Landshuter Mama Ausgabe 29

Josepha und Markus: Nachdem sie sich
vier Wochen gekannt haben, halten die
Beiden einen positiven Schwanger-
schaftstest in der Hand. Kinder, Familie
und Ehe stand bis dahin nicht auf ihren
Lebensplänen. Nun sind sie verheiratet,
zu viert und berichten bei uns über ihren
Alltag als Künstlerfamilie.
Morgen ist es soweit. Wir haben ein
Gespräch mit unserer Kindergartenleitung.
Ja ok, ich geb es zu, ich bin schon
bissl nervös. Schließlich geht es um viel.
Denkt man erstmal, so als Eltern. Geht
es etwa um ALLES? Beeinflusse ich
sein Leben damit für IMMER? Geht jetzt
also unser Kind oder geht es nicht?
Wohin überhaupt?
In die SCHULE!
Ja, es ist soweit. Zumindest theoretisch.
Der Xaver wird nächstes Jahr im September
sechs Jahre alt. Alle Eltern, die
Kinder im ähnlichen Alter haben wissen
Geht er …
oder geht
er nicht?
jetzt schon was kommt: „Ah, September…
ein Korridorkind.“ Genau. Kurz
zur Aufklärung, das Internet sagt:
„Beim Einschulungskorridor wird
Eltern die Entscheidung überlassen,
ob sie ihr – in diesem Fall – zwischen
Juli und September geborenes Kind
erst ein Jahr später einschulen. Bei
einer Rückstellung beantragt man
die Zurückstellung des Kindes.“
Okidoki. Es dürfte klar sein, welches
Wort uns in dieser Erklärung nicht
gefällt… Rückstellung. Zurückgestellt
werden. Seit meiner Zeit am Theater
hat Sprache und Wortwahl für mich
eine große Bedeutung und da geht
mir das natürlich durch und durch.
Ich finde, dass Sprache einfach eine
große Macht hat und natürlich wird es
da gleich eng um den Hals der Mama.
Unser Kind wird zurückgestellt.
Ist das wirklich so?
Oder ist das wie immer: eine Frage der
Perspektive? Als Fotografin weiß ich
ganz genau, wie man durch Auswahl der
Perspektive das Ergebnis beeinflussen
kann.
Ich war tendenziell immer dafür, dass
der Xaver anfängt in der Schule. Ich
selbst wurde „zurückgestellt“. Markus
hatte immer das Gefühl, dass Xaver
ein Jahr später anfangen soll. Auch er
wurde „zurückgestellt“. Und nun entscheiden
WIR das für unser Kind.
Wann um Himmelswillen
sind wir denn eigentlich
erwachsen geworden?
Meine Mama sagt im Nachhinein, dass
sie mich anfangen hätte lassen sollen.
Ich hab mich wohl im letzten Jahr dann
gespielt und alles war, wie Papa erzählt
hat: „babyleicht“. Das muss ich wohl
immer gesagt haben.
Und dann kam die erste Klasse und der
Zug fuhr schneller. Den hab ich dann
auch fast gleich übersehen, weil ich
wohl immer noch dachte, dass eh alles
„babyleicht“ sei und ich das schon kann.
Andere erzählen wiederum, dass es
ihnen so gut getan hat, noch zu bleiben.
Noch zu wachsen. Noch Zeit zu haben.
Und wieder andere erzählen wieder
andere Dinge. Wie das im Leben halt
so ist.
Was ist MEIN Gefühl dazu? Wie geht es
Xaver damit? Was sagen die Erzieherinnen,
die auch viel Zeit mit unserem
Kind verbringen. Wir haben ein super
Bauchgefühl zum Kindergarten und
deren Meinung ist uns wichtig. Deshalb
bin ich gespannt, was sie morgen dazu
sagen.
Ich für mich hab eine Entscheidung getroffen.
Ich habe die Perspektive geändert.
Aber das ist, wie eben alles im Leben,
sehr subjektiv und darf / muss / soll
jeder für sich selbst entscheiden.
Und muss man denn
eigentlich überhaupt
erwachsen werden?!
Eure Josepha
josephaundmarkus.de
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