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Militaer_aktuell_3_2021

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WELTGESCHEHEN<br />

Aktuelle Konflikte,<br />

Krisen und<br />

Analysen — S. 8<br />

militär<br />

TRUPPENBESUCH<br />

Zu Gast bei der<br />

Gardemusik in<br />

Wien — S. 18<br />

MISSION POSSIBLE<br />

In der Wildnis<br />

überleben mit dem<br />

Jägerbataillon 25 — S. 36<br />

DAS NEUE<br />

ÖSTERREICHISCHE<br />

MILITÄRMAGAZIN<br />

AUSGABE 3|21<br />

EURO 5,80<br />

AKTUELL<br />

Aleppo, Mossul, Donezk:<br />

Seit Jahren verlagern<br />

sich Kampfhandlungen<br />

vermehrt in Städte und<br />

urbane Ballungsräume. Was<br />

bedeutet diese Entwicklung<br />

für das Bundesheer?<br />

Eine Militär Aktuell-Analyse.<br />

URBAN WARFARE<br />

Krieg in<br />

der Stadt


Dienen und<br />

Schützen.<br />

Der AW169 erfüllt die hohen Anforderungen für Einsätze im 21. Jahrhundert.<br />

Der AW169 ist ein zweimotoriger Hubschrauber der neuesten Generation mit<br />

Bestleistungen in seiner Klasse und vielseitigen Einsatzmöglichkeiten unter den<br />

anspruchsvollsten Einsatzbedingungen.<br />

Als leistungsstarker, allwettertauglicher Helikopter, der mit moderner,<br />

fortschrittlicher Ausrüstung und Sicherheitsfunktionen ausgestattet ist,<br />

kann der AW169 in seiner militärischen Version eine Vielzahl von Missionen<br />

erfüllen, darunter Truppentransporte, Logistikunterstützung, Überwachung und<br />

Aufklärung, Einsätze von Spezialkräften, Command and Control, Training,<br />

medizinische Evakuierung und Bergung von Verwundeten, Suche und Rettung<br />

(SAR) sowie Bergung von Personal (Personnel Recovery).<br />

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E D I T O R I A L<br />

0 0 3<br />

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER<br />

ür Soldaten zählen Häuserkämpfe, wie sie die<br />

F<br />

US-Marines im Spätherbst 2004 in der Rebellenhochburg<br />

Falludscha erlebten, zu den wohl<br />

schwierigsten und gefährlichsten Aufgaben<br />

überhaupt: Überlegene Feuerkraft hilft wenig<br />

gegen einen Gegner, der mit dem Gewehr im<br />

Anschlag im Haus geduldig auf den ersten Soldaten wartet,<br />

der durch die Tür kommt. Improvisierte Sprengladungen,<br />

Minen und Fallen, aber auch Scharfschützen stellen ständige<br />

Gefahren dar. Die über- und unterdische Bebauung unterbricht<br />

Sichtlinien, schafft tote Winkel, schränkt Aufklärungsmöglichkeiten,<br />

Beweglichkeit und Waffenwirkung ein. Sie<br />

hemmt zudem die Kommunikation, kanalisiert Truppenbewegungen,<br />

eröffnet aber auch gleich mehrere verschiedene<br />

Fortbewegungsebenen. Querschläger und Trümmer einstürzender<br />

Gebäude können die Waffenwirkung verstärken. Umgekehrt<br />

bietet selbst zerstörte Infrastruktur gute Deckungs-,<br />

Versteck- und Annäherungsmöglichkeiten. Verzahnen sich<br />

Verteidiger und Angreifer, ist eine Feuerunterstützung durch<br />

Artillerie oder Luftwaffe nur sehr eingeschränkt möglich<br />

und – als wären das der Schwierigkeiten noch nicht genug –<br />

ist auf dem urbanen Gefechtsfeld auch stets mit Zivilbevölkerung<br />

zu rechnen, die geschützt und keinesfalls in Kampfhandlungen<br />

hineingezogen werden sollte.<br />

„Es gibt kaum etwas, das militärisch so komplex ist wie Einsätze<br />

in urbanen Gebieten“, erklärt Generalmajor Bruno Hofbauer<br />

im Gespräch mit Militär Aktuell (siehe Seite 33). Der<br />

Leiter der Direktion Fähigkeiten und Grundsatzplanung<br />

im Generalstab des Bundesheeres hat in den vergangenen<br />

Jahren viele Strategien zur Thematik entwickelt und meint:<br />

„Auch früher hatten die großen Angriffspfeile in Kriegen immer<br />

Städte zum Ziel. Spätestens die Kriege auf dem Balkan<br />

in den 1990er-Jahren haben aber gezeigt, dass es in modernen<br />

Konflikten noch mehr als früher um Städte geht und die<br />

Wahrscheinlichkeit von Einsätzen in urbanen Gebieten auch<br />

für das Bundesheer steigt.“<br />

Um sich darauf bestmöglich vorzubereiten, soll in den kommenden<br />

Jahren die Ausbildung der Truppe verstärkt urbane<br />

Szenarien fokussieren. Dafür errichtet und erweitert das<br />

Heer derzeit an mehreren Standorten Ortskampfanlagen –<br />

allen voran am Truppenübungsplatz (TÜPl) Allentsteig, wo<br />

die Urbane Trainingsanlage (UTA) Steinbach gleich zwei<br />

neue Stadtteile erhält. Wir haben uns bei einem Vor-Ort-Besuch<br />

im Waldviertel von TÜPl-Kommandant Oberst Herbert<br />

Gaugusch die Ausbau- und Erweiterungspläne erklären lassen<br />

(Reportage ab Seite 28). Thema war dabei aber auch das<br />

zuletzt deutlich gewachsene Portfolio an Waffenwirkungsdarstellungsgeräten,<br />

mit denen sich in Übungsgefechten etwa<br />

„Roadside Bombs“, Stolperdrahtfallen und sogar Selbstmordanschläge<br />

simulieren lassen. Ziel ist eine möglichst realistische<br />

Darstellung potenzieller urbaner Einsatzszenarien,<br />

um für den Fall der Fälle bestmöglich vorbereitet zu sein.<br />

„Und das sind die Soldaten erst, wenn die Abläufe in Fleisch<br />

und Blut übergehen“, so Hofbauer abschließend.<br />

COV E R FOTO : N I C K R A I N E R | W W W. N I C K R A I N E R .CO M<br />

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m i l i t ä r a k t u e l l


0 0 4 I N H A L T<br />

INHALT<br />

022In der Schwebe: Die Rettung eingeschlossener Personen aus<br />

Seilbahngondeln ist für die Flugretter und Hubschrauberpiloten<br />

des Bundesheeres eine anspruchsvolle Aufgabe. Böiger Wind<br />

und die Tragseile der Seilbahn stellen permanente Gefahren dar.<br />

018<br />

Blick<br />

auf das Notenblatt: Rund 80 Bläser, Trommler<br />

und Streicher machen die Gardemusik Wien zu einer<br />

der besten Militärmusiken der Welt.<br />

003 EDITORIAL, IMPRESSUM<br />

006 MOMENTUM<br />

Jagdkommando-Soldaten<br />

trainieren Fallschirmspringen<br />

über dem Attersee.<br />

008 WELTGESCHEHEN<br />

Aktuelle Kurzmeldungen<br />

aus aller Welt.<br />

010 COMEBACK DER GADDAFIS?<br />

Der Clan des 2011 getöteten<br />

Diktators Muammar al-Gaddafi<br />

gewinnt kurz vor den geplanten<br />

Parlaments- und Präsidentschaftswahlen<br />

in Libyen an Popularität.<br />

014 AFRIKA-CONNECTION<br />

China unterhält zu immer mehr<br />

afrikanischen Staaten gute<br />

Beziehungen. Die Volksrepublik<br />

steigert so ihren politischen,<br />

zunehmend aber auch ihren<br />

militärischen Einfluss.<br />

016 NEUES AUS DEM HEER<br />

Aktuelle Kurzmeldungen aus<br />

dem Bundesheer.<br />

018 LOKALAUGENSCHEIN<br />

Mit Pauken und Trompeten:<br />

Militär Aktuell bei der Gardemusik.<br />

022 LIFTBERGEÜBUNG<br />

Das Bundesheer trainierte mit<br />

Feuerwehr, Bergrettung und<br />

Liftbetreibern den Ernstfall.<br />

026 STRUKTURANPASSUNG<br />

Generalstabschef Rober Brieger<br />

erklärt die neue Heeresstruktur.<br />

028 GROSSBAUSTELLE<br />

Die Urbane Trainingsanlage (UTA)<br />

Steinbach am Truppenübungsplatz<br />

Allentsteig wird für Trainings<br />

auf „Bataillonsebene“ ausgebaut.<br />

033 URBAN WARFARE<br />

Generalmajor Bruno Hofbauer<br />

im Militär Aktuell-Talk über die<br />

besonderen Herausforderungen<br />

von urbanen Konflikten.<br />

036 SURVIVAL-GUIDE<br />

Damit unterwegs nichts schiefgeht:<br />

Teil 4 der Überlebens-Serie<br />

mit dem Jägerbataillon 25.<br />

044 RÜSTUNGSNEWS<br />

Neuheiten aus der Welt der<br />

Rüstungs- und Sicherheitstechnik.<br />

FOTO S : S E B AST I A N F R E I L E R , L A ( P H OT ) PAU L H A L L I W E L L / M O D G R A F I K : T I B O E X E N B E R G E R / C A R O L I N E S E I D L E R .CO M<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N D I E S E M H E F T<br />

046 AUSTRALIEN VS. FRANKREICH<br />

Die globalen Auswirkungen<br />

eines geplatzten U-Boot-Deals.<br />

Enorme Reißfestigkeit, eine wasser-, öl- und<br />

schmutzabweisende Fluorcarbonbeschichtung und<br />

Acht-Millimeter-Reißverschlüsse: Die neuen<br />

Fleckentarn-Uniformen des Bundesheeres<br />

vereinen hohe Funktionalität und Passform.<br />

051<br />

048 WERKSBESUCH<br />

Militär Aktuell zu Gast im<br />

Leonardo-Werk in Venegono.<br />

050 SCHLUSSPUNKT<br />

Sicherheitspolitikexperte<br />

Brigadier a. D. Walter Feichtinger<br />

analysiert die geostrategische<br />

Dimension des US-Abzugs aus<br />

Afghanistan.<br />

051 INFOGRAFIK<br />

Die Leistungsmerkmale der<br />

neuen Bundesheer-Uniformen.<br />

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0 0 6 P A N O R A M A<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


M O M E N T U M<br />

Üben für den Ernstfall<br />

Aus der Luft, durch das Wasser, ans<br />

Land: Die Kampfschwimmer des Jagdkommandos<br />

übten vor wenigen Wochen<br />

am Attersee. Dabei wurden amphibische<br />

Spezialeinsatzkräfte und Boote mittels<br />

Fallschirm aus einer C-130 Hercules<br />

abgesetzt. Als Speerspitze tauchten<br />

die Kampfschwimmer dann in weiterer<br />

Folge den Uferbereich an und sicherten<br />

das Vorhaben.<br />

FOTO : B U N D E S H E E R / G O R U P<br />

m i L i t ä r A K t U e L L


0 0 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />

MACRON WIRFT EU NAIVITÄT VOR<br />

Nach dem geplatzten U-Boot-Deal mit Australien (siehe Seite 46)<br />

durfte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kürzlich<br />

über einen neuen Auftrag für die betroffene Naval-Werft freuen:<br />

Griechenland bestellte für rund drei Milliarden Euro drei Fregatten<br />

vom Typ Belharra. Mit Blick auf eine „militärisch und außenpolitisch<br />

unabhängigere EU“ vereinbarten Macron und der griechische<br />

Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis bei der Gelegenheit<br />

auch eine „strategische Partnerschaft“. Europa dürfe<br />

nicht naiv sein, wenn es darum gehe, seine Interessen<br />

zu verteidigen, und müsse verstärkt eigene<br />

militärische Kapazitäten aufbauen, so Macron.<br />

„Wir müssen im Fall der Fälle reagieren<br />

und zeigen können, dass wir die Mittel<br />

und den Willen haben, uns zu verteidigen.“<br />

Nordkoreas<br />

grosser<br />

spruNg<br />

Nach<br />

vorN<br />

TÜRKEI UND RUSSLAND:<br />

NEUE ZUSAMMENARBEIT?<br />

Bei ihrem Gipfeltreffen in Sotschi demonstrierten Russlands<br />

Präsident Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep<br />

Tayyip Erdogan vor wenigen Wochen trotz der russisch-türkischen<br />

Differenzen etwa im Syrien-Krieg und beim Konflikt um<br />

Bergkarabach bestes Einvernehmen. Man könne einen Frieden<br />

in Syrien nur gemeinsam erreichen, so die Staatschefs mit Blick<br />

auf die zuletzt neu aufgeflammten Kämpfe in der Region. Eine<br />

verstärkte Zusammenarbeit soll es künfig neben dem gemeinsamen<br />

Pipeline-Projekt „Turkstream“ bei der Errichtung weiterer<br />

Atomkraftwerke in der Türkei und insbesondere im Rüstungsbereich<br />

geben. Vor allem beim Bau und der Entwicklung von Flugzeugmotoren<br />

und Kampfflugzeugen sowie beim Bau von Booten<br />

und U-Booten soll in Zukunft enger kooperiert werden. Auch die<br />

Lieferung weiterer S-400-Abwehrsysteme an Ankara ist geplant.<br />

Eigenen Angaben zufolge hat<br />

Nordkorea kürzlich erstmals eine<br />

Hyperschallrakete getestet.<br />

Experten sehen darin eine<br />

„Gefahr für die Stabilität<br />

in der Region“.<br />

„die Menschheit fordert<br />

nachdrücklich die<br />

abschaffung von<br />

atomwaffen.“<br />

Der Heilige Stuhl will, dass Atomwaffen<br />

in den Kreis permanent<br />

geächteter Waffen aufgenommen<br />

werden. Deshalb habe man<br />

sich aktiv an der Abfassung und<br />

dem Inkrafttreten des Vertrags<br />

zum Verbot von Atomwaffen beteiligt,<br />

sagte der vatikanische Außenminister<br />

Erzbischof Paul Richard<br />

Gallagher. Und deshalb forderte Gallagher vor<br />

Kurzem die internationale Gemeinschaft erneut auf, ihre Bemühungen<br />

zur Abrüstung und Abschaffung von Atomwaffen zu<br />

intensivieren. Die Welt müsse von der Gefahr eines nuklearen<br />

Kriegs befreit werden, so der Erzbischof. „Die Gelder für atomare<br />

Militärausgaben sollen in einen globalen Fonds zur Förderung<br />

der Entwicklung in den ärmsten Ländern umgeleitet werden.“<br />

FOTO S : G E T T Y I M AG E S , P I C T U R E D E S K<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


Schneller, präziser und zerstörerischer. Seit Jahrtausenden<br />

treiben diese Maximen die Entwicklung von<br />

immer neuen Waffensystemen voran. Die Armbrust<br />

und Langbögen leiteten mit ihrer Reichweite und<br />

Durchschlagskraft den Niedergang des Rittertums<br />

ein, U-Boote machten überraschende Angriffe in<br />

den Weiten des Ozeans möglich und Bomber trugen<br />

Tod und Vernichtung von der Front bis weit ins Hinterland.<br />

Hyperschallwaffen dürften eine ähnliche Revolution<br />

auslösen – mit fünf- bis zehnfacher Schallgeschwindigkeit<br />

sollen sie in vergleichsweise geringer<br />

Flughöhe ihre Ziele anfliegen und enorme Zerstörungen<br />

verursachen können. Kein Wunder also, dass<br />

in den vergangenen Jahren weltweit ein großer Rüstungswettlauf<br />

um die neue Technologie entbrannt<br />

ist, in den nun offensichtlich auch Nordkorea eingestiegen<br />

ist.<br />

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Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA vermeldete<br />

jüngst jedenfalls den „erfolgreichen Test“ einer „strategischen<br />

Waffe“ vom Typ Hwasong-8, deren Entwicklung<br />

im <strong>aktuell</strong>en Fünfjahresplan zur Priorität erklärt<br />

worden sei. Dabei soll erstmals auch ein „Treibstoffkanister“<br />

zum Einsatz gekommen sein. Dadurch<br />

könnte Nordkorea in Zukunft seine Raketen schon<br />

vorab betanken und müsste dies nicht erst umständlich<br />

und zeitraubend an der Abschussstelle tun. Südkoreas<br />

Militär teilte zwar mit, dass die gemessene<br />

Geschwindigkeit und andere Merkmale des abgefeuerten<br />

Geschosses darauf hindeuteten, dass sich die<br />

mutmaßliche Hyperschallrakete noch in „einem frühen<br />

Entwicklungsstadium“ befinde, der amerikanische<br />

Sondergesandte für Nordkorea, Sung Kim,<br />

sah in den Tests trotzdem einen „destabilisierenden<br />

Faktor“, den man keinesfalls unterschätzen sollte.<br />

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0 1 0 W E L T & S T R A T E G I E<br />

ZITTERPARTIE<br />

Die Vorbereitungen für Wahlen in Libyen Ende des Jahres laufen auf Hochtouren –<br />

ob der Urnengang aber tatsächlich stattfinden kann, ist weiter ungewiss. Droht<br />

damit nach Afghanistan auch in Libyen das Nation-Building zu scheitern?<br />

Text: MARKUS SCHAUTA<br />

HOFFNUNG AUF FRIEDEN In Libyen<br />

herrscht seit zehn Jahren Bürgerkrieg (im<br />

Bild Kämpfer von General Khalifa Haftar),<br />

eine Absage der geplanten Wahlen könnte<br />

den brüchigen Frieden im Land gefährden.<br />

m Dezember soll Libyen<br />

I<br />

wählen. Doch Uneinigkeit<br />

zwischen den Parteien<br />

könnte zum Ende des<br />

Friedensprozesses führen.<br />

Im Oktober 2020 einigten<br />

sich die rivalisierenden Parteien in<br />

Libyens Bürgerkrieg auf einen Waffenstillstand.<br />

Eine Übergangsregierung<br />

unter Premier Abdul Hamid Dbeiba<br />

sollte Wahlen für den 24. Dezember<br />

dieses Jahres vorbereiten.<br />

Unter den Kandidaten, die sich der<br />

Wahl stellen wollen, ist unter anderem<br />

General Khalifa Haftar, der mit seinen<br />

Milizen den Osten Libyens kontrolliert.<br />

Der 77-Jährige ist eine umstrittene<br />

Person, wollte er doch noch vor<br />

einem Jahr in einer groß angelegten<br />

Militäroffensive die Hauptstadt Tripolis<br />

einnehmen. Andere mögliche<br />

Kandidaten sind der frühere Innenminister<br />

Fathi Bashagha und Saif al-<br />

Islam, ein Sohn des 2011 gestürzten<br />

Muammar al-Gaddafi.<br />

Doch ob diese Wahlen tatsächlich<br />

stattfinden, ist mehr als fraglich.<br />

Denn zwischen dem im Osten Libyens<br />

tagenden Parlament und der von<br />

der UN anerkannten Regierung in<br />

Tripolis brechen erneut Gräben auf.<br />

Im September – drei Monate vor den<br />

Wahlen – entzog das Parlament in<br />

Tobruk der Regierung das Vertrauen.<br />

Grundlage dafür waren Korruptionsvorwürfe.<br />

Mehrere Milliarden US-<br />

Dollar sollen versickert sein.<br />

Anfang Oktober sind sich die politisch<br />

Verantwortlichen immer noch<br />

uneinig über die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

für die Wahlen.<br />

Auch ist nicht geklärt, ob am 24. Dezember<br />

wie geplant Parlaments- und<br />

Präsidentschaftswahlen stattfinden<br />

sollen oder, wie es Politiker in Tripolis<br />

vorschlagen, der Präsident erst gewählt<br />

wird, nachdem die Bevölkerung<br />

über eine neue Verfassung abgestimmt<br />

hat. Einige Beobachter gehen<br />

davon aus, dass der jetzige Premier<br />

Dbeiba das Scheitern der Wahlen<br />

ausnutzen könnte, um als Übergangspremier<br />

länger an der Macht zu bleiben,<br />

als ursprünglich vorgesehen war.<br />

Doch selbst wenn diese Wahlen stattfinden,<br />

wird es für eine neu gewählte<br />

Regierung nicht einfach. Einer Schätzung<br />

der UN zufolge sollen sich nach<br />

wie vor 20.000 ausländische Soldaten<br />

und Söldner aus der Türkei, Russland,<br />

Syrien, Sudan und dem Tschad in<br />

Libyen aufhalten. Hinzu kommen<br />

Dutzende Milizen im Westen und<br />

Osten des Landes, die zum Teil wichtige<br />

Infrastruktur wie den Flughafen<br />

von Tripolis oder Ölbohranlagen<br />

kontrollieren und immer wieder<br />

Druck auf die Regierung ausüben.<br />

All diese internen und externen Player<br />

könnten die Vereinigung Libyens<br />

noch über Jahre verhindern. Die<br />

Gefahr ist damit groß, dass nach der<br />

Niederlage in Afghanistan auch in<br />

Libyen das Nation-Building scheitert.<br />

FOTO : P I C T U R E D E S K<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


Das Beste aus<br />

zwei Welten<br />

Der M-346‚ Master‘ ist ein äußerst kostene zienter, Fortgeschrittenen-Jettrainer der<br />

nächsten Generation, der bei großen Luftstreitkräften weltweit in Betrieb ist.<br />

Der M-346FA, Fighter Attack Version, ist er auch ein leistungsstarkes leichtes Kamp<br />

ugzeug mit Bordradar, das sich gleichermaßen für Luft-Luftund Luft-Boden-Szenarien<br />

mit präzisionsgelenkter Munition, sowie für die taktische Luftbild-Aufklärung eignet.<br />

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0 1 2 W E L T & S T R A T E G I E<br />

CHINAS<br />

AFRIKA<br />

Text: GERALD HAINZL<br />

AMBITIONEN<br />

Als Geldgeber, Investor und wichtiger UN-Truppensteller hat China<br />

in Afrika über Jahrzehnte hinweg Beziehungen aufgebaut, die sich<br />

die Regierung in Peking nun zunehmend auch in Form militärischer<br />

Kooperationen zunutze machen könnte.<br />

D<br />

ie Beziehungen<br />

zwischen China und<br />

afrikanischen Staaten<br />

haben eine lange<br />

Tradition und werden<br />

oft sehr vereinfacht<br />

dargestellt und damit der komplexen<br />

Realität nicht gerecht. Seit in den<br />

1950er-Jahren afrikanische Staaten<br />

ihre Unabhängigkeit von Kolonisierung<br />

und Unterdrückung suchten, manifestierte<br />

sich eine Zusammenarbeit auf<br />

verschiedenen Ebenen. Und seit der<br />

Jahrtausendwende haben sich diese<br />

intensiviert. Kernstück der chinesischafrikanischen<br />

Zusammenarbeit ist<br />

das seit dem Jahr 2000 bestehende<br />

Forum on China-Africa Cooperation<br />

(FOCAC), in dessen Rahmen chinesische<br />

und afrikanische Eliten ihre<br />

Ideen regelmäßig austauschen.<br />

Wirtschaftlich unterscheidet sich das<br />

chinesische Engagement von jenem<br />

anderer globaler Akteure. China ist<br />

zwar an Rohstoffen interessiert, die es<br />

für die Produktion von Alltagsgütern<br />

wie Mobiltelefonen oder Computern<br />

braucht. Gleichzeitig sieht es die<br />

afrikanischen Staaten aber auch als<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I F K - A N A LY S E<br />

FOTO S : U N M I SS / N E K TA R I O S M A R KO G I A N N I S & E R I C KA N A L ST E I N<br />

wichtigen Exportmarkt für genau diese<br />

Produkte. So wie alle anderen externen<br />

Akteure sieht sich China dabei zusehends<br />

mit einem größeren Selbstbewusstsein<br />

afrikanischer Staaten konfrontiert,<br />

wenn es um deren Interessen<br />

geht. Gegenwärtig möchte beispielsweise<br />

die Demokratische Republik<br />

Kongo (DRC) seine Beziehungen zur<br />

Volksrepublik überprüfen, da ein Abkommen<br />

von 2008, das die Konstruktion<br />

von öffentlichen Gebäuden und<br />

Straßen im Wert von rund acht Milliarden<br />

Euro vorsah, bisher nur wenig<br />

konkrete Projekte zur Folge hatte. Im<br />

Rahmen dieses sogenannten „Barter-<br />

Geschäfts“ erhielt China im Gegenzug<br />

Kupfer und Kobalt. Von den versprochenen<br />

3.500 Kilometer Straßen wurden<br />

bis heute aber gerade einmal 356<br />

Kilometer asphaltiert und gebaut.<br />

Schuld daran könnten allerdings auch<br />

die politischen und wirtschaftlichen<br />

Strukturen der DRC sein. Dazu<br />

kommt, dass man Präsident Félix<br />

Tshisekedi eine größere Nähe zu den<br />

USA nachsagt als seinem Vorgänger.<br />

Viele afrikanische Staaten schätzen das<br />

chinesische Engagement in Infrastrukturprojekten<br />

wie Straßen und Eisenbahnen.<br />

Diese Form der Unterstützung<br />

reicht lange zurück. In der ersten<br />

Hälfte der 1970er-Jahre wurde mit der<br />

Tansania-Sambia-Eisenbahnstrecke<br />

CHINESISCHE BLAU-<br />

HELMSOLDATEN<br />

Seit mehr als 30 Jahren<br />

engagiert sich China in<br />

Blauhelm-Missionen der<br />

Vereinen Nationen in<br />

afrikanischen Ländern,<br />

etwa in Mali oder wie im<br />

Südsudan (großes Bild<br />

und Bild rechts).<br />

Zentralsambia mit dem Hafen von<br />

Daressalam in Tansania verbunden. Im<br />

21. Jahrhundert wurde die Eisenbahnlinie<br />

von der äthiopischen Hauptstadt<br />

Addis Abeba nach Dschibuti ebenfalls<br />

von China gebaut und 2018 für den<br />

Personen-, Güter- und Warenverkehr<br />

eröffnet.<br />

Es ist aber buchstäblich nicht alles<br />

Gold, was glänzt. In Sambia haben chinesische<br />

Unternehmen sehr viel in die<br />

Bergbauindustrie investiert. Allerdings<br />

gibt es immer wieder Auseinandersetzungen<br />

zwischen Unternehmen und<br />

Arbeitnehmern sowie Anschuldigungen<br />

wegen illegaler Abbaupraktiken,<br />

Kinderarbeit und nicht bezahlter<br />

Löhne, die zu Interventionen und<br />

Auseinandersetzungen auf hoher<br />

politischer Ebene führen.<br />

Zu den negativen Auswirkungen der<br />

verstärkten Kooperation gehört auch<br />

der hochprofitable Handel mit gefährdeten<br />

Wildtieren oder Teilen von ihnen.<br />

Auswirkungen der Wilderei sind auf<br />

dem gesamten Kontinent spürbar. Die<br />

Nachfrage aus China, aber auch anderen<br />

asiatischen Staaten nach Stoßzähnen<br />

von Elefanten, Nashornhörnern<br />

und Schuppentieren, die in der traditionellen<br />

chinesischen Medizin verwendet<br />

werden, bringt einige Arten an<br />

den Rand der Ausrottung. Da sowohl<br />

der legale, besonders aber der illegale<br />

Handel hohe Profite verspricht, werden<br />

die Anstrengungen zum Schutz<br />

in den kommenden Jahren erhöht<br />

werden müssen.<br />

Im militärischen Bereich ist vor allem<br />

die Militärbasis in Dschibuti zu nennen,<br />

die 2017 für zehn Jahre geleast<br />

wurde. China folgte damit anderen<br />

Nationen, die ebenfalls in Dschibuti<br />

Militärbasen unterhalten. Das Engagement<br />

unterstreicht die Bedeutung des<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 4 W E L T & S T R A T E G I E<br />

FUSS IN AFRIKA In Dschibuti,<br />

strategisch vorteilhaft am Golf von<br />

Aden gelegen, eröffnete China 2017<br />

seine erste ausländische Militärbasis<br />

(Bild hier und Bild rechts).<br />

Bab al-Mandab, des Roten Meeres und<br />

des Suezkanals für den internationalen<br />

Handel. Wie wichtig und gleichzeitig<br />

verwundbar dieser Seeweg ist, zeigte<br />

sich, als das Containerschiff „Ever Given“<br />

im vergangenen März auf Grund<br />

lief und ihn für einige Tage blockierte.<br />

Daneben engagiert sich China bereits<br />

seit 1989 in UN Peacekeepingmissionen<br />

auf dem Kontinent. Beim China-<br />

Africa Peace and Security Forum 2019<br />

versprach China Geld für Frieden und<br />

Sicherheit sowie Militärhilfe für die<br />

Afrikanische Union (AU) zur Verfügung<br />

zu stellen. In Afrika mehren sich<br />

allerdings die Stimmen, dass aufgrund<br />

der unterschiedlichen Interessen der<br />

Staaten und Regionen ein gemeinsames<br />

Auftreten mit gemeinsamen Interessen<br />

auch künftig schwierig sein<br />

werde. Dies könnte dazu führen, dass<br />

bilaterale Vereinbarungen in Zukunft<br />

mehr Bedeutung bekommen.<br />

In den internationalen Beziehungen<br />

will China, wie Präsident Xi Jinping bei<br />

der diesjährigen Vollversammlung der<br />

Vereinten Nationen ausführte, auf gegenseitigen<br />

Respekt, Kooperation und<br />

gemeinsamen Nutzen setzen. Dies soll<br />

mit verstärkter Solidarität umgesetzt<br />

werden. Einmal mehr sprach er sich<br />

gegen fremde Militärinterventionen<br />

aus. Die Rhetorik von Kooperation<br />

und Freundschaft kommt in vielen<br />

Teilen Afrikas nach wie vor gut an.<br />

Allerdings zeigt sich während der<br />

Covid-19-Pandemie, dass China auch<br />

tatsächlich gewillt ist, diese Politik umzusetzen.<br />

Staaten mit langjährigen Beziehungen<br />

zu China erhielten bereits<br />

sehr früh erste Lieferungen des Sinovac-Impfstoffs.<br />

Und auch wenn es in<br />

vielen afrikanischen Staaten Probleme<br />

mit der Lagerung und Verteilung gab,<br />

wird von afrikanischer Seite ebenfalls<br />

darauf hingewiesen, dass China reagiert<br />

habe, während der sogenannte<br />

Westen Impfstoffe hortete.<br />

CORONA-DIPLOMATIE Viele Länder Afrikas kamen<br />

in den vergangenen Monaten nur schwer an Corona-<br />

Impfstoffe. An diese Staaten spendete oder verkaufte<br />

China seine Vakzine und sicherte sich über die Impf -<br />

diplomatie Macht und Einfluss.<br />

FOTO S : P I C T U R E D E S K , G E T T Y I M AG E S<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I F K - A N A LY S E<br />

UMGARNT Bei jeder Gelegenheit wirbt der chinesische<br />

Staatschef Xi Jinping für engere wirtschaftliche<br />

Beziehungen zwischen Afrika und China.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen,<br />

dass China ein wichtiger Partner für<br />

viele afrikanische Staaten ist. Das<br />

chinesische Engagement in Afrika ist<br />

insofern eine Herausforderung, als zur<br />

Zeit des Kalten Krieges die „Claims“<br />

in Afrika abgesteckt waren. Mit dem<br />

wirtschaftlichen Aufstieg Chinas war<br />

es nur eine Frage der Zeit, bis sich<br />

externe Akteure in Afrika von einem<br />

weiteren Mitbewerber herausgefordert<br />

fühlten. Als geopolitischer Akteur versucht<br />

China jedenfalls seine Interessen<br />

in Afrika umzusetzen, mit einem Konzept,<br />

das sich von anderen Akteuren<br />

möglicherweise unterscheidet.<br />

Der Autor ist wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am IFK mit Forschungsschwerpunkt<br />

Afrika.


0 1 6 h e e r & M e h r<br />

LÖSCH ÜBUNG<br />

Brennende Wälder in Italien, Griechenland, Spanien, der Türkei, Sibirien und Kalifornien sorgten<br />

in den vergangenen Monaten weltweit für traurige Schlagzeilen. Auch hierzulande steigt<br />

die Zahl der Waldbrände seit Jahren. Um sich auf die immer häufiger auftretenden und immer<br />

größere Flächen bedrohenden Brände vorzubereiten, hielt der Katastrophenhilfsdienst Ende<br />

August am Ötscher eine groß angelegte Waldbrandübung mit knapp 300 Übenden ab. Neben<br />

den örtlichen Feuerwehren waren auch drei Katastrophenhilfsdienstzüge, die Sonderdienste<br />

Wald- und Flurbrandbekämpfung sowie zwei Bundesheer-Hubschrauber bei der Übung dabei.<br />

Ein S-70 Black Hawk und eine Alouette III unterstützten die Florianis am Boden.<br />

BLACKOUT-EVENT AUF<br />

DER DONAUBÜHNE TULLN<br />

das thema „blackout“ wird als einsatzrealistisches<br />

szenario für das bundesheer immer wichtiger. ein<br />

europaweiter strom-, infrastruktur- sowie Versorgungsausfall<br />

ist ein wahrscheinliches und gleichzeitig<br />

unterschätztes risiko. Mit einer knapp eineinhalbstündigen<br />

Aufführung mit zahlreichen live-performances<br />

hat das bundesheer daher am 30. september<br />

abends auf der donaubühne in tulln auf das thema<br />

aufmerksam gemacht. in der live-Vorführung waren<br />

militärische luft- und spezialfahrzeuge gemeinsam<br />

mit polizeieinsatzkräften und Kräften der Freiwilligen<br />

Feuerwehren sowie des Zivilschutzes bei der bewältigung<br />

eines „blackout“-szenarios zu sehen.<br />

Foto s : A l e x A n d e r h A i d e n , b u n d e s h e e r 7 p u s c h ,<br />

b u n d e s h e e r / A i r p ow e r , b u n d e s h e e r / g o r u p<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N E W S A U S D E N S T R E I T K R Ä F T E N<br />

VORSCHAU AUF DIE „AIRPOWER 22“<br />

Es bleibt beim geplanten 3-Jahres-Rhythmus: Nach der „Airpower“ im<br />

Jahr 2019 findet die Flugshow des Bundesheeres im kommenden Jahr<br />

bereits zum zehnten Mal statt. Wir haben mit dem Projektleiter, Brigadier<br />

Wolfgang Prieler, über den Stand der Vorbereitungen gesprochen.<br />

MILITÄR TRIFFT<br />

WIRTSCHAFT<br />

Das Bundesheer hat gemeinsam mit der<br />

TÜV Austria Akademie ein Modell zur Zertifizierung<br />

von militärischen Qualifikationen<br />

entwickelt. Damit können militärisch erworbene<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten ins Zivile<br />

übersetzt und nach internationalen Normen<br />

sichtbar und nutzbar gemacht werden. In<br />

weiterer Folge soll das Projekt auch mit<br />

der Wirtschaftskammer verknüpft und ein<br />

politisch übergreifender Konsens gefunden<br />

werden. Mit dieser Zertifizierung soll die<br />

Akzeptanz der Miliztätigkeit in Unternehmen<br />

verbessert werden. Ein erworbenes<br />

Zertifikat ist zwei Jahre gültig.<br />

Herr Brigadier, worin soll sich die „Airpower 22“ von den bisherigen<br />

„Airpowers“ unterscheiden?<br />

Die „Airpower 22“ wird die Erfolgsgeschichte der Veranstaltungsreihe<br />

weiterschreiben, sie ist ja die bereits die zehnte „Airpower“ und damit<br />

so etwas wie eine Jubiläumsveranstaltung. Sie wird aus einer militärischen<br />

Leistungsschau am Boden, Vorführungen der österreichischen<br />

Luftstreitkräfte, internationaler militärischer Kunstflugstaffeln und<br />

Teilnehmern aus dem Bereich der Zivilluftfahrt bestehen. Wir haben<br />

uns dabei einen wesentlichen Schwerpunkt gesetzt und streben<br />

tatsächlich die Umsetzung als nationales und internationales „Role<br />

Model“ für einen nachhaltigen Großevent an.<br />

Es soll auch einen neuen Ausstellungsbereich heimischer Firmen<br />

geben, die im Luft- und Weltraumbereich forschen und produzieren.<br />

Ja, auch das ist ein Schwerpunkt. Die „Airpower 22“ wird im Rahmen<br />

einer gemeinsamen Ausstellung neueste luftfahrtrelevante Technologien,<br />

Entwicklungen und Innovationen, etwa im Bereich Nachhaltigkeit,<br />

aber auch in den Bereichen Electric Aircraft und Urban Air<br />

Mobility, präsentieren.<br />

Einladungen an Luftwaffen und Staffeln wurden bereits vor Wochen<br />

verschickt – gibt es schon erste Rückmeldungen?<br />

Wir haben bereits erste informelle Kontakte und Anfragen, für konkrete<br />

Aussagen ist es aber noch zu früh. Durch den coronabedingten<br />

Ausfall vieler internationaler Airshows in den vergangenen Monaten<br />

ist aber mit einer guten Beteiligung bekannter Staffeln zu rechnen.<br />

Welche Aufgaben stehen für Sie und Ihr Organisationsteam in den<br />

kommenden Wochen auf der Agenda ganz weit oben?<br />

Wir sind mitten in der Planungsphase und arbeiten mit unseren Partnern<br />

Red Bull und dem Land Steiermark am konkreten Durchführungsplan.<br />

Und wir arbeiten bereits mit unabhängigen Experten an<br />

einem umfassenden Nachhaltigkeitskonzept, weil wir schon bei der<br />

Planung, bei allen Ausschreibungen und während der Organisation die<br />

Aspekte Klimaschutz und Nachhaltigkeit effektiv umsetzen werden.<br />

„Greenwashing“ ist uns zu wenig, wir werden das in allen Bereichen<br />

konkret umsetzen – bis hin zu einem nachhaltigen Verkehrskonzept.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 8 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

MUSIK<br />

MIT MARSCH<br />

Vom Staatsbesuch bis zum Ball sorgt die Gardemusik für den richtigen Sound.<br />

Die meisten Musiker sind Grundwehrdiener mit Kapell-Erfahrung.<br />

Text: STEFAN TESCH<br />

Bilder: SEBASTIAN FREILER<br />

enn das keine<br />

W<br />

eindeutige Ansage<br />

ist: „Die<br />

Posaune muss<br />

knallen, dass<br />

die Dachziegel<br />

wegfliegen“. Weiter geht es mit „zwei<br />

Takte vor 126 noch mehr andrücken“.<br />

Damit der Walkürenritt pfiffig klingt,<br />

steckt Kapellmeister und Chef der<br />

Gardemusik Oberst Bernhard Heher<br />

bei der Probe sichtlich viel Herzblut<br />

hinein.<br />

Auf einem Podest erhaben sitzt er vor<br />

seinem Orchester im Proberaum. Ein<br />

paar Takte spielen, Wiederholung, andere<br />

Version, zurück an den Start. Musik<br />

ist harte Arbeit, so viel steht fest. Zu<br />

Dirigentenstab und geschultem Gehör<br />

bringt Heher die notwendige Portion<br />

Feingefühl fürs Menschliche mit: „Ich<br />

bin Entertainer, Psychologe und Geistlicher“,<br />

scherzt der gebürtige Niederösterreicher.<br />

Seit 2001 ist er Kommandant<br />

der Gardemusik in Wien, mit der Maria-<br />

Theresien-Kaserne (MTK) als Heimat.<br />

Ihm unterstehen knapp 80 Bläser, Klavierspieler<br />

und Trommler sowie Streicher.<br />

Der Großteil davon sind Grundwehrdiener,<br />

die 13 Monate Dienst versehen.<br />

Hinzu kommen einige Unteroffiziere<br />

als Kader.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

DIE GARDEMUSIK<br />

GROSSE BANDBREITE & SCHNELL<br />

EINSATZBEREIT Rund 20.000 Stücke<br />

umfasst das Notenarchiv. Wenn es rasch<br />

gehen muss, ist ein Stück in zwei Tagen<br />

zur Aufführung bereit.<br />

Die Garademusik ist in Wien in der<br />

Maria-Theresien-Kaserne (MTK)<br />

stationiert und ist in die Garde wie<br />

eine Kompanie eingegliedert.<br />

Sie besteht aus rund 80 Musikern,<br />

ein Großteil davon sind Grundwehrdiener.<br />

Voraussetzung für den<br />

Eintritt ist es, seinen Grundwehrdienst<br />

um sieben Monate zu verlängern.<br />

Ebenso müssen die Musiker<br />

beim Einrücken schon ein Instrument<br />

beherrschen. Zum Orchester<br />

gehören auch Unteroffiziere, die<br />

zusätzlich bei der Ausbildung von<br />

Kaderpersonal mitarbeiten.<br />

Die Gardemusik spielt „alles“ von<br />

Operetten bis Märschen, modernen<br />

Stücken und Jazz. Typische Einsätze<br />

sind Staatsbesuche, Bälle, Begräbnisse,<br />

Angelobungen. An Instrumenten<br />

sind im Orchester unter anderem<br />

Klarinette, Trompete, Fagott, Oboe,<br />

Flöte, Querflöte, Tuba, Trommel,<br />

Posaune, Becken, Saxofon, Klavier<br />

sowie diverse Streichinstrumente<br />

zu finden.<br />

Heute im Proberaum, morgen bei einem<br />

Staatsbesuch. Wohin immer auch die<br />

Ehrenkompanie der Garde österreichweit<br />

ausrückt, ist die „hauseigene“<br />

Musik dabei und sorgt für den passenden<br />

Sound. „Wir spielen in der Hofburg,<br />

bei den Paralympics, auf Bällen und oft<br />

auf Benefizveranstaltungen“, erzählt<br />

Heher über die Einsatzgebiete. Während<br />

man im August urlaubt, ist das Orchester<br />

in den übrigen Monaten viel auf<br />

Achse. Fünf bis sechs Stunden proben<br />

die Musiker dafür täglich, sowohl im<br />

Orchesterrahmen, als auch in den einzelnen<br />

Kojen. „Ohne Klimaanlage ist das<br />

im Sommer extrem heiß“, so<br />

Heher, der kein gutes Wort<br />

über das in die Jahre gekommene<br />

Gebäude verliert. Weil<br />

das Heeresnachrichtenamt gleich<br />

daneben residiert, sind offene Fenster<br />

während der Proben tabu.<br />

Wien<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 0 H E E R & M E H R<br />

Zurück zum Walkürenritt von Richard<br />

Wagner, den das Orchester beim Besuch<br />

von Militär Aktuell probt. Ein theatralisches<br />

Stück, das man auch als Filmmusik<br />

kennt. „Militärmusik verbindet man<br />

mit Märschen, aber wir spielen alles!<br />

Von der Operette bis zu James Bond“,<br />

veranschaulicht es Heher. Für Bälle stellt<br />

man zudem eine Big Band.<br />

man an seinem von der Sonne gebleichten<br />

Barett in scharlachrot. Ein spannender<br />

Job mit viel Abwechslung, bei<br />

Staatsbesuchen und Co steht der Musikmeister<br />

als Frontmann im Rampenlicht.<br />

Zudem fungiert Springer auch als Lehr-<br />

Unteroffizier. Zwar ist die Gardemusik<br />

keine Schule, aber sie ist Ausbildungsstätte<br />

für angehende Stabsunteroffiziere.<br />

22 Ausbildungstage dauert es bis zum<br />

„Registerführer“, was etwa mit einem<br />

Zugskommandanten vergleichbar ist.<br />

Unter den Musikern weilen verschiedene<br />

Talente. Aber nicht alle sind auf dem<br />

gleichen Level, denn die Grundwehrdiener<br />

kommen in der Regel aus diversen<br />

Musikvereinen aus ganz Österreich. Um<br />

bei Heher anzuheuern, muss man ein<br />

Instrument einigermaßen (vor)spielen<br />

können, den Rest lernt man bei der<br />

Garde. Wie zum Beispiel „Musik in<br />

Bewegung“, also Spielen während des<br />

Marschierens im Schritt. Verantwortlich<br />

dafür ist Vizeleutnant Gerald Springer,<br />

seines Zeichens Musikmeister. Er plant<br />

die Ausrückungen der Gardemusik, vergattert<br />

vor Ort die Musiker und führt sie<br />

mit dem Taktstock (Tambour) als marschierender<br />

Dirigent durch die Auftritte.<br />

„Trompeten und Flügelhörner marschieren<br />

meist ganz vorne, Trommeln weiter<br />

hinten, dazwischen Holzbläser“, schildert<br />

er. Dass er viel draußen ist, sieht<br />

engagierT Oberst Bernhard Heher, 58, ist seit 2001 Kommandant der Gardemusik und<br />

gleichzeitig Heeresmusikchef für ganz Österreich. Der studierte Instrumentalpädagoge,<br />

Dirigent und Klarinettenspieler ist ebenso Mitglied der Wiener Johann Strauss-Gesellschaft.<br />

„Wir sind mittlerweile drei Frauen im Orchester“<br />

gefreiTe VikToria Waldbauer<br />

ist Klarinettenspielerin bei der<br />

Gardemusik.<br />

Welche instrumente spielen Sie?<br />

Klarinette ist mein Hauptinstrument, aber ich<br />

spiele auch Klavier, Gitarre und Saxofon.<br />

Warum haben Sie sich für die gardemusik<br />

entschieden?<br />

Ich war in der Musikschule und wollte etwas<br />

mit Musik weitermachen. Ich habe durch<br />

Freunde von der Gardemusik erfahren, habe<br />

mich dann zum Vorspielen gemeldet und<br />

wurde genommen. Im Jänner bin ich dann<br />

zur 4. Gardekompanie in Horn zur Grundausbildung<br />

eingerückt.<br />

Worin unterscheidet sich das militärische<br />

vom zivilen musizieren?<br />

Beim Heer ist es viel strenger. Wenn der Herr<br />

Oberst etwas verlangt, dann muss das einheitlich<br />

und schnell umgesetzt werden. Im<br />

Zivilen ist das nicht so.<br />

Wie lange ist die eingewöhnungsphase<br />

in den militärischen musikbetrieb, auch<br />

was das exerzieren betrifft?<br />

Es gibt keine Eingewöhnungsphase. Man<br />

wird ins kalte Wasser gestoßen, aber lernt<br />

es sehr schnell. Ich spiele ja in zwei Musikvereinen,<br />

daher habe ich schon ein bisschen<br />

Erfahrung mit dem Marschieren.<br />

Wie gefällt es ihnen bei der gardemusik?<br />

Es ist echt cool und es ist mir eine Ehre, dabei<br />

zu sein. Ich bin hier unter Gleichgesinnten,<br />

wir verstehen uns gut und ich lerne Leute aus<br />

ganz Österreich kennen. Mittlerweile sind<br />

wir sogar schon drei Frauen im Orchester.<br />

Was war für Sie der schönste moment?<br />

Als wir im Lockdown in einem Altersheim eine<br />

kleine Tanzmusik spielten. Die Leute haben<br />

sich so gefreut, dass es Unterhaltung gibt.<br />

m i l i T ä r a k T u e l l


HARTE ARBEIT Bis zu sechs Stunden täglich proben die Gardemusiker<br />

– sowohl im Orchester wie auch alleine in Kojen.<br />

Beim Lokalaugenschein im Klassenzimmer zeigt sich:<br />

„Dirigieren, Formlehre, Musikgeschichte, Harmonielehre.<br />

Man lernt, wie Akkorde aufgeschlüsselt sind<br />

und wie Werke konstruiert sind“, beschreibt es Heher,<br />

während einer der Kursteilnehmer gerade an der Tafel<br />

Noten schreibt.<br />

Gute Ausbildung kommt der Gardemusik nicht nur in<br />

den eigenen Reihen zugute, denn die insgesamt neun<br />

Militärmusiken (je eine pro Bundesland) ziehen an<br />

einem Strang und helfen gegenseitig aus, wenn Not am<br />

Mann ist. Ihrer aller Boss ist ebenso Heher, denn er<br />

bekleidet zusätzlich die Funktion als Militärmusikchef<br />

in Österreich. „Von der Instrumentenbeschaffung bis<br />

zum Personal; ich bin der Vater für alles“, meint er mit<br />

einem Schmunzeln. Dazu gehört auch, dass Heher<br />

Stücke wie den Heinz-Fischer-Marsch, den Gerald-<br />

Klug-Marsch und den Van-der-Bellen-Marsch selbst<br />

komponiert. „Ich schaue mir unter anderem an, welche<br />

Hobbys ein Mensch hat, für den ich komponiere.<br />

„Heinz Fischer wandert gerne, daher habe ich Jodelmotive<br />

eingebaut“, verrät der studierte Musiker. Dies<br />

passiert allerdings so geschickt, dass es der Laie nicht<br />

heraushört. Ein Klaudia-Tanner-Marsch liegt übrigens<br />

in der Schublade, wurde aber noch nicht veröffentlicht.<br />

Nur ungern erinnert sich Heher an die Zeit vor gut<br />

einem halben Jahrzehnt, als bei der Militärmusik der<br />

Sparstift angesetzt wurde: „Höchst peinlich. Es waren<br />

nur mehr verstärke Miniaturorchester übrig.“ Bald aber<br />

ging es wieder bergauf. Seither bilden die Militärmusiken,<br />

die zu den Militärkommanden gehören, ihre<br />

Grundwehrdiener vom ersten Tag an – also inklusive<br />

Gefechtsdienst – selbst aus. Ausnahme bildet die<br />

Gardemusik, da diese ja kämpfende Kompanien im<br />

eigenen Haus hat.<br />

Die Nähe zur kämpfenden Truppe blieb auch Ende<br />

September erhalten, als die Gardemusik auf der<br />

Donaubühne in Tulln den Sound für die Veranstaltung<br />

„Blackout – Der Herzschlag-Event unserer Republik“<br />

lieferte. Zur Live-Vorführung von Fahrzeugen, Infanterie<br />

und Luftfahrzeugen durfte der Donauwalzer natürlich<br />

nicht fehlen.


0 2 2 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

ALLES GUTE<br />

KOMMT VON<br />

OBEN<br />

Im Fall eines technischen Gebrechens bei einem Sessellift oder einer Seilbahn kommt<br />

es im Winter auf jede Minute an. Gemeinsam mit Liftbetreibergesellschaft, Feuerwehr<br />

und Bergrettung trainierte das Bundesheer daher kürzlich den Ablauf und die<br />

Koordination eines Rettungseinsatzes. Text: JÜRGEN ZACHARIAS Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />

s ist gerade 14.30 Uhr,<br />

E<br />

als plötzlich nichts<br />

mehr geht. Wie sich<br />

später herausstellen<br />

wird, hat ein Lagerschaden<br />

bei der Umlenkrolle<br />

den Rosenkranz-Sessellift<br />

am Kreischberg im obersteirischen<br />

Bezirk Murau zum Stehen gebracht.<br />

Rund 150 Snowboarder und Skifahrer<br />

sitzen nun teils dutzende Meter über<br />

dem Boden fest. Zuerst gehen die<br />

Wintersportler von einer kurzen Pause<br />

aus. Sie blicken abwechselnd in<br />

Richtung Berg- und Talstation, scherzen<br />

miteinander und lachen. Bald<br />

aber schon wird klar: Der Lift ist<br />

defekt, ein Weiterkommen nicht möglich.<br />

Ein Albtraum! Zugleich aber der<br />

Startschuss für einen spektakulären<br />

Rettungseinsatz, der nicht nur allen<br />

nationalen Medien, sondern auch<br />

Spiegel, ZDF, Bild, Focus und sogar<br />

CNN und der BBC Berichte wert ist.<br />

Gemeinsam mit Einsatzkräften der<br />

Bergrettung, der Feuerwehr und des<br />

Seilbahnbetreibers befreien sechs<br />

Hubschrauberteams (drei Alouette III<br />

des Bundesheeres, zwei Hubschrauber<br />

des Innenministeriums und ein<br />

ÖAMTC-Helikopter) die Wintersportler<br />

aus ihrer misslichen Lage.<br />

Flugretter seilen die Skifahrer und<br />

Snowboarder ab oder lassen sich<br />

gemeinsam mit ihnen von den Hubschraubern<br />

aus den Sesseln heben.<br />

Gegen 17.15 Uhr wird der Rettungseinsatz<br />

erfolgreich beendet.<br />

„Die Leute hatten damals Glück im<br />

Unglück“, erinnert sich Flugretter Major<br />

Ulf Remp dreieinhalb Jahre später<br />

im Gespräch mit Militär Aktuell an<br />

die Ereignisse vom 29. Jänner 2018.<br />

„Die Sonne schien, es war praktisch<br />

windstill und vergleichsweise warm.<br />

Wären die Temperaturen nur um ein<br />

paar Grad niedriger gewesen, hätte<br />

das ganz anders ausgehen können.“<br />

Um im Fall unwirtlicherer Bedingungen<br />

(bei hohen Minustemperaturen<br />

und starkem Wind drohen schon<br />

nach kurzer Zeit Unterkühlungen<br />

und Erfrierungen, Panikreaktionen<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


R E P O R TA G E<br />

wie Herabspringen könnten die Folge<br />

sein!) noch schneller und effizienter<br />

reagieren zu können als damals und<br />

vor allem aber mit Liftbergungen vertraute<br />

Flugretter zu haben, organisierte<br />

die Heeresflugrettereinsatzgruppe<br />

Süd kürzlich eine groß angelegte Liftbergeübung<br />

in St. Oswald in der Gemeinde<br />

Bad Kleinkirchheim. Gemeinsam<br />

mit Bergrettung, Feuerwehr und<br />

Personal des Liftbetreibers trainierten<br />

rot-weiß-rote Soldaten dabei intensiv<br />

die Rettung eingeschlossener Personen<br />

aus Seilbahn-Gondeln.<br />

Einweisung beim Parkplatz Brunnach,<br />

wenige Meter neben der Talstation<br />

der Biosphärenparkbahn in St. Oswald.<br />

Einsatzleiter Vizeleutnant Hubert<br />

Schuster, der 2018 selbst als Flugretter<br />

am Kreischberg dabei war, macht die<br />

Teilnehmer auf die Besonderheiten<br />

des Terrains und die Schwerpunkte<br />

der geplanten Liftbergeübung aufmerksam.<br />

Es sollen mehrere Gondeln<br />

beübt und die Dutzenden darin eingeschlossenen<br />

Personen gerettet werden,<br />

so Schuster. „Dabei geht es vor<br />

allem um ein Training der Abläufe,<br />

aber auch um eine möglichst gute<br />

Koordination aller an der Übung Beteiligten<br />

und um die Abstimmung der<br />

verschiedenen Herangehensweisen.“<br />

Während sich die Mitarbeiter des Liftbetreibers<br />

mithilfe sogenannter Seilfahrgeräte<br />

über die Liftstützen und<br />

das Tragseil den Gondeln nähern und<br />

die darin befindlichen Personen auf<br />

den Boden abseilen, setzen die beteiligten<br />

Bundesheer-Helikopter (zwei<br />

Alouette III und eine AB212) Flugretter<br />

direkt auf den Gondeln ab und<br />

nehmen sie wenig später gemeinsam<br />

mit Geretteten aus den Kabinen<br />

wieder auf.<br />

Zu beobachten ist das wenige Minuten<br />

später, nachdem die erste Alouette<br />

III von einer Wiese neben dem Parkplatz<br />

in Richtung Seilbahn abgehoben<br />

hat. An Bord mehrere Flugretter des<br />

Bundesheeres, die kurz darauf mithilfe<br />

der Seilwinde des Helikopters auf<br />

die Dächer von Gondeln steigen, dort<br />

manuell mit einem Hebel die Türen<br />

zu den Fahrkabinen öffnen und zu<br />

den Eingeschlossenen in die Kabinen<br />

klettern. „Das sieht natürlich spektakulär<br />

aus und ist für die Soldaten gar<br />

nicht so ungefährlich“, sagt Hauptmann<br />

Gerald Schumer, Kommandant<br />

der an der Übung beteiligten Flugrettereinsatzgruppe<br />

Süd. Vor allem die<br />

Tragseile stellen für Flugretter und<br />

Hubschraubercrews eine Gefahr dar.<br />

„Um das Risiko so gering wie möglich<br />

zu halten, muss der Pilot exakt fliegen<br />

und auch bei möglicherweise böigem<br />

Wind eine saubere Schwebeposition<br />

halten“, erklärt Schuster. „Unter<br />

dem Strich üben wir hier ein für alle<br />

Beteiligten sehr komplexes Szenario.“<br />

Hauptmann Andreas P., Pilot einer<br />

AB212, bestätigt diese Aussage: „In<br />

den Bergen können sich die Windverhältnisse<br />

schlagartig ändern, was unsere<br />

Arbeit natürlich nicht leichter<br />

macht. Dazu kommt, dass wir kaum<br />

optische Anhaltspunkte haben, an<br />

denen wir uns orientieren können.<br />

PERFEKT ORGANI-<br />

SIERTER ABLAUF<br />

Einsatzleiter Vizeleutnant<br />

Hubert Schuster (Bild<br />

oben) zeigt sich zufrieden<br />

mit der Übung und<br />

dem Zusammenspiel von<br />

Bundesheer, Bergrettung,<br />

Liftbetreiber und<br />

Feuerwehr.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 4 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

Das Liftseil, Bäume in der unmittelbaren<br />

Umgebung und selbst die Gondeln<br />

bewegen sich durch den<br />

Downwash des Hubschraubers, fallen<br />

also als Bezugspunkte aus.“ Entscheidend<br />

für einen erfolgreichen Einsatz<br />

ist laut dem Pilot auch die Arbeit des<br />

Bordtechnikers und die Kommunikation<br />

der Hubschraubercrew miteinander:<br />

„Wir operieren mit dem Windenseil<br />

in unmittelbarer Nähe der Tragseile<br />

der Seilbahn. Da können schon<br />

wenige Zentimeter viel ausmachen<br />

und wenn da auch nur eine Kleinigkeit<br />

schiefgeht oder wir uns an Bord<br />

schlecht absprechen, kann das schnell<br />

sehr unschön werden.“<br />

Bislang läuft aber alles zur vollsten<br />

Zufriedenheit von Einsatzleiter Vizeleutnant<br />

Hubert Schuster. Regelmäßig<br />

starten und landen Bundesheer-Helikopter<br />

im Tal, setzen Gerettete ab<br />

und nehmen Flugretter auf: „Wir<br />

konnten in relativ kurzer Zeit bereits<br />

viele Personen aus den Gondeln retten“,<br />

sagt Schuster. „Die Abläufe funktionieren<br />

von Beginn weg sehr gut,<br />

die Zuständigkeiten sind klar geregelt.“<br />

Zeit, um mit Stabswachtmeister<br />

Philipp Heidenreich vom Jägerbataillon<br />

25 zu sprechen. Der Flugretter<br />

hat gerade selbst eine Person aus einer<br />

Gondel gerettet und weist nun auf<br />

einen Aspekt hin, der im Ernstfall zu<br />

berücksichtigen ist, hier und heute<br />

aber nicht geübt werden kann: Der<br />

Faktor Stress. „Wenn Leute schon<br />

lange Zeit auf Rettung warten, möglicherweise<br />

stark unterkühlt und von<br />

der Situation mitgenommen sind,<br />

dann sind sie natürlich sehr emotional<br />

und aufgeregt. Unsere Aufgabe ist es<br />

dann, sie unbeschadet in Sicherheit zu<br />

bringen, sie aber auch zu beruhigen,<br />

ihnen gut zuzureden und ein Vertrauensverhältnis<br />

aufzubauen. Dahingehend<br />

haben wir in vielen Einsätzen<br />

viel Erfahrung sammeln können.“<br />

Apropos Erfahrungen sammeln. Einsatzleiter<br />

Hubert Schuster will die<br />

heutige Übung auch zur Erarbeitung<br />

systemischer Abläufe nützen, die in<br />

Zukunft bei ähnlich gelagerten Einsätzen<br />

zur Anwendung kommen können<br />

und auch in der Herresflugretterausbildung<br />

implementiert werden sollen.<br />

„Wir wollen den größtmöglichen Nutzen<br />

aus der Übung ziehen und damit<br />

in Zukunft unsere Einsatzführung<br />

noch besser gestalten“, sagt Schuster<br />

abschließend. Nachsatz: „Unser Ziel<br />

muss es sein, im Fall eines derartigen<br />

Szenarios so schnell wie möglich zu<br />

helfen und dabei die Sicherheit aller<br />

Beteiligten bestmöglich zu gewährleisten.“<br />

KOMPLEXE SITUATION<br />

Für AB212-Pilot Hauptmann<br />

Andreas S. ist das Zusammenspiel<br />

mit Bordtechniker<br />

Stefan R. (bild links) für einen<br />

erfolgreichen Einsatz entscheidend.<br />

Hauptmann Gerald<br />

Schumer, Kommandant<br />

der Flugrettereinsatzgruppe<br />

Süd (Bild rechts oben), weist<br />

auf die Notwendigkeit einer<br />

engen Kooperation und<br />

guten Zusammenarbeit von<br />

Bundesheer, Liftbetreiber,<br />

Bergrettung und Feuerwehr<br />

hin. „Alle Beteiligten müssen<br />

an einem Strang ziehen und<br />

sich aufeinander verlassen<br />

können.“<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


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0 2 6 H E E R & M E H R<br />

Was bringt die<br />

Strukturanpassung,<br />

Herr General?“<br />

Am 15. Juni hat Verteidigungsministerin Klaudia Tanner<br />

die Änderung der Struktur der Zentralstelle angeordnet.<br />

Das Motto lautet „weniger Verwaltung, mehr Truppe“.<br />

Was das unter dem Strich bedeutet? Wir haben bei<br />

Generalstabschef Robert Brieger nachgefragt.<br />

Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

Herr General, was ist der<br />

Kern der geplanten<br />

Strukturanpassung?<br />

Welche Ziele sollen<br />

damit erreicht werden?<br />

Die Absicht ist es, das<br />

Ministerium schlanker zu machen, auf<br />

die vorwiegend administrativen verwaltungsmäßigen<br />

Belange zu beschränken<br />

und die Zentralstelle personell zu entlasten.<br />

Im Gegenzug soll der Truppe mehr<br />

Personal zur Verfügung gestellt werden.<br />

Es geht also um eine Ressourcenverschiebung?<br />

Genau. Durch Pensionsabgänge und die<br />

Bündelung von Aufgaben, die bislang im<br />

System mehrfach abgebildet waren, soll<br />

unter dem Strich Personal frei und in<br />

Richtung Truppe verschoben werden.<br />

Ziel ist es, dass oberhalb der Truppenebene<br />

in Zukunft eine Aufgabe nur<br />

mehr einmal wahrgenommen wird. Der<br />

Generalstab wird zudem nur mit seinen<br />

Spitzenfunktionären Teil des Ministeriums<br />

bleiben und das Personal der neun<br />

Direktionen im Wesentlichen im nachgeordneten<br />

Bereich abgebildet.<br />

Lässt sich Personal aus der Verwaltung<br />

einfach bei der Truppe eingliedern?<br />

Das ist natürlich nicht einfach und um<br />

das zu „dekonflikten“, haben wir auch<br />

eine tiefgehende Analyse angestellt, mit<br />

der Aufgaben klarer gefasst und mit<br />

Vollbeschäftigungsäquivalenten hinterlegt<br />

wurden. Einige Wechsel werden<br />

leichter vonstattengehen, weil die betroffenen<br />

Personen über die notwendigen<br />

Qualitäten bereits verfügen, bei anderen<br />

wird es Umschulungsmaßnahmen brauchen.<br />

Lässt sich die geplante Personalverschiebung<br />

quantifizieren?<br />

Die politische Vorgabe ist es, dass auf<br />

Basis der zuvor erwähnten Aufgabenanalyse<br />

in allen Direktionen vom errechneten<br />

Personalbedarf 15 Prozent eingespart<br />

werden sollen. Ob das überall<br />

gelingt, ist nicht sicher, weil es Bereiche<br />

zur Sicherstellung unserer Verfassungsaufgaben<br />

gibt, die man einfach nicht einsparen<br />

kann. Grundsätzlich sind wir der<br />

Auffassung: Wenn man Aufgaben weglässt,<br />

dann soll man das klar benennen<br />

und die verbliebenen Aufgaben zu 100<br />

Prozent erfüllen. Wir wollen keine mit<br />

der „Rasenmäher-Methode“ vorgenommene<br />

Leistungsminimierung in allen<br />

Bereichen. Es geht darum, die verbleibenden<br />

Aufgaben mit ausreichend<br />

Quantität und Qualität zu hinterlegen.<br />

Die Strukturanpassung soll bis April<br />

2022 abgeschlossen sein, oder?<br />

Genau und bis dahin ist noch einiges zu<br />

tun. Nach der Beurteilung der Einsparungsmaßnahmen<br />

muss die Personalorganisation<br />

verhandelt werden, dafür ist<br />

das Bundesministerium für Kunst, Kultur,<br />

öffentlichen Dienst und Sport unser<br />

Ansprechpartner. Anschließend gilt es<br />

die neue Geschäftseinteilung einzunehmen,<br />

die jeweiligen Führungspositionen<br />

auszuschreiben und durch die Frau<br />

Bundesminister zu besetzen.<br />

Wie sehr ist durch die zusätzlichen<br />

Arbeiten das System belastet?<br />

Natürlich ist eine Mehrbelastung unserer<br />

ohnehin gestrafften Ressourcen nicht<br />

von der Hand zu weisen. Allerdings:<br />

Das Bundesheer leidet darunter, dass die<br />

häufig angestoßenen Organisationsänderungen<br />

nie vollständig abgeschlossen<br />

werden konnten. Wenn es nun gelingt,<br />

die neue Organisation einzunehmen<br />

und auch über einen längeren Zeitraum<br />

aufrechtzuerhalten, dann ist das den<br />

Aufwand und die Mühen in jedem Fall<br />

wert – die Vorteile werden aber wohl<br />

erst mittel- bis langfristig spürbar sein.<br />

Was hat nun die Truppe von den<br />

Änderungen? Was hat der Jäger in<br />

FOTO : P I C T U R E D E S K<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N T E R V I E W<br />

Die geplanten<br />

Änderungen<br />

im Detail<br />

Aus fünf Sektionen (inklusive Ebene<br />

Generalstab) werden drei Generaldirektionen<br />

(Präsidialdirektion,<br />

Generaldirektion für Verteidigungspolitik<br />

und Generaldirektion für<br />

Landesverteidigung). Die Kernkompetenz<br />

„Militärische Landesverteidigung“<br />

wird in der Zentralstelle Amstetten und der<br />

durch den Chef des Generalstabes Pionier in Villach von<br />

repräsentiert, der gleichzeitig als der geplanten Reform?<br />

Kommandant der Generaldirektion Es wird durch die Neuaufstellung<br />

sicherlich<br />

für Landesverteidigung fungiert.<br />

Künftig wird der Generalstabschef zu einer Beschleunigung<br />

vieler Prozesse<br />

als Teil der Zentralstelle und des<br />

Bundesheeres die Bereiche Einsatz, und bürokratischer Abläufe<br />

kommen – etwa<br />

Luftstreitkräfte, Ausbildung, Logistik<br />

Beschaffung, IKT und Cyber, Infrastruktur,<br />

Militärisches Gesundheits-<br />

aber auch im Bereich<br />

im Rüstungsbereich,<br />

wesen und Fähigkeiten- und<br />

der Personalverwaltung.<br />

Man sollte erwar-<br />

Grundsatzplanung führen. Durch<br />

den Generaldirektor für Verteidigungspolitik<br />

werden die Bereiche nelle Notwendigkeiten<br />

ten können, dass perso-<br />

Recht, Verteidigungspolitik und wie Verstärkungen,<br />

internationale Beziehungen sowie Dienstzuteilungen,<br />

die Kommunikation geführt.<br />

Versetzungen und<br />

Die Präsidialdirektion führt die Aufnahmen ins System<br />

Bereiche Personal und administrative<br />

Angelegenheiten.<br />

vonstattengehen.<br />

in Zukunft schneller<br />

Der Mehrwert für die<br />

Truppe liegt also vor allem<br />

in der Dynamisierung der Prozesse<br />

in der Zentralstelle und in der geplanten<br />

Personalumverteilung.<br />

Werden davon auch besonders<br />

beanspruchte und ausgedünnte<br />

Personalbereiche profitieren?<br />

Das wäre zumindest das Ziel. Viele<br />

Prozesse dauern bei uns <strong>aktuell</strong> auch<br />

deshalb so lange, weil bestimmte Bereiche<br />

wie der fliegermedizinische Dienst<br />

extrem unterdotiert und überlastet sind.<br />

Es ist also nicht nur eine Frage der guten<br />

Ablauforganisation, sondern es geht in<br />

bestimmten Bereichen auch um mehr<br />

Ressourcen. Und wie bekommt man<br />

mehr Ressourcen? Indem man die<br />

Attraktivität erhöht und Mittel dorthin<br />

verschiebt – und genau das ist nun<br />

geplant.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 8 H E E R & M E H R<br />

HÄUSER<br />

KAMPF<br />

IN ALLENTSTEIG<br />

Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />

E<br />

ine gewaltige Explosion<br />

erschüttert die umstehenden<br />

Häuser, vom<br />

Hügel sind Maschinengewehrsalven<br />

zu hören,<br />

laut donnernd zieht ein F-18-<br />

Kampfjet im Tiefflug über die umkämpfte<br />

Ortschaft. Jetzt die Deckung<br />

zu verlassen, gleicht einem Selbstmordkommando<br />

und trotzdem heben<br />

die Männer ihre Köpfe. Sie rücken<br />

ihre Helme zurecht. Sekunden später<br />

verschwinden sie in einem dunklen<br />

Betonrohr, um einige Meter weiter in<br />

einem uneinsehbaren, mit Brennesselstauden<br />

dicht bewachsenen Bereich<br />

eines Hinterhofs wieder aufzutauchen.<br />

Die Überraschung scheint geglückt.<br />

Einzelne Schüsse sind zu hören, der<br />

Knall einer Handgranate, Rauch steigt<br />

auf. Dann hetzen mehrere feindliche<br />

Soldaten über die Straße und verschwinden<br />

in einem gegenüberliegenden<br />

Haus.<br />

Was hier geübt wird? Der Kampf des<br />

21. Jahrhunderts. Der spielt sich nämlich<br />

vermehrt nicht mehr in Wäldern,<br />

in alpinem Gelände und weiten Ebenen<br />

ab, sondern in Häusern, Straßen,<br />

Ortschaften und großen Städten, wie<br />

Generalmajor Bruno Hofbauer, Leiter<br />

der Direktion Fähigkeiten und Grundsatzplanung<br />

im Generalstab des Bundesheeres,<br />

im Gespräch mit Militär<br />

FOTO G R O SS : B U N D E S H E E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


C O V E R S T O R Y<br />

Dutzende neue Häuser, kilometerlange<br />

Straßen, neue Simulatoren und eine<br />

Echtzeitauswertung, die alle Stückln<br />

spielt. Das Bundesheer fährt in der<br />

Urbanen Trainingsanlage Steinbach<br />

auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig<br />

ein massives Ausbauprogramm, um dort<br />

für die Kämpfe der Zukunft zu üben.<br />

STEINBACH WÄCHST Die Urbane Trainingsanlage in<br />

Allentsteig wird in den kommenden Jahren deutlich ausgebaut.<br />

Schon jetzt sind auf dem kleinen Hügel im Westen<br />

neue Häuserkulissen zu erkennen, auf dem Mast im<br />

Ortszentrum sind eine gewaltige Soundanlage und zahlreiche<br />

Kameras für die Echtzeitauswertung montiert.<br />

Aktuell erklärt (siehe Interview ab Seite<br />

33): „Schon die Kriege am Balkan in<br />

den 1990er-Jahren haben gezeigt, wie<br />

stark es in modernen Konflikten um<br />

Städte geht, und genau darauf müssen<br />

wir uns vorbereiten.“ Es gilt also die<br />

Ausrüstung der Soldaten und des<br />

Heeres auf die Entwicklung abzustimmen,<br />

vor allem auch in der Ausbildung<br />

neue Schwerpunkte zu setzen,<br />

wie Hofbauer erklärt: „Die Fähigkeit,<br />

im urbanen Raum zu kämpfen, muss<br />

in Zukunft jeder Soldat der Kampftruppe<br />

in seiner jeweiligen Ausprägung<br />

beherrschen – vom Gebirgsjäger<br />

über den Luftlandesoldaten bis hin<br />

zum Panzergrenadier.“<br />

Die notwendigen infrastrukturellen<br />

Voraussetzungen dafür werden in den<br />

kommenden Jahren an gleich mehreren<br />

Standorten des Bundesheeres<br />

geschaffen, allen voran am Truppenübungsplatz<br />

Allentsteig. Dort konnten<br />

Soldaten auch schon in der Vergangenheit<br />

in der Urbanen Trainingsanlage<br />

Steinbach (UTA) den Ortskampf<br />

üben, nun wird die Übungsstadt massiv<br />

ausgebaut. In den vergangenen<br />

Monaten haben Pioniere, der Bauund<br />

Bauinstandsetzungszug, der<br />

Pioniermaschinenzug sowie die<br />

Mitarbeiter der Zentralwerkstätte des<br />

Truppenübungsplatzes einen ganzen<br />

neuen Stadtteil in den Staub gestellt.<br />

Sie haben Dutzende neue Holzriegel-<br />

Häuser in die Höhe gezogen, Hunderte<br />

Meter neue Straßen aufgeschüttet<br />

und Leerverrohrungen für die Technik<br />

verlegt. Bald schon sollen die<br />

Häuserkulissen auch Dächer bekommen,<br />

sollen hier auch Straßenlaternen<br />

stehen, die Straßen asphaltiert, die<br />

Häuser verkabelt und mit Simulationstechnik<br />

ausgestattet werden.<br />

Straßenschilder, Zäune, Büsche und<br />

Bäume sollen für mehr Realitätsnähe<br />

sorgen, der Innenausbau der Gebäude<br />

möglichst variantenreich gestaltet sein<br />

und am Ortsrand ein großes Wasserrückhaltebecken<br />

geschaffen werden.<br />

Am äußersten Ende der neuen „Vorstadt<br />

Ost“ nivellieren Bagger gerade<br />

das Terrain für weitere Häuser, ein<br />

Stück weiter trocknen frisch angelegte<br />

Streifenfundamente.<br />

Mit Ende der Ausbaustufe soll der<br />

neue Bezirk mehr als 30 Bauten umfassen<br />

– von einer Tankstelle über<br />

Reihen- und Einfamilienhäuser bis hin<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 3 0 H E E R & M E H R<br />

ORTSBILD IM WANDEL DER ZEIT Noch ist auf der großen Übersichtstafel hinter Truppenübungsplatz-Kommandant Oberst Herbert Gaugusch von den beiden neuen Stadt -<br />

teilen nichts zu sehen – das wird sich allerdings wohl schon bald ändern.<br />

zu Industriegebäuden, wie Truppenübungsplatz-Kommandant<br />

Oberst<br />

Herbert Gaugusch im Gespräch mit<br />

Militär Aktuell erklärt. Der Offizier<br />

lächelt: „Steinbach ist damit die<br />

schnellst wachsende Ortschaft im<br />

Waldviertel.“ Allein im vergangenen<br />

Jahr wurden bei den Bauarbeiten<br />

knapp 600 Kubikmeter Holz und mehr<br />

als 7.700 Kubikmeter Steinbruchmaterial<br />

verarbeitet, das entspricht mehr<br />

als 1.500 Lkw-Ladungen!<br />

Damit aber nicht genug: Im Westen<br />

von Steinbach entsteht, beginnend<br />

mit dem kommenden Jahr, noch ein<br />

weiterer neuer Stadtteil. Die dafür<br />

notwendigen Straßenbaumaßnahmen<br />

wurden bereits abgeschlossen. Und<br />

auch technisch hat das Heer die Urbane<br />

Trainingsanlage zuletzt ordentlich<br />

aufgerüstet: Mit unterschiedlichsten<br />

Waffenwirkungsdarstellungsgeräten<br />

lassen sich im Übungsgefecht nun<br />

auch „Roadside Bombs“, kleinere und<br />

größere Sprengkörper, Richtsplitterladungen<br />

sowie Spreng- und Stolperdrahtfallen<br />

simulieren. Landminen-<br />

Attrappen reagieren via Druckbelastung,<br />

-entlastung oder mittels Stolperdraht.<br />

Sogenannte „Magnetic Squibs“<br />

machen die Darstellung von Sprengkörpern<br />

an Fahrzeugen möglich und<br />

die „Remote Controlled Suicide Vest“<br />

erlaubt sogar realitätsnahe Übungsszenarien<br />

mit Selbstmordattentätern.<br />

Über Lautsprecher können die Geräusche<br />

tieffliegender Kampfflugzeuge<br />

und Hubschrauber eingespielt werden,<br />

Sensoren registrieren die Wirkung<br />

eingesetzter Waffen auf Gebäude und<br />

geben sie an die Simulationsausrüstung<br />

der Soldaten weiter. Es wird mit<br />

Pyrotechnik gearbeitet, mit Signalund<br />

Darstellungsmunition, und damit<br />

der Übungseffekt möglichst hoch ist,<br />

wurden im ganzen Stadtgebiet mehr<br />

als 30 Kameras verbaut. „Wenn man<br />

einem Soldaten sagt, dass er sich in<br />

einer bestimmten Situation falsch<br />

verhalten hat, dann ist das das eine“,<br />

sagt Gaugusch. Wenn man ihm aber<br />

in der Echtzeitauswertung im Video<br />

zeigen kann, welchen Fehler er gemacht<br />

hat, dann ist der Lerneffekt<br />

ungleich größer.“<br />

„Wir verfügen hier mittlerweile über<br />

eine hoch funktionelle Anlage, die<br />

sich auch vor internationalen Vorbildern<br />

nicht mehr zu verstecken<br />

braucht, und die längst auch nicht nur<br />

dem Bundesheer als Übungsgelände<br />

dient“, sagt Gaugusch weiter. Die Polizei<br />

greift ebenso gerne auf die vorhandenen<br />

Strukturen und Möglichkeiten<br />

zurück wie Rettung und Feuerwehr,<br />

die in den beiden Rette- und Bergeausbildungsanlagen<br />

etwa nach verschütteten<br />

Personen suchen. Das<br />

Heer selbst kann in den Straßen und<br />

Gebäuden unterschiedlichste Gefechtsszenarien<br />

in größerem und kleinerem<br />

Rahmen trainieren. In einem<br />

Dunkelkeller mit verschiebbaren<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


C O V E R S T O R Y<br />

Wänden lässt sich auch das Vorgehen<br />

in Untergeschoßen trainieren, in der<br />

Türaufbruch-Übungsanlage können<br />

Varianten zum Eindringen in Gebäude<br />

durchgespielt werden und im Stiegenhaus<br />

die Vorgehensweisen auf unterschiedlichsten<br />

Treppen und Stiegen.<br />

Der Eisenbahn- und Busbahnhof<br />

im Süden von Steinbach wird besonders<br />

vom Jagdkommando gerne genutzt,<br />

ein vorgelagerter Checkpoint<br />

mit Wachturm und ein etwas abseits<br />

gelegenes Camp ermöglichen zahlreiche<br />

weitere Übungs- und Trainingsszenarien.<br />

An Ausbau- und Verbesserungsplänen<br />

mangelt es am Truppenübungsplatz<br />

trotz der enormen Bandbreite<br />

der bereits vorhandenen Strukturen<br />

nicht: Schon jetzt werden in einem<br />

großen Gebäude im Ortszentrum<br />

weitere Effekt- und Gefechtssimulationsmöglichkeiten<br />

wie Rüttelplatten<br />

auf ihre Praxistauglichkeit getestet. In<br />

Zukunft könnten in Steinbach professionelle<br />

Feinddarsteller für noch mehr<br />

VIELFÄLTIGE EINSATZSZENARIEN Die Ausbildungsmöglichkeiten<br />

in Steinbach sind groß: Im Bahnhofsbereich<br />

kann ebenso geübt werden wie in der Türaufbruchs-Übungsanlage.<br />

In manchen Gebäuden lässt<br />

sich sogar von oben beobachten, wie Soldaten in<br />

Gebäuden vorgehen, und im Fall der Fälle direkt auf<br />

Fehler hinweisen.<br />

Realitätsnähe sorgen, ein eigenes<br />

Echtzeitauswertungsteam (momentan<br />

verlegen entsprechende Teams bei<br />

Übungen nur tageweise auf den Truppenübungsplatz)<br />

den Trainingseffekt<br />

weiter steigern. „Wir wollen nicht unbescheiden<br />

sein“, sagt Gaugusch. „Es<br />

ist aller Ehren wert, was wir hier in<br />

den vergangenen Jahren parallel zu<br />

unseren anderen Aufgaben und Tätigkeiten<br />

und in Abstimmung und guter<br />

Zusammenarbeit mit allen Bedarfsträgern<br />

realisieren konnten und was für<br />

die nähere Zukunft auch noch geplant<br />

The Mortar Company.<br />

DIGITALISATION OF MORTAR SYSTEMS


0 3 2 H E E R & M E H R<br />

ist. Bis 2025 soll insgesamt eine Million<br />

Euro in die Trainingsanlage investiert<br />

werden und spätestens dann sollen<br />

hier auch Übungen im Bataillonsrahmen<br />

möglich sein.“<br />

Bis dahin wird in Steinbach noch in<br />

kleinerem Rahmen gekämpft. Wieder<br />

steigt aus einem Gebäude Rauch auf.<br />

Eine Maschinengewehrsalve hallt<br />

durch die staubigen Straßen, dann –<br />

im Abstand mehrerer Sekunden –<br />

zwei einzelne Schüsse. Bei einem der<br />

Häuser weit hinten scheint sich ein<br />

Scharfschütze verschanzt zu haben.<br />

Die Soldaten, die vorhin das Gebäude<br />

vis-à-vis der kleinen Kirche erobert<br />

haben, machen sich bereit. Hinaus -<br />

gehen und sich der Bedrohung frontal<br />

nähern? Der Gruppenkommandant<br />

lächelt: „Nein, ganz sicher nicht. Es<br />

gibt hintenherum einen anderen Weg,<br />

der von der Position des Scharfschützen<br />

aus nicht einsehbar ist. Den werden<br />

wir nehmen. Man muss die sich<br />

bietenden Möglichkeiten des Geländes<br />

und der Bebauung zum eigenen<br />

Vorteil nutzen.“<br />

Im Ernstfall kann das aber nur, wer<br />

das auch regelmäßig in möglichst<br />

realen Umgebungsszenarien trainiert<br />

– und genau deshalb nivellieren einige<br />

Hundert Meter weiter Bagger gerade<br />

das Terrain für ein weiteres Gebäude.<br />

Steinbach wächst.<br />

IM WESTEN VIEL NEUES Im Endausbau soll der neue<br />

Stadtteil rund 30 Gebäude umfassen. Von vielen davon<br />

stehen bereits Fundamente und Wände, in einem<br />

nächsten Schritt werden die Straßen asphaltiert und<br />

die Häuser mit Dächern versehen.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


C O V E R S T O R Y<br />

„DIE ABLÄUFE<br />

MÜSSEN IN FLEISCH<br />

& BLUT ÜBERGEHEN!“<br />

Warum gewinnt der Kampf<br />

im urbanen Gelände für das<br />

Bundesheer immer mehr<br />

an Bedeutung und welche<br />

Auswirkungen hat diese<br />

Entwicklung auf Ausrüstung<br />

und Ausbildung der Soldaten?<br />

Ein Gespräch mit Generalmajor<br />

Bruno Hofbauer, Leiter der<br />

Direktion Fähigkeiten und<br />

Grundsatzplanung im<br />

Generalstab des Bundesheers.<br />

Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

GENERALMAJOR<br />

BRUNO HOFBAUER:<br />

„Früher war ganz klar, wo<br />

eine Stadt anfängt und wo<br />

sie aufhört, das gilt heute nur<br />

mehr sehr eingeschränkt.“<br />

FOTO : G E L I G O L D M A N N<br />

err Generalmajor, das<br />

HBundesheer sieht sich<br />

seit Jahren mit neuen<br />

Bedrohungen konfrontiert<br />

– von souveränitätsgefährdenden<br />

Cyberangriffen bis hin zu Terroranschlägen<br />

und Blackouts. Verschieben<br />

sich damit die potenziellen Einsatzfelder<br />

immer mehr in Richtung von<br />

Städten und urbanen Gebieten?<br />

Das ist richtig, wobei auch früher die<br />

großen Angriffspfeile in Kriegen immer<br />

schon Städte zum Ziel hatten, weil dort<br />

die meiste Industrie und Bevölkerung<br />

angesiedelt ist und Städte auch Verkehrsknotenpunkte<br />

und wichtige Kommunikationszentren<br />

sind. Denken wir<br />

etwa an die Eroberung Konstantinopels,<br />

an die Schlacht um Stalingrad, die Befreiung<br />

von Paris und den Kampf um<br />

Berlin.<br />

Das heißt, wir reden von keiner gänzlich<br />

neuen Entwicklung?<br />

Auf den ersten Blick nein, auf der anderen<br />

Seite aber dann doch. Denn während<br />

wir uns früher etwa auf einen<br />

möglichen Angriff des Warschauer<br />

Pakts beispielsweise an den Wienerwald-Eingängen<br />

vorbereitet haben und<br />

es Ziel war, einen Kampf weg von den<br />

eigenen Städten in Richtung eines verteidigungsgünstigen<br />

Geländes wie eines<br />

Waldgebiets zu verlagern, stehen heute<br />

andere Einsatzszenarien im Vordergrund.<br />

Schon die Kriege auf dem Balkan<br />

in den 1990er-Jahren haben gezeigt, wie<br />

stark es in modernen Konflikten um<br />

Städte geht, und genau darauf müssen<br />

wir uns vorbereiten.<br />

Welche Herausforderungen sind<br />

damit verbunden?<br />

Ganz wesentlich ist, dass verbaute<br />

Gebiete aufgrund der fortschreitenden<br />

Urbanisierung kaum mehr eingrenzbar<br />

sind. Früher war ganz klar, wo eine Stadt<br />

anfängt und wo sie aufhört, das gilt<br />

heute nur mehr sehr eingeschränkt. Wir<br />

haben es vielmehr mit riesigen zusam-<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 3 4 H E E R & M E H R<br />

AUSBAUPLÄNE In Zukunft sollen Trainings für urbane Einsätze gleich an mehreren Standorten des Bundesheeres möglich sein. Schon jetzt gibt es auch am Truppenübungsplatz<br />

Bruckneudorf entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten.<br />

menhängenden verbauten Gebieten zu<br />

tun, was auch die Beobachtung und<br />

Wirkung einschränkt und das Zusammenwirken<br />

der Kräfte erschwert. Tiefgaragen<br />

und teils mehrstöckige und miteinander<br />

verbundene Kellerräume machen<br />

es zudem schwierig, eine Funkkommunikation<br />

aufrechtzuerhalten, und wenn wir<br />

an Auslandseinsätze denken, tun sich<br />

noch weitere Herausforderungen auf.<br />

Zum Beispiel?<br />

Es ist dort schwer, mit der Bevölkerung<br />

in Verbindung zu treten, und man weiß<br />

nie, wie einem die Bewohner gesonnen<br />

sind. Dazu kommt, dass ein ortskundiger<br />

Gegner natürlich die Räume, seine<br />

Vorteile und Gefahren viel besser kennt.<br />

Der Theorie des „Three Block War“ zufolge<br />

muss außerdem eine militärische<br />

Einheit in einem begrenzten Kampf -<br />

gebiet – und das können wenige Häuserblocks<br />

sein – mehr oder weniger zeitgleich<br />

humanitäre Hilfe leisten und<br />

friedenserhaltende Stabilisierungsmaßnahmen<br />

setzen können, aber auch hoch<br />

intensive Gefechte führen müssen.<br />

Das bedeutet also ein großes Spektrum,<br />

auf das man sich vorbereiten<br />

muss …<br />

… und das einen gewaltigen Personalbedarf<br />

weit über die üblichen militärischen<br />

Größenordnungen hinaus zur<br />

Folge hat. Zum Vergleich: Will man die<br />

Kontrolle über einen Raum in der Dimension<br />

eines größeren Bezirks einer<br />

Stadt wie Wien, Linz oder Graz wiederherstellen,<br />

sind schnell zwei bis drei<br />

Brigaden notwendig. Da spricht man<br />

bei größeren Städten also in der Größenordnung<br />

von Divisionen …<br />

… was aus Sicht des Bundesheeres<br />

alle denkbaren Ressourcen sprengt,<br />

aber auch für größere Streitkräfte<br />

nicht leicht zu bewerkstelligen sein<br />

wird?<br />

Genau. Deshalb sollte man auch in Konfliktszenarien<br />

bestrebt sein, große Städte<br />

rasch wieder einer zivilen Verwaltung<br />

zuzuführen. Auswirkungen haben die<br />

dicht verbauten Gebiete auch auf die<br />

Schuss- und Kampfentfernungen, die<br />

oft nur bei wenigen Metern liegen. Das<br />

wirkt sich wiederum auf die Ausrüstung<br />

aus, wenn sich beispielsweise Panzerabwehrlenkwaffen<br />

großer Reichweite in<br />

den Häuserschluchten von Städten<br />

nicht zweckmäßig zum Einsatz bringen<br />

lassen. Ergänzend zu den bereits eingeführten<br />

Systemen können Drohnen<br />

mit einer entsprechenden Bewaffnung<br />

wirksam zum Einsatz gebracht werden.<br />

Kommt Drohnen in urbanen Szenarien<br />

aufgrund ihrer Größe und ihres<br />

großen Einsatzspektrums eine noch<br />

größere Bedeutung zu als ohnehin<br />

bereits?<br />

Drohnen sind für Einsätze im urbanen<br />

Umfeld und zur Minimierung des Risikos<br />

für die Soldaten jedenfalls ganz entscheidend<br />

– sowohl was die Aufklärung<br />

betrifft als auch einen konkreten Einsatz<br />

von Wirkmitteln. Sie können aber etwa<br />

auch als Relais dienen, um die Kommunikation<br />

aufrechtzuerhalten.<br />

Wie weit ist das Bundesheer bei der<br />

verstärkten Fokussierung auf urbane<br />

Räume bereits?<br />

FOTO : B U N D E S H E E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


C O V E R S T O R Y<br />

Zugegebenermaßen noch nicht so weit,<br />

wie ich es gerne sehen möchte, was aber<br />

auch daran liegt, dass damit sehr viele<br />

Aspekte verbunden sind. Man muss bei<br />

Kämpfen im Ortsgebiet beispielsweise<br />

mit Vertrümmerungen rechnen, was<br />

den Einsatz von Radfahrzeugen einschränken<br />

kann. Ein wesentlicher Punkt<br />

ist auch die Erhöhung der Bordwaffen –<br />

also wie weit nach oben oder unten<br />

kann ich eigentlich meine Waffe richten,<br />

um einen aus einem höher oder tiefer<br />

gelegenen Stockwerk angreifenden<br />

Gegner zu bekämpfen? Hier kommt<br />

künftig unbemannten Bodensystemen<br />

eine hohe Bedeutung zu.<br />

Wie sehen die nächsten Entwicklungsschritte<br />

aus? Wird die Ausbildung<br />

der Soldaten mehr auf urbane<br />

Gebiete fokussiert, braucht es neue<br />

Ausrüstung oder möglicherweise<br />

sogar neue Spezialkräfte ähnlich<br />

wie die auf alpines Terrain spezialisierten<br />

Alpintruppen?<br />

Zweiteres und vor allem Ersteres! Wir<br />

werden natürlich in die Ausrüstung investieren<br />

müssen, die Fähigkeit, im urbanen<br />

Raum zu kämpfen, muss in Zukunft<br />

aber jeder Soldat der Kampftruppe<br />

in seiner jeweiligen Ausprägung beherrschen<br />

– vom Gebirgsjäger über den<br />

Luftlandesoldaten bis hin zum Panzergrenadier.<br />

Dabei geht es vor allem um<br />

die Ebenen Gruppe, Zug und Kompanie,<br />

die den Kampf in verbautem Gebiet<br />

verstärkt trainieren müssen, sie sind die<br />

entscheidenden Ebenen! Wir haben<br />

auch bereits erste Schritte gesetzt.<br />

Wie sehen diese Schritte aus?<br />

Wir bauen seit mehreren Jahren die Urbane<br />

Trainingsanlage (UTA) Steinbach<br />

in Allentsteig aus, um dort bald auch im<br />

Bataillonsrahmen üben zu können. Wir<br />

investieren zudem auch in die Ortskampfanlage<br />

Angerer Dorf in Bruck<br />

und wir werden auch für entsprechende<br />

Infrastrukturen im Westen und im Süden<br />

Geld in die Hand nehmen. Gut aufgestellt<br />

sind wir bereits bei der Ausstattung<br />

mit Duellsimulatoren. In einem<br />

nächsten Schritt gilt es das Training zu<br />

intensivieren und ein Gefechtsübungszentrum<br />

in Allentsteig zu etablieren.<br />

Was ist beim Ausbau der Trainingsanlagen<br />

konkret geplant? Werden<br />

dort nach internationalem Vorbild<br />

auch Kellergeschoße errichtet, Parkhäuser<br />

oder U-Bahn-Stationen?<br />

Es geht im Wesentlichen darum, dass<br />

Soldaten lernen, wie sie in Städten unter<br />

Feuer vorgehen, wie sie dort Drohnen<br />

einsetzen, wie sie führen und kommunizieren,<br />

wie sie es vermeiden, in die Gefährdungszone<br />

feindlicher Scharfschützen<br />

zu kommen und dass der Gegner<br />

nicht automatisch auf der gleichen Ebene<br />

agiert. Möglicherweise greift er auch<br />

von oben, von unten oder im Rücken<br />

an. Natürlich würde ich mir all das wünschen,<br />

was Sie gerade erwähnt haben,<br />

aber es ist schon mit realistisch gestalteten<br />

Häuserkulissen viel erreicht und<br />

da gehören auch Schutthaufen und Beschädigungen<br />

oder beispielsweise Gänge<br />

aus Betonfertigteilen zur Darstellung<br />

von Abwasserkanälen oder unterirdischen<br />

Räumen dazu. Entscheidend ist<br />

dann bei den Übungen eine ordentliche<br />

Feinddarstellung und eine ansprechende<br />

Echtzeitauswertung, damit die Abläufe<br />

auch wirklich in Fleisch und Blut<br />

übergehen.<br />

Wie sieht die mittel- bis langfristige<br />

Entwicklung aus?<br />

Es ist mit Blickrichtung 2025 das Ziel,<br />

eine Bataillonstrainingsanlage als Gefechtsübungszentrum<br />

in Allentsteig zur<br />

Verfügung zu haben und zumindest drei<br />

weitere Trainingseinrichtungen für<br />

Übungen auf Kompanieebene im restlichen<br />

Bundesgebiet. Bis dahin sollten wir<br />

auch technisch einige Entwicklungsschritte<br />

gesetzt und neue Systeme –<br />

allen voran Drohnen und unbemannte<br />

Bodensysteme – eingeführt haben. Alles<br />

entscheidend ist aber etwas anderes!<br />

Nämlich?<br />

Dass wir einen Umdenkprozess vollziehen:<br />

Unsere gefechtstechnischen und<br />

taktischen Ebenen müssen sich verstärkt<br />

mit der Thematik auseinandersetzen<br />

und die richtigen Einsatzverfahren<br />

entwickeln, trainieren und anwenden.<br />

1946<br />

<strong>2021</strong><br />

<strong>2021</strong><br />

www.iv.at<br />

1946<br />

75 Jahre Industriellenvereinigung


0 3 6 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

MISSIONPOSSIBLE<br />

OUTDOOR ÜBERLEBEN MIT DEM<br />

JÄGERBATAILLON<br />

Vom Bau eines Nachtlagers und der Überquerung eines Gewässers bis zur<br />

Orientierung im Gelände: Gemeinsam mit dem Jägerbataillon 25 beschreiben<br />

wir in jeder Ausgabe unterschiedlichste Outdoor-Überlebenstechniken. Dieses<br />

Mal: In der Natur nach Nahrung suchen und diese anschließend zubereiten.<br />

Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />

I<br />

m Durchschnitt verbrennt<br />

unser Körper<br />

beim Zufußgehen rund<br />

250 Kilokalorien pro<br />

Stunde. Bei vielen Höhenmetern, eisiger<br />

Kälte oder schwerem Rucksack<br />

sind es gut und gerne auch doppelt<br />

so viel, und zählt man dann auch<br />

noch unseren Grundumsatz hinzu –<br />

der Tag besteht ja nicht nur aus<br />

Wandern und Klettern – liegt unser<br />

Energiebedarf unterm Strich leicht<br />

bei 4.000 Kilokalorien aufwärts. Das<br />

ist ungefähr doppelt so viel wie an<br />

einem normalen Büroarbeitstag! Um<br />

diesen enormen Bedarf abdecken<br />

zu können, sollte bei Touren neben<br />

Wasservorräten stets auch ausreichend<br />

Proviant zum Gepäck gehören:<br />

Kleine Snacks wie Kekse, Cracker,<br />

Energie- und Müsliriegel sind gute<br />

Energiespender, ebenso Trockenfrüchte,<br />

Obst wie Äpfel und Birnen,<br />

Nüsse, Karotten und Schokolade.<br />

Bei längeren Touren gehören auch<br />

Wurst, Käse und Brot in den Rucksack,<br />

eventuell Trockenfleisch und<br />

Fischkonserven oder alternativ<br />

Packerlsuppen und Fertiggerichte –<br />

sofern ein Campingkocher Teil<br />

der Ausrüstung ist oder unterwegs<br />

die Möglichkeit besteht, Feuer zu<br />

machen.<br />

Interessant wird es dann, wenn wir<br />

zu wenig Proviant in den Rucksack<br />

1<br />

Zutaten sammeln<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


Expertentipp<br />

„In kurzfristigen Notlagen sollte<br />

die Nahrungsbeschaffung hintangesellt<br />

werden. Priorität haben<br />

in diesem Fall das Entkommen<br />

aus der Gefahrensituation und<br />

die Suche nach Trinkwasser!“<br />

Soldat des Jägerbataillons 25<br />

S U R V I V A L G U I D E<br />

gepackt haben und mitten während<br />

einer Mehrtagestour die Vorräte ausgehen.<br />

Nahrung hat zwar – anders<br />

als Wasser – in Gefahrensituationen<br />

keine kurzfristige Priorität, weil wir<br />

notfalls auch mehrere Tage ohne auskommen,<br />

wird aber immer wichtiger,<br />

je länger eine bedrohliche Situation<br />

andauert. Der Körper benötigt<br />

schließlich Energie für die Arbeit der<br />

Muskeln und als Brennstoff für biochemische<br />

Prozesse. Die Konsequen-<br />

EINE „WILD-SUPPE“ MIT<br />

BEILAGEN KOCHEN<br />

2<br />

Zutaten vorbereiten 3<br />

Feuer machen<br />

Zuerst die Zutaten sammeln, in unserem Fall sind das Marmorkrebse (A),<br />

Walnüsse (B), Speisepilze (C), Maroni (D), Bucheckern (E), Hagebutten (F)<br />

und Fichtenspitzen (G). Anschließend Feuer machen und die Zutaten für das Kochen<br />

vorbereiten: Die Marmorkrebse unter fließendem Wasser abspülen, Nüsse und Bucheckern<br />

schälen, Maroni an der gewölbten Seite mit einem Messer einritzen, Pilze in kleine Stücke schneiden,<br />

die Hagebutten halbieren und entkernen.<br />

Nun einen Topf (wir improvisieren mit Edelstahl-Essgeschirr) auf die Glut stellen. Wenn er wirklich heiß ist, die Maroni in den Topf geben, einen<br />

Deckel aufsetzen und die Maroni rund 15 Minuten rösten. Dabei den Topf hin und her schwenken und darauf achten, dass die Hitze nicht<br />

zu groß wird, damit die Maroni nicht anbrennen. Parallel dazu Wasser mit den geschälten Bucheckern und Nüssen sowie<br />

den Fichtenspitzen (enthalten viel Vitamin A und C) und den Hagebutten (plus Salz – sofern vorhanden) zum Kochen<br />

bringen, dann die Speisepilze zugeben und mehrere Minuten köcheln lassen.<br />

A<br />

B<br />

Kochen<br />

Die Krebse ebenfalls separat zubereiten. Dazu Wasser<br />

zum Kochen bringen, die Krebse kopfüber<br />

einlegen (sie sind in Sekundenschnelle tot)<br />

und mehrere Minuten ziehen lassen.<br />

Die Krebse verfärben sich dabei rötlich.<br />

Anschließend herausheben und die<br />

etwas abgekühlten Krebse auslösen.<br />

C<br />

G<br />

E<br />

D<br />

4<br />

F<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 3 8 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

zen tagelanger Unterversorgung sind<br />

Koordinations- und Konzentrationsschwierigkeiten,<br />

die Leistungsfähigkeit<br />

des Körpers geht drastisch zurück,<br />

was bedrohliche Situationen<br />

rasch weiter verschärfen kann. Daher<br />

sollte man sich im Fall der Fälle<br />

rechtzeitig der Nahrungssuche widmen.<br />

Glücklicherweise macht es uns<br />

dabei die Natur im Herbst in unseren<br />

Breiten nicht allzu schwer.<br />

Mit improvisierten Angeln und Fallen<br />

können wir Fische und andere Tiere<br />

fangen, mit selbstgebauten Waffen<br />

sogar größere Tiere erlegen. Allerdings<br />

erfordert all das viel Übung,<br />

Zeit und Wissen. Zudem ist ein positives<br />

Ergebnis am Ende unserer Bemühungen<br />

nicht garantiert und selbst<br />

wenn wir tatsächlich Beute machen<br />

sollten, muss der Fang auch noch aufwendig<br />

essfertig zubereitet werden:<br />

Fische muss man beispielsweise ausnehmen,<br />

Vögel rupfen und Hasen<br />

häuten, das Fleisch in jedem Fall garen.<br />

Einfacher ist es da, sich auf das<br />

Sammeln von Pilzen (Parasol, Eierschwammerl,<br />

Wiesenchampignons,<br />

Steinpilz, Maronenröhrling …),<br />

Früchten (Beeren, Nüsse …) und<br />

Kleintieren wie Regenwürmer oder<br />

verschiedene Krebsarten zu konzentrieren.<br />

Regenwürmer können roh<br />

oder gekocht gegessen werden, müssen<br />

davor aber ungedingt gut abgewaschen<br />

werden, damit die ganze verdaute<br />

Erde aus den Würmern kommt.<br />

Krebse lassen sich beispielsweise unter<br />

Steinen am Ufer von Gewässern<br />

aufspüren und einsammeln, müssen<br />

dann in jedem Fall gekocht werden<br />

(Anleitung auf der Vorderseite).<br />

Auch viele auf den ersten Blick nicht<br />

genießbare Pflanzenteile können für<br />

den dringend benötigten Kalorienund<br />

Vitaminnachschub sorgen: Aus<br />

den Nadeln und Triebspitzen von<br />

immergrünen Bäumen wie Kiefern<br />

und Fichten lässt sich beispielsweise<br />

ein erfrischender Tee zubereiten und<br />

das erhärtete, rötlich-braune bis tief<br />

goldgelbe Harz dieser Bäume (gut<br />

eignen sich auch Lärche, Tanne und<br />

Kiefer) stärkt durch Kauen die körpereigenen<br />

Abwehrkräfte.<br />

Nicht von<br />

ungefähr wurde<br />

Fichtenharz<br />

früher<br />

als<br />

„Kaupech“<br />

bezeichnet<br />

und war<br />

vor allem<br />

bei Holzfällern<br />

sehr beliebt.<br />

Die antivirale,<br />

desinfizierende<br />

und antimykotische Wirkung von<br />

Baumharz kann man sich übrigens<br />

auch noch anders zunutze machen:<br />

Aufgetragen auf Schnittverletzungen<br />

oder Schürfwunden kann das Harz<br />

helfen, die Heilung zu beschleunigen<br />

und Entzündungen vorzubeugen.<br />

Expertentipp<br />

„Nicht mehr Energie in die<br />

Beschaffung der Nahrung<br />

investieren, als diese liefert –<br />

das wäre unter dem Strich<br />

kontraproduktiv!“<br />

Soldat des Jägerbataillons 25<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


UNSERHEER<br />

EINE INFORMATION DES BMLV<br />

Entgeltliche Einschaltung<br />

Die Durchhaltefähigkeit<br />

des Bundesheeres stärken<br />

Großflächige Stromausfälle sind in Österreich glücklicherweise selten – Experten<br />

sind sich allerdings sicher: Die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios<br />

steigt! Um im Falle eines sogenannten Blackouts trotzdem handlungsfähig zu<br />

bleiben, investiert das Bundesheer viel Geld und Know-how in seine Autarkie und<br />

in die Schaffung moderner, unabhängiger Sicherheitsinseln.<br />

Foto: Bundesheer<br />

Auslöser könnten beispielsweise<br />

ein Sturm oder andere Großwetterereignisse<br />

sein, die Hochspannungsleitungen<br />

beschädigen. Aber<br />

auch terroristische Attacken, Hackerangriffe,<br />

technische Gebrechen und<br />

ein hybrid geführter umfangreicher<br />

Angriff auf Europa könnten Ursachen<br />

für einen großflächigen Ausfall der<br />

nationalen und internationalen<br />

Stromversorgung sein, die Rede ist<br />

dann von einem Blackout. Gleich<br />

mehrere Beispiele aus der Vergangenheit<br />

zeigen, dass oft schon Kleinigkeiten<br />

das Stromnetz aus der<br />

Balance bringen können: 2008<br />

etwa löste in der Schweiz der<br />

Fehltritt eines Eichhörnchens<br />

einen Kurzschluss und schwarze<br />

Bildschirme bei vielen Fernsehzuschauern<br />

aus. Aus Sicherheits-<br />

UNSERHEER


gründen hatte sich infolge des tierischen<br />

Missgeschicks ein Transformator<br />

in einem Elektrizitätswerk<br />

im Norden von Zürich automatisch<br />

ausgeschaltet und damit<br />

den umliegenden Stadtteil inklusive<br />

des Studios Leutschenbach<br />

des Schweizer Fernsehens vom<br />

Netz genommen. In Deutschland<br />

wiede rum knickten bereits Jahre<br />

zuvor nach heftigen Schneefällen<br />

und einem Eisregen zahlreiche<br />

Strommasten ein; rund eine Viertelmillion<br />

Menschen waren teilweise<br />

tagelang ohne Elektrizität. Und<br />

davor im September 2003 waren<br />

es einige morsche Äste, die auf<br />

eine 380-Kilovolt-Leitung in der<br />

Nähe des Vierwaldstättersees in<br />

der Schweiz gefallen waren, und<br />

mit Ausnahme von Sardinien<br />

praktisch ganz Italien für Stunden<br />

vom Netz nahmen.<br />

Auch Österreich schrammte bereits<br />

mehrfach nur knapp an einem<br />

Blackout vorbei – zuletzt am 9.<br />

Jänner <strong>2021</strong>, als es infolge einer<br />

Störung im rumänischen Stromnetz<br />

zu einer massiven Unterdeckung<br />

und zu einem Frequenzeinbruch<br />

in ganz Mitteleuropa kam. Nur<br />

durch die unverzügliche Abschaltung<br />

von Großverbrauchern im<br />

europäischen Stromnetz konnte<br />

UNSERHEER<br />

ein Szenario verhindert werden,<br />

das auch von Bundesheer-Experten<br />

als längst überfällig beurteilt<br />

wird: In der Sicherheitspolitischen<br />

Jahresvorschau 2020 wird die<br />

Wahrscheinlichkeit des Eintritts<br />

eines Blackouts innerhalb der<br />

nächsten fünf Jahre sogar mit<br />

satten 100 Prozent angegeben!<br />

Was bedeutet diese Prognose<br />

aber nun für das Bundesheer?<br />

Welche Folgerungen lassen sich<br />

daraus ableiten? „Das Fazit kann<br />

nur sein, dass wir uns verstärkt<br />

und bestmöglich auf derartige Szenarien<br />

vorbereiten müssen“, sagt<br />

Generalmajor Bruno Hofbauer, Leiter<br />

der Direktion Fähigkeiten und<br />

Grundsatzplanung im Generalstab<br />

des Bundesheeres, im Gespräch<br />

mit „Unser Heer“. „Wir werden in<br />

solchen Fällen wohl schnell zur Assistenz<br />

angefordert werden, die wir<br />

aber nur leisten können, wenn wir<br />

selbst bereits jetzt dafür die notwendigen<br />

Vorkehrungen treffen<br />

und die Weichen richtig stellen –<br />

und genau das tun wir gerade.“<br />

Erster Schritt, um die Truppe auf<br />

derartige Extremszenarien vorzubereiten<br />

und im Fall der Fälle handlungsfähig<br />

zu halten: Die Autarkie<br />

der Kasernen stärken! Durch feh-<br />

Experte Generalmajor<br />

Bruno Hofbauer ist Leiter<br />

der Direktion Fähigkeiten<br />

und Grundsatzplanung im<br />

Generalstab des Bundesheeres.<br />

Was ist<br />

eigentlich<br />

ein Blackout?<br />

Nicht immer erzeugen Länder in<br />

Europa so viel Strom, wie sie<br />

gerade benötigen. Ein Verbundsystem<br />

sorgt aber dafür, dass<br />

ein auftretender Bedarf stets mit<br />

Überschüssen aus anderen Ländern<br />

abgedeckt werden kann,<br />

eigene Überkapazitäten werden<br />

wiederum ins kontinentale Netz<br />

abgegeben. Ein komplexes System<br />

aus über- sowie untergeordneten<br />

Leitungen und Schaltstellen stellt<br />

die Ver teilung sicher. Auf Basis von<br />

Wechselstrom gilt es, Erzeugung<br />

und Verbrauch permanent in<br />

Balance zu halten. Wird weniger<br />

Strom verbraucht als produziert, so<br />

steigt die Frequenz über das für die<br />

europäische Systemstabilität notwendige<br />

Niveau von 50 Hertz. Wird<br />

hingegen mehr verbraucht als<br />

produziert, so sinkt sie darunter.<br />

Schon bei geringsten Abweichungen<br />

sind die Netzbetreiber gefordert:<br />

Sie müssen entweder die<br />

Leistung von Kraftwerken hochoder<br />

herunterfahren, einzelne Kraftwerke<br />

überhaupt vom Netz nehmen<br />

oder schlimmstenfalls gezielt in bestimmten<br />

Gebieten vorübergehend<br />

den Strom abschalten. Geschieht<br />

das nicht, kann es zu einem großflächigen<br />

Strom- und Energieausfall<br />

kommen – die Rede ist dann von<br />

einem sogenannten Blackout.<br />

Die Herausforderungen für das<br />

Energiemanagement sind dabei in<br />

den letzten Jahren massiv gestiegen.<br />

Das System der Vergangenheit<br />

war von zentraler konventioneller<br />

Erzeugung weniger Großkraftwerke,<br />

basierend auf fossiler Energie,<br />

geprägt. Heute speisen parallel<br />

dazu aber auch Zehntausende<br />

Windkraftanlagen und Millionen<br />

Photovoltaik-Anlagen ihre volatil<br />

erzeugten – und daher nur ungenau<br />

zu prognostizierenden – Energiemengen<br />

ins Netz.<br />

Fotos: Bundesheer/Pusch, Bundesheer/Zwierschitz


Entgeltliche Einschaltung<br />

Einsatzszenario Bei einem Blackout hilft das Bundesheer und schützt zum Beispiel kritische Infrastruktur. Wichtig ist zudem, dass sich auch<br />

jeder Soldat und jede Soldatin in der Familie und im privaten Umfeld bestmöglich auf ein derartiges Szenario vorbereitet.<br />

lende Mittel sowie die erfolgte<br />

Fokussierung auf andere Schwerpunkte<br />

hatte dieser Bereich in den<br />

vergangenen Jahrzehnten keine<br />

Priorität. Nun werden diese Fähigkeiten<br />

mit Investitionen von rund<br />

20 Millionen Euro im Jahr aber<br />

wieder hochgefahren. „Bis 2025<br />

werden unsere 100 wichtigsten<br />

Liegenschaften so adaptiert, dass<br />

sie zumindest eine 14-tägige Autarkie<br />

erreichen“, erklärt Generalmajor<br />

Hofbauer. „Dabei geht es<br />

nicht nur um elektrische Energie,<br />

also den Strom, sondern auch um<br />

die Wasserversorgung, um den Betrieb<br />

der Küchen und der Sanitärbereiche<br />

sowie um die Bevorratung<br />

von Lebensmitteln. Natürlich<br />

müssen auch die Sanitätsversorgung,<br />

Heizmöglichkeiten im Winter<br />

sowie die militärische Kommunikation<br />

beachtet werden.“ Bei Übungen<br />

wie zuletzt in der Schwarzenberg-Kaserne<br />

in Salzburg und davor<br />

bereits in der Maria-Theresien-<br />

Kaserne in Wien wurden Fähigkeitslücken<br />

identifiziert und systemrelevante<br />

Schwachstellen erkannt.<br />

Erste Maßnahmen zur Erhöhung<br />

der Autarkie der Kasernen<br />

konnten bereits umgesetzt werden:<br />

Seit heuer wird beispielsweise<br />

das Konzept einer „Verpflegsreserve“,<br />

einer von Lieferanten unabhängigen<br />

Verpflegung, in neun<br />

Kasernen des Bundesheeres für<br />

7.800 Personen betrieben. Dabei<br />

soll es möglich sein, zwei Wochen<br />

ohne tägliche Versorgung aus der<br />

zivilen Wirtschaft durchzuhalten;<br />

insgesamt ist das in weiterer Konsequenz<br />

in 100 Kasernen für bis<br />

zu 30.700 Personen geplant.<br />

Parallel dazu werden mit heuer<br />

beginnend zwölf Kasernen im<br />

gesamten Bundesgebiet (siehe<br />

Karte auf der nächsten Seite) zu<br />

sogenannten Sicherheitsinseln<br />

ausgebaut. In der ersten Stufe<br />

sollen diese Sicherheitsinseln<br />

eine Selbstversorgung der Truppe<br />

für zwei Wochen garantieren.<br />

In weiteren Schritten sollen sie<br />

darüber hinaus aber auch den<br />

Blaulichtorganisationen und nötigenfalls<br />

auch Teilen der staatlichen<br />

Verwaltung als sichere und<br />

von äußeren Einflüssen geschützte<br />

Anlaufhäfen in potenziell unsicher<br />

gewordenen Regionen des<br />

Landes dienen. So soll die staatliche<br />

Handlungsfähigkeit in Extremsituationen<br />

unterstützt werden –<br />

und das nicht nur im Falle eines<br />

Blackouts, wie Generalmajor Hofbauer<br />

betont: „Diese Sicherheitsinseln<br />

könnten auch im Falle regionaler<br />

Katastrophen wie Extremschneeereignissen<br />

oder bei Terroranschlägen<br />

als Einsatzbasen<br />

genützt werden und sie kommen<br />

natürlich der Truppe auch bei vielen<br />

anderen Szenarien bis hin zur<br />

militärischen Landesverteidigung<br />

zugute.“<br />

Zurück zu einem möglichen Blackout<br />

und dessen Folgen, die weit<br />

über den Stromausfall hinausreichen:<br />

Ein viel größeres Problem<br />

sind nämlich die dadurch ausgelösten<br />

Folgeereignisse wie bei-<br />

UNSERHEER


Entgeltliche Einschaltung<br />

Ausbaupläne Bundesweit werden vorerst zwölf Kasernen zu sogenannten Sicherheitsinseln ausgebaut. Sie sollen im Endausbau dann auch<br />

externen Blaulichtorgansiationen als sichere Anlaufhäfen dienen.<br />

spielsweise Infrastrukturausfälle<br />

und weitreichende Versorgungsunterbrechungen,<br />

die sich verstärken,<br />

je länger der Strom wegbleibt,<br />

und die nicht nur auf eine<br />

Region oder ein Land beschränkt<br />

bleiben müssen. Millionen Haushalte<br />

könnten plötzlich mitten im<br />

Winter unerwartet ohne Heizung<br />

dastehen, Tausende Menschen<br />

würden in U-Bahnen und Zügen,<br />

in Fahrstühlen, auf Sesselliften<br />

oder auch in Bergbahnen festsitzen.<br />

Handynetze und Bankomaten<br />

funktionieren nicht ohne<br />

Strom. Fehlende Beleuchtung öffentlicher<br />

Plätze, von Straßen und<br />

Häusern und die resultierende<br />

ungewohnte Dunkelheit erhöhen<br />

die Verunsicherung der Bevölkerung.<br />

Der Verkehr käme möglicherweise<br />

mitten in der Rushhour<br />

zum Erliegen, Supermärkte könnten<br />

nicht mehr öffnen und selbst<br />

auf vielen Bauernhöfen ginge<br />

plötzlich nichts mehr. Ohne Strom<br />

stellen Melkmaschinen und Futterroboter<br />

den Betrieb ein. „Zudem<br />

muss uns klar sein, dass wir<br />

es möglicherweise auch mit einer<br />

länger andauernden Phase der<br />

Ungewissheit zu tun haben werden“,<br />

so Generalmajor Hofbauer.<br />

„Wir müssen uns darauf vorbereiten,<br />

dass es dann in gewissen<br />

Bereichen auch zu einem Kontrollverlust<br />

kommen kann und<br />

sich schon nach zwei bis drei<br />

Tagen das Recht des Stärkeren<br />

durchsetzen wird, Plünderungen<br />

und kriminelle Handlungen werden<br />

steigen. Ereignisse wie der<br />

Hurrikan Katrina im Jahr 2005<br />

in den USA haben uns vor Augen<br />

geführt, dass der plötzlich rechtsfreie<br />

Raum sehr schnell von<br />

diversen Gruppierungen genutzt<br />

wird, und damit muss hierzulande<br />

auch im Falle eines Blackouts gerechnet<br />

werden. Dann muss das<br />

Bundesheer autark und einsatzbereit<br />

sein.“ Um in diesem Fall bestmöglich<br />

handlungsfähig zu bleiben,<br />

appelliert Generalmajor<br />

Hofbauer abschließend auch an<br />

die individuelle Vorbereitung und<br />

Eigenvorsorge jeder Soldatin und<br />

jedes Soldaten: „Es ist das eine,<br />

dass wir viel Geld in die Hand<br />

nehmen, um unsere Strukturen<br />

auf ein solches Szenario auszurichten.<br />

Das andere ist, dass man<br />

nur dann beruhigt in den Einsatz<br />

gehen kann, wenn man die eigene<br />

Familie gut versorgt weiß. Treffen<br />

wir daher alle notwendigen Vorbereitungen<br />

dafür und stocken unsere<br />

Vorräte auf, um allzeit bereit zu<br />

sein. Ein Blackout kann jederzeit<br />

eintreten und wird sich nicht im<br />

Voraus ankündigen. Wer kann mit<br />

Sicherheit behaupten, dass wir<br />

nicht schon morgen mit einem<br />

derartigen Szenario konfrontiert<br />

sein werden?“<br />

Impressum: Amtliche Publikation der Republik Österreich / Bundesministerium für Landesverteidigung. Medieninhaber, Herausgeber und<br />

Hersteller: Republik Österreich / Bundesministerin für Landesverteidigung, BMLV, Roßauer Lände 1, 1090 Wien. Erscheinungsjahr: <strong>2021</strong>.<br />

UNSERHEER<br />

Grafik: Bundesheer


10<br />

th<br />

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und der After Sale Support wenig hilfreich. Probleme gebe es quer durch alle Baugruppen. Beispielsweise konnten für die im Juli<br />

2019 auf der „Prottoy“ installierten Freund-Feind-Systeme bis heute keine Verbindungen zum Hauptmissions-System und den<br />

SR-60-Oberflächensuchradars hergestellt werden und bei den Patrouillenschiffen „Nishan“ und „Durgam“ ist die Dichtung am<br />

Sonardom am Kiel fehlerhaft. Probleme gibt es auch bei den im Vorjahr eingeführten Jet-Trainingsflugzeugen K-8W Karakorum,<br />

bei denen Munition und Außenlasten nicht oder nur teilweise auslösen und Entfernungsmesser defekt sind. Bereits 2014 waren<br />

15 der erst 2012 gelieferten 44 MBT-2000 Kampfpanzer durch Motorschäden ausgefallen, bis heute wurden von Hersteller Norinco<br />

erst fünf Fahrzeuge repariert. Bei den sechs 2016/17 gelieferten FM-90-Luftabwehrflugkörper-Systemen sind seit 2019 sogar 87<br />

Fehler dokumentiert und von den 2012/13 beschafften fünf WLR-Radarsystemen SLC-2 funktioniert bis heute keines einwandfrei.<br />

Zuletzt wurden bei Tests Ziele des Öfteren mehrfach angezeigt, eine 200 Meter entfernte Baumreihe verhinderte überhaupt jegliche<br />

Erfassung in diese Richtung. Probleme gibt es auch noch bei vielen anderen Systemen – die komplette Liste füllt 15 (!) Seiten.<br />

IM FOKUS<br />

DER KONZERN<br />

IM ÜBERBLICK<br />

Gründung<br />

2006 (davor GIAT)<br />

Umsatz<br />

803 Mio. Euro (2019)<br />

Produkte<br />

Kampfpanzer (AMX-<br />

30, Leclerc), Schützenpanzer<br />

(AMX-10),<br />

Artillerie (Ceasar), ...<br />

NEXTER S.A.<br />

Der 2006 aus der Staatsholding GIAT hervorgegangene französische Gefechtsfahrzeughersteller hat kürzlich im<br />

südfranzösischen Roanne eine neue Fertigungslinie für das neue leichte Mehrzweckpanzerfahrzeug VBMR (Véhicule<br />

Blindé Multi-Rôles) Serval (Bild) eröffnet. Nach 14 Prototyen sind dort <strong>aktuell</strong> vier Serienfahrzeuge in Produk -<br />

tion, sie sollen im Jänner zur Abnahme an die Direction générale de l'Armement gehen. Zwei der 6,4 Meter langen<br />

und 15 bis 17 Tonnen schweren 4-Rad-Fahrzeuge mit ihren – in einer<br />

von drei Versionen – unbemannten 12,7-mm-Waffenstationen passen<br />

in einen A400M-Transporter. Die französische Armee wird nach<br />

einem Erstvertrag aus 2020 zunächst 364 Serval erhalten, bis 2030<br />

soll die Zahl auf 978 steigen. Zum Nexter-Portfolio gehören auch die<br />

Kampfpanzer AMX-30 und Leclerc sowie der Schützenpanzer AMX-10<br />

und die Ceasar-Artillerie, von der jüngst Tschechien 52 Stück bestellte.<br />

2015 haben sich Nexter und die deutsche KMW zur KNDS-Holding<br />

zusammengeschlossen, Ziel ist die Entwicklung des künftigen europäischen<br />

Bodenkampfsystems Main Ground Combat System (MGCS).<br />

FOTO S : G E O R G M A D E R , N E X T E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N E W S A U S D E R S I C H E R H E I T S B R A N C H E<br />

„WIR HABEN EIN ,OST-FLUGZEUG‘ WESTERNISIERT!“<br />

JAROMÍR LANG<br />

ist Chefdesigner des<br />

tschechischen Jet-<br />

Trainers Aero L-39NG.<br />

Auf der slowakischen Airshow SIAF-<strong>2021</strong> konnten wir mit<br />

dem Chefdesigner des tschechischen Jet-Trainers Aero<br />

L-39NG über die Neuauflage des Albatros sprechen. Dabei<br />

wurde deutlich: Aero rechnet schon bald mit neuen Kunden<br />

in Österreichs östlicher Nachbarschaft und hat nach<br />

wie vor auch die heimischen Luftstreitkräfte am Radar.<br />

Herr Lang, Aero hat 2014 in Farnborough den L-39NG angekündigt<br />

und seitdem kontinuierlich weiterentwickelt.<br />

Wie viel Albatros steckt noch im neuen L-39NG?<br />

Wir haben den Mittelrumpf übernommen, ihn aber um<br />

40 Zentimeter verschlankt und um 30 Zentimeter gekürzt.<br />

Das Flügelprofil haben wir ebenfalls übernommen,<br />

die 100-Liter-Tanks an den Enden aber durch 700-Liter-<br />

Flügelintegraltanks ersetzt. Das Leitwerk stammt von der<br />

JaBo-Version des L-159. Neu ist der Vorderrumpf, mit mehr<br />

Volumen und einer großen Kanzelhaube. Der signifikanteste<br />

Unterschied ist neben 180 Kilogramm weniger Leergewicht<br />

das neue, viel leichtere, kleinere und verbrauchseffizientere<br />

Williams-44-Triebwerk. Außerdem hat der<br />

L-39NG in Summe mit dem Haupttank im Rumpf ein<br />

deutlich größeres Tankvolumen, wodurch wir die Flugdauer<br />

gegenüber früher zumindest verdoppeln konnten.<br />

liegt aber – aus nationalen Gründen – <strong>aktuell</strong> auf Eis. Aber wir<br />

haben mittlerweile einen weiteren ersten Kunden in Asien.<br />

Damit meinen Sie wohl Vietnam?<br />

Wir nennen Kunden nicht, wenn es deren Wunsch ist. Was aber<br />

diesbezüglich bemerkenswert ist: Wir haben ein ehemaliges<br />

„Ost-Flugzeug“ erfolgreich „westernisiert“ – und nun will jener<br />

Kunde alle Dokumentation in Russisch haben (lacht).<br />

Ein angeblicher Interessent ist auch das Kunstflugteam der<br />

VAE, die „Al Fursan“ fliegen momentan MB.339. Was ist da dran?<br />

Das VAE-Team hat uns jedenfalls vor einiger Zeit besucht und<br />

ihr Leader hat den NG auch bereits geflogen. Das müssten sie<br />

nun auch noch in einer Formation tun und dann müssten auch<br />

Tests in großer Hitze erfolgen, das Interesse ehrt uns jedenfalls.<br />

Sie haben auch eine bewaffnungsfähige leichte Kampfflugzeugversion<br />

im Konzept. Ist da ein Bordradar vorgesehen?<br />

Die Bewaffnung ist strukturell vorbereitet, es fehlt nur die relevante<br />

Verkabelung und das Waffenkontrollgerät. Ein eigenes<br />

Bordradar haben wir zurzeit aber nicht geplant, aber natürlich<br />

kann man ein solches – auch im Trainer – im Rahmen unseres<br />

virtuellen Simulationskonzepts im Flugzeug und mit Datenlink<br />

darstellen. Interesse am LCA gibt es beispielsweise aus der<br />

Slowakei und aus Ungarn. Auch Österreich haben wir diesbezüglich<br />

noch nicht aufgegeben. Wir glauben, dass wir das<br />

als sehr teuer kolportierte Auslandstraining auf unseren<br />

Flug zeugen weit kostengünstiger darstellen könnten.<br />

Mittlerweile soll die Produktion angelaufen sein. Erstkunde<br />

ist nun aber nicht mehr der Senegal, oder?<br />

Das ist richtig. Die Produktion läuft und für Senegal gibt es<br />

prinzipiell einen Vertrag über sechs Maschinen. Dieser<br />

Ihr Partner für Sicherheit und Verteidigung<br />

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C 4 ISR<br />

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Avionik<br />

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<br />

Meteorologie


0 4 6 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

NEUE BOOTE GEGEN CHINA<br />

Die USA, Großbritannien und Australien haben kürzlich eine neue Sicherheitsallianz<br />

für den indopazifischem Raum verkündet. Aukus dürfte die geostrategische Lage<br />

auf Jahre hinaus verändern und gravierende Auswirkungen auf die europäische<br />

Rüstungs- und Sicherheitsindustrie haben.<br />

Text: GEORG MADER<br />

A<br />

ls Australien 2016 bei<br />

der französischen Naval<br />

Group um rund 50<br />

Milliarden Euro insgesamt<br />

zwölf Barracuda-<br />

Boote (dabei handelt<br />

es sich um eine Ableitung der französischen<br />

nuklearen Suffren-Klasse) bestellte,<br />

verzichtete Canberra zugunsten eines<br />

Diesel- auf einen Atomantrieb. Man<br />

habe auch keine Kernkraftwerke, so das<br />

Argument. Fünf Jahre später ist nun alles<br />

anders: Nach streng geheim gehaltenen<br />

Gesprächen verkündete die Regierung<br />

von Premier Scott Morrison kürzlich<br />

angesichts „großer strategischer Herausforderungen<br />

im indopazifischen Raum“<br />

eine neue geostrategische Allianz mit<br />

Großbritannien und den USA. Der Rahmen<br />

von Aukus – es handelt sich dabei<br />

um ein Akronym aus den englischen<br />

Abkürzungen der drei beteiligten Staaten<br />

Australia, United Kingdom, United<br />

States – ist bewusst groß gesetzt: Neben<br />

der Bereitstellung von modernen Technologien<br />

und künstlicher Intelligenz ist<br />

auch von fortschrittlichen Waffen sowie<br />

der Nutzung von Perth als Hafen für<br />

US- und UK-Kriegsschiffe die Rede.<br />

Mit Aukus ebenfalls verbunden: Ein<br />

Schwenk weg von den französischen<br />

Booten hin zu insgesamt acht atomgetriebenen<br />

Unterwasserschiffen, die mit<br />

britischer und amerikanischer Unterstützung<br />

in Adelaide gebaut werden sollen.<br />

Vor der für 18 Monate angesetzten<br />

finalen Bewertung ist nicht klar, ob die<br />

der Royal Australian Navy (RAN) zugänglich<br />

gemachte Atom-U-Boot-Technologie<br />

– nur die Nahrungsvorräte<br />

begrenzen deren Seedauer – auf der<br />

US-Virginia-Klasse oder der britischen<br />

Astute-Klasse basieren wird. Sehr wahrscheinlich<br />

wird der Schritt aber eine<br />

Lebensdauerverlängerung der sechs<br />

alten australischen Boote der Collins-<br />

MÖGLICHER KANDIDAT Noch ist nicht klar, ob die neuen australischen U-Boote auf der<br />

amerikanischen Virginia-Klasse oder der britischen Astute-Klasse (Bild) basieren sollen.<br />

Klasse (ein Ableger der schwedischen<br />

Gotland-Klasse) zur Folge haben.<br />

Laut dem britischen Verteidigungsminister<br />

Ben Wallace wären es die Australier<br />

gewesen, die im März das Gespräch<br />

mit den Briten und Amerikanern suchten.<br />

Den politischen Folgen dieses<br />

Schritts wird sich Canberra sicherlich<br />

bewusst gewesen sein: Neben China<br />

zeigte sich auch Frankreich in einer<br />

ersten Reaktion ordentlich verstimmt.<br />

Chinesische Medien bezeichneten das<br />

Abkommen als „schädigend für Frieden<br />

und Stabilität in der Region“ und als<br />

„Wettrüsten in der Abschreckungslogik<br />

des Kalten Krieges“. Die mehrfachen<br />

australischen Erklärungen, wonach man<br />

nuklear angetriebene, aber nicht nuklear<br />

bewaffnete Boote anstrebe, wurden als<br />

„irrelevant“ abgetan. Australien werde<br />

nun im Konfliktfall – so die Warnung,<br />

bei der man sich eins mit Russland<br />

wähnt – „nicht mehr als unschuldiger<br />

Dritter wahrgenommen“ und könnte<br />

somit „Ziel von Atomschlägen“ werden.<br />

Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le<br />

Drian sprach angesichts des „völlig überraschenden<br />

Schritts“ von einem „Dolchstoß<br />

in den Rücken“ und sah die Zukunft<br />

der NATO in Gefahr. Er warf Australien,<br />

den USA und Großbritannien „Lüge“<br />

und „Doppelzüngigkeit“ vor und berief<br />

die französischen Botschafter aus Canberra<br />

und Washington ab. Der Sturm<br />

der Entrüstung wird wohl spätestens mit<br />

der Einigung Australiens mit der Naval-<br />

Werft auf eine milliarschenschwere Pönale<br />

abebben. Für das erst kürzlich nach<br />

dem Afghanistan-Abzugsdesaster aufs<br />

Neue vielstimmig geäußerte Bestreben<br />

der Europäer, globale strategische Autonomie<br />

zu erreichen, um als sicherheitspolitischer<br />

Player ernst(er) genommen<br />

zu werden, ist Aukus samt dessen „Fußabdruck“<br />

auf die Marinerüstung aber<br />

in jedem Fall ein enormer Rückschlag.<br />

Und als wäre das nicht genug, musste die<br />

EU kürzlich – medial unbeachtet – auf<br />

US-Druck zustimmen, dass künftig auch<br />

US-Rüstungskonzerne vom neuen EU-<br />

Verteidigungsfonds profitieren können.<br />

FOTO : L A ( P H OT ) PAU L H A L L I W E L L / M O D<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


ADVERTORIAL<br />

FOTO: SAAB<br />

Das Mehrzweck- und Überschall-<br />

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ran <br />

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zeu <br />

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saab.com/austria<br />

MILITÄR AKTUELL


0 4 8 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

LEONARDO<br />

HAT VIEL ZU TUN<br />

eht es nach Leonardo,<br />

G<br />

dann sollen die beiden<br />

neuen Jet-Trainer M-<br />

345 und M-346 schon<br />

bald bei zahlreichen<br />

Luftstreitkräften der<br />

Welt in Dienst stehen. Tatsächlich scheint<br />

der Markt riesig und die Nachfrage hoch:<br />

Einen ersten Exportauftrag für die leichte<br />

Fighter-Version des M-346 hat Leonardo<br />

jedenfalls bereits abgeschlossen, weitere<br />

Auslandsaufträge sind in Arbeit. Die italienische<br />

Luftwaffe hat zudem kürzlich<br />

damit begonnen, in Lecce-Galatina<br />

die ersten 18 Stück ihrer neuen T-345<br />

(italienische Bezeichnung der M-345)<br />

einzuführen, welche am Ende auch die<br />

„Frecce Tricolori“ ausrüsten werden.<br />

Ende September hat Militär Aktuell einen Tag<br />

im Flugzeugwerk von Leonardo in Venegono in<br />

Norditalien verbracht. Dort herrscht rund um die<br />

beiden Jet-Trainer M-345 und M-346 auffällige<br />

Betriebsamkeit – und auch Österreich war beim<br />

Besuch ein Thema.<br />

Text: GEORG MADER<br />

Für den Vertriebsleiter der Flugzeugsparte<br />

Eduardo Munhos de Campos – ein gebürtiger<br />

Brasilianer, den Militär Aktuell<br />

seit Jahren gut kennt – kommen mittlerweile<br />

102 verkaufte Maschinen und der<br />

hohe Zuspruch nicht überraschend.<br />

Potenzielle Kunden würden neben den<br />

Vorteilen und Verbesserungen für das<br />

Pilotentraining vor allem die Möglichkeit<br />

des budgetschonenden „Downloads“ echter<br />

Kampfflugzeugstunden auf die beiden<br />

Leonardo-Trainer sehen, so de Campos.<br />

Das Feedback der ersten Nutzer bestätige<br />

die hohe Erwartungshaltung – und zwar<br />

sowohl bezüglich Flugleistung, Spezifikationen,<br />

Funktionen und Treibstoffeinsparungen<br />

als auch in Bezug auf die Redun-<br />

GESPRÄCHSPARTNER Militär Aktuell-Autor<br />

Georg Mader im Gespräch mit Leonardos<br />

Flugzeugspartenchef Munhos de Campos.<br />

danz in fast allen Systemen und mit Blick<br />

auf die höhere Sicherheit des M-346<br />

aufgrund seiner zwei Triebwerke. Dazu<br />

kommt laut de Campos ein weiterer großer<br />

Vorteil: „Beide Modelle sind nicht nur<br />

als Flugzeug zu sehen, sondern als Teil eines<br />

revolutionären integrierten Systems.“<br />

Für das IPTS (Integrated Pilot Training<br />

System) werden am Boden moderne,<br />

hauseigen entwickelte Simulationssysteme<br />

verwendet, die – mit derselben Architektur<br />

und Darstellung wie im Flugzeug –<br />

einen großen Teil der Typeneinschulung<br />

(OCU – Operational Conversion Unit) in<br />

Doppelsitzern des Einsatzmusters obsolet<br />

machen. Die italienische Luftwaffe konnte<br />

dadurch ihre Stunden am Eurofighter-<br />

Doppelsitzer um 50 Prozent reduzieren<br />

und bei der israelischen Luftwaffe geht es<br />

für die Piloten nun nach der letzten Fortgeschrittenen-Phase<br />

IV von den 30 neuen<br />

M-346 Lavi gleich ohne Zwischenstation<br />

auf die Einsatzmuster. Ähnlich soll es<br />

bald auch in Griechenland ablaufen, wo<br />

die Piloten von den zehn neuen M-346<br />

direkt auf Rafale umsteigen werden.<br />

Der kleinere und einstrahlige M-345HET<br />

(High Efficieny Trainer) ist ein vom Modell<br />

S.211 aus den 1980er-Jahren (damals<br />

gingen 60 Stück an Haiti, die Philippinen<br />

und an Singapur) inspirierte Neuauflage,<br />

kommt allerdings mit mehr Verbundwerkstoffen<br />

und einem neuen ökonomischen<br />

Triebwerk daher. Konkurrent Aero<br />

setzt bei seinem L-39NG auf den gleichen<br />

Antrieb, der gegenüber der kürzlich in<br />

Österreich abgestellten Saab-105Ö allerdings<br />

etwas schwächer ausfällt. Sechs<br />

der ersten 18 von insgesamt 45 für die<br />

italienische Luftwaffe bestimmten T-345<br />

sind bereits fertig und zwei Maschinen<br />

auch schon ausgeliefert. Dank bis zu<br />

1,2 Tonnen Außenlasten und bereits<br />

zertifizierten Zusatztank- und Sensorbehältern<br />

ist der Typ auch als Waffentrainer<br />

einsetzbar.<br />

Der M-346AJT (Advanced Jet Trainer)<br />

setzt auf mehr Power und überhaupt in<br />

einer gänzlich anderen Liga spielt diesbe-<br />

FOTO S : A M I , L E O N A R D O, G E O R G M A D E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


L E O N A R D O<br />

ZWEI TYPEN – EIN GEMEINSAMER<br />

NENNER Mit dem M-345 (rechts) und dem<br />

M-346 (oben) deckt Leonardo eine große<br />

Bandbreite an Jet-Trainingsmöglichkeiten bis<br />

hin zu möglichen Einsätzen als Sensor- und<br />

Waffenträger sowie als leichte Kampfflugzeuge<br />

ab.<br />

MONTAGEBAND Im Produktionswerk wird fleißig an den neuen T-345A der italienischen Luftstreitkräfte gebaut.<br />

Im Vergleich zu früheren Besuchen –<br />

Militär Aktuell hat dabei etwa die Jets mit<br />

den polnischen oder sogar israelischen<br />

Produktionskürzeln in der Fertigung fotografieren<br />

können – waren Kameras nun<br />

bei unserem <strong>aktuell</strong>en Besuch in Venegono<br />

ein „No-Go“. Uniformiertes Sicherheitspersonal<br />

begleitet Gäste und Gastgeber<br />

auf Schritt und Tritt und behält dabei<br />

auch die Mobiltelefone im Auge. Ein<br />

Laptop muss mit Seriennummer bei der<br />

Wache registriert, kann dann aber in<br />

einen Briefing-Raum mitgenommen werden<br />

– aber dort bleibt er auch. Laut Auskunft<br />

der Gastgeber haben die erhöhten<br />

Sicherheitsvorkehrungen primär mit zwei<br />

<strong>aktuell</strong>en Aufträgen zu tun, die auf Kundenwunsch<br />

nicht kommentiert werden<br />

sollen. Daran ändert auch nichts, dass in<br />

Turkmenistan der Staatschef selbst seinen<br />

Flug in einer von zwei neuen „346ern“<br />

(die Teil eines größeren Auftrags sein sollen)<br />

dokumentiert hat und dass die Buchstabenkürzel<br />

auf Rumpfteilen auf andere<br />

künftige Nutzer schließen lassen. Aufgrund<br />

des in Fachkreisen kolportieren<br />

Interesses aus Aserbaidschan, Nigeria<br />

und Katar kommt das Vorgehen der<br />

Italiener aber auch nicht überraschend.<br />

Tranche-1-Eurofighter des Bundesheeres<br />

ergeben. Beides lasse sich ebenso wie der<br />

beabsichtigte Kauf der vor einem Jahr gewählten<br />

18 AW169M-Hubschrauber im<br />

Rahmen eines Government-to-Government-Geschäfts<br />

abwickeln. Bei den Drehflüglern<br />

sollen übrigens die von der italienischen<br />

Version abweichenden Details<br />

mittlerweile ausverhandelt sein. Einen<br />

Vertrag zum Ersatz der heimischen Alouette<br />

III-Flotte – die geplantermaßen ab<br />

2023 ausphasen soll – gibt es bei Redaktionsschluss<br />

aber trotzdem noch keinen.<br />

Was es aber gibt, ist – zumindest für die<br />

nähere Zukunft – ein Training von immer<br />

zwei heimischen Pilotenschülern in<br />

Lecce-Galatina. Künftig dort aber nur auf<br />

züglich die leichte Fighter-Version des<br />

M-346, die dank großer Schubkraft und<br />

Rollrate bei mehreren Übungen in Italien<br />

und Spanien auch bereits erfolgreich<br />

„Red Air“-Feinddarsteller spielte. Das<br />

große Plus des M-346 ist sicherlich das<br />

ETTS, die integrierte Simulationsplattform,<br />

an der zahlreiche Sensoren wie<br />

etwa das Bordradar oder Zielbeleuchtungsbehälter<br />

sowie eine Reihe von elektronischen<br />

Gegenmaßnahmen durchgespielt<br />

werden können. Alle diese Sensoren<br />

können auch mit anderen Fluggeräten<br />

des gleichen Typs so verwendet werden,<br />

als ob sie real wären und gleichzeitig<br />

auch mit Bodensimulatoren interagieren,<br />

um ein für die neueste Generation von<br />

Kampfjets typisches Umfeld zu schaffen<br />

und darzustellen.<br />

Aus Sicht von Leonardo überraschend<br />

ist hingegen das nach wie vor verhaltene<br />

Interesse Österreichs an den Jet-Trainern,<br />

die dem Bundesheer – da sind die dortigen<br />

Entscheidungsträger überzeugt – dabei<br />

helfen könnten, die Kosten für die als<br />

sehr teuer kolportierte Auslandsausbildung<br />

heimischer Piloten zu senken. Mögliche<br />

Synergien könnten sich zudem auch<br />

beim Weiterbetrieb oder Upgrade der<br />

M-345, der M-346-Betrieb wird 2022<br />

zusammen mit Leonardos neuer und<br />

international orientierter Pilotenschule<br />

IFTS nach Decimomannu auf Sardinien<br />

umziehen. Mit uns bilden dann dort<br />

Argentinien, Frankreich, Griechenland,<br />

Kuwait, die Niederlande, Polen, Singapur,<br />

Spanien, teils die USAF, Katar und<br />

Deutschland Jet-Nachwuchs der Phase<br />

IV auf insgesamt 22 Stück T-346A (italienische<br />

Bezeichnung der M-346) aus.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 5 1 P A N O R A M A<br />

DES HEERES N<br />

Gut getarnt: Nach zweieinhalb Jahren<br />

Entwicklung wird seit dem Frühjahr<br />

2019 der „Tarnanzug neu“ im Heer<br />

eingeführt. In den kommenden Jahren<br />

sollen jährlich 4.000 Stück des Musters<br />

bei der Truppe zulaufen.<br />

Text: CONNY DERDAK<br />

Im März 2019 war es so weit: Im Rahmen<br />

eines Festakts in der Landwehr-<br />

Kaserne in St. Michael erhielten die<br />

ersten Soldaten die neuen Bundesheer-Uniformen<br />

mit Fleckentarndruck.<br />

Der eigens für Österreich<br />

entwickelte neue Look bietet<br />

in natürlicher Umgebung einen<br />

höheren T<br />

zug 03 un<br />

Aufklärun<br />

mittel erh<br />

Gestaltun<br />

außerdem<br />

freundlich<br />

So wurde<br />

FLAUSCHTEILE<br />

Für die Anbringung von<br />

Kennzeichnungen beziehungsweise<br />

Abzeichen<br />

aus leichtem Velour.<br />

RÜSTUNG<br />

Auf der Abbildung ist noch<br />

nicht die neue Rüstung zu<br />

sehen. Diese wird gerade<br />

erst entwickelt und erprobt<br />

und ist noch nicht offiziell<br />

in Verwendung.<br />

RIEGEL<br />

Riegel an exponierten<br />

Stellen wie Tascheneingriffen<br />

und Gürtelschlaufen<br />

sorgen für Stabilität<br />

und sollen ein Ausreißen<br />

verhindern.<br />

TARNANZUGJACKE SCHWER<br />

Aus Tarnanzugstoff 330, einem<br />

330 g/m² schweren atlasbindigen<br />

Gewebe aus 65 Prozent<br />

Polyester und 35 Prozent Baumwolle.<br />

Die Jacke weist dadurch<br />

eine Reißfestigkeit von mindestens<br />

130 daN und eine wasser-,<br />

öl- und schmutzabweisende<br />

Fluorcarbonausrüstung auf. Der<br />

Futterstoff ist aus neun Millimeter<br />

starkem Polyester-Füllvlies<br />

und einem leichten Polyamidgewebe<br />

zweilagig versteppt,<br />

die Reißverschüsse sind mit<br />

acht Millimeter Kettenbreite<br />

ausgeführt. Zum Verschließen<br />

der Jacke werden zusätzlich<br />

Knöpfe mit einer Abdeckleiste<br />

eingesetzt. Die Jacke verfügt<br />

über je zwei große Seiten-,<br />

Brust- und Innentaschen mit<br />

Reißverschluss, der Schnitt ist<br />

für eine bessere Passform leicht<br />

tailliert.<br />

G R A F I K : T I B O E X E N B E R G E R / C A R O L I N E S E I D L E R .CO M<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R<br />

AUFBAU DES TARNMUSTERS<br />

Das Tarnmuster besteht aus sechs Farben mit Beige<br />

als Grundfarbe. Das Muster ist waagrecht ausgerichtet,<br />

um ein besseres „Zerreißen“ der Körperkonturen zu<br />

erzielen. Die Soldaten verschmelzen dadurch im sichtbaren<br />

Wellenbereich mit der Umgebung, durch die<br />

speziellen Infrarot-Remissionswerte der einzelnen Farben<br />

wird darüber hinaus aber auch eine Aufklärung mit<br />

optronischen Aufklärungsmitteln wie beispielsweise<br />

Nachtsichtgeräten erschwert. Zusätzlich zum Standardmuster<br />

wurde auch ein spezielles Wüstentarnmuster<br />

für Auslandseinsätze entwickelt (Bild links).<br />

TARNANZUGHOSE<br />

Die Hose besteht aus<br />

Tarnanzugstoff 215 und<br />

ermöglicht durch eine doppellagige<br />

Ausführung im<br />

Kniebereich das Einschieben<br />

von Protektoren. Die<br />

Schritt-, Seiten- und Gesäßnähte<br />

sind dreifach vernäht,<br />

es stehen zwei große<br />

Schenkeltaschen mit innenliegender<br />

Zusatztasche und<br />

zwei schräge Seitentaschen<br />

mit großem Taschenbeutel<br />

zur Vergügung. Ein Ripsband<br />

mit Druckknopf am<br />

Hosenabschluss ermöglicht<br />

die Fixierung am Schuh und<br />

eine drei Millimeter starke<br />

Gummischnur mit Kordelstopper<br />

sorgt für einen<br />

sauberen Hosenabschluss.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N F O G R A F I K<br />

EUE KLEIDER<br />

Tarneffekt als der alte Kampfannd<br />

soll zudem die elektronische<br />

ng durch optronische Nachtsichtrheblich<br />

erschweren. Bei der<br />

ng des Tarnanzugs neu wurde<br />

m viel Wert auf eine hohe Nutzungschkeit<br />

und auf mehr Komfort gelegt.<br />

en etwa Vorkehrungen getroffen,<br />

FACTBOX<br />

um Knie- und Ellbogenschutzprotektoren<br />

einschieben zu können. Neben den Soldaten<br />

des Jägerbataillons 18 sind mittlerweile<br />

auch die Soldaten des Panzergrenadier -<br />

bataillons 13 in Ried und der Panzerbataillons<br />

14 in Wels mit den neuen Uniformen<br />

ausgestattet, das jährliche Beschaffungsvolumen<br />

liegt bei rund 1,6 Millionen Euro.<br />

Der neue Tarnanzug<br />

Grundmaterial Tarnanzugstoff 215 oder 330<br />

Zusammensetzung Jacke und Hose bestehen aus 215 g/m² leichtem<br />

leinwandbindigem Gewebe aus 67 Prozent Polyester und 33 Prozent<br />

Baumwolle mit sogenannten Ripsfäden in Schuss und Kette.<br />

Reißfestigkeit Über 60 Dekanewton (daN); die Ripsfäden erhöhen<br />

außerdem die Weiterreißfestigkeit.<br />

Waschmaschinenfestigkeit Eine Maßänderung von maximal<br />

1,5 Prozent garantiert, dass nach mehreren Industriewäschen mit 60 Grad<br />

Celsius die Uniformteile weiterhin ihre „Ursprungsgröße“ beibehalten.<br />

Reißverschlüsse Eine Kettenbreite von mindestens 6 Millimetern<br />

sorgt für längere Haltbarkeit.<br />

Nähte Bei dehnbaren Materialien kommen Überdecknähte und<br />

Doppelkettenstiche zum Einsatz, damit eine Dehnung auch an der<br />

Naht gewährleistet wird. Alle Nähte sind mindestens zweifach verarbeitet.<br />

TARNANZUGHEMD<br />

Für ein besseres Tragegefühl beim Tragen einer ballistischen<br />

Schutzweste beziehungsweise Kampfweste wurde auf ein<br />

dehnbares, scheuerbeständiges Material im Körperbereich<br />

geachtet. Die Ärmel bestehen aus Ripstop-Gewebe und die<br />

Ellenbogenbereiche wurden doppellagig ausgeführt,<br />

um Protektoren aufnehmen zu können.<br />

TARNANZUGJACKE LEICHT<br />

Gefertigt aus Tarnanzugstoff<br />

215, im Ellbogenbereich doppellagig<br />

um Protektoren einschieben<br />

zu können. Die Jacke<br />

verfügt über zwei große Brust -<br />

taschen mit Reißverschluss und<br />

innenliegenden Gummibändern.<br />

Der Schnitt wurde bewusst länger<br />

gewählt, damit beim Tragen<br />

von Funktionsgürteln in der<br />

Bewegung ein Hinaufrutschen<br />

verhindert wird. Zwei große<br />

Ärmeltaschen mit Reißverschluss<br />

bieten<br />

Platz zum Verstauen<br />

von Kleinmaterial,<br />

Ärmellaschen am<br />

Handgelenk ermöglichen<br />

ein<br />

Verstellen der<br />

Ärmelweite.<br />

TARNANZUGHEMD<br />

KURZARM<br />

Kurzärmeliges, luftdurchlässiges<br />

und knitterarmes<br />

Hemd aus 80 Prozent<br />

Baumwolle und 20 Prozent<br />

Polyestergewebe mit zwei<br />

Brusttaschen.<br />

INTERVIEW<br />

„Der neue Anzug hat<br />

drei große Pluspunkte“<br />

Amtsdirektor<br />

Herbert Engel,<br />

Leiter technische<br />

Grundlagen &<br />

Spezifikation bei der<br />

Heeresbekleidungsanstalt,<br />

ist Chef -<br />

entwickler des<br />

neuen Tarnanzugs.<br />

Herr Engel, aus welchem Grund wurde<br />

überhaupt eine neue Uniform kreiert?<br />

Es gab einerseits einen politischen Auftrag<br />

im Jahr 2016, die Uniform mit einem<br />

Tarnmuster zu versehen. Andererseits<br />

gibt es immer wieder Verbesserungsund<br />

Änderungswünsche von der Truppe,<br />

welche im Zuge der halbjährlich tagenden<br />

Arbeitsgruppe „Anzug 03“ behandelt werden.<br />

Bei der Einführung des Tarnanzuges<br />

wurden viele dieser Forderungen und<br />

Wünsche umgesetzt.<br />

Was ist der größte Pluspunkt im<br />

Vergleich zum alten Kampfanzug?<br />

Aus meiner Sicht gibt es drei Pluspunkte.<br />

Erstens: Der einfarbige braun-graue<br />

Kampfanzug wurde zu einem sechsfarbigen<br />

Tarnanzug. Zweitens: Die Tarnanzugjacke<br />

schwer ist nun gefüttert. Und drittens: Die<br />

Einführung des Tarnanzughemdes (Anm.:<br />

allseits als „Combat Shirt“ bekannt) ist eine<br />

wesentliche Erleichterung beim Tragen<br />

einer Kampfweste oder einer ballistischen<br />

Schutzweste.<br />

Was war bei der Entwicklung und<br />

Produktion die größte Herausforderung?<br />

Bei der Entwicklung des Tarnmusters war<br />

vor allem die Farbgebung inklusive der<br />

dazugehörigen IR-Remissionswerte eine<br />

besondere Herausforderung. In der Schnittkonstruktion<br />

und Gradierung ergab sich<br />

außerdem bei den kleinen Größen eine<br />

Schwierigkeit im Bereich der Anbringung<br />

der Applikationen wie Taschen und Verstärkungen,<br />

aber diese konnte schlussendlich<br />

auch gemeistert werden.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 5 0 s c h l u s s p u n k t<br />

AFGHANISTAN:<br />

IMAGEDESASTER & STRATEGISCHE<br />

KURSKORREKTUR DER USA<br />

Die Bilder verzweifelter Afghanen, die sich an startende Flugzeuge der US-Luftwaffe klammern,<br />

werden sich zweifelsohne im kollektiven Gedächtnis einprägen und dem Image der Vereinigten Staaten<br />

nachhaltig schaden. Sie verstellen aber den Blick auf das Wesentliche, das sich mit dem überhasteten<br />

Abzug verbindet. Eine Analyse von Sicherheitspolitik-Experte Brigadier a. D. Walter Feichtinger.<br />

der unrühmliche und für viele<br />

Afghanen verheerende Abzug<br />

westlicher kräfte ist noch gar<br />

nicht richtig aufgearbeitet, da stellen sich<br />

bereits die Fragen nach den mittel- bis<br />

langfristigen Auswirkungen des Machtwechsels.<br />

Vordringlich dabei: Wie stabil<br />

wird Afghanistan unter taliban-Führung<br />

sein? und wird das land abermals zum<br />

sicheren hafen für terrororganisationen<br />

wie Al-kaida oder is? Beide Aspekte sind<br />

insbesondere für die nachbarstaaten und<br />

Moskau von vitaler Bedeutung. es darf<br />

dabei bezweifelt werden, dass die islamistischen<br />

putschisten ihre hardliner und<br />

Fanatiker unter kontrolle halten sowie dauerhaft<br />

und landesweit für ordnung und<br />

sicherheit sorgen können. china ist jedenfalls<br />

bestrebt, das entstandene Vakuum zu<br />

füllen und auch russland, pakistan sowie<br />

iran wollen an einfluss gewinnen. es wird<br />

somit vor allem an ihnen liegen, in ihrem<br />

ureigensten interesse für stabilität zu sorgen<br />

– die usA werden das nicht mehr tun.<br />

Mit dem ende des Afghanistaneinsatzes<br />

scheint auch die Ära umfangreicher (humanitärer)<br />

interventionen ein vorläufiges<br />

ende gefunden zu haben. der moralische<br />

druck vor allem im Westen, im Falle von<br />

Verbrechen gegen die Menschlichkeit<br />

oder Völkermord „etwas zu tun“, wird<br />

zwar weiter aufrecht bleiben. Ambitionen,<br />

regime zu stürzen, politische systeme zu<br />

reformieren und staaten neu aufzubauen,<br />

haben jedoch nach kosovo, Afghanistan,<br />

irak und libyen einen starken dämpfer<br />

erfahren. dazu kommt, dass es moderne<br />

Waffensysteme wie kampfdrohnen, raketen<br />

oder Marschflugkörper ermöglichen,<br />

missliebige regime oder terrororganisationen<br />

auch aus der Ferne abzuschrecken,<br />

einzuschüchtern oder direkt zu bekämpfen.<br />

ob damit tatsächlich die gewünschten<br />

effekte zu erzielen sind oder ob im Fall<br />

der Fälle nicht doch auch „boots on the<br />

ground“ zur problemlösung vonnöten<br />

sein werden, bleibt abzuwarten. die entsendung<br />

zigtausender westlicher soldaten,<br />

um irgendwo weit entfernt innerstaatliche<br />

kriege zu beenden oder sicherheit<br />

beim Wiederaufbau zu garantieren, wird<br />

es aber so schnell nicht mehr geben.<br />

„Afghanistan ist ein<br />

,Bauernopfer‘ der neu<br />

ausgerichteten Außenund<br />

Sicherheitspolitik<br />

der USA!“<br />

der geostrategische Fokus der usA liegt<br />

mit dem Abzug aus Afghanistan nun noch<br />

stärker auf dem indopazifik. um die immensen<br />

finanziellen kosten und enormen<br />

militärischen ressourcen zur Aufrechterhaltung<br />

des Afghanistaneinsatzes einzusparen,<br />

nahm präsident Joe Biden sogar<br />

das imagedesaster des überhasteten Abzugs<br />

in kauf. der us-Aufwand für die stationierung<br />

am hindukusch stand spätestens<br />

seit der tötung osama bin ladens im<br />

Jahr 2011 in keiner vertretbaren relation<br />

mehr zum strategischen nutzen. Gewiss –<br />

der Verlust der Basis Afghanistan als zentrale<br />

drehscheibe im südlichen Zentralasien<br />

schmerzt, dürfte aber verkraftbar<br />

sein. die im september erfolgte Formierung<br />

der sicherheitsallianz Aukus (Australien,<br />

united kingdom, usA, siehe auch<br />

seite 46) im pazifik unterstreicht die hinwendung<br />

zum indopazifischen raum. hier<br />

sei auch angemerkt, dass europa damit<br />

binnen kürzester Zeit zwei Mal als „erfüllungsgehilfe“<br />

der usA düpiert wurde und<br />

sich für die Zukunft etwas überlegen sollte.<br />

Fazit: der Abzug des Westens verändert<br />

die lage in Afghanistan dramatisch, wird<br />

aber keine Zäsur in den globalen entwicklungen<br />

darstellen. die usA haben auf dem<br />

geopolitischen schachfeld zwar einen<br />

Verlust erlitten, sich damit aber auch die<br />

Möglichkeit für neue spielzüge an anderer<br />

stelle eröffnet. es scheint ganz so, als würde<br />

Afghanistan damit ein „Bauernopfer“<br />

der neu ausgerichteten Außen- und<br />

sicherheitspolitik der usA.<br />

Brigadier a. D. Walter Feichtinger ist<br />

Präsident des Center for Strategic<br />

Analysis (CSA).<br />

Foto s : B u n d e s h e e r / M i n i c h , p i c t u r e d e s k<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


WAS TUN,<br />

WENN ALLES<br />

STEHT?<br />

Kommt es zu einem Blackout, also einem<br />

längeren Strom-, Wasser- und Infrastrukturausfall,<br />

so bedeutet dies eine große Herausforderung<br />

für uns alle.<br />

Unser Heer bereitet sich bestmöglich darauf vor,<br />

um auch unter diesen schwierigen Bedingungen<br />

seine Aufgaben weiterhin erfüllen und die<br />

Einsatzorganisationen unterstützen zu können.<br />

Aber auch Sie sollten sich für einen solchen<br />

Fall vorbereiten.<br />

Infos und Tipps darüber, wie Sie selbst vorsorgen<br />

bzw. sich vorbereiten können, finden Sie unter<br />

bundesheer.at/blackout


ECHTERPIONIER<br />

DER PIONIERPANZER3 KODIAK<br />

Der derzeit einzige, speziell für die Bedürfnisse der Pioniere<br />

entwickelte Pionierpanzer auf der bewährten und flexiblen<br />

Leopard2 Basis.<br />

Über den Pioniereinsatz hinaus bestens geeignet zur<br />

Unterstützung im Rahmen des Katastrophenschutzes.<br />

www.rheinmetall-defence.com/Kodiak

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