Wurstreport 2021
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WURST<br />
REPORT<br />
<strong>2021</strong>
WURST-REPORT <strong>2021</strong> 3<br />
Tradition und stetiger Wandel<br />
Deutschlands Fleischer versorgen die Bewohner des Landes<br />
mit etwa 1500 Sorten Wurst: von Brat- und Brühwurst<br />
über Roh- und Kochwurst bis zur Sülze und Pastete. Rund<br />
30 Kilo gramm pro Jahr dieser traditionellen, aber einem<br />
steten Wandel unterliegenden Vielfalt genießt rechnerisch<br />
jeder Ein wohner der Republik – und das seit über 20 Jahren<br />
relativ stabil. Die erfolgreiche Haltbarmachung von Würstchen<br />
in Dosen machten die Halberstädter um die vorletzte<br />
Jahrhundert wende groß, die Einführung eines vegetarischen<br />
Sortiments bringt aktuell die Traditionsmarke Rügenwalder<br />
Mühle an die Spitze eines vermeintlich unaufhaltsamen<br />
Trends zur fleischfreien Wurst.<br />
Auch in der Politik geht es immer mal wieder um die Wurst.<br />
Ex-Reichskanzler Otto von Bismarck wird folgendes Zitat<br />
nachgesagt: „Je weniger die Leute wissen, wie Würste und<br />
Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie!“ Und<br />
Ex-Kanzler Gerhard Schröder ärgerte sich erst kürzlich<br />
bei LinkedIn: „Wenn ich noch im Aufsichtsrat von VW säße,<br />
hätte es so etwas nicht gegeben.“ Gemeint war die Ankündigung<br />
des Volkswagen-Konzerns, die Currywurst in einer<br />
seiner Kantinen vom Speiseplan zu streichen und dort auf<br />
ein vegetarisches Angebot umzustellen. Für Schröder aber<br />
ist die Currywurst mit Pommes „einer der Kraftriegel des<br />
Facharbeiters in der Produktion.“<br />
Ähnlich sieht es der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie.<br />
Der BVDF hat Politiker in Deutschland nach<br />
ihrer Lieblingswurst, ihre damit verknüpften Erinnerungen<br />
und nach der Bedeutung der Fleischwirtschaft für ihre Wahlkreise<br />
gefragt. Herausgekommen ist eine Genussland karte,<br />
die die Vielfalt der in Deutschland hergestellten Fleischwaren<br />
und Wurst aufzeigt – Wertschätzung für traditionsreiche<br />
Produkte, die auch in Zukunft ihren festen Platz auf<br />
den Speiseplänen der Nation finden werden.<br />
Gerd Abeln<br />
Chefredakteur<br />
FLEISCHWIRTSCHAFT
4 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
3 Editorial<br />
8 Weiterhin stabil um 30 Kilogramm<br />
Der Konsum von Wurst und Fleischerzeugnissen in Deutschland<br />
14 Wurstmarkt in Bewegung<br />
Die Hersteller von Fleisch- und Wurstwaren stehen weiterhin<br />
unter Druck<br />
20 Brühwurst legt zu<br />
Produktionsvolumen auch 2019 leicht gestiegen<br />
24 Schneiden auf Fixgewicht mit Hightech kein Problem<br />
Der Absatzmarkt für aufgeschnittene Ware wächst –<br />
und damit die Ansprüche an die Maschinen<br />
30 „Sparsamer Umgang mit Ressourcen“<br />
Die Lieblingswürste der Abgeordneten<br />
36 Am wichtigsten ist Flexibilität<br />
Bei der Produktion von Wursterzeugnissen spielt der Prozess<br />
des Füllens eine wichtige Rolle<br />
42 Über die inneren Werte informiert<br />
„Der Koch“ ist das Standard-Rezepturenwerk für<br />
Fleischerzeugnisse<br />
44 Naturdärme: Nachfrage global ungebrochen<br />
Der deutsche Naturdarmhandel hat das<br />
Corona-Jahr 2020 gut bewältigt<br />
48 Fleischkonsum ohne Fleisch: Der Markt alternativer Produkte wächst<br />
Wurst- und Fleischalternativen liegen im Trend<br />
54 Wurst, halb und halb<br />
Bratwurst, Rinderhack und mehr mit 50 Prozent Gemüseanteil –<br />
eine neue Produktrange<br />
58 Wie Standortnachteile und technischer Fortschritt<br />
den Fleischmarkt prägten<br />
Die Entwicklung des Fleischangebots und -konsums in<br />
Deutschland wurde von unterschiedlichen Faktoren bestimmt<br />
62 Impressum
6 Promotion<br />
WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Seit fast 50 Jahren ...<br />
Gutfried<br />
HN Produktion GmbH & Co. KG<br />
Ziegeleistraße 5<br />
33775 Versmold<br />
+49 (0) 5423 969-219<br />
www.gutfried.de<br />
Geschäftsführer:<br />
Axel Knau<br />
Der Name der Marke GUTFRIED stammt vom<br />
„Gut Friedrichsruh“ im westfälischen Steinhagen,<br />
das von der Firma Heinrich Nölke GmbH & Co. KG<br />
erworben wurde. 1971 wurde dort mit GUTFRIED<br />
die erste Geflügel wurstmarke geboren. Um sich<br />
von anderen Wurstsorten abzuheben, wurde die<br />
Farbe Orange zum Markenzeichen. Von Beginn<br />
an wurde für die Wurst geworben – zunächst<br />
mit einer Printkampagne und seit 1972 auch<br />
mit TV-Spots. GUTFRIED warb damit als erste<br />
Wurstmarke überhaupt im Fernsehen. Heute ist<br />
GUTFRIED Deutschlands Geflügelwurstmarke<br />
Nr. 1.<br />
In aller Munde<br />
Geflügelprodukte liegen voll im Trend und gelten<br />
als leicht, zeitgemäß und Bestandteil einer<br />
bewussten Ernährung.<br />
GUTFRIED sorgt mit kontinuierlicher Präsenz<br />
im Markt und stetigen Innovationen für ein hervorragendes<br />
Image bei vielen Verbrauchern.<br />
Besonders auf dem Markt für vegetarische und<br />
vegane Fleischersatzprodukte hat sich Gutfried<br />
bewiesen.<br />
Das zeigen auch die jüngsten Auszeichnungen.<br />
In der Lebensmittelzeitung wurde GUTFRIED zur<br />
„Marke des Jahres <strong>2021</strong>“ ernannt.<br />
Starke Marke GUTFRIED!<br />
GUTFRIED führt diese Resultate neben der<br />
breiten Bekanntheit der Marke und ihrem<br />
guten Ruf auch auf die kontinuierlich hochwertige<br />
Qualität zurück. Ausgiebiges Marketing<br />
in Form von TV-Spots, Auftritten in den<br />
sozialen Medien und Influencer- Koopera tionen<br />
unterstützt diese Bekanntheit nachhaltig.
8 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Weiterhin stabil<br />
um 30 Kilogramm<br />
Der Konsum von Wurstwaren und sonstigen Fleischerzeugnissen wie Schinken oder Pasteten<br />
ist 2019 im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken, liegt mit 29,4 Kilogramm pro Kopf aber<br />
weiterhin seit rund 20 Jahren stabil um die 30-Kilo-Marke.<br />
Das Verbraucherpanel der Gesellschaft für<br />
Konsumforschung in Nürnberg, GfK, weist<br />
für die Haushaltsnachfrage nach Fleischerzeugnissen<br />
eine bessere Entwicklung aus<br />
als für die Nachfrage nach Fleisch. Die Struktur<br />
des Gesamtverzehrs dürfte sich dementsprechend<br />
weiter zugunsten von Fleischverarbeitungsprodukten<br />
verschoben haben.<br />
Knapp die Hälfte der insgesamt zum Verzehr<br />
verfügbaren Fleischmenge ging nach<br />
Berechnungen des Deutschen Fleischer-Verbandes<br />
(DFV) in die Verarbeitung. Statistisch<br />
gesehen entfielen 2019 rund 2,447 Millionen<br />
Tonnen auf Fleischerzeugnisse, das entspricht<br />
im Durchschnitt der Bevölkerung<br />
Deutschlands 29,4 Kilogramm pro Kopf.<br />
Entwicklung des Pro-Kopf-Verzehrs von Wurst und Fleischerzeugnissen in Deutschland<br />
in Kilogramm<br />
31,1<br />
31,0<br />
30,8<br />
30,6<br />
30,7<br />
30,6<br />
30,5<br />
30,3<br />
30,4<br />
30,0<br />
29,9<br />
29,6<br />
29,5<br />
29,4<br />
29,6<br />
29,4 29,4<br />
29,2<br />
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018<br />
2019<br />
Quelle: BVDF
10 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Entsprechen die Einkaufsmengen der privaten<br />
Haushalte auch den tatsächlichen Vorlieben<br />
der Verbraucher, dann stehen traditionell die<br />
Brühwurste an der Spitze der Beliebtheitsskala.<br />
Von den 29,4 Kilogramm des gesamtem<br />
Wurst- und Fleischwarenverzehrs entfielen im<br />
letzten Jahr 7,1 Kilogramm auf Brühwürste.<br />
Die beliebtesten Sorten sind die Fleischwurst<br />
oder Lyoner, gefolgt von Sorten wie Schinkenoder<br />
Jagdwurst, Bierschinken und Fleischoder<br />
Leberkäs. In Süddeutschland ist der<br />
Verzehr an Brühwurst dabei am höchsten.<br />
Da zur Brühwurst technologisch gesehen<br />
auch die Würstchen zählen, kann der Verzehr<br />
von Frankfurtern, Wienern, Rinds- oder<br />
Bockwürstchen noch hinzugerechnet werden<br />
– somit konzentrierte sich auch 2019 über ein<br />
Drittel des deutschen Wurst- und Fleischwarenverzehrs<br />
allein auf die Brühwurst. Eine<br />
derart hohe Vorliebe für eine einzelne Gruppe<br />
an Wurstwaren ist einmalig in Europa.<br />
Der zweithöchste Pro-Kopf-Verzehr war mit<br />
5,3 Kilogramm erneut bei Rohwürsten wie<br />
Salami oder Mettwurst festzustellen, gefolgt<br />
von Schinken mit 4,7 Kilogramm. Nach<br />
Angaben der Agrarmarkt Informationsgesellschaft<br />
(AMI) war die Salami auch im letzten<br />
Jahr die beliebteste Wurstsorte der deutschen<br />
Haushalte, gefolgt von Kochschinken,<br />
Fleischwurst, rohem Schinken und Leberwurst.<br />
An der Reihenfolge der beliebtesten<br />
Sorten hat sich 2019 kaum etwas geändert,<br />
allerdings wurde auch von den Spitzenreitern<br />
insgesamt etwas weniger verzehrt.<br />
Pro-Kopf-Verzehr von Wurst und Fleischerzeugnissen in Deutschland<br />
2019, in Kilogramm<br />
Schinken 4,7<br />
Pasteten /<br />
Rouladen 0,4<br />
Brühwurst 7,1<br />
Braten kalt /<br />
aufgeschnitten 0,3<br />
Aspik / Sülze 0,7<br />
Speck 0,8<br />
Aufschnitt 0,7<br />
Bratwurst 2,7<br />
Würstchen 4,3<br />
Kochwurst 2,4<br />
Rohwurst 5,3<br />
Quelle: DFV
12 Promotion<br />
WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Wurstprodukte mit VEMAG<br />
VEMAG Maschinenbau GmbH<br />
Weserstraße 32<br />
27283 Verden<br />
+49 (0) 4231 777-0<br />
e-mail@vemag.de<br />
www.vemag.de<br />
CEO:<br />
Andreas Bruns<br />
VEMAG Vakuumfüller und vielseitiges<br />
Vorsatzgeräteprogramm bieten ideale<br />
Lösungen für die Wurstproduktion.<br />
Würstchen absolut gewichts- und längengenau<br />
herstellen? Die VEMAG Längenportioniergeräte<br />
sind wahre Alleskönner! Das<br />
LPG208 Servo mit Zwillingskopf und optionalem<br />
Darmschieber ist der Spezialist für<br />
Abdrehanwendungen für Natur-, Collagenoder<br />
Kunstdarm. Das LPG209 mit Darmmagazin<br />
arbeitet flexibel und produktiv. Die<br />
Verbindung aus vollauto matischem Darmmagazin<br />
und Zwillingskopf mit zwei identischen<br />
Abdrehrohren wechselt Collagen-, Cellulose-<br />
und Polyamid-Darmraupen extrem<br />
schnell. Das LPG218 ist für die Hotdog-<br />
Produktion prädestiniert: Die Maschine verarbeitet<br />
bei einer Produktionsgeschwindigkeit<br />
von bis zu 2.200 Portionen pro Minute<br />
vollautomatisch Kunst-, Polyamid- und Collagendärme.<br />
Bei einer anschließenden thermischen<br />
Behandlung oder Reifung der Würstchen<br />
kommt die VEMAG Aufhängemaschine<br />
AH212 oder AH219 ins Spiel. Die Vorrichtung<br />
zum automatischen Aufhängen von Wurstketten<br />
wird direkt über die VEMAG Füllmaschine<br />
gesteuert und erleichtert die Entnahme mit<br />
dem Rauchspieß.<br />
Für eine optimierte Rohwurstproduktion bietet<br />
der VEMAG Trennwolf 982 einmalige Vorteile:<br />
Durch das Wolfen auf finale Körnungsgröße<br />
im Verlauf des Füllprozesses werden<br />
empfindliche Produkte sehr schonend abgefüllt.<br />
Die Partikelstruktur weist eine äußerst<br />
regelmäßige Verteilung auf – für ein attraktives<br />
Schnittbild mit sauberer Trennung von<br />
Mager- und Fettpartikeln, ohne jegliche Verschmierung.<br />
Zur Produktion von Würstchen im Alginatdarm<br />
kommt die CC215 von VEMAG zum Einsatz.<br />
Alginat ist ein aus Braunalgen hergestelltes<br />
Gel und ermöglicht die Produktion<br />
von z. B. Halal- oder veganen Würstchen. Die<br />
CC215 eignet sich für die Produktion frischer<br />
Bratwurst oder gegarter Würstchen im<br />
Kochtunnel.<br />
Vereinzelte frische Bratwürste legt der<br />
LinkLoader LL335 vollautomatisch gruppenweise<br />
in Schalen und gibt sie an den Folgeprozess<br />
weiter. Druckstellen gehören der<br />
Vergangenheit an. Durch die Eliminierung<br />
manueller Arbeit wird eine neue Dimension<br />
des Hygienestandards erreicht.
IDEALE LÖSUNGEN FÜR<br />
DIE WURSTPRODUKTION<br />
Egal ob Brühwurst, Rohwurst oder frische<br />
Bratwurst: VEMAG Vakuumfüller und vielseitiges<br />
Vorsatzgeräteprogramm ermöglichen<br />
maximale Flexibilität in der Wurstproduktion.<br />
Mehr unter www.vemag.de<br />
oder e-mail@vemag.de<br />
Mit VEMAG die Zukunft gestalten.
14 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Wurstmarkt in Bewegung<br />
Die Hersteller von Fleisch- und Wurstwaren bleiben unter Druck: Unternehmensberater<br />
prognostizieren, dass von 150 Wurstherstellern mit über 15 Millionen Euro Umsatz nur<br />
35 übrig bleiben.<br />
Top 20 der deutschen Wursthersteller<br />
Umsatz 2019 in Mio. Euro<br />
Zur-Mühlen-Gruppe<br />
The Family Butchers<br />
733<br />
Bell 338<br />
Wolf 310<br />
Sutter 296,4<br />
Ponnath 284,3<br />
Stockmeyer 266,7<br />
Rügenwalder 242<br />
Vinzenzmurr 198<br />
Sauels 195,8<br />
Kupfer & Sohn 192<br />
Herta 175 2<br />
R&S Spezialitäten 165 3<br />
Wiltmann 160<br />
Abbelen 159<br />
Steinhaus 140<br />
Egetürk 130,5<br />
Schwarz Cranz 130 2<br />
Rudolf u. Robert Houdek 122<br />
Metten 119<br />
1000<br />
1 ) Errechnet aus Neugründung<br />
9/2019 von Kemper und Reinert<br />
2 ) geschätzt<br />
3 ) Gruppenumsatz<br />
Quelle: Top 100 der Fleischwirtschaft, afz 46/2020<br />
Der Schweinepreis stieg 2019 von 1,36 Euro<br />
im Januar auf 2,03 Euro zum Jahresende.<br />
Diese Preissteigerungen wurden aber<br />
nicht annähernd durch höhere Verbraucherpreise<br />
aufgefangen, wodurch die Margen,<br />
insbesondere im Verarbeitungssektor, noch<br />
stärker unter Druck gerieten – dem nicht<br />
alle standhielten. Einige Unternehmen haben<br />
sich komplett aus dem Markt verabschiedet<br />
(zum Beispiel Hermes), andere gerieten in
16 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
finanzielle Schieflage, konnten aber mithilfe<br />
verschiedener Investoren erhalten werden<br />
(zum Beispiel Gmyrek, Schlemmermeyer,<br />
Fleischwaren Bautzen). Unternehmensberater<br />
prognostizieren für den deutschen Markt: Von<br />
150 Wurstherstellern über 15 Millionen Euro<br />
Umsatz sollen nur 35 übrig bleiben.<br />
Die Branche reagiert. Das zeigt etwa der Zusammenschluss<br />
von Reinert und Kemper zu<br />
The Family Butchers, die damit zum zweitgrößten<br />
Anbieter von Fleischwaren für den<br />
deutschen Markt aufgestiegen sind. Und es<br />
steht zu erwarten, dass die Gruppe, ebenso<br />
wie Zur Mühlen, noch weiter wächst.<br />
Zu beobachten sind zudem stufenübergreifende<br />
Kooperationen, so wie sich etwa<br />
Reinert, Brand und die liefernden Landwirte<br />
im Rahmen von „Reinerts Genussgenossenschaft“<br />
zusammengetan haben, oder die Unternehmensgruppe<br />
Willms, die inzwischen<br />
Schlachtung, Zerlegung und Wurstproduktion<br />
unter einem Dach vereint.<br />
Bell hingegen hat sich vom harten Wettbewerb<br />
auf dem deutschen Wurstmarkt<br />
längst wieder verabschiedet. Andere wie<br />
der spanische Konzern Casa Tarradellas<br />
(bei Herta) oder die niederländische Group<br />
of Butchers (Hartmann, Gmyrek) sind gerade<br />
erst eingestiegen. Für manche scheint<br />
er demnach weiter lukrativ, der deutsche<br />
Wurstmarkt.<br />
Es bleibt also spannend zu beobachten, wer<br />
mit den Herausforderungen wie umgeht<br />
und wer welche Initiative ergreift.<br />
Top 20 der deutschen Wursthersteller<br />
Zur-Mühlen-Gruppe<br />
Rügenwalder<br />
Schwarz Cranz<br />
Bell Deutschland<br />
Stockmeyer<br />
Herta<br />
R&S Spezialitäten<br />
Sauels<br />
The Family Butchers<br />
Wiltmann<br />
Metten<br />
Abbelen<br />
Steinhaus<br />
Egetürk<br />
Sutter<br />
Ponnath<br />
Wolf<br />
Kupfer & Sohn<br />
Vinzenzmurr<br />
Rudolf u. Robert Houdek
18 Promotion<br />
WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
„Forming Innovations“<br />
Sealpac GmbH<br />
An der Kolckwiese 10<br />
26133 Oldenburg<br />
Tel.: +49 (0) 441 94 00 05 - 100<br />
Fax: +49 (0) 441 94 00 05 - 117<br />
info@sealpacglobe.de<br />
www.sealpac.de<br />
Managing Director:<br />
Klaus von Seggern<br />
Sales & Marketing Director:<br />
Stefan Dangel<br />
„Forming Innovations“ lautet unser Leitgedanke und beinhaltet<br />
sowohl höchste Maschinenbauqualität als auch zeitgemäße<br />
Verpackungen, die bis ins Detail auf die technischen Möglichkeiten<br />
und Grenzen abgestimmt sind. In der Entwicklung sind<br />
wir dank unserer Inhouse-Fertigung sowie kurzer Entscheidungswege<br />
zwischen Vertrieb, Entwicklung und Konstruktion<br />
in der Lage, schnell und flexibel auf aktuelle Anforderungen<br />
oder Markttrends zu reagieren, um Verpackungen für Ihre<br />
Produkte zu realisieren, die durch innovative Konzepte überraschen<br />
und immer am Puls der Zeit sind.<br />
Lassen Sie sich z. B. von unseren Traysealern der Amax- Serie<br />
überzeugen, die sich durch innovative Technologie, höchste<br />
Leistungsfähigkeit und problemlose Integration in bestehende<br />
Produktionslinien auszeichnen. Unsere Thermoformer der<br />
F-Serie bestechen durch maximale Flexibilität, Hygiene, Prozesssicherheit<br />
und geringe Life-Time-Costs.<br />
Innovationen – Impulse des Fortschritts<br />
Für die Verpackung von Fleisch- und Wurstwaren setzt<br />
SEALPAC immer wieder neue Maßstäbe: Um Kunststoff zu<br />
reduzieren und durch alternative Trägerwerkstoffe wie Kartonfasern<br />
zu ersetzen, entwickelten wir 2017 FlatSkin ® . Die<br />
neuste Verpackungsinnovation für geslicte Produkte heißt<br />
FlatMap ® . Jüngst mit dem Swiss Award prämiert, setzt sie<br />
Wurst, Fleischwaren und Co. aufmerksamkeitsstark in Szene.<br />
Herausragendes Merkmal: die neuartige Wiederverschlussqualität<br />
und das bei einer Kunststoffreduktion von bis zu 75 %.<br />
Wie frisch hinter der Theke verpackt wirkt der Fold-Pack. Die<br />
thermogeformte Verpackung aus flexibler Folie vermittelt<br />
Ihrem Aufschnittprodukt größtmögliche Frische und hält dabei<br />
strengsten Hygienekontrollen stand. Alle Hartfolienanwendungen<br />
oder vorgefertigten Schalen können mit dem SEALPAC<br />
EasyPeelPoint System ausgestattet werden. Die revolutionäre<br />
Öffnungshilfe erleichtert das Öffnen, indem es der sog. Kaltverschweißung<br />
entgegenwirkt und die Peelecke durch Eindrücken<br />
der Oberfolie in die Daumenmulde wieder greifbar macht.
20 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Brühwurst legt zu<br />
Im Geschäftsjahr 2019 steigerten die Unternehmen der deutschen Fleischwarenindustrie<br />
ihr Produktionsvolumen leicht von 1.551.045 auf 1.559.952 Tonnen um 0,6 Prozent.<br />
Als größte Produktgruppe verbuchte Brühwurst<br />
ein Plus von 2,7 Prozent auf 985.325 t,<br />
hier konnte auch wertmäßig um satte 6,3 Prozent<br />
zugelegt werden. Zu beachten ist, dass<br />
wesentliche Sortimente der Fleischwarenindustrie<br />
wie roher oder gekochter Schinken,<br />
Braten, Suppen oder vegetarische Produkte<br />
statistisch nicht erfasst werden.<br />
2019 haben die deutschen Unternehmen insgesamt<br />
159.040 t Wurstwaren in die anderen Mitgliedstaaten<br />
der Europäischen Gemeinschaft<br />
geliefert (4,3 Prozent mehr als 2018). Die<br />
größten Abnehmer deutscher Wurstwaren<br />
waren Großbritannien (44.374 t), Frankreich<br />
(25.676 t), Dänemark (11.471 t), die Niederlande<br />
(11.355 t) und Belgien (10.012 t). Aus den<br />
anderen Mitgliedsländern nach Deutschland<br />
wurden insgesamt 102.891 t importiert, das<br />
sind 6,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Größte<br />
Lieferanten waren Österreich (29.606 t), Italien<br />
(18.750 t) und die Niederlande (18.510 t). Der<br />
Export in Drittländer stieg um 14,4 Prozent auf<br />
7.253 t, Hauptabnehmer waren die USA (1.171 t),<br />
Japan (1.139 t) und die Schweiz (1.049 t).<br />
Produktionsentwicklung der deutschen Fleischwarenindustrie<br />
2019<br />
Produktionsmenge<br />
in Millionen Tonnen<br />
Wurst, gesamt<br />
1,56<br />
+ 0,6%<br />
Produktionswert<br />
in Milliarden Euro<br />
Wurst, gesamt<br />
+ 4,9%<br />
7,53<br />
Durchschnittspreis<br />
in Euro / Kilogramm<br />
Wurst, gesamt<br />
+ 4,3%<br />
4,83<br />
Rohwurst<br />
0,41<br />
- 0,4%<br />
Brühwurst<br />
0,99<br />
+ 2,7%<br />
Kochwurst<br />
0,16<br />
- 8,7%<br />
Rohwurst<br />
2,58<br />
+ 5,5%<br />
Brühwurst<br />
4,01<br />
+ 0,8%<br />
Kochwurst<br />
0,9<br />
- 2,5%<br />
Rohwurst<br />
6,23<br />
+ 6,0%<br />
Brühwurst<br />
4,12<br />
+ 3,5%<br />
Kochwurst<br />
5,57<br />
+ 6,7%<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt Quelle: Statistisches Bundesamt Quelle: Statistisches Bundesamt
Promotion
24 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Schneiden auf Fixgewicht –<br />
mit Hightech kein Problem<br />
Fixgewicht-Verpackungen von Aufschnitt liegen voll im Trend. Das Aussehen eines in<br />
Scheiben geschnittenen und verpackten Produkts im Kühlregal trägt maßgeblich zur<br />
Kauf entscheidung bei. Der Absatzmarkt für aufgeschnittene Ware wächst – und damit<br />
die Ansprüche an die Maschinen.<br />
Foto: IMAGO /Jochen Tack<br />
Rund, oval, linear – in Scheiben aufgeschnittene<br />
Produkte können in verschiedenen Konfigurationen<br />
angeordnet werden. Mal liegt<br />
liegt zwischen jeder Scheibe ein Papierblatt<br />
oder eine Folie, um die Entnahme einer<br />
Scheibe aus dem Stapel zu erleichtern, mal<br />
sind die Scheiben im Zick-Zack angeordnet,<br />
was ein einfaches Trennen ohne Zwischenlage<br />
ermöglicht – und die Menge des benötigten<br />
Verbrauchsmaterials reduziert.<br />
Unregelmäßig geformte Naturprodukte haben<br />
keine homogene Struktur und unregelmäßige<br />
Konturen, was das Schneiden auf<br />
Fixgewicht für egalisierte Fertigpackungen<br />
erschwert. Präzises Schneiden von Aufschnitt<br />
nach Fixgewicht erfordert ein ho-
26 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
hes Maß an Automation sowie die intelligente<br />
Vernetzung von Maschinen, Anlagen und<br />
Prozessen. Hier bieten immer mehr Hersteller<br />
vollintegrierte Linienlösungen zum Verpacken<br />
an. Kern der automatisierten Linie<br />
für das Slicen und Verpacken von Aufschnittware<br />
der Multivac Sepp Haggenmüller ist der<br />
Slicer S 1600 mit einer vollautomatischen<br />
Produktzentralbeladung, der bis zu 1600<br />
Schnitte pro Minute schafft. Über das Übergabeband<br />
SB 625 erfolgt die Übergabe an die<br />
Tiefziehverpackungsmaschine RX 4.0. Laut<br />
Multivac können auch Slicer anderer Hersteller<br />
angebunden werden.<br />
Weber Maschinenbau hat für das Verpacken<br />
von Schinken in Faltverpackungen eine Linie<br />
entwickelt, in der zuerst der Rohschinken mit<br />
einem LED-Scanner vermessen wird. Anschließend<br />
wird berechnet, wie die Scheiben<br />
im Weber-Slicer 804 MCS zu schneiden sind,<br />
um das optimale Gewicht zu erreichen. Am<br />
Ende des Prozesses wird neben dem Gewicht<br />
des Aufschnitts auch kontrolliert, dass die<br />
Portion genau in der Verpackung liegt. Für<br />
den gleichzeitigen Schnitt zweier kalibrierter<br />
Produktblöcke, wie zum Beispiel runder Wurst<br />
oder Rohschinken, hat GEA die Schneidemaschine<br />
Dual Slicer II 1200 entwickelt. Vor<br />
dem Slicen scannt GEA Opti Scan zwei Logs<br />
gleichzeitig auf Dichte und Form. Dadurch<br />
wird eine genaue Gewichtskontrolle jeder Packung<br />
gewährleistet und ein hoher Ertrag bei<br />
minimalem Give-away erzielt.<br />
Mit zwei separaten Folienantrieben zum<br />
Slicer kann jeder Block unabhängig verarbeitet<br />
werden, auch wenn die Produkte unterschiedlich<br />
sind. Die Interleaver-Folie wird im<br />
Schneideprozess des Produkts zwischen jeder<br />
einzelnen Scheibe positioniert und trennt<br />
die Portionen sehr komfortabel.<br />
Der GEA OptiSlicer 6000 hat einen Schneidschacht<br />
von maximal 500 mm Breite und<br />
200 mm Höhe; hier können mehrere bis zu<br />
1850 mm lange Produkte gleichzeitig verarbeitet<br />
werden. Die Maschine arbeitet mit<br />
einem Schneidwinkel von 40 Grad, die Messerdrehzahl<br />
beträgt maximal 1500 Umdrehungen<br />
pro Minute. Laut GEA können selbst<br />
kritische Produkte ohne Schockfrosten der<br />
Oberfläche geschnitten werden.<br />
Der Slicer S 1600 von Multivac<br />
schafft bis zu 1600 Schnitte/Minute.
28 Promotion<br />
WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
AVO – seit 100 Jahren Partner<br />
für Geschmack und Technologie<br />
AVO-Werke August Beisse GmbH<br />
Industriestraße 7<br />
49191 Belm<br />
+49 (0) 5406-508-0<br />
info@avo.de<br />
www.avo.de<br />
Am 15. September 1921 gegründet, wandelte<br />
sich das Unternehmen bereits nach wenigen<br />
Jahren zum Produzenten von Gewürzmischungen<br />
zur Herstellung von Wurstwaren.<br />
Seit dieser langen Zeit ist AVO eng verbunden<br />
mit dem fleisch-verarbeitenden Handwerk<br />
sowie der Lebensmittelindustrie.<br />
Zum Leistungsspektrum gehören sowohl die<br />
Veredelung und Verarbeitung von Naturgewürzen<br />
und Gewürzmischungen, als auch<br />
die Entwicklung und Herstellung von Flüssigwürzungen,<br />
wie Marinaden oder Würzsaucen.<br />
Auch die Bereiche Zusatzstoffe für die Lebensmittelproduktion<br />
sowie die Produktion hochwertiger<br />
Convenience Lebensmittel gehören<br />
zum AVO Portfolio. Die Vielzahl an innovativen<br />
und kundenindividuellen Produkten zeigt sich<br />
in dem mehr als 8.000 Artikel umfassenden<br />
Sortiment.<br />
Auf die veränderten Anforderungen der Verbraucher<br />
an Lebensmittel im Sinne einer bewussteren<br />
Ernährung hat AVO frühzeitig reagiert.<br />
Nicht nur ein Clean Label Sortiment,<br />
sondern auch die führende Position im Bereich<br />
der Bio-Gewürze, sind Belege dafür. Auch in<br />
Bezug auf nachhaltiges Wirtschaften hat AVO<br />
die Zukunft im Blick und strebt bis <strong>2021</strong> eine<br />
Qualifikation nach dem Standard des Zentrums<br />
für Nachhaltige Unternehmensführung<br />
der Universität Witten/Herdecke an.<br />
Mit wirtschaftlichen Lösungen und praxisnahen<br />
Beratungsleistungen bleiben die<br />
Belmer innovative Partner der Fleischindustrie<br />
und bringen ihr Know-how auch in kundenspezifische<br />
Entwicklungen weiter mit ein.
30 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
„Sparsamer Umgang mit<br />
Ressourcen“<br />
Der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie e. V. (BVDF) hat<br />
im Sommer erstmals seine Genusslandkarte „Unsere Wurst – unser<br />
Geschmack. Lieblingswurst aus der Politik“ veröffentlicht und dort Politiker<br />
verschiedenster Parteien nach ihren Wurstvorlieben befragt. Interessant<br />
dabei: Viele Antworten wiesen auf die Tradition der Komplettverwertung<br />
von Schlachtkörpern hin – und wie aus der Not regional typische Spezialitäten<br />
wurden. „Dem Ursprung der Wurst liegt ein Gedanke zugrunde, der<br />
heute aktueller denn je erscheint: die Achtung vor dem geschlachteten<br />
Tier, das Tierwohl und der damit verbundene sparsame Umgang mit natür -<br />
lichen Ressourcen“, betont Julia Klöckner, Bundes ministerin für Ernährung<br />
und Landwirtschaft, in ihrem Grußwort.<br />
Mit der Genusslandkarte möchte der Verband vor allem die Bedeutung<br />
der regionalen Produktion von Fleischwaren unterstreichen, erklärt BVDF-<br />
Präsidentin Sarah Dhem: „In der aktuellen Zeit zeigt sich: Heimische<br />
Lebensmittelerzeugung ist wichtiger denn je.“<br />
Dorothee Bär, Staatsministerin, MdB,<br />
CSU – Franken<br />
Als Fränkin gehört für mich die Wurst in all<br />
ihren wunderbaren Varianten zu einem guten<br />
Leben, zu Festen und Familienfeiern. Die Bratwurst<br />
fehlt auf keinem Sommerfest, Weißwurstfrühstücke<br />
gehören immer dazu und<br />
das berühmte Kesselfleischessen sowieso.<br />
(…) Mein Favorit ist der fränkische Presssack,<br />
allerdings lieber in weiß als rot.<br />
Foto: Tobias Koch
34 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Alois Gerig, MdB, CDU – Odenwald<br />
Da muss ich nicht lange überlegen: Odenwälder<br />
Schwartenmagen. (…) Früher war es in meiner<br />
Heimat in fast jedem zweiten Haus üblich, ein<br />
paar Schweine zu halten. Die Hausschlachtung<br />
spielte für die Versorgung mit Lebensmitteln eine<br />
wichtige Rolle. Die Herstellung von Schwartenmagen<br />
ermöglichte eine komplette Verwertung<br />
des Schlachttiers (…).<br />
Rainer Spiering, MdB, SPD –<br />
Landkreis Osnabrück<br />
Wurstbrei mit Bratkartoffeln und Roter<br />
Bete. (…) Wahrscheinlich historisch entstanden<br />
in einer eher armen Gegend.<br />
Kalorienhaltiges Mahl, das eingekocht<br />
und haltbar ist. Konnte man dann nach<br />
der Herbstschlachtung ziemlich lange<br />
haltbar lagern und half so gut über<br />
einen langen Winter.<br />
Markus Tressel, MdB, Bündnis 90/Die Grünen<br />
– Saarland<br />
Im Saarland ist „der Lyoner“ die Wurst, mit der fast<br />
jeder etwas verbindet. Ihn gibt es in allen Variationen<br />
und Darreichungsformen. Die Lyonerpfanne aber mit<br />
Bratkartoffeln, einem Spiegelei obendrauf und einem<br />
schönen grünen Salat dazu, das ist nach wie vor<br />
unschlagbar.<br />
Fotos: B90 / Die Grünen, Benno Kraehahn, Stella von Saldern
36 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Foto: Handtmann<br />
Ob Kunst-, Collagen- oder Naturdärme,<br />
ob abgebunden oder geclippt: Jede Wurst<br />
hat individuelle Ansprüche an die Hülle.<br />
Am wichtigsten ist Flexibilität<br />
Bei der Produktion von Wursterzeugnissen spielt der Prozess des Füllens eine wichtige<br />
Rolle. Maschinelle Parameter wie Geometrie, Bauteilgröße und Funktion haben vom<br />
Trichter bis zum Auslauf Einfluss auf wesentliche Produktmerkmale. Gute maschinelle<br />
Lösungen lassen sich exakt auf die Eigenschaften des gewünschten Endprodukts anpassen.<br />
Damit auf einer automatisierten Linienlösung<br />
ein erstklassiges Produkt entstehen kann, bedarf<br />
es beim Abfüllen eines kontinuierlichen<br />
Produkteinzugs, einer konstanten Vakuumleistung<br />
sowie eines schonenden Förderns<br />
des Füllguts. Egal ob Wurstbrät, Fleischmassen,<br />
großstückige Ware, pflanzenbasierte<br />
Produkte oder andere pastöse Rohstoffe,<br />
egal ob im kalten Zustand oder bei 60 Grad<br />
– es gilt, Produktqualität und Gewichts-<br />
genauigkeit zu gewährleisten, Lufteinschlüsse<br />
und Verschmierungen zu verhindern, Restmengen<br />
zu minimieren und höchste Hygienestandards<br />
zu erfüllen. Und das gleicher maßen<br />
bei Kunst-, Collagen- und Naturdärmen.<br />
In Rohwurst-Anwendungen, bedingt durch die<br />
Verarbeitung kalter, fester Massen, werden<br />
Maschinen benötigt, die Kraft und Ausstoßleistung<br />
vereinen. Das Teilen/Portionieren<br />
durch Abdrehen wiederum ist nur bei dünnen
38 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Wurstsorten, wie beispielsweise Frankfurter<br />
Würstchen, zufriedenstellend. Bei größeren<br />
Kalibern wird ein zuverlässiger Wurstverschluss<br />
durch den Einsatz von Clips gewährleistet.<br />
Hier bieten Clipmaschinen, die an den Füller<br />
gekoppelt sind, einen echten Mehrwert. Bei<br />
Maschinen von Poly-clip System sorgt eine<br />
integrierte Darmbremse dafür, dass der<br />
Darm fest gefüllt wird. Anschließend wird die<br />
Portion verschlossen und das fertige Produkt<br />
ausgestoßen und abtransportiert.<br />
Kommt ein Doppelclipper zum Einsatz, werden<br />
zwei Verschlüsse gleichzeitig vorgenommen<br />
und das Ende der befüllten Verpackungseinheit<br />
sowie der Anfang der nächsten,<br />
noch nicht befüllten Verpackungseinheit<br />
gleichzeitig verschlossen.<br />
Die Handtmann Maschinenfabrik bietet neben<br />
Industrie-Vakuumfüllern auch Füll- und Portioniermaschinen<br />
für das mittlere Leistungssegment<br />
an. Damit lassen sich<br />
klassische Brüh- und Kochwurst,<br />
Rohwurst, Schinken, dünnflüssige<br />
Massen und grobstückige Ware<br />
füllen, portionieren und clippen,<br />
wobei halb- und vollautomatische<br />
Clipmaschinen aller<br />
Hersteller genutzt werden<br />
können. In der Produktion<br />
von Portionsware mit Clips<br />
liege eine besondere Stärke,<br />
betont das Unternehmen: Aufschnittware,<br />
wie feine Brühwurst<br />
oder Kochsalami, könne in Portionsgröße<br />
von mehreren Kilos genauestens<br />
portioniert und geclippt<br />
werden, darüber hinaus seien<br />
dauerhaft grammgenaue Gewichte<br />
in Clipanwendungen für kleine<br />
Kaliber auch bei höchster Produktionsleistung<br />
gewährleistet.<br />
Mit dem flexiblen und modularen Maschinen-<br />
und Vorsatzgeräteprogramm von Vemag<br />
Maschinenbau kann der Anwender sein<br />
Produktportfolio jederzeit erweitern. „Füllen,<br />
Wolfen, Separieren, Darmaufziehen und<br />
-wechseln, Portionieren und Abdrehen, Trennen,<br />
Ablegen oder Aufhängen: Von Wienern<br />
über moderne Rohwurst-Snackprodukte bis<br />
hin zu Würstchen in Alginathülle“ – das Unternehmen<br />
aus Verden (Aller) bietet alles<br />
aus einer Hand, beschreibt Product Manager<br />
Sausage Lines Björn Fechner das Portfolio<br />
seines Unternehmens.<br />
Der Doppelclipper FCA 160 von<br />
Poly-clip verschließt Collagendärme<br />
bis 90 mm, Faserdärme<br />
bis 120 mm und Kunststoffdärme<br />
bis Kaliber 160 mm.<br />
Foto: Poly-clip
40 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Foto: Vemag<br />
Wursthüllen aus Kunststoff<br />
sind in allen Größen möglich.<br />
Zu den Besonderheiten zählen die Vemag-<br />
Füllwolftechnologie zum direkten Wolfen und<br />
Trennen während des Füllprozesses; Alleinstellungsmerkmal<br />
sei die geradlinige Produktführung<br />
des Füllguts durch die Messer<br />
und Lochscheiben des Wolf-Vorsatzes, die<br />
Toträume und Transportverluste verhindere.<br />
Die Füllwolftechnologie könne durch einen<br />
Separator erweitert werden, sodass unerwünschte<br />
Partikel wie Knorpel oder Knochensplitter<br />
zuverlässig und unmittelbar<br />
vor dem Eintritt in die zu füllende Wursthülle<br />
aus dem Produktstrom separiert werden.<br />
Durch die Verwendung eines neu entwickelten<br />
Trennmessers habe das ungewünschte<br />
Separieren von roten Fleischanteilen um bis<br />
zu 60 Prozent reduziert werden können.<br />
Als weiterer Vorteil der Vemag-Vakuumfüllmaschinen<br />
wird die Platzierung der Steuerelektronik<br />
genannt: Diese liegt geschützt<br />
innerhalb der Maschine in einem dampf- und<br />
staubdichten Gehäuse (Box-in-Box-System).<br />
Die Möglichkeit, Programme für die Produktion<br />
individueller Spezialitäten abzuspeichern,<br />
mache einen Produktwechsel in Hochgeschwindigkeit<br />
möglich. Mit der XP1 und XP2<br />
bietet der Maschinenbauer laut eigener Aussage<br />
die derzeit weltweit leistungsstärksten<br />
Vakuumfüllmaschinen mit einer Ausstoßleistung<br />
von 25 beziehungsweise 12 Tonnen pro<br />
Stunde an. Trotz dieser Leistungsstärke sei<br />
ein besonders schonender Transport durch<br />
die Förderkurventechnologie gewährleistet.
42 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Über die<br />
inneren Werte<br />
informiert<br />
Seit über 100 Jahren ist „Der Koch“ das<br />
Standard-Rezepturenwerk für Fleischerzeugnisse.<br />
Grund hierfür ist vor allem<br />
die lange Tradition, die die deutsche<br />
Wurstmacherkunst zu bieten hat. Mit<br />
über 1200 Rezepten zeigt das Buch „Die<br />
Fabrikation feiner Fleisch- und Wurstwaren“<br />
wie kein anderes die Vielfalt der<br />
handwerklichen Herstellung.<br />
Fleischermeister Hermann Koch hatte Ende<br />
des 19. Jahrhunderts die Idee, alle im deutschsprachigen<br />
Raum gebräuchlichen Rezepte<br />
für Wurst und Fleischerzeugnisse in einem<br />
Buch zusammenzufassen. Nach Aussagen<br />
von Zeitzeugen wurde es sehr schnell zu<br />
dem Rezeptbuch, eben dem „Koch“. In relativ<br />
schneller Folge erschienen neue, teils wesentlich<br />
erweiterte und überarbeitete Auflagen<br />
des Werkes. Anfangs schrieb Hermann Koch<br />
noch selbst, später unterstützten viele andere<br />
Autoren diese Arbeit. Alle Fachleute hatten<br />
dabei stets die große Tradition im Auge, der<br />
man gerecht werden muss, wenn man an<br />
dieser Jahrhundertaufgabe mitarbeiten darf.<br />
Aktuell verantwortet Martin Fuchs, Haupt -<br />
geschäftsführer des Deutschen Fleischer-<br />
Verbandes, das Werk.<br />
Die Zeit ist selbstverständlich nicht stehen<br />
geblieben. Tradition ist nicht mit Rückständig-<br />
keit zu verwechseln. Neues hält Einzug,<br />
auch im Fleischerhandwerk. Die stabile<br />
Basis, die die vielen überlieferten Produkte<br />
bieten, macht es erst möglich, auch<br />
an neue Bereiche heranzutreten. Die zur<br />
IFFA 2016 erschienene 24. Auflage liegt<br />
erstmals in Farbe vor und beinhaltet etwa<br />
120 Fotos.<br />
Fachwissen und Informationen zu Themen<br />
wie Rohstoffe, Technologien und Verfahren<br />
ergänzen die Rezepturen. Auch einige<br />
neue Rezepturen sind hinzugekommen.<br />
So wurde die Ergänzung um die Produkte<br />
ohne Schweinefleisch ebenso möglich gemacht<br />
wie der Herstellung vegetarischer<br />
und veganer Erzeugnisse. Auch wurden die<br />
Leitsätze für Fleisch- und Fleischerzeugnisse<br />
berücksichtigt, Nährwertangaben „Big 7“<br />
komplett neu und in der vorgeschriebenen<br />
Reihenfolge veröffentlicht.
44 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Naturdärme: Nachfrage<br />
global ungebrochen<br />
Der deutsche Naturdarmhandel hat das Corona-Jahr 2020 gut bewältigt. Die Menge der<br />
weltweit gehandelten Ware legte gegenüber 2019 um 2744 Tonnen auf 227.832 Tonnen<br />
zu, blieb damit aber unter der Menge von 229.182 Tonnen im Jahr 2018. Der Gesamtumsatz<br />
belief sich 2020 auf 892,5 Millionen Euro.<br />
Für die deutschen Unternehmen, organisiert<br />
im Zentralverband Naturdarm e.V., ist die<br />
EU der wichtigste Handelsplatz, hier wurden<br />
64 Prozent der Menge gehandelt. Wertmäßig<br />
hatte die EU einen Anteil von 50,8 Prozent.<br />
Die Warenströme innerhalb Europas haben<br />
sich in den vergangenen Jahren deutlich verlagert.<br />
Länder wie Frankreich und Spanien<br />
sind als Abnehmer relevant, spielen aber<br />
auch als Lieferanten für Rohware eine zunehmend<br />
wichtige Rolle. Die Rangliste der Partnerländer<br />
führen wie in den Vorjahren die<br />
Niederlande mit dem Transithafen Rotterdam<br />
sowie Polen als Standort für Lohnveredelung<br />
an.<br />
Handelspartner Nr. 1 ist mit weitem Abstand<br />
die Volksrepublik China. Ungeachtet der pandemiebedingten<br />
Lieferverzögerungen liefen<br />
die Geschäfte gut. Als „Star“ unter den<br />
Wursthüllen gilt der Saitling vom Schaf, der<br />
Foto: IMAGO / Shotshop
46 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
zarteste und dünnste Naturdarm, dem unter<br />
anderem die deutschen Kult-Klassiker Thüringer,<br />
Nürnberger oder Wiener den charakteristischen<br />
„Knackeffekt“ verdanken. Wichtige<br />
Bezugsquellen sind Australien, Neuseeland,<br />
Iran und Staaten des Mittleren Ostens.<br />
Letztere dürfen auch nach neuer EU-Gesetzgebung<br />
ihre Ware in den europäischen Binnenmarkt<br />
liefern.<br />
Schafsdärme in kleinen Kalibern (Durchmessern)<br />
sind in China zunehmend begehrt<br />
für hochwertige Würste nach europäischem<br />
Vorbild, dies verknappt das Angebot auf dem<br />
Weltmarkt. Auch die Türkei kauft Schafsdärme<br />
in hohen Mengen; die traditionsreiche<br />
„Kokoretsch“ wird ausschließlich aus<br />
Lammdärmen hergestellt.<br />
Weitere wichtige Handelsbeziehungen bestehen<br />
zu Brasilien als Herkunftsland hochwertiger<br />
Rinderdärme, zu Ägypten für Lohnveredelung,<br />
zu Südafrika, das Naturdärme aus<br />
Deutschland für die Würste des Grillvergnügens<br />
„Braii“ importiert.<br />
Auf dem heimischen Markt ist die Nachfrage<br />
ungebrochen hoch, Naturdärme gelten hier<br />
als Qualitätsmerkmal für hochwertige und<br />
handwerklich hergestellte Wurstwaren.<br />
„Kein Kunststoff, kein Produktionsaufwand<br />
– einfach Natur. Auch nach mehr als<br />
2000 Jahren hat der Naturdarm als Rohstoff<br />
nichts von seiner Aktualität verloren“,<br />
betont Heike Molkenthin, Vorstandsvorsitzende,<br />
Zentralverband Naturdarm (ZVN), im<br />
afz journal.<br />
Nur die Kostenentwicklung bereitet dem ZVN<br />
Sorgen: Ein für die Transporte aus China<br />
üblicher 40-Fuß-Kühlcontainer kostet inzwischen<br />
bis zu 20.000 US-Dollar und damit<br />
rund das Vierfache des Normalpreises vor<br />
der Pandemie. So erklärt sich, dass trotz der<br />
Mengenzunahme um 1,2 Prozent der Umsatz<br />
2020 um 7,4 Prozent unter dem Vorjahreswert<br />
blieb.<br />
Parallel steigen die Rohstoffpreise. Zuletzt<br />
wies der Lebensmittelindex der Agrarorganisation<br />
der Vereinten Nationen FAO auf Jahresbasis<br />
eine Verteuerung um 33,9 Prozent<br />
aus.<br />
Positiv bleibt: Die Nachfrage nach Naturdärmen<br />
ist global ungebrochen.<br />
Naturdärme von Rind, Schwein<br />
und vor allem Schaf sind Bestandteil<br />
vieler traditioneller Wurstrezepte.<br />
Foto: IMAGO / Shotshop
48 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Foto: ExQuisine / Adobe Stock<br />
Fleischkonsum ohne Fleisch:<br />
Der Markt alternativer<br />
Produkte wächst<br />
Laut Ernährungsreport 2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft<br />
versuchen 55 Prozent der deutschen Bevölkerung, ihren Fleischkonsum zu reduzieren –<br />
und schaffen das auch: 2019 konsumierten 26 Prozent der Deutschen täglich Fleisch, im<br />
Jahr 2015 waren es noch 34 Prozent. Wurst- und Fleischalternativen sind Trendprodukte.<br />
2020 wurden in Deutschland laut Destatis im<br />
Vergleich zum Vorjahr knapp 39 Prozent mehr<br />
Fleischersatzprodukte produziert: Von knapp<br />
60.400 t stieg die Produktion auf gut 83.700 t,<br />
der Umsatz nahm um 102,1 Millionen Euro<br />
auf 374,9 Millionen Euro zu. In dem laut<br />
NielsenIQ rund 10,8 Milliarden Euro schweren<br />
Markt für vorverpackte Fleisch- und Wurstwaren<br />
sind vegane und vegetarische Wurstwaren<br />
zwar mit knapp 4 Prozent Umsatz anteil<br />
nach wie vor Nischenprodukte, doch die Prognosen<br />
verheißen starkes Wachstum.<br />
Die Beratungsagentur Kearney geht davon<br />
aus, dass rein pflanzliche und pflanzenbasierte<br />
Fleischalternativen im globalen<br />
Fleischmarkt bereits 2025 einen Anteil von<br />
zehn Prozent haben werden. Die Berater<br />
prognostizieren in dem darauffolgenden
50 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Jahrzehnt ein globales Marktwachstum um<br />
33 Prozent auf 1600 Milliarden US-Dollar, an<br />
dem rein pflanzliche und pflanzenbasierte<br />
Fleischalternativen einen Anteil von 23 Prozent<br />
und Cultured Meat einen Anteil von<br />
25 Prozent haben werden. 2045 werde Fleisch<br />
lediglich 40 Prozent des Marktes ausmachen.<br />
Pflanzenbasierte Produkte und solche, in denen<br />
natürliche pflanzliche Rohstoffe in Gänze<br />
verwendet werden, machen aktuell das Gros<br />
der Fleisch- und Wurstalternativen aus. Ein<br />
Weg ist, mit aus Pflanzen extrahierten und<br />
Hackfleisch, Burger-<br />
Patties, Würstchen –<br />
die Produktpalette<br />
der Fleischalternativen<br />
ist vielfältig.<br />
Foto: dropStock / Adobe Stock<br />
neu zusammengesetzten Proteinen, Mineralstoffen,<br />
Ölen und Fasern Fleisch so gut wie<br />
möglich zu imitieren. Daneben gibt es Produkte,<br />
die in Fleisch vorhandene Nährstoffe<br />
und Vitamine durch komplette Verarbeitung<br />
von Frucht, Samen und anderer pflanzlicher<br />
Bestandteile ersetzen.<br />
Im Trend liegt hier McDonald’s, die nunmehr<br />
in Österreich einen vegetarischen Burger anbietet:<br />
McPlant besteht aus einem Patty auf<br />
Basis von Erbsenprotein ohne künst liche<br />
Farbstoffe und Konservierungsmittel, der<br />
exklusiv mit Beyond Meat entwickelt wurde.<br />
In Deutschland setzt der Fleischverarbeiter<br />
Rügenwälder Mühle auf alternative Proteine.<br />
Das Unternehmen hat im Jahr 2020 den<br />
Umsatz mit Fleischalternativen um 72,9 Prozent<br />
gesteigert.<br />
Zu den Fleischalternativen zählt darüber<br />
hin aus Cultured oder Cultivated Meat. Hierfür<br />
werden lebendigen Tieren Zellen durch<br />
eine Biopsie entnommen, deren Wachstum<br />
dann mit Kälberserum oder mit pflanzlichem<br />
Serum angeregt wird. Dieses Fleisch<br />
aus technisch völlig neuen Herstellungsverfahren<br />
ist im eigentlichen Sinn keine<br />
Fleischalternative, könnte aber als Alternative<br />
zur konventionellen Tierhaltung einen<br />
Markt bilden.<br />
Auch die Nummer 1 in der Geflügelfleisch erzeugung,<br />
die PHW-Gruppe mit ihrer bekannten<br />
Marke Wiesenhof, setzt auf alternative<br />
Proteine. „Cultivated Meat wird im Ernährungs -<br />
mix der Zukunft neben konventionellem
52 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Fleisch und pflanzlichen Alternativen einen<br />
festen Platz haben“, ist Marcus Keitzer, Vorstand<br />
Alternative Proteinquellen bei der PHW-<br />
Gruppe, überzeugt.<br />
Eine im April vom Meinungsforschungsinstitut<br />
Forsa durchgeführte repräsentative<br />
Studie zur möglichen Akzeptanz dieser<br />
Fleischalternative zeigte, dass mehr als jeder<br />
Zweite (54 Prozent) Cultivated Meat probieren<br />
würde. Unter den Kaufinteressenten wären<br />
47 Prozent generell bereit, mehr für solche<br />
Produkte zu bezahlen, 18 Prozent sogar den<br />
doppelten Preis. Die höchste Zahlungsbereitschaft<br />
haben Vegetarier und Veganer<br />
mit 72 Prozent, darauf folgen Flexitarier mit<br />
51 Prozent.<br />
Wurde den Befragten eine Auswahl von Eigenschaften<br />
vorgelegt, die sie Cultivated Meat<br />
zuordnen konnten, wählte die große Mehrheit<br />
Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung:<br />
81 Prozent Zustimmung ordneten Cultivated<br />
Meat die Eigenschaft „weniger Tierleid“ zu,<br />
75 Prozent „weniger Flächenverbrauch“. Die<br />
Aussagen „ist besser für Klima und Umwelt“<br />
(60 Prozent) und „erzeugt bei der Herstellung<br />
weniger CO2-Emissionen“ (58 Prozent) wurden<br />
ähnlich häufig befürwortet.<br />
Diesen Grad an Zustimmung dürften Insekten<br />
in Europa kaum haben. Dabei sind sie<br />
eine effiziente Proteinquelle, da sie ähnliche<br />
Eigenschaften mitbringen wie andere tierische<br />
Proteine, aber in der Produktion weniger<br />
ressourcenintensiv sind. In „New Meat –<br />
Potenziale von Fleischalternativen“ von<br />
afz – allgemeine fleischer zeitung und<br />
FLEISCH WIRTSCHAFT heißt es dazu, dass in<br />
über 130 Ländern Insektenarten Teil der traditionellen<br />
Ernährung von geschätzten zwei<br />
Milliarden Menschen sind. In Europa seien<br />
seit 2018 sieben Insektenarten für genau<br />
spezifizierte Verwendungen im europäischen<br />
Lebensmittelmarkt zugelassen.<br />
Foto: 13smile / Adobe Stock<br />
Pflanzenbasierte Produkte<br />
machen aktuell noch das<br />
Gros der Fleisch- und Wurstalternativen<br />
aus.
54 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Foto: Rewe<br />
Wurst, halb und halb<br />
Bratwurst, Rinderhack und mehr mit 50 Prozent Gemüseanteil – Rewe, Migros und Netto<br />
bieten neue Produktrange.<br />
Als erster deutscher Lebensmittelhändler<br />
bietet Rewe seit dem Sommer klassische<br />
Fleischprodukte an, die zur Hälfte aus Gemüse<br />
(unter anderem Paprika, Möhren, Zwiebeln,<br />
Erbsenproteine) bestehen. Mit „Better<br />
Half“ sollen vor allem die Verbraucher angesprochen<br />
werden, die ihren Fleischkonsum<br />
reduzieren und sich ausgewogener ernähren<br />
möchten. Zunächst findet man die Produkte<br />
– Rinderhackfleisch und Grobe Schweinebratwürste<br />
– in rund 1800 Rewe-Märkten<br />
in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz,<br />
Baden-Württemberg und dem<br />
Saarland, im Herbst sollen sie bundesweit<br />
erhältlich sein und zudem auch das Wurstsortiment<br />
erweitert werden.
56 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Ganz neu ist diese<br />
Idee nicht: 2010<br />
hatte Vion sich<br />
mit „Hackplus“ an<br />
einem Hybridprodukt<br />
versucht, war<br />
jedoch zunächst<br />
nicht erfolgreich.<br />
Zwar tendierten immer<br />
mehr Verbraucher<br />
schon in eine<br />
fleischärmere Richtung.<br />
„Nur konnte das<br />
Verhalten der Verbraucher<br />
mit ihren Vorsätzen<br />
in Bezug auf Tierwohl,<br />
Klimaschutz und<br />
Ernährungsbewusstsein<br />
noch nicht Schritt<br />
halten“, schreibt Professor<br />
Otto Strecker, Vorstand<br />
der AFC Consulting<br />
Group und Honorarprofessor für Agrarökonomie,<br />
in der FLEISCHWIRTSCHAFT (9/<strong>2021</strong>,<br />
S. 10). „Im Gegenteil erweckte das Produkt<br />
bei manchen Händlern und Kunden das Gefühl,<br />
das Hackfleisch werde ‚gestreckt‘.“ Mittler -<br />
weile seien die Beteiligten allerdings wesentlich<br />
weiter, auch aufgrund der Weiterentwicklung<br />
der Inhaltsstoffe hinsichtlich Textur oder<br />
Prozesseigenschaften. Was vor zehn Jahren<br />
also noch als „strecken“ wahrgenommen<br />
wurde, bedeutet heute eine Aufwertung, sowohl<br />
was die Inhaltsstoffe angeht als auch<br />
hinsichtlich der ökologischen Aspekte.<br />
Vion war seiner Zeit offenbar voraus – doch<br />
nun scheint sie reif. Migros beispielsweise<br />
brachte im Frühjahr fünf „The Mix“- Produkte<br />
in die Schweizer Regale, darunter Grillwürste<br />
und Burger- Patties, die ebenfalls nur etwa<br />
Das Hackfleisch „The Mix“<br />
von Migros besteht zu rund<br />
40 Prozent aus Gemüse.<br />
zur Hälfte aus Fleisch<br />
bestehen, mittlerweile sind auch Geflügelknacker<br />
im Sortiment. In Deutschland<br />
ist Netto (Edeka) ebenfalls nachgezogen<br />
und bietet in seinen über 4.000 Filialen<br />
unter dem Namen „Less Meat“ hybrides<br />
Hack mit pflanzlichen Zutaten an,<br />
Bratwürste und Hackbällchen sind ebenfalls<br />
geplant. Nicht nur für die Verbraucher sei<br />
die Umstellung auf weniger Fleisch gering,<br />
auch für Hersteller, betont Strecker: „Es ist<br />
viel einfacher, die Rezeptur einer Brat- oder<br />
Fleischwurst so anzupassen, dass sie zu<br />
einem relevanten Anteil aus pflanzlichen Bestandteilen<br />
besteht, als das Fleisch in Gänze<br />
zu ersetzen.“ Inwieweit die Verbraucher die<br />
neuen Produkte akzeptieren, bleibt abzuwarten<br />
– doch Strecker ist sich sicher: „‚Hybrid‘<br />
ist das nächste wirklich große Ding für die<br />
Fleischwirtschaft!“<br />
Foto: Migros
58 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
Bild: Wikimedia Commons<br />
Wie Standortnachteile und<br />
technischer Fortschritt den<br />
Fleischmarkt prägten<br />
Die Entwicklung des Fleischangebots und -konsums in Deutschland wurde von unterschiedlichen<br />
Faktoren bestimmt. Zwei Autoren haben anlässlich des 100. Geburtstags<br />
der FLEISCHWIRTSCHAFT den Einfluss von Landschaft und maschineller Entwicklung<br />
beschrieben.<br />
Die 22.000-Einwohner-Stadt Versmold an<br />
der Grenze zum Münsterland hat eine ausgeprägte<br />
Fleisch- und Wurstwarenindustrie.<br />
Bevor im 19. und 20. Jahrhundert der technische<br />
Fortschritt die Grundlage für die<br />
heutige Heimat von Unternehmen wie The<br />
Family Butchers, Reinert, Franz Wiltmann<br />
und Gebr. Nölke schuf, waren es agrarische<br />
Standortnachteile, die die Schweinezucht begünstigten.<br />
Für klassische Landwirtschaft waren einst<br />
die Flächen zu karg, doch es gab Wälder. In
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diese haben die Menschen ihre Schweine getrieben,<br />
die dort reichlich Baumfrüchte wie<br />
Eicheln und Bucheckern fanden. Schon im<br />
18. Jahrhundert sei die Güte der Versmolder<br />
Schinken gepriesen worden, weil die Art<br />
der Waldmast das Fleisch besonders kernig<br />
machte. „Aufgrund ihrer besonderen Qualität<br />
wurden Schinken, Mettwurst und Speck<br />
neben dem im Ort gewebten Segeltuch zu<br />
Versmolder Exportschlagern des 19. Jahrhunderts“,<br />
schreibt Stadtarchivar Dr. Rolf<br />
Westheider.<br />
Als im Zuge der Industrialisierung Englands<br />
die Textilwirtschaft in Versmold nicht mehr so<br />
ertragreich war, wurde die Schweinehaltung<br />
immer bedeutsamer: Zwischen 1890 und<br />
1910 verzehnfachte sich der Schweinebestand<br />
im Amt Versmold.<br />
Wolfram Schnäckel, Professor für Lebensmitteltechnologie<br />
insbesondere tierischer<br />
Produkte an der Hochschule Anhalt, beschreibt,<br />
wie mit der beginnenden allgemeinen<br />
Industrialisierung in der zweiten Hälfte<br />
des 19. Jahrhunderts der Pro-Kopf-Verbrauch<br />
an Fleisch in Deutschland von rund<br />
20 kg pro Kopf um 1800 auf rund 30 kg im<br />
Jahr 1875 und auf über 50 kg vor dem Ersten<br />
Weltkrieg stieg. Die Entwicklung begünstigten<br />
neue Maschinen wie Fleischwölfe,<br />
Speck- und Würfelschneidemaschinen<br />
oder auch Fleischwiegemaschinen (Vorläufer<br />
der heutigen Kutter), aber auch die Verbesserung<br />
der hygienischen Bedingungen auf<br />
den Schlachthöfen, wie sie das preußische<br />
Schlachthofgesetz von 1868 vorschrieb; eine<br />
Regelung, die in den anderen deutschen<br />
Bundesstaaten so oder so ähnlich übernommen<br />
wurde.<br />
Versmold ist exemplarisch für den Wandel:<br />
Mit Verbreitung der von Carl von Linde entwickelten<br />
Kältemaschine erhielt die Fleischverarbeitung<br />
einen immensen Schub, ganzjährige<br />
Kühlung war Voraussetzung für die<br />
fabrikmäßige Verarbeitung von Frischfleisch,<br />
die seit den 1880er Jahren in Versmold einsetzte.<br />
Bis 1910 verfügte dann praktisch<br />
jeder Betrieb über ein eigenes Kühlhaus.<br />
Bauern setzten unmittelbar an ihren Höfen<br />
Fabrikräume (Schlachthaus, Kühlraum und<br />
Rauch). „Auf relativ abseitig gelegenen Höfen<br />
hielt der Fortschritt mit der neuen Technik<br />
des Verbrennungsmotors und der Dampfkraft<br />
Einzug“, schreibt Westheider. Habe die<br />
Schlachterei Menzefricke 1905 erstmals zehn<br />
Schweine an einem Tag geschlachtet, so
WURST-REPORT <strong>2021</strong> 61<br />
seien es dort 1909 im Wochendurchschnitt<br />
schon mehr als 100 Schweine und 30 Rinder<br />
gewesen.<br />
Der nächste Schritt war die Arbeitsteilung:<br />
Schweineerzeuger widmeten sich verstärkt<br />
der Mast und bauten neue und größere Ställe.<br />
Wer sich auf das Schlachten verlegt hatte,<br />
betrieb fortan ausschließlich dieses Geschäft.<br />
In den dreißig Jahren zwischen dem Ende des<br />
Ersten und dem Ende des Zweiten Weltkriegs<br />
schwankte der Fleischkonsum ziemlich stark.<br />
In den Jahren zwischen 1950 und 1975 stieg<br />
er von 26,2 kg pro Kopf auf 55,8 kg, wobei<br />
die Produktionsweisen bis auf wenige Ausnahmen<br />
im Schlachthofbereich vor allem<br />
Foto: IMAGO / United Archives International<br />
kommunal, im Verarbeitungsbereich weitestgehend<br />
handwerklich und kleinindustriell geprägt<br />
gewesen seien.<br />
In den 1970er Jahren hätten dann grundlegende<br />
Veränderungen bei der Lebensmittelherstellung<br />
und damit auch bei der Fleischproduktion<br />
und -verarbeitung begonnen,<br />
die vom Streben nach mehr wirtschaftlicher<br />
Effizienz geprägt gewesen seien, was „zum<br />
Einsatz von mehr Additiven oder auch generell<br />
mehr Zusatzstoffen“ geführt habe.<br />
Als Meilenstein nennt Schnäckel die 1971<br />
erfolgte Gründung des Unternehmens für<br />
Fleisch- und Wursthandel durch Bernd Tönnies<br />
in Rheda-Wiedenbrück, in dem Schlachtung<br />
und Zerlegung mit hohem Maschineneinsatz<br />
zentral gebündelt und das Fleisch<br />
direkt als fertiges Produkt für den Lebensmitteleinzelhandel<br />
angeboten wurde. Durch<br />
die zunehmende Vermarktung über Supermärkte<br />
kam es zu einer deutlichen Steigerung<br />
des Anteils vorverpackter Ware.<br />
In den 1990er und 2000er Jahren wurde das<br />
Maximum im Fleischkonsum (rund 66 kg im<br />
Pro-Kopf-Verzehr) erreicht, parallel wurden<br />
neue Produkte auf dem deutschen<br />
Fleischmarkt populär: Der Döner begann<br />
seinen Siegeszug, in der Folge der BSE-Krise<br />
wurde Geflügelfleisch beliebter, Deutschland<br />
importierte Kängurufleisch, Krokodil<br />
und auch Strauß seien zunehmend nachgefragt<br />
worden.<br />
Als Herausforderungen der Branche sieht<br />
Schnäckel neben Internationalisierung, Konzentration<br />
der Produktion, Streben nach noch<br />
mehr Effizienz, noch mehr Produktdiversifikation<br />
und weiter steigenden qualitativen Anforderungen<br />
nicht zuletzt auch die stärkere<br />
Verwendung alternativer Rohstoffe bei der<br />
Herstellung von Fleisch- und Wurstwaren.
62 WURST-REPORT <strong>2021</strong><br />
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Wurst-Report <strong>2021</strong><br />
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