br />
eines Hinterhofs wieder aufzutauchen.<br />
Die Überraschung scheint geglückt.<br />
Einzelne Schüsse sind zu hören, der<br />
Knall einer Handgranate, Rauch steigt<br />
auf. Dann hetzen mehrere feindliche<br />
Soldaten über die Straße und verschwinden<br />
in einem gegenüberliegenden<br />
Haus.<br />
Was hier geübt wird? Der Kampf des<br />
21. Jahrhunderts. Der spielt sich nämlich<br />
vermehrt nicht mehr in Wäldern,<br />
in alpinem Gelände und weiten Ebenen<br />
ab, sondern in Häusern, Straßen,<br />
Ortschaften und großen Städten, wie<br />
Generalmajor Bruno Hofbauer, Leiter<br />
der Direktion Fähigkeiten und Grundsatzplanung<br />
im Generalstab des Bundesheeres,<br />
im Gespräch mit Militär<br />
FOTO G R O SS : B U N D E S H E E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
C O V E R S T O R Y<br />
Dutzende neue Häuser, kilometerlange<br />
Straßen, neue Simulatoren und eine<br />
Echtzeitauswertung, die alle Stückln<br />
spielt. Das Bundesheer fährt in der<br />
Urbanen Trainingsanlage Steinbach<br />
auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig<br />
ein massives Ausbauprogramm, um dort<br />
für die Kämpfe der Zukunft zu üben.<br />
STEINBACH WÄCHST Die Urbane Trainingsanlage in<br />
Allentsteig wird in den kommenden Jahren deutlich ausgebaut.<br />
Schon jetzt sind auf dem kleinen Hügel im Westen<br />
neue Häuserkulissen zu erkennen, auf dem Mast im<br />
Ortszentrum sind eine gewaltige Soundanlage und zahlreiche<br />
Kameras für die Echtzeitauswertung montiert.<br />
Aktuell erklärt (siehe Interview ab Seite<br />
33): „Schon die Kriege am Balkan in<br />
den 1990er-Jahren haben gezeigt, wie<br />
stark es in modernen Konflikten um<br />
Städte geht, und genau darauf müssen<br />
wir uns vorbereiten.“ Es gilt also die<br />
Ausrüstung der Soldaten und des<br />
Heeres auf die Entwicklung abzustimmen,<br />
vor allem auch in der Ausbildung<br />
neue Schwerpunkte zu setzen,<br />
wie Hofbauer erklärt: „Die Fähigkeit,<br />
im urbanen Raum zu kämpfen, muss<br />
in Zukunft jeder Soldat der Kampftruppe<br />
in seiner jeweiligen Ausprägung<br />
beherrschen – vom Gebirgsjäger<br />
über den Luftlandesoldaten bis hin<br />
zum Panzergrenadier.“<br />
Die notwendigen infrastrukturellen<br />
Voraussetzungen dafür werden in den<br />
kommenden Jahren an gleich mehreren<br />
Standorten des Bundesheeres<br />
geschaffen, allen voran am Truppenübungsplatz<br />
Allentsteig. Dort konnten<br />
Soldaten auch schon in der Vergangenheit<br />
in der Urbanen Trainingsanlage<br />
Steinbach (UTA) den Ortskampf<br />
üben, nun wird die Übungsstadt massiv<br />
ausgebaut. In den vergangenen<br />
Monaten haben Pioniere, der Bauund<br />
Bauinstandsetzungszug, der<br />
Pioniermaschinenzug sowie die<br />
Mitarbeiter der Zentralwerkstätte des<br />
Truppenübungsplatzes einen ganzen<br />
neuen Stadtteil in den Staub gestellt.<br />
Sie haben Dutzende neue Holzriegel-<br />
Häuser in die Höhe gezogen, Hunderte<br />
Meter neue Straßen aufgeschüttet<br />
und Leerverrohrungen für die Technik<br />
verlegt. Bald schon sollen die<br />
Häuserkulissen auch Dächer bekommen,<br />
sollen hier auch Straßenlaternen<br />
stehen, die Straßen asphaltiert, die<br />
Häuser verkabelt und mit Simulationstechnik<br />
ausgestattet werden.<br />
Straßenschilder, Zäune, Büsche und<br />
Bäume sollen für mehr Realitätsnähe<br />
sorgen, der Innenausbau der Gebäude<br />
möglichst variantenreich gestaltet sein<br />
und am Ortsrand ein großes Wasserrückhaltebecken<br />
geschaffen werden.<br />
Am äußersten Ende der neuen „Vorstadt<br />
Ost“ nivellieren Bagger gerade<br />
das Terrain für weitere Häuser, ein<br />
Stück weiter trocknen frisch angelegte<br />
Streifenfundamente.<br />
Mit Ende der Ausbaustufe soll der<br />
neue Bezirk mehr als 30 Bauten umfassen<br />
– von einer Tankstelle über<br />
Reihen- und Einfamilienhäuser bis hin<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 3 0 H E E R & M E H R<br />
ORTSBILD IM WANDEL DER ZEIT Noch ist auf der großen Übersichtstafel hinter Truppenübungsplatz-Kommandant Oberst Herbert Gaugusch von den beiden neuen Stadt -<br />
teilen nichts zu sehen – das wird sich allerdings wohl schon bald ändern.<br />
zu Industriegebäuden, wie Truppenübungsplatz-Kommandant<br />
Oberst<br />
Herbert Gaugusch im Gespräch mit<br />
Militär Aktuell erklärt. Der Offizier<br />
lächelt: „Steinbach ist damit die<br />
schnellst wachsende Ortschaft im<br />
Waldviertel.“ Allein im vergangenen<br />
Jahr wurden bei den Bauarbeiten<br />
knapp 600 Kubikmeter Holz und mehr<br />
als 7.700 Kubikmeter Steinbruchmaterial<br />
verarbeitet, das entspricht mehr<br />
als 1.500 Lkw-Ladungen!<br />
Damit aber nicht genug: Im Westen<br />
von Steinbach entsteht, beginnend<br />
mit dem kommenden Jahr, noch ein<br />
weiterer neuer Stadtteil. Die dafür<br />
notwendigen Straßenbaumaßnahmen<br />
wurden bereits abgeschlossen. Und<br />
auch technisch hat das Heer die Urbane<br />
Trainingsanlage zuletzt ordentlich<br />
aufgerüstet: Mit unterschiedlichsten<br />
Waffenwirkungsdarstellungsgeräten<br />
lassen sich im Übungsgefecht nun<br />
auch „Roadside Bombs“, kleinere und<br />
größere Sprengkörper, Richtsplitterladungen<br />
sowie Spreng- und Stolperdrahtfallen<br />
simulieren. Landminen-<br />
Attrappen reagieren via Druckbelastung,<br />
-entlastung oder mittels Stolperdraht.<br />
Sogenannte „Magnetic Squibs“<br />
machen die Darstellung von Sprengkörpern<br />
an Fahrzeugen möglich und<br />
die „Remote Controlled Suicide Vest“<br />
erlaubt sogar realitätsnahe Übungsszenarien<br />
mit Selbstmordattentätern.<br />
Über Lautsprecher können die Geräusche<br />
tieffliegender Kampfflugzeuge<br />
und Hubschrauber eingespielt werden,<br />
Sensoren registrieren die Wirkung<br />
eingesetzter Waffen auf Gebäude und<br />
geben sie an die Simulationsausrüstung<br />
der Soldaten weiter. Es wird mit<br />
Pyrotechnik gearbeitet, mit Signalund<br />
Darstellungsmunition, und damit<br />
der Übungseffekt möglichst hoch ist,<br />
wurden im ganzen Stadtgebiet mehr<br />
als 30 Kameras verbaut. „Wenn man<br />
einem Soldaten sagt, dass er sich in<br />
einer bestimmten Situation falsch<br />
verhalten hat, dann ist das das eine“,<br />
sagt Gaugusch. Wenn man ihm aber<br />
in der Echtzeitauswertung im Video<br />
zeigen kann, welchen Fehler er gemacht<br />
hat, dann ist der Lerneffekt<br />
ungleich größer.“<br />
„Wir verfügen hier mittlerweile über<br />
eine hoch funktionelle Anlage, die<br />
sich auch vor internationalen Vorbildern<br />
nicht mehr zu verstecken<br />
braucht, und die längst auch nicht nur<br />
dem Bundesheer als Übungsgelände<br />
dient“, sagt Gaugusch weiter. Die Polizei<br />
greift ebenso gerne auf die vorhandenen<br />
Strukturen und Möglichkeiten<br />
zurück wie Rettung und Feuerwehr,<br />
die in den beiden Rette- und Bergeausbildungsanlagen<br />
etwa nach verschütteten<br />
Personen suchen. Das<br />
Heer selbst kann in den Straßen und<br />
Gebäuden unterschiedlichste Gefechtsszenarien<br />
in größerem und kleinerem<br />
Rahmen trainieren. In einem<br />
Dunkelkeller mit verschiebbaren<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
C O V E R S T O R Y<br />
Wänden lässt sich auch das Vorgehen<br />
in Untergeschoßen trainieren, in der<br />
Türaufbruch-Übungsanlage können<br />
Varianten zum Eindringen in Gebäude<br />
durchgespielt werden und im Stiegenhaus<br />
die Vorgehensweisen auf unterschiedlichsten<br />
Treppen und Stiegen.<br />
Der Eisenbahn- und Busbahnhof<br />
im Süden von Steinbach wird besonders<br />
vom Jagdkommando gerne genutzt,<br />
ein vorgelagerter Checkpoint<br />
mit Wachturm und ein etwas abseits<br />
gelegenes Camp ermöglichen zahlreiche<br />
weitere Übungs- und Trainingsszenarien.<br />
An Ausbau- und Verbesserungsplänen<br />
mangelt es am Truppenübungsplatz<br />
trotz der enormen Bandbreite<br />
der bereits vorhandenen Strukturen<br />
nicht: Schon jetzt werden in einem<br />
großen Gebäude im Ortszentrum<br />
weitere Effekt- und Gefechtssimulationsmöglichkeiten<br />
wie Rüttelplatten<br />
auf ihre Praxistauglichkeit getestet. In<br />
Zukunft könnten in Steinbach professionelle<br />
Feinddarsteller für noch mehr<br />
VIELFÄLTIGE EINSATZSZENARIEN Die Ausbildungsmöglichkeiten<br />
in Steinbach sind groß: Im Bahnhofsbereich<br />
kann ebenso geübt werden wie in der Türaufbruchs-Übungsanlage.<br />
In manchen Gebäuden lässt<br />
sich sogar von oben beobachten, wie Soldaten in<br />
Gebäuden vorgehen, und im Fall der Fälle direkt auf<br />
Fehler hinweisen.<br />
Realitätsnähe sorgen, ein eigenes<br />
Echtzeitauswertungsteam (momentan<br />
verlegen entsprechende Teams bei<br />
Übungen nur tageweise auf den Truppenübungsplatz)<br />
den Trainingseffekt<br />
weiter steigern. „Wir wollen nicht unbescheiden<br />
sein“, sagt Gaugusch. „Es<br />
ist aller Ehren wert, was wir hier in<br />
den vergangenen Jahren parallel zu<br />
unseren anderen Aufgaben und Tätigkeiten<br />
und in Abstimmung und guter<br />
Zusammenarbeit mit allen Bedarfsträgern<br />
realisieren konnten und was für<br />
die nähere Zukunft auch noch geplant<br />
The Mortar Company.<br />
DIGITALISATION OF MORTAR SYSTEMS
0 3 2 H E E R & M E H R<br />
ist. Bis 2025 soll insgesamt eine Million<br />
Euro in die Trainingsanlage investiert<br />
werden und spätestens dann sollen<br />
hier auch Übungen im Bataillonsrahmen<br />
möglich sein.“<br />
Bis dahin wird in Steinbach noch in<br />
kleinerem Rahmen gekämpft. Wieder<br />
steigt aus einem Gebäude Rauch auf.<br />
Eine Maschinengewehrsalve hallt<br />
durch die staubigen Straßen, dann –<br />
im Abstand mehrerer Sekunden –<br />
zwei einzelne Schüsse. Bei einem der<br />
Häuser weit hinten scheint sich ein<br />
Scharfschütze verschanzt zu haben.<br />
Die Soldaten, die vorhin das Gebäude<br />
vis-à-vis der kleinen Kirche erobert<br />
haben, machen sich bereit. Hinaus -<br />
gehen und sich der Bedrohung frontal<br />
nähern? Der Gruppenkommandant<br />
lächelt: „Nein, ganz sicher nicht. Es<br />
gibt hintenherum einen anderen Weg,<br />
der von der Position des Scharfschützen<br />
aus nicht einsehbar ist. Den werden<br />
wir nehmen. Man muss die sich<br />
bietenden Möglichkeiten des Geländes<br />
und der Bebauung zum eigenen<br />
Vorteil nutzen.“<br />
Im Ernstfall kann das aber nur, wer<br />
das auch regelmäßig in möglichst<br />
realen Umgebungsszenarien trainiert<br />
– und genau deshalb nivellieren einige<br />
Hundert Meter weiter Bagger gerade<br />
das Terrain für ein weiteres Gebäude.<br />
Steinbach wächst.<br />
IM WESTEN VIEL NEUES Im Endausbau soll der neue<br />
Stadtteil rund 30 Gebäude umfassen. Von vielen davon<br />
stehen bereits Fundamente und Wände, in einem<br />
nächsten Schritt werden die Straßen asphaltiert und<br />
die Häuser mit Dächern versehen.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
C O V E R S T O R Y<br />
„DIE ABLÄUFE<br />
MÜSSEN IN FLEISCH<br />
& BLUT ÜBERGEHEN!“<br />
Warum gewinnt der Kampf<br />
im urbanen Gelände für das<br />
Bundesheer immer mehr<br />
an Bedeutung und welche<br />
Auswirkungen hat diese<br />
Entwicklung auf Ausrüstung<br />
und Ausbildung der Soldaten?<br />
Ein Gespräch mit Generalmajor<br />
Bruno Hofbauer, Leiter der<br />
Direktion Fähigkeiten und<br />
Grundsatzplanung im<br />
Generalstab des Bundesheers.<br />
Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
GENERALMAJOR<br />
BRUNO HOFBAUER:<br />
„Früher war ganz klar, wo<br />
eine Stadt anfängt und wo<br />
sie aufhört, das gilt heute nur<br />
mehr sehr eingeschränkt.“<br />
FOTO : G E L I G O L D M A N N<br />
err Generalmajor, das<br />
HBundesheer sieht sich<br />
seit Jahren mit neuen<br />
Bedrohungen konfrontiert<br />
– von souveränitätsgefährdenden<br />
Cyberangriffen bis hin zu Terroranschlägen<br />
und Blackouts. Verschieben<br />
sich damit die potenziellen Einsatzfelder<br />
immer mehr in Richtung von<br />
Städten und urbanen Gebieten?<br />
Das ist richtig, wobei auch früher die<br />
großen Angriffspfeile in Kriegen immer<br />
schon Städte zum Ziel hatten, weil dort<br />
die meiste Industrie und Bevölkerung<br />
angesiedelt ist und Städte auch Verkehrsknotenpunkte<br />
und wichtige Kommunikationszentren<br />
sind. Denken wir<br />
etwa an die Eroberung Konstantinopels,<br />
an die Schlacht um Stalingrad, die Befreiung<br />
von Paris und den Kampf um<br />
Berlin.<br />
Das heißt, wir reden von keiner gänzlich<br />
neuen Entwicklung?<br />
Auf den ersten Blick nein, auf der anderen<br />
Seite aber dann doch. Denn während<br />
wir uns früher etwa auf einen<br />
möglichen Angriff des Warschauer<br />
Pakts beispielsweise an den Wienerwald-Eingängen<br />
vorbereitet haben und<br />
es Ziel war, einen Kampf weg von den<br />
eigenen Städten in Richtung eines verteidigungsgünstigen<br />
Geländes wie eines<br />
Waldgebiets zu verlagern, stehen heute<br />
andere Einsatzszenarien im Vordergrund.<br />
Schon die Kriege auf dem Balkan<br />
in den 1990er-Jahren haben gezeigt, wie<br />
stark es in modernen Konflikten um<br />
Städte geht, und genau darauf müssen<br />
wir uns vorbereiten.<br />
Welche Herausforderungen sind<br />
damit verbunden?<br />
Ganz wesentlich ist, dass verbaute<br />
Gebiete aufgrund der fortschreitenden<br />
Urbanisierung kaum mehr eingrenzbar<br />
sind. Früher war ganz klar, wo eine Stadt<br />
anfängt und wo sie aufhört, das gilt<br />
heute nur mehr sehr eingeschränkt. Wir<br />
haben es vielmehr mit riesigen zusam-<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 3 4 H E E R & M E H R<br />
AUSBAUPLÄNE In Zukunft sollen Trainings für urbane Einsätze gleich an mehreren Standorten des Bundesheeres möglich sein. Schon jetzt gibt es auch am Truppenübungsplatz<br />
Bruckneudorf entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten.<br />
menhängenden verbauten Gebieten zu<br />
tun, was auch die Beobachtung und<br />
Wirkung einschränkt und das Zusammenwirken<br />
der Kräfte erschwert. Tiefgaragen<br />
und teils mehrstöckige und miteinander<br />
verbundene Kellerräume machen<br />
es zudem schwierig, eine Funkkommunikation<br />
aufrechtzuerhalten, und wenn wir<br />
an Auslandseinsätze denken, tun sich<br />
noch weitere Herausforderungen auf.<br />
Zum Beispiel?<br />
Es ist dort schwer, mit der Bevölkerung<br />
in Verbindung zu treten, und man weiß<br />
nie, wie einem die Bewohner gesonnen<br />
sind. Dazu kommt, dass ein ortskundiger<br />
Gegner natürlich die Räume, seine<br />
Vorteile und Gefahren viel besser kennt.<br />
Der Theorie des „Three Block War“ zufolge<br />
muss außerdem eine militärische<br />
Einheit in einem begrenzten Kampf -<br />
gebiet – und das können wenige Häuserblocks<br />
sein – mehr oder weniger zeitgleich<br />
humanitäre Hilfe leisten und<br />
friedenserhaltende Stabilisierungsmaßnahmen<br />
setzen können, aber auch hoch<br />
intensive Gefechte führen müssen.<br />
Das bedeutet also ein großes Spektrum,<br />
auf das man sich vorbereiten<br />
muss …<br />
… und das einen gewaltigen Personalbedarf<br />
weit über die üblichen militärischen<br />
Größenordnungen hinaus zur<br />
Folge hat. Zum Vergleich: Will man die<br />
Kontrolle über einen Raum in der Dimension<br />
eines größeren Bezirks einer<br />
Stadt wie Wien, Linz oder Graz wiederherstellen,<br />
sind schnell zwei bis drei<br />
Brigaden notwendig. Da spricht man<br />
bei größeren Städten also in der Größenordnung<br />
von Divisionen …<br />
… was aus Sicht des Bundesheeres<br />
alle denkbaren Ressourcen sprengt,<br />
aber auch für größere Streitkräfte<br />
nicht leicht zu bewerkstelligen sein<br />
wird?<br />
Genau. Deshalb sollte man auch in Konfliktszenarien<br />
bestrebt sein, große Städte<br />
rasch wieder einer zivilen Verwaltung<br />
zuzuführen. Auswirkungen haben die<br />
dicht verbauten Gebiete auch auf die<br />
Schuss- und Kampfentfernungen, die<br />
oft nur bei wenigen Metern liegen. Das<br />
wirkt sich wiederum auf die Ausrüstung<br />
aus, wenn sich beispielsweise Panzerabwehrlenkwaffen<br />
großer Reichweite in<br />
den Häuserschluchten von Städten<br />
nicht zweckmäßig zum Einsatz bringen<br />
lassen. Ergänzend zu den bereits eingeführten<br />
Systemen können Drohnen<br />
mit einer entsprechenden Bewaffnung<br />
wirksam zum Einsatz gebracht werden.<br />
Kommt Drohnen in urbanen Szenarien<br />
aufgrund ihrer Größe und ihres<br />
großen Einsatzspektrums eine noch<br />
größere Bedeutung zu als ohnehin<br />
bereits?<br />
Drohnen sind für Einsätze im urbanen<br />
Umfeld und zur Minimierung des Risikos<br />
für die Soldaten jedenfalls ganz entscheidend<br />
– sowohl was die Aufklärung<br />
betrifft als auch einen konkreten Einsatz<br />
von Wirkmitteln. Sie können aber etwa<br />
auch als Relais dienen, um die Kommunikation<br />
aufrechtzuerhalten.<br />
Wie weit ist das Bundesheer bei der<br />
verstärkten Fokussierung auf urbane<br />
Räume bereits?<br />
FOTO : B U N D E S H E E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
C O V E R S T O R Y<br />
Zugegebenermaßen noch nicht so weit,<br />
wie ich es gerne sehen möchte, was aber<br />
auch daran liegt, dass damit sehr viele<br />
Aspekte verbunden sind. Man muss bei<br />
Kämpfen im Ortsgebiet beispielsweise<br />
mit Vertrümmerungen rechnen, was<br />
den Einsatz von Radfahrzeugen einschränken<br />
kann. Ein wesentlicher Punkt<br />
ist auch die Erhöhung der Bordwaffen –<br />
also wie weit nach oben oder unten<br />
kann ich eigentlich meine Waffe richten,<br />
um einen aus einem höher oder tiefer<br />
gelegenen Stockwerk angreifenden<br />
Gegner zu bekämpfen? Hier kommt<br />
künftig unbemannten Bodensystemen<br />
eine hohe Bedeutung zu.<br />
Wie sehen die nächsten Entwicklungsschritte<br />
aus? Wird die Ausbildung<br />
der Soldaten mehr auf urbane<br />
Gebiete fokussiert, braucht es neue<br />
Ausrüstung oder möglicherweise<br />
sogar neue Spezialkräfte ähnlich<br />
wie die auf alpines Terrain spezialisierten<br />
Alpintruppen?<br />
Zweiteres und vor allem Ersteres! Wir<br />
werden natürlich in die Ausrüstung investieren<br />
müssen, die Fähigkeit, im urbanen<br />
Raum zu kämpfen, muss in Zukunft<br />
aber jeder Soldat der Kampftruppe<br />
in seiner jeweiligen Ausprägung beherrschen<br />
– vom Gebirgsjäger über den<br />
Luftlandesoldaten bis hin zum Panzergrenadier.<br />
Dabei geht es vor allem um<br />
die Ebenen Gruppe, Zug und Kompanie,<br />
die den Kampf in verbautem Gebiet<br />
verstärkt trainieren müssen, sie sind die<br />
entscheidenden Ebenen! Wir haben<br />
auch bereits erste Schritte gesetzt.<br />
Wie sehen diese Schritte aus?<br />
Wir bauen seit mehreren Jahren die Urbane<br />
Trainingsanlage (UTA) Steinbach<br />
in Allentsteig aus, um dort bald auch im<br />
Bataillonsrahmen üben zu können. Wir<br />
investieren zudem auch in die Ortskampfanlage<br />
Angerer Dorf in Bruck<br />
und wir werden auch für entsprechende<br />
Infrastrukturen im Westen und im Süden<br />
Geld in die Hand nehmen. Gut aufgestellt<br />
sind wir bereits bei der Ausstattung<br />
mit Duellsimulatoren. In einem<br />
nächsten Schritt gilt es das Training zu<br />
intensivieren und ein Gefechtsübungszentrum<br />
in Allentsteig zu etablieren.<br />
Was ist beim Ausbau der Trainingsanlagen<br />
konkret geplant? Werden<br />
dort nach internationalem Vorbild<br />
auch Kellergeschoße errichtet, Parkhäuser<br />
oder U-Bahn-Stationen?<br />
Es geht im Wesentlichen darum, dass<br />
Soldaten lernen, wie sie in Städten unter<br />
Feuer vorgehen, wie sie dort Drohnen<br />
einsetzen, wie sie führen und kommunizieren,<br />
wie sie es vermeiden, in die Gefährdungszone<br />
feindlicher Scharfschützen<br />
zu kommen und dass der Gegner<br />
nicht automatisch auf der gleichen Ebene<br />
agiert. Möglicherweise greift er auch<br />
von oben, von unten oder im Rücken<br />
an. Natürlich würde ich mir all das wünschen,<br />
was Sie gerade erwähnt haben,<br />
aber es ist schon mit realistisch gestalteten<br />
Häuserkulissen viel erreicht und<br />
da gehören auch Schutthaufen und Beschädigungen<br />
oder beispielsweise Gänge<br />
aus Betonfertigteilen zur Darstellung<br />
von Abwasserkanälen oder unterirdischen<br />
Räumen dazu. Entscheidend ist<br />
dann bei den Übungen eine ordentliche<br />
Feinddarstellung und eine ansprechende<br />
Echtzeitauswertung, damit die Abläufe<br />
auch wirklich in Fleisch und Blut<br />
übergehen.<br />
Wie sieht die mittel- bis langfristige<br />
Entwicklung aus?<br />
Es ist mit Blickrichtung 2025 das Ziel,<br />
eine Bataillonstrainingsanlage als Gefechtsübungszentrum<br />
in Allentsteig zur<br />
Verfügung zu haben und zumindest drei<br />
weitere Trainingseinrichtungen für<br />
Übungen auf Kompanieebene im restlichen<br />
Bundesgebiet. Bis dahin sollten wir<br />
auch technisch einige Entwicklungsschritte<br />
gesetzt und neue Systeme –<br />
allen voran Drohnen und unbemannte<br />
Bodensysteme – eingeführt haben. Alles<br />
entscheidend ist aber etwas anderes!<br />
Nämlich?<br />
Dass wir einen Umdenkprozess vollziehen:<br />
Unsere gefechtstechnischen und<br />
taktischen Ebenen müssen sich verstärkt<br />
mit der Thematik auseinandersetzen<br />
und die richtigen Einsatzverfahren<br />
entwickeln, trainieren und anwenden.<br />
1946<br />
<strong>2021</strong><br />
<strong>2021</strong><br />
www.iv.at<br />
1946<br />
75 Jahre Industriellenvereinigung
0 3 6 H E E R &<br />
M<br />
E H R<br />
MISSIONPOSSIBLE<br />
OUTDOOR ÜBERLEBEN MIT DEM<br />
JÄGERBATAILLON<br />
Vom Bau eines Nachtlagers und der Überquerung eines Gewässers bis zur<br />
Orientierung im Gelände: Gemeinsam mit dem Jägerbataillon 25 beschreiben<br />
wir in jeder Ausgabe unterschiedlichste Outdoor-Überlebenstechniken. Dieses<br />
Mal: In der Natur nach Nahrung suchen und diese anschließend zubereiten.<br />
Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />
I<br />
m Durchschnitt verbrennt<br />
unser Körper<br />
beim Zufußgehen rund<br />
250 Kilokalorien pro<br />
Stunde. Bei vielen Höhenmetern, eisiger<br />
Kälte oder schwerem Rucksack<br />
sind es gut und gerne auch doppelt<br />
so viel, und zählt man dann auch<br />
noch unseren Grundumsatz hinzu –<br />
der Tag besteht ja nicht nur aus<br />
Wandern und Klettern – liegt unser<br />
Energiebedarf unterm Strich leicht<br />
bei 4.000 Kilokalorien aufwärts. Das<br />
ist ungefähr doppelt so viel wie an<br />
einem normalen Büroarbeitstag! Um<br />
diesen enormen Bedarf abdecken<br />
zu können, sollte bei Touren neben<br />
Wasservorräten stets auch ausreichend<br />
Proviant zum Gepäck gehören:<br />
Kleine Snacks wie Kekse, Cracker,<br />
Energie- und Müsliriegel sind gute<br />
Energiespender, ebenso Trockenfrüchte,<br />
Obst wie Äpfel und Birnen,<br />
Nüsse, Karotten und Schokolade.<br />
Bei längeren Touren gehören auch<br />
Wurst, Käse und Brot in den Rucksack,<br />
eventuell Trockenfleisch und<br />
Fischkonserven oder alternativ<br />
Packerlsuppen und Fertiggerichte –<br />
sofern ein Campingkocher Teil<br />
der Ausrüstung ist oder unterwegs<br />
die Möglichkeit besteht, Feuer zu<br />
machen.<br />
Interessant wird es dann, wenn wir<br />
zu wenig Proviant in den Rucksack<br />
1<br />
Zutaten sammeln<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
Expertentipp<br />
„In kurzfristigen Notlagen sollte<br />
die Nahrungsbeschaffung hintangesellt<br />
werden. Priorität haben<br />
in diesem Fall das Entkommen<br />
aus der Gefahrensituation und<br />
die Suche nach Trinkwasser!“<br />
Soldat des Jägerbataillons 25<br />
S U R V I V A L G U I D E<br />
gepackt haben und mitten während<br />
einer Mehrtagestour die Vorräte ausgehen.<br />
Nahrung hat zwar – anders<br />
als Wasser – in Gefahrensituationen<br />
keine kurzfristige Priorität, weil wir<br />
notfalls auch mehrere Tage ohne auskommen,<br />
wird aber immer wichtiger,<br />
je länger eine bedrohliche Situation<br />
andauert. Der Körper benötigt<br />
schließlich Energie für die Arbeit der<br />
Muskeln und als Brennstoff für biochemische<br />
Prozesse. Die Konsequen-<br />
EINE „WILD-SUPPE“ MIT<br />
BEILAGEN KOCHEN<br />
2<br />
Zutaten vorbereiten 3<br />
Feuer machen<br />
Zuerst die Zutaten sammeln, in unserem Fall sind das Marmorkrebse (A),<br />
Walnüsse (B), Speisepilze (C), Maroni (D), Bucheckern (E), Hagebutten (F)<br />
und Fichtenspitzen (G). Anschließend Feuer machen und die Zutaten für das Kochen<br />
vorbereiten: Die Marmorkrebse unter fließendem Wasser abspülen, Nüsse und Bucheckern<br />
schälen, Maroni an der gewölbten Seite mit einem Messer einritzen, Pilze in kleine Stücke schneiden,<br />
die Hagebutten halbieren und entkernen.<br />
Nun einen Topf (wir improvisieren mit Edelstahl-Essgeschirr) auf die Glut stellen. Wenn er wirklich heiß ist, die Maroni in den Topf geben, einen<br />
Deckel aufsetzen und die Maroni rund 15 Minuten rösten. Dabei den Topf hin und her schwenken und darauf achten, dass die Hitze nicht<br />
zu groß wird, damit die Maroni nicht anbrennen. Parallel dazu Wasser mit den geschälten Bucheckern und Nüssen sowie<br />
den Fichtenspitzen (enthalten viel Vitamin A und C) und den Hagebutten (plus Salz – sofern vorhanden) zum Kochen<br />
bringen, dann die Speisepilze zugeben und mehrere Minuten köcheln lassen.<br />
A<br />
B<br />
Kochen<br />
Die Krebse ebenfalls separat zubereiten. Dazu Wasser<br />
zum Kochen bringen, die Krebse kopfüber<br />
einlegen (sie sind in Sekundenschnelle tot)<br />
und mehrere Minuten ziehen lassen.<br />
Die Krebse verfärben sich dabei rötlich.<br />
Anschließend herausheben und die<br />
etwas abgekühlten Krebse auslösen.<br />
C<br />
G<br />
E<br />
D<br />
4<br />
F<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 3 8 H E E R &<br />
M<br />
E H R<br />
zen tagelanger Unterversorgung sind<br />
Koordinations- und Konzentrationsschwierigkeiten,<br />
die Leistungsfähigkeit<br />
des Körpers geht drastisch zurück,<br />
was bedrohliche Situationen<br />
rasch weiter verschärfen kann. Daher<br />
sollte man sich im Fall der Fälle<br />
rechtzeitig der Nahrungssuche widmen.<br />
Glücklicherweise macht es uns<br />
dabei die Natur im Herbst in unseren<br />
Breiten nicht allzu schwer.<br />
Mit improvisierten Angeln und Fallen<br />
können wir Fische und andere Tiere<br />
fangen, mit selbstgebauten Waffen<br />
sogar größere Tiere erlegen. Allerdings<br />
erfordert all das viel Übung,<br />
Zeit und Wissen. Zudem ist ein positives<br />
Ergebnis am Ende unserer Bemühungen<br />
nicht garantiert und selbst<br />
wenn wir tatsächlich Beute machen<br />
sollten, muss der Fang auch noch aufwendig<br />
essfertig zubereitet werden:<br />
Fische muss man beispielsweise ausnehmen,<br />
Vögel rupfen und Hasen<br />
häuten, das Fleisch in jedem Fall garen.<br />
Einfacher ist es da, sich auf das<br />
Sammeln von Pilzen (Parasol, Eierschwammerl,<br />
Wiesenchampignons,<br />
Steinpilz, Maronenröhrling …),<br />
Früchten (Beeren, Nüsse …) und<br />
Kleintieren wie Regenwürmer oder<br />
verschiedene Krebsarten zu konzentrieren.<br />
Regenwürmer können roh<br />
oder gekocht gegessen werden, müssen<br />
davor aber ungedingt gut abgewaschen<br />
werden, damit die ganze verdaute<br />
Erde aus den Würmern kommt.<br />
Krebse lassen sich beispielsweise unter<br />
Steinen am Ufer von Gewässern<br />
aufspüren und einsammeln, müssen<br />
dann in jedem Fall gekocht werden<br />
(Anleitung auf der Vorderseite).<br />
Auch viele auf den ersten Blick nicht<br />
genießbare Pflanzenteile können für<br />
den dringend benötigten Kalorienund<br />
Vitaminnachschub sorgen: Aus<br />
den Nadeln und Triebspitzen von<br />
immergrünen Bäumen wie Kiefern<br />
und Fichten lässt sich beispielsweise<br />
ein erfrischender Tee zubereiten und<br />
das erhärtete, rötlich-braune bis tief<br />
goldgelbe Harz dieser Bäume (gut<br />
eignen sich auch Lärche, Tanne und<br />
Kiefer) stärkt durch Kauen die körpereigenen<br />
Abwehrkräfte.<br />
Nicht von<br />
ungefähr wurde<br />
Fichtenharz<br />
früher<br />
als<br />
„Kaupech“<br />
bezeichnet<br />
und war<br />
vor allem<br />
bei Holzfällern<br />
sehr beliebt.<br />
Die antivirale,<br />
desinfizierende<br />
und antimykotische Wirkung von<br />
Baumharz kann man sich übrigens<br />
auch noch anders zunutze machen:<br />
Aufgetragen auf Schnittverletzungen<br />
oder Schürfwunden kann das Harz<br />
helfen, die Heilung zu beschleunigen<br />
und Entzündungen vorzubeugen.<br />
Expertentipp<br />
„Nicht mehr Energie in die<br />
Beschaffung der Nahrung<br />
investieren, als diese liefert –<br />
das wäre unter dem Strich<br />
kontraproduktiv!“<br />
Soldat des Jägerbataillons 25<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
UNSERHEER<br />
EINE INFORMATION DES BMLV<br />
Entgeltliche Einschaltung<br />
Die Durchhaltefähigkeit<br />
des Bundesheeres stärken<br />
Großflächige Stromausfälle sind in Österreich glücklicherweise selten – Experten<br />
sind sich allerdings sicher: Die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios<br />
steigt! Um im Falle eines sogenannten Blackouts trotzdem handlungsfähig zu<br />
bleiben, investiert das Bundesheer viel Geld und Know-how in seine Autarkie und<br />
in die Schaffung moderner, unabhängiger Sicherheitsinseln.<br />
Foto: Bundesheer<br />
Auslöser könnten beispielsweise<br />
ein Sturm oder andere Großwetterereignisse<br />
sein, die Hochspannungsleitungen<br />
beschädigen. Aber<br />
auch terroristische Attacken, Hackerangriffe,<br />
technische Gebrechen und<br />
ein hybrid geführter umfangreicher<br />
Angriff auf Europa könnten Ursachen<br />
für einen großflächigen Ausfall der<br />
nationalen und internationalen<br />
Stromversorgung sein, die Rede ist<br />
dann von einem Blackout. Gleich<br />
mehrere Beispiele aus der Vergangenheit<br />
zeigen, dass oft schon Kleinigkeiten<br />
das Stromnetz aus der<br />
Balance bringen können: 2008<br />
etwa löste in der Schweiz der<br />
Fehltritt eines Eichhörnchens<br />
einen Kurzschluss und schwarze<br />
Bildschirme bei vielen Fernsehzuschauern<br />
aus. Aus Sicherheits-<br />
UNSERHEER
gründen hatte sich infolge des tierischen<br />
Missgeschicks ein Transformator<br />
in einem Elektrizitätswerk<br />
im Norden von Zürich automatisch<br />
ausgeschaltet und damit<br />
den umliegenden Stadtteil inklusive<br />
des Studios Leutschenbach<br />
des Schweizer Fernsehens vom<br />
Netz genommen. In Deutschland<br />
wiede rum knickten bereits Jahre<br />
zuvor nach heftigen Schneefällen<br />
und einem Eisregen zahlreiche<br />
Strommasten ein; rund eine Viertelmillion<br />
Menschen waren teilweise<br />
tagelang ohne Elektrizität. Und<br />
davor im September 2003 waren<br />
es einige morsche Äste, die auf<br />
eine 380-Kilovolt-Leitung in der<br />
Nähe des Vierwaldstättersees in<br />
der Schweiz gefallen waren, und<br />
mit Ausnahme von Sardinien<br />
praktisch ganz Italien für Stunden<br />
vom Netz nahmen.<br />
Auch Österreich schrammte bereits<br />
mehrfach nur knapp an einem<br />
Blackout vorbei – zuletzt am 9.<br />
Jänner <strong>2021</strong>, als es infolge einer<br />
Störung im rumänischen Stromnetz<br />
zu einer massiven Unterdeckung<br />
und zu einem Frequenzeinbruch<br />
in ganz Mitteleuropa kam. Nur<br />
durch die unverzügliche Abschaltung<br />
von Großverbrauchern im<br />
europäischen Stromnetz konnte<br />
UNSERHEER<br />
ein Szenario verhindert werden,<br />
das auch von Bundesheer-Experten<br />
als längst überfällig beurteilt<br />
wird: In der Sicherheitspolitischen<br />
Jahresvorschau 2020 wird die<br />
Wahrscheinlichkeit des Eintritts<br />
eines Blackouts innerhalb der<br />
nächsten fünf Jahre sogar mit<br />
satten 100 Prozent angegeben!<br />
Was bedeutet diese Prognose<br />
aber nun für das Bundesheer?<br />
Welche Folgerungen lassen sich<br />
daraus ableiten? „Das Fazit kann<br />
nur sein, dass wir uns verstärkt<br />
und bestmöglich auf derartige Szenarien<br />
vorbereiten müssen“, sagt<br />
Generalmajor Bruno Hofbauer, Leiter<br />
der Direktion Fähigkeiten und<br />
Grundsatzplanung im Generalstab<br />
des Bundesheeres, im Gespräch<br />
mit „Unser Heer“. „Wir werden in<br />
solchen Fällen wohl schnell zur Assistenz<br />
angefordert werden, die wir<br />
aber nur leisten können, wenn wir<br />
selbst bereits jetzt dafür die notwendigen<br />
Vorkehrungen treffen<br />
und die Weichen richtig stellen –<br />
und genau das tun wir gerade.“<br />
Erster Schritt, um die Truppe auf<br />
derartige Extremszenarien vorzubereiten<br />
und im Fall der Fälle handlungsfähig<br />
zu halten: Die Autarkie<br />
der Kasernen stärken! Durch feh-<br />
Experte Generalmajor<br />
Bruno Hofbauer ist Leiter<br />
der Direktion Fähigkeiten<br />
und Grundsatzplanung im<br />
Generalstab des Bundesheeres.<br />
Was ist<br />
eigentlich<br />
ein Blackout?<br />
Nicht immer erzeugen Länder in<br />
Europa so viel Strom, wie sie<br />
gerade benötigen. Ein Verbundsystem<br />
sorgt aber dafür, dass<br />
ein auftretender Bedarf stets mit<br />
Überschüssen aus anderen Ländern<br />
abgedeckt werden kann,<br />
eigene Überkapazitäten werden<br />
wiederum ins kontinentale Netz<br />
abgegeben. Ein komplexes System<br />
aus über- sowie untergeordneten<br />
Leitungen und Schaltstellen stellt<br />
die Ver teilung sicher. Auf Basis von<br />
Wechselstrom gilt es, Erzeugung<br />
und Verbrauch permanent in<br />
Balance zu halten. Wird weniger<br />
Strom verbraucht als produziert, so<br />
steigt die Frequenz über das für die<br />
europäische Systemstabilität notwendige<br />
Niveau von 50 Hertz. Wird<br />
hingegen mehr verbraucht als<br />
produziert, so sinkt sie darunter.<br />
Schon bei geringsten Abweichungen<br />
sind die Netzbetreiber gefordert:<br />
Sie müssen entweder die<br />
Leistung von Kraftwerken hochoder<br />
herunterfahren, einzelne Kraftwerke<br />
überhaupt vom Netz nehmen<br />
oder schlimmstenfalls gezielt in bestimmten<br />
Gebieten vorübergehend<br />
den Strom abschalten. Geschieht<br />
das nicht, kann es zu einem großflächigen<br />
Strom- und Energieausfall<br />
kommen – die Rede ist dann von<br />
einem sogenannten Blackout.<br />
Die Herausforderungen für das<br />
Energiemanagement sind dabei in<br />
den letzten Jahren massiv gestiegen.<br />
Das System der Vergangenheit<br />
war von zentraler konventioneller<br />
Erzeugung weniger Großkraftwerke,<br />
basierend auf fossiler Energie,<br />
geprägt. Heute speisen parallel<br />
dazu aber auch Zehntausende<br />
Windkraftanlagen und Millionen<br />
Photovoltaik-Anlagen ihre volatil<br />
erzeugten – und daher nur ungenau<br />
zu prognostizierenden – Energiemengen<br />
ins Netz.<br />
Fotos: Bundesheer/Pusch, Bundesheer/Zwierschitz
Entgeltliche Einschaltung<br />
Einsatzszenario Bei einem Blackout hilft das Bundesheer und schützt zum Beispiel kritische Infrastruktur. Wichtig ist zudem, dass sich auch<br />
jeder Soldat und jede Soldatin in der Familie und im privaten Umfeld bestmöglich auf ein derartiges Szenario vorbereitet.<br />
lende Mittel sowie die erfolgte<br />
Fokussierung auf andere Schwerpunkte<br />
hatte dieser Bereich in den<br />
vergangenen Jahrzehnten keine<br />
Priorität. Nun werden diese Fähigkeiten<br />
mit Investitionen von rund<br />
20 Millionen Euro im Jahr aber<br />
wieder hochgefahren. „Bis 2025<br />
werden unsere 100 wichtigsten<br />
Liegenschaften so adaptiert, dass<br />
sie zumindest eine 14-tägige Autarkie<br />
erreichen“, erklärt Generalmajor<br />
Hofbauer. „Dabei geht es<br />
nicht nur um elektrische Energie,<br />
also den Strom, sondern auch um<br />
die Wasserversorgung, um den Betrieb<br />
der Küchen und der Sanitärbereiche<br />
sowie um die Bevorratung<br />
von Lebensmitteln. Natürlich<br />
müssen auch die Sanitätsversorgung,<br />
Heizmöglichkeiten im Winter<br />
sowie die militärische Kommunikation<br />
beachtet werden.“ Bei Übungen<br />
wie zuletzt in der Schwarzenberg-Kaserne<br />
in Salzburg und davor<br />
bereits in der Maria-Theresien-<br />
Kaserne in Wien wurden Fähigkeitslücken<br />
identifiziert und systemrelevante<br />
Schwachstellen erkannt.<br />
Erste Maßnahmen zur Erhöhung<br />
der Autarkie der Kasernen<br />
konnten bereits umgesetzt werden:<br />
Seit heuer wird beispielsweise<br />
das Konzept einer „Verpflegsreserve“,<br />
einer von Lieferanten unabhängigen<br />
Verpflegung, in neun<br />
Kasernen des Bundesheeres für<br />
7.800 Personen betrieben. Dabei<br />
soll es möglich sein, zwei Wochen<br />
ohne tägliche Versorgung aus der<br />
zivilen Wirtschaft durchzuhalten;<br />
insgesamt ist das in weiterer Konsequenz<br />
in 100 Kasernen für bis<br />
zu 30.700 Personen geplant.<br />
Parallel dazu werden mit heuer<br />
beginnend zwölf Kasernen im<br />
gesamten Bundesgebiet (siehe<br />
Karte auf der nächsten Seite) zu<br />
sogenannten Sicherheitsinseln<br />
ausgebaut. In der ersten Stufe<br />
sollen diese Sicherheitsinseln<br />
eine Selbstversorgung der Truppe<br />
für zwei Wochen garantieren.<br />
In weiteren Schritten sollen sie<br />
darüber hinaus aber auch den<br />
Blaulichtorganisationen und nötigenfalls<br />
auch Teilen der staatlichen<br />
Verwaltung als sichere und<br />
von äußeren Einflüssen geschützte<br />
Anlaufhäfen in potenziell unsicher<br />
gewordenen Regionen des<br />
Landes dienen. So soll die staatliche<br />
Handlungsfähigkeit in Extremsituationen<br />
unterstützt werden –<br />
und das nicht nur im Falle eines<br />
Blackouts, wie Generalmajor Hofbauer<br />
betont: „Diese Sicherheitsinseln<br />
könnten auch im Falle regionaler<br />
Katastrophen wie Extremschneeereignissen<br />
oder bei Terroranschlägen<br />
als Einsatzbasen<br />
genützt werden und sie kommen<br />
natürlich der Truppe auch bei vielen<br />
anderen Szenarien bis hin zur<br />
militärischen Landesverteidigung<br />
zugute.“<br />
Zurück zu einem möglichen Blackout<br />
und dessen Folgen, die weit<br />
über den Stromausfall hinausreichen:<br />
Ein viel größeres Problem<br />
sind nämlich die dadurch ausgelösten<br />
Folgeereignisse wie bei-<br />
UNSERHEER
Entgeltliche Einschaltung<br />
Ausbaupläne Bundesweit werden vorerst zwölf Kasernen zu sogenannten Sicherheitsinseln ausgebaut. Sie sollen im Endausbau dann auch<br />
externen Blaulichtorgansiationen als sichere Anlaufhäfen dienen.<br />
spielsweise Infrastrukturausfälle<br />
und weitreichende Versorgungsunterbrechungen,<br />
die sich verstärken,<br />
je länger der Strom wegbleibt,<br />
und die nicht nur auf eine<br />
Region oder ein Land beschränkt<br />
bleiben müssen. Millionen Haushalte<br />
könnten plötzlich mitten im<br />
Winter unerwartet ohne Heizung<br />
dastehen, Tausende Menschen<br />
würden in U-Bahnen und Zügen,<br />
in Fahrstühlen, auf Sesselliften<br />
oder auch in Bergbahnen festsitzen.<br />
Handynetze und Bankomaten<br />
funktionieren nicht ohne<br />
Strom. Fehlende Beleuchtung öffentlicher<br />
Plätze, von Straßen und<br />
Häusern und die resultierende<br />
ungewohnte Dunkelheit erhöhen<br />
die Verunsicherung der Bevölkerung.<br />
Der Verkehr käme möglicherweise<br />
mitten in der Rushhour<br />
zum Erliegen, Supermärkte könnten<br />
nicht mehr öffnen und selbst<br />
auf vielen Bauernhöfen ginge<br />
plötzlich nichts mehr. Ohne Strom<br />
stellen Melkmaschinen und Futterroboter<br />
den Betrieb ein. „Zudem<br />
muss uns klar sein, dass wir<br />
es möglicherweise auch mit einer<br />
länger andauernden Phase der<br />
Ungewissheit zu tun haben werden“,<br />
so Generalmajor Hofbauer.<br />
„Wir müssen uns darauf vorbereiten,<br />
dass es dann in gewissen<br />
Bereichen auch zu einem Kontrollverlust<br />
kommen kann und<br />
sich schon nach zwei bis drei<br />
Tagen das Recht des Stärkeren<br />
durchsetzen wird, Plünderungen<br />
und kriminelle Handlungen werden<br />
steigen. Ereignisse wie der<br />
Hurrikan Katrina im Jahr 2005<br />
in den USA haben uns vor Augen<br />
geführt, dass der plötzlich rechtsfreie<br />
Raum sehr schnell von<br />
diversen Gruppierungen genutzt<br />
wird, und damit muss hierzulande<br />
auch im Falle eines Blackouts gerechnet<br />
werden. Dann muss das<br />
Bundesheer autark und einsatzbereit<br />
sein.“ Um in diesem Fall bestmöglich<br />
handlungsfähig zu bleiben,<br />
appelliert Generalmajor<br />
Hofbauer abschließend auch an<br />
die individuelle Vorbereitung und<br />
Eigenvorsorge jeder Soldatin und<br />
jedes Soldaten: „Es ist das eine,<br />
dass wir viel Geld in die Hand<br />
nehmen, um unsere Strukturen<br />
auf ein solches Szenario auszurichten.<br />
Das andere ist, dass man<br />
nur dann beruhigt in den Einsatz<br />
gehen kann, wenn man die eigene<br />
Familie gut versorgt weiß. Treffen<br />
wir daher alle notwendigen Vorbereitungen<br />
dafür und stocken unsere<br />
Vorräte auf, um allzeit bereit zu<br />
sein. Ein Blackout kann jederzeit<br />
eintreten und wird sich nicht im<br />
Voraus ankündigen. Wer kann mit<br />
Sicherheit behaupten, dass wir<br />
nicht schon morgen mit einem<br />
derartigen Szenario konfrontiert<br />
sein werden?“<br />
Impressum: Amtliche Publikation der Republik Österreich / Bundesministerium für Landesverteidigung. Medieninhaber, Herausgeber und<br />
Hersteller: Republik Österreich / Bundesministerin für Landesverteidigung, BMLV, Roßauer Lände 1, 1090 Wien. Erscheinungsjahr: <strong>2021</strong>.<br />
UNSERHEER<br />
Grafik: Bundesheer
10<br />
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Seit einem Besuch<br />
auf der in China gebauten Korvette<br />
„BN Prottoy” (Bild) im Jahr 2017 hält Militär Aktuell<br />
Kontakte zum Militär von Bangladesh. Das südasiatische Land nutzt<br />
schon seit 1974 chinesisches Rüstungsmaterial, nun zeigen sich Vertreter aber mit<br />
dessen Qualität zunehmend unzufrieden: Die Ausfallshäufigkeit sei hoch, die Haltbarkeit inferior<br />
und der After Sale Support wenig hilfreich. Probleme gebe es quer durch alle Baugruppen. Beispielsweise konnten für die im Juli<br />
2019 auf der „Prottoy“ installierten Freund-Feind-Systeme bis heute keine Verbindungen zum Hauptmissions-System und den<br />
SR-60-Oberflächensuchradars hergestellt werden und bei den Patrouillenschiffen „Nishan“ und „Durgam“ ist die Dichtung am<br />
Sonardom am Kiel fehlerhaft. Probleme gibt es auch bei den im Vorjahr eingeführten Jet-Trainingsflugzeugen K-8W Karakorum,<br />
bei denen Munition und Außenlasten nicht oder nur teilweise auslösen und Entfernungsmesser defekt sind. Bereits 2014 waren<br />
15 der erst 2012 gelieferten 44 MBT-2000 Kampfpanzer durch Motorschäden ausgefallen, bis heute wurden von Hersteller Norinco<br />
erst fünf Fahrzeuge repariert. Bei den sechs 2016/17 gelieferten FM-90-Luftabwehrflugkörper-Systemen sind seit 2019 sogar 87<br />
Fehler dokumentiert und von den 2012/13 beschafften fünf WLR-Radarsystemen SLC-2 funktioniert bis heute keines einwandfrei.<br />
Zuletzt wurden bei Tests Ziele des Öfteren mehrfach angezeigt, eine 200 Meter entfernte Baumreihe verhinderte überhaupt jegliche<br />
Erfassung in diese Richtung. Probleme gibt es auch noch bei vielen anderen Systemen – die komplette Liste füllt 15 (!) Seiten.<br />
IM FOKUS<br />
DER KONZERN<br />
IM ÜBERBLICK<br />
Gründung<br />
2006 (davor GIAT)<br />
Umsatz<br />
803 Mio. Euro (2019)<br />
Produkte<br />
Kampfpanzer (AMX-<br />
30, Leclerc), Schützenpanzer<br />
(AMX-10),<br />
Artillerie (Ceasar), ...<br />
NEXTER S.A.<br />
Der 2006 aus der Staatsholding GIAT hervorgegangene französische Gefechtsfahrzeughersteller hat kürzlich im<br />
südfranzösischen Roanne eine neue Fertigungslinie für das neue leichte Mehrzweckpanzerfahrzeug VBMR (Véhicule<br />
Blindé Multi-Rôles) Serval (Bild) eröffnet. Nach 14 Prototyen sind dort <strong>aktuell</strong> vier Serienfahrzeuge in Produk -<br />
tion, sie sollen im Jänner zur Abnahme an die Direction générale de l'Armement gehen. Zwei der 6,4 Meter langen<br />
und 15 bis 17 Tonnen schweren 4-Rad-Fahrzeuge mit ihren – in einer<br />
von drei Versionen – unbemannten 12,7-mm-Waffenstationen passen<br />
in einen A400M-Transporter. Die französische Armee wird nach<br />
einem Erstvertrag aus 2020 zunächst 364 Serval erhalten, bis 2030<br />
soll die Zahl auf 978 steigen. Zum Nexter-Portfolio gehören auch die<br />
Kampfpanzer AMX-30 und Leclerc sowie der Schützenpanzer AMX-10<br />
und die Ceasar-Artillerie, von der jüngst Tschechien 52 Stück bestellte.<br />
2015 haben sich Nexter und die deutsche KMW zur KNDS-Holding<br />
zusammengeschlossen, Ziel ist die Entwicklung des künftigen europäischen<br />
Bodenkampfsystems Main Ground Combat System (MGCS).<br />
FOTO S : G E O R G M A D E R , N E X T E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
N E W S A U S D E R S I C H E R H E I T S B R A N C H E<br />
„WIR HABEN EIN ,OST-FLUGZEUG‘ WESTERNISIERT!“<br />
JAROMÍR LANG<br />
ist Chefdesigner des<br />
tschechischen Jet-<br />
Trainers Aero L-39NG.<br />
Auf der slowakischen Airshow SIAF-<strong>2021</strong> konnten wir mit<br />
dem Chefdesigner des tschechischen Jet-Trainers Aero<br />
L-39NG über die Neuauflage des Albatros sprechen. Dabei<br />
wurde deutlich: Aero rechnet schon bald mit neuen Kunden<br />
in Österreichs östlicher Nachbarschaft und hat nach<br />
wie vor auch die heimischen Luftstreitkräfte am Radar.<br />
Herr Lang, Aero hat 2014 in Farnborough den L-39NG angekündigt<br />
und seitdem kontinuierlich weiterentwickelt.<br />
Wie viel Albatros steckt noch im neuen L-39NG?<br />
Wir haben den Mittelrumpf übernommen, ihn aber um<br />
40 Zentimeter verschlankt und um 30 Zentimeter gekürzt.<br />
Das Flügelprofil haben wir ebenfalls übernommen,<br />
die 100-Liter-Tanks an den Enden aber durch 700-Liter-<br />
Flügelintegraltanks ersetzt. Das Leitwerk stammt von der<br />
JaBo-Version des L-159. Neu ist der Vorderrumpf, mit mehr<br />
Volumen und einer großen Kanzelhaube. Der signifikanteste<br />
Unterschied ist neben 180 Kilogramm weniger Leergewicht<br />
das neue, viel leichtere, kleinere und verbrauchseffizientere<br />
Williams-44-Triebwerk. Außerdem hat der<br />
L-39NG in Summe mit dem Haupttank im Rumpf ein<br />
deutlich größeres Tankvolumen, wodurch wir die Flugdauer<br />
gegenüber früher zumindest verdoppeln konnten.<br />
liegt aber – aus nationalen Gründen – <strong>aktuell</strong> auf Eis. Aber wir<br />
haben mittlerweile einen weiteren ersten Kunden in Asien.<br />
Damit meinen Sie wohl Vietnam?<br />
Wir nennen Kunden nicht, wenn es deren Wunsch ist. Was aber<br />
diesbezüglich bemerkenswert ist: Wir haben ein ehemaliges<br />
„Ost-Flugzeug“ erfolgreich „westernisiert“ – und nun will jener<br />
Kunde alle Dokumentation in Russisch haben (lacht).<br />
Ein angeblicher Interessent ist auch das Kunstflugteam der<br />
VAE, die „Al Fursan“ fliegen momentan MB.339. Was ist da dran?<br />
Das VAE-Team hat uns jedenfalls vor einiger Zeit besucht und<br />
ihr Leader hat den NG auch bereits geflogen. Das müssten sie<br />
nun auch noch in einer Formation tun und dann müssten auch<br />
Tests in großer Hitze erfolgen, das Interesse ehrt uns jedenfalls.<br />
Sie haben auch eine bewaffnungsfähige leichte Kampfflugzeugversion<br />
im Konzept. Ist da ein Bordradar vorgesehen?<br />
Die Bewaffnung ist strukturell vorbereitet, es fehlt nur die relevante<br />
Verkabelung und das Waffenkontrollgerät. Ein eigenes<br />
Bordradar haben wir zurzeit aber nicht geplant, aber natürlich<br />
kann man ein solches – auch im Trainer – im Rahmen unseres<br />
virtuellen Simulationskonzepts im Flugzeug und mit Datenlink<br />
darstellen. Interesse am LCA gibt es beispielsweise aus der<br />
Slowakei und aus Ungarn. Auch Österreich haben wir diesbezüglich<br />
noch nicht aufgegeben. Wir glauben, dass wir das<br />
als sehr teuer kolportierte Auslandstraining auf unseren<br />
Flug zeugen weit kostengünstiger darstellen könnten.<br />
Mittlerweile soll die Produktion angelaufen sein. Erstkunde<br />
ist nun aber nicht mehr der Senegal, oder?<br />
Das ist richtig. Die Produktion läuft und für Senegal gibt es<br />
prinzipiell einen Vertrag über sechs Maschinen. Dieser<br />
Ihr Partner für Sicherheit und Verteidigung<br />
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C 4 ISR<br />
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Avionik<br />
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Meteorologie
0 4 6 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
NEUE BOOTE GEGEN CHINA<br />
Die USA, Großbritannien und Australien haben kürzlich eine neue Sicherheitsallianz<br />
für den indopazifischem Raum verkündet. Aukus dürfte die geostrategische Lage<br />
auf Jahre hinaus verändern und gravierende Auswirkungen auf die europäische<br />
Rüstungs- und Sicherheitsindustrie haben.<br />
Text: GEORG MADER<br />
A<br />
ls Australien 2016 bei<br />
der französischen Naval<br />
Group um rund 50<br />
Milliarden Euro insgesamt<br />
zwölf Barracuda-<br />
Boote (dabei handelt<br />
es sich um eine Ableitung der französischen<br />
nuklearen Suffren-Klasse) bestellte,<br />
verzichtete Canberra zugunsten eines<br />
Diesel- auf einen Atomantrieb. Man<br />
habe auch keine Kernkraftwerke, so das<br />
Argument. Fünf Jahre später ist nun alles<br />
anders: Nach streng geheim gehaltenen<br />
Gesprächen verkündete die Regierung<br />
von Premier Scott Morrison kürzlich<br />
angesichts „großer strategischer Herausforderungen<br />
im indopazifischen Raum“<br />
eine neue geostrategische Allianz mit<br />
Großbritannien und den USA. Der Rahmen<br />
von Aukus – es handelt sich dabei<br />
um ein Akronym aus den englischen<br />
Abkürzungen der drei beteiligten Staaten<br />
Australia, United Kingdom, United<br />
States – ist bewusst groß gesetzt: Neben<br />
der Bereitstellung von modernen Technologien<br />
und künstlicher Intelligenz ist<br />
auch von fortschrittlichen Waffen sowie<br />
der Nutzung von Perth als Hafen für<br />
US- und UK-Kriegsschiffe die Rede.<br />
Mit Aukus ebenfalls verbunden: Ein<br />
Schwenk weg von den französischen<br />
Booten hin zu insgesamt acht atomgetriebenen<br />
Unterwasserschiffen, die mit<br />
britischer und amerikanischer Unterstützung<br />
in Adelaide gebaut werden sollen.<br />
Vor der für 18 Monate angesetzten<br />
finalen Bewertung ist nicht klar, ob die<br />
der Royal Australian Navy (RAN) zugänglich<br />
gemachte Atom-U-Boot-Technologie<br />
– nur die Nahrungsvorräte<br />
begrenzen deren Seedauer – auf der<br />
US-Virginia-Klasse oder der britischen<br />
Astute-Klasse basieren wird. Sehr wahrscheinlich<br />
wird der Schritt aber eine<br />
Lebensdauerverlängerung der sechs<br />
alten australischen Boote der Collins-<br />
MÖGLICHER KANDIDAT Noch ist nicht klar, ob die neuen australischen U-Boote auf der<br />
amerikanischen Virginia-Klasse oder der britischen Astute-Klasse (Bild) basieren sollen.<br />
Klasse (ein Ableger der schwedischen<br />
Gotland-Klasse) zur Folge haben.<br />
Laut dem britischen Verteidigungsminister<br />
Ben Wallace wären es die Australier<br />
gewesen, die im März das Gespräch<br />
mit den Briten und Amerikanern suchten.<br />
Den politischen Folgen dieses<br />
Schritts wird sich Canberra sicherlich<br />
bewusst gewesen sein: Neben China<br />
zeigte sich auch Frankreich in einer<br />
ersten Reaktion ordentlich verstimmt.<br />
Chinesische Medien bezeichneten das<br />
Abkommen als „schädigend für Frieden<br />
und Stabilität in der Region“ und als<br />
„Wettrüsten in der Abschreckungslogik<br />
des Kalten Krieges“. Die mehrfachen<br />
australischen Erklärungen, wonach man<br />
nuklear angetriebene, aber nicht nuklear<br />
bewaffnete Boote anstrebe, wurden als<br />
„irrelevant“ abgetan. Australien werde<br />
nun im Konfliktfall – so die Warnung,<br />
bei der man sich eins mit Russland<br />
wähnt – „nicht mehr als unschuldiger<br />
Dritter wahrgenommen“ und könnte<br />
somit „Ziel von Atomschlägen“ werden.<br />
Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le<br />
Drian sprach angesichts des „völlig überraschenden<br />
Schritts“ von einem „Dolchstoß<br />
in den Rücken“ und sah die Zukunft<br />
der NATO in Gefahr. Er warf Australien,<br />
den USA und Großbritannien „Lüge“<br />
und „Doppelzüngigkeit“ vor und berief<br />
die französischen Botschafter aus Canberra<br />
und Washington ab. Der Sturm<br />
der Entrüstung wird wohl spätestens mit<br />
der Einigung Australiens mit der Naval-<br />
Werft auf eine milliarschenschwere Pönale<br />
abebben. Für das erst kürzlich nach<br />
dem Afghanistan-Abzugsdesaster aufs<br />
Neue vielstimmig geäußerte Bestreben<br />
der Europäer, globale strategische Autonomie<br />
zu erreichen, um als sicherheitspolitischer<br />
Player ernst(er) genommen<br />
zu werden, ist Aukus samt dessen „Fußabdruck“<br />
auf die Marinerüstung aber<br />
in jedem Fall ein enormer Rückschlag.<br />
Und als wäre das nicht genug, musste die<br />
EU kürzlich – medial unbeachtet – auf<br />
US-Druck zustimmen, dass künftig auch<br />
US-Rüstungskonzerne vom neuen EU-<br />
Verteidigungsfonds profitieren können.<br />
FOTO : L A ( P H OT ) PAU L H A L L I W E L L / M O D<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
ADVERTORIAL<br />
FOTO: SAAB<br />
Das Mehrzweck- und Überschall-<br />
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saab.com/austria<br />
MILITÄR AKTUELL
0 4 8 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
LEONARDO<br />
HAT VIEL ZU TUN<br />
eht es nach Leonardo,<br />
G<br />
dann sollen die beiden<br />
neuen Jet-Trainer M-<br />
345 und M-346 schon<br />
bald bei zahlreichen<br />
Luftstreitkräften der<br />
Welt in Dienst stehen. Tatsächlich scheint<br />
der Markt riesig und die Nachfrage hoch:<br />
Einen ersten Exportauftrag für die leichte<br />
Fighter-Version des M-346 hat Leonardo<br />
jedenfalls bereits abgeschlossen, weitere<br />
Auslandsaufträge sind in Arbeit. Die italienische<br />
Luftwaffe hat zudem kürzlich<br />
damit begonnen, in Lecce-Galatina<br />
die ersten 18 Stück ihrer neuen T-345<br />
(italienische Bezeichnung der M-345)<br />
einzuführen, welche am Ende auch die<br />
„Frecce Tricolori“ ausrüsten werden.<br />
Ende September hat Militär Aktuell einen Tag<br />
im Flugzeugwerk von Leonardo in Venegono in<br />
Norditalien verbracht. Dort herrscht rund um die<br />
beiden Jet-Trainer M-345 und M-346 auffällige<br />
Betriebsamkeit – und auch Österreich war beim<br />
Besuch ein Thema.<br />
Text: GEORG MADER<br />
Für den Vertriebsleiter der Flugzeugsparte<br />
Eduardo Munhos de Campos – ein gebürtiger<br />
Brasilianer, den Militär Aktuell<br />
seit Jahren gut kennt – kommen mittlerweile<br />
102 verkaufte Maschinen und der<br />
hohe Zuspruch nicht überraschend.<br />
Potenzielle Kunden würden neben den<br />
Vorteilen und Verbesserungen für das<br />
Pilotentraining vor allem die Möglichkeit<br />
des budgetschonenden „Downloads“ echter<br />
Kampfflugzeugstunden auf die beiden<br />
Leonardo-Trainer sehen, so de Campos.<br />
Das Feedback der ersten Nutzer bestätige<br />
die hohe Erwartungshaltung – und zwar<br />
sowohl bezüglich Flugleistung, Spezifikationen,<br />
Funktionen und Treibstoffeinsparungen<br />
als auch in Bezug auf die Redun-<br />
GESPRÄCHSPARTNER Militär Aktuell-Autor<br />
Georg Mader im Gespräch mit Leonardos<br />
Flugzeugspartenchef Munhos de Campos.<br />
danz in fast allen Systemen und mit Blick<br />
auf die höhere Sicherheit des M-346<br />
aufgrund seiner zwei Triebwerke. Dazu<br />
kommt laut de Campos ein weiterer großer<br />
Vorteil: „Beide Modelle sind nicht nur<br />
als Flugzeug zu sehen, sondern als Teil eines<br />
revolutionären integrierten Systems.“<br />
Für das IPTS (Integrated Pilot Training<br />
System) werden am Boden moderne,<br />
hauseigen entwickelte Simulationssysteme<br />
verwendet, die – mit derselben Architektur<br />
und Darstellung wie im Flugzeug –<br />
einen großen Teil der Typeneinschulung<br />
(OCU – Operational Conversion Unit) in<br />
Doppelsitzern des Einsatzmusters obsolet<br />
machen. Die italienische Luftwaffe konnte<br />
dadurch ihre Stunden am Eurofighter-<br />
Doppelsitzer um 50 Prozent reduzieren<br />
und bei der israelischen Luftwaffe geht es<br />
für die Piloten nun nach der letzten Fortgeschrittenen-Phase<br />
IV von den 30 neuen<br />
M-346 Lavi gleich ohne Zwischenstation<br />
auf die Einsatzmuster. Ähnlich soll es<br />
bald auch in Griechenland ablaufen, wo<br />
die Piloten von den zehn neuen M-346<br />
direkt auf Rafale umsteigen werden.<br />
Der kleinere und einstrahlige M-345HET<br />
(High Efficieny Trainer) ist ein vom Modell<br />
S.211 aus den 1980er-Jahren (damals<br />
gingen 60 Stück an Haiti, die Philippinen<br />
und an Singapur) inspirierte Neuauflage,<br />
kommt allerdings mit mehr Verbundwerkstoffen<br />
und einem neuen ökonomischen<br />
Triebwerk daher. Konkurrent Aero<br />
setzt bei seinem L-39NG auf den gleichen<br />
Antrieb, der gegenüber der kürzlich in<br />
Österreich abgestellten Saab-105Ö allerdings<br />
etwas schwächer ausfällt. Sechs<br />
der ersten 18 von insgesamt 45 für die<br />
italienische Luftwaffe bestimmten T-345<br />
sind bereits fertig und zwei Maschinen<br />
auch schon ausgeliefert. Dank bis zu<br />
1,2 Tonnen Außenlasten und bereits<br />
zertifizierten Zusatztank- und Sensorbehältern<br />
ist der Typ auch als Waffentrainer<br />
einsetzbar.<br />
Der M-346AJT (Advanced Jet Trainer)<br />
setzt auf mehr Power und überhaupt in<br />
einer gänzlich anderen Liga spielt diesbe-<br />
FOTO S : A M I , L E O N A R D O, G E O R G M A D E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
L E O N A R D O<br />
ZWEI TYPEN – EIN GEMEINSAMER<br />
NENNER Mit dem M-345 (rechts) und dem<br />
M-346 (oben) deckt Leonardo eine große<br />
Bandbreite an Jet-Trainingsmöglichkeiten bis<br />
hin zu möglichen Einsätzen als Sensor- und<br />
Waffenträger sowie als leichte Kampfflugzeuge<br />
ab.<br />
MONTAGEBAND Im Produktionswerk wird fleißig an den neuen T-345A der italienischen Luftstreitkräfte gebaut.<br />
Im Vergleich zu früheren Besuchen –<br />
Militär Aktuell hat dabei etwa die Jets mit<br />
den polnischen oder sogar israelischen<br />
Produktionskürzeln in der Fertigung fotografieren<br />
können – waren Kameras nun<br />
bei unserem <strong>aktuell</strong>en Besuch in Venegono<br />
ein „No-Go“. Uniformiertes Sicherheitspersonal<br />
begleitet Gäste und Gastgeber<br />
auf Schritt und Tritt und behält dabei<br />
auch die Mobiltelefone im Auge. Ein<br />
Laptop muss mit Seriennummer bei der<br />
Wache registriert, kann dann aber in<br />
einen Briefing-Raum mitgenommen werden<br />
– aber dort bleibt er auch. Laut Auskunft<br />
der Gastgeber haben die erhöhten<br />
Sicherheitsvorkehrungen primär mit zwei<br />
<strong>aktuell</strong>en Aufträgen zu tun, die auf Kundenwunsch<br />
nicht kommentiert werden<br />
sollen. Daran ändert auch nichts, dass in<br />
Turkmenistan der Staatschef selbst seinen<br />
Flug in einer von zwei neuen „346ern“<br />
(die Teil eines größeren Auftrags sein sollen)<br />
dokumentiert hat und dass die Buchstabenkürzel<br />
auf Rumpfteilen auf andere<br />
künftige Nutzer schließen lassen. Aufgrund<br />
des in Fachkreisen kolportieren<br />
Interesses aus Aserbaidschan, Nigeria<br />
und Katar kommt das Vorgehen der<br />
Italiener aber auch nicht überraschend.<br />
Tranche-1-Eurofighter des Bundesheeres<br />
ergeben. Beides lasse sich ebenso wie der<br />
beabsichtigte Kauf der vor einem Jahr gewählten<br />
18 AW169M-Hubschrauber im<br />
Rahmen eines Government-to-Government-Geschäfts<br />
abwickeln. Bei den Drehflüglern<br />
sollen übrigens die von der italienischen<br />
Version abweichenden Details<br />
mittlerweile ausverhandelt sein. Einen<br />
Vertrag zum Ersatz der heimischen Alouette<br />
III-Flotte – die geplantermaßen ab<br />
2023 ausphasen soll – gibt es bei Redaktionsschluss<br />
aber trotzdem noch keinen.<br />
Was es aber gibt, ist – zumindest für die<br />
nähere Zukunft – ein Training von immer<br />
zwei heimischen Pilotenschülern in<br />
Lecce-Galatina. Künftig dort aber nur auf<br />
züglich die leichte Fighter-Version des<br />
M-346, die dank großer Schubkraft und<br />
Rollrate bei mehreren Übungen in Italien<br />
und Spanien auch bereits erfolgreich<br />
„Red Air“-Feinddarsteller spielte. Das<br />
große Plus des M-346 ist sicherlich das<br />
ETTS, die integrierte Simulationsplattform,<br />
an der zahlreiche Sensoren wie<br />
etwa das Bordradar oder Zielbeleuchtungsbehälter<br />
sowie eine Reihe von elektronischen<br />
Gegenmaßnahmen durchgespielt<br />
werden können. Alle diese Sensoren<br />
können auch mit anderen Fluggeräten<br />
des gleichen Typs so verwendet werden,<br />
als ob sie real wären und gleichzeitig<br />
auch mit Bodensimulatoren interagieren,<br />
um ein für die neueste Generation von<br />
Kampfjets typisches Umfeld zu schaffen<br />
und darzustellen.<br />
Aus Sicht von Leonardo überraschend<br />
ist hingegen das nach wie vor verhaltene<br />
Interesse Österreichs an den Jet-Trainern,<br />
die dem Bundesheer – da sind die dortigen<br />
Entscheidungsträger überzeugt – dabei<br />
helfen könnten, die Kosten für die als<br />
sehr teuer kolportierte Auslandsausbildung<br />
heimischer Piloten zu senken. Mögliche<br />
Synergien könnten sich zudem auch<br />
beim Weiterbetrieb oder Upgrade der<br />
M-345, der M-346-Betrieb wird 2022<br />
zusammen mit Leonardos neuer und<br />
international orientierter Pilotenschule<br />
IFTS nach Decimomannu auf Sardinien<br />
umziehen. Mit uns bilden dann dort<br />
Argentinien, Frankreich, Griechenland,<br />
Kuwait, die Niederlande, Polen, Singapur,<br />
Spanien, teils die USAF, Katar und<br />
Deutschland Jet-Nachwuchs der Phase<br />
IV auf insgesamt 22 Stück T-346A (italienische<br />
Bezeichnung der M-346) aus.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 5 1 P A N O R A M A<br />
DES HEERES N<br />
Gut getarnt: Nach zweieinhalb Jahren<br />
Entwicklung wird seit dem Frühjahr<br />
2019 der „Tarnanzug neu“ im Heer<br />
eingeführt. In den kommenden Jahren<br />
sollen jährlich 4.000 Stück des Musters<br />
bei der Truppe zulaufen.<br />
Text: CONNY DERDAK<br />
Im März 2019 war es so weit: Im Rahmen<br />
eines Festakts in der Landwehr-<br />
Kaserne in St. Michael erhielten die<br />
ersten Soldaten die neuen Bundesheer-Uniformen<br />
mit Fleckentarndruck.<br />
Der eigens für Österreich<br />
entwickelte neue Look bietet<br />
in natürlicher Umgebung einen<br />
höheren T<br />
zug 03 un<br />
Aufklärun<br />
mittel erh<br />
Gestaltun<br />
außerdem<br />
freundlich<br />
So wurde<br />
FLAUSCHTEILE<br />
Für die Anbringung von<br />
Kennzeichnungen beziehungsweise<br />
Abzeichen<br />
aus leichtem Velour.<br />
RÜSTUNG<br />
Auf der Abbildung ist noch<br />
nicht die neue Rüstung zu<br />
sehen. Diese wird gerade<br />
erst entwickelt und erprobt<br />
und ist noch nicht offiziell<br />
in Verwendung.<br />
RIEGEL<br />
Riegel an exponierten<br />
Stellen wie Tascheneingriffen<br />
und Gürtelschlaufen<br />
sorgen für Stabilität<br />
und sollen ein Ausreißen<br />
verhindern.<br />
TARNANZUGJACKE SCHWER<br />
Aus Tarnanzugstoff 330, einem<br />
330 g/m² schweren atlasbindigen<br />
Gewebe aus 65 Prozent<br />
Polyester und 35 Prozent Baumwolle.<br />
Die Jacke weist dadurch<br />
eine Reißfestigkeit von mindestens<br />
130 daN und eine wasser-,<br />
öl- und schmutzabweisende<br />
Fluorcarbonausrüstung auf. Der<br />
Futterstoff ist aus neun Millimeter<br />
starkem Polyester-Füllvlies<br />
und einem leichten Polyamidgewebe<br />
zweilagig versteppt,<br />
die Reißverschüsse sind mit<br />
acht Millimeter Kettenbreite<br />
ausgeführt. Zum Verschließen<br />
der Jacke werden zusätzlich<br />
Knöpfe mit einer Abdeckleiste<br />
eingesetzt. Die Jacke verfügt<br />
über je zwei große Seiten-,<br />
Brust- und Innentaschen mit<br />
Reißverschluss, der Schnitt ist<br />
für eine bessere Passform leicht<br />
tailliert.<br />
G R A F I K : T I B O E X E N B E R G E R / C A R O L I N E S E I D L E R .CO M<br />
FOTO S : B U N D E S H E E R<br />
AUFBAU DES TARNMUSTERS<br />
Das Tarnmuster besteht aus sechs Farben mit Beige<br />
als Grundfarbe. Das Muster ist waagrecht ausgerichtet,<br />
um ein besseres „Zerreißen“ der Körperkonturen zu<br />
erzielen. Die Soldaten verschmelzen dadurch im sichtbaren<br />
Wellenbereich mit der Umgebung, durch die<br />
speziellen Infrarot-Remissionswerte der einzelnen Farben<br />
wird darüber hinaus aber auch eine Aufklärung mit<br />
optronischen Aufklärungsmitteln wie beispielsweise<br />
Nachtsichtgeräten erschwert. Zusätzlich zum Standardmuster<br />
wurde auch ein spezielles Wüstentarnmuster<br />
für Auslandseinsätze entwickelt (Bild links).<br />
TARNANZUGHOSE<br />
Die Hose besteht aus<br />
Tarnanzugstoff 215 und<br />
ermöglicht durch eine doppellagige<br />
Ausführung im<br />
Kniebereich das Einschieben<br />
von Protektoren. Die<br />
Schritt-, Seiten- und Gesäßnähte<br />
sind dreifach vernäht,<br />
es stehen zwei große<br />
Schenkeltaschen mit innenliegender<br />
Zusatztasche und<br />
zwei schräge Seitentaschen<br />
mit großem Taschenbeutel<br />
zur Vergügung. Ein Ripsband<br />
mit Druckknopf am<br />
Hosenabschluss ermöglicht<br />
die Fixierung am Schuh und<br />
eine drei Millimeter starke<br />
Gummischnur mit Kordelstopper<br />
sorgt für einen<br />
sauberen Hosenabschluss.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I N F O G R A F I K<br />
EUE KLEIDER<br />
Tarneffekt als der alte Kampfannd<br />
soll zudem die elektronische<br />
ng durch optronische Nachtsichtrheblich<br />
erschweren. Bei der<br />
ng des Tarnanzugs neu wurde<br />
m viel Wert auf eine hohe Nutzungschkeit<br />
und auf mehr Komfort gelegt.<br />
en etwa Vorkehrungen getroffen,<br />
FACTBOX<br />
um Knie- und Ellbogenschutzprotektoren<br />
einschieben zu können. Neben den Soldaten<br />
des Jägerbataillons 18 sind mittlerweile<br />
auch die Soldaten des Panzergrenadier -<br />
bataillons 13 in Ried und der Panzerbataillons<br />
14 in Wels mit den neuen Uniformen<br />
ausgestattet, das jährliche Beschaffungsvolumen<br />
liegt bei rund 1,6 Millionen Euro.<br />
Der neue Tarnanzug<br />
Grundmaterial Tarnanzugstoff 215 oder 330<br />
Zusammensetzung Jacke und Hose bestehen aus 215 g/m² leichtem<br />
leinwandbindigem Gewebe aus 67 Prozent Polyester und 33 Prozent<br />
Baumwolle mit sogenannten Ripsfäden in Schuss und Kette.<br />
Reißfestigkeit Über 60 Dekanewton (daN); die Ripsfäden erhöhen<br />
außerdem die Weiterreißfestigkeit.<br />
Waschmaschinenfestigkeit Eine Maßänderung von maximal<br />
1,5 Prozent garantiert, dass nach mehreren Industriewäschen mit 60 Grad<br />
Celsius die Uniformteile weiterhin ihre „Ursprungsgröße“ beibehalten.<br />
Reißverschlüsse Eine Kettenbreite von mindestens 6 Millimetern<br />
sorgt für längere Haltbarkeit.<br />
Nähte Bei dehnbaren Materialien kommen Überdecknähte und<br />
Doppelkettenstiche zum Einsatz, damit eine Dehnung auch an der<br />
Naht gewährleistet wird. Alle Nähte sind mindestens zweifach verarbeitet.<br />
TARNANZUGHEMD<br />
Für ein besseres Tragegefühl beim Tragen einer ballistischen<br />
Schutzweste beziehungsweise Kampfweste wurde auf ein<br />
dehnbares, scheuerbeständiges Material im Körperbereich<br />
geachtet. Die Ärmel bestehen aus Ripstop-Gewebe und die<br />
Ellenbogenbereiche wurden doppellagig ausgeführt,<br />
um Protektoren aufnehmen zu können.<br />
TARNANZUGJACKE LEICHT<br />
Gefertigt aus Tarnanzugstoff<br />
215, im Ellbogenbereich doppellagig<br />
um Protektoren einschieben<br />
zu können. Die Jacke<br />
verfügt über zwei große Brust -<br />
taschen mit Reißverschluss und<br />
innenliegenden Gummibändern.<br />
Der Schnitt wurde bewusst länger<br />
gewählt, damit beim Tragen<br />
von Funktionsgürteln in der<br />
Bewegung ein Hinaufrutschen<br />
verhindert wird. Zwei große<br />
Ärmeltaschen mit Reißverschluss<br />
bieten<br />
Platz zum Verstauen<br />
von Kleinmaterial,<br />
Ärmellaschen am<br />
Handgelenk ermöglichen<br />
ein<br />
Verstellen der<br />
Ärmelweite.<br />
TARNANZUGHEMD<br />
KURZARM<br />
Kurzärmeliges, luftdurchlässiges<br />
und knitterarmes<br />
Hemd aus 80 Prozent<br />
Baumwolle und 20 Prozent<br />
Polyestergewebe mit zwei<br />
Brusttaschen.<br />
INTERVIEW<br />
„Der neue Anzug hat<br />
drei große Pluspunkte“<br />
Amtsdirektor<br />
Herbert Engel,<br />
Leiter technische<br />
Grundlagen &<br />
Spezifikation bei der<br />
Heeresbekleidungsanstalt,<br />
ist Chef -<br />
entwickler des<br />
neuen Tarnanzugs.<br />
Herr Engel, aus welchem Grund wurde<br />
überhaupt eine neue Uniform kreiert?<br />
Es gab einerseits einen politischen Auftrag<br />
im Jahr 2016, die Uniform mit einem<br />
Tarnmuster zu versehen. Andererseits<br />
gibt es immer wieder Verbesserungsund<br />
Änderungswünsche von der Truppe,<br />
welche im Zuge der halbjährlich tagenden<br />
Arbeitsgruppe „Anzug 03“ behandelt werden.<br />
Bei der Einführung des Tarnanzuges<br />
wurden viele dieser Forderungen und<br />
Wünsche umgesetzt.<br />
Was ist der größte Pluspunkt im<br />
Vergleich zum alten Kampfanzug?<br />
Aus meiner Sicht gibt es drei Pluspunkte.<br />
Erstens: Der einfarbige braun-graue<br />
Kampfanzug wurde zu einem sechsfarbigen<br />
Tarnanzug. Zweitens: Die Tarnanzugjacke<br />
schwer ist nun gefüttert. Und drittens: Die<br />
Einführung des Tarnanzughemdes (Anm.:<br />
allseits als „Combat Shirt“ bekannt) ist eine<br />
wesentliche Erleichterung beim Tragen<br />
einer Kampfweste oder einer ballistischen<br />
Schutzweste.<br />
Was war bei der Entwicklung und<br />
Produktion die größte Herausforderung?<br />
Bei der Entwicklung des Tarnmusters war<br />
vor allem die Farbgebung inklusive der<br />
dazugehörigen IR-Remissionswerte eine<br />
besondere Herausforderung. In der Schnittkonstruktion<br />
und Gradierung ergab sich<br />
außerdem bei den kleinen Größen eine<br />
Schwierigkeit im Bereich der Anbringung<br />
der Applikationen wie Taschen und Verstärkungen,<br />
aber diese konnte schlussendlich<br />
auch gemeistert werden.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 5 0 s c h l u s s p u n k t<br />
AFGHANISTAN:<br />
IMAGEDESASTER & STRATEGISCHE<br />
KURSKORREKTUR DER USA<br />
Die Bilder verzweifelter Afghanen, die sich an startende Flugzeuge der US-Luftwaffe klammern,<br />
werden sich zweifelsohne im kollektiven Gedächtnis einprägen und dem Image der Vereinigten Staaten<br />
nachhaltig schaden. Sie verstellen aber den Blick auf das Wesentliche, das sich mit dem überhasteten<br />
Abzug verbindet. Eine Analyse von Sicherheitspolitik-Experte Brigadier a. D. Walter Feichtinger.<br />
der unrühmliche und für viele<br />
Afghanen verheerende Abzug<br />
westlicher kräfte ist noch gar<br />
nicht richtig aufgearbeitet, da stellen sich<br />
bereits die Fragen nach den mittel- bis<br />
langfristigen Auswirkungen des Machtwechsels.<br />
Vordringlich dabei: Wie stabil<br />
wird Afghanistan unter taliban-Führung<br />
sein? und wird das land abermals zum<br />
sicheren hafen für terrororganisationen<br />
wie Al-kaida oder is? Beide Aspekte sind<br />
insbesondere für die nachbarstaaten und<br />
Moskau von vitaler Bedeutung. es darf<br />
dabei bezweifelt werden, dass die islamistischen<br />
putschisten ihre hardliner und<br />
Fanatiker unter kontrolle halten sowie dauerhaft<br />
und landesweit für ordnung und<br />
sicherheit sorgen können. china ist jedenfalls<br />
bestrebt, das entstandene Vakuum zu<br />
füllen und auch russland, pakistan sowie<br />
iran wollen an einfluss gewinnen. es wird<br />
somit vor allem an ihnen liegen, in ihrem<br />
ureigensten interesse für stabilität zu sorgen<br />
– die usA werden das nicht mehr tun.<br />
Mit dem ende des Afghanistaneinsatzes<br />
scheint auch die Ära umfangreicher (humanitärer)<br />
interventionen ein vorläufiges<br />
ende gefunden zu haben. der moralische<br />
druck vor allem im Westen, im Falle von<br />
Verbrechen gegen die Menschlichkeit<br />
oder Völkermord „etwas zu tun“, wird<br />
zwar weiter aufrecht bleiben. Ambitionen,<br />
regime zu stürzen, politische systeme zu<br />
reformieren und staaten neu aufzubauen,<br />
haben jedoch nach kosovo, Afghanistan,<br />
irak und libyen einen starken dämpfer<br />
erfahren. dazu kommt, dass es moderne<br />
Waffensysteme wie kampfdrohnen, raketen<br />
oder Marschflugkörper ermöglichen,<br />
missliebige regime oder terrororganisationen<br />
auch aus der Ferne abzuschrecken,<br />
einzuschüchtern oder direkt zu bekämpfen.<br />
ob damit tatsächlich die gewünschten<br />
effekte zu erzielen sind oder ob im Fall<br />
der Fälle nicht doch auch „boots on the<br />
ground“ zur problemlösung vonnöten<br />
sein werden, bleibt abzuwarten. die entsendung<br />
zigtausender westlicher soldaten,<br />
um irgendwo weit entfernt innerstaatliche<br />
kriege zu beenden oder sicherheit<br />
beim Wiederaufbau zu garantieren, wird<br />
es aber so schnell nicht mehr geben.<br />
„Afghanistan ist ein<br />
,Bauernopfer‘ der neu<br />
ausgerichteten Außenund<br />
Sicherheitspolitik<br />
der USA!“<br />
der geostrategische Fokus der usA liegt<br />
mit dem Abzug aus Afghanistan nun noch<br />
stärker auf dem indopazifik. um die immensen<br />
finanziellen kosten und enormen<br />
militärischen ressourcen zur Aufrechterhaltung<br />
des Afghanistaneinsatzes einzusparen,<br />
nahm präsident Joe Biden sogar<br />
das imagedesaster des überhasteten Abzugs<br />
in kauf. der us-Aufwand für die stationierung<br />
am hindukusch stand spätestens<br />
seit der tötung osama bin ladens im<br />
Jahr 2011 in keiner vertretbaren relation<br />
mehr zum strategischen nutzen. Gewiss –<br />
der Verlust der Basis Afghanistan als zentrale<br />
drehscheibe im südlichen Zentralasien<br />
schmerzt, dürfte aber verkraftbar<br />
sein. die im september erfolgte Formierung<br />
der sicherheitsallianz Aukus (Australien,<br />
united kingdom, usA, siehe auch<br />
seite 46) im pazifik unterstreicht die hinwendung<br />
zum indopazifischen raum. hier<br />
sei auch angemerkt, dass europa damit<br />
binnen kürzester Zeit zwei Mal als „erfüllungsgehilfe“<br />
der usA düpiert wurde und<br />
sich für die Zukunft etwas überlegen sollte.<br />
Fazit: der Abzug des Westens verändert<br />
die lage in Afghanistan dramatisch, wird<br />
aber keine Zäsur in den globalen entwicklungen<br />
darstellen. die usA haben auf dem<br />
geopolitischen schachfeld zwar einen<br />
Verlust erlitten, sich damit aber auch die<br />
Möglichkeit für neue spielzüge an anderer<br />
stelle eröffnet. es scheint ganz so, als würde<br />
Afghanistan damit ein „Bauernopfer“<br />
der neu ausgerichteten Außen- und<br />
sicherheitspolitik der usA.<br />
Brigadier a. D. Walter Feichtinger ist<br />
Präsident des Center for Strategic<br />
Analysis (CSA).<br />
Foto s : B u n d e s h e e r / M i n i c h , p i c t u r e d e s k<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
WAS TUN,<br />
WENN ALLES<br />
STEHT?<br />
Kommt es zu einem Blackout, also einem<br />
längeren Strom-, Wasser- und Infrastrukturausfall,<br />
so bedeutet dies eine große Herausforderung<br />
für uns alle.<br />
Unser Heer bereitet sich bestmöglich darauf vor,<br />
um auch unter diesen schwierigen Bedingungen<br />
seine Aufgaben weiterhin erfüllen und die<br />
Einsatzorganisationen unterstützen zu können.<br />
Aber auch Sie sollten sich für einen solchen<br />
Fall vorbereiten.<br />
Infos und Tipps darüber, wie Sie selbst vorsorgen<br />
bzw. sich vorbereiten können, finden Sie unter<br />
bundesheer.at/blackout
ECHTERPIONIER<br />
DER PIONIERPANZER3 KODIAK<br />
Der derzeit einzige, speziell für die Bedürfnisse der Pioniere<br />
entwickelte Pionierpanzer auf der bewährten und flexiblen<br />
Leopard2 Basis.<br />
Über den Pioniereinsatz hinaus bestens geeignet zur<br />
Unterstützung im Rahmen des Katastrophenschutzes.<br />
www.rheinmetall-defence.com/Kodiak