procontra Ausgabe 06-2021
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www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />
Dezember/Januar <strong>2021</strong>|2022 – D: 4,80 € • I: 6,50 € • E: 6,50 €<br />
FINANZEN<br />
Das freie Finanzmagazin<br />
Kryptowährungen<br />
Coins fluten den Markt – was<br />
unterscheidet „hot“ von „Schrott“<br />
und was dient als Wertanlage?<br />
E-Mobilität<br />
Eröffnen die Stromer neue<br />
Beratungsfelder oder übernehmen<br />
jetzt die Autobauer?<br />
NFT-Investments<br />
Der Kunstmarkt wird digital<br />
– Chancen und Risiken des<br />
Trends mit Non-Fungible Token
ARBEITSKRAFTSICHERUNG MIT DER ALLIANZ<br />
Starker Schutz<br />
für jeden Bedarf<br />
Ob Schüler, Studierende, Beamte, Angestellte oder auch körperlich Tätige –<br />
mit der Arbeitskraftsicherung der Allianz haben Sie für jede Zielgruppe ein<br />
passgenaues und starkes Angebot.<br />
Davon profitieren Ihre Kundinnen und Kunden:<br />
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→ Mehr dazu bei Ihrer persönlichen Maklerbetreuung<br />
oder unter makler.allianz.de/aks
EDITORIAL<br />
»Reformen, Skandale<br />
und Innovationen«<br />
Rückblick Es fühlt sich an wie ein Déjà-vu. Der Blick auf die vergangenen Monate<br />
erinnert an 2020, als eine weitere Welle der Corona-Pandemie – die man meinte im Sommer<br />
überstanden zu haben – alle anderen Themen zu überlagern drohte. Doch wir wollen<br />
im Rückblick dieser <strong>Ausgabe</strong> erinnern und die Highlights und prägendsten Ereignisse des<br />
Jahres noch einmal Revue passieren lassen. Was Günther Jauchs „Menschen, Bilder, Emotionen“<br />
in der Vorweihnachtszeit sind, sind unsere „Reformen, Skandale, Innovationen“<br />
– die klingen vielleicht nicht ganz so melodisch, wurden aber kurzweilig kuratiert und sind<br />
dazu hoch relevant für Ihre Beratung und die Vorsorge- und Absicherungssituation Ihrer<br />
Kunden.<br />
Ausblick Wir wollen nicht nur erinnern, sondern vorausblicken. Mut machen,<br />
Ideen befeuern und Trends einordnen. Auch hier besteht die Gefahr eines Déjà-vus, denn<br />
diesen Ansatz schreiben wir uns in jeder <strong>Ausgabe</strong> auf die Fahnen. Daher haben Sie längst<br />
über die unmittelbaren Aufhänger zum Jahreswechsel – den sinkenden Höchstrechnungszins<br />
oder die Zuschusspflicht der Arbeitgeber für bestehende Entgeltumwandlungen – bei<br />
uns gelesen und sie für Ihre Kundenansprache genutzt.<br />
Neben dem Jahresrückblick beleuchten wir in dieser <strong>Ausgabe</strong> wieder zahlreiche Themen,<br />
die in den kommenden Monaten und Jahren weiter an Bedeutung gewinnen werden. Damit<br />
Sie neue Beratungsansätze gewinnen und Ihr Geschäftsmodell gegebenfalls frühzeitig<br />
nachjustieren können.<br />
Die <strong>procontra</strong>-Redaktion bedankt sich bei Ihnen für Ihre Treue als Leser, Ihre Kritik als<br />
Experten und Ihre motivierenden Kommentare und Interaktionen mit uns. Das spornt uns<br />
auch für das kommende Jahr erneut an, unabhängig die relevantesten Themen für Ihre<br />
Beratung zu finden und aufzubereiten. Genießen Sie die Feiertage, rutschen Sie gut ins neue<br />
Jahr und vor allem: Bleiben Sie gesund!<br />
LIEBE MAKLER, LIEBE LESER,<br />
die <strong>procontra</strong>-Redaktion wünscht Ihnen<br />
eine aufschlussreiche <strong>Ausgabe</strong>.<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />
@<strong>procontra</strong>online<br />
facebook.com/<strong>procontra</strong><br />
Matthias Hundt<br />
Chefredakteur<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21 3
<strong>procontra</strong> Inhaltsverzeichnis<br />
INHALT<br />
18, 34, 58, 70<br />
Highlights <strong>2021</strong><br />
Wir erinnern in jeder Rubrik an<br />
die wichtigsten und prägendsten<br />
Ereignisse in diesem Jahr.<br />
38<br />
Pflege bleibt<br />
Pflegefall<br />
Auswege und<br />
Ansätze,<br />
um die private<br />
Pflegevorsorge zu<br />
verbessern.<br />
Rettet die Kaufkraft!<br />
Warum der Erhalt der Kaufkraft<br />
stärker in den Fokus<br />
der Beratung rücken muss.<br />
20<br />
76<br />
Kunst-voll digitalisiert<br />
Warum Non-Fungible Token<br />
(NFTs) das Potenzial zum<br />
Zukunftstrend mitbringen.<br />
4 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Inhaltsverzeichnis <strong>procontra</strong><br />
PANORAMA<br />
13 Weniger ist mehr Hans-Jörg<br />
Naumer über Zentralbankliquiditäten<br />
und den anhaltenden Anlagenotstand<br />
INVESTMENTFONDS<br />
18 Investment-Highlights <strong>2021</strong><br />
20 Rettet die Kaufkraft! Gekommen,<br />
um zu bleiben? Wie nachhaltig die<br />
aktuellen Inflationsrekorde wirklich<br />
sind und welche Auswirkungen sie<br />
auf Vermögenswerte haben werden<br />
VERSICHERUNGEN<br />
34 Versicherungs-Highlights <strong>2021</strong><br />
38 Pflege bleibt Pflegefall Ansätze,<br />
um die Schere zwischen der Notwendigkeit<br />
einer privaten Pflegevorsorge<br />
und der momentanen Absicherungsquote<br />
zu verkleinern<br />
14 Panorama Fakten für Vertrieb<br />
und Stammtisch<br />
16 Leserbriefe<br />
Highlights <strong>2021</strong> Menschen, Bilder,<br />
Emotionen – Günther Jauchs<br />
Jahresrückblick erinnert traditionell<br />
an die Highlights des Jahres. Auch<br />
<strong>procontra</strong> blickt in dieser <strong>Ausgabe</strong><br />
auf die wichtigsten Themen der<br />
Branche im Jahr <strong>2021</strong> zurück.<br />
24 »Aktiv« noch zeitgemäß? Immer<br />
passiver und selten Outperformer -<br />
aktives Fondsmanagement auf dem<br />
Prüfstand<br />
28 Alles für die Tonne?! Abfallverwertung<br />
spielt in vielen Branchen schon<br />
länger eine wichtige Rolle. Wie die<br />
Fondsindustrie den Recyclingtrend<br />
jetzt aufgreift<br />
42 Alles drin, alles einfach?! Allgefahrenversicherungen<br />
schwappen<br />
immer mehr ins Privatsegment.<br />
Dennoch stehen sie nicht bei allen<br />
Anbietern im Rampenlicht.<br />
46 Teilzeit-Tücken in der bAV Wie<br />
Mängel in der Versorgungsordnung<br />
vermieden werden können und<br />
Teilzeitbeschäftigten dadurch eine<br />
höhere Betriebsrente winkt<br />
48 E-Mobilität: Bitte einsteigen?<br />
Lohnt sich die Spezialisierung auf<br />
die Stromer oder geht das Geschäft<br />
künftig an die Autobauer selbst?<br />
52 Vom Payer zum Player Präventive<br />
Maßnahmen helfen den Versicherern<br />
nicht nur ihren Kostendruck zu<br />
reduzieren, sie folgen auch konsequent<br />
dem Trend zu mehr Nachhaltigkeit.<br />
»Recycling-<br />
Unternehmen sind<br />
die Goldminen des<br />
21. Jahrhunderts.«<br />
ALEXANDER FUNK<br />
Ökoworld<br />
(mehr dazu auf Seite 28)<br />
30 »Motivationen, in Gold oder den<br />
Bitcoin zu investieren, sind vergleichbar«<br />
Prof. Philipp Sandner<br />
über den Krypto-Boom und Kriterien,<br />
wie man in der Coin-Flut den<br />
Durchblick behält<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
5
<strong>procontra</strong> Inhaltsverzeichnis<br />
BERATER<br />
58 Berater-Highlights <strong>2021</strong><br />
60 So ist’s Recht Urteile, die Makler<br />
kennen sollten<br />
62 Intelligente Jagd nach<br />
Betrügern Im Wettstreit gegen<br />
Betrüger setzen Versicherer zunehmend<br />
auf künstliche Intelligenz.<br />
Doch auch diese hat ihre Grenzen.<br />
SACHWERTE<br />
70 Sachwerte-Highlights <strong>2021</strong><br />
72 (K)eine Frage des Alters Baufinanzierungen<br />
für die Generation<br />
50plus sind keine Ausnahme mehr.<br />
RUBRIKEN<br />
3 Editorial<br />
8 Firmen- und<br />
Personenverzeichnis<br />
8 Impressum<br />
82 Privat gefragt<br />
Steckbrief von Philip Wenzel,<br />
Biometrie Expertenservice GmbH<br />
64 Früh berät sich, wer vererben<br />
will Jährlich geht es in Deutschland<br />
um Nachlässe in Milliardenhöhe.<br />
Über ein Generationenmanagement<br />
können Vermittler aktiv begleiten<br />
und Geschäftsansätze schaffen.<br />
68 »Makler müssen in Krisen erreichbar<br />
sein« Michael Blaumoser<br />
von Sius Consulting über erfolgreiches<br />
Krisenmanagement<br />
76 Kunst-voll digitalisiert Non-<br />
Fungible Token (NFTs) boomen auf<br />
dem Kunstmarkt. Haben sie auch<br />
Potenzial zum Zukunftstrend?<br />
80 Mit Schnelligkeit ins Eigenheim<br />
Immobilien stehen oft nur wenige<br />
Stunden zum Angebot. Es braucht<br />
daher schnellere Prozesse, um den<br />
Traum vom Eigenheim auch vermitteln<br />
zu können.<br />
»Ich höre mehr<br />
zu, als dass<br />
ich berate.«<br />
PHILIP WENZEL<br />
Biometrie Expertenservice GmbH<br />
6 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
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Was auch kommt: Ihre Kunden bleiben in<br />
Balance. Mit ihrem Einkommensschutz.<br />
Ein regelmäßiges Einkommen ist die Basis für den Lebensstandard Ihrer Kunden – und den ihrer Familie. Deshalb halten auch Verbraucherschützer<br />
eine Absicherung der Arbeitskraft für notwendig. Die gute Nachricht: Mit SI WorkLife kann das Einkommen Ihrer Kunden<br />
jetzt ganz individuell geschützt und drohende Einkommensverluste abfedert werden. Wir bieten passgenaue Lösungen, mit denen Sie<br />
Ihren Kunden genau das anbieten können, was sie wirklich brauchen.<br />
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SERVICE Firmen- und Personenverzeichnis<br />
FIRMENVERZEICHNIS<br />
A<br />
Airbus......................................................................................................18<br />
Albrecht & Cie.................................................................................22<br />
Allianz...................................................................12 f., 43, 58, 62 f.<br />
Amazon.....................................................................16, 35, 53, 78<br />
AMC..........................................................................................................19<br />
Amundi.................................................................................................19<br />
Assekurata.................................................................................36, 68<br />
Aurubis...................................................................................................29<br />
Axa.............................................................................................................43<br />
B<br />
Bavaria Direkt...................................................................................63<br />
Bayerische.....................................................................................43 ff.<br />
Bayerische Vermögen.............................................................21<br />
BCG............................................................................................................29<br />
Berkshire Hathaway..................................................................35<br />
Biometrie Expertenservice.................................................82<br />
BMW.....................................................................................................28 f.<br />
BNP............................................................................................................29<br />
C<br />
Christie’s................................................................................................77<br />
Clark..........................................................................................................14<br />
Commerzbank...........................................................................21 f.<br />
D<br />
DappRadar.........................................................................................77<br />
Deka.........................................................................................................19<br />
Deutsches Institut für Altersvorsorge......................65<br />
Dr. Klein..................................................................................................73<br />
DWS..........................................................................................................19<br />
E<br />
Ebay..........................................................................................................78<br />
Ernst & Young..................................................................................59<br />
Europace..............................................................................................80<br />
F<br />
Fidelity....................................................................................................29<br />
FIN LAW.................................................................................................77<br />
Flossbach von Storch..............................................................21<br />
forsa...........................................................................................................14<br />
Franke und Bornberg..............................................................49<br />
Frankfurter Vermögen............................................................21<br />
Friss............................................................................................................63<br />
Future Business..............................................................................70<br />
G<br />
GameStop..........................................................................................19<br />
Getsafe...................................................................................................58<br />
Getsurance........................................................................................37<br />
Global Finanz...................................................................................21<br />
H<br />
Habbel, Pohlig & Partner......................................................21<br />
Haftpflichtkasse.............................................................................35<br />
HDI.............................................................................................................46<br />
helpcheck...........................................................................................60<br />
Helvetia..............................................................................................43 f.<br />
Heubeck...........................................................................................46 f.<br />
Hiscox............................................................................................43, 77<br />
Huk-Coburg......................................................................................39<br />
I<br />
Ico-Lux....................................................................................................63<br />
Ideal...........................................................................................................39<br />
Infinus............................................................................................60, 70<br />
InShared...............................................................................................16<br />
Interhyp.............................................................................................73 f.<br />
J, K<br />
J.P. Morgan........................................................................14, 26, 35<br />
Jung, DMS & Cie ..........................................................................59<br />
Kassekura.............................................................................................49<br />
L<br />
LKQ............................................................................................................29<br />
Longial....................................................................................................46<br />
Lyxor................................................................................................19, 25<br />
M<br />
Maiestas................................................................................................21<br />
MLP.......................................................................................................73 f.<br />
Morgen & Morgen............................................................40, 59<br />
Morningstar..................................................................................25 f.<br />
N<br />
Nordwest Assekuranzmakler...........................................69<br />
Nürnberger......................................................................37, 49, 60<br />
O<br />
Ökoworld............................................................................................28<br />
ottonova..............................................................................................36<br />
INDEX<br />
P<br />
P&R.............................................................................................................71<br />
Photocert............................................................................................63<br />
PIM.............................................................................................................70<br />
Poly Network...................................................................................71<br />
Porsche..................................................................................................18<br />
Portfolio Concept........................................................................65<br />
Proshares..............................................................................................19<br />
R<br />
R+V......................................................................................40, 49, 58 f.<br />
Robinhood.........................................................................................19<br />
S<br />
S&P.............................................................................................................25<br />
Scope.............................................................................................25, 27<br />
Sirius Campus.................................................................................14<br />
Sius Consulting..............................................................................52<br />
Spiekermann & Co.....................................................................22<br />
Superscript.........................................................................................35<br />
T, U<br />
Talanx.......................................................................................................34<br />
Tesla.............................................................................................35, 49 f.<br />
Tomra......................................................................................................29<br />
Tönnies..................................................................................................53<br />
UmweltDirektInvest..................................................................71<br />
V<br />
Versicherungskammer Bayern..........................39 f., 63<br />
Vontobel...............................................................................................29<br />
W<br />
Walt Disney........................................................................................31<br />
wefox.......................................................................................................58<br />
Willis Towers Watson................................................................69<br />
Wirecard......................................................................................16, 59<br />
Z<br />
Zalando.................................................................................................18<br />
Zurich......................................................................................................34<br />
PERSONENVERZEICHNIS<br />
A<br />
Ahrens, Petra.....................................................................21<br />
Albert, Christian............................................................. 49<br />
Albrecht, Stephan........................................................ 22<br />
B<br />
Baldwin, Alec......................................................................13<br />
Bauer, Alexander........................................................46 f.<br />
Beeple.....................................................................................77<br />
Behrens, Monika............................................................ 69<br />
Bieger, Peter.................................................................49 ff.<br />
Biehl, Jörg............................................................................70<br />
Blaumoser, Michael..................................................52 f.<br />
Böhm, Matthias.............................................................. 69<br />
Branson, Mark.................................................................59<br />
Braun, Markus...................................................................16<br />
Brechtken, Stefan......................................................... 63<br />
Buhre, Andreas...............................................................44<br />
C<br />
Christie, Agatha.............................................................65<br />
Claus, Barbara..................................................................27<br />
D, E<br />
Dudle, Pascal................................................................... 29<br />
Eilers, Uwe............................................................................21<br />
F<br />
Flossbach, Bert................................................................21<br />
Franke, Jan........................................................................ 63<br />
Franke, Michael............................................................... 49<br />
Funk, Alexander..........................................................28 f.<br />
G<br />
Gabbar, Abdou................................................................ 62<br />
Gondlach, Kai................................................................68 f.<br />
H<br />
Hartmann, Lutz...............................................................60<br />
Haug, Jochen.................................................................. 62<br />
Heiserowski, Thomas.................................................80<br />
Henschel, Nina................................................................40<br />
Hoppstädter, Michael..............................................46 f.<br />
Hufeld, Felix........................................................................59<br />
Hunold, Claus...................................................................43<br />
Hutchins, Halyna.............................................................13<br />
J<br />
Jauch, Günther..................................................................3<br />
Jessel, Katharina..........................................................40<br />
Jochum, Guido................................................................ 39<br />
Jungvogel, Christian.................................................. 39<br />
K<br />
Kleinlein, Axel.....................................................................12<br />
Kohlbrecher, Mirko........................................................ 22<br />
Kolb, Andreas................................................................... 39<br />
Krämer, Jörg.................................................................... 21 f.<br />
Krams, Christian..........................................................62 f.<br />
Küsel, Alexander.........................................................68 f.<br />
L<br />
Lagarde, Christine..........................................................21<br />
Lochner, Lena....................................................................21<br />
Ludwig, Andreas............................................................40<br />
M<br />
Mehta, Amit.........................................................................26<br />
Meyer zu Drewer, Thomas......................................25<br />
Mohr, Mirjam.......................................................................73<br />
Musk, Elon..................................................................32, 78<br />
N<br />
Naumer, Hans-Jörg.......................................................13<br />
Neumann, Michael........................................................73<br />
Noizet, Dominik.................................................................21<br />
P<br />
Pasquer, Prisqua............................................................78<br />
Pillath, Peter......................................................................43<br />
R<br />
Rasch, Holger..................................................................40<br />
Richert, Markus..............................................................65<br />
Rosenberger, Harald....................................................37<br />
S, T<br />
Sandner, Philipp........................................................30 ff.<br />
Scholz, Peter................................................................. 77 f.<br />
Schwanz, Anne...............................................................78<br />
Spahn, Jens.....................................................................35<br />
Sucker, Alina.........................................................43, 77 f.<br />
Tilmes, Rolf....................................................................65 ff.<br />
U<br />
Uhink, Konrad....................................................................77<br />
Unger, Marc-Philipp..................................................73 f.<br />
V<br />
Voigt, Oliver..........................................................................21<br />
von Löbbecke, Fabian.............................................46 f.<br />
W<br />
Wenzel, Philip....................................................................82<br />
Wittkamp, Dennis.......................................................... 68<br />
VERLAG UND REDAKTION<br />
Alsterspree Verlag GmbH<br />
Firmensitz: Großer Burstah 50-52, 20457 Hamburg<br />
Postanschrift: Kurfürstendamm 173 / 174, 10707 Berlin<br />
Telefon: +49 (0 30) 232 56 27 00<br />
Fax: +49 (0)30 232 56 27 49<br />
Web: www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />
HERAUSGEBER<br />
Philipp B. Siebert<br />
CHEFREDAKTEUR<br />
Matthias Hundt<br />
ART DIRECTOR<br />
Niels Flender<br />
LAYOUT UND INFOGRAFIK<br />
Sabine Müller<br />
BILDREDAKTION<br />
Roman Kulon, Eleonora Mavromati<br />
LEKTORAT<br />
TextSchleiferei.de<br />
TEXTBEITRÄGE<br />
Mailin Bartknecht, Florian Burghardt, Mathias von Hofen,<br />
Matthias Hundt, Anne Hünninghaus, Mariam Misakian,<br />
Dr. Hans-Jörg Naumer, Nina Müller-Peltzer, Hannah<br />
Petersohn, Stefan Terliesner, Martin Thaler, Udo Trichtl,<br />
Anne Mareile Walter<br />
ANZEIGENBERATUNG<br />
Nadin Prüwer<br />
n.pruewer@alsterspree.de<br />
+49 (0)40 6 07 71 29 24<br />
ANZEIGENDISPOSITION<br />
Marcel Berno<br />
m.berno@alsterspree.de<br />
Verlagsgeschäftsführer: Philipp B. Siebert,<br />
Tilman J. Freyenhagen<br />
Verantwortlich für diese <strong>Ausgabe</strong> i. S. d. P.:<br />
Matthias Hundt<br />
IMPRESSUM<br />
DRUCKEREI<br />
MÖLLER PRO MEDIA ® GmbH<br />
Zeppelinstraße 6<br />
16356 Ahrensfelde<br />
www.moellerdruck.de<br />
LESERSERVICE<br />
leserbetreuung@<strong>procontra</strong>-online.de<br />
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Heftpreis: 4,80 Euro<br />
Jahresabonnement: 20 Euro<br />
für sechs <strong>Ausgabe</strong>n inkl. Versandkosten, inkl. USt.<br />
© <strong>2021</strong> für alle Beiträge: <strong>procontra</strong>, <strong>procontra</strong> Spezial,<br />
<strong>procontra</strong>Thema, <strong>procontra</strong>-Sonderteile, <strong>procontra</strong>-<br />
Sonderdrucke (im Heft, Beileger, Beihefter). Alle Rechte<br />
vorbehalten. Nachdruck, Aufnahme in Online-Dienste,<br />
Internet und Vervielfältigung auf Datenträger oder<br />
durch andere Verfahren (auch auszugsweise) nur mit<br />
schriftlicher Genehmigung des Verlags.<br />
Hinweis: Den Artikeln, Empfehlungen, Charts, Tabellen<br />
und Diagrammen liegen Informationen zugrunde, die<br />
die Redaktion für verlässlich hält. Trotz sorgfältiger<br />
Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit des Inhalts<br />
keine Haftung übernommen werden. Die in <strong>procontra</strong><br />
gemachten Angaben dienen der Unterrichtung und<br />
sind keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von<br />
Wertpapieren.<br />
Für Mitglieder der nachfolgend aufgeführten Verbände<br />
ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten:<br />
AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V.<br />
Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen<br />
in Europa e. V.<br />
Unser Druck ist zu 100 % klimaneutral.<br />
8 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Stabile<br />
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1.1.2023<br />
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denn Hand in Hand ist HanseMerkur.
ANZEIGE DWS<br />
Die Basisrente und<br />
ihre Missverständnisse<br />
Der Fondsanbieter DWS hat sein Riester-Angebot komplett eingestellt und konzentriert sich jetzt auf<br />
seine DWS BasisRente Komfort – ein flexibles Produkt ohne Beitragsgarantie. Zur Zielgruppe gehören nur<br />
Selbstständige und Freiberufler? Falsch! Das innovative DWS-Produkt passt nämlich fast jedermann.<br />
Mit der Basisrente steht ein Altersvorsorgeprodukt<br />
zur Verfügung, dessen steuerliche<br />
Förderung sogar die von Riester-Verträgen<br />
deutlich übertreffen kann. Dennoch ist<br />
dieses Produkt vielen Anlegern noch unbekannt<br />
oder es bestehen zahlreiche Missverständnisse.<br />
Hierzu gehören die Aussagen:<br />
› Die Basisrente ist zu kompliziert.<br />
› Das ist nur was für Selbstständige.<br />
› Die Basisrente lohnt sich nicht, ich lege<br />
lieber direkt in Aktien an.<br />
Wie kompliziert ist die Basisrente?<br />
Grundsätzlich funktioniert die Basisrente<br />
denkbar einfach: Man zahlt einen Beitrag in<br />
eine zertifizierte Basisrente ein und gibt ihn<br />
als Sonderausgaben in der Steuererklärung<br />
an. Und das war es schon. Ein Beispiel: Wer<br />
in diesem Jahr 5.000 Euro einzahlt, kann<br />
davon 92 Prozent, also ganze 4.600 Euro,<br />
steuerlich absetzen und es ergibt sich eine<br />
entsprechende Steuerersparnis. Jeder in<br />
eine Basisrente eingezahlte Euro reduziert<br />
also direkt die eigene Steuerbelastung.<br />
Für wen lohnt sich die Basisrente –<br />
etwa nur für Selbstständige?<br />
1. Selbstständige:<br />
Selbständige sind nicht gesetzlich rentenversichert<br />
und nicht Riester-berechtigt.<br />
Sie haben oft ein überdurchschnittliches<br />
Einkommen und entsprechenden Absicherungsbedarf.<br />
Für sie sind vor allem die<br />
hohen steuerlichen Maximalbeträge interessant.<br />
Konkret können im Jahr <strong>2021</strong> ganze 92<br />
Prozent von maximal 25.787 Euro geltend<br />
gemacht werden. Ein Lediger kann also sein<br />
zu versteuerndes Einkommen um bis zu<br />
23.724 Euro im Jahr senken und eine entsprechende<br />
Steuerrückerstattung erhalten.<br />
Die DWS BasisRente Komfort ist wie eine Jeans. Sie passt fast jedermann.<br />
2. Freiberufler:<br />
Freiberufler sind meist in berufsständischen<br />
Versorgungswerken versichert und dort<br />
nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze<br />
abgesichert. Für höhere Einkommen ist<br />
hier eine zusätzliche Absicherung sinnvoll.<br />
Um nicht von der unsicheren Entwicklung<br />
eines Versorgungswerks abhängig zu sein,<br />
sollten also auch Freiberufler ihre zusätzliche<br />
Vorsorge beispielsweise in eine Basisrente<br />
anlegen. Hierzu kann sich eine eher aktienorientierte<br />
Anlage am Kapitalmarkt anbieten,<br />
wie sie mit der DWS BasisRente Komfort<br />
mit freier Fondsauswahl möglich ist.<br />
3. Angestellte<br />
Angestellte sind in der gesetzlichen Rentenversicherung<br />
nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze<br />
versichert und vom sinkenden<br />
Rentenniveau der gesetzlichen Rentenversicherung<br />
direkt betroffen. Wie Berechnungen<br />
des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung<br />
zeigen, ermöglicht der Steuervorteil<br />
durch Ausnutzen des Sonderausgabenabzugs<br />
bereits ab einem Jahreseinkommen<br />
von 35.000 (Ledige)/70.000 Euro (Verheiratete)<br />
ein attraktives Ergebnis einer Investition<br />
in die Basisrente. 1<br />
10
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DIE AKTUELLE FONDSPALETTE DER DWS<br />
BASISRENTE KOMFORT IM ÜBERBLICK<br />
AKTIENFONDS<br />
DWS Akkumula LC<br />
DWS Concept DJE Globale Aktien<br />
DWS ESG European Equities LC<br />
DWS Deutschland GLC<br />
DWS Invest Artificial Intelligence LC<br />
DWS Invest Top Dividend LC<br />
DWS Invest Top Asia LC<br />
DWS Invest SDG Global Equities LC<br />
DWS Invest ESG Global Emerging Markets Equities LC<br />
DWS Invest ESG Equity Income LC<br />
DWS Invest ESG Climate Tech LC<br />
ANLEIHEFONDS<br />
DWS ESG Euro Bonds (Long) LC<br />
DWS ESG Euro Bonds (Medium) LC<br />
DWS Floating Rate Notes LC<br />
DWS Invest ESG Euro Bonds (Short) LC<br />
DWS Invest ESG Euro Corporate Bonds LC<br />
DWS Invest ESG Floating Rate Notes LC<br />
DWS Invest ESG Global Corporate Bonds LC<br />
DWS Invest Green Bonds LC<br />
MISCHFONDS<br />
DWS Balance<br />
DWS Concept DJE Alpha Renten Global LC<br />
DWS Concept Kaldemorgen SFC<br />
DWS Defensiv LC<br />
DWS Dynamik LC<br />
DWS ESG Multi Asset Dynamic LC<br />
DWS Invest ESG Multi Asset Defensive LC<br />
Quelle: DWS International GmbH, Oktober <strong>2021</strong>. Stand: 25.10.<strong>2021</strong>, CRS 084437<br />
4. Ehepartner:<br />
Am sträflichsten unterschätzt wird der Absicherungsbedarf<br />
geringfügig oder gar nicht<br />
arbeitender Ehepartner. Auf die gesetzliche<br />
Witwenrente zu vertrauen ist hierbei der<br />
falsche Ansatz. Bei der Basisrente kann jeder<br />
Partner einen eigenen Vertrag abschließen.<br />
Die steuerlichen Vorteile sind unabhängig<br />
davon, wer den Vertrag abgeschlossen<br />
hat, und unabhängig vom Einkommen des<br />
Einzelnen. Bei Verheirateten verdoppelt sich<br />
zudem der Maximalbeitrag. Die Basisrente<br />
kann also von jedem Partner separat abgeschlossen<br />
werden.<br />
5. Generation 55plus<br />
Besonders sinnvoll kann eine Basisrente für<br />
Anleger sein, die kurz vor Rentenbeginn<br />
stehen. Hier kommt gleich ein doppelter<br />
Steuervorteil zum Tragen: die jetzigen Beiträge<br />
können zu einem höheren Prozentsatz<br />
steuerlich abgesetzt werden, als später in<br />
der Rentenphase zu versteuern ist. Und der<br />
persönliche Steuersatz im Rentenalter wird<br />
in aller Regel auch noch niedriger sein. Im<br />
Ergebnis bleibt ein doppelter Effekt, der zu<br />
einem überzeugenden Nachsteuerergebnis<br />
führen kann. 2 Die kurze Mindestlaufzeit von<br />
fünf Jahren in der DWS BasisRente Komfort<br />
bietet hier eine gute Möglichkeit, diesen<br />
Steuereffekt auszunutzen.<br />
Was ist besser:<br />
Basisrente oder Direktanlage?<br />
Man kann sehr wohl die hohen steuerlichen<br />
Vorteile der Basisrente nutzen und gleichzeitig<br />
sein Kapital in aktienorientierte Anlagen<br />
investieren. Bei der DWS BasisRente Komfort<br />
kann der Anleger in bis zu zehn DWS-Fonds<br />
gleichzeitig investieren. Umschichtungen<br />
sind jederzeit kostenfrei möglich. Dazu steht<br />
eine Palette ausgewählter Fonds zur Verfügung<br />
(siehe nebenstehende Liste).<br />
Die Vorteile einer fondsbasierten Basisrente<br />
liegen auf der Hand: Der Anleger kann<br />
kurzfristig durch Umschichtungen auf<br />
Marktentwicklungen reagieren und es fällt<br />
dabei keine Abgeltungsteuer an. Die hohe<br />
Steuerförderung federt mögliche zwischenzeitliche<br />
Kursschwankungen ab.<br />
Fazit:<br />
Die Basisrente ist ein unkompliziertes Instrument,<br />
das sich durch die hohe steuerliche<br />
Förderung der Beiträge sehr gut zum Aufbau<br />
einer zusätzlichen Altersvorsorge eignen<br />
kann. Sie ermöglicht die Umsetzung individueller<br />
Anlagestrategien – insbesondere im<br />
aktuellen Niedrigzinsumfeld.<br />
Hinweis: DWS International GmbH erbringt<br />
keine steuerrechtlichen oder juristischen<br />
Beratungsleistungen. Die steuerliche<br />
Behandlung hängt von den individuellen<br />
Umständen ab und kann sich in der Zukunft<br />
ändern.<br />
1<br />
Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP),<br />
Die Basisrente – Zielgruppen und Argumente für Ihre Beratung, Januar <strong>2021</strong><br />
2<br />
Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP), Januar <strong>2021</strong><br />
Wichtige Hinweise: Bei den hier dargestellten Informationen handelt es sich um allgemeine Hinweise zu Basisrenten. DWS International<br />
GmbH erbringt keine steuerrechtlichen oder juristischen Beratungsleistungen. Die steuerrechtlichen Regelungen können sich jederzeit – auch<br />
rückwirkend – ändern. DWS ist der Markenname, unter dem die DWS Group GmbH & Co. KGaA und ihre Tochtergesellschaften ihre Geschäfte<br />
betreiben. Die jeweils verantwortlichen rechtlichen Einheiten, die Kunden Produkte oder Dienstleistungen der DWS anbieten, werden in<br />
den entsprechenden Verträgen, Verkaufsunterlagen oder sonstigen Produktinformationen benannt. Alle Meinungsäußerungen geben<br />
die aktuelle Einschätzung von DWS International GmbH wieder, die sich ohne vorherige Ankündigung ändern kann. Die in diesem<br />
Dokument enthaltenen Angaben stellen keine Anlageberatung dar, sondern geben lediglich eine zusammenfassende Kurzdarstellung<br />
wesentlicher Merkmale der DWS BasisRente Komfort. Die Einzelheiten sind in den Besonderen Bedingungen sowie in den Hinweisen<br />
auf die Höhe der Entgelte und Kosten im Antragsformular geregelt. Weitere Informationen, insbesondere zur Struktur und den Risiken<br />
der verwendeten Fonds, enthält die Anlageinformation. Die vollständigen Angaben der verwendeten Fonds sind den wesentlichen<br />
Anlegerinformationen und den jeweiligen Verkaufsprospekten, ergänzt durch den jeweiligen letzten geprüften Jahresbericht und den<br />
jeweiligen Halbjahresbericht, falls ein solcher jüngeren Datums als der letzte Jahresbericht vorliegt, zu entnehmen. Diese Unterlagen stellen<br />
die allein verbindliche Grundlage des Kaufs dar. Sie sind in elektronischer oder gedruckter Form kostenlos in deutscher Sprache bei der<br />
DWS Investment GmbH, Mainzer Landstraße 11–17, D-60329 Frankfurt am Main, und, sofern es sich um Luxemburger Fonds handelt, bei<br />
der Deutsche Asset Management S.A., 2, Boulevard Konrad Adenauer, L-1115 Luxembourg, erhältlich. Weitere steuerliche Informationen<br />
der DWS BasisRente Komfort sind den „Kurzangaben zu steuerlichen Vorschriften“, die im Antragsformular beigefügt sind, zu entnehmen.<br />
Nähere steuerliche Informationen zu den Fonds enthält der jeweilige Verkaufsprospekt. Ergänzende Informationen zum sogenannten<br />
Zielmarkt und zu den Produktkosten, die sich aufgrund der Umsetzung der Vorschriften der MiFID-2-Richtlinie ergeben und die die<br />
Kapitalverwaltungsgesellschaft den Vertriebsstellen zur Verfügung stellt, sind in elektronischer Form über die Internetseite der Gesellschaft<br />
unter www.dws.de erhältlich. Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen genügen nicht allen gesetzlichen Anforderungen zur<br />
Gewährleistung der Unvoreingenommenheit von Anlageempfehlungen und Anlagestrategieempfehlungen und unterliegen keinem Verbot<br />
des Handels vor der Veröffentlichung solcher Empfehlungen. Wie im jeweiligen Verkaufsprospekt erläutert, unterliegt der Vertrieb der<br />
oben genannten Teilfonds in bestimmten Rechtsordnungen Beschränkungen. Dieses Dokument und die in ihm enthaltenen Informationen<br />
dürfen nur in solchen Staaten verbreitet oder veröffentlicht werden, in denen dies nach den jeweils anwendbaren Rechtsvorschriften<br />
zulässig ist. So dürfen die hierin genannten Fonds/Teilfonds weder innerhalb der USA noch an oder für Rechnung von US-Personen oder in<br />
den USA ansässigen Personen zum Kauf angeboten oder an diese verkauft werden. DWS International GmbH <strong>2021</strong>.<br />
Stand: 15. 11. <strong>2021</strong>, CRS 084437.<br />
Matthias Dedio<br />
Key Account Manager<br />
Private Vorsorge und Vermögensaufbau<br />
DWS International GmbH<br />
Mainzer Landstraße 11–17<br />
60329 Frankfurt am Main, Germany<br />
Tel.: +49/69/910-14247<br />
matthias.dedio@dws.com<br />
11
PANORAMA Notiert<br />
PANORAMA<br />
STEILE THESEN AUF<br />
DEM PRÜFSTAND<br />
In der Jahresendausgabe 2020 stellten wir eine Reihe<br />
von Thesen für <strong>2021</strong> auf. Einige waghalsig, etwa dass<br />
die EU eine Finanztransaktionssteuer einführt. Einige<br />
nicht ganz ernst gemeint, etwa dass Axel Kleinlein in<br />
den Allianz-Vorstand wechselt.<br />
Viele Thesen allerdings waren nicht ganz aus der Luft<br />
gegriffen: Dem DAX wurden mit einer Wahrscheinlichkeit<br />
von 60 Prozent 15.000 Punkte zugetraut. Im November<br />
knackte er sogar die 16.000er-Marke. Banken<br />
forcierten <strong>2021</strong> ihre Verwahrentgelte, ebenso wie immer<br />
mehr Lebensversicherer der schwer darstellbaren<br />
100-Prozent-Beitragsgarantie den Rücken kehrten.<br />
Auch dass die E-Auto-Bauer ihr eigenes Kfz-Geschäft<br />
vorantreiben würden, bewahrheitete sich in diesem<br />
Jahr (mehr zur E-Mobilität auf Seite 48).<br />
»Ich gehe davon<br />
aus, 50 bis 60 Prozent<br />
meines Bestands<br />
zu verlieren.«<br />
Der E-Auto-Markt<br />
wächst rasant – trotzdem<br />
prognostiziert Makler<br />
Peter Bieger für seine<br />
Branche einen Rückgang<br />
des Kundenbestands.<br />
Der Grund: Kfz-Versicherungstarife<br />
für Elektroautos<br />
würden künftig<br />
von den Autobauern<br />
direkt angeboten. Mehr<br />
dazu auf Seite 48.<br />
NEGATIV-<br />
ZINSEN:<br />
BESCHWERDE-<br />
FLUT BEI DER<br />
BAFIN<br />
Die Beschwerdetelefone der BaFin verzeichneten in den vergangenen<br />
Wochen ordentlich Zulauf: Fast 1.000 Bankkunden riefen bei<br />
der Finanzaufsicht an, da ihre Kreditinstitute das Gebührenurteil<br />
des Bundesgerichtshofs nicht umgesetzt hatten. Nach dem Urteil<br />
sind die Banken seit April dazu verpflichtet, bei einer Änderung der<br />
Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Zustimmung ihrer Kunden<br />
einzuholen. Gebühren, die ohne Einwilligung erhoben wurden, können<br />
zurückgefordert werden. In den der BaFin vorliegenden Beschwerden<br />
ging es unter anderem darum, dass Verbrauchern statt konkret<br />
berechneten Beträgen Pauschalen angeboten wurden.<br />
12 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Notiert PANORAMA<br />
Weniger ist mehr<br />
DR. HANS-JÖRG NAUMER<br />
leitet Global Capital Markets & Thematic Research<br />
von Allianz Global Investors<br />
SCHADENSERSATZKLAGE NACH<br />
TOD DER KAMERAFRAU<br />
Schwere Zeiten für Alec Baldwin: Dem Co-Produzenten des<br />
Hollywoodstreifens „Rust“ drohen eine Schadensersatzklage<br />
– trotz Haftpflichtversicherung – und eine Haftstrafe. Während<br />
der Dreharbeiten zu dem Film hatte Baldwin versehentlich die<br />
Kamerafrau Halyna Hutchins erschossen. Daraufhin mehrten<br />
sich die Berichte über zu laxe Sicherheitsvorkehrungen am<br />
Set, angeblich hätten Crewmitglieder mit scharfer Munition auf<br />
Bierdosen geschossen.<br />
Da demnach bestimmte Sicherheitsbedingungen nicht erfüllt<br />
waren, ist nun unklar, ob die Haftpflichtversicherung greift. Sie<br />
war in einer Höhe von einer Million Dollar pro Schadensfall plus<br />
einer gewerblichen Dachpolice von fünf Millionen abgeschlossen<br />
worden. Gut möglich, dass Baldwin mit seinem Privatvermögen<br />
haften muss. Laut Rechtsexperten könnte der Filmstar<br />
zudem wegen „fahrlässiger Tötung“ belangt werden.<br />
30 %<br />
Weniger ist mehr – das gilt mit Blick auf das neue Jahr<br />
ganz besonders bei der Zentralbankliquidität, der wir auch<br />
weiterhin größte Aufmerksamkeit widmen müssen. Fakt<br />
ist: Immer mehr Zentralbanken rund um den Globus haben<br />
begonnen die Leitzinsen anzuheben, und das nicht nur in<br />
den aufstrebenden Ländern. Auch die US-amerikanische<br />
Notenbank schwenkt – langsam zwar, aber immerhin – auf<br />
einen Normalisierungskurs ein. Sie beginnt mit dem sogenannten<br />
„Tapering“, der Verlangsamung ihrer Anleihekäufe.<br />
Diese sollten im Sommer des nächsten Jahres auslaufen.<br />
Erst dann darf mit einer Anhebung des Leitzinses gerechnet<br />
werden. Fakt ist auch: Bei der Europäischen Zentralbank<br />
(EZB) ist davon noch nichts zu merken. Sie diskutiert<br />
lediglich zunehmend inflationäre Risiken. „PEPP“ – das<br />
zusätzliche Anleihekaufprogramm, welches als Antwort<br />
auf die Corona-Pandemie verabschiedet wurde – läuft zwar<br />
im Dezember aus. Damit ist die EZB mit ihren Anleihekäufen<br />
insgesamt aber noch nicht am Ende, und sie lässt auch<br />
keinerlei Erwartungen in diese Richtung aufkommen. Ein<br />
Beenden der Anleihekäufe ist aber die Voraussetzung für<br />
Anhebungen beim Einlagenzinssatz – und Anhebungen<br />
beim Einlagenzins sind die Voraussetzung, dass auch die<br />
Verwahrentgelte (vulgo: „Strafzinsen“) auslaufen. Was<br />
sich also abzeichnet, ist eine Divergenz der Geldpolitik auf<br />
beiden Seiten des Atlantiks. Insgesamt bleibt die geldpolitische<br />
Gemengelage aber dennoch expansiv und vom<br />
verbleibenden Preisdruck unbeeindruckt. „Weniger ist<br />
mehr“ heißt die Parole: Weniger Zentralbank-Geld ist mehr<br />
Vertrauen in die Preisstabilität. So ist zu erwarten, dass<br />
der Anlagenotstand Sachwerte – also Aktien – auch im<br />
neuen Jahr weiter begünstigen wird. Gut, dass sich keine<br />
„Stagflation“ abzeichnet, wie immer wieder in die Diskussion<br />
eingeworfen wird. Weltweit überschreiten die Volkswirtschaften,<br />
regional etwas unterschiedlich, zwar ihren<br />
Wachstumsgipfel, sie lassen aber keinen Wachs tums einbruch<br />
erwarten. Gut so.<br />
Denn beim Wachstum heißt<br />
es in der Nach-Pandemie-<br />
Zeit ganz besonders:<br />
Mehr ist besser.<br />
... weniger Unfälle in der Kfz-Haftpflicht prognostiziert<br />
der GDV bis zum Jahr 2040. Der<br />
Grund: Immer mehr Autos werden bis dahin mit<br />
Notbrems-, Park- und Rangierassistenten ausgestattet<br />
sein. Das Schadensaufkommen soll<br />
um bis zu 25 Prozent sinken.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
13
PANORAMA Fakten für Vertrieb und Stammtisch<br />
Frauen sind<br />
die wahren<br />
Vorsorgemuffel<br />
<strong>2021</strong> gingen Männer häufiger zu Vorsorgeuntersuchungen als<br />
Frauen. Dies ist das überraschende Ergebnis einer Studie des<br />
digitalen Versicherungsmanagers Clark – bislang galten eher<br />
Männer als die Vorsorgemuffel der Nation. Tatsächlich ließen<br />
26 Prozent der männlichen Befragten in den vergangenen<br />
zwölf Monaten einen Komplett-Check vornehmen, bei den<br />
Frauen waren es hingegen nur 21 Prozent. Auch beim Hautkrebs-Screening<br />
lagen die Männer vorn: 18 Prozent von ihnen<br />
ließen sich auf diese Art durchchecken – und nur 16 Prozent<br />
der Frauen. Ähnlich bei der Vorsorge von Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen und Darmkrebs: Diese Untersuchungen fanden<br />
die Männer ebenfalls wichtiger als die Frauen.<br />
Spontanes Investieren<br />
22 %<br />
36 %<br />
Hartz IV<br />
reicht nicht<br />
85 Prozent der Deutschen glauben nicht, dass die aktuellen<br />
Hartz-IV-Leistungen ausreichen, um den alltäglichen Lebensunterhalt<br />
bestreiten zu können. Laut einer forsa-Umfrage, die vom<br />
Paritätischen Gesamtverband in Auftrag gegeben wurde, werden<br />
im Durchschnitt 811 Euro pro Monat als nötig erachtet. Derzeit<br />
erhalten allein lebende Grundsicherungsbezieher 446 Euro. Der<br />
Paritätische ruft daher die Ampelkoalition dazu auf, die Regelsätze<br />
bedarfsgerecht anzuheben. Nach seinen Berechnungen<br />
müsste der Regelsatz deutlich über 600 Euro liegen. Die geplante<br />
Erhöhung der Hartz-IV-Sätze um 0,7 Prozent zum 1. Januar 2022<br />
sei verfassungswidrig.<br />
MAKLER PUNKTEN<br />
Aus Sicht vieler Deutscher machen Makler einen guten Job. So gaben<br />
33 Prozent der Teilnehmer einer Studie des Beratungsinstituts Sirius Campus<br />
an, dass die Arbeit<br />
von Maklern „ausgezeichnet“<br />
sei. Für die<br />
Arbeit von Versicherungsvertretern<br />
stellten<br />
dieses Prädikat sogar<br />
41 Prozent der Befragten aus. Dabei fühlen sich<br />
75 Prozent der Versi- cherungskunden bei<br />
einem Vertreter besser<br />
aufgehoben als bei der<br />
Zentrale ihres Anbie-<br />
ters (63 Prozent). Die<br />
Kundenbindung ist bei<br />
Maklern und Vertretern<br />
laut Studienautoren dementsprechend auch „deutlich stärker ausgeprägt“<br />
als bei direktem Kontakt zu einem Versicherungshaus. Und: Je stärker die<br />
Kundenbindung, desto höher sei die Weiterempfehlungsquote.<br />
29 %<br />
Viele Deutsche haben in puncto Finanzplanung Nachholbedarf:<br />
So verfügen nach dem Finanzbarometer<br />
<strong>2021</strong> von J.P. Morgan Asset Management 29 Prozent<br />
der Befragten über keine konkrete Planung, sondern<br />
investieren spontan, wenn Geld übrig ist.<br />
Dabei genießt mit 36 Prozent der Rat von Freunden<br />
und Familie den höchsten Stellenwert, wenn es darum<br />
geht, Erspartes anzulegen. Mit 29 Prozent liegen<br />
Infor mationen von der Hausbank an zweiter Stelle,<br />
22 Prozent der Befragten suchen zu diesem Zweck<br />
einen Berater auf.<br />
TEURE<br />
REPARATUREN<br />
Trotz der Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie<br />
ist die Zahl der Unfälle mit Wildschweinen, Rehen und<br />
anderen Wildtieren im vergangenen Jahr nur leicht gesunken:<br />
Rund 272.000 Wildunfälle registrierten die deutschen<br />
Autoversicherer. Nach Angaben des GDV stiegen hingegen<br />
die Durchschnittskosten pro Reparatur nach einem Wildunfall.<br />
Sie bezifferten sich 2020 auf 3.100 Euro – und lagen<br />
damit 5 Prozent über dem Vorjahresbetrag. Ein Grund für<br />
den Anstieg der Reparaturkosten waren höhere Preise für<br />
Karosserieteile. Insgesamt zahlten die Versicherer 853 Millionen<br />
Euro für Wildunfallschäden aus.<br />
14 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Stand: November <strong>2021</strong>. Neben dieser Werbemitteilung lesen Sie bitte auch den<br />
Verkaufsprospekt und die Wesentlichen Anlegerinformationen bevor Sie eine endgültige Anlageentscheidung treffen.
PANORAMA Leserbriefe<br />
KOMMENTIERT<br />
»Wo hört man auf?«<br />
Das Corona-Virus grassiert international<br />
weiter, viele Infektionen und volle Krankenhäuser<br />
sind die Folge. Ein Schweizer Ökonom<br />
schlug kürzlich vor, ungeimpfte Intensivpatienten,<br />
die eine Corona-Schutzimpfung<br />
aus freien Stücken abgelehnt hatten, an<br />
den durch ihre Erkrankung verursachten<br />
Behandlungskosten zu beteiligen. Für dieses<br />
zusätzliche Risiko von Ungeimpften seien<br />
aber auch privatwirtschaftliche Zusatzversicherungen<br />
denkbar.<br />
Dann sollen sich auch verunfallte Radfahrer<br />
beteiligen, die ohne Helm fahren, Autofahrer,<br />
die aufgrund überhöhter Geschwindigkeit<br />
oder nicht angepasster Geschwindigkeit<br />
verunglücken, Raucher, die Krebs bekommen,<br />
und so weiter.<br />
NILS FISCHER<br />
via Facebook<br />
FATALER IRRGLAUBE ÜBER RICHTIGES SPAREN<br />
Milliarden liegen auf Sparbüchern, die von der Inflation immer mehr aufgefressen werden.<br />
»Und sie zahlt doch«<br />
Der frühere Wirecard-Chef Markus Braun<br />
erhält aus seiner D&O-Versicherung mindestens<br />
Leistungen zur Verbesserung seines<br />
Rufs in der Öffentlichkeit. Das entschied<br />
kürzlich das Oberlandesgericht Frankfurt<br />
am Main in einem Eilverfahren. Ob Brauns<br />
Managerhaftpflicht über die PR-Kosten<br />
hinaus auch seine gesamten Anwaltskosten<br />
übernehmen muss, war zum Redaktionsschluss<br />
vom Gericht noch nicht entschieden<br />
worden.<br />
Und da heißt es immer: „Die Versicherung<br />
zahlt eh ned!“<br />
STEFAN KRAUSS<br />
via Facebook<br />
»Vorsicht, reduzierte Gesundheitsfragen«<br />
Bei der Geburt eines Kindes oder dem<br />
Schritt ins Eigenheim bieten zum Beispiel<br />
Risikolebensversicherer ihren Kunden einen<br />
stark reduzierten Katalog an Gesundheitsfragen.<br />
Was zunächst attraktiv klingt, sollte<br />
aber mit Vorsicht genossen werden, schrieb<br />
Makler Tobias Bierl in einem Gastbeitrag auf<br />
<strong>procontra</strong>-online. Auf Facebook machte er<br />
selbst noch mal auf die Brisanz des Themas<br />
aufmerksam.<br />
Vielen herzlichen Dank, dass ich und wir<br />
uns zu dieser wichtigen Thematik äußern<br />
durften. Im Detail entscheiden sich die<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
TOP 5 DER AUSGABE<br />
+++KLICKVERDÄCHTIG+++<br />
Die beliebtesten Artikel auf <strong>procontra</strong>-online<br />
PKV-RATING<br />
Die besten Vollversicherungen in drei Preisklassen<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de/pkv-rating<br />
GKV-LEISTUNGEN<br />
Was seit 1989 gestrichen wurde<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de/gkv-leistungen<br />
LV-FINANZSTÄRKE<br />
Bei 44 Lebensversicherern sind die Spielräume gering<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de/lv-finanzstaerke<br />
BAV-DIGITALISIERUNG<br />
Am Makler vorbei?<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de/bav-digital<br />
IT-PROBLEME<br />
Viele Versicherer verzweifeln an ihren Systemen<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de/it-probleme<br />
Gesundheitsfragen ja sehr – da kann man<br />
schon mal näher hinblicken bei der Risikolebensversicherung<br />
–, insbesondere bei einer<br />
„Aktion“ wie der Geburt eines Kindes oder<br />
einer Immobilienfinanzierung.<br />
TOBIAS BIERL<br />
via Facebook<br />
»Es darf nichts passieren«<br />
In der diesjährigen Kfz-Wechselsaison buhlte<br />
auch InShared um Kunden. Das besondere<br />
Merkmal des deutschen Ablegers eines<br />
niederländischen Kfz-Versicherers: Er nimmt<br />
nur Kunden ab 21 Jahren und mit günstigem<br />
Schadensverlauf an.<br />
Na dann viel Spaß mit diesem Rosinenpicker,<br />
wenn es große Hagelereignisse oder<br />
Flutkatastrophen wie in Bad Neuenahr<br />
gibt und die „Hotline“ und die Handvoll<br />
Schadensachbearbeiter zum Flaschenhals<br />
werden. Hier gilt die Devise: „Es darf nichts<br />
passieren.“<br />
SVEN DEDERICHS<br />
via Facebook<br />
»Jeder hat sein Spezialgebiet«<br />
Amazon bietet seit Kurzem Versicherungen<br />
16 Illustration: Lenard Nick Liebetruth
Leserbriefe PANORAMA<br />
für Unternehmen in Großbritannien an. In<br />
unserem Format pro/contra stellten wir die<br />
Frage: Wird der Tech-Gigant damit zu einer<br />
Gefahr für die Branche?<br />
Professionelle Beratung nach deutschen<br />
Standards hat nichts mit Amazon zu tun.<br />
Man geht auch nicht zum Discounter, um<br />
tagesfrische Ware direkt vom Hersteller zu<br />
bekommen. Jeder hat sein Spezialgebiet und<br />
das Gebiet gehört eben nicht zu Amazon.<br />
ANTONIO FONTANA CONSULENTE<br />
via Facebook<br />
»Debeka warnt per SMS«<br />
Die Debeka will ihre Kunden besser vor<br />
Extremwetterereignissen schützen. Deshalb<br />
sollen Inhaber von Wohngebäudeversicherungen<br />
künftig per SMS über kommende<br />
Unwetter informiert werden. Droht beispielsweise<br />
ein Sturm mit Windgeschwindigkeiten<br />
ab 100 Stundenkilometern, Starkregen oder<br />
Hagel, erhalten Debeka-Kunden in Zukunft<br />
eine entsprechende Nachricht auf ihr<br />
Smartphone geschickt. Datengrundlage sind<br />
dabei neben der Postleitzahl auch die Geodaten<br />
der jeweiligen Nutzer. Die Menschen<br />
sollen durch diese Warnungen ihr Haus<br />
schneller wetterfest machen oder sich im<br />
Extremfall in Sicherheit bringen können.<br />
Die Idee finde ich nicht schlecht. Bin aber<br />
auf die Umsetzung gespannt.<br />
ADRIAN KNAB<br />
via Facebook<br />
»Auf alle Fälle<br />
schlecht für den<br />
Kunden! Never ever!«<br />
MAIK SEMBOWSKI ÜBER KFZ-TELEMATIKTARIFE<br />
»Katastrophales Fehlurteil«<br />
Die Schadensregulierung in der Wohngebäudeversicherung<br />
sorgt immer wieder für<br />
Streitigkeiten vor Gericht – besonders wenn<br />
es um die versicherte Gefahr Leitungswasser<br />
geht. Der Bundesgerichtshof entschied<br />
kürzlich, dass ein Wohngebäudeversicherer<br />
nicht für Nässeschäden aufkommen<br />
muss, die aus einer undichten Silikonfuge<br />
zwischen einer Duschwanne und einer<br />
angrenzenden Wand entstehen. Die Richter<br />
sahen keine Anhaltspunkte dafür, dass die<br />
Duschwanne, die Fugen, die angrenzenden<br />
Wände und die sonstigen Bauteile einer Dusche<br />
als einheitliche Einrichtung anzusehen<br />
sind, die über den Zulauf (Duschkopf) und<br />
Ablauf (Abwasserleitung) mit dem Rohrsystem<br />
verbunden ist und somit als sonstige<br />
Einrichtung mitversichert gewesen wäre.<br />
Als wäre ein Duschkopf nicht ein mit dem<br />
Rohrsystem verbundener Schlauch ... Katastrophales<br />
Fehlurteil meiner Meinung nach.<br />
CLAUDE BURGARD<br />
via Facebook<br />
BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG<br />
Doppelt punkten mit<br />
AL_DuoSmart.<br />
Zwei Anlagen im unschlagbaren Zusammenspiel,<br />
eine bequeme Lösung und null Sorgenfalten<br />
beim Verkauf – die smarte Rente ist da.<br />
Jetzt auch in der<br />
Unterstützungskasse!<br />
www.vermittler-sind-uns-wichtig.de/duosmart<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
17
HÖHEPUNKTE DES JAHRES Investmentfonds<br />
HIGHLIGHTS <strong>2021</strong><br />
Grünere Beratung ++ DAX-Reform ++ Riester-Ende ++ Schwarmkäufe ++ Krypto-Hype<br />
März<br />
EU-OFFENLEGUNGSVERORDNUNG<br />
TRITT IN KRAFT<br />
Am 10. März trat die Offenlegungsverordnung – in Englisch:<br />
Sustainable Finance Disclosure Regulation – in Kraft. Sie ist Teil<br />
des EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzwesen und<br />
soll das Thema Nachhaltigkeit transparenter und zwingender<br />
auf die Beratungstische bringen. Im Zusammenspiel mit dem<br />
Klassifizierungssystem für nachhaltige Geschäftsaktivitäten, der<br />
sogenannten Taxonomie-Verordnung, ist das Regelwerk ein<br />
gigantisches Regulierungsprojekt. Auch Versicherungs- und<br />
Finanzanlagenvermittler schließt die Verordnung mit ein. Der<br />
Beratungsprozess selbst ist aber erst ab 2022 betroffen. Dann<br />
müssen in der Anlageberatung die Nachhaltigkeitswünsche<br />
des Kunden abgefragt werden.<br />
September<br />
40 STATT 30 UNTERNEHMEN –<br />
DER DAX WIRD REFORMIERT<br />
Der deutsche Leitindex DAX bekam Zuwachs. Seit seiner<br />
Gründung im Juli 1988 notierten stets die 30 größten deutschen<br />
Aktiengesellschaften darin. Nun wurde im September<br />
auf 40 Unternehmen aufgestockt. Airbus, Zalando und Porsche<br />
gehören zu den bekanntesten Neulingen.<br />
Juni<br />
FONDSVERMÖGEN ÜBERSTEIGT<br />
3,4 BILLIONEN EURO<br />
Die Nachfrage nach Investmentanlagen ist ungebrochen. Laut<br />
Halbjahreszahlen des BVI kletterte das Nettovermögen offener<br />
Fonds erstmalig auf 3,437 Billionen Euro. Verteilt auf 1,3 Billionen<br />
Euro in Publikumsfonds und rund 2,1 Billionen in offenen<br />
Spezialfonds. Allein Aktienfonds legten unter Privatanlegern im<br />
Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 um fast 200 Milliarden zu,<br />
Mischfonds um 65 Milliarden und Rentenfonds um 12 Milliarden.<br />
Die anziehende Inflationsrate dürfte der Nachfrage nach<br />
Investmentfonds weiter Schub verleihen.<br />
18 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Investmentfonds HÖHEPUNKTE DES JAHRES<br />
Oktober<br />
INFLATIONSRATE KLETTERT AUF 4,5 PROZENT<br />
Im Oktober notierte die Inflationsrate in Deutschland<br />
mit 4,5 Prozent so hoch wie zuletzt im Dezember 1993<br />
(4,3 Prozent). Im Jahresschnitt lag die Teuerungsrate in<br />
Deutschland damit bei 2,71 Prozent. Größter Preistreiber<br />
waren die Energiekosten. Als Gründe für die<br />
Rekordwerte gelten Basiseffekte, also niedrige Preise<br />
im Vorjahr, die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer<br />
(auf 16 Prozent), die seit Januar wieder auf dem alten<br />
Niveau (19 Prozent) taxiert wird. Hinzu kommt die Einführung<br />
der CO 2<br />
-Bepreisung. Obwohl Experten daher<br />
ab 2022 wieder mit niedrigeren Raten rechnen, bleibt<br />
der Kaufkrafterhalt ein großes Thema für Privatanleger.<br />
Oktober<br />
ERSTER BITCOIN-<br />
ETF ZUGELASSEN<br />
Januar<br />
Der Run auf Kryptowährungen<br />
lässt nicht nach. An der New Yorker<br />
Börse wurde am 19. Oktober der<br />
erste Bitcoin-Future-ETF zugelassen.<br />
Proshares bietet ihn unter dem<br />
Namen „Bito“ an und hat dafür die<br />
Genehmigung der zuständigen<br />
US-Börsenaufsicht SEC bekommen.<br />
Der ETF bildet allerdings nur den<br />
Preis von Bitcoin-Futures ab, nicht<br />
den eigentlichen Bitcoin-Preis.<br />
SCHWARMKÄUFE PUSHEN<br />
GAMESTOP<br />
Ende Januar verabredeten sich zahlreiche Kleinanleger<br />
im sozialen Netzwerk Reddit zum Kauf der GameStop-<br />
Aktie. Der Kurs schnellte daraufhin von knapp 20 auf<br />
zeitweise über 480 Dollar. Den Hauptschaden trugen<br />
etliche Hedgefonds, die zuvor über Leerverkäufe auf<br />
fallende Kurse gesetzt hatten. Weitere Kursspitzen verursachte<br />
die Reddit-Crowd in der Folge unter anderen<br />
bei AMC oder Robinhood. Die Zockerei dient als Beleg<br />
dafür, wie einflussreich die Social-Media-Community<br />
sein kann, wenn sie sich zum Handel einer sogenannten<br />
Meme-Aktie verabredet.<br />
April<br />
GRÖSSTER ETF-<br />
ANBIETER EUROPAS<br />
Mit der Übernahme seines französischen<br />
Konkurrenten, Lyxor Asset Management,<br />
wird Amundi zum größten ETF-Anbieter Europas.<br />
Als Kaufpreis werden 825 Millionen<br />
Euro kolportiert. Der Deal soll im Februar<br />
2022 abgeschlossen sein.<br />
November<br />
DAX mit neuem<br />
Alltime-High<br />
Der deutsche Leitindex knackte am<br />
9. November die Marke von 16.000<br />
Punkten, lag zwischenzeitlich bei<br />
knapp 16.100 Punkten. Zu Jahresbeginn<br />
notierte er noch bei 13.650<br />
Punkten – ein Plus von rund 18 Prozent<br />
im Jahresverlauf.<br />
November<br />
Bitcoin mit Rekordkurs<br />
Zu Beginn des Jahres lag der Kurs<br />
der bekanntesten Kryptowährung,<br />
des Bitcoins, noch bei 23.929 Euro.<br />
Im November waren es dann, nach<br />
einigen heftigen Kursbewegungen<br />
über das Jahr verteilt, stolze 58.800<br />
Euro – ein Plus von 145 Prozent.<br />
April<br />
BGH untersagt stillschweigende<br />
Zustimmung<br />
Das Urteil des Bundesgerichtshofs im<br />
April dieses Jahres hat die Bankenbranche<br />
in Aufruhr versetzt: Geldhäuser<br />
müssen von nun an, wenn<br />
sie Gebührenentgelte einführen, die<br />
dezidierte Zustimmung ihrer Kunden<br />
einholen. Das Schweigen der Kundschaft<br />
gilt nicht mehr wie zuvor als<br />
stilles Einverständnis.<br />
Juli<br />
DWS stellt Riester-<br />
Neugeschäft ein<br />
Zum 1. Juli stellte die DWS das<br />
Neugeschäft mit sämtlichen Riester-<br />
Produkten ein. Die vollständige Beitragsgarantie<br />
der Riester-Produkte<br />
erwiese sich im Umfeld anhaltender<br />
Niedrigzinsen zunehmend als Bürde<br />
für Vorsorgesparer und wenig zeitgemäß.<br />
Im Oktober kündigte auch<br />
die Deka an, sich aus dem Riester-<br />
Geschäft zurückziehen zu wollen.<br />
Lesen Sie die Hintergründe, Zusatzberichte<br />
und Interviews zu diesen und<br />
weiteren Highlights des Jahres unter:<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de/<strong>2021</strong><br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
19
INVESTMENTFONDS Inflation<br />
RETTET DIE KAUFKRAFT!<br />
Geld verliert so schnell an Wert wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Wie Sparer und Anleger ihr<br />
Vermögen jetzt schützen sollten, ergab eine Umfrage von <strong>procontra</strong>.<br />
– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />
Es ist Winter, aber der Wert von Geld<br />
schmilzt wie Eis in der Sonne. Über 6 Prozent<br />
beträgt die Inflation in den USA. Das<br />
ist der höchste Wert seit 31 Jahren. Die Eu-<br />
ro-Inflation ist im Oktober auf 4,1 Prozent<br />
gesprungen. Und für Deutschland melden<br />
die Statistiker 4,5 Prozent – ebenfalls happig!<br />
Für Sparer besteht Handlungsbedarf.<br />
Sie sollten ihre Vermögen vor Entwertung<br />
schützen. Das war die einhellige Meinung<br />
der von <strong>procontra</strong> befragten Vermögensverwalter.<br />
Schutz gewährten Aktien, zum<br />
20 Illustration: Roman Kulon
Inflation INVESTMENTFONDS<br />
Teil auch Immobilien und Gold. Um das<br />
Anlagerisiko zu streuen, böten sich Fonds<br />
an.<br />
REALER VERLUST<br />
Was Inflation für Bargeld und den „Spargroschen“<br />
auf einem unverzinsten Konto<br />
bedeutet, zeigt eine simple Rechnung:<br />
10.000 Euro über zehn Jahre mit der aktuellen<br />
Inflation in Deutschland abgezinst, ergeben<br />
rund 6.439 Euro. Nun sagt Christine<br />
Lagarde, die Chefin der Europäischen Notenbank,<br />
die Geldentwertungsrate sei nur<br />
vorübergehend so hoch und werde sich bei<br />
2 Prozent einpendeln. Aber selbst bei dieser<br />
Rate würde der Betrag von heute 10.000<br />
Euro auf rund 8.203 abschmelzen.<br />
Ohnehin erwarten immer mehr Ökonomen,<br />
dass die Inflation gekommen ist,<br />
um zu bleiben. „In ein paar Jahren droht<br />
ein beträchtliches Inflationsproblem“, sagt<br />
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank<br />
(siehe Interview auf der Folgeseite).<br />
Auch Bert Flossbach, Fondsmanager und<br />
Vorstand beim Asset-Manager Flossbach<br />
von Storch, sieht „ein neues Inflationsregime“<br />
heraufziehen. Er nennt eine Rate von<br />
in Zukunft 3 bis 4 Prozent.<br />
Gleichzeitig würden die Zinsen nicht<br />
deutlich steigen. In der Folge bleibe der<br />
Realzins negativ und die Sparvermögen<br />
schmölzen dahin. Dieser Negativzins ergibt<br />
sich aus dem Nominalzins für ein Wertpapier<br />
oder Sparbuch abzüglich der Inflationsrate.<br />
Tatsächlich geben Banken für Geld<br />
auf einem Sparkonto oft nichts mehr. Eine<br />
zehnjährige Bundesanleihe – der Maßstab<br />
für „sichere“ Zinstitel – rentiert aktuell bei<br />
minus 0,25 Prozent. Hinzu kommen bei<br />
immer mehr Banken Verwahrentgelte auf<br />
neue Spareinlagen. Diese Gebühren vergrößern<br />
den Effekt nochmals.<br />
»GELDAUFBEWAHRUNG BEENDEN«<br />
Vor diesem Hintergrund hat Uwe Eilers,<br />
Vorstand bei der Frankfurter Vermögen,<br />
einen eindeutigen Ratschlag für Sparer:<br />
„Jede Form von Barvermögen, egal ob Festgeld,<br />
Kontoguthaben oder Bargeld, verliert<br />
durch die hohe Inflation real deutlich an<br />
Wert. Gleiches gilt für die meisten in Euro<br />
ausgegebenen Anleihen, da die Zinshöhe<br />
durch die Europäische Zentralbank massiv<br />
künstlich nach unten getrieben wurde. Somit<br />
sollte man diese genannten Formen der<br />
Geldaufbewahrung beenden.“ Stattdessen<br />
sollten Anleger „ihre Aktieninvestments<br />
1985 bekam<br />
man sechs<br />
Kugeln für<br />
1,50 Euro.<br />
INFLATION LÄSST NICHT NUR EISTÜTEN SCHMELZEN<br />
1985<br />
stärker gewichten“. Schließlich profitierten<br />
Unternehmen im Regelfall von steigenden<br />
Preisen und höheren Margen. Dadurch entstünden<br />
auf Dauer höhere Gewinne und<br />
damit höhere Bewertungen der jeweiligen<br />
Aktien. Ebenso sehen das Petra Ahrens,<br />
Vorstand bei Maiestas, und Oliver Voigt,<br />
»Barvermögen<br />
verliert durch die<br />
hohe Inflation real<br />
deutlich an Wert.«<br />
UWE EILERS, FRANKFURTER VERMÖGEN AG<br />
Finanzplaner bei Habbel, Pohlig & Partner.<br />
Beide legen den Fokus aber explizit auf<br />
„gut situierte Qualitätsunternehmen mit einer<br />
starken Marktposition“ bzw. auf „Unternehmen,<br />
die mit stabilen Bilanzkennzahlen<br />
aufwarten und Preissteigerungen an<br />
die Verbraucher weitergeben können“.<br />
FONDS ALS INFLATIONSRETTER<br />
Auch solche Präzisierungen verdeutlichen,<br />
dass es in Zukunft noch stärker auf die<br />
Auswahl der Unternehmen ankommt. „Dabei<br />
lohnt es sich, auf Profis zu vertrauen“,<br />
meint Dominik Noizet, Regionaldirektionsleiter<br />
für Global Finanz. Da sich nicht<br />
Wie die Inflation das Geld entwertet<br />
Heute kostet<br />
eine Kugel Eis<br />
oft 1,50 Euro.<br />
2020<br />
Im Jahr 2055<br />
werden Kinder<br />
dafür nur noch<br />
eine Mini-Kugel<br />
bekommen.<br />
2055<br />
Quelle: Berechnungen der V-Bank<br />
jeder Anleger einen eigenen Vermögensverwalter<br />
leisten könne, biete sich für Privatleute<br />
eine Anlage in Fonds an. Für Anleger,<br />
die vor einer reinen Aktienanlage zurückschreckten,<br />
seien Mischfonds optimal. Mit<br />
Blick auf immer mögliche Verwerfungen an<br />
den Märkten sei es wichtig, „einen ausreichend<br />
langen Anlagehorizont zu haben“.<br />
Noizet denkt dabei an „mindestens zehn<br />
Jahre“. Andere Investmentprofis wie zum<br />
Beispiel Lena Lochner von Bayerische Vermögen<br />
halten fünf Jahre für ausreichend.<br />
Flossbach geht davon aus, dass Anlegern<br />
während der Übergangszeit in das neue<br />
Inflationsregime auch mal ruppige Zeiten<br />
bevorstehen. „Damit muss man leben können,<br />
denn kurzfristige Schwankungen sind<br />
nun einmal der Preis für langfristigen, realen<br />
Wertzuwachs“, betont der Fondsmanager.<br />
Wichtig bei seinen Überlegungen sei<br />
aber, dass das Zinsniveau nicht wesentlich<br />
steigt. „Dann würde die Bewertung von<br />
Aktien sinken, so wie es in den 1970er-Jahren<br />
der Fall war.“<br />
»GOLD EINSAMMELN«<br />
Neben Aktien sieht Flossbach Gold als<br />
Inlationsschutz an. „Seit Ende 1973, als<br />
sich der Kurs nach der Freigabe des Goldpreises<br />
bei gut 100 Dollar eingependelt hat,<br />
ist er um 6,1 Prozent pro Jahr und damit<br />
zwei Prozentpunkte stärker gestiegen als<br />
die Inflation.“ Auch in Zukunft werde das<br />
Edelmetall seiner Funktion als langfristiger<br />
Inflationsschutz gerecht. Ähnlich sieht<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
21
INVESTMENTFONDS Inflation<br />
»EZB bringt zu viel Geld in Umlauf«<br />
JÖRG KRÄMER, Chefvolkswirt der Commerzbank<br />
<strong>procontra</strong>: Herr Krämer, welche Faktoren treiben<br />
derzeit die Inflation in Deutschland?<br />
Jörg Krämer: Es gibt mehrere Treiber. Zum<br />
einen die Energiekosten und hier vor allem der<br />
gestiegene Ölpreis. Das hat die Inflationsrate um<br />
1,5 Prozentpunkte erhöht. Ein weiterer knapper<br />
Prozentpunkt geht auf die Wiedereinführung der<br />
Mehrwertsteuer zurück. Ein dritter Grund sind<br />
die Materialengpässe.<br />
<strong>procontra</strong>: Hält der Preisauftrieb im neuen Jahr<br />
an?<br />
Krämer: Der Mehrwertsteuereffekt fällt zur<br />
Jahreswende weg. Die Wirkung der CO 2<br />
-Preis-<br />
Einführung vor einem Jahr ebenfalls. Und der<br />
Ölpreis dürfte nicht weiter so stark steigen wie<br />
zuletzt. Das sind Argumente für eine fallende<br />
Inflation. Aber Ende 2022 dürfte sie sich auf<br />
Werte einpendeln, die höher sind als vor der<br />
Pandemie. Außerdem wird sie danach wohl wieder<br />
nach oben driften. In ein paar Jahren droht<br />
ein beträchtliches Inflationsproblem.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie begründen Sie das in Zukunft<br />
höhere Niveau?<br />
Krämer: Erstens kauft die EZB seit Beginn der<br />
Pandemie in sehr großem Umfang Staatsanleihen.<br />
Sie finanziert die kompletten Haushaltsdefizite<br />
der Staaten im Euroraum. So gelangt zu viel<br />
Geld in Umlauf. Zweitens haben viele Menschen<br />
in der Pandemie hohe Ersparnisse gebildet. Der<br />
Konsumstau wird sich in zusätzlicher Nachfrage<br />
entladen und für steigende Preise sorgen.<br />
Drittens hat die aktuell bereits hohe Inflation die<br />
Inflationserwartungen steigen lassen. In einem<br />
solchen Umfeld ist es einfacher, Preise und<br />
Löhne stärker anzuheben.<br />
<strong>procontra</strong>: Wird die EZB zur Inflationsbekämpfung<br />
demnächst auf die Bremse treten?<br />
Krämer: Die Märkte erwarten, dass die EZB Ende<br />
kommenden Jahres ihren Leitzins anhebt. Die<br />
EZB selbst tut aber alles, um diese Erwartung<br />
zu zerstreuen. Ich selbst glaube auch nicht an<br />
eine Leitzinserhöhung bereits 2022, auch wenn<br />
ich sie begrüßen würde. Die EZB schielt halt auf<br />
das hoch verschuldete Italien. Auch andere südliche<br />
Länder der Eurozone fordern eine lockere<br />
Geldpolitik. Und in Frankreich haben sie einen<br />
mächtigen Verbündeten. Die EZB ist deshalb<br />
nicht wirklich frei, das zu tun, was notwendig<br />
wäre.<br />
<strong>procontra</strong>: Was bedeutet all das für Anleger?<br />
Krämer: Zunächst einmal muss jeder Sparer<br />
und Anleger auf sein eigenes Risikobudget<br />
und seine eigenen finanziellen Ziele schauen.<br />
Ich kann nur Folgendes sagen: Wir treten in<br />
eine heikle Phase ein. Während überall in der<br />
westlichen Welt die Notenbanken die Zügel<br />
anziehen, hält die EZB die Geldschleusen offen.<br />
Daher dürften 2022 die Anleiherenditen in der<br />
Eurozone sehr niedrig bleiben. Viele Anleger<br />
werden also weiterhin die Tendenz haben, auf<br />
der Suche nach Erträgen auf Immobilien und<br />
Aktien auszuweichen. Im neuen Jahr dürfte<br />
die Vermögenspreisinflation also weitergehen.<br />
Aber das Umfeld insbesondere für zinsempfindliche<br />
Anlageformen wird schwieriger. Denn auf<br />
Dauer kann sich die EZB nicht vom Trend hin zu<br />
höheren Leitzinsen abkoppeln.<br />
das Stephan Albrecht, Vorstand bei<br />
Albrecht & Cie. Er rät dazu, etwas Gold<br />
in Schwächephasen wie aktuell „einzusammeln“.<br />
Bei Immobilien als Inflationsschutz gehen<br />
die Meinungen auseinander. Mirko<br />
Kohlbrecher von Spiekermann & Co. hält<br />
grundsätzlich einen Immobilienanteil im<br />
Portfolio von 10 Prozent für sinnvoll. Dieser<br />
ließe sich über den Kauf von Anteilen an<br />
einem Immobilienfonds oder von Immobilienaktien<br />
(REITs) realisieren. Eilers dagegen<br />
meint, dass in den vergangenen 30 Jahren<br />
vor allem der Zinsverfall und damit die<br />
billige Finanzierung die Immobilienpreise<br />
in die Höhe getrieben habe. „Sofern die Inflationsraten<br />
sich verstetigen, wird die EZB<br />
nicht umhinkommen, ihre Anleihekäufe<br />
sukzessiv zu beenden, was zu Zinssteigerungen<br />
führen würde.“ Steigende Zinsen<br />
wiederum würden die Immobilienpreise ins<br />
Rutschen bringen.<br />
KEIN DEUTLICHER ZINSANSTIEG<br />
Fazit: Die Inflation ist zurück. Vermutlich<br />
bildet sich ein höherer Inflationssockel,<br />
wenngleich die Basiseffekte (siehe Interview)<br />
im kommenden Jahr auch wieder<br />
verschwinden werden. Vor allem Aktien<br />
bieten einen gewissen Schutz und ermöglichen<br />
einen realen Wertzuwachs. Nur ein<br />
deutlich steigendes Zinsniveau oder eine<br />
dauerhaft schrumpfende Wirtschaft würde<br />
die Attraktivität von Aktien schmälern.<br />
Beides kann momentan als unwahrscheinlich<br />
gelten. <br />
CHANCEN 2022<br />
Finanzberater sprechen Kunden jetzt<br />
auf das Thema Inflationsschutz an<br />
In unsicheren Zeiten können Finanzberater<br />
ihren Kunden Halt geben<br />
Die Vermittlung von Aktienfonds bringt<br />
mitunter attraktive Provisionen<br />
Aktieninvestments lassen sich auch<br />
über Fondspolicen realisieren<br />
22 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Liquidität als Schlüssel<br />
für langfristigen Erfolg<br />
IM GESPRÄCH: Thomas Wimmer, 34, CFO der Nutz GmbH, über unternehmerisches<br />
Wachstum, fi nanzielle Spielräume und die richtigen Partner.<br />
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Herr Wimmer, Sie sind CFO der Nutz GmbH,<br />
ein internationaler Anbieter für Elektro-,<br />
Daten- und Sicherheitstechnik sowie Gebäudeautomation<br />
mit acht Standorten in Deutschland,<br />
Tschechien und der Schweiz. Was macht<br />
die Nutz GmbH aus?<br />
Nutz steht für drei Dinge: Solidität, Qualität und<br />
familiären Zusammenhalt. Als kaufmännischer<br />
Geschäftsführer sorge ich gemeinsam mit dem<br />
gesamten Team dafür, dass sich diese Werte in<br />
unserem Handeln wiederfinden – denn neben<br />
monetären Zielen und Wachstum steht für uns<br />
die Zufriedenheit unserer Kunden und Mitarbeitenden<br />
an vorderster Stelle.<br />
Welchen Einfluss haben Sie darauf in Ihrer<br />
Rolle als Geschäftsführer und CFO?<br />
Nach meiner Aus- und Weiterbildung bei einer<br />
großen deutschen Privatbank bin ich 2015 zur<br />
Nutz GmbH gekommen – zunächst einige Zeit<br />
im Controlling, später mit kaufmännischer Verantwortung<br />
und dann seit 2019 als Teil der Geschäftsführung.<br />
Mir war es zunächst wichtig, zu<br />
verstehen, wie unser Unternehmen tickt, auch<br />
wie die einzelnen Prozesse ablaufen, um dann<br />
dort Hilfestellung zu leisten, wo sich Probleme<br />
aufzeigen. Dadurch haben wir eine starke Verbindung<br />
zu unseren Mitarbeitenden geschaffen,<br />
die es uns ermöglicht, Herausforderungen<br />
schnell und effizient zu begegnen – denn alle bei<br />
Nutz ziehen an einem Strang!<br />
Eine Eigenschaft, die wohl auch in der<br />
Corona-Pandemie durchaus wichtig war.<br />
Wie steht die Nutz GmbH heute dar?<br />
Unsere Auftragslage ist nach wie vor sehr gut. Im<br />
letzten Jahr konnten wir unseren Umsatz trotz<br />
der unsicheren Gesamtsituation sogar um 40 %<br />
steigern.<br />
Nutz ist also klar auf Wachstumskurs?<br />
Definitiv. Allein im letzten Jahr konnten wir 70<br />
Mitarbeitende einstellen und 17 Ausbildungsstellen<br />
schaffen. Zusätzlich planen wir derzeit<br />
ebenfalls einen Ausbau unserer Geschäftszentrale<br />
in Bayern.<br />
Welche Rolle spielt hierbei das Thema<br />
Liquidität?<br />
Oft wird nur auf die Rentabilität oder den Gewinn<br />
eines Unternehmens geachtet, weniger jedoch<br />
auf die finanzielle Unabhängigkeit – sprich<br />
Liquidität. Dabei brauchen wir Liquidität, um<br />
erfolgreich arbeiten zu können. Viele Unternehmen<br />
scheitern mit vollen Auftragsbüchern, da es<br />
ihnen schlicht an finanziellem Spielraum fehlt.<br />
Um Liquidität zu gewährleisten, arbeitet Nutz<br />
unter anderem auch mit AXA zusammen.<br />
Worauf achten Sie als CFO bei der Auswahl<br />
Ihrer Geschäfts- und Kooperationspartner?<br />
Liquidität ist – wie nahezu alle Themen im Finanzbereich<br />
– ein sehr sensibles Feld. Voraussetzung,<br />
um mit Partnern über Liquidität zu<br />
sprechen, ist daher ein hohes Vertrauen und gegenseitige<br />
Wertschätzung. Auch Zuverlässigkeit<br />
und eine hohe Fachexpertise sind für uns unmittelbar<br />
damit verbunden.<br />
Wo sehen Sie Unterschiede gegenüber<br />
klassischen Finanzierungslösungen von<br />
Banken?<br />
Natürlich arbeiten wir auch sehr vertrauensvoll<br />
mit unserer Hausbank zusammen. Ein wesentlicher<br />
Vorteil, Bürgschaften und Avale auf einen<br />
weiteren, starken Partner auslagern zu können,<br />
liegt für uns allerdings darin, flexibel auf neue<br />
oder unerwartete Situationen reagieren zu<br />
önnen, ohne die eigene Liquidität zusätzlich zu<br />
belasten.<br />
Was bietet AXA, was andere vielleicht nicht<br />
können?<br />
Einfache Lösungen für standardisierte Vorgänge,<br />
z. B. durch das AXA Online-Tool, in dem<br />
ich jederzeit meine Avale abrufen kann, in Kombination<br />
mit einer persönlichen und professionellen<br />
Beratung. Dadurch kann AXA die nötige<br />
Flexibilität und Unabhängigkeit garantieren, die<br />
es uns als Unternehmen ermöglicht, weiter zu<br />
wachsen.<br />
Wie waren Ihre ersten Eindrücke in Bezug auf<br />
die Zusammenarbeit mit AXA?<br />
Bereits in den ersten Gesprächen habe ich eine<br />
sehr persönliche Wertschätzung durch unsere<br />
Ansprechpartner und ein aufrichtiges In teresse<br />
an unserem Unternehmen erlebt. Im Gegensatz<br />
zu anderen Anbietern stand in der Zusammenarbeit<br />
nie der vertriebliche Erfolg im Vordergrund.<br />
Vielmehr signalisierte AXA immer, dass<br />
es ihnen – genauso wie mir – um eine bestmögliche<br />
Lösung für unsere Herausforderungen<br />
ging. Dieser Eindruck hat sich glück licherweise<br />
bis heute fortgesetzt.<br />
Abschließend – wenn Sie ein Fazit ziehen<br />
müssten, wie würde dieses ausfallen?<br />
Alles, was wir bisher gemeinsam mit AXA umgesetzt<br />
haben, verlief außerordentlich professionell<br />
und zu unserer vollsten Zufriedenheit. Das<br />
bekräftigt uns tagtäglich in unserer Entscheidung,<br />
in Sachen Liquidität auf einen Experten<br />
gesetzt zu haben!<br />
Top-Finanzierung?<br />
Ein Anruf genügt.<br />
Mit Ihnen. Und AXA.<br />
Wachstum gesichert!<br />
– Thomas Wimmer, CFO des Technologiedienstleisters<br />
Nutz GmbH
INVESTMENTFONDS Investmentstrategien<br />
»AKTIV« NOCH ZEITGEMÄSS?<br />
Zahlreiche Studien belegen, dass nur ein Bruchteil der Fondsmanager ihre<br />
Benchmark schlägt und oft kaum „aktiver“ agiert als die Benchmark.<br />
Wo punkten sie dennoch und wie sind Kosten und Nutzen abzuwägen?<br />
– TEXT: UDO TRICHTL –<br />
24 Illustration: Roman Kulon
Investmentstrategien INVESTMENTFONDS<br />
Es ist ein beliebter Streitpunkt der Finanzwelt:<br />
Seit dem kometenhaften Aufstieg<br />
börsengehandelter Indexfonds (Exchange-<br />
Traded Funds, ETFs) wird heiß darüber<br />
debattiert, was nun für Anleger die bessere<br />
Wahl sei – passive Index-Imitate oder<br />
doch aktiv gemanagte Investmentfonds.<br />
In Wahrheit handelt es sich jedoch nur um<br />
eine Schein-aktiv-versus-passiv-Debatte.<br />
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich ein<br />
sehr klares Bild, das nur wenig Raum für<br />
Interpretationen lässt.<br />
Klassische Investmentfonds werden von<br />
professionellen Fondsmanagern verwaltet.<br />
Sie investieren das Geld ihrer Anleger<br />
am Kapitalmarkt und entscheiden anhand<br />
einer bestimmten Anlagestrategie, welche<br />
Wertpapiere ins Portfolio sollen und welche<br />
wieder verkauft werden. Dabei treten die<br />
Asset-Manager mit dem Versprechen an,<br />
durch ihre Expertise den breiten Markt zu<br />
schlagen. Soll heißen: Sie wollen mit ihrer<br />
Anlagemethode eine Rendite erzielen, die<br />
höher liegt als die Performance eines Vergleichsindex.<br />
Ob ein Fondsmanager seinen<br />
Job gut macht oder nicht, wird also daran<br />
bemessen, ob der Fonds besser abschneidet<br />
als die Benchmark.<br />
AKTIV AUF LANGER SICHT HINTER PASSIV<br />
Anteil der Fonds, die hinter der Benchmark zurückbleiben<br />
FONDSKATEGORIE BENCHMARK 1 JAHR 3 JAHRE 5 JAHRE 10 JAHRE<br />
Europe Equity S&P Europe 350 50,7 72,3 73,2 84,8<br />
Eurozone Equity S&P Eurozone BMI 75,4 81,4 87,5 92,0<br />
Nordic Equity S&P Nordic BMI 34,8 65,2 77,8 83,3<br />
France Equity S&P France BMI 63,3 93,5 94,5 94,1<br />
Germany Equity S&P Germany BMI 44,1 66,3 71,4 81,8<br />
Italy Equity S&P Italy BMI 40,0 72,1 84,6 75,4<br />
Spain Equity S&P Spain BMI 44,0 84,1 77,9 82,6<br />
Netherlands Equity S&P Netherlands BMI 66,7 100,0 87,5 100,0<br />
Lesebeispiel: 73,2 Prozent aller aktiven europäischen Aktienfonds bleiben über 5 Jahre hinter ihrer Benchmark (S&P Europe 350) zurück.<br />
Basierend auf absoluten Wertsteigerungen. Stichtag: 30. Juni <strong>2021</strong><br />
Quelle: S&P Dow Jones Indices (SPIVA)<br />
Jahren unterliegen sogar 84,8 Prozent. In<br />
den USA sehen die Zahlen ähnlich aus: Je<br />
länger der Anlagehorizont, desto größer<br />
der Anteil der Nachzügler. „Es ist vor allem<br />
auf längere Sicht sehr schwierig, konsistent<br />
besser als der Marktdurchschnitt zu sein“,<br />
bestätigt Thomas Meyer zu Drewer, Ge-<br />
schäftsführer des ETF-Anbieters Lyxor. Daher<br />
lohne es sich für Anleger schlichtweg<br />
nicht, langfristig einer überdurchschnittlichen<br />
Wertentwicklung hinterherzujagen.<br />
Ein ETF, der immerhin die Marktperformance<br />
sichert, ist in dieser Hinsicht das<br />
bessere Investment.<br />
AKTIVE MANAGER SCHLAGEN DEN MARKT NICHT<br />
Das Problem bei der Sache: Nur eine Minderheit<br />
der Fondsmanager schafft es, die<br />
Benchmark tatsächlich zu übertreffen. Das<br />
belegen zahlreiche Untersuchungen wie<br />
die regelmäßigen Aktiv-passiv-Barometer<br />
der Fondsratingagenturen Scope und Morningstar.<br />
Dass Fondsmanager vor allem<br />
langfristig nicht dazu in der Lage sind, den<br />
Markt zu schlagen, zeigt sich besonders<br />
eindrücklich an den Auswertungen des Indexanbieters<br />
S&P Dow Jones Indices. Die<br />
Analysten vergleichen in ihrer halbjährlichen<br />
Spiva-Studie die Performance aktiv<br />
gemanagter Aktienfonds weltweit mit entsprechenden<br />
Referenzindizes aus dem eigenen<br />
Haus.<br />
Die Ergebnisse sind schlichtweg enttäuschend:<br />
Auf Ein-Jahres-Sicht gelingt<br />
gerade einmal 49,3 Prozent der aktiven<br />
EU-Aktienfonds die Outperformance. Bei<br />
jedem zweiten Fonds wären Anleger also<br />
mit einem passiven Investment, welches die<br />
Entwicklung eines Index eins zu eins nachbildet,<br />
besser gefahren. Auf Drei-Jahres-<br />
Sicht performten bereits 72,3 Prozent aller<br />
aktiven Fonds schlechter als der Vergleichsindex<br />
S&P Europe 350. Auf Sicht von zehn<br />
»Es ist vor allem auf<br />
längere Sicht sehr<br />
schwierig, konsistent<br />
besser als der Marktdurchschnitt<br />
zu sein.«<br />
THOMAS MEYER ZU DREWER, LYXOR<br />
HOHE KOSTEN BELASTEN AKTIVES MANAGEMENT<br />
Ein Grund für die schlechte Performance<br />
sind die zum Teil sehr hohen Kosten, die<br />
mit aktivem Management einhergehen und<br />
entsprechend die Anlegerrendite drücken.<br />
Dahingegen kommen „Kosten, die bei<br />
einem passiven Investment nicht entstehen,<br />
der persönlichen Wertentwicklung zugute“,<br />
sagt Meyer zu Drewer. „Das wirkt sich vor<br />
allem langfristig ganz entscheidend auf die<br />
Rendite aus.“ Damit sind die Kosten ein<br />
entscheidender Faktor bei der Wahl eines<br />
geeigneten Fonds. Diese Wahl wird durch<br />
allerhand Fallstricke erschwert – und birgt<br />
damit Chancen für Berater: Sie können Aufklärungsarbeit<br />
betreiben und Kunden auf<br />
versteckte Kosten hinweisen. So vermeiden<br />
Berater, dass sich ihre Kunden unbewusst<br />
teure Fonds ins Depot holen und der draus<br />
resultierende Ärger die Kundenbeziehung<br />
nachhaltig schädigt.<br />
Der erste Blick gilt der Gesamtkostenquote,<br />
der Total Expense Ratio (TER).<br />
Diese Kennzahl gibt Auskunft über die laufenden<br />
Kosten eines Fonds und muss von<br />
den Investmentgesellschaften verpflichtend<br />
im Informationsblatt, dem Factsheet, angegeben<br />
werden. In der TER stecken Ver-<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
25
INVESTMENTFONDS Investmentstrategien<br />
»Eigenes Research bietet<br />
Informationsvorsprung«<br />
AMIT MEHTA, Fondsmanager für Schwellenländer-Aktien bei J.P. Morgan Asset Management<br />
<strong>procontra</strong>: Untersuchungen zeigen, dass aktiv<br />
gemanagte Fonds die größten Erfolgsquoten in<br />
Nischen und Nebenwerten aus Schwellenländern<br />
vorweisen. Weshalb sind aktive Fonds in<br />
diesen Unterkategorien erfolgreich?<br />
Amit Mehta: Investments in Schwellenländeranlagen<br />
haben eine stärkere Schwankungsintensität<br />
als die Anlagen in Unternehmen<br />
der Industrienationen. Ein Grund ist, dass<br />
Corporate Governance und Transparenz des<br />
Managements in vielen Ländern und Unternehmen<br />
noch nicht so etabliert sind.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie gehen aktive Manager hier<br />
vor?<br />
Mehta: Wichtig ist eine intensive Kenntnis der<br />
Marktgegebenheiten – dafür ist Expertise vor<br />
Ort essenziell: Nur im engen Austausch mit<br />
den Unternehmen kann man sich von der<br />
Qualität des Geschäftsmodells und Managements<br />
überzeugen. So erfahren Manager, ob<br />
beispielsweise Bewertungen gerechtfertigt<br />
und Unternehmen liquide genug für ein<br />
Fondsinvestment sind. Ein weiteres Argument<br />
für ein aktives Management ist, dass<br />
Nischen themen oder Small Caps aufgrund der<br />
geringeren Abdeckung durch die Analysten im<br />
Vergleich zu Large Caps größere Ineffizienzen<br />
aufweisen.<br />
<strong>procontra</strong>: Kann man daraus schlussfolgern,<br />
dass die Stärke des aktiven Fondsmanagements<br />
Marktineffizienzen sind?<br />
Mehta: Grundsätzlich bietet aktives Management<br />
die Chance, durch fundamentale<br />
Aktienauswahl gegenüber dem Referenzindex<br />
Überschussrenditen zu erzielen. In<br />
einem Universum mit niedrigeren Renditen<br />
können die durch ein aktives Management<br />
erzielten Überschüsse einen größeren Beitrag<br />
zur gesamten Aktienperformance leisten.<br />
Zugegebenermaßen ist der Informationsgewinn<br />
in weniger effizienten Märkten wie in den<br />
Schwellenländern größer. Aber auch in den<br />
USA und Europa bietet aktives Management<br />
nach wie vor Mehrwert.<br />
<strong>procontra</strong>: Auf den Punkt gebracht: Wann und<br />
warum sollten Berater Anlegern Ihrer Ansicht<br />
nach zu einem aktiven Fonds und nicht zu<br />
einem ETF raten?<br />
Mehta: Neben den Möglichkeiten, durch<br />
aktives Research unterbewertete Aktien<br />
ausfindig zu machen und Überschussrenditen<br />
zu erzielen, lassen sich mit aktiven Strategien<br />
beispielsweise auch bestimmte Investmentkriterien<br />
wie ESG (Umwelt, Soziales, Governance)<br />
einbeziehen. Hier sind die Daten, die<br />
von den Indexanbietern und Researchhäusern<br />
zur Verfügung gestellt werden, gerade<br />
in Schwellenländern nicht einheitlich und<br />
eigenes Research bietet einen Informationsvorsprung.<br />
<strong>procontra</strong>: Was spricht noch für aktives<br />
Management?<br />
Mehta: Aktiv gemanagte Fonds können in<br />
verschiedenen Marktumfeldern effektiv sein,<br />
nicht nur bei steigenden Märkten. Wenn ein<br />
aktiver Manager beispielsweise auf Qualitätsunternehmen<br />
mit starkem Wachstum und<br />
hoher Rentabilität setzt, erwarten wir eine Outperformance<br />
gegenüber dem breiten Markt in<br />
stark rückläufigen Märkten. Last, but not least<br />
bedeutet ETF nicht automatisch „passiv“. Es<br />
existieren auch aktive ETF-Strategien, die<br />
höhere positive Zusatzerträge bei geringem<br />
aktivem Risiko bieten.<br />
»Insbesondere in<br />
wenig effizienten<br />
Märkten bestehen<br />
gute Chancen für<br />
aktive Manager.«<br />
BARBARA CLAUS, SCOPE<br />
waltungs- und Depotgebühren genauso<br />
wie Kosten für Wirtschaftsprüfer und Betriebskosten.<br />
Sie beträgt bei aktiven Aktienfonds<br />
im Schnitt jährlich 1,6 Prozent, bei<br />
Aktien-ETFs mit ihren deutlich geringeren<br />
Verwaltungskosten zwischen 0,2 und 0,5<br />
Prozent. Das ist ein gewaltiger Unterschied,<br />
der sich angesichts des Track Records aktiver<br />
Fonds nur schwer gegenüber Kunden<br />
begründen lässt.<br />
Doch damit nicht genug: Kreativ, wie<br />
Fondsmanager nun mal sind, entspricht die<br />
Gesamtkostenquote paradoxerweise nicht<br />
immer den gesamten Kosten eines aktiven<br />
Fonds. So fällt beim Kauf von Fondsanteilen<br />
oft ein <strong>Ausgabe</strong>aufschlag, auch Agio<br />
oder Front Load genannt, an. Zudem werden<br />
gerne die Transaktionskosten, die beim<br />
Umschichten des Portfolios entstehen, an<br />
die Anleger weitergegeben. Die wenigen<br />
Fondsmanager, die es schaffen, ihre Benchmark<br />
zu schlagen, verlangen womöglich<br />
auch noch ein Erfolgshonorar, die Performance<br />
Fee.<br />
Die Kostenquote aktiver Fonds ist noch<br />
aus einem weiteren Grund interessant: Auswertungen<br />
von Morningstar belegen, dass<br />
so manches Portfolio aktiver Manager nur<br />
unwesentlich von der Zusammensetzung<br />
ihrer Benchmark bzw. der passiven Variante<br />
abweicht. Das ist insofern bemerkenswert,<br />
als die Kosten schließlich für das<br />
gesamte Fondsvolumen erhoben werden –<br />
selbst wenn sich die Aktivität der Manager<br />
auf nur einen kleinen Teil des Portfolios<br />
bezieht. Der Aktivitätsgrad wird mit der<br />
Kennzahl Active Share gemessen. Ein Wert<br />
von 100 entspricht der größtmöglichen Aktivität<br />
bzw. Abweichung vom Vergleichsindex,<br />
ein Wert von null der geringsten.<br />
Berater sollten daher ein prüfendes Auge<br />
darauf werfen, wie aktiv das vermeintlich<br />
26 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Investmentstrategien INVESTMENTFONDS<br />
aktive Fondsmanagement wirklich seinem<br />
Leistungsversprechen nachkommt.<br />
AKTIVE FONDS PUNKTEN IN DEN NISCHEN<br />
Wo Managern aktiver Fonds die Outperformance<br />
allerdings doch gelingt, das sind die<br />
Nischenmärkte abseits der großen Indizes.<br />
„Insbesondere in wenig effizienten Märkten<br />
bestehen gute Chance für aktive Manager“,<br />
betont Barbara Claus, Leiterin der<br />
Investmentfondsabteilung bei Scope. Dazu<br />
zählen ihrer Einschätzung nach Schwellenländer<br />
und Investmentthemen, für die<br />
es gar keine Indizes gibt. Je effizienter ein<br />
Markt funktioniert, desto schwieriger ist<br />
es für den Fondsmanager, einen Mehrwert<br />
gegenüber seiner Benchmark zu erzielen,<br />
da sich die Wertpapiere tendenziell ihrem<br />
fairen Wert (englisch: fair value) annähern.<br />
Als besonders effizient gelten etwa US-Large-Caps.<br />
Demgegenüber können Marktineffizienzen<br />
durch aktives Management<br />
ausgenutzt werden: Die Profi-Investoren<br />
können durch tiefgehende Analysen einen<br />
Informationsvorsprung gegenüber anderen<br />
Marktteilnehmern erzielen. Die Ineffizienz<br />
ist sozusagen der Nährboden für das Alpha,<br />
eine abweichende Wertentwicklung<br />
gegenüber der Benchmark.<br />
Darüber hinaus schneiden aktive Manager<br />
relativ gut bei Nebenwerten ab. Wie die<br />
Untersuchung „Aktiv versus Passiv 2020“<br />
von ScopeExplorer zeigt, konnte immerhin<br />
der Hälfte aller untersuchten aktiven Fonds<br />
in der Kategorie „Aktien Deutschland“ den<br />
MSCI Germany im vergangenen Jahr schlagen.<br />
Das gelang den Managern, indem sie<br />
Mid und Small Caps deutlich stärker gewichteten<br />
als die Benchmark.<br />
„Ein weiteres Feld für aktive Fonds sind<br />
bestimmte Anlagethemen, bei denen ein<br />
rein technisch basierter Index für die Titelauswahl<br />
zu kurz greift“, führt Claus aus.<br />
Die Expertin verweist auf Nachhaltigkeitsstrategien,<br />
bei denen der laufende Dialog<br />
mit den Unternehmen und die Weiterverarbeitung<br />
und Interpretation von ESG-Daten<br />
eine wichtige Rolle spielen. <br />
AKTIV VERSUS PASSIV:<br />
DREI WICHTIGE TIPPS<br />
Aktive Fonds schaffen es langfristig nicht,<br />
ihre Benchmark zu schlagen. Für Kunden mit<br />
einem mittel- bis langfristigen Anlagehorizont<br />
sind ETFs daher besser geeignet<br />
Aktive Fonds weisen im Vergleich zu ETFs eine<br />
sehr hohe Intransparenz auf – Makler sollten<br />
auf verstecke Kosten hinweisen<br />
Aktive Fonds sind die bessere Wahl bei Kunden,<br />
die großen Wert auf ESG legen oder an<br />
Nischenmärkten interessiert sind<br />
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<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
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27
INVESTMENTFONDS Investments in Recycling<br />
ALLES FÜR DIE TONNE?!<br />
Angesichts weltweit wachsender Müllberge und schwindender Rohstoffe gewinnt die<br />
Abfallverwertung an Relevanz. Auch die Fondsbranche hat den Recycling-Trend erkannt.<br />
– TEXT: ANNE HÜNNINGHAUS –<br />
Ein eleganter Müllwagen? Klingt nach<br />
einem Widerspruch in sich. Doch der „i Vision<br />
Circular“, den BMW kürzlich auf der<br />
Mobilitätsausstellung IAA präsentierte,<br />
sieht aus wie ein schnittiger Zukunftsimport.<br />
Der Elektrokleinwagen soll aber auch<br />
keine Abfälle transportieren. Stattdessen<br />
ist er selbst aus recycelten Altmaterialien –<br />
sprich: Müll – gefertigt und bedient damit<br />
einen Trend.<br />
Nicht nur in der Automobilindustrie ist<br />
die Kreislaufwirtschaft ein riesiges Thema,<br />
sondern in so gut wie allen Branchen.<br />
Die Zeit drängt: Der Konsum in der Welt<br />
wächst, die Müllberge türmen sich immer<br />
höher. Die Weltbank prognostiziert eine<br />
Masse von 3,4 Milliarden Tonnen Müll bis<br />
zum Jahr 2050. Kein Wunder also, dass besonders<br />
ein Wirtschaftszweig an Relevanz<br />
gewinnt: die Recycling- und Abfallwirtschaft.<br />
Die Fondsbranche hat den Trend erkannt<br />
und bietet bereits einige Fonds und ETFs<br />
an, die ihn aufgreifen. „Besonders in Zeiten<br />
der Rohstoffknappheit wird es immer wichtiger,<br />
Materialien zurück in den Sekundärkreislauf<br />
zu überführen“, sagt Alexander<br />
Funk, Manager des Investmentfonds Ökoworld<br />
Klima. Auch er setzt im Portfolio auf<br />
Unternehmen, die helfen, den Raubbau an<br />
der Natur zu mindern, unter anderem solche<br />
aus dem Bereich Recycling und Müllverwertung.<br />
„Recycling-Unternehmen sind<br />
die Goldminen des 21. Jahrhunderts“, ist<br />
Funk überzeugt.<br />
Das gilt vor allem im Fall von Wiederverwertern<br />
seltener Rohstoffe. Hier gibt<br />
es Nachholbedarf: Laut einer Studie des<br />
United Nations Institute for Training and<br />
Research wurden im Jahr 2019 lediglich<br />
17,4 Prozent des globalen Elektroschrotts<br />
ausreichend recycelt. Auch die eingangs<br />
genannte Automobilindustrie, in der es<br />
28 Illustration: Roman Kulon
Investments in Recycling INVESTMENTFONDS<br />
durch aktuelle Zuliefererprobleme immer<br />
häufiger an Ersatzteilen mangelt, setzt zunehmend<br />
auf ein zweites Leben der einzelnen<br />
Bestandteile. Im Klimafonds setzt<br />
Funk hier zum Beispiel auf die nordamerikanische<br />
LKQ Corp. Was auffällt: Viele<br />
der innovativen Unternehmen in der Recyclingbranche<br />
stammen aus Europa. Darunter<br />
etwa die norwegische Tomra, die neue<br />
Pfandlösungen und Recyclinginnovationen<br />
für Plas tik entwickelt.<br />
RAUS AUS DER NISCHE<br />
Die Recyclingbranche ist vor allem für Vertriebler<br />
ein spannendes Segment, die ihren<br />
Kunden ESG-Produkte vorstellen. Dabei<br />
müssen es nicht immer ausschließlich erneuerbare<br />
Energien & Co. sein – Berater<br />
können auch Themen wie Müll und Recycling<br />
noch stärker in den Nachhaltigkeitsfokus<br />
rücken.<br />
Mit Aktien oder Fonds in die Kreislaufwirtschaft<br />
zu investieren, klingt zunächst<br />
einmal nach einer Win-win-Situation: Die<br />
Entwicklung neuer Technologien, um die<br />
Müllprobleme besser in den Griff zu bekommen,<br />
wird angetrieben, Produzenten<br />
stehen vergünstigte Rohstoffe zur Verfügung,<br />
Investoren tun etwas Gutes und kassieren<br />
damit sogar ansehnliche Renditen.<br />
Das ist auch für Vermittler ein entscheidendes<br />
Argument.<br />
EINE WACHSENDE AUSWAHL<br />
Berater müssen sich folglich entweder jeden<br />
Einzeltitel genau anschauen, oder sie stellen<br />
ihren Kunden für eine breitere Streuung<br />
aktiv gemanagte Recycling-Fonds vor. Inzwischen<br />
gibt es einige Fonds zur Auswahl,<br />
darunter der BNP Paribas Easy ECPI Circular<br />
Economy Leaders UCITS ETF. Fidelity<br />
bietet mit dem Sustainable Waste & Water<br />
Fund ebenfalls einen eigenen Themenfonds<br />
an. Auch bei Vontobel gibt es mit dem Clean<br />
Technology Fund ein entsprechendes<br />
Angebot. Rund ein Zehntel des Portfolios<br />
bestreitet die Abfall- und Recyclingbranche.<br />
Wobei Fondsmanager Pascal Dudle<br />
eine klare Umgrenzung vermeiden möchte:<br />
„Kreislaufwirtschaft ist kein isolierter<br />
Bereich, dem nur einzelne Unternehmen<br />
zuzuordnen sind“, hebt er hervor. Um reine<br />
Endlösungen für Müll gehe es eher weniger,<br />
erklärt er: „Wir möchten in erster<br />
Linie in Unternehmen investieren, die Abfall<br />
vermeiden oder reduzieren, langlebige<br />
Produkte herstellen oder auf Materialien<br />
setzen, die sich leicht abbauen oder weiter<br />
benutzen lassen.“<br />
Der Markt wächst und diversifiziert sich.<br />
So resultiert zum Beispiel aus der Verbreitung<br />
der Windkraft ein dringender Bedarf,<br />
Recyclinglösungen für Rotorblätter von<br />
Windturbinen zu finden. „Das ist ein Trend<br />
mit guten Aussichten“, schätzt Fondsmanager<br />
Dudle ein. Gleiches gilt für die Rück-<br />
»Recycling-<br />
Unternehmen sind<br />
die Goldminen des<br />
21. Jahrhunderts.«<br />
ALEXANDER FUNK, ÖKOWORLD<br />
INNOVATIONEN DRINGEND BENÖTIGT<br />
Neue Technologien helfen, die Verschwendung von Rohstoffen zu minimieren.<br />
Verpackungen<br />
sind jährlich für<br />
50 Prozent der weltweiten<br />
Abfallproduktion verantwortlich.<br />
fall- und Recyclingwirtschaft gibt es nicht.<br />
Die Aufwände für die Rückführung von<br />
Papier, Baustoffen, Metallen und Elektroschrott<br />
unterscheiden sich stark.<br />
Nur 17,4 Prozent<br />
des 2019 weltweit erzeugten<br />
Elektroschrotts wurde<br />
nachweislich gesammelt und<br />
ordnungsgemäß recycelt.<br />
Fast 85 Prozent<br />
der Textilien landen<br />
jedes Jahr auf<br />
der Mülldeponie.<br />
Quelle: Capgemini Research Institute, Weltwirtschaftsforum, United Nations Institute for Training and Research<br />
Dennoch gelingt es nicht allen Unternehmen,<br />
am Boom teilzuhaben. Das Hamburger<br />
Unternehmen Aurubis wäre mit seiner<br />
Kupferrecycling-Sparte eigentlich perfekt<br />
aufgestellt, die Aktie profitiert zurzeit dennoch<br />
nicht. Fondsmanager Funk erklärt:<br />
„Das Umfeld passt zwar, aber das Unternehmen<br />
hat mit einer hohen Kostenquote<br />
zu kämpfen, da das Kupferrecycling sehr<br />
energieintensiv ist.“ Und weil Energie gerade<br />
teurer ist, beeinträchtigt dieser Umstand<br />
auch die Aktie. Das Beispiel lehrt: Die Abführung<br />
seltener, schwer recycelbarer Rohstoffe<br />
und Metalle wie Kupfer, Kobalt oder<br />
Nickel.<br />
Ein weiteres Argument für Investitionen<br />
in die Kreislaufwirtschaft dürfte in der aktuellen<br />
Lieferkettenkrise und Phase steigender<br />
Inflation ziehen: Unternehmen, die<br />
stark nachgefragte Rohstoffe in den Wirtschaftskreislauf<br />
zurückführen, machen sich<br />
unabhängiger und können ihre Preise stabilisieren.<br />
Die zirkuläre Wirtschaft könnte bis<br />
2030 allein in Deutschland ein Marktvolumen<br />
von bis zu 200 Milliarden Euro erreichen,<br />
hat jüngst die Beratungsgesellschaft<br />
BCG für das „Handelsblatt“ errechnet. Davon<br />
möchten auch Anleger profitieren. Die<br />
Dringlichkeit für Unternehmen, sich hier zu<br />
bewegen, erwächst nicht nur aus regulatorischem<br />
Druck – sondern auch im Unternehmensinteresse.<br />
Prestigeprojekte wie der<br />
schicke „Müllwagen“ von BMW sind da<br />
nur ein PR-trächtiger Anfang.<br />
CHANCEN MIT RECYCLING<br />
Der Trend ist ein guter Tipp für Anleger mit<br />
Interesse an ESG-Themen<br />
Investitionen in die Kreislaufwirtschaft führen<br />
zu einer Win-win-Situation für Unternehmen<br />
und Investoren<br />
Das Thema hat angesichts rarer Rohstoffe<br />
und steigender Inflationsraten viel Potenzial<br />
und steht in mancher Branche noch ganz am<br />
Anfang<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
29
INVESTMENTFONDS Kryptowährungen<br />
»Motivationen, in Gold oder<br />
den Bitcoin zu investieren,<br />
sind vergleichbar«<br />
Prof. Philipp Sandner über den (Mehr)Wert des aktuellen Krypto-Booms<br />
– TEXT: MATTHIAS HUNDT –<br />
Bitcoin, Ethereum oder auch Cardano sind<br />
relativ bekannt und etabliert. Doch fast<br />
täglich ergänzen weitere Kryptowährungen<br />
das Angebot. Ein diffuses Ökosystem aus<br />
Krypto-Start-ups wirbt dabei um Anleger<br />
oder auch nur Fans. Hinzu kommen Begrifflichkeiten,<br />
die eher Fragen aufwerfen als<br />
Verständnis schaffen. Ist das nun alles reine<br />
Spekulation? Was steht hinter den Coins<br />
an tatsächlichen Werten? Was hat der<br />
Krypto-Boom mit der Zukunft von Euro & Co.<br />
zu tun? <strong>procontra</strong> sprach darüber mit Prof.<br />
Dr. Philipp Sandner, Leiter des Blockchain<br />
Centers an der Frankfurt School of Finance<br />
& Management und Mitglied des FinTech-<br />
Rats des Bundesministeriums der Finanzen.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie ist, vor allem aus aufsichtsrechtlicher<br />
Perspektive, zu erklären, dass<br />
es mittlerweile über 10.000 verschiedene<br />
Kryptowährungen gibt?<br />
Prof. Dr. Philipp Sandner: Die Vielzahl an<br />
Angeboten kann einen wirklich erschlagen.<br />
Weltweit werden immer mehr Token-Projekte<br />
gestartet mit Zigtausenden Menschen<br />
und einer immensen Programmierpower.<br />
Die Vorgaben und die aufsichtsrechtliche<br />
Erlaubnis beziehen sich aber auf Wertpapiere.<br />
Vereinfacht ausgedrückt, stellt<br />
sich also die Frage, ob es sich bei Kryptowährungen<br />
überhaupt per Definition<br />
um Wertpapiere handelt. Ist Dezentralität<br />
gegeben, wie beispielsweise beim Bitcoin,<br />
dann handelt es sich eben nicht um ein<br />
Wertpapier. Für diese Kryptowährungen<br />
stellen sich dann auch die aufsichtsrechtlichen<br />
Hürden nicht. Regulatorisch ist<br />
jedoch die Frage erlaubt, was dafür stärker<br />
wiegt – allein eine dezentrale Technik oder<br />
doch ein fester und damit zentraler Sitz<br />
der jeweiligen Firma hinter dem Token-<br />
Projekt? Das ist bislang noch nicht ausreichend<br />
geklärt.<br />
<strong>procontra</strong>: Vereinfacht gesagt, denken sich<br />
Programmierer eine neue Kryptowährung<br />
aus, cooler Name, süßes Tierlogo, und<br />
starten einfach ihre Währung?<br />
Sandner: Technisch ja, aber das erfolgt<br />
nicht nur aus reinem Spaß unter Nerds<br />
heraus. Ziel ist es, ein neues Ökosystem<br />
zu einem jeweiligen Thema bzw. Projekt<br />
aufzubauen. Nicht immer gelingt das, das<br />
ist natürlich klar. In manchen Fällen gibt<br />
es auch offensichtlichen Betrug.<br />
<strong>procontra</strong>: Dennoch werden nicht alle<br />
Coins eine Daseinsberechtigung haben.<br />
Wie kann man sich dem Thema nähern,<br />
wenn schon allein die Anzahl an Coins<br />
kaum messbar ist?<br />
Sandner: Das stimmt. Eine erste Orientierung<br />
liefert die jeweilige Marktkapitalisierung.<br />
Dort konzentrieren sich aktuell rund<br />
zwei Drittel des Marktes auf den Bitcoin<br />
und Ethereum mit einem Marktanteil von<br />
rund 44 bzw. 19 Prozent. Dahinter wird<br />
der Markt also sehr kleinteilig, wenn sich<br />
weitere Tausende Coins nur noch etwa ein<br />
Drittel aufteilen.<br />
<strong>procontra</strong>: Ist der Rest dann überhaupt<br />
überlebensfähig?<br />
Sandner: Absolut. Schaut man sich die<br />
Liste der Top 50 oder auch Top 100 nach<br />
Marktkapitalisierung an, dann sind das<br />
größtenteils Projekte mit einem wirklich<br />
innovativen und soliden Kern. Würde man<br />
die gesamte Liste an Kryptowährungen<br />
betrachten, bräuchte man nicht nur sehr<br />
viel Zeit, sondern würde feststellen, dass<br />
da auch sehr viel Schrott dabei ist.<br />
<strong>procontra</strong>: Kann man als außenstehender<br />
Anleger diesen Schrott überhaupt erkennen?<br />
»Unter der Gesamtheit<br />
aller Kryptowährungen<br />
ist auch viel<br />
Schrott dabei.«<br />
Sandner: Man muss sich schon sehr<br />
intensiv mit den einzelnen Coins beschäftigen,<br />
um Differenzen auszumachen und<br />
das jeweilige Projekt dahinter einschätzen<br />
zu können. Das wird mit abnehmender<br />
Marktkapitalisierung immer schwieriger,<br />
bei der hohen Dynamik und Wachstumsschnelligkeit<br />
den Überblick zu behalten.<br />
Man kann davon ausgehen, dass vor allem<br />
die oberen Ränge gute Projekte sind.<br />
<strong>procontra</strong>: Was ist unter den „Projekten<br />
dahinter“ konkret zu verstehen?<br />
Sandner: Abstrakt erklärt, funktionieren<br />
ganz viele Projekte so, dass sie mit den<br />
Token ein Ökosystem geschaffen haben.<br />
Diese Ökosysteme liefern einen Nutzen,<br />
und die Verrechnungseinheit dafür ist der<br />
30 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Kryptowährungen INVESTMENTFONDS<br />
ZUR PERSON<br />
Prof. Dr. Philipp Sandner leitet<br />
das Frankfurt School Blockchain<br />
Center (FSBC) an der Frankfurt<br />
School of Finance & Management.<br />
Zu seinen Themengebieten<br />
gehören die Blockchain-<br />
Technologie im Allgemeinen und<br />
insbesondere Kryptowerte wie<br />
Bitcoin und Ethereum, der digitale<br />
programmierbare Euro, Tokenisierung<br />
von Rechten und Assets<br />
und der Bereich digitale Identität.<br />
Seit 2017 ist er im FinTechRat des<br />
Bundesministeriums der Finanzen<br />
und im Blockchain Observatory<br />
der Europäischen Union.<br />
Token. Ein Beispielprojekt ist „Cloud-<br />
Computing“, das über Prozessoren<br />
Rechenleistung zur Verfügung stellt. Wer<br />
diese Rechenleistung in Anspruch nehmen<br />
will, zahlt mit dem jeweiligen Token<br />
eine Gebühr an das Ökosystem. Weitere<br />
Projekte können Speicherkapazitäten,<br />
Transaktionsplattformen oder der Handel<br />
von Assets am Kapitalmarkt sein.<br />
<strong>procontra</strong>: Können Sie es noch etwas anschaulicher<br />
machen?<br />
Sandner: Angenommen, Walt Disney hat<br />
einen Animationsfilm produziert, der mit<br />
Millionen von Rechenprozessen gerendert<br />
werden muss, damit der finale Film<br />
entsteht. Im „alten System“ wäre man<br />
von der eigenen Serverkapazität abhängig.<br />
Da kann das Rendern schon mal einige<br />
Wochen dauern. Im Blockchain-Ökosystem<br />
könnten Hunderte Server gleichzeitig<br />
genutzt werden, um den Film auch über<br />
Nacht fertigzustellen. Walt Disney sucht<br />
sich dann ein Cloud-Computing-Projekt,<br />
kauft dessen Token, also die Systemgebühr,<br />
und beauftragt das Ökosystem dann mit<br />
dem Rendern des Films. Mit dieser Nachfrage<br />
ergibt sich dann auch der Preis des<br />
Tokens und der Wert eines Projekts.<br />
<strong>procontra</strong>: Warum muss das aber über Token<br />
erfolgen? Man könnte diese Rechenleistung<br />
doch auch in Euro, Dollar oder<br />
sonstigen klassischen Währungen direkt<br />
bezahlen. Welchen Nutzen hat dieser vorherige<br />
Wechsel in eine Kryptowährung?<br />
Sandner: Transaktionen jeglicher Art lassen<br />
sich über Smart Contracts viel leichter<br />
digital abbilden und automatisiert durchführen.<br />
Zusätzlich können so Ressourcen<br />
auch handelbar gemacht werden. Im Beispiel<br />
Walt Disney könnte das Unternehmen<br />
seine Rechenleistung, in Form von Tokens,<br />
bei zum Beispiel geringerem Bedarf als<br />
erwartet wieder am freien Markt anbieten.<br />
<strong>procontra</strong>: Jetzt mal konkret anhand einer<br />
Kryptowährung: Ethereum ist, gemessen<br />
an der Marktkapitalisierung, nach dem<br />
Bitcoin die zweitgrößte. Was genau macht<br />
Ethereum?<br />
Sandner: Ethereum ist eine Transaktionsplattform,<br />
über die verschiedene<br />
Währungen von A nach B überwiesen<br />
werden können. Dafür erhält Ethereum<br />
eine Transaktionsgebühr. Im Gegensatz<br />
zur klassischen Bankenwelt geschieht das<br />
innerhalb von Sekunden, länderübergreifend<br />
und kostengünstiger. Alles was<br />
Sender und Empfänger benötigen, sind ein<br />
Endgerät, zum Beispiel ein Smartphone,<br />
und Internetverbindung. Damit erschließt<br />
sich die Zahlungswelt auch Menschen, die<br />
vielleicht gar kein Bankkonto haben.<br />
<strong>procontra</strong>: Dennoch bin ich noch darauf<br />
angewiesen, eine Währung zu benutzen,<br />
mit der ich vor Ort auch mein Auto tanken,<br />
Rechnungen oder im Supermarkt meine<br />
Lebensmittel bezahlen kann. Letztlich<br />
muss ich also die Kryptowährung immer<br />
wieder umtauschen, richtig?<br />
Sandner: Immer mehr Länder, zuletzt El<br />
Salvador, akzeptieren auch Kryptowährungen<br />
als offizielles Zahlungsmittel.<br />
Damit verringert sich dieser Zwang des<br />
beschriebenen Rücktausches in klassische<br />
Währungen immer mehr. Im langfristigen<br />
Trend etablieren sich so mehrere Landeswährungen.<br />
<strong>procontra</strong>: Oder eben nicht, wenn Regierungen<br />
sie nicht anerkennen. So wie in<br />
China geschehen, das den Bitcoin nicht als<br />
offizielles Zahlungsmittel akzeptieren will.<br />
Sandner: Das stimmt. Allerdings hatten<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
31
INVESTMENTFONDS Kryptowährungen<br />
DIE 15 GRÖSSTEN KRYPTOWÄHRUNGEN NACH MARKTKAPITALISIERUNG<br />
# COIN<br />
KURS<br />
in €<br />
MARKTKAPITALI<br />
SIERUNG<br />
in Mrd. €<br />
MARKTANTEIL<br />
RENDITE <strong>2021</strong><br />
in %<br />
MAXIMALER<br />
WERTVERLUST * <strong>2021</strong><br />
in %<br />
1 Bitcoin 54.737,82 1.007,1 43,9 113,5 -53,1<br />
2 Ethereum 3.847,04 443,7 19,4 1.038,7 -58,3<br />
PROJEKTTHEMA<br />
Knappheit von 21 Mio. Coins,<br />
digitales Gold<br />
globaler Zahlungstransfer,<br />
Smart Contracts<br />
3 Binance Coin 471,10 76,5 3,4 1.829,5 -67,0 Smart Contracts (zentralisiert)<br />
4 Cardano 1,71 56,6 2,5 2.039,4 -55,6 Smart Contracts<br />
5 Solana 178,40 52,9 2,3 13.704,4 -60,3 Smart Contracts<br />
6 XRP 0,95 44,2 1,9 367,5 -72,7 Zahlungsverkehr<br />
7 Polkadot 43,43 38,6 1,8 1.084,7 -78,0 Multi-Chain Smart Contracts<br />
8 Dogecoin 0,24 30,8 1,3 10.444,8 -77,0 Meme-Coin<br />
9 Terra 37,59 14,9 0,7 15.245,2 -80,8 Stablecoin-Plattform<br />
10 Avalanche 56,95 12,1 0,5 1.703,0 -83,6 Smart Contracts<br />
11 Litecoin 173,41 11,4 0,5 258,0 -72,6 Zahlungsverkehr<br />
12 Polygon 1,66 11,2 0,5 13.885,8 -71,6 Layer2 Ethereum Scaling<br />
13 Algorand 1,63 9,7 0,4 636,8 -60,6 Smart Contracts<br />
14 Bitcoin Cash 516,38 9,6 0,4 129,4 -74,5 Zahlungsverkehr<br />
15 Stellar 0,32 7,6 0,3 383,7 -72,6 Zahlungsverkehr<br />
*<br />
Ein theoretisches Investment am Höchststand und einem späteren Verkauf auf dem Tiefstand (maximaler Wertverlust) Quelle: CoinMarketCap.com_Stand: 1.11.<strong>2021</strong><br />
einen festen Gegenwert dar. Je inflationärer<br />
die Geldpolitik agiert, desto höher<br />
die Nachfrage nach stabilen Assets, die die<br />
Kaufkraft erhalten. Aktuell hat sich der<br />
Zinssatz von der Inflationsrate abgekoppelt,<br />
was diese Nachfrage weiter befeuern<br />
wird. Und in diese Nachfrage reiht sich der<br />
Bitcoin nun ein in etablierte Sachwerte wie<br />
Aktien, Immobilien oder Gold.<br />
<strong>procontra</strong>: Apropos Gegenwert. Was konkret<br />
beeinflusst den Kurs einer Kryptowähviele<br />
Experten gedacht, dass nach dem<br />
chinesischen Verbot der Kryptomarkt zusammenbrechen<br />
könnte. Das Gegenteil ist<br />
der Fall. Der Bitcoin notiert heute 30 Prozent<br />
über dem Niveau zum Zeitpunkt des<br />
Verbots. Das zeigt, dass diese Ökosysteme<br />
auch unabhängig von der Willkür einzelner<br />
großer Staaten funktionieren.<br />
<strong>procontra</strong>: Warum nimmt der Bitcoin unter<br />
den Zigtausenden Coins eine Sonderstellung<br />
ein?<br />
Sandner: Während hinter den meisten<br />
Coins ein Projekt steht, wie eben beschrieben,<br />
ist der Bitcoin einfach nur knapp. Er<br />
ist auf 21 Millionen Token beschränkt.<br />
Wenn Sie so wollen, ist er begrenzt verfügbar,<br />
ähnlich wie ein Rohstoff. Daraus<br />
entsteht sein Wert.<br />
<strong>procontra</strong>: Ist der Bitcoin dann mit Gold<br />
vergleichbar?<br />
Sandner: Im Grunde schon. Die Motivationen,<br />
in Gold oder den Bitcoin zu investieren,<br />
sind sehr gut vergleichbar. In einer<br />
Zeit, wo der Euro, Dollar und im Grunde<br />
alle Währungen immer weicher werden,<br />
stellen beide Assets durch ihre Knappheit<br />
»Die Ökosysteme der<br />
Kryptowährungen<br />
funktionieren auch<br />
unabhängig von der<br />
Willkür einzelner<br />
großer Staaten.«<br />
rung? Ein Tweet von Elon Musk, nur die<br />
Nachfrage neuer Fans oder reale Werte?<br />
Sandner: Die Anlage ist sehr volatil, das<br />
haben verschiedene Kursverläufe in der<br />
Vergangenheit gezeigt. Auch aufgrund<br />
bewusster und unbewusster Äußerungen<br />
einflussreicher Investoren. Langfristig wird<br />
der Kurs aber hauptsächlich von Anlegern<br />
getrieben, die ebenfalls an diese Idee<br />
glauben.<br />
<strong>procontra</strong>: Also reine Spekulation?!<br />
Sandner: Das sehe ich nicht so. Die<br />
Menschen haben sich schon immer hin zu<br />
harten Assets orientiert, wo sie ihr Geld<br />
aufbewahren konnten. Das war mit der<br />
Deutschen Mark so, dem Schweizer Franken,<br />
Immobilien oder auch Gold. Je weicher<br />
die klassischen Währungen werden,<br />
desto mehr nimmt der Härtegrad anderer<br />
Assets zu. Und zu diesen Kaufkraftträgern<br />
zählen Anleger auch immer mehr Kryptowährungen.<br />
<strong>procontra</strong>: Dennoch spekulieren viele<br />
Anleger darauf, über die enormen Kurssteigerungen<br />
ihrer Kryptowährungen auf<br />
Euro-Basis ein Vermögen aufzubauen.<br />
32 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Kryptowährungen INVESTMENTFONDS<br />
Der Euro wird aber immer weicher. Wie<br />
sinnvoll ist das?<br />
Sandner: Das ist richtig. Doch was würde<br />
man dann tun? Man würde nur für den<br />
kurzen Moment des Konsums zurück in<br />
den Euro tauschen. Beispielsweise um<br />
zu tanken, einzukaufen, Rechnungen zu<br />
bezahlen etc. Die klassischen Währungen<br />
sind ja weiterhin sinnvoll, weil sie so<br />
verbreitet akzeptiert werden. Aber halt nur<br />
als Zahlungsmittel für den Leistungsaustausch<br />
und eben nicht mehr als Wertaufbewahrung.<br />
<strong>procontra</strong>: Dennoch dominieren Euro und<br />
Dollar die Anlegerköpfe. Und die wollen<br />
irgendwann Kasse machen, also ihren<br />
Krypto-Gewinn in Euro realisieren. Ist das<br />
ein Denkfehler?<br />
Sandner: Dieser Gedanke ist nachvollziehbar.<br />
Aber nur, wenn Ihre Basisverrechnungseinheit<br />
der Euro ist. Die Frage<br />
ist dann nämlich, welche Kaufkraft mein<br />
Euro-Vermögen noch hat. Wahrscheinlich<br />
nicht mehr die gleiche wie vor der Investiti-<br />
on in eine Kryptowährung. Dann fühlt sich<br />
der Anleger vielleicht vermögend, kann<br />
sich von seinem Euro aber trotzdem nicht<br />
mehr leisten, weil die Preise für seinen<br />
Lebensunterhalt mindestens im gleichen<br />
»Ohne eigene Recherche<br />
ist ein Investment<br />
hoch riskant und kann<br />
sehr schnell zum<br />
Totalverlust führen.«<br />
Maße gestiegen sind. Im Grunde ist es das<br />
gleiche Verhältnis wie zwischen dem Euro<br />
und einer hoch inflationären Währung wie<br />
der türkischen Lira. Auch hier würde man<br />
schnellstmöglich versuchen, die Lira wieder<br />
zurück in den Euro zu tauschen, weil der<br />
Wert der Lira schwindet und im Verhältnis<br />
der Euro die härtere Währung ist.<br />
<strong>procontra</strong>: Noch einmal zurück zu den<br />
Projekten: Wie kann der Auswahlprozess<br />
aussehen, wenn sich mehrere Coins mit<br />
den gleichen Projekten, beispielsweise<br />
Zahlungsströme, Speicherkapazitäten oder<br />
Rechenleistungen, beschäftigen?<br />
Sandner: Das ist sehr unterschiedlich. Die<br />
Marktkapitalisierung gibt hier schon einmal<br />
Aufschluss über die Größe. Das kann<br />
ein Kriterium sein. Elementar wichtig ist es<br />
aber, sich vorab intensiv mit den potenziellen<br />
Kryptowährungen auseinanderzusetzen.<br />
Welches Projekt steht dahinter?<br />
Wie funktioniert es? Was ist der innovative<br />
Kern? Wer sind die Menschen im Hintergrund?<br />
Sind sie vertrauenswürdig? Ohne<br />
eigene Recherche ist ein Investment hoch<br />
riskant und kann sehr schnell zum Totalverlust<br />
führen, gerade wenn man bei wenig<br />
kapitalisierten Coins nur auf die große<br />
Kursexplosion spekuliert. <br />
In fallende Messer<br />
greift man nicht.<br />
Diese und weitere Weisheiten im<br />
täglichen <strong>procontra</strong>-Nachrichtenupdate.<br />
<strong>procontra</strong>-online.de/newsletter<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
<strong>procontra</strong> – Das freie Finanzmagazin<br />
33
HÖHEPUNKTE DES JAHRES Versicherungen<br />
HIGHLIGHTS <strong>2021</strong><br />
Elementar wichtig ++ Cyberattacke ++ Amazons Gehversuche ++ Zinsen & Reformen<br />
Juli<br />
DEBATTE UM ELEMENTARPFLICHT-<br />
VERSICHERUNG ENTFLAMMT<br />
Das Unwetter „Bernd“ hinterließ im Sommer nicht nur seine<br />
Wassermassen und ein unfassbares Schadenausmaß an Menschen<br />
und Objekten, sondern entfachte auch die bekannte<br />
Diskussion um den Elementarschutz. Muss er nun zur Pflicht<br />
werden, damit die derzeitige Quote von unter 50 Prozent<br />
spürbar erhöht wird und die Menschen nicht vor den Trümmern<br />
ihres Hab und Guts stehen? Die Debatte darüber hält<br />
weiter an. Versicherer sollen bezahlbaren Schutz ermöglichen,<br />
meint der Verbraucherschutz. Die Beratung müsse stärker für<br />
Kosten/Nutzen sensibilisieren, heißt es selbstkritisch aus der<br />
Branche. Einen ersten Erfolg vermeldete der GDV im November:<br />
400.000 neue Elementarversicherungen wurden allein im<br />
dritten Quartal neu abgeschlossen.<br />
März<br />
ERSTES SOZIALPARTNERMODELL<br />
VERABSCHIEDET<br />
Knapp drei Jahre<br />
nach Inkrafttreten<br />
des Betriebsrentenstärkungsgesetzes,<br />
in<br />
dem die Möglichkeit<br />
einer reinen Beitragszusage<br />
verankert wurde,<br />
wurde nun das<br />
erste Sozialpartnermodell vermeldet. Erfolgreich darüber verhandelt<br />
hatten zuvor das Konsortium „Die Deutsche Betriebsrente“,<br />
bestehend aus den Versicherern Zurich und Talanx,<br />
und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Ab Juli sollten<br />
Beschäftigte der Talanx-Gruppe die Möglichkeit bekommen,<br />
eine betriebliche Altersversorgung auf Grundlage einer Beitragszusage<br />
abzuschließen. Der Termin konnte allerdings nicht<br />
gehalten werden – die BaFin-Prüfung verzögerte sich.<br />
Januar<br />
VERSICHERER WOLLEN BIS 2050<br />
KLIMANEUTRAL INVESTIEREN<br />
„Erkennbar nachhaltiger“, möchte die deutsche Versicherungswirtschaft<br />
schon bis 2025 zunächst durch eine erweiterte<br />
Produktpalette und veränderte interne Strukturen werden.<br />
Dafür hatte das GDV-Präsidium zu Jahresbeginn ein Positionspapier<br />
verabschiedet. Darin wurde auch festgeschrieben, dass<br />
Kundengelder – insgesamt handelt es sich dabei in Deutschland<br />
um ein Volumen von 1.700 Milliarden Euro – bis 2050<br />
CO 2<br />
-neutral angelegt werden sollen.<br />
34 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Versicherungen HÖHEPUNKTE DES JAHRES<br />
Juli<br />
CYBERANGRIFF AUF HAFTPFLICHTKASSE<br />
Oktober<br />
TESLA STARTET TELEMATIKTARIF<br />
Im Herbst gab der US-Autobauer Tesla bekannt, in<br />
Texas zukünftig einen eigenen Telematiktarif anzubieten.<br />
Daten über das Fahrverhalten werden in Echtzeit<br />
erhoben und beeinflussen so die Versicherungsprämie<br />
– positiv oder negativ. Über Kooperationen wie<br />
„InsureMyTesla“ ist Tesla bereits in der DACH-Region<br />
tätig. Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass der Autobauer<br />
zukünftig das Kfz-Policengeschäft, auch in Deutschland,<br />
komplett selbst mit abwickelt.<br />
Im Juli wurde die Haftpflichtkasse Opfer eines Hackerangriffs,<br />
der in dieser Größenordnung in der Versicherungsbranche<br />
bislang einzigartig war. IT-Systeme<br />
gingen vom Netz, die Homepage war tagelang nicht<br />
erreichbar, ebenso die Telefonleitungen. In den Tagen<br />
danach wurde das Ausmaß immer mehr bekannt:<br />
Diebstahl personenbezogener Daten per Ransomware-<br />
Attacke. Dabei verschlüsseln die Täter häufig einen Teil<br />
der Daten und geben diese – wenn überhaupt – erst<br />
nach Zahlung eines Lösegelds wieder frei. Die Haftpflichtkasse<br />
wurde erpresst. Erst drei Wochen nach der<br />
Attacke konnten die Systeme wieder weitestgehend<br />
störungsfrei eingesetzt werden.<br />
Juni<br />
SPAHNS PFLEGEREFORM<br />
WIRD VERRISSEN<br />
Nachdem das Bundeskabinett den Gesetzesentwurf<br />
zur heiß diskutierten Pflegereform durchgewinkt hatte,<br />
ließ die Kritik nicht lange auf sich warten. Die privaten<br />
Pflegeanbieter sprachen sogar von einem „schwarzen<br />
Tag für die private Altenpflege“. „Unausgegoren“,<br />
„Stückwerk“, „Eine Ohrfeige für Betroffene“ attestierte<br />
man dem damaligen Bundesgesundheitsminister Jens<br />
Spahn und seinen Plänen. Positiv sicherlich: die bessere<br />
Entlohnung der Pflegekräfte. Die finanzielle Entlastung<br />
der Betroffenen schätzt der Verbraucherschutz als<br />
minimal ein und fordert daher sofortige Nachbesserungen<br />
von der neuen Regierung.<br />
Juni<br />
Amazon, Teil 1: Krankenversicherer<br />
eingestellt<br />
Drei Jahre nach Gründung des Krankenversicherers<br />
„Haven Healthcare“<br />
stellte der Zusammenschluss des<br />
Handelsriesen Amazon mit Berkshire<br />
Hathaway und J.P. Morgan das Geschäft<br />
wieder ein. Die Begründung<br />
fiel ebenso knapp aus wie der Erfolg:<br />
Man wolle die aus dem Gemeinschaftsprojekt<br />
erworbenen Kenntnisse<br />
nur noch für die jeweiligen<br />
eigenen Angestellten nutzen.<br />
August<br />
Amazon, Teil 2: Klare Vorgaben<br />
für Haftpflichtpolicen<br />
Über das neu gegründete Netzwerk<br />
„Amazon Insurance Accelerator“<br />
möchte Amazon in den USA seine<br />
Kunden stärker gegen Sach- und<br />
Personenschäden absichern. Schäden<br />
bis 1.000 Dollar würde Amazon<br />
direkt regulieren, Händler bleiben<br />
bis dahin außen vor. Vorausgesetzt,<br />
sie haben eine Haftpflichtversicherung<br />
abgeschlossen. Für deren<br />
Ausgestaltung insbesondere in der<br />
Schadensregulierung diktiert Amazon<br />
klare Vorgaben in Richtung der<br />
teilnehmenden Versicherer.<br />
September<br />
Amazon, Teil 3: Eintritt in<br />
britischen Versicherungsmarkt<br />
Amazon vollzieht einen weiteren<br />
Schritt in Richtung Versicherungsgeschäft:<br />
Laut einer Meldung der<br />
Nachrichtenagentur Reuters hat<br />
sich der Handelskonzern hierfür mit<br />
dem britischen Makler Superscript<br />
zusammengetan, um künftig Inhalts-,<br />
Cyber- sowie Haftpflichtpolicen<br />
gezielt an kleine und mittlere Unternehmen<br />
(KMU) aus dem Vereinigten<br />
Königreich zu verkaufen.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
35
HÖHEPUNKTE DES JAHRES Versicherungen<br />
April<br />
SENKUNG DES HÖCHSTRECHNUNGSZINSES<br />
BESCHLOSSEN<br />
Bereits im Januar empfahl die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) den Höchstrechnungszins<br />
in der Lebensversicherung zu senken. Im April bestätigte das Bundesfinanzministerium<br />
dann die Senkung zum 1. Januar 2022 von 0,9 auf 0,25 Prozent.<br />
Mit dieser Bekanntgabe entbrannte zudem die Diskussion um die 100-prozentige<br />
Bruttobeitragsgarantie, die in Riester-Verträgen und auch in der bAV, konkreter der<br />
Beitragszusage mit Mindestleistungen (BZML), gefordert wird und für die Anbieter<br />
kaum noch darstellbar ist.<br />
Februar<br />
ÜBERSCHÜSSE DER LEBENS-<br />
VERSICHERER SINKEN WEITER<br />
<strong>2021</strong> sank die laufende Verzinsung für Klassik-Produkte der<br />
privaten Rentenversicherung von durchschnittlich 2,29 Prozent<br />
2020 auf nun 2,14 Prozent. Der langfristige Trend sinkender<br />
Deklarationen setzte sich damit weiter fort. Hinzu kommt, dass<br />
immer weniger Anbieter überhaupt noch Klassik-Tarife anbieten.<br />
Bei einem Vertrag, der über die nächsten 25 Jahre läuft,<br />
prognostiziert Assekurata bei gleichbleibendem Zinsniveau<br />
eine illustrierte Beitragsrendite von nur noch 1,88 Prozent.<br />
September<br />
D&O-SCHÄDEN AUF REKORDNIVEAU<br />
Oktober<br />
OTTONOVA WILL LEBENS-<br />
VERSICHERER WERDEN<br />
Der private Krankenversicherer ottonova will sein Portfolio<br />
erweitern und in die Leben-Sparte einsteigen. Auf Produktebene<br />
will man mit Policen in den Bereichen BU und Risikoleben<br />
starten. Die Genehmigung der BaFin steht dazu allerdings<br />
noch aus.<br />
Im September gab der GDV konkrete Zahlen zur Managerhaftpflicht<br />
(D&O) bekannt. Demnach stieg das Schadensvolumen<br />
2020 mit rund 14 Prozent stärker als die eingenommenen<br />
Beiträge (9 Prozent). Die Schaden-Kosten-Quote lag bei<br />
110 Prozent. 2019 war das Geschäft für die Anbieter mit einer<br />
Schaden-Kosten-Quote von 85 Prozent noch lukrativ.<br />
36 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Versicherungen HÖHEPUNKTE DES JAHRES<br />
Januar<br />
Februar<br />
SYSTEM-<br />
UMSTEL-<br />
LUNG BEI<br />
REISEAB-<br />
SICHERUNG<br />
NÜRNBERGER ÜBERNIMMT GETSURANCE<br />
Das insolvente InsurTech Getsurance war lange auf der Suche nach einem Lead-<br />
Investor, den es in der Nürnberger Versicherung zum Jahresanfang dann endlich<br />
fand. Diese will das Know-how von Getsurance vor allem für die Weiterentwicklung<br />
der eigenen digitalen Prozesse nutzen. „Getsurance gibt uns wertvolle Impulse für<br />
den digitalen Vertrieb von Einkommensschutz-Produkten“, erläutert der Nürnberger-<br />
Lebensversicherungs-Vorstand Harald Rosenberger den Einstieg als Investor.<br />
Das Bundeskabinett hat einen Insolvenzschutz<br />
für Pauschalreisende beschlossen.<br />
Zum 1. November sollte er in Kraft<br />
treten. Der dafür eingerichtete Reisesicherungsfonds,<br />
in dem die Reiseveranstalter<br />
selbst Rückstellungen bilden, soll<br />
die bisherige Absicherung aus Versicherungen<br />
oder Bankbürgschaften ablösen.<br />
Der Fonds soll zunächst noch unter<br />
staatlicher Absicherung stehen, aber bis<br />
zum 31. Dezember 2026 ein Zielkapital<br />
von 750 Millionen Euro erreichen.<br />
Lesen Sie die Hintergründe, Zusatzberichte<br />
und Interviews zu diesen und<br />
weiteren Highlights des Jahres unter:<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de/<strong>2021</strong><br />
Franz Hackel, Münster<br />
Super und informativ! VIELEN DANK an alle<br />
Beteiligten. Bis zum nächsten mal. :-)<br />
Paula Gaede, Referenten-Team<br />
Das waren spannende Fragen. Ich<br />
hoffe, wir konnten alle beantworten.<br />
Rainer Eisbein, Kiel<br />
Interessant, vor allem auch die kritischen<br />
Anmerkungen. Ich freu mich auf die<br />
Fortführung!<br />
Alexandra Thormann, profino Team<br />
Hier gibts die Tickets für den kommenden Kongress:<br />
www.altersvorsorge.profino.online<br />
Wir freuen uns!<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
Der neue Maßstab<br />
PROFINO 3.0<br />
37
VERSICHERUNGEN Pflegevorsorge<br />
PFLEGE BLEIBT PFLEGEFALL<br />
Die Wichtigkeit der privaten Pflegezusatzversicherung wird von Versicherern<br />
ebenso wie von Pflegeexperten und Verbraucherschützern stets betont.<br />
Trotzdem tritt die Sparte in Deutschland weiter auf der Stelle.<br />
– TEXT: MATHIAS VON HOFEN –<br />
38 Illustration: Eleonora Mavromati
Pflegevorsorge VERSICHERUNGEN<br />
Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung<br />
sind angesichts der hohen Kosten<br />
für stationäre und ambulante Pflege<br />
unzureichend. Das hat die Zahl der Neuabschlüsse<br />
in den letzten Jahren nur wenig<br />
beeinflusst, wenn man vom Sonderfall<br />
Pflege-Bahr einmal absieht. So lag die Zahl<br />
der Pflegezusatzversicherungen Ende 2019<br />
bei 3,8 Millionen gegenüber 2,2 Millionen<br />
2013. Doch etwa ein Viertel der Verträge<br />
von 2019 stellen die Pflege-Bahr-Tarife, die<br />
2013 eingeführt wurden. Davon abgesehen<br />
gab es wenig Zuwachs bei Pflegezusatzpolicen.<br />
Warum verbreitet sich der Schutz nicht<br />
schneller, wenn der Bedarf doch so groß erscheint?<br />
Braucht es bessere Produkte? Eine<br />
gezieltere Beratung? Oder sind die von der<br />
Politik abgesteckten Rahmenbedingungen<br />
ungünstig?<br />
ZUSATZVERSICHERUNG: KAUM BEREITSCHAFT ZUR VORSORGE<br />
Planen Sie demnächst eine Pflegezusatzversicherung abzuschließen,<br />
um die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung aufzustocken?<br />
WEISS NICHT, KEINE ANGABE: 17 %<br />
JA: 5 %<br />
NEIN: 79 %<br />
n = 1.421 Quelle: Befragung im Insa-Meinungstrend <strong>06</strong>.09.<strong>2021</strong><br />
POLITIK IST GEFORDERT<br />
Die Politik kann einiges tun, um die Pflegezusatzversicherung<br />
attraktiver zu machen.<br />
So betont etwa Guido Jochum, Abteilungsleiter<br />
Huk-Coburg-Krankenversicherung:<br />
„Es würde der Attraktivität einer Pflegezusatzversicherung<br />
sicher nützen, wenn Versicherte<br />
Beiträge zur Pflegezusatzversicherung<br />
steuerlich voll geltend machten bzw.<br />
Geringverdiener einen direkten Zuschuss<br />
erhielten, der über die heutige Förderung<br />
des ‚Pflege-Bahr‘ hinausgeht.“ Ähnlich<br />
die Forderung des Verbands der Privaten<br />
Krankenversicherer PKV: „Steuerabzug für<br />
Beiträge zur Pflegezusatzversicherung (bei<br />
Produkten mit angemessenem Leistungsumfang)<br />
bzw. Zuschüsse für Personen, die<br />
nicht von einer Steuerbegünstigung profitieren<br />
würden, weil sie keine oder nur wenig<br />
Steuern zahlen.“<br />
Aus Sicht der Versicherer bieten die Regelungen<br />
für Pflege-Bahr und Vorsorgeaufwendungen<br />
nicht genügend Anreiz für<br />
den Abschluss einer Zusatzversicherung.<br />
Andreas Kolb, Vorstandsvorsitzender der<br />
Krankenversicherungen der Versicherungskammer<br />
Bayern, fordert: „Ein sehr guter<br />
Ansatzpunkt wäre, analog zur betrieblichen<br />
Krankenversicherung eine betriebliche<br />
Pflegeversicherung einzuführen und<br />
diese staatlich zu fördern. Wir wissen, dass<br />
die Arbeitgeber bereit sind, in die Gesundheit<br />
ihrer Mitarbeiter zu investieren.“<br />
Die Beiträge sollten „steuer und sozialabgabenfrei<br />
sein“. Diese Forderung wird<br />
auch von Jochum unterstützt, der zudem<br />
NEUE CHANCEN FÜR VERMITTLER<br />
Ein Teil der Vermittler ist bei der Ansprache<br />
der privaten Pflegeabsicherung zurückhaltend,<br />
da der (eigene) Pflegefall ein sensibles<br />
Thema ist, oft sogar tabuisiert wird. Zudem<br />
haben viele Versicherte oft drängendere<br />
Probleme wie die Absicherung der eigenen<br />
Arbeitskraft oder den Schutz für Haus oder<br />
Wohnung. Dass laut einer Insa-Umfrage<br />
aus <strong>2021</strong> fast 80 Prozent der Deutschen<br />
keine Pflegezusatz abschließen wollen, ist<br />
dennoch alarmierend. Hier kann die Beratung<br />
aufklärend einwirken, die richtigen<br />
Prioritäten in der Vorsorge zu setzen.<br />
Helfen können auch neue Angebote der<br />
Gesellschaften. So fördert die Ideal Versicherung<br />
den Vertrieb ihres Pflegetagegelds,<br />
das sie im Januar <strong>2021</strong> auf den Markt gebracht<br />
hat, durch Services wie eine Pflegeplatzgarantie<br />
innerhalb von 24 Stunden<br />
und eine optional wählbare Soforthilfe im<br />
Pflegefall durch Einmalzahlung. Die Versicherungskammer<br />
Bayern hat ein digivorschlägt,<br />
dass die Regelungen für die<br />
betriebliche Pflegeversicherung „nur dann<br />
nicht greifen, wenn Arbeitnehmer aktiv widersprechen<br />
(Opt-out-Möglichkeit)“.<br />
Unterstützung kommt vonseiten der<br />
Gewerkschaften. Christian Jungvogel, Abteilungsleiter<br />
Tarifpolitik der IG Bergbau,<br />
Chemie, Energie: „Die Unterstützung des<br />
»Ein Ansatz wäre<br />
die betriebliche<br />
Pflegeversicherung.<br />
Arbeitgeber sind bereit,<br />
in die Gesundheit<br />
ihrer Mitarbeiter<br />
zu investieren.«<br />
ANDREAS KOLB, VERSICHERUNGSKAMMER BAYERN<br />
Gesetzgebers bei der betrieblichen Pflegeversicherung<br />
wäre wie bei der betrieblichen<br />
Altersvorsorge hilfreich und sinnvoll.“<br />
Die Versicherer sehen aber auch ein<br />
Kommunikationsproblem der Politik.<br />
Kolb führt aus: „Aus unserer Sicht muss<br />
die Politik noch viel deutlicher machen,<br />
wie wichtig es für jeden Einzelnen ist, für<br />
den eigenen Pflegefall vorzusorgen.“ Bisher<br />
hat die Politik die Dringlichkeit einer<br />
zusätzlichen privaten Absicherung bei der<br />
Pflege selten betont. Denn dies wäre auch<br />
ein Offenbarungseid, dass die Leistungen<br />
der gesetzlichen Pflegeversicherung absolut<br />
unzureichend sind.<br />
Mit den Vorschlägen zur betrieblichen<br />
Pflegeversicherung, dem Steuerabzug für<br />
Beiträge zur Pflegezusatzversicherung und<br />
mehr Förderung liegen konkrete Forderungen<br />
an die neue Regierung auf dem<br />
Tisch. Damit liegt der Ball im Feld der Politik.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
39
VERSICHERUNGEN Pflegevorsorge<br />
»Berater sind gefordert«<br />
ANDREAS LUDWIG, Bereichsleiter Rating & Analyse, Morgen & Morgen<br />
<strong>procontra</strong>: Wie erklären sich die Prämienunterschiede<br />
zwischen Pflegerente und Pflegetagegeld?<br />
Andreas Ludwig: Pflegetagegelder sind anfänglich<br />
deutlich günstiger. Sie haben im Gegensatz<br />
zu den garantierten Beiträgen bei der Pflegerente<br />
eine Beitragsanpassungsklausel. Dies<br />
entspricht dem Beitragsanpassungsrecht der<br />
KV. Aufgrund des medizinischen Fortschritts und<br />
der älter werdenden Gesellschaft muss es zu<br />
Beitragsanpassungen kommen. Dagegen müssen<br />
die Lebensversicherer bei der Pflegerente<br />
von Beginn mögliche Beitragssteigerungen<br />
einkalkulieren.<br />
<strong>procontra</strong>: Warum sind Pflegerenten weniger<br />
verbreitet als Pflegetagegeld?<br />
Ludwig: Ich denke, es liegt hauptsächlich am<br />
Preis. Es gibt aber noch einen anderen Punkt.<br />
Vor etwa vier Jahren wurde der Pflegegrad 1<br />
im Zuge der Pflegereform eingeführt. Bei den<br />
allermeisten Tagegeldern kann der Pflegegrad 1<br />
mitversichert werden. Bei der Pflegerente ist die<br />
Pflegestufe 1 dagegen schwer versicherbar, da<br />
hier noch keine Erfahrungswerte vorhanden<br />
waren und zugleich der Lebensversicherer ja die<br />
Beiträge garantieren muss. Bis auf eine Ausnahme<br />
ist daher der Pflegegrad 1 bei der Pflegerente<br />
nicht versicherbar.<br />
<strong>procontra</strong>: Könnte ein weiterer Grund sein, dass<br />
von den Maklern lieber das KV-Produkt Pflegetagegeld<br />
angesprochen wird?<br />
Ludwig: Ich glaube, dass die Makler da nicht<br />
zwischen Leben und Kranken unterscheiden.<br />
Wenn ein Makler das Pflegerisiko absichern<br />
will, hat er beides mit auf dem Schirm. Doch<br />
letztendlich wird er aufgrund der Beiträge eher<br />
zum Pflegetagegeld tendieren.<br />
<strong>procontra</strong>: Ist für die Kunden das Pflegetagegeld<br />
oder die Pflegerente sinnvoller, wenn man speziell<br />
die Versicherungsbedingungen betrachtet?<br />
Ludwig: Im Rentenbereich werden in der Regel<br />
die sogenannten ADL-Punkte (Activities of Daily<br />
Living), die in den Versicherungsbedingungen<br />
definiert sind, bei der Pflegeeinstufung zugrunde<br />
gelegt. Je nachdem, ob einzelne definierte<br />
Aktivitäten wie Waschen oder Rasieren noch<br />
eigenständig durchgeführt werden können, wird<br />
der Pflegegrad festgelegt. Das ist dann aber<br />
auch auf die Vertragslaufzeit festgeschrieben.<br />
In der KV, also dem Pflegetagegeld, könnte dies<br />
dagegen auch angepasst werden. Hier spielt<br />
das Sozialgesetzbuch bei der Einstufung die<br />
entscheidende Rolle und weniger die ADL-<br />
Punkte. Es lässt sich nur individuell beantworten,<br />
was besser ist, am besten mithilfe eines<br />
qualifizierten Beraters.<br />
<strong>procontra</strong>: Was kann vonseiten der Anbieter<br />
geleistet werden, um die Verbreitung der Pflegeversicherung<br />
stärker zu fördern?<br />
Ludwig: Es gibt sowohl im Pflegerenten- als<br />
auch im Pflegetagegeldsektor sehr gute Tarife.<br />
Daneben gibt es auch sehr gute Startertarife,<br />
wo es sehr günstige Angebote gibt und man<br />
seine Gesundheit quasi „einfrieren“ kann. Das<br />
ist ein Vorteil, da im höheren Alter Versicherte oft<br />
ein Problem haben, noch eine Pflegeversicherung<br />
ohne größere Zuschläge abschließen zu<br />
können. Wir haben also sehr gute Tarife, aber für<br />
viele Leute haben andere Themen wie Berufsunfähigkeit<br />
und Altersvorsorge einfach Vorrang.<br />
Deshalb ist besonders der Berater gefordert,<br />
seine Kunden auf das Thema Pflege hinzuweisen.<br />
An Informationen vonseiten der Versicherer<br />
fehlt es den Vermittlern meist nicht. So<br />
hebt Katharina Jessel, Vorstandsmitglied<br />
Krankenversicherungen der VKB, hervor:<br />
„Unsere Makler und Vermittler werden<br />
regelmäßig mit Vertriebsinformationen, Beratungsleitfäden<br />
und aktuellen Informationen<br />
aus Markt und Politik versorgt. Dabei<br />
setzen wir mit unserer Multikanal-Strategie<br />
nicht nur auf klassische Wege, wie E-Mail<br />
und POS-Werbung, sondern auch interaktive<br />
Videoformate und Podcasts.“<br />
Letztendlich sind die Vermittler aber<br />
selbst gefordert, das Thema Pflege offensiver<br />
anzusprechen. Pflegeexperte Holger<br />
Rasch, Betreiber des Portals „Pflegeversicherung<br />
Spezialisten“: „Sehen Sie Pflegebetales<br />
Pflege-Portal eingeführt. Kunden<br />
mit einer Pflegetagegeldversicherung stellt<br />
die VKB einmalig für maximal drei Monate<br />
einen persönlichen Pflegeberater an die Seite.<br />
Es gibt auch immer mehr variable Tarife<br />
am Markt, bei denen der Versicherte<br />
die Höhe des Pflegegelds frei wählen kann.<br />
Neues Vertriebspotenzial bieten arbeitgeberfinanzierte<br />
Pflegezusatzversicherungen<br />
wie CareFlex in der Chemieindustrie, die<br />
vom 1. Juli bis 10. November <strong>2021</strong> bereits<br />
430.000 Beschäftigte abgeschlossen haben.<br />
Nina Henschel, Vorständin der R+V Krankenversicherung,<br />
betont, dass CareFlex<br />
Chemie „ein Modell und Vorbild für andere<br />
Branchen“ sein könne.<br />
ratung nicht als Produktverkauf, sondern<br />
helfen Sie den Menschen, ihr Vermögen zu<br />
sichern und die Selbstbestimmung zu bewahren.“<br />
CHANCEN MIT DER PFLEGE<br />
Arbeitgeberfinanzierte Pflegezusatzversicherungen<br />
erschließen neue Kundengruppen<br />
Neue und verbesserte Serviceleistungen im<br />
Pflegefall sind starkes Vertriebsargument<br />
Variable Tarife bieten zusätzliche Vertriebsmöglichkeiten<br />
40 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
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VERSICHERUNGEN Allgefahrendeckung<br />
ALLES DRIN, ALLES EINFACH?!<br />
Allgefahrenversicherungen klingen für Kunden komfortabel. Doch die meisten Produktgeber<br />
machen kein großes Aufsehen um ihr Rundum-sorglos-Angebot. Dafür gibt es Gründe.<br />
– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />
So einfach geht die Absicherung von Risiken:<br />
Mit Abschluss einer Police ist alles<br />
versichert, was nicht explizit ausgeschlossen<br />
ist. Das Bedingungswerk ist kurz und<br />
eindeutig. Wichtige Deckungen wie Elementarschäden<br />
sind automatisch enthalten.<br />
Das Zauberwort dafür lautet: Allgefahrenversicherung.<br />
Im Gewerbegeschäft sind<br />
sie durchaus üblich. Neuerdings stellt der<br />
eine oder andere Versicherer aber auch sein<br />
Angebot an All-Risk-Policen im privaten<br />
Bereich ins Schaufenster. Beispiele sind<br />
42 Illustration: Roman Kulon
Allgefahrendeckung VERSICHERUNGEN<br />
Helvetia mit dem neuen Komplettschutz<br />
Helvetia eCar und die Bayerische mit einer<br />
Überarbeitung der Meine-eine-Police (siehe<br />
Interview).<br />
VORTEILE FÜR MAKLER<br />
Den Anbietern zufolge haben All-Risk-Policen<br />
Vorteile für Kunden und Makler. „Sie<br />
erleichtern Vermittlern das Thema Haftung<br />
und lassen Kunden nicht rätseln, ob<br />
bestimmte Fälle jetzt versichert sind oder<br />
nicht“, erläutert Alina Sucker, Underwriting<br />
Manager Art & Private Clients bei Hiscox<br />
Deutschland. Und weiter: „Keine komplizierten<br />
prozentualen Wertsachenanteile<br />
sind versichert, sondern beispielsweise der<br />
Schmuck ist zur genannten Summe weltweit<br />
abgesichert, auch gegen Verlieren und<br />
Liegenlassen.“ Die Nachfrage nach diesem<br />
Produkt steige deutlich. „Immer mehr Kunden<br />
wollen einen Rundumschutz und sich<br />
nicht die Frage stellen, ob der Versicherer<br />
zahlt, wenn das Kind ein Kunstwerk aus<br />
Versehen zerstört.“ Konkrete Absatzzahlen<br />
nannte der Versicherer bei der Anfrage von<br />
<strong>procontra</strong> allerdings nicht.<br />
Hiscox ist auf gewerbliche Bürorisiken<br />
spezialisiert, wie sie vor allem bei IT-<br />
Firmen, Dienstleistern und Beratungsunternehmen<br />
bestehen. Das Privatgeschäft<br />
mit Allgefahrenschutz macht Hiscox<br />
praktischerweise gleich mit. „All unsere<br />
Privatkunden-Versicherungen sind Allgefahrenprodukte“,<br />
erklärt Sucker. Damit sei<br />
All-Risk keinesfalls ein Nischenprodukt für<br />
den Spezialversicherer. Die Zielgruppe bestehe<br />
aus vermögenden Privatkunden, die<br />
sich rundum gut abgesichert wissen wollen.<br />
Ebenso Kunden, die ihre „Schätzchen“, wie<br />
etwa das Ferienhaus, das wertvolle Kunstwerk<br />
oder den geliebten Oldtimer, umfassend<br />
absichern möchten.<br />
SCHUTZ FÜR PRIVATE<br />
Auch Branchenprimus Allianz offeriert<br />
nicht nur Gewerbe- und Industriekunden<br />
Allgefahrenschutz, sondern auch Privatleuten.<br />
Laut einer Sprecherin des Versicherers<br />
erfolgt das Angebot in einzelnen Tarifen der<br />
folgenden Kategorien: Hausrat und Wohngebäude<br />
(Tarif Premium), Kunst (Allianz<br />
Art Privat), Ausstellungen (Transport-/<br />
Kunst-Police) sowie Auto (Akku von Elektro-/Hybridfahrzeugen,<br />
Oldtimer). Wettbewerber<br />
Axa bietet in der Kfz-Versicherung<br />
in der Produktlinie Mobil Komfort eine Allgefahrendeckung<br />
als festen Bestandteil des<br />
UMFASSENDER SCHUTZ<br />
Klassische Deckung vs. Allgefahrendeckung anhand dreier Beispiele<br />
STURMSCHADEN IM FREIEN<br />
(HAUSRAT)<br />
Durch den letzten kräftigen<br />
Hagelsturm haben die<br />
Terrassenmöbel und das<br />
Trampolin bei Familie Müller<br />
einen enormen Schaden davongetragen.<br />
In einer klassischen Versicherung<br />
bezeichnet Sturm eine genau definierte<br />
Mindestwindstärke von 8. Was bei Windstärke<br />
7 zu Bruch geht, übernimmt sie in der<br />
Regel nicht.<br />
› LEISTUNG MIT 250 EURO SELBSTBEHALT<br />
› LEISTUNG BIS 3.000 EURO<br />
Produkts. „Dies ist für risikoaverse Kunden<br />
interessant und bietet ein Maximum an<br />
Absicherung“, meint Claus Hunold, Leiter<br />
Maklervertrieb bei Axa. Aufgrund der Vielzahl<br />
an Tarifmerkmalen könne Axa kein<br />
aussagekräftiges Preisbeispiel geben. Die<br />
Bayerische nennt zwar auch keine Kosten,<br />
zeigt in ihrer Produktbroschüre zur Meineeine-Police<br />
aber Leistungsbeispiele (siehe<br />
Textkästen).<br />
»All-Risk-Policen erleichtern<br />
Vermittlern<br />
das Thema Haftung.«<br />
ALINA SUCKER, HISCOX DEUTSCHLAND<br />
FAHRRADSCHÄDEN<br />
(HAUSRAT)<br />
Bei der Fahrradtour<br />
durch den Bayerischen Wald ist Herr<br />
Gruber in der Kurve von seinem Rennrad<br />
gefallen. Danach benötigt sein Rennrad<br />
einige Reparaturen.<br />
In einer klassischen Versicherung muss<br />
der Schaden aufgrund einer versicherten<br />
Gefahr (Feuer, Leitungswasser, Sturm oder<br />
Einbruchdiebstahl) entstanden sein. In der<br />
Regel wäre der Schaden daher nicht versichert,<br />
in der Meine-eine-Police aber schon.<br />
› ÜBERNAHME DER REPARATURKOSTEN<br />
ODER GEGEBENENFALLS ERSATZ DES<br />
FAHRRADS BEI STURZSCHÄDEN<br />
UNERWARTETER<br />
BESUCH<br />
(WOHNGEBÄUDE)<br />
Nach einer scheinbar<br />
normalen Nacht findet Herr Weber seinen<br />
neu gemachten Garten völlig verwüstet<br />
vor. In der Nacht hatten Wildschweine dem<br />
Anwesen einen Besuch abgestattet und<br />
den Aufstellpool platt getrampelt.<br />
In einer klassischen Versicherung muss<br />
der Schaden aufgrund einer versicherten<br />
Gefahr (Feuer, Leitungswasser oder Sturm)<br />
entstanden sein. In der Regel wäre der<br />
Schaden daher nicht versichert, in der<br />
Meine-eine-Police aber schon.<br />
› LEISTUNG FÜR DIE REPARATUR DES POOLS<br />
Quelle: die Bayerische<br />
Dass die Prämie einer Allgefahrenversicherung<br />
in der Regel höher ist als bei einer<br />
herkömmlichen Versicherung, deren Schutz<br />
sich über eine Liste bekannter Gefahren<br />
erstreckt, ist einleuchtend. Höhere Prämie<br />
bedeutet für Vermittler auch attraktivere<br />
Courtage. Dem steht allerdings der Abschluss<br />
nur eines Versicherungsvertrags<br />
gegenüber, was tendenziell wiederum in<br />
Summe weniger Vergütung bedeutet. Unter<br />
Maklern sind All-Risk-Policen daher umstritten.<br />
Ihre Allgefahrenversicherungen<br />
adressieren Vermittler auf ihren Websites<br />
fast nur an Gewerbekunden, insbesondere<br />
kleine und mittlere Unternehmen.<br />
UMKEHR DER BEWEISLAST<br />
Ein großer Vorteil von Allgefahrenversicherungen<br />
ist die Umkehr der Beweislast<br />
im Schadensfall. Normalerweise muss der<br />
Versicherungsnehmer das Vorliegen des<br />
Versicherungsfalls nachweisen. Dies gilt<br />
auch, wenn eine klassische Deckung um<br />
sogenannte „unbenannte Gefahren“ erweitert<br />
wird. Bei All-Risk-Policen dagegen ist<br />
der Versicherer in der Pflicht. Dazu Peter<br />
Pillath, Underwriter Manager Commercial<br />
Property & General Liability bei Hiscox<br />
Deutschland: „Während bei einer Benannte-Gefahren-Deckung<br />
der Kunde dafür verantwortlich<br />
ist, wenn etwas nicht versichert<br />
ist, was er gegebenenfalls hätte versichern<br />
wollen oder sollen, trägt bei der Allgefahrenversicherung<br />
der Versicherer die Verantwortung,<br />
wenn er nicht etwas aus-<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
43
VERSICHERUNGEN Allgefahrendeckung<br />
»Makler werden unser<br />
Produkt nicht unbedingt finden«<br />
ANDREAS BUHRE, Leiter Underwriting und Portfoliomanagement, die Bayerische<br />
<strong>procontra</strong>: Worin liegt der Charme einer<br />
privaten Allgefahrenversicherung?<br />
Andreas Buhre: Wir bieten bei unserer<br />
Meine-eine-Police echte Allgefahrendeckungen<br />
für die Sparten Hausrat/<br />
Glas, Haftpflicht, Unfall und Wohngebäude<br />
an. Alles ist versichert, was<br />
nicht ausgeschlossen ist. Das ist für den<br />
Kunden praktisch. Vorteilhaft ist auch<br />
die Umkehr der Beweislast. Bei einer<br />
echten All-Risk-Versicherung muss – im<br />
Vergleich zu einem Allgefahren-Baustein<br />
– der Versicherer nachweisen, dass der<br />
Schaden nicht so wie vom Kunden beschrieben<br />
eingetreten ist.<br />
<strong>procontra</strong>: Wo liegt der Vorteil für<br />
Makler?<br />
Buhre: Die Einfachheit minimiert das<br />
Risiko einer Falschberatung und reduziert<br />
– wegen der Beweislastumkehr – die<br />
Arbeit im Schadensfall. Zudem ist das<br />
Produkt in keinem Vergleichsprogramm<br />
zu finden. Das erschwert zwar den<br />
Marktvergleich. Aber die Unauffindbarkeit<br />
des Produkts in Kundenportalen<br />
mit Kündigungsalarm gibt dem Makler<br />
eine gewisse Bestandssicherheit gegen<br />
die Roboter der InsurTechs. Weiterhin<br />
vereinfacht die „Inzahlungnahme“ bestehender<br />
Versicherungen im Rahmen der<br />
Konditionsdifferenzdeckung dem Makler<br />
die Arbeit.<br />
<strong>procontra</strong>: Makler finden das Produkt<br />
in Vergleichssoftware ebenfalls nicht.<br />
Wie entwickelt sich der Vertrieb über<br />
Makler?<br />
Buhre: Wir sind sehr zufrieden mit dem<br />
Absatz. Und es stimmt, ein Makler wird<br />
unser Produkt nicht unbedingt finden.<br />
Dafür muss man Anhänger von uns oder<br />
unserer Allgefahrenpolicen sein. Wir sind<br />
froh, im Maklermarkt unsere Fans zu<br />
haben. Und diese werden stetig mehr: Bei<br />
den diesjährigen „Makler-Champions“<br />
wurden wir erneut zu den besten Anbietern<br />
gewählt.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie kalkulieren Sie die<br />
Meine-eine-Police?<br />
Buhre: Weil einige Schäden mitversichert<br />
sind, die normale Policen nicht decken,<br />
ist die Prämie etwas höher. Kunden<br />
können sich für einen Jahresselbstbehalt<br />
über alle Sparten in Höhe von 2.000<br />
Euro entscheiden, das macht sich in der<br />
Prämie bemerkbar. Zudem bieten wir<br />
einen jährlichen Risiko-Check an. Auch<br />
hier kommt es zu einer Enthaftung für<br />
Makler.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie funktioniert der Risiko-<br />
Check?<br />
Buhre: Einmal im Jahr schreiben wir unsere<br />
Kunden an und möchten von jedem<br />
einzelnen wissen, ob sich seine Situation<br />
verändert hat. Wenn der Kunde zum<br />
Beispiel inzwischen einen Hund besitzt,<br />
so ist auch der bis zur Abfrage mitversichert.<br />
Beim Risiko-Check muss der<br />
Kunde den Hund angeben, sonst ist das<br />
Tier nicht mitversichert. Wir informieren<br />
auch den Makler über anstehende<br />
Risiko-Checks, sodass er gemeinsam mit<br />
dem Kunden über eine Anpassung des<br />
Versicherungsschutzes sprechen kann.<br />
Das ist für jeden Makler immer eine<br />
gute Gelegenheit, mit dem Kunden ins<br />
Gespräch zu kommen.<br />
geschlossen hat, was er eigentlich nicht<br />
hätte versichern wollen. Der Nachweis,<br />
dass ein Ausschluss im konkreten Schadenfall<br />
greift, obliegt dem Versicherer.“<br />
Allgefahrenversicherungen können aus<br />
einem weiteren Grund sinnvoll sein: wenn<br />
bei Kunden und Maklern eine vergleichsweise<br />
hohe Unsicherheit in Bezug auf mögliche<br />
Risiken besteht. Dies gilt zum Beispiel<br />
für den noch jungen Markt für Elektroautos.<br />
Für viele Menschen seien noch zu<br />
viele Fragen offen, um sich auf diese Art<br />
»Allgefahrendeckung<br />
ist für risikoaverse<br />
Kunden interessant<br />
und bietet ein<br />
Maximum an<br />
Absicherung.«<br />
CLAUS HUNOLD, AXA<br />
der Mobilität einlassen zu können, schreibt<br />
Helvetia in einer Pressemitteilung zur neuen<br />
Helvetia eCar. Daher habe Helvetia eine<br />
Kfz-Versicherung auf den Markt gebracht,<br />
„die einfach alles versichert“.<br />
E-AUTOS IM FOKUS<br />
Helvetia eCar sei ein monatlich kündbarer<br />
Komplettschutz. Die Allgefahren-Kfz-Haftpflichtversicherung<br />
inklusive Vollkasko<br />
decke gezielt die Risiken ab, die mit batteriebetriebenen<br />
Fahrzeugen verbunden sind,<br />
inklusive Cyberschutz bei Manipulation der<br />
Software im Fahrzeug. Ebenfalls enthalten<br />
sei Hilfe, falls das Fahrzeug aufgrund eines<br />
leeren Akkus liegen bleibt. Dann könne<br />
der Fahrer sein Auto von einer Pannenhilfe<br />
zur nächsten Ladestation abschleppen<br />
lassen. Wallboxen und Ladezubehör seien<br />
ebenfalls mitversichert. Weitere Leistungen<br />
kämen hinzu. Die gesamten Versicherungsbedingungen<br />
seien auf „nur sieben Seiten“<br />
beschrieben, skizziert Helvetia einen weiteren<br />
Vorteil für Kunden und Makler.<br />
Am offensivsten geht die Bayerische mit<br />
dem Thema Allgefahrenversicherung um.<br />
Die seit 2016 im Markt erhältliche Meineeine-Police<br />
hat der Versicherer eigenen An-<br />
44 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Allgefahrendeckung VERSICHERUNGEN<br />
gaben zufolge jetzt komplett überarbeitet.<br />
Sie enthalte nun nachhaltige Leistungen<br />
in den Bereichen Hausrat, Haftpflicht und<br />
Wohngebäude ohne Mehrbeitrag. Zum<br />
Beispiel übernehme der Versicherer bis<br />
zu 20 Prozent des Anschaffungswerts für<br />
nachhaltig produzierte Möbel oder für<br />
Haushaltsgeräte der höchsten Energieeffizienzklasse.<br />
Auch Wandladestationen für<br />
Elektroautos seien mitversichert. Weitere<br />
Verbesserungen wie Leistungsgarantien kämen<br />
hinzu.<br />
AUCH ALS BÜNDELPRODUKT<br />
Wie die Bayerische berichtet, bündelt das<br />
Produkt bis zu sieben Komposit-Bausteine<br />
in nur einem Vertrag. Bestehende Versicherungen<br />
– auch von Fremdanbietern –<br />
könnten eingebunden werden. Einige Komponenten<br />
der Meine-eine-Police folgten<br />
dem Allgefahrenprinzip – und zwar: Wohngebäude,<br />
Hausrat/Glas und Haftpflicht. In<br />
diesen Bereichen sei alles mitversichert, was<br />
nicht ausdrücklich anders geregelt ist. Das<br />
Schutzpaket richte sich an Familien, die in<br />
Einfamilienhäusern wohnen und einen umfassenden<br />
Versicherungsservice wünschen.<br />
Das kann ein Vorteil sein. Denn Veränderungen<br />
im Familienleben sind vom ersten<br />
Moment an mitversichert. Und lebhaft geht<br />
es in vielen Familien zu: Geburt eines Kindes,<br />
Auszug eines Kindes, Kinder ziehen mit<br />
eigenen Kindern wieder ein, Oma und/oder<br />
Opa leben im Haushalt und so weiter. Das<br />
freilich sind auch alles Beratungsanlässe<br />
für einen Makler. Die fallen vielleicht nicht<br />
gänzlich weg, Inhaber einer Allgefahrenversicherung<br />
fühlen sich vermutlich aber „gut<br />
versorgt“ und wünschen mitunter weniger<br />
Beratung. Das ist der Nachteil aus Maklersicht.<br />
Der Nachteil aus Kundensicht: All-<br />
Risk-Policen sind relativ teuer.<br />
Turteltauben.<br />
Abschluss.<br />
Piepen.<br />
EINFACH AUF DEN PUNKT.<br />
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<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
CHANCEN 2022<br />
Im Gewerbegeschäft sind<br />
Allgefahrenversicherungen üblich<br />
Im Privatgeschäft können All-Risk-Policen<br />
auch sinnvoll sein<br />
Höhere Prämie bedeutet oft<br />
auch höhere Courtage<br />
Für Makler sind Haftung und<br />
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gleichen Haushalt leben (identische Postadresse), jeweils eine Risikolebensversicherung<br />
(E-RL, E-RLP, E-VRL) per elektronisch generiertem Antrag beantragen. Die Anträge<br />
müssen gleichzeitig und zusammen mit dem „Gutschein“, der den Antragsunterlagen<br />
beigefügt ist, in der Zeit vom 01.10.<strong>2021</strong> bis zum 31.12.<strong>2021</strong> bei der EUROPA<br />
eingereicht werden. Jeder Antrag wird dann von uns gesondert geprüft. Die<br />
Laufzeit der Verträge muss jeweils mindestens zwei Jahre betragen. Jeder<br />
Vertrag erhält bereits ab der ersten Fälligkeit ein Beitragsguthaben in Höhe von<br />
25 €, von denen durch Verrechnung mit den fälligen Beiträgen im ersten Jahr 15 €<br />
verdient sind, im zweiten Jahr 10 €. Für die Teilnahme an der Aktion ist die Zahlung<br />
per SEPA-Lastschriftverfahren erforderlich. Sollte es nicht zur Antrags stellung beider<br />
Verträge kommen oder sind die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt,<br />
erhält der Vertrag kein Beitragsguthaben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, keine<br />
Barauszahlung, Teilnahme ab 18 Jahren, Ansprüche sind nicht übertragbar. 45
VERSICHERUNGEN bAV und Teilzeit<br />
TEILZEIT-TÜCKEN IN DER BAV<br />
Immer wieder sind Teilzeitbeschäftigte überrascht, dass sie nicht mehr Betriebsrente<br />
bekommen. Das liegt auch an Mängeln in der Versorgungsordnung. Ausführliche<br />
Informationen sind notwendig.<br />
– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />
Die Kombination Teilzeit und Betriebsrente<br />
ist durchaus heikel. Wie das Beratungsunternehmen<br />
Longial berichtet, landet die<br />
Frage nach der Berechnung der Betriebsrente<br />
bei Teilzeitbeschäftigten häufiger vor<br />
Gericht. Meist gerate die Versorgungsordnung<br />
in den Fokus. Denn es gebe eine Fülle<br />
an Regelungen und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
zu berücksichtigen – entsprechend<br />
leicht könne es zu Fehlern kommen. Das<br />
sei für Makler „sehr relevant“, wie Longial-Geschäftsführer<br />
Michael Hoppstädter<br />
betont. „Ein Makler muss die passende<br />
Produktlösung zu den Vorgaben der Versorgungsordnung<br />
finden bzw. umsetzen.“<br />
Und Fabian von Löbbecke, Chef von HDI<br />
Pensionsmanagement und Vorstand der<br />
HDI Leben, ergänzt auf Anfrage: „Der<br />
Denkanstoß für eine Versorgungsordnung<br />
in kleineren und mittleren Betrieben geht<br />
meist vom Vermittler aus. Deren Installation,<br />
Überprüfung und Aktualisierung stärkt<br />
die Kundenbeziehung und liefert neue Beratungsansätze.“<br />
GROSSER FRUST<br />
Es ist für einen Makler sinnvoll, die Tücken<br />
bei der Gestaltung der Versorgungsordnung<br />
insbesondere im Zusammenhang<br />
mit Teilzeit zu kennen, wenn der Vermittler<br />
sich als geeigneter und kompetenter Partner<br />
des Unternehmens erweisen will. Dies gilt<br />
auch mit Blick auf die Bezugsberechtigten<br />
einer bAV. Wenn die irgendwann feststellen<br />
sollten, dass ihre Betriebsrente geringer<br />
ausfällt als jahrelang angenommen, ist der<br />
Frust groß. Auch Alexander Bauer, Leiter<br />
des Rechtsbereichs bei Heubeck, einem Beratungsunternehmen<br />
in allen Fragen der Altersvorsorge,<br />
sieht hier Potenzial für Streitfälle.<br />
„Wie sich die Teilzeitbeschäftigung<br />
genau auf die Höhe der bAV auswirkt,<br />
sollte in der Versorgungsordnung explizit<br />
geregelt sein“, lautet seine Empfehlung.<br />
Und weiter: „Fehlt eine explizite Regelung,<br />
46 Illustration: Eleonora Mavromati
AV und Teilzeit VERSICHERUNGEN<br />
muss die Versorgungsregelung für die betriebliche<br />
Praxis unter Berücksichtigung<br />
der Vorgaben des Teilzeit- und Befristungsgesetzes<br />
ausgelegt werden.“ Dann sind<br />
Konflikte fast zwangsläufig.<br />
Verantwortlich für die Versorgungsordnung<br />
ist laut Hoppstädter zwar der Arbeitgeber,<br />
weil er die „Leitplanken“ für<br />
das betriebliche Versorgungswerk festlegt.<br />
„Dabei können sich Arbeitgeber von Pensionsberatern<br />
unterstützen lassen, wenn<br />
diese die Erlaubnis zur Rechtsberatung<br />
haben.“ Standard-Mustervereinbarungen<br />
würden zwar auch von Produktgebern zur<br />
Verfügung gestellt, müssten aber häufig an<br />
die individuellen Wünsche und Ausgangslage<br />
des jeweiligen Unternehmens angepasst<br />
werden. Heubeck-Experte Bauer erinnert<br />
daran, dass eine Arbeitnehmervertretung<br />
an der Gestaltung der Versorgungsordnung<br />
beteiligt werden muss, sofern diese im Unternehmen<br />
vorhanden ist.<br />
KEINE BENACHTEILIGUNG<br />
Den Fachleuten zufolge lautet der wichtigste<br />
Grundsatz bei der Berechnung einer<br />
bAV für einen Teilzeitbeschäftigten: Es<br />
darf zu keiner Benachteiligung kommen.<br />
„Das heißt“, erläutert Hoppstädter, „dass<br />
ein Arbeitnehmer in Teilzeit eine Leistung,<br />
beispielsweise die bAV, in dem Umfang<br />
erhalten muss, der anteilig der Arbeitszeit<br />
eines vergleichbaren Vollbeschäftigten entspricht.“<br />
Zudem sei zu beachten, dass die<br />
bAV eine Versorgung ist, „die sich Beschäftigte<br />
durch die Betriebszugehörigkeit im gesamten<br />
Arbeitsverhältnis erdienen“. Daher<br />
sei es rechtlich geboten, ein Versorgungsniveau<br />
nach den Verhältnissen während der<br />
Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zu<br />
bemessen. Für jeden Monat der Betriebszugehörigkeit<br />
des Mitarbeiters werde festgelegt,<br />
mit welchem Beschäftigungsanteil<br />
er beschäftigt war – ausgehend von einer<br />
Vollzeitbeschäftigung. Die Tabelle zeigt ein<br />
Beispiel für die Berechnung des Gesamtbeschäftigungsgrades.<br />
Dieser beträgt hier<br />
87,842 Prozent (333,8/380) und wird bei<br />
der Berechnung der zugehörigen Betriebsrente<br />
herangezogen.<br />
Hoppstädter verweist auf eine typische<br />
Fehlinterpretation in der Praxis. Tückisch<br />
seien Versorgungszusagen, die eine Begrenzung<br />
der versorgungsfähigen Dienstzeit<br />
vorsehen. Hat ein Arbeitgeber hier zum<br />
Beispiel die Grenze bei 25 Jahren bzw.<br />
300 Monaten festgelegt, sei dies die ver-<br />
BERECHNUNGSBEISPIEL FÜR GEWICHTETE MONATE<br />
Ermittlung des Gesamtbeschäftigungsgrads zur Berechnung der Betriebsrente<br />
VON … BIS BESCHÄFTIGUNGSGRAD MONATE GEWICHTET<br />
1.1.90 – 31.12.09 100 % 240 240,00<br />
1.1.10 – 31.12.16 75 % 84 63,00<br />
1.1.17 – 31.8.21 55 % 56 30,80<br />
Summe 380 333,80<br />
Gesamtbeschäftigungsgrad = 333,8 : 380 = 87,842 Prozent <br />
sorgungsfähige Dienstzeit. In diesem Fall<br />
würden Teilzeitbeschäftigte oft argumentieren,<br />
dass ihre versorgungsfähige Dienstzeit<br />
sogar überschritten ist, wie in der Beispiel-<br />
Tabelle mit 333,8 Monaten bzw. 27,82<br />
Jahren. Das Bundesarbeitsgericht habe in<br />
den vergangenen Jahren und zuletzt im<br />
Urteil vom 23. März <strong>2021</strong> (Aktenzeichen<br />
»Wie sich die Teilzeitbeschäftigung<br />
genau<br />
auf die Höhe der bAV<br />
auswirkt, sollte in der<br />
Versorgungsordnung<br />
explizit geregelt sein.«<br />
ALEXANDER BAUER, HEUBECK<br />
3 AZR 24/20) betont, dass zunächst der<br />
Höchstrentenanspruch eines Vollzeitmitarbeiters<br />
zu ermitteln ist. Darauf sei dann der<br />
Gesamtbeschäftigungsgrad der jeweiligen<br />
Teilzeitkraft anzurechnen. Zahlt ein Arbeitgeber<br />
in diesem Beispiel pro Dienstjahr<br />
10 Euro Betriebsrente, beträgt der Höchstrentenanspruch<br />
wegen des Deckels bei 25<br />
Jahren: 10 Euro x 25 Jahre = 250 Euro.<br />
Der Teilzeitmitarbeiter bekäme 250 Euro x<br />
87,842 Prozent = 219,61 Euro, und nicht<br />
wie angenommen die maximale Betriebsrente<br />
von 250 Euro.<br />
EINDEUTIGE REGELUNG<br />
Diese Zusammenhänge seien vielen Beschäftigten<br />
nicht bewusst. Daher sagt<br />
Quelle: Longial<br />
Hoppstädter: „Eine aktuelle und rechtlich<br />
sichere Versorgungsordnung gewährleistet,<br />
dass Arbeitnehmer über die vereinbarten<br />
Konditionen zur bAV ausführlich informiert<br />
sind, und bewahrt Arbeitgeber vor<br />
späteren Rechtsstreitigkeiten.“ Wichtig dabei:<br />
Die Regelungen zur Teilzeit sollten eindeutig<br />
klarstellen, was wirklich gewollt ist.<br />
Ratsam sei, in einer Versorgungsordnung<br />
anhand von Beispielen die Berechnungen<br />
zur Höhe der Betriebsrente darzulegen. Sowohl<br />
Arbeitnehmer mit wechselndem als<br />
auch solche mit gleichbleibendem Teilzeitgrad<br />
seien dabei zu berücksichtigen. Auch<br />
von Löbbecke betont: „Um Unklarheiten,<br />
Fehler und damit Haftungsrisiken in einer<br />
Versorgungsordnung zu vermeiden, ist es<br />
dringend zu empfehlen, die Versorgungsordnung<br />
von einer sachkundigen Person<br />
erstellen zu lassen, die im besonderen Arbeitsrecht<br />
der bAV hinreichend qualifiziert<br />
ist.“ Dabei handelt es sich oft um spezialisierte<br />
Rechtsanwälte, Rentenberater oder<br />
Beratungshäuser, für deren Juristen die Erstellung<br />
von Versorgungsordnungen, maßgeschneidert<br />
auf das Unternehmen, Tagesgeschäft<br />
ist.<br />
CHANCEN 2022<br />
Kunden auf eine mögliche „Betriebsrentenlücke“<br />
hinweisen<br />
Makler beugen Enttäuschungen bei<br />
Kunden vor. Das festigt die Beziehung<br />
Teilzeit und Kurzarbeit haben in der<br />
Pandemie zugenommen<br />
Makler können mit Weitsicht und<br />
bAV-Know-how glänzen<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
47
VERSICHERUNGEN Spezialisierung<br />
E-MOBILITÄT: BITTE EINSTEIGEN?<br />
Elektrofahrzeuge sind der Mobilitätstrend für die nächsten Jahrzehnte und<br />
haben teils einen anderen Versicherungsbedarf als Verbrenner.<br />
Lohnt sich für Makler eine Spezialisierung auf Stromer?<br />
– TEXT: FLORIAN BURGHARDT –<br />
E-Autos werden in Deutschland immer<br />
beliebter. Im Oktober <strong>2021</strong> wurden hierzulande<br />
30.560 Pkw mit reinem Elektroantrieb<br />
zugelassen. Damit lag die Anzahl<br />
ihrer Neuzulassungen <strong>2021</strong> mit 267.255<br />
kommt ein ebenfalls starker Zuwachs<br />
bei Hybridfahrzeugen. Zwar spielen den<br />
Stromern dabei auch die aktuellen Lieferengpässe<br />
für klassische Verbrenner in die<br />
Hände, durch die weniger diesel- und benbereits<br />
deutlich über dem Gesamtwert des<br />
Vorjahres (194.163). Damals, 2020, machten<br />
sie 6,7 Prozent aller Neuzulassungen<br />
(2,9 Millionen Pkw) aus. Mittlerweile hat<br />
sich ihr Anteil schon fast verdoppelt. Dazu<br />
48 Illustration: Roman Kulon
Spezialisierung VERSICHERUNGEN<br />
zinbetriebene Autos gebaut werden können.<br />
Dennoch: Der Trend ist klar – und er<br />
hat auch Auswirkungen auf die Versicherungsbranche.<br />
Beispielsweise gab die R+V ebenfalls<br />
im Oktober bekannt, dass die Anzahl der<br />
von ihr versicherten Elektro- und Hybridfahrzeuge<br />
nach dem dritten Quartal die<br />
100.000er-Marke geknackt habe – ein Zuwachs<br />
um mehr als 60 Prozent gegenüber<br />
2020. Die Nürnberger Versicherung teilte<br />
jüngst mit, dass sich jeder zweite ihrer E-<br />
Auto-Fahrer zusätzlich für den Baustein<br />
„Elektro Plus“ entscheide. Dieser sichert<br />
weitergehende Schadensereignisse mit ab,<br />
zum Beispiel Tierbissfolgeschäden an der<br />
Fahrzeugelektronik, und er schließt die<br />
Wallboxen (Ladestationen) an privaten<br />
Wohngebäuden mit ein. „Spezieller Versicherungsschutz<br />
für Elektro- und Hybridfahrzeuge<br />
wird sich durchsetzen und zu<br />
einem wichtigen Qualitätskriterium entwickeln.<br />
Die Gesellschaften sind gut beraten,<br />
ihre Kundinnen und Kunden auf dem Weg<br />
in eine CO 2<br />
-neutrale Zukunft zu begleiten“,<br />
hebt Michael Franke, Gründer und<br />
geschäftsführender Gesellschafter der Ratingagentur<br />
Franke und Bornberg, hervor.<br />
POTENZIAL ODER FLAUTE?<br />
Aber welche Möglichkeiten bieten sich<br />
durch diese Entwicklungen den Maklern?<br />
Wenn hier eine Umwälzung der gesamten<br />
Kfz-Versicherung stattfindet, könnte das<br />
wiederum großteilige Kundenwanderungen<br />
auslösen. Lohnt sich vielleicht sogar eine<br />
Spezialisierung auf die Kfz-Versicherung<br />
für E-Autos? „Die Zahl der Kunden, die ein<br />
E-Auto fahren, steigt auch bei mir. In meiner<br />
Beratungsarbeit wälzt das aber nichts<br />
um“, sagt Christian Albert, Geschäftsführer<br />
des Maklerunternehmens Kassekura<br />
in Fritzlar. Er relativiert die Euphorie, es<br />
könne sich für Makler besonders lohnen,<br />
sich jetzt tiefgehend mit der Versicherung<br />
von E-Autos zu beschäftigen, vielleicht sogar<br />
darauf zu spezialisieren. Zwar sei der<br />
Beratungsaufwand für E-Auto-Tarife teilweise<br />
höher als der für Verbrenner – neben<br />
dem Akkuschutz beispielsweise auch wegen<br />
Themen wie Hackerangriffen auf die Fahrzeugsoftware<br />
oder Diebstahl von Ladekabeln.<br />
Die Versicherungsbeiträge wären aber<br />
größtenteils gleich hoch und damit auch die<br />
sich daraus ergebende Provision.<br />
Wenn der Ertrag den Aufwand nicht<br />
rechtfertigt, klingt eine Spezialisierung auf<br />
Beliebtestes E-Auto-<br />
Modell in Deutschland<br />
ist der Renault Zoe (über 30.000<br />
Zulassungen 2020) *<br />
Im Jahr 2020 waren 54 Prozent<br />
der Neuzulassungen in<br />
Norwegen reine Elektro autos =<br />
Weltspitze. Zum Vergleich<br />
Deutschland: 6,7 Prozent *<br />
IN DEUTSCHLAND NOCH EINE MINDERHEIT<br />
5 Fakten über E-Autos<br />
Der Akku ist das Herzstück des E-Autos (Kosten: rund 10.000 Euro).<br />
Häufig muss aber nicht der ganze Akku, sondern nur eines seiner Module<br />
getauscht werden. Kostenpunkt: rund 2.000 Euro ***<br />
E-Autos natürlich wenig lukrativ. Außer es<br />
ließe sich noch an der Verdienstschraube<br />
drehen. These: E-Autos haben, unter anderem<br />
aufgrund der verbauten Technik, in der<br />
Kaskoversicherung relativ hohe Typklassen.<br />
Zudem kommen in diesem Segment<br />
»Spezieller Versicherungsschutz<br />
für<br />
Elektro- und Hybridfahrzeuge<br />
wird sich<br />
durchsetzen.«<br />
MICHAEL FRANKE, FRANKE UND BORNBERG<br />
viele Neuwagen auf den Markt, darunter<br />
relativ viele hochpreisige, zum Beispiel<br />
die des Herstellers Tesla. Entsprechend<br />
müssten die Beiträge in der Kfz-Versicherung<br />
höher liegen und dadurch mehr Courtage<br />
für Makler ermöglichen. Dazu kommt,<br />
dass die Fahrer teurer Autos meistens auch<br />
finanziell gut situiert sind – und damit eine<br />
interessante Klientel im Hinblick auf Cross-<br />
Selling sind.<br />
Das KfW-Förderprogramm des<br />
Bundes für private Ladestationen<br />
an Wohngebäuden (Wallboxen)<br />
wurde bereits im Oktober <strong>2021</strong> komplett<br />
ausgeschöpft: 800 Millionen<br />
Euro für rund 900.000 Wallboxen **<br />
Wer einen Verbrenner abmeldet<br />
und sich seinen ersten Stromer<br />
zulegt, kann seinen Schadenfreiheitsrabatt<br />
für diesen<br />
einfach weiterverwenden. Es muss<br />
kein eigener E-Auto-SFR aufgebaut<br />
werden. *<br />
Quelle: *GDV, **Bundesregierung, ***eigene Recherche<br />
AUTOBAUER ALS GROSSE KONKURRENZ<br />
Eine These, die Makler Peter Bieger grundsätzlich<br />
bestätigen kann. Er ist seit fünf<br />
Jahren auf die Kfz-Versicherung von E-Autos<br />
spezialisiert und damit ein echter Exot<br />
in der Vermittlerlandschaft. Tatsächlich<br />
könne er gut von den Abschluss- und Bestandsprovisionen<br />
der Kfz-Verträge leben,<br />
sogar ohne Cross-Selling (siehe Interview).<br />
Jedoch geht er davon aus, dass er bald einen<br />
Großteil seines Bestands verlieren wird,<br />
weil die Autobauer eigene Versicherungskonzepte<br />
direkt an ihre Kunden bringen<br />
werden. „Dann bin ich als Makler in vielen<br />
Fällen raus“, sagt Bieger. Sich jetzt noch als<br />
Makler auf Kfz-Versicherungen für E-Autos<br />
zu spezialisieren, davon rät er ab.<br />
Glaubt man Bieger, dann ist der E-Auto-<br />
Boom aus Vermittlersicht bereits vorbei,<br />
bevor er so richtig begonnen hat. Komplett<br />
links liegen lassen sollten Makler das Thema<br />
aber nicht. Denn wer sich bei den speziellen<br />
Schutzbedürfnissen von Elektrofahrzeugen<br />
als fachkundig erweist, kann auf<br />
diesem Wege Neukunden gewinnen und<br />
Bestandskunden, die sich ein E-Auto zulegen<br />
möchten, an sich binden. Vor allem die<br />
zweite Gruppe dürfte sich in den nächsten<br />
Jahren stark vergrößern. <br />
Lesen Sie zum Thema auch das Interview auf Seite 50.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
49
VERSICHERUNGEN Spezialisierung<br />
»Die Autobauer werden uns Makler mit<br />
ihren Versicherungskonzepten verdrängen«<br />
PETER BIEGER ist als Makler seit fünf Jahren auf Kfz-Versicherungen für E-Autos spezialisiert.<br />
<strong>procontra</strong>: Sie haben sich als Makler auf die<br />
Versicherung von E-Autos spezialisiert. Wie kam<br />
es denn dazu?<br />
Peter Bieger: Im April 2016 habe ich mir einen<br />
Renault Zoe mit Elektroantrieb bestellt. Bei der<br />
Recherche nach Kfz-Versicherungstarifen für E-<br />
Autos gab es damals nur wenige Möglichkeiten.<br />
Also habe ich begonnen, mir Bedingungen im<br />
Detail anzusehen, und die Ergebnisse in einer<br />
Tabelle festgehalten. Ziel war es, den Menschen<br />
Infos zur Verfügung zu stellen, die es sonst<br />
nirgendwo gab, und erst einmal in Vorleistung zu<br />
gehen und etwas zu geben, ohne direkt etwas<br />
zurückzubekommen. Bei dieser Vorgehensweise<br />
konnten potenzielle Kunden mein Know-how<br />
nutzen und den Abschluss alleine machen; aber<br />
es gab auch viele, die erkannt haben, dass da<br />
jemand mehr Ahnung als alle anderen hat, und<br />
das Beratungsangebot gerne angenommen<br />
haben.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Schritte waren notwendig,<br />
bis Sie von sich behaupten konnten, Profi auf<br />
diesem Gebiet zu sein?<br />
Bieger: Ganz entscheidend war, dass ich da<br />
mals den Zugang<br />
zu zwei großen<br />
Internetforen für<br />
E-Auto-Fahrer<br />
gefunden habe.<br />
Eines davon ist<br />
speziell für Tesla-<br />
Fahrer. Dort konnte<br />
ich Beiträge<br />
schreiben und die<br />
Fragen anderer<br />
Nutzer beantworten.<br />
Die Kunden<br />
kamen dann<br />
bald von ganz<br />
allein. Außerdem<br />
habe ich mir eine<br />
Internetseite<br />
gebaut, die meine<br />
Spezialisierung<br />
auf E-Autos<br />
herausstellt. Zusätzlich wurde ich auch offizieller<br />
Werbepartner für eines der Internetforen.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie viele Kfz-Versicherungen für E-<br />
Autos haben Sie denn bisher vermittelt?<br />
Bieger: Zu Beginn, also 2016, waren es 30. Ein<br />
Jahr später dann 120. Mittlerweile habe ich circa<br />
1.800 Fahrzeuge im Bestand. Das sind ganz<br />
überwiegend Privatkunden und davon viele<br />
Tesla-Fahrer.<br />
»Die Kfz-Versicherungen<br />
machen etwa<br />
85 Prozent meines<br />
Einkommens aus. «<br />
<strong>procontra</strong>: Die durchschnittliche Jahresprämie<br />
für eine Kfz-Haftpflichtdeckung plus Vollkasko<br />
liegt bei knapp 600 Euro. Ihren Umsatz machen<br />
Sie dann vor allem über Cross-Selling?<br />
Bieger: Nein, die Kfz-Versicherungen machen<br />
etwa 85 Prozent meines Einkommens aus. Da<br />
es sich bei den Fahrzeugen meiner Kunden<br />
in vielen Fällen um relativ neue, hochwertige<br />
Autos handelt, liegt die Durchschnittsprämie in<br />
meinem Bestand eher so bei 800 Euro. Damit<br />
fahren viele von ihnen preislich aber relativ<br />
günstig.<br />
<strong>procontra</strong>: Können Sie so hohe Rabatte geben?<br />
Bieger: Rabatte hängen ausschließlich mit den<br />
Möglichkeiten der Maklerdienstleister zusammen,<br />
mit denen ich zusammenarbeite. Da gibt<br />
es durchaus Unterschiede. Ganz wichtig war für<br />
mich der Zugang zu einem Pauschalpreiskonzept<br />
für Elektroautos. Als 2012 die ersten Renault<br />
Zoe, Nissan Leaf und Tesla zugelassen wurden,<br />
gab es kaum Kfz-Versicherer, die sich mit<br />
so einer kleinen Nische beschäftigen wollten.<br />
Deshalb suchten damals alle E-Auto-Käufer<br />
händeringend nach Versicherungsmöglichkeiten,<br />
die sie bei ihrem ‚Stammversicherer‘ nicht<br />
gefunden haben. Da die Pauschalpreiskonzepte<br />
damals auch sehr niedrige Preise hatten und die<br />
Community unter E-Auto-Fahrern in den Foren<br />
hervorragend funktionierte, verkauften sich die<br />
Tarife fast von allein.<br />
<strong>procontra</strong>: Wenn Sie so viel mit der Kfz-Versicherung<br />
beschäftigt sind, haben Sie dann das<br />
Geschäft in anderen Sparten dafür zurückgestellt?<br />
Bieger: Ja. Natürlich hat sich immer mal etwas<br />
ergeben, aber ich habe das nicht forciert.<br />
<strong>procontra</strong>: Nun wächst der E-Auto-Markt rasant,<br />
Elektromobilität gilt als die Zukunft und Sie<br />
sind bereits gut aufgestellt. Rechnen Sie in den<br />
nächsten Jahren mit einer Vervielfachung Ihres<br />
Kundenbestands?<br />
Bieger: Nein, ganz im Gegenteil. Ich gehe davon<br />
aus, dass ich 50 bis 60 Prozent meines Bestands<br />
verlieren werde.<br />
<strong>procontra</strong>: Wieso denn das?<br />
Bieger: Weil die Autobauer zunehmend eigene<br />
Versicherungskonzepte für E-Autos anbieten.<br />
Bei Tesla verdichten sich ja die Absichten, in<br />
50 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Spezialisierung VERSICHERUNGEN<br />
Deutschland eine eigene Kfz-Versicherung für<br />
die Kunden zu etablieren. In Kalifornien, wo es<br />
das schon gibt, sind die Prämien direkt von Tesla<br />
etwa 30 Prozent günstiger als der Markt. Tesla<br />
hat von jedem seiner Kunden die Daten zum<br />
Fahrverhalten und den direkten Kontakt, kann<br />
also ganz individuelle Preise berechnen. Wenn<br />
die sich als Hersteller jetzt melden und ein sehr<br />
günstiges Angebot machen – wovon auszugehen<br />
ist –, dann bin ich als Makler in vielen Fällen<br />
raus. Im Carsharing-Bereich wird es sich ähnlich<br />
entwickeln. Der Trend geht dahin, dass nicht<br />
mehr jeder ein eigenes Auto besitzt. Beide Entwicklungen<br />
werden die Anzahl der potenziellen<br />
Kunden deutlich reduzieren.<br />
<strong>procontra</strong>: Das klingt ja ganz schön ernüchternd.<br />
Dann sind E-Autos also kein toller Zukunftsmarkt,<br />
auf den sich Makler spezialisieren<br />
sollten?<br />
Bieger: Es dauert halt einige Zeit, bis man in<br />
diesem Bereich Fuß fasst, also bis man sich<br />
wirklich gut auskennt und auch viele potenzielle<br />
Kunden einen kennen. Und dann sollte man natürlich<br />
auch den Zeitaufwand abfedern können,<br />
den zum Beispiel Übertragungen von Sondereinstufungen<br />
von einem Versicherer zum anderen<br />
mit sich bringen. Da ist auch oft viel Kommunikation<br />
nötig. Da inzwischen nahezu jeder Kfz-<br />
Versicherer Lösungen für seine Kunden hat, ist<br />
es viel weniger notwendig, sich noch woanders<br />
zu orientieren. Folglich gibt es bei den meisten E-<br />
Auto-Käufern keine Notwendigkeit mehr, im Web<br />
nach einer Lösung zu suchen, denn der bisherige<br />
Vermittler bietet ja eine Lösung. Insgesamt<br />
glaube ich, dass es nicht funktionieren wird,<br />
wenn jemand, der selbst noch kein E-Auto fährt<br />
und nicht mit Herzblut dabei ist, jetzt anfängt<br />
und sich als Makler für E-Autos aufstellen will.<br />
<strong>procontra</strong>: Ganz ausblenden sollten Vermittler<br />
die Kundengruppe der E-Auto-Fahrer aber lieber<br />
nicht, oder?<br />
Bieger: Nein, das ist auf jeden Fall die Zukunft,<br />
und man sollte sich als Makler damit grundlegend<br />
auskennen. Schließlich werden sich auch<br />
immer mehr der eigenen Bestandskunden<br />
E-Autos zulegen. Diese will man dann ja mitversichern<br />
können, allein schon, um die Kundenbeziehung<br />
zu sichern.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie werden Sie Ihr Geschäftsmodell<br />
umbauen, sollten Sie tatsächlich mehr als die<br />
Hälfte Ihres Bestands verlieren?<br />
Bieger: In diesem Fall werde ich bei einer Reihe<br />
von Kunden das Cross-Selling vorantreiben.<br />
Dazu bin ich in den letzten Jahren kaum gekommen,<br />
und dann hätte ich ja genug Zeit. <br />
CHANCEN DURCH STROMER<br />
Cross-Selling-Potenzial bei E-Auto-Fahrern<br />
Höhere Kfz-Prämien = höhere Courtage<br />
Expertise aufbauen: Neukunden gewinnen<br />
Expertise ausbauen: Bestandskunden halten<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
51
VERSICHERUNGEN Schadensprävention<br />
VOM PAYER ZUM PLAYER<br />
Durch Kosten- und Ertragsdruck sowie steigende Schadenshöhen fokussieren die Versicherer<br />
immer stärker präventive Maßnahmen, anstatt sich mit der klassischen Rolle des Regulierers<br />
abzufinden. Eine Kehrtwende, die auch dem Anspruch an Nachhaltigkeit nachkommt<br />
– TEXT: HANNAH PETERSOHN –<br />
In der Versicherungsbranche gilt mehr denn<br />
je: Der beste Schaden ist der, der gar nicht<br />
erst entsteht. Dennis Wittkamp, Analyst<br />
bei der Kölner Ratingagentur Assekurata,<br />
ist überzeugt, dass das Thema Prävention<br />
weiter an Bedeutung gewinnen wird. „Aufgrund<br />
des Niedrigzinsumfeldes und der in<br />
der Folge unverändert rückläufigen Kapitalmarktrenditen<br />
müssen die Versicherer<br />
verstärkt auf die Profitabilität ihres Versicherungsgeschäfts<br />
achten“, erläutert er.<br />
Während der Fokus der Versicherer früher<br />
auf der Schadensregulierung lag, zwingt der<br />
gestiegene Kosten- und Ertragsdruck die<br />
Branche aktuell zum Umdenken. <strong>2021</strong> wird<br />
mit rund 11,5 Milliarden Euro das wohl<br />
teuerste Naturgefahrenjahr seit 50 Jahren,<br />
heißt es seitens des Gesamtverbands der<br />
Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).<br />
Die Branche müsse sich demnach gerade in<br />
den Schadens- und Unfallsparten auf ein<br />
negatives Geschäftsergebnis einstellen.<br />
Im Gesundheitssektor ist Prävention<br />
schon lange ein Riesenthema. Ob Schrittzähler,<br />
Vorsorgeuntersuchungen oder Fitnesskurse:<br />
Krankenkassen und -versicherer<br />
subventionieren seit Jahren das gesunde<br />
Verhalten ihrer Kundschaft. „Vom Payer<br />
zum Player“ lautet eine Redewendung, die<br />
die Entwicklung vom Leistungserstatter hin<br />
zum Gesundheitsdienstleister treffend beschreibt.<br />
Früher seien 95 Prozent der <strong>Ausgabe</strong>n<br />
bei den Krankenkassen für kurative<br />
und der Rest für vorbeugende Maßnahmen<br />
ausgegeben worden, sagt Zukunftsforscher<br />
Kai Gondlach. „Das wollen die Krankenversicherer<br />
komplett umdrehen.“ Auch<br />
über Anreizsysteme: „Wer gesund bleibt,<br />
bekommt am Ende des Jahres Geld von<br />
der Krankenkasse zurück.“ Ein System,<br />
das sich auch auf Haftpflicht, Hausrat oder<br />
Rechtsschutz übertragen ließe.<br />
VORSICHT VOR SCHEINSICHERHEIT<br />
Und das passiert bereits: Erste Versicherer<br />
senken mittlerweile die Prämien für Kunden,<br />
die sich Warnsysteme in ihre Häuser<br />
einbauen lassen. Alexander Küsel, Leiter<br />
der Schadenverhütung Sachversicherung<br />
beim GDV, sieht Smarthome-Technologien<br />
aber auch kritisch. „Die Anbieter kommen<br />
oft aus der Unterhaltungselektronik und<br />
beispielsweise nicht aus dem Alarmanlagenbereich,<br />
in dem es wesentlich höhere<br />
Anforderungen an das System gibt.“ Das<br />
52 Illustration: Eleonora Mavromati
Schadensprävention VERSICHERUNGEN<br />
führe zu einer Scheinsicherheit. Es gibt bereits<br />
Versicherer, die ihren Kunden eigene<br />
präventive Lösungen anbieten: „Manche<br />
kooperieren zum Beispiel mit Produktherstellern<br />
aus dem Sicherheitsbereich, die<br />
eine eigene Alarm- und Notrufzentrale betreiben“,<br />
sagt Küsel. Derlei Kooperationen<br />
gebe es auch beim Thema Leitungswasser,<br />
immerhin eine der häufigsten Schadensursachen.<br />
Professionell installierte Sensorsysteme<br />
melden dem Kunden wichtige Daten<br />
in Echtzeit und schalten bei einer Leckage<br />
oder einem zu starken Durchfluss die Anlage<br />
ab. Das verhindert zwar nicht den<br />
Schaden, begrenzt ihn aber. Kunden, die<br />
ein solches Warnsystem nutzen, könnten<br />
ebenfalls mit günstigeren Prämien rechnen,<br />
so Küsel.<br />
Zwar liege der Fokus der Versicherer<br />
nach wie vor eher auf der Prävention großer<br />
Industrieschäden, aber er verschiebe<br />
sich allmählich auf Privatschäden wie Einbruch,<br />
Diebstahl und Leitungswasser sowie<br />
Naturgefahren.<br />
11<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
6,8<br />
MILLIARDENSCHÄDEN DURCH NATURGEFAHREN<br />
Schadensaufwand in der Sach- und Kraftfahrtversicherung 1<br />
7,6<br />
11,5 11,3<br />
1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 3<br />
Ab 2002: Sturm und Hagel weitere Naturgefahren (Elementar) Kfz 2<br />
1<br />
Sach: Sturm/Hagel, ab 2002 auch weitere Naturgefahren (Elementar); Kfz: Sturm, Hagel, Blitz und Überschwemmung; hochgerechnet auf Bestand und Preise 2020 in<br />
Mrd. Euro. 2 Kfz: bis 1983 Meldejahrsystematik, ab 1984 Ereignisjahrsystematik. 3 Vorläufig. 4 Prognose. Stand August <strong>2021</strong>. Angaben in Mrd. €<br />
Quelle: GDV<br />
6,4<br />
9,6<br />
11,5 4 1,65<br />
7,8<br />
2,0<br />
PRÄVENTION AUCH AUF KUNDENSEITE GEFRAGT<br />
Versicherer müssen insgesamt stärker in<br />
die Risikoprävention gehen, davon ist<br />
auch Monika Behrens, Geschäftsführerin<br />
von Willis Towers Watson Versicherungsmakler,<br />
überzeugt. Zumal sie zunehmend<br />
verpflichtende Auflagen für ihre Kunden<br />
aussprechen. „Im Bereich der Cyberversicherung<br />
werden Mindestanforderungen an<br />
die IT-Sicherheit gestellt, ansonsten schauen<br />
Versicherer sich diese Risiken gar nicht erst<br />
an, geschweige denn bieten Versicherungsschutz<br />
an“, erklärt die Geschäftsführerin.<br />
Oder die Prämienhöhe werde für Unternehmen<br />
unbezahlbar.<br />
Und auch wenn sich nicht immer ein konkretes<br />
Prämieneinsparpotenzial ableiten<br />
lässt: Sinkt der Gesamtschadensaufwand<br />
aufseiten der Versicherer, führt das wiederum<br />
zu besseren Konditionen für die Kunden.<br />
Die zunehmenden Unwetterereignisse<br />
und die Pandemie haben das Bewusstsein<br />
für vorbeugende Maßnahmen in den vergangenen<br />
Monaten deutlich gesteigert, sagt<br />
Gondlach. Allerdings gebe es ein Problem,<br />
nämlich das sogenannte Präventionsparadox:<br />
Wenn durch bestimmte Vorsichtsmaßnahmen<br />
der Schaden ausbleibt, sinkt das<br />
Bewusstsein für die entsprechende Gefahr<br />
und Menschen lassen sich von bestimmten<br />
Maßnahmen nicht mehr überzeugen, denn:<br />
Es ist ja nichts passiert.<br />
NACHHALTIGKEITSTREND FÖRDERT PRÄVENTION<br />
Der Nachhaltigkeitstrend befeuert zudem<br />
den Run auf präventive Maßnahmen.<br />
Mit jedem verhinderten Schaden werden<br />
schließlich Ressourcen geschont. „Schadenprävention<br />
ist per se nachhaltig“, bewertet<br />
Gondlach. Nachhaltigkeit wird<br />
so zum Treiber für Prävention. Matthias<br />
Böhm, Geschäftsführer der Bremer Nordwest<br />
Assekuranzmakler GmbH, beobachtet<br />
zudem, dass Versicherer, die sich selbst<br />
das Thema Corporate Social Responsibility<br />
auf die Fahne schreiben, auch gerne Kunden<br />
versichern, die es ihnen gleichtun. Der<br />
Hintergedanke: Wer achtsamer mit den<br />
Ressourcen umgeht, agiert womöglich insgesamt<br />
präventiver. „Das ist der Brückenschlag<br />
zur Prävention“, so Böhm.<br />
PRÄVENTION ALS USP DES MAKLERS?!<br />
Aber wie sollten Makler mit dem Thema<br />
Prävention umgehen? „Ich bin überzeugt,<br />
dass der Makler der Sachwalter<br />
der Gesamt risiko kosten der Kunden ist“,<br />
sagt Böhm. Wer sich nur auf die Prämien<br />
fokussiere, werde beliebig und austauschbar.<br />
Zumal: Wenn ein Unternehmen zehn<br />
Millionen Euro Umsatz im Jahr macht und<br />
nur einen Bruchteil davon für die Versicherungskosten<br />
aufwenden muss, seien noch<br />
niedrigere Prämien eher uninteressant.<br />
„Wenn Makler aber erklären, wie durch<br />
präventive Maßnahmen der Umsatz stabil<br />
gehalten werden kann, wird er als Kümmerer<br />
Teil der Sicherung des eigentlichen<br />
Geschäftsmodells.“ So erfasst der Präventionsgedanke,<br />
initiiert von den Produktgebern,<br />
auch die Kundschaft.<br />
GDV-Mann Küsel glaubt, dass Makler<br />
mit der Aufklärung rund um Schadensvorbeugung<br />
ein Alleinstellungsmerkmal für<br />
sich beanspruchen können und sich damit<br />
einen Wettbewerbsvorteil sichern. „Wenn<br />
Makler aktiv auf ihre Kunden zugehen und<br />
ihnen die finanziellen Vorteile aufzeigen,<br />
führt das zu einer langfristigen Kundenbindung.“<br />
Jedoch sei es nicht immer leicht,<br />
Kunden von präventiven Maßnahmen zu<br />
überzeugen. „Noch ist die Flut im kollektiven<br />
Gedächtnis, aber nach ein, zwei Jahren,<br />
das merken wir auch in der Beratung,<br />
treten solche Ereignisse immer mehr zurück.“<br />
Der Angsteffekt nutzt sich über die<br />
Zeit ab und das Präventionsparadox entfaltet<br />
wieder seine Wirkung.<br />
CHANCEN 2022<br />
Kundenbindung durch Präventionsberatung<br />
Hohe Kosteneinsparungen möglich<br />
Prävention fördert Nachhaltigkeit<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
53
FOKUS Concordia<br />
INNOVATIV<br />
NEU<br />
ERSTKLASSIG<br />
MODERN<br />
WIR NENNEN DAS PRONEO HAUSRAT!<br />
EINE NEUE PRODUKTMARKE<br />
IM VERSICHERUNGSMARKT<br />
Unter der Produktmarke Proneo startet ein neues, digitales Angebot exklusiv für den<br />
Markt der freien Vermittler*innen und Vertriebspartner*innen.<br />
Proneo Hausrat ist das erste Produkt, das unter dem Markennamen an den Start geht. Mit Proneo<br />
Hausrat können Sie preis-leistungsorientierten Kund*innen ein ausgezeichnetes Angebot machen<br />
und mit einer einzigartigen Kombination aus Leistungsvielfalt und Innovation punkten.<br />
Die durchdachte Digitalisierung schafft einfache, schnelle Prozesse für Tarifierung, Angebot,<br />
Antrag und die Dokumentenlieferung.<br />
Neugierig geworden?<br />
Dann werfen Sie einen Blick auf die Homepage und lernen Sie Proneo kennen.<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit Concordia Versicherungs-Gesellschaft auf Gegenseitigkeit<br />
WWW.PRONEO.DE<br />
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Concordia FOKUS<br />
FOKUS<br />
CONCORDIA<br />
Hausrat – das Herzstück<br />
der Sachversicherung<br />
Foto: iStock / Eoneren<br />
Drei Viertel der Deutschen haben sie<br />
bereits. Die Hausratversicherung<br />
gehört damit zu den besonders weitverbreiteten<br />
Versicherungspolicen. Kein<br />
Wunder, sie gilt als unverzichtbar, deckt<br />
sie doch grundsätzlich die Bedürfnisse des<br />
täglichen Lebens in Bezug auf den Hausrat<br />
ab. Sie versichert sämtliche Hausratgegenstände,<br />
die dem privaten Haushalt<br />
des Versicherungsnehmers zum Ge- und<br />
Verbrauch dienen.<br />
Auf diesem Feld gab es einige Innovationen<br />
in den letzten zwei Dekaden. So hat<br />
die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes<br />
2008 dazu geführt, dass mittlerweile<br />
grob fahrlässiges Verhalten des<br />
Versicherungsnehmers im Schadensfall in<br />
vielen Hausratprodukten abgedeckt ist.<br />
Markt- oder sogenannte Bestleistungsgarantien<br />
sorgen dafür, dass Bestandskunden<br />
generell von Leistungsverbesserungen der<br />
Branche profitieren. Dadurch werden die<br />
Versicherungsbedingungen automatisch an<br />
die höchste Leistung anderer frei zugänglicher<br />
Tarife angepasst. Die vergleichsweise<br />
neuen und teils schwerwiegenden Risiken<br />
im Bereich Cyberkriminalität und Smarthome<br />
lassen sich ebenfalls über moderne<br />
Hausratpolicen abdecken.<br />
Bei der Kundenberatung zu diesem Kernprodukt<br />
in der Sachversicherung und im<br />
Massengeschäft stehen Vermittler vor einer<br />
riesigen Produktauswahl. Vergleichsplattformen,<br />
Aggregatoren oder auch Vergleichsrechner<br />
spielen daher im Vertrieb<br />
eine wesentliche Rolle. Sie helfen mit<br />
überschaubarem Aufwand die optimale<br />
Lösung für den Kunden zu finden. Die<br />
Versicherungsgesellschaften streben daher<br />
danach, in den wesentlichen Vergleichskriterien<br />
relativ zum Markt bestmöglich<br />
abzuschneiden.<br />
Das gilt auch für die Concordia Versicherung,<br />
die mit „Proneo Hausrat“ ein neues<br />
Produkt lanciert hat, das bewusst im oberen<br />
Leistungssegment angesiedelt ist, um<br />
für möglichst viele Risiken als optimale<br />
Lösung infrage zu kommen. Lesen Sie im<br />
Interview auf den nächsten Seiten, wie das<br />
Produkt konzipiert wurde, welche Leistungsmerkmale<br />
und Garantien es umfasst<br />
und wie die Concordia Vermittler aktiv bei<br />
der Beratung unterstützt.<br />
Produktauswahl und<br />
Preisunterschiede bei der<br />
Hausratversicherung sind<br />
groß – ein sachkundiger<br />
Vergleich ist unerlässlich.<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit Concordia Versicherungs-Gesellschaft auf Gegenseitigkeit<br />
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55
FOKUS Concordia<br />
»Hausratversicherung<br />
komplett neu gedacht«<br />
Sascha Beck, Abteilungsleiter Vertrieb/Maklerunterstützung der Concordia,<br />
über den neuen Hausrattarif seines Hauses und die damit verbundenen Vorteile für<br />
Makler:innen und Kunden:innen<br />
– TEXT: OLIVER LEPOLD –<br />
<strong>procontra</strong>: Mit Proneo beanspruchen Sie,<br />
Hausrat völlig neu gedacht zu haben. Wie<br />
lautet Ihr Ansatz?<br />
Sascha Beck: Die Concordia hat sich in ihrer<br />
langfristigen Ausrichtung klar auf den<br />
personengebundenen Vertrieb positioniert.<br />
Unser Geschäftsmodell setzt auf Betreuung<br />
und Service durch die Persönlichkeit der<br />
Vertriebspartner:innen ergänzt um moderne,<br />
schlanke Prozesse und wettbewerbsfähige,<br />
attraktive Produkte. Hierzu haben<br />
wir ein komplett neues Hausratprodukt<br />
entwickelt, das speziell und ausschließlich<br />
auf den Markt der freien Vermittler:innen<br />
zugeschnitten ist. Ein Gesamtpaket, das<br />
sonst kaum zu finden ist – alle wichtigen<br />
Leistungen des Marktes und optimierte Arbeitsprozesse<br />
gebündelt in einem Produkt.<br />
<strong>procontra</strong>: Was bedeutet der Produktname?<br />
Beck: Die Produktmarke Proneo symbolisiert<br />
die Leistungsstärke des Produktes<br />
sowie die Professionalität des Unternehmens.<br />
Sie steht insgesamt für das Neue:<br />
PRO = „für“ und NEO = „das Neue“.<br />
Ein zeitgemäßes Produkt, neue schlanke<br />
Vertriebsprozesse und moderne Kommunikationsmittel<br />
– zu einem Spitzenpreis!<br />
<strong>procontra</strong>: Wie beurteilen Sie den Qualitätsstandard<br />
der Hausratversicherung?<br />
Beck: Durch Best Advice und das Marktgeschehen<br />
gibt es in Deutschland quasi<br />
keine schlechten Hausratprodukte. Im<br />
Markt ist es üblich, zur Hausratversicherung<br />
als Versicherer mehrere Produktlinien<br />
anzubieten. Neben einer oft abgespeckten<br />
Grunddeckung werden auch sehr umfassende<br />
Deckungen angeboten. Dieser<br />
Tarifdschungel kann letztendlich nur von<br />
Profis überblickt werden. Bei unserer<br />
Lösung Proneo Hausrat setzen wir daher<br />
bewusst auf Klarheit und bieten neben<br />
dem sehr umfangreichen Produkt Pro<br />
Home nur noch Pro Home Max an, das<br />
mit den Erweiterungen Marktgarantie,<br />
Cyber und unbenannte Gefahren antritt.<br />
Proneo Hausrat wird in allen eingängigen<br />
Vergleichsprogrammen platziert.<br />
<strong>procontra</strong>: Inwieweit wird die Smarthome-<br />
Technik bereits in moderne Hausratpolicen<br />
miteinbezogen?<br />
»Proneo Hausrat<br />
deckt auch polizeilich<br />
angezeigte Straftaten<br />
ab und damit<br />
Schadensereignisse,<br />
die nicht explizit<br />
in den Bedingungen<br />
definiert sind.«<br />
Beck: Smarthome-Geräte gehören grundsätzlich<br />
zu den versicherten Sachen. Auch<br />
wenn die Geräte sicherlich zum Beispiel<br />
keine vollwertige Einbruchmeldeanlage<br />
ersetzen, können viele Geräte den individuellen<br />
Sicherheitsstandard erhöhen,<br />
wenn sie richtig konfiguriert sind. Bereits<br />
über die Leistungen aus Pro Home sind<br />
bestimmte Risiken wie beispielsweise<br />
Phishing und Datenverlust mitversichert.<br />
Abgerundet wird dies durch die Cyberdeckung<br />
in Pro Home Max.<br />
<strong>procontra</strong>: Was umfasst diese Absicherung<br />
von Cybergefahren konkret?<br />
Beck: Für die meisten Menschen ist es<br />
mittlerweile selbstverständlich, Bankgeschäfte<br />
online zu tätigen oder Käufe über<br />
das Internet vorzunehmen. Die hiermit einhergehenden<br />
Risiken, Opfer von Cyberkriminellen<br />
zu werden, gehören mittlerweile<br />
zum Risiko des täglichen Lebens. Eine<br />
moderne Hausratversicherung sollte daher<br />
auch eine Antwort auf die Absicherung<br />
von Cybergefahren bieten. Unsere Antwort<br />
hierauf ist unter anderem die Leistung<br />
„Internet“, die in Pro Home Max mitversichert<br />
ist. Hier besteht Versicherungsschutz<br />
für Vermögensschäden durch Identitätsdiebstahl<br />
aufgrund von Phishing, Pharming<br />
oder Hacking mit missbräuchlicher<br />
Nutzung im Internet sowie bei privaten<br />
Käufen in Internetshops.<br />
<strong>procontra</strong>: Inwieweit können hier auch<br />
Elementargefahren abgedeckt werden?<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit Concordia Versicherungs-Gesellschaft auf Gegenseitigkeit<br />
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Concordia FOKUS<br />
Sascha Beck, Abteilungsleiter Vertrieb/Maklerunterstützung der Concordia Versicherungen<br />
Beck: Grundsätzlich sind etwa 99 Prozent<br />
der Haushalte problemlos gegen weitere<br />
Naturgefahren versicherbar. Seit Jahren<br />
verzeichnen wir eine deutliche Nachfrage<br />
nach der Absicherung der weiteren<br />
Naturgefahren, sodass dieses Thema in<br />
den Beratungsgesprächen auch einen festen<br />
Platz einnimmt. In der Hausratversicherung<br />
ist es manchmal etwas schwierig, die<br />
Notwendigkeit des Einschlusses der weiteren<br />
Naturgefahren auch Versicherungsnehmern<br />
zu verdeutlichen, wenn diese zum<br />
Beispiel im fünften Stock wohnen. Was<br />
hier oft vergessen wird, ist jedoch, dass<br />
häufig auch ein Kellerraum vorhanden ist,<br />
in dem sich versicherte Hausratgegenstände<br />
befinden.<br />
<strong>procontra</strong>: Verfügen Sie mit Proneo über<br />
ein Alleinstellungsmerkmal im Markt?<br />
Beck: In Proneo Hausrat steckt ein einzigartiger<br />
Kundenvorteil: Der Versicherungsschutz<br />
deckt auch polizeilich angezeigte<br />
Straftaten ab. Sämtliche Schadensereignisse<br />
also, die nicht explizit in den Bedingungen<br />
definiert sind. Solange die Kunden:innen<br />
diese bei der Polizei anzeigen, wird der<br />
Schaden reguliert.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Zielgruppen legen Sie<br />
den Vermittlern speziell ans Herz?<br />
Beck: Proneo ist besonders leistungsstark<br />
und auch für preissensible Kunden kalkuliert.<br />
Durch seine Preisstruktur ist Proneo<br />
Hausrat besonders attraktiv für Bewohner<br />
von Zwei- und Mehrfamilienhäusern.<br />
Personen ab einem Alter von 55 Jahren<br />
und Menschen ohne Hausratvorschaden<br />
profitieren zusätzlich von weiteren Vergünstigungen.<br />
Mit Proneo Hausrat können<br />
Vermittler:innen Preis-Leistungs-orientierten<br />
Kunden:innen ein außerordentlich<br />
attraktives Angebot machen.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Summen- und Konditionsdifferenzdeckung<br />
bieten Sie an?<br />
Beck: Mit der Summen- und Konditionsdifferenzdeckung<br />
schließen Kunden:innen<br />
Risiken bei einem Wechsel zu Proneo aus.<br />
Die vollen Proneo-Leistungen sind ihnen<br />
bereits ab Antragsunterzeichnung bis zu<br />
15 Monate sicher, sollte der Vorvertrag<br />
jene nicht absichern. Zusammen mit den<br />
Proneo-Garantien schafft das auch den<br />
Vertriebspartner:innen Haftungssicherheit.<br />
<strong>procontra</strong>: Von welchen Garantien profitieren<br />
Kunden mit Proneo?<br />
Beck: Wir bieten verschiedene Garantien.<br />
Die Besserstellungs-Garantie deckt<br />
versicherte Leistungen des Vorversicherers<br />
bis zu fünf Jahre ab. Die Leistungsverbesserungs-Garantie<br />
greift bei kostenfreien<br />
Leistungen, die Produktverbesserungs-<br />
Garantie bei kostenpflichtigen Leistungen.<br />
Und mit der Leistungs-Garantie haben<br />
Kunden:innen die Sicherheit, dass die<br />
Mus terbedingungen des GDV erfüllt sind.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie profitieren Makler bei<br />
Beratung und Vertrieb von Proneo von der<br />
Digitalisierung in Ihrem Hause?<br />
Beck: Proneo sorgt mit einer durchdachten<br />
Digitalisierung für eine einfache und<br />
schnelle Durchführung vieler Prozesse.<br />
Dabei setzen wir auf den BiPRO-Branchenstandard<br />
beispielsweise für Tarifierung,<br />
Angebot und Antrag (TAA) oder<br />
bei der Dokumentenlieferung. Wir haben<br />
eine TAA-BiPRO-Strecke für wesentliche<br />
Vergleicher implementiert und bieten<br />
Vermittler:innen einen Onlinerechner,<br />
der mit nur drei Klicks Ergebnisse liefert.<br />
Beide Tools führen zur direkten Dunkelpolicierung.<br />
Wir versenden die Police<br />
dann per E-Mail an den Kunden – schnell,<br />
kostengünstig und umweltschonend.<br />
Vertriebspartner:innen erhalten die Vertragskopie<br />
anschließend via Dokumentenschnittstelle<br />
430.1 BiPRO oder können sie<br />
im Extranet abholen. In Verbindung mit<br />
der Summen- und Konditionsdifferenzdeckung<br />
sowie der Besserstellungs-Garantie<br />
kann der Antrag direkt und fallabschließend<br />
bearbeitet werden.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie unterstützen Sie Makler bei<br />
Vermittlung und Kundenansprache?<br />
Beck: Grundsätzlich agieren Makler:innen<br />
in Bezug auf Kundenansprache ausgesprochen<br />
eigenständig und unabhängig. Selbstverständlich<br />
bieten wir hier auch bedarfsgerechte<br />
und individuelle Unterstützung<br />
an. Zudem sind wir auf der Marketing-<br />
Automatisierungsplattform „digidor“<br />
aktiv. Dort stellen wir Makler:innen ein<br />
umfangreiches Kampagnenprogramm für<br />
diverse Produkte zur Verfügung. Selbstverständlich<br />
auch für Proneo Hausrat.<br />
Concordia Versicherungs-Gesellschaft auf Gegenseitigkeit Karl-Wiechert-Allee 55 3<strong>06</strong>25 Hannover Telefon: 0511/5701-0<br />
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57
HÖHEPUNKTE DES JAHRES Berater<br />
HIGHLIGHTS <strong>2021</strong><br />
Garantien bröckeln ++ Krisenjahr bei der BaFin ++ DIN-Norm ++ Übernahmen & Milliardenbewertung<br />
Januar/Juli<br />
SCHLUSS MIT 100 PROZENT<br />
BEITRAGSGARANTIE<br />
Bereits Ende des vorherigen Jahres wurde es bekannt, zum<br />
1. Januar <strong>2021</strong> griffen dann die neuen Maßnahmen. Mit der Allianz<br />
und der R+V strichen gleich zwei Dickschiffe im Markt die<br />
volle Beitragsgarantie bei klassischen Lebensversicherungen.<br />
Weitere Anbieter folgten. Der anhaltende Niedrigzins lasse<br />
keine Alternative zu dieser Maßnahme, die Beitragsgarantien<br />
abzusenken. Mit der Senkung des Höchstrechnungszinses<br />
zum 1. Januar 2022 verstärkt sich dieser Effekt noch weiter,<br />
vor allem für Riester- und bAV-Verträge wird es nun eng. Der<br />
Gesetzgeber folgt hier (noch) nicht den Forderungen der Branche,<br />
das volle Garantieniveau abzuschaffen.<br />
Die Lösung der Allianz im Juli sah dann so aus, dass man künftig<br />
in der bAV einfach keine Gruppenverträge über Beitragszusage<br />
mit Mindestleistung (BZML) mehr abschließen werde. Der<br />
Fokus wurde auf die beitragsorientierte Beitragszusage (BoLZ)<br />
verlagert, wo ein flexibleres Beitragsniveau möglich ist.<br />
Oktober<br />
GETSAFE ERHÄLT VERSICHERER-<br />
LIZENZ<br />
Juni<br />
WEFOX-BEWERTUNG STEIGT<br />
AUF 3 MILLIARDEN<br />
2014 als Makler gestartet und zum Assekuradeur weiterentwickelt<br />
– nun erhielt Getsafe von der BaFin im Herbst sogar<br />
die Zulassung für den eigenen Versicherungsbetrieb. Getsafe<br />
bietet in Deutschland bislang Privathaftpflicht-, Hausrat- und<br />
Hundehaftpflichtversicherungen an. Als Assekuradeur bleiben<br />
die Heidelberger mit ihren Kfz- und Rechtsschutzpolicen weiter<br />
aktiv. Insgesamt verfügt das Unternehmen mittlerweile über<br />
rund 250.000 Kunden.<br />
In einer dritten Finanzierungsrunde sammelte das InsurTech<br />
wefox frische 650 Millionen Dollar ein. Das war nicht nur die<br />
größte Series-C-Finanzierungsrunde eines InsurTechs, sondern<br />
schraubte die Gesamtbewertung des Unternehmens auf über<br />
drei Milliarden US-Dollar.<br />
58 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Berater HÖHEPUNKTE DES JAHRES<br />
Januar<br />
BAFIN, TEIL 1: WEGEN WIRECARD –<br />
ANZEIGE GEGEN EIGENEN MITARBEITER<br />
Februar<br />
BAFIN, TEIL 2: PRÄSIDENT HUFELD MUSS GEHEN<br />
Nicht zuletzt wegen der desaströsen Figur, die die Ba-<br />
Fin im Wirecard-Skandal abgab, waren personelle Konsequenzen<br />
erforderlich. Im Februar traf es Felix Hufeld,<br />
zuvor sechs Jahre als BaFin-Präsident tätig. Gemeinsam<br />
mit dem Bundesfinanzministerium habe man sich einvernehmlich<br />
geeinigt, dass es neben organisatorischen<br />
Veränderungen auch einen personellen Neustart an<br />
der Spitze der BaFin geben musste.<br />
August<br />
Der Wirecard-Skandal entblößte die Inkompetenz der<br />
BaFin in Sachen Frühwarnsystem erneut. Zu Jahresbeginn<br />
erstattete die Behörde Anzeige gegen einen<br />
eigenen Mitarbeiter. Ihm wird Insiderhandel vorgeworfen,<br />
da er am 17. Juni strukturierte Produkte mit dem<br />
Basiswert Wirecard verkauft habe. Einen Tag später<br />
rauschte die Aktie von Wirecard um 60 Prozent in die<br />
Tiefe, nachdem der Zahlungsanbieter die Veröffentlichung<br />
seines Jahresabschlusses für das Jahr 2019<br />
erneut verschieben musste. Der Grund: Die Abschlussprüfer<br />
von EY hatten zuvor bekannt gegeben, dass es<br />
über die Existenz von Bankguthaben auf Treuhandkonten<br />
in Höhe von 1,9 Milliarden Euro keine ausreichenden<br />
Prüfungsnachweise gebe. Der Anfang vom<br />
Ende Wirecards.<br />
BAFIN, TEIL 3: BRANSON WILL »WELTKLASSE«<br />
Am 2. August nahm Mark Branson als neuer BaFin-Präsident<br />
und Nachfolger von Felix Hufeld seine Arbeit auf.<br />
Zugleich formulierte er große Ziele. So sei Aufseher zu<br />
sein vielmehr Berufung als Beruf. Die neuen Strukturen<br />
sollten gewährleisten, dass die BaFin eine „Aufsichtsbehörde<br />
von Weltklasse“ wird, so Branson bei seinem<br />
Amtsantritt. Ende Oktober wurden zumindest erste<br />
Reformentwürfe präsentiert. Unter anderem soll die<br />
Stabsstelle „Koordination Fokusaufsicht und Taskforce“<br />
Finanzdienstleister mit komplexen oder innovativen Geschäftsmodellen<br />
überwachen. Hier will die BaFin künftig<br />
ganzheitlicher und intensiver arbeiten, um Risiken frühzeitiger<br />
zu identifizieren und ihnen entgegenzuwirken.<br />
September<br />
Versicherungsmakler muss<br />
5,1 Millionen Euro zahlen<br />
Das Hamburger Landgericht verurteilte<br />
einen Versicherungsmakler zu<br />
einer Zahlung von 5,1 Millionen Euro<br />
wegen Falschberatung. Der Makler<br />
beriet eine Firma, die unter anderem<br />
für den Flutschutz mehrerer Hamburger<br />
Gebäude zuständig war. Ein<br />
Wasserschaden verursachte einen<br />
Millionenschaden. Der Betriebshaftpflichtversicherer<br />
(R+V) will nicht<br />
zahlen, da die schadensursächliche<br />
Tätigkeit „Flutschutz“ im Versicherungsschutz<br />
nicht mit eingeschlossen<br />
war. Daraufhin verklagte die Firma<br />
ihren Berater. Dessen VSH würde maximal<br />
für 2,5 Millionen Euro haften,<br />
sollte das Urteil rechtskräftig werden.<br />
Juni<br />
Jung, DMS & Cie. übernimmt<br />
Morgen & Morgen<br />
Der Münchener Maklerpool JDC<br />
erschloss sich mit dem Kauf des<br />
Analysehauses nach eigenen Angaben<br />
das fehlende Puzzleteil für sein<br />
Plattformangebot, um über sämtliche<br />
Datendimensionen Tarife vergleichen,<br />
bewerten und mithilfe von<br />
Algorithmen und künstlicher Intelligenz<br />
Produktempfehlungen und<br />
-abschlüsse generieren zu können.<br />
September<br />
DIN-Norm für Gewerbeberatung<br />
veröffentlicht<br />
Nach der DIN-Norm für Privathaushalte<br />
(2019) wurde im September<br />
nun auch die DIN-Norm 77235<br />
für die Finanz- und Risikoanalyse<br />
kleiner und mittlerer Unternehmen<br />
veröffentlicht. Beide Standards sind<br />
nicht verpflichtend, ihre Anwendung<br />
können sich Makler aber zertifizieren<br />
lassen.<br />
Lesen Sie die Hintergründe, Zusatzberichte<br />
und Interviews zu diesen und<br />
weiteren Highlights des Jahres unter:<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de/<strong>2021</strong><br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
59
BERATER So ist’s Recht!<br />
SO IST’S<br />
RECHT!<br />
Relevante Urteile,<br />
die Makler kennen sollten<br />
– TEXT: ANNE MAREILE WALTER –<br />
Rechtsschutz<br />
HELPCHECK DARF WEITER HONORARE KASSIEREN<br />
Der Internet-Rechtsdienstleister helpcheck darf weiterhin für die Rückabwicklung von Lebensversicherungen<br />
ein Erfolgshonorar kassieren. Das entschied das Landgericht Düsseldorf nach einer<br />
Klage der Nürnberger Versicherung, die in dem Erfolgshonorar einen Rechtsverstoß gesehen hatte.<br />
Der Hintergrund: Laut einem BGH-Urteil dürfen Versicherungsberater keine Erfolgshonorare vereinbaren<br />
– in der Vergangenheit hatte helpcheck über eine Erlaubnis als Versicherungsberater verfügt,<br />
das Erfolgshonorar war nach Auffassung der Nürnberger daher unzulässig. Da das Unternehmen<br />
aus Sicht der Richter allerdings keine Beratung im Bereich Lebensversicherungen durchführte, habe<br />
es auch keine Überschneidung von Beratung und Honorierung gegeben. Wie helpcheck außerdem<br />
mitteilte, sei die Berater-Lizenz inzwischen wieder zurückgegeben worden.<br />
Landgericht Düsseldorf, 37 O 137/19<br />
Haftpflicht<br />
STREIT UM SCHMERZENSGELD<br />
Krankenkassen<br />
STREITFALL HANDPROTHESE<br />
Bei einem Reitunfall, der sich durch einen<br />
Reitfehler und nicht durch eine Tiergefahr<br />
ereignete, muss die Pferdehalterversicherung<br />
nicht für die Unfallfolgen aufkommen.<br />
Zu diesem Urteil gelangten die Richter am<br />
Oberlandesgericht Oldenburg. Geklagt hatte<br />
eine Frau, die nach einem Sturz vom Pferd ein<br />
Schädel-Hirn-Trauma erlitt und daraufhin von<br />
der Haftpflichtversicherung des Pferdebesitzers<br />
ein Schmerzensgeld von 2.000 Euro<br />
bekam. Zu wenig, befand sie. Das Gericht wies<br />
die Klage jedoch zurück, da die Frau laut Zeugenaussage<br />
durch unsicheres Agieren dem<br />
Pferd falsche Befehle gegeben habe.<br />
Oberlandesgericht Oldenburg, 2 U 1<strong>06</strong>/21<br />
»Ein Honorar erhalten<br />
wir lediglich für<br />
die erfolgreiche<br />
Rückabwicklung der<br />
Verträge.«<br />
LUTZ HARTMANN<br />
VERANTWORTLICHER MITARBEITER HELPCHECK<br />
Die Kosten für die Anschaffung von Prothesen<br />
muss die gesetzliche Krankenversicherung<br />
auch dann übernehmen, wenn dadurch<br />
Funktionsausfälle nur teilweise ausgeglichen<br />
werden. Das entschied nun das Hessische<br />
Landessozialgericht nach der Klage einer<br />
34-Jährigen, die unter einer angeborenen Fehlbildung<br />
der linken Hand leidet. Die Kasse hatte<br />
die Erstattung der vom Arzt verordneten, 17.600<br />
Euro teuren Prothese abgelehnt, da angeblich<br />
rein ästhetische Gründe für eine Anschaffung<br />
gesprochen hätten. Nach dem Gutachten eines<br />
Sachverständigen gaben die Richter der Klage<br />
der Frau jedoch recht.<br />
Landessozialgericht Hessen, L 8 KR 477/20<br />
Kapitalanlagebetrug<br />
INFINUS-MANAGER ENDGÜLTIG HINTER GITTERN<br />
Die Angeklagten der Infinus-Gruppe müssen nach einem Urteil des<br />
Bundesgerichtshofs nun ihre restlichen Haftstrafen antreten. Damit<br />
wurde das Urteil des Dresdner Landgerichts bestätigt, gegen das<br />
die Beklagten Revision eingelegt hatten. Im Juli 2018 hatte das Landgericht<br />
die fünf Ex-Manager wegen banden- und gewerbsmäßigen<br />
Betrugs mit Kapitalanlagebetrug sowie einen weiteren Angeklagten<br />
wegen Beihilfe zu Haftstrafen zwischen 4,5 und 8 Jahren verurteilt:<br />
Anlegern wurden scheinbar lukrative Geldanlagen in Form von Nachrangdarlehen<br />
und Anleihen vermittelt – funktioniert hatte dies durch<br />
ein Schneeballsystem, das durch die Gewinnung immer neuer Anleger<br />
am Laufen gehalten wurde. Mehr als 20.000 Anleger investierten<br />
540 Millionen Euro, nur ein Teil wurde zurückgezahlt.<br />
Bundesgerichtshof, 5 StR 443/19<br />
Kfz-Versicherung<br />
VERTRAGSSTRAFE NACH ÜBERSCHRITTENER FAHRLEISTUNG<br />
Vertragsstrafen dürfen Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteiligen.<br />
Zu diesem Urteil kam das Landgericht Koblenz, nachdem ein Kfz-<br />
Versicherer Klage gegen einen Versicherungsnehmer eingereicht hatte. Im<br />
Zuge einer Unfallregulierung war aufgefallen, dass der Mann die vertraglich<br />
vereinbarte maximale Fahrleistung von jährlich 15.000 Kilometer überschritten<br />
und dies der Versicherung nicht angezeigt hatte. Daraufhin wurde eine<br />
Vertragsstrafe von 500 Euro verhängt, deren Zahlung der Versicherungsnehmer<br />
ablehnte. Da Vertragsstrafen nur bei Vorsatz gerechtfertigt seien und die<br />
Strafe im Hinblick auf den Vertragsverstoß unverhältnismäßig ausfalle, wiesen<br />
die Richter die Klage des Versicherers zurück. Dabei zogen sie aber nicht die<br />
Vertragsstrafe an sich in Zweifel: Denn ohne Sanktionen könnten Versicherungsnehmer<br />
grundsätzlich ihre Jahresfahrleistung möglichst gering halten.<br />
Landgericht Koblenz, 16 S 2/21<br />
60 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
April/Mai 2020 – D: 4,80 € • I: 6,50 € • E: 6,50 €<br />
Stock<br />
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Stuck.<br />
Ruhestandsplanung | EU-Taxonomie | Betriebsschließung durch Corona | LV-Einmalbeiträge | Cyberpräventionen | Betriebliche Krankenversicherung | pro & contra Grundrente | Schutz im Homeoffice | Private Equity<br />
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FINANZEN<br />
2020<br />
#02<br />
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#02 | 2020<br />
April/Mai 2020<br />
Regulieren oder haften?<br />
Welche Fragen jetzt durch Coronabedingte<br />
Betriebsschließungen<br />
auf Vermittler zukommen<br />
Nachhaltige Standards<br />
Wie sich die EU mit ihrer Taxonomie<br />
für nachhaltige Geldanlagen<br />
selbst im Weg steht<br />
pro/contra Grundrente<br />
SPD und FDP im Schlagabtausch<br />
über Lösungen zur<br />
Bekämpfung von Altersarmut<br />
<strong>procontra</strong> – Das freie Finanzmagazin
BERATER Versicherungsbetrug<br />
INTELLIGENTE JAGD NACH<br />
BETRÜGERN<br />
Versicherungsbetrug sorgt Jahr für Jahr für Milliardenschäden bei den Versicherern, die<br />
Pandemie hat diese Entwicklung noch weiter befeuert. Im Wettstreit mit den Betrügern setzen<br />
viele Versicherer auf künstliche Intelligenz – die jedoch ihre Grenzen hat.<br />
– TEXT: MARTIN THALER –<br />
Versicherungsbetrug ist alles andere als eine<br />
Lappalie: Die deutschen Versicherer schätzten<br />
bereits 2018 jede zehnte Schadensmeldung<br />
als dubios ein – durch professionelle<br />
Banden und „Gelegenheitsschummler“<br />
entsteht so pro Jahr ein Schaden von bis zu<br />
fünf Milliarden Euro.<br />
Die Corona-Krise wirkt zudem als Verstärker<br />
dieser Entwicklung. „Aufgrund<br />
finanzieller Notlagen könnte es eine Zu-<br />
vor Corona hätten Gewerbekunden eingereicht,<br />
berichtete Haug und vermutete<br />
einen Zusammenhang zu den Lockdownbedingten<br />
Schließungen.<br />
Eine Entwicklung, die sich bei anderen<br />
Versicherern ebenfalls zeigt: „Auch wir<br />
stellen gewisse pandemiebezogene Entwicklungen<br />
fest und haben unsere Mitarbeiter<br />
dafür entsprechend sensibilisiert“,<br />
berichtet Christian Krams, Schadenvornahme<br />
von ‚Gelegenheitsbetrügern‘ geben“,<br />
vermutete im vergangenen Jahr der<br />
Kölner Rechtsanwalt Abdou Gabbar. Zwar<br />
gibt es keine branchenweite Auswertung,<br />
doch Zahlen der Allianz stützen die Vermutung<br />
Gabbars. Seit Beginn der Pandemie<br />
seien Betrugsversuche um gut 10 Prozent<br />
gestiegen, meldete im Juni Jochen Haug,<br />
Vorstand der Allianz Versicherungs AG.<br />
25 Prozent mehr Wasserschäden als noch<br />
62 Illustration: Roman Kulon
Versicherungsbetrug BERATER<br />
stand der zur Versicherungskammer Bayern<br />
gehörenden Bavaria Direkt. „Dabei handelt<br />
es sich etwa um mehr betrugsverdächtige<br />
Schäden aus Branchen, die vom Lockdown<br />
besonders betroffen waren.“ Dazu gehören<br />
etwa der Ausfall von Kühlaggregaten in<br />
Gastronomiebetrieben oder Brandschäden<br />
in Friseurbetrieben.<br />
Die Schäden für die Versicherer und<br />
letztlich auch die Versichertengemeinschaft<br />
gehen in die Millionen – allein bei der Allianz<br />
sorgen Betrügereien jährlich für Schäden<br />
im dreistelligen Millionenbereich.<br />
Entsprechend soll in die Aufklärung investiert<br />
werden – zumal sich der Betrug<br />
auch immer stärker in den virtuellen Raum<br />
verlagert. Statt sich – wie in der Vergangenheit<br />
– zum inszenierten Autounfall zu verabreden,<br />
wird der Schaden am Auto digital<br />
per Bildbearbeitungsprogramm erzeugt.<br />
Rechnungen lassen sich mittels PDF-Editor<br />
schnell so verändern, dass der Rechnungsbetrag<br />
ein Vielfaches der tatsächlichen<br />
Summe ausmacht.<br />
AUTOMATISIERTE BETRUGSERKENNUNG<br />
Laut einer Untersuchung des auf Versicherungsbetrugserkennung<br />
spezialisierten<br />
niederländischen Unternehmens Friss will<br />
über die Hälfte der international befragten<br />
»Ersetzen können<br />
Software und IT die<br />
Intuition und den<br />
gesunden Menschenverstand<br />
unserer Mitarbeitenden<br />
nicht.«<br />
CHRISTIAN KRAMS, BAVARIA DIREKT<br />
450 Versicherungsexperten in Zukunft stärker<br />
auf automatisierte Betrugserkennung<br />
setzen. Die Software von Friss ist laut Unternehmensangaben<br />
bereits europaweit bei<br />
über 200 Versicherern im Einsatz. Weitere<br />
Unternehmen drängen zudem mit neuen<br />
Angeboten auf den Markt. Hierzu gehört<br />
das 2016 gegründete Londoner Unternehmen<br />
Photocert, das sich auf das Aufspüren<br />
manipulierter Fotos spezialisiert hat. Zum<br />
VERSICHERUNGSBETRUG IST KEIN EINZELFALL<br />
Repräsentative Umfrage zum Versicherungsbetrug<br />
Haben Sie gegenüber Ihrer Versicherung schon einmal einen Schaden gemeldet,<br />
der nur teilweise oder gar nicht entstanden war,<br />
um Geld von der Versicherung zu erhalten?<br />
Nein, wissen aber<br />
von einem konkreten<br />
Versicherungsbetrug:<br />
4 %<br />
Ja: 6 %<br />
einen bietet das Unternehmen eine App an,<br />
mit der sich Fotos authentifizieren lassen:<br />
Das Programm gleicht beispielsweise ab, ob<br />
GPS-Daten und Zeitstempel mit den Angaben<br />
des Versicherungsnehmers übereinstimmen.<br />
Zudem analysiert das System, ob das<br />
Foto nicht vom Kunden stammt, sondern<br />
zuvor schon an anderer Stelle veröffentlicht<br />
wurde, beispielsweise in einer Zeitschrift<br />
oder im Internet.<br />
Auch Ico-Lux aus Jena hat sich der<br />
Bildforensik verschrieben – statt Aufnahmen<br />
beschädigter Fahrzeuge zu prüfen,<br />
konzentriert sich Ico-Lux jedoch auf die<br />
Überprüfung eingereichter Rechnungen.<br />
Mittlerweile arbeitet das Unternehmen mit<br />
fünf Krankenversicherern zusammen, drei<br />
weitere Unternehmen sollen bald hinzukommen.<br />
Darüber hinaus prüft die Firma,<br />
ob sich das bislang für die PKV entwickelte<br />
System auch auf andere Versicherungsbereiche<br />
oder auf Banken ausweiten lässt.<br />
KI SELEKTIERT VOR<br />
„Unser System schafft es, Millionen Rechnungen<br />
und Belege auf Auffälligkeiten zu<br />
untersuchen. Hiervon ist rund 1 Prozent<br />
fragwürdig – die verdächtigsten davon<br />
werden an Sachbearbeiter weitergeleitet“,<br />
erklärt Gründer Jan Franke. Die Datengrundlage<br />
hierfür musste sich Ico-Lux<br />
selbst schaffen. Ein echter Zeittreiber dabei<br />
seien auch die datenschutzrechtlichen<br />
Bestimmungen gewesen, berichtet CTO<br />
Stefan Brechtken. „Gesundheitsdaten ge-<br />
Nein: 90 %<br />
Quelle: infas quo GmbH, GDV, 2020<br />
nießen berechtigterweise die höchsten Datenschutzanforderungen.<br />
Aber ganz ohne<br />
Daten eine entsprechende Technologie zu<br />
entwickeln, ist eine echte Herausforderung.“<br />
Auch anderswo ist die Datengrundlage<br />
die Achillesverse der künstlichen Intelligenz.<br />
Laut Friss-Umfrage sehen die befragten<br />
Versicherungsexperten die unzureichende<br />
Datenqualität sowie den strengen<br />
Datenschutz als größte Hindernisse bei der<br />
Betrugserkennung. So erleichtern künstliche<br />
Intelligenz und neue Tools zwar die<br />
Aufdeckung von Betrugsfällen, schaffen<br />
letztlich zu den digital aufrüstenden Betrügern<br />
aber nur ein Gleichgewicht. Nach<br />
wie vor wird es weiterhin auf das Bauchgefühl<br />
der Schadensbearbeiter ankommen, ist<br />
Bavaria-Direkt-Vorstand Krams überzeugt.<br />
„Bei der Betrugsbekämpfung werden Software<br />
und IT zwar immer wichtiger, ersetzen<br />
können sie die Intuition und den gesunden<br />
Menschenverstand unserer Mitarbeitenden<br />
aber nicht.“<br />
CHANCEN 2022<br />
Hohes Einsparpotenzial für Versicherer<br />
Selektion von Verdachtsfällen<br />
für Schadensbearbeiter<br />
Neue Möglichkeiten durch<br />
Bild- und Textforensik<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
63
BERATER Erben und Schenken<br />
FRÜH BERÄT SICH,<br />
WER VERERBEN WILL<br />
Deutsche vererben jährlich mehrere Hundert Milliarden Euro. Bei den Nachkommen ist das<br />
Erbe oft Grund für Zwist. Finanzberater können ihre Kunden beim Generationenmanagement<br />
unterstützen – und so wichtige Geschäftsansätze schaffen.<br />
– TEXT: MARIAM MISAKIAN –<br />
64 Illustration: Eleonora Mavromati
Erben und Schenken BERATER<br />
Über der Familie Lemesurier schwebt ein<br />
schrecklicher Fluch. Jeder Erstgeborene ist<br />
dazu verdammt, zu sterben, bevor er sein<br />
Erbe antreten kann. Als Vincent Lemesuriers<br />
Vater nach einem Reitunfall im Sterben<br />
liegt, erahnt er sein Schicksal bereits, kann<br />
seinen eigenen Tod aber nicht mehr verhindern.<br />
Kurze Zeit später verstirbt auch<br />
der nächste in der Erbfolge, sein jüngerer<br />
Bruder Ronald. Wie Agatha Christies Meisterdetektiv<br />
Hercule Poirot in einem seiner<br />
ersten Fälle, „Das Erbe der Familie Lemesurier“,<br />
schlussendlich aufdeckt, steckt<br />
natürlich kein Fluch, sondern Mord hinter<br />
den kuriosen Geschehnissen. Der missgünstige<br />
Onkel, Hugo Lemesurier, wollte sich<br />
auf diese grausame Art sein Erbe sichern.<br />
Ganz so dramatisch läuft es im wahren<br />
Leben wohl eher selten ab, doch gemäß<br />
dem Spruch „Redet ihr noch miteinander<br />
oder habt ihr schon geerbt?“ sorgt der<br />
Nachlass bei Erben oft für Streit. Dabei<br />
wird das Thema in Deutschland immer<br />
wichtiger: Allein zwischen den Jahren 2015<br />
und 2024 werden in Deutschland 3,1 Billionen<br />
Euro vererbt, schätzt das Deutsche<br />
Institut für Altersvorsorge (DIA). Mit steigendem<br />
Wohlstand hat das Erbvolumen in<br />
den vergangenen Jahren immer weiter zugenommen.<br />
Um Streit zu verhindern, sollten sich Erblasser<br />
noch zu Lebzeiten Gedanken über<br />
das Thema machen und ihren Nachlass klar<br />
regeln. Dabei können Berater eine wichtige<br />
Stütze sein. „Sobald Vermögenswerte<br />
vorhanden sind, sollte man sich mit dem<br />
Thema Nachlass befassen“, sagt Markus<br />
Richert, Anlageberater beim Vermögensverwalter<br />
Portfolio Concept. „Der Berater<br />
kann dabei für verschiedene Möglichkeiten<br />
und wichtige Fragen sensibilisieren.“<br />
Berater sollten ihren Kunden vor allem<br />
eines klarmachen: Wenn diese sich nicht<br />
mit dem Thema Erbe befassen, greift<br />
nach dem Tod automatisch die gesetzliche<br />
Erbfolge. Dann erben in erster Linie<br />
Ehepartner, Kinder und Enkelkinder, in<br />
späterer Reihenfolge weitere Verwandte.<br />
„Im schlimmsten Fall greift die Erbengemeinschaft.<br />
Dabei treffen unterschiedliche<br />
Personen mit unterschiedlichen Interessen<br />
aufeinander“, warnt Richert. Bei einer Erbengemeinschaft<br />
verwalten alle Erben den<br />
Nachlass nämlich so lange gemeinsam,<br />
bis das Erbe aufgeteilt ist – Streit ist also<br />
vorprogrammiert. Besonders dann, wenn<br />
die Familienkonstellation kompliziert ist,<br />
HOHE ANZAHL AN ERBSCHAFTEN UND SCHENKUNGEN<br />
Aufgrund der Freibeträge wird viel Vermögen allerdings auch ohne Steuerpflicht vererbt.<br />
160.000<br />
140.000<br />
120.000<br />
100.000<br />
80.000<br />
60.000<br />
40.000<br />
20.000<br />
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019<br />
Erbschaften<br />
Schenkungen<br />
es also beispielsweise Kinder aus unterschiedlichen<br />
Ehen gibt. Manchmal zanken<br />
Erben dabei um große Summen – etwa, ob<br />
das Elternhaus verkauft werden soll oder<br />
ob einer der Erben darin wohnen darf. Oft<br />
geht es aber auch um ideelle Werte: Wer<br />
beispielsweise die Manschettenknöpfe des<br />
Großvaters bekommt, kann ebenfalls zum<br />
Streitthema werden.<br />
»Finanzplaner haben<br />
die perfekte<br />
Grundlage, über das<br />
Thema Nachlass<br />
zu sprechen.«<br />
MARKUS RICHERT, PORTFOLIO CONCEPT<br />
DEN ANFANG MACHEN<br />
Eine der wichtigsten Aufgaben des Vermittlers<br />
ist deshalb, seine Kunden auf solche<br />
Probleme aufmerksam zu machen und unter<br />
Umständen alle Familienmitglieder an<br />
einen Tisch zu setzen. Der Berater kann als<br />
eine Art Moderator dabei helfen, das Ge-<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand: März <strong>2021</strong><br />
spräch zu strukturieren. Das Problem dabei:<br />
Der Tod gilt als Tabuthema, mit dem<br />
sich viele Menschen nur ungern befassen.<br />
Für Berater stellt sich also die Frage, wie<br />
sie dieses unangenehme Thema möglichst<br />
sensibel beim Kunden angehen können.<br />
Richert sieht dafür viel Gelegenheit: „Finanzplaner<br />
haben die perfekte Grundlage,<br />
über das Thema Nachlass zu sprechen. Im<br />
Finanzplan sind alle Vermögenswerte erfasst,<br />
davon ausgehend kann der Berater<br />
ein Gespräch darüber anstoßen, was später<br />
mal damit passieren soll.“<br />
Dabei muss es nicht zwangsläufig um den<br />
Tod gehen – immerhin lässt sich das Erbe<br />
oder ein Teil davon auch schon zu Lebzeiten<br />
über Schenkungen weiterreichen. An<br />
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner<br />
sind Schenkungen in Höhe von bis zu<br />
500.000 Euro steuerfrei möglich, an Kinder<br />
jedes Elternteils bis zu 400.000 Euro und<br />
an Enkel bis zu 200.000 Euro. Gerade bei<br />
großem Vermögen können Erblasser ihren<br />
Nachkommen einen Gefallen tun, wenn sie<br />
zu Lebzeiten einen Teil des Vermögens verschenken,<br />
denn so können die Erben später<br />
Erbschaftssteuer sparen.<br />
„Es ist nie zu früh, sich Gedanken über<br />
den eigenen Nachlass zu machen“, meint<br />
auch Rolf Tilmes, Finanzprofessor an der<br />
EBS Universität für Wirtschaft und<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
65
BERATER Erben und Schenken<br />
»Generationenmanagement<br />
gefragt«<br />
Der Aufgabenbereich von Vermögensberatern beim Thema Erbe umfasst nur bestimmte<br />
Leistungen. Finanzprofessor ROLF TILMES erklärt die Grenzen.<br />
<strong>procontra</strong>: Warum ist Generationenmanagement<br />
für Berater ein attraktives Geschäftsfeld?<br />
Rolf Tilmes: Angesichts der steigenden<br />
Erbschaftsvolumina ist Generationenmanagement<br />
ein wichtiges Feld, für das es noch zu<br />
wenige Beraterinnen und Berater gibt, obwohl<br />
sich immer mehr darauf spezialisieren. Gerade<br />
in Niedrigzinsphasen suchen Vermögensberater<br />
nach spannenden neuen Geschäftsfeldern.<br />
Manchen ist das wiederum zu heikel.<br />
<strong>procontra</strong>: Warum?<br />
Tilmes: Bestimmte Dinge darf nur der<br />
Rechtsanwalt oder der Steuerberater. Es gibt<br />
Grenzen, die Vermögensberater nicht überschreiten<br />
dürfen.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche wären das?<br />
Tilmes: Der Anlageberater darf dem Kunden<br />
zum Beispiel nicht sagen, er solle ein Berliner<br />
Testament aufsetzen und welche Punkte<br />
er dort hineinzuschreiben hat. Das darf nur<br />
der Rechtsanwalt. Er darf ihm auch<br />
nicht auf den letzten Cent genau<br />
ausrechnen, welche Erbschaftssteuer<br />
seine Nachkommen zahlen werden –<br />
verbindliche Angaben machen darf nur<br />
der Steuerberater. Auch das Testament<br />
für den Kunden darf er nicht schreiben.<br />
Das ist nur gültig, wenn der Kunde es<br />
selbst handschriftlich verfasst. Testamentsvollstrecker<br />
darf der Berater aber<br />
sein. Es gibt keinen besseren Beweis<br />
für eine gute Kundenbeziehung.<br />
<strong>procontra</strong>: Was darf der Berater noch?<br />
Tilmes: Sehr viel! In erster Linie setzt er<br />
sich mit dem Kunden zusammen und<br />
macht eine Aufstellung über dessen<br />
Ziele und Wünsche, was die Verteilung<br />
des Erbes betrifft. Er darf dann über<br />
alles aufklären, was Vermögen, die<br />
Versorgung des Partners und eine<br />
gerechte Verteilung des Erbes und<br />
Streitvermeidung angeht.<br />
Es gibt außerdem jede Menge Konfliktpotenzial<br />
sowie Fallstricke, über die er Kunden<br />
informieren kann. Ist dem Kunden erst mal<br />
klar, was er will und worum er sich kümmern<br />
muss, kommen Anwälte und Steuerberater<br />
zum Einsatz, die alle Details ausarbeiten. Der<br />
Berater muss den Kunden aber erst mal dort<br />
hinbringen. Er hat dabei viele Rollen: Er initiiert<br />
den Prozess, kann Moderator für die Familie<br />
sein und auch Übersetzer zwischen verschiedenen<br />
Kundenzielen.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie tief muss der Berater sich<br />
selbst mit der Materie auskennen?<br />
Tilmes: Das Erbrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch<br />
geregelt. Auch wenn er den Kunden<br />
nicht bis zur letzten Wendung selbst begleiten<br />
darf, sollte der Vermögensberater alles<br />
verstehen. Ich würde jedem, der das Thema<br />
Generationenmanagement angeht, eine Weiterbildung<br />
empfehlen. Wenn dem Vermögensberater<br />
Wissen fehlt, fliegt das auf. Dann ist er<br />
beim Kunden schnell aus dem Spiel.<br />
Recht in Wiesbaden. Er sieht den nahenden<br />
Tod ebenfalls nicht als einzigen<br />
Anlass für ein Beratungsgespräch zum Thema<br />
Erbe. Eine angenehmere Gelegenheit<br />
sei etwa eine Eheschließung beim Kunden.<br />
„Dann wird zum Beispiel das Thema Güterstand<br />
interessant, ebenso wie die Versorgung<br />
des Partners, für den Fall, dass dem<br />
Kunden etwas zustößt“, erklärt Tilmes. So<br />
können Versicherungsmakler zum Beispiel<br />
auf Risikolebensversicherungen aufmerksam<br />
machen.<br />
Auch die Themen Betreuungsvollmacht<br />
und Patientenverfügung sind erste Ansatzpunkte,<br />
um Kunden für das Thema Erbe zu<br />
sensibilisieren. „Sollte der Kunde eines Tages<br />
nicht mehr zurechnungsfähig sein, ist es<br />
vorab wichtig zu entscheiden, wer stellvertretend<br />
handeln soll. Das alles sind Themen,<br />
die auch schon junge Menschen betreffen“,<br />
sagt Tilmes. Eine Dienstleistung, die der Berater<br />
seinem Kunden in diesem Zusammenhang<br />
anbieten kann, ist das gemeinsame<br />
Erstellen eines Notfallordners. Darin sind<br />
nicht nur Patientenvollmacht und Betreuungsverfügung,<br />
sondern auch der digitale<br />
Nachlass gesichert. Für den Todesfall ist es<br />
nämlich auch wichtig, einer Person seines<br />
Vertrauens ein aktuelles Dokument mit den<br />
eigenen Onlinekonten sowie Passwörtern<br />
zu hinterlassen – entweder in gedruckter<br />
Form oder auf einem USB-Stick.<br />
Ein weiterer Tipp des Experten: eine Infoveranstaltung<br />
zum Thema Erbe aufsetzen,<br />
gemeinsam mit einem Rechtsanwalt<br />
und einem Steuerberater. „Solche Veranstaltungen<br />
sind in der Regel ausgebucht,<br />
das Interesse ist groß“, betont Tilmes. Davon<br />
ausgehend können sich Anlageberater<br />
als Experten positionieren und den einen<br />
oder anderen Kunden an Land ziehen.<br />
CHANCE FÜR KUNDENBINDUNG<br />
Berater sollten sich bei diesem Thema auf<br />
jede Menge Kundenfragen einstellen, denn<br />
oft fehlt grundlegendes Wissen. „Viele wissen<br />
zum Beispiel nicht, wie die Erbquoten<br />
geregelt sind, welche Steuerfreibeträge es<br />
gibt oder wie der Zugewinnausgleich zwischen<br />
Ehepartnern geregelt ist“, erzählt<br />
Tilmes. Bei Letzterem kann der Berater die<br />
Kunden zum Beispiel zum Nachrechnen<br />
bringen – wie war das Anfangsvermögen<br />
vor der Ehe und was war der gemeinsame<br />
Zugewinn? Auch wie die Bewertung des<br />
Nachlasses funktioniert, ist vielen nicht bewusst,<br />
etwa dass sich der Depotwert an den<br />
66 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Erben und Schenken BERATER<br />
»Angesichts der<br />
steigenden Erbschaftsvolumina<br />
ist Generationenmanagement<br />
ein attraktives<br />
Geschäftsfeld.«<br />
PROF. DR. ROLF TILMES, EBS UNIVERSITÄT<br />
Aktienkursen am Todestag orientiert, der<br />
Immobilienwert am Verkehrswert und der<br />
Wert eines Unternehmens vom Bewertungsverfahren<br />
abhängt. So mancher Erblasser<br />
lebt außerdem in dem Irrtum, er könnte<br />
ein aus seiner Sicht „missratenes“ Kind einfach<br />
enterben. Doch in Deutschland ist das<br />
nur in absoluten Ausnahmefällen möglich,<br />
etwa nach einem Mordversuch. Für Bera-<br />
ter gibt es also jede Menge Gelegenheit für<br />
Aufklärungsarbeit.<br />
Das alles mag zunächst nach viel Aufwand<br />
und wenig Ertrag klingen, doch es<br />
zahlt sich aus. „Jemand, der lediglich Lebensversicherungen<br />
oder Fondssparpläne<br />
verkauft, ist für den Kunden austauschbar“,<br />
führt Tilmes aus. „Doch wer mit<br />
Weitblick mit dem Kunden über dessen<br />
Nachfolge spricht, hat schnell eine engere<br />
Bindung zu ihm.“ Nebenbei erfahre man<br />
auch allerhand über den Kunden, seine<br />
Familienkonstellation und Wünsche. „Als<br />
Finanzdienstleister habe ich so jede Menge<br />
Ansatzpunkte, mein Geschäftsfeld zu erweitern“,<br />
betont der Wirtschaftsprofessor.<br />
Auf diese Art finde man Details heraus, wie<br />
etwa, dass der Ex-Ehemann noch Begünstigter<br />
bei der Lebensversicherung der Kundin<br />
ist und die Auszahlung bekommt, wenn<br />
sie stirbt. Auf diese Weise können Berater<br />
ihre Kunden über Fallstricke aufklären, die<br />
andernfalls womöglich nicht ans Tageslicht<br />
gekommen wären. <br />
CHANCEN 2022<br />
Das Erbvolumen in Deutschland wächst, der<br />
Beratungsbedarf ist entsprechend hoch<br />
Berater erfahren viel über ihre Kunden: Das<br />
stärkt die Kundenbeziehung<br />
Generationenmanagement bietet<br />
Ausgangspunkt für weiteres Geschäft,<br />
etwa Risikolebensversicherung<br />
G L Ü C K S<br />
STRASSENKIND<br />
<br />
<br />
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Keine Verwaltungskosten<br />
durch ehrenamtliche Mitarbeiter<br />
Eine echte 1-zu-1-Hilfe<br />
Jeder Euro kommt in Afrika an<br />
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Unsere Institution ist klein und übersichtlich<br />
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Ausstellung von Spendenquittungen möglich<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
FURAHA PHÖNIX Kinderhaus e. V.<br />
c/o HAMBURGER PHÖNIX AG<br />
Glockengießerwall 2 in 20095 Hamburg<br />
Telefon: 0 40 / 23 85 66-0 / Telefax -10<br />
Vorstand: Oliver Drewes, Kai Säland,<br />
Christian Hempen, Christine Drewes<br />
Internet: www.Phoenix-Kinderhaus.de<br />
Registrierung des Vereins:<br />
Amtsgericht Hamburg, VR-Nr.: 18 63 9<br />
Finanzamt Hamburg, St.Nr.: 17/441/16186<br />
FURAHA PHÖNIX<br />
Spendenkonto<br />
Deutsche Bank Hamburg<br />
Spendenkonto: 0 36 36 <strong>06</strong><br />
BIC: DEUTDEDBHAM<br />
IBAN: DE83 2007 0024 0036 36<strong>06</strong> 00<br />
67
BERATER Krisenmanagement<br />
»Makler müssen in Krisen<br />
erreichbar sein«<br />
In einem Notfall sind Versicherungsmakler oft erste Ansprechpartner ihrer Kunden und<br />
müssen schnelle Lösungen liefern. Michael Blaumoser von Sius Consulting berät Firmen zum<br />
Krisenmanagement und beschreibt, worauf es ankommt.<br />
– TEXT: HANNAH PETERSOHN –<br />
übergreifen, kann das existenzbedrohende<br />
Ausmaße annehmen. In diesem Fall spricht<br />
man von einer Krise. Übrigens: Ein Groß<strong>procontra</strong>:<br />
Krisenmanagement ist beim<br />
Makler nicht erst seit Corona gefragt. Die<br />
Unwettereignisse im Sommer erforderten<br />
auch die sensible Begleitung im Schadensfall.<br />
Was ist das Besondere an diesem<br />
Krisenmanagement?<br />
Michael Blaumoser: Nehmen wir als Beispiel<br />
den Makler in einem Flutgebiet, der<br />
selbst von der Katastrophe betroffen ist:<br />
Für ihn gilt im Prinzip das Gleiche wie für<br />
die Beschäftigten der Hilfsorganisationen<br />
wie der Freiwilligen Feuerwehren: Er sollte<br />
auch dann „ausrücken“, wenn er selbst<br />
von einem Ereignis betroffen ist. Ihm muss<br />
klar sein, dass er Abstriche machen und<br />
für seine Kunden erreichbar sein sollte.<br />
Weil bei solchen Lagen oft das Telefonnetz<br />
nicht mehr funktioniert, sollte er sich<br />
daher vorab überlegen, wie er dennoch<br />
eine gewisse Erreichbarkeit im Ereignisfall<br />
sicherstellen kann. Vieles lässt sich bereits<br />
im Vorfeld proaktiv vorbereiten.<br />
<strong>procontra</strong>: Sie beraten Unternehmen im Bereich<br />
„Notfall- und Krisenmanagement“.<br />
Worin besteht der Unterschied zwischen<br />
einem Notfall und einer Krise?<br />
Blaumoser: Grundsätzlich wird zwischen<br />
Störung, Notfall, Krise und Katastrophe<br />
unterschieden. Nehmen wir als Beispiel<br />
ein defektes Stromkabel: Es kann den<br />
Arbeitsalltag stören, weil die Stromzufuhr<br />
unterbrochen ist. Wenn sich das Kabel<br />
entzündet, eskaliert die Störung zu einem<br />
Notfall, der einen Schaden nach sich<br />
ziehen kann und eigenständig, also ohne<br />
Brandschutzkenntnisse, nur schwer zu<br />
beheben ist. Wenn dann die Flammen auf<br />
den gesamten Bereich oder gar die Etage<br />
schadensereignis, das sich im öffentlichen<br />
Raum ereignet und durch Behörden und<br />
Hilfsorganisationen nur unter einheitlicher<br />
68 Foto: Sandra Kühnapfel-Frank
Krisenmanagement BERATER<br />
Leitung der Katastrophenschutzbehörden<br />
bewältigt werden kann, ist eine Katastrophe.<br />
Ein Terroranschlag oder das Flutereignis<br />
im Raum Ahrweiler zählen beispielsweise<br />
in diese Kategorie.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie sollten sich Makler denn<br />
auf einen Notfall bzw. auf eine Krise<br />
vorbereiten?<br />
Blaumoser: Makler sind das Sprachrohr<br />
zwischen Versicherten und Versicherern.<br />
Im Fall der Flutkatastrophe würde ich<br />
Maklern raten, sich bereits vorab ein<br />
Dokument zu erstellen, in dem auf der<br />
einen Seite die gegen Elementarschaden<br />
versicherten Kunden und auf der anderen<br />
Seite die unversicherten Kunden stehen.<br />
Dann sollte man die Zielgruppen betrachten,<br />
denn die Kommunikation muss jeweils<br />
eine andere sein, Stichwort: Empathie.<br />
Makler müssen sich die Fragen stellen:<br />
Worin bestehen meine Aufgaben, bevor ein<br />
Ereignisfall eintritt und im Schadensfall?<br />
Bei solchen Ereignissen wie in Ahrweiler<br />
muss man natürlich bedenken, dass man<br />
auch bei versicherten Personen nicht<br />
freudestrahlend sagen sollte: „Wunderbar,<br />
Herr Müller, Sie sind versichert!“<br />
<strong>procontra</strong>: Wie können Makler mit Kunden<br />
ohne eine entsprechende Versicherung<br />
umgehen?<br />
Blaumoser: Sehr ähnlich: Man hat es in<br />
beiden Fällen mit Personen zu tun, die<br />
eventuell traumatisiert sind, wenn Angehörige<br />
vermisst werden und/oder das gesamte<br />
Hab und Gut zerstört wurde. Das ist eine<br />
enorme psychische Ausnahmesituation,<br />
in der Menschen meist nicht auf Anhieb<br />
wissen, an wen sie sich wenden können.<br />
Im Zweifelsfall rufen sie ihren Makler an,<br />
weil sie davon ausgehen, dass er es weiß.<br />
Eine Lösung für betroffene Kunden könnte<br />
darin bestehen, die Katastrophenschutzbehörde<br />
auf dem Schirm zu haben. Dann<br />
könnte man sie noch darüber informieren,<br />
dass es in der Regel eine staatliche Unterstützung<br />
gibt. Grundsätzlich gilt: Man<br />
muss sich diese Informationen im Vorfeld<br />
zurechtlegen und im Katastrophenfall<br />
griffbereit haben.<br />
<strong>procontra</strong>: Was raten Sie Maklern, die von<br />
einer Situation selbst betroffen sind?<br />
Blaumoser: Sie sollten in einem solchen<br />
Moment zurückstecken und für ihre Kunden<br />
da sein. Das ist Teil des Jobs, so wie<br />
es auch bei Feuerwehrleuten oder Ärzten<br />
der Fall ist. Kunden haben die berechtigte<br />
Erwartungshaltung, dass Makler in einem<br />
solchen Fall für sie da sind. Das ist aber<br />
insofern herausfordernd, weil gleichzeitig<br />
das Zeitempfinden ein anderes geworden<br />
ist: Menschen wollen heute immer alles<br />
sofort haben und nicht mehr warten.<br />
Wenn sie etwas zügig benötigen, bestellen<br />
sie es beispielsweise bei Amazon, weil es<br />
dann schnell geliefert wird. Ähnlich ist<br />
es bei Versicherungen: Viele wollen nicht<br />
lange in der Servicehotline des Versicherers<br />
hängen, sondern rufen lieber ihren Makler<br />
an. Darauf sollte man sich einstellen.<br />
<strong>procontra</strong>: Worin bestehen die häufigsten<br />
Fehler im Notfall- und Krisenmanagement?<br />
»Wenn ein Makler im<br />
Nachhinein feststellt,<br />
dass er Mist gebaut<br />
hat, dann muss er<br />
mit offenen Karten<br />
spielen.«<br />
Blaumoser: Der größte Fehler, der meist<br />
von familiengeführten, mittelständischen<br />
Unternehmen begangen wird, besteht darin,<br />
sich nicht oder nicht ausreichend auf<br />
Notfälle und Krisen vorzubereiten und im<br />
Ereignisfall gar nicht oder zu spät zu kommunizieren.<br />
Das eskaliert dann schnell.<br />
Wer zu spät kommuniziert, provoziert<br />
manchmal sogar noch. Das führt dann<br />
häufig zu einer Eskalation, wie es zum<br />
Beispiel beim Schlachtbetrieb Tönnies der<br />
Fall war. Das ist in der heutigen Zeit der<br />
völlig falsche Ansatz. Selbst wenn genaue<br />
Fakten noch nicht vorliegen, muss etwas<br />
getan werden: Es geht im Prinzip erst mal<br />
darum, dass man Flagge zeigt. Hier greift<br />
im Übrigen auch der Spruch „Wer nicht<br />
handelt, wird behandelt!“ Das trifft auf die<br />
Krisenkommunikation meines Erachtens<br />
ganz gut zu. Man muss noch schneller als<br />
früher versuchen, das Sprachrohr zu sein,<br />
bevor sich die Kommunikation verselbstständigt.<br />
Ich rate auch dringend davon ab,<br />
in solchen Fällen in den sozialen Medien<br />
irgendetwas Irrelevantes zu posten:<br />
Also zum Beispiel, wenn ein Makler im<br />
Flutgebiet die Schippe in die Hand nimmt,<br />
sich dabei fotografieren lässt und das Bild<br />
online postet, mag das fürs Ego gut sein.<br />
Aber Versicherte interessiert das herzlich<br />
wenig, schließlich packen ja alle mit an.<br />
<strong>procontra</strong>: Trotz guter Vorbereitung<br />
werden sich Fehler nicht immer vermeiden<br />
lassen, wodurch das Kundenvertrauen<br />
Schaden nehmen kann. Wie können<br />
Makler verloren gegangenes Vertrauen<br />
zurückgewinnen?<br />
Blaumoser: Wenn ein Makler im Nachhinein<br />
feststellt, dass er ziemlichen Mist<br />
gebaut hat, also während der Flutkatastrophe<br />
nicht ans Telefon gegangen<br />
ist, weil er sich um sein eigenes Haus<br />
gekümmert hat, oder falsch beraten hat,<br />
dann muss er mit offenen Karten spielen.<br />
Man sollte sich in einer ruhigen Minute<br />
hinsetzen und alles aufschreiben, was man<br />
falsch gemacht hat und was einem vorgeworfen<br />
wird. Dazu muss man sich die<br />
Antworten notieren wie zum Beispiel: Das<br />
Telefonnetz war ausgefallen, niemand war<br />
erreichbar. Wer falsch beraten hat, sollte<br />
das zugeben und erklären können, wie es<br />
dazu gekommen ist. Gerade für Makler,<br />
die in kleineren Regionen arbeiten, ist ein<br />
schlechter Ruf existenzbedrohend. Fehler<br />
müssen auch eingestanden werden und<br />
sollten dazu anregen, es zukünftig besser<br />
zu machen.<br />
<strong>procontra</strong>: Was ärgert Sie besonders im<br />
Umgang mit Katastrophen?<br />
Blaumoser: Was mich fuchsig macht, ist,<br />
wenn einzelne Stellen vehement behaupten,<br />
sie hätten die Katastrophe ja nicht<br />
kommen sehen. Institutionen, aber auch<br />
jeder Einzelne sollten sich mit Krisen und<br />
Katastrophen auseinandersetzen. Alle<br />
sollten sich mit präventiven Maßnahmen<br />
beschäftigen und sich überlegen, wie sie im<br />
Ereignisfall reagieren wollen – auch wenn<br />
solche Fälle nur selten eintreten. Denn<br />
wenn sie auftreten, dann meist mit voller<br />
Wucht und ziemlich gnadenlos. Man darf<br />
dabei aber auch nicht den Fehler machen,<br />
so zu tun, als hätte man vorher schon alles<br />
gewusst. Wichtig ist es, nach einem Ereignisfall<br />
im Idealfall überregional aus den<br />
Erkenntnissen zu lernen und Maßnahmen<br />
zur „Fehlerbehebung“ und Optimierung<br />
zu ergreifen, die sich gegebenenfalls auch<br />
auf andere Bereiche projizieren lassen.<br />
Denn nur so geht eine Verbesserung –<br />
Schuldzuweisungen und Lippenbekenntnisse<br />
helfen da nur wenig.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
69
HÖHEPUNKTE DES JAHRES Sachwerte<br />
HIGHLIGHTS <strong>2021</strong><br />
Infinus-Akte geschlossen ++ Turbulenter Berliner Wohnungsmarkt ++ Kleinanleger geprellt & entschädigt<br />
Oktober<br />
INFINUS-MANAGER ZUR<br />
HAFT VERURTEILT<br />
Die Insolvenz der Infinus AG zählt zu den größten Finanzskandalen<br />
Deutschlands. Über 22.000 Anleger wurden um über<br />
300 Millionen Euro betrogen. Im Juli 2015 wurden die fünf<br />
Hauptbeschuldigten angeklagt, im Juli 2018 verurteilte die<br />
Große Wirtschaftskammer den Gründer des Mutterkonzerns<br />
Future Business, Jörg Biehl, und vier frühere Führungskräfte<br />
wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in besonders schwerem<br />
Fall und Kapitalanlagebetrugs zu Haftstrafen zwischen 4,5<br />
und acht Jahren.<br />
Gegen dieses Urteil wurde damals Revision eingelegt. Diese<br />
wurde nun im Oktober vom Bundesgerichtshof größtenteils<br />
abgewiesen. Die Angeklagten müssen folglich ihre restlichen<br />
Haftstrafen antreten.<br />
April<br />
BERLINER MIETENDECKEL GEKIPPT<br />
Im April erklärte das Bundesverfassungsgericht den Berliner<br />
Mietendeckel für nichtig. Er sei mit dem Grundgesetz nicht<br />
vereinbar. Nach dem Urteil hat die Berliner Landesregelung<br />
verfassungsrechtlich keinen Bestand. Das Mietpreisrecht sei<br />
vom Bundesgesetzgeber abschließend geregelt, die Länder<br />
hätten deshalb keine Gesetzgebungsbefugnis, lautete die<br />
Begründung. Im Februar 2020 war der Mietendeckel in Berlin<br />
in Kraft getreten, um vor steigenden Mieten zu schützen.<br />
Februar<br />
PIM-ANLEGER ERHALTEN<br />
ENTSCHÄDIGUNG<br />
Anfang des Jahres erhielten die Gläubiger der insolventen PIM<br />
Gold GmbH eine erste Abschlagszahlung. Liquidiert wurde dafür<br />
der sichergestellte Edelmetallbestand. Ein Tropfen auf den<br />
geprellten Anlegerstein – die Zahlung entsprach nur 7,5 Prozent<br />
der eigentlichen Forderungen in Höhe von rund 178 Millionen<br />
Euro. Das Unternehmen hatte an über 7.000 Anleger<br />
Goldinvestments verkauft mit der Aussicht auf zweistellige<br />
Renditen, die durch Kauf und Recycling von Altgold erwirtschaftet<br />
werden sollten. Im September 2019 meldete PIM Gold<br />
Insolvenz an.<br />
70 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
Sachwerte HÖHEPUNKTE DES JAHRES<br />
Juni<br />
UDI: PLEITE DER »SAUBEREN RENDITE«<br />
Mit dem Slogan „Grünes Geld. Saubere Rendite“<br />
versprach der Finanzvertrieb UmweltDirektInvest (UDI)<br />
den Traum eines jeden nachhaltig orientierten Kleinanlegers<br />
zu realisieren. Spezialisiert auf erneuerbare<br />
Energien, wurden über Nachrangdarlehen Investments<br />
in Biogasanlagen oder Solarparks angeboten. Ein<br />
jährlicher Festzins zwischen 4 und 6,5 Prozent sollte das<br />
grüne Investment versüßen. Im Juni ordnete die BaFin<br />
wegen unwirksamer Vertragsklauseln die „Einstellung<br />
und Abwicklung des Einlagengeschäfts“ für mehrere<br />
Festzins-Gesellschaften an. Die Anlegergelder sollten<br />
„unverzüglich und vollständig“ zurückgezahlt werden.<br />
Das konnte UDI nicht und meldete daher für knapp ein<br />
Dutzend Gesellschaften Insolvenz an.<br />
August<br />
September<br />
BERLINER SENAT BEKOMMT<br />
ENTEIGNUNG AUF DEN TISCH<br />
Im Zuge der Bundestagswahl gab es in Berlin einen<br />
Volksentscheid zum Thema Enteignung bzw. Vergesellschaftung<br />
privater Wohnungskonzerne. 56 Prozent<br />
der teilnehmenden Wahlberechtigten stimmten dafür<br />
und zwingen den neuen Senat zunächst dazu, sich mit<br />
dieser Frage auseinanderzusetzen. Ob mit einer eventuellen<br />
Enteignung tatsächlich auch der gewünschte<br />
Effekt eintritt, nämlich bezahlbaren Wohnraum zu<br />
schaffen, wird indes kontrovers debattiert.<br />
KRYPTOWÄHRUNGEN: WHITE-HAT-HACKER<br />
ERBEUTEN 600 MILLIONEN EURO<br />
Hacker stahlen bei der auf den Transfer von Kryptowährungen<br />
spezialisierten Firma Poly Network die Einlagen<br />
Zehntausender Kunden und leiteten sie auf andere<br />
Konten um. Der Gesamtschaden belief sich auf über<br />
600 Millionen US-Dollar – der größte Krypto-Coup der<br />
Geschichte. Wenige Tage später wurde die Summe<br />
allerdings vom unbekannten Hacker scheibchenweise<br />
zurück transferiert. Es sei ihm nie um die eigene Bereicherung<br />
gegangen, sondern um das Aufdecken von<br />
Sicherheitslücken (White-Hat-Hack), ließ er zur Erklärung<br />
verlauten.<br />
Mai<br />
Gesetz verbietet Blindpools<br />
Am 20. Mai wurde im Bundestag das<br />
Gesetz „zur weiteren Stärkung des<br />
Anlegerschutzes“ verabschiedet. Die<br />
Hauptkonsequenz bekommen nun<br />
Anbieter sogenannter Blindpool-<br />
Konzepte zu spüren. Diese sind<br />
künftig verboten. Somit ist es nicht<br />
mehr möglich, in Vermögensanlagen<br />
zu investieren, bei denen bei<br />
Prospekterstellung die konkreten<br />
Anlageobjekte noch nicht feststehen.<br />
Auch Semi-Blindpools sind nun verboten.<br />
Viele Experten sehen durch<br />
das Gesetz sinnvolle Investitionen in<br />
volkswirtschaftlich relevante Sachwerte<br />
gefährdet.<br />
Mai<br />
P&R: Banken zu<br />
Schadensersatz verurteilt<br />
Nachdem im Januar das Landgericht<br />
Kleve bereits eine Bank zu Schadensersatz<br />
verurteilt hatte, legte Mitte des<br />
Jahres das Münchener Landgericht<br />
nach. Sie verurteilte die Münchener<br />
Bank eG zu einem Schadensersatz<br />
gegenüber einer Kundin in Höhe<br />
von 55.000 Euro. Konkret ging es<br />
vor Gericht um die Jahresabschlüsse<br />
der vier insolventen Containergesellschaften<br />
P&R. Darin hatten die P&R-<br />
Gesellschaften keinerlei Angaben<br />
zu nicht in der Bilanz enthaltenen<br />
Geschäften bzw. zum Gesamtbetrag<br />
der sonstigen finanziellen Verpflichtungen<br />
gemacht. Auch die Gesamtbezüge<br />
der Geschäftsführer wurden<br />
nicht bekannt gegeben. Infolgedessen<br />
hatte der Wirtschaftsprüfer die<br />
Bestätigungsvermerke jeweils mit<br />
Einschränkungen versehen. Genau<br />
über diese hätten die Anleger jedoch<br />
informiert werden müssen, befanden<br />
die Richter.<br />
Lesen Sie die Hintergründe, Zusatzberichte<br />
und Interviews zu diesen und<br />
weiteren Highlights des Jahres unter:<br />
www.<strong>procontra</strong>-online.de/<strong>2021</strong><br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
71
SACHWERTE Immobilienfinanzierung<br />
(K)EINE FRAGE DES ALTERS<br />
Auch Menschen über 55 Jahre bekommen für ihren Traum vom Eigenheim ein Darlehen von<br />
der Bank. Vorausgesetzt, sie beachten ein paar Besonderheiten und umkurven die Tücken<br />
– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />
72 Illustration: Roman Kulon
Immobilienfinanzierung SACHWERTE<br />
Mit 66 Jahren fängt nicht nur das Leben an,<br />
sondern kommt mitunter auch der Wunsch,<br />
das Eigenheim umzubauen, zu modernisieren<br />
oder eine Immobilie erstmalig zu kaufen.<br />
Weil die Menschen in Deutschland<br />
immer älter werden, spielt das Thema Kreditfähigkeit<br />
im Alter seit Jahren eine wichtige<br />
Rolle. Eine Zeit lang war es für Ältere<br />
fast unmöglich, einen Immobilienkredit<br />
zu bekommen, weil eine EU-Richtlinie die<br />
vollständige Tilgung des Darlehens noch zu<br />
Lebzeiten verlangte. Dagegen wehrten sich<br />
viele Banken. Im Jahr 2018 dann brachte<br />
der sperrige Begriff der „Immobiliar-Kreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung“<br />
gewisse Erleichterungen.<br />
MIT ODER OHNE ALTERSGRENZE<br />
Dennoch: Ein Selbstläufer ist der Darlehenswunsch<br />
von Menschen über 55 Jahren<br />
nicht. Michael Neumann, Vorstandschef<br />
des Finanzdienstleisters Dr. Klein, betont:<br />
„Etwas schwieriger kann es für Ältere<br />
werden, weil die Kreditinstitute sehr unterschiedlich<br />
mit dem Thema Alter umgehen.“<br />
Er rät zu Anfragen bei mehreren Geldhäusern.<br />
„Es gibt viele Banken, die keine Altersgrenze<br />
haben und Kunden bis ins hohe<br />
Alter Immobiliendarlehen bewilligen.“<br />
Einzige Voraussetzung sei, dass auch im<br />
Ren ten al ter die Monatsrate zu jeder Zeit<br />
gezahlt werden kann.<br />
Unabhängig davon sollten ältere Kreditnehmer<br />
ein paar Dinge beachten. Unverändert<br />
gilt die auch von Verbraucherschützern<br />
vorgetragene Leitlinie: Bis zum Eintritt<br />
in den Ruhestand sollte allenfalls eine überschaubare<br />
Restschuld vorhanden sein. Das<br />
Einbringen von möglichst viel Eigenkapital<br />
in die Finanzierung erleichtert dieses Unterfangen<br />
enorm. Das erklärt auch Marc-<br />
Philipp Unger, Leiter Finanzierung bei MLP<br />
(siehe Interview).<br />
Grundsätzlich sollte jeder angehende<br />
Schuldner vor einer Kredit aufnahme einen<br />
Kassensturz machen. Der schützt vor<br />
finanzieller Überforderung. An dieser Stelle<br />
kommen auch Versicherungsmakler ins<br />
Spiel, die ja in Sachen private Finanzplanung<br />
erfahren sind.<br />
KREDIT FÜR BARRIEREFREIHEIT<br />
Mirjam Mohr, Vorständin Privatkundengeschäft<br />
bei Interhyp, kennt die Gründe für<br />
die Aufnahme eines Immobilienkredits im<br />
Alter: Neben dem Kauf und der Anschlussfinanzierung<br />
sei hier die Modernisierung<br />
> 76<br />
66 bis 75<br />
56 bis 65<br />
46 bis 55<br />
36 bis 45<br />
26 bis 35<br />
18 bis 25<br />
x-Achse: Angaben in %<br />
KREDITNEHMER NACH ALTERSGRUPPEN<br />
Durchschnittliches Alter der befragten Kunden: 39 Jahre<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40<br />
eines Objekts zu nennen. „In der Beratung<br />
beobachten wir, dass barrierefreies<br />
Wohnen eine Rolle spielt“, berichtet die<br />
Fachfrau. Ein weiterer Anlass sei die Liquiditätsbeschaffung.<br />
So nutzten Ältere ihr<br />
abbezahltes Eigenheim, um ihre finanzielle<br />
Lage aufzubessern. Der Anteil der über<br />
55-Jährigen an allen Darlehen zur Kapitalbeschaffung<br />
betrage rund 30 Prozent.<br />
»Kreditinstitute<br />
gehen sehr unterschiedlich<br />
mit dem<br />
Thema Alter um.«<br />
MICHAEL NEUMANN, DR. KLEIN PRIVATKUNDEN AG<br />
Bei einer Kapitalbeschaffung werde das<br />
Objekt beliehen und im Gegenzug die Kreditsumme<br />
ausgezahlt. Das Objekt diene als<br />
Sicherheit für ein im Vergleich zum Konsumentenkredit<br />
zinsgünstiges Darlehen. Dazu<br />
wieder Mohr: „Mit dem Geld wollen Ältere<br />
zum Beispiel Kinder unterstützen oder sich<br />
Wünsche erfüllen.“ Auch das ist aus Maklersicht<br />
interessant, können Personen über<br />
55 auf diese Weise doch Geld für wichtigen<br />
Versicherungsschutz mobilisieren – zum<br />
Beispiel eine private Pflegepolice.<br />
Wenn absehbar ist, dass Kreditnehmer<br />
das Darlehen nicht bis zum Renteneintritt<br />
zurückzahlen können, verlangen Banken<br />
Quelle: Europace<br />
laut Interhyp in der Regel eine Rentenvorausberechnung<br />
oder einen Rentennachweis.<br />
Zudem liege der mögliche Beleihungsauslauf<br />
oft zwischen 70 und 90 Prozent.<br />
Ältere Menschen müssten damit mehr Eigenkapital<br />
einbringen, um den Beleihungsauslauf<br />
niedrig zu halten und damit ihre<br />
Chancen auf einen Kredit zu erhöhen. Der<br />
Beleihungsauslauf ist definiert als Quotient<br />
aus dem Darlehensbetrag und dem Beleihungswert<br />
einer Immobilie. Er ist also aus<br />
Sicht einer Bank ein Risikomaß. Sofern ältere<br />
Menschen die genannten Bedingungen<br />
erfüllen, steht dem Kredit nichts mehr im<br />
Weg. Dazu Mohr: „Für ältere Menschen ist<br />
es nicht schwieriger geworden, einen Kredit<br />
zu erhalten.“ Denn das Alter allein sei oft<br />
nicht entscheidend, sondern die gesamte finanzielle<br />
Situation.<br />
HOHE TILGUNG IST WICHTIG<br />
Dazu zählten vor allem die Zeit für die<br />
Rückzahlung des Darlehens und die Sicherheit,<br />
die der Immobilienwert bietet. „Banken<br />
erwarten in der Regel, dass die Bonität<br />
und die Zeit ausreichen, um das Darlehen<br />
bis zum 80. oder 85. Lebensjahr zu tilgen.“<br />
Für ältere Kreditnehmer sei dies oftmals<br />
mit einer höheren Tilgung verbunden, damit<br />
sie das Darlehen rechtzeitig abbezahlen<br />
können. Mohr zufolge verlangen etliche<br />
Banken ab einem bestimmten Alter eine<br />
Mindesttilgung von 3 Prozent. Die höhere<br />
Tilgung könne auch ein Vorteil sein, da sich<br />
der Kreditzinssatz unter anderem an der<br />
Tilgungshöhe und am Beleihungsauslauf<br />
orientiert.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
73
SACHWERTE Immobilienfinanzierung<br />
Ȁltere sollten maximalen<br />
Tilgungssatz wählen«<br />
MARC-PHILIPP UNGER, Leiter Finanzierung bei MLP<br />
<strong>procontra</strong>: Vor fast vier Jahren trat die<br />
Immobiliar-Kreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-<br />
Verordnung – kurz: ImmoKWPLV – in Kraft. Laut<br />
Gesetzgeber dient das Regelwerk dem Verbraucherschutz.<br />
Was hat die Verordnung in der<br />
Praxis bewirkt?<br />
Marc-Philipp Unger: Wenig – die Kreditvergabe<br />
hängt immer noch am Einzelfall, also der<br />
Situation des Darlehensnehmers sowie den<br />
individuellen Vergabekriterien der kreditgebenden<br />
Bank.<br />
<strong>procontra</strong>: Ist es für ältere Menschen schwieriger<br />
geworden, einen Kredit zu erhalten?<br />
Unger: Der Gesetzgeber hat 2018 mit Inkrafttreten<br />
der ImmoKWPLV zwar etwas nachge-bessert.<br />
Es gilt aber weiterhin: Je älter der Kreditnehmer<br />
ist, desto geringer sind die Chancen<br />
für ein Immobiliendarlehen – zumal Rentner<br />
meistens ohnehin über ein geringeres Einkommen<br />
verfügen.<br />
<strong>procontra</strong>: Haben Sie Finanzierungstipps für<br />
Ältere?<br />
Unger: Ältere Menschen sollten einen maximal<br />
machbaren Tilgungssatz wählen, der idealerweise<br />
den Kredit innerhalb der gewählten<br />
Zinsbindung ablöst – ohne sich dabei am Ende<br />
selbst zu überfordern. Das Einbringen von<br />
maximal möglichem Eigenkapital wirkt sich nicht<br />
nur auf den Beleihungswert und dadurch auf<br />
einen günstigeren Zins, sondern generell auf<br />
die positive Kreditvergabe aus. Der Kreditgeber<br />
berücksichtigt auch sonstiges Einkommen,<br />
Ersparnisse und andere Vermögenswerte, dazu<br />
gehören aber auch zukünftige Einnahmen<br />
wie zum Beispiel der Ablauf und die<br />
Auszahlung von Lebensversicherungen.<br />
<strong>procontra</strong>: Ein Hemmnis für<br />
den Immobilienkauf sind<br />
die vielerorts hohen Preise.<br />
Geht der Anstieg weiter oder kommt bald die<br />
Wende nach unten?<br />
Unger: Pauschal lässt sich das natürlich nicht<br />
sagen. Während einige Städte bereits ein sehr<br />
hohes Niveau erreicht haben, gibt es in anderen<br />
immer noch Chancen. Hinzu kommt eine Reihe<br />
individueller Parameter, allen voran die Lage der<br />
angestrebten Immobilie. Grundsätzlich lässt sich<br />
auch noch feststellen, dass trotz der gestiegenen<br />
Immobilienpreise die Belastungen für die<br />
Miete oder für den Kapitaldienst bei Eigenheimen<br />
mit circa einem Drittel des verfügbaren<br />
Haushaltseinkommens gleich geblieben sind<br />
bzw. in Relation zu den gestiegenen Preisen sogar<br />
fallend waren. Hintergrund sind die nach wie<br />
vor günstigen Zinsen sowie der hohe Einsatz<br />
von Eigenkapital.<br />
<strong>procontra</strong>: Ein Politikum ist auch die Zinsentwicklung.<br />
Erwarten Ihre Fachleute eine Zinserhöhung<br />
der EZB im kommenden Jahr?<br />
Unger: Der nach wie vor niedrige Stand bei<br />
den Hypothekenzinsen ist erneut ein aktuelles<br />
Beispiel dafür, wie unkalkulierbar dessen<br />
Entwicklung ist und bleibt. Denn in der jüngsten<br />
Sitzung des EZB-Rates wurden die Leitzinsen<br />
nicht verändert, obwohl die aktuelle Inflation in<br />
Deutschland im Oktober dieses Jahres 4,5 Prozent<br />
betrug. <br />
Dr. Klein-Chef Neumann berichtet von<br />
Kunden, die sogar mit geringer Tilgung<br />
eine wesentlich längere Gesamtlaufzeit<br />
vereinbaren, als sie statistisch erleben werden.<br />
„Dann könnten die Erben den Kreditvertrag<br />
weiterführen oder die Immobilie<br />
kaufen.“ Ein weiterer Tipp für Menschen<br />
ab 55 ist die Vereinbarung flexibler Darlehensbedingungen.<br />
Lässt sich der laufende<br />
Tilgungssatz mehrmals an eine steigende<br />
Gehaltsentwicklung anpassen, könnte die<br />
Kreditschuld möglicherweise sogar vor<br />
dem Ruhestand abgetragen sein. Falls<br />
nicht, könnte der Kreditnehmer die Tilgung<br />
dann an das geringere Renteneintrittsalter<br />
anpassen. Das sollte wesentlich zu einem<br />
entspannten Lebensabend beitragen.<br />
ERBEN ÜBERNEHMEN KREDITVERTRAG<br />
Grundsätzlich, so die abschließende Einschätzung<br />
auch von Interhyp, sind Finanzierungen<br />
auch für 70- oder 75-Jährige<br />
möglich. Voraussetzung seien eine entsprechende<br />
Rentenhöhe oder Einkünfte, mit denen<br />
Kreditnehmer die höheren Raten stemmen<br />
können, die eine hohe Tilgung mit sich<br />
bringt.<br />
Selbst wenn die rechtzeitige Rückzahlung<br />
bis zum 80. oder 85. Lebensjahr nicht<br />
möglich ist, sei die Chance auf ein Darlehen<br />
nicht vergeben. So könnten Senioren<br />
prüfen, ob jüngere Darlehensnehmer oder<br />
Erben in den Kreditvertrag aufgenommen<br />
werden können. Auch an dieser Stelle<br />
könnten Makler und andere Finanzberater<br />
behilflich sein, denn vor allem sie haben<br />
einen ganzheitlichen Blick auf die persönlichen<br />
Finanzen.<br />
CHANCEN FÜR MAKLER<br />
Vor dem Kreditantrag kommt der persönliche<br />
Kassensturz mit dem Makler<br />
Ein Immobiliendarlehen kann auch nur der<br />
Kapitalbeschaffung dienen<br />
Die ganzheitliche Sicht eines Finanzberaters<br />
ermöglicht den Immobilienkredit<br />
74 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
WERDEN<br />
SIE CHANCEN-<br />
STIFTER!<br />
Mit der Zustiftung einer Immobilie können Sie Kinder und<br />
Jugendliche nachhaltig fördern. Unterstützen Sie junge<br />
Menschen und werden Sie Teil der SOS-Stiftungsfamilie!<br />
Mehr Infos unter www.sos-kinderdorf-stiftung.de
SACHWERTE NFT-Investments<br />
KUNST-VOLL DIGITALISIERT<br />
Die Krypto-Welt setzt auf neue Anlagestrategien: Der Handel mit digitalen<br />
Echtheitszertifikaten, sogenannten Non-Fungible Token, boomt. Auf dem NFT-Markt werden<br />
Milliarden umgesetzt. Ein Investmenttrend mit Zukunft?<br />
– TEXT: ANNE MAREILE WALTER –<br />
76 Illustration: Eleonora Mavromati
NFT-Investments SACHWERTE<br />
Verschlungene Äste, moosbewachsene Felsen,<br />
knotige Wurzeln. 100 Ethereum kostet<br />
das mystische Wald-Labyrinth, umgerechnet<br />
rund 400 Euro. Für das verpixelte<br />
Porträt einer rauchenden Frau sind 28<br />
Ethereum angesetzt, und das mobile Kartenspiel<br />
„CryptoSpells“ verspricht Käufern<br />
den Hinzuverdienst von Kryptogeld<br />
durch Kartentausch. Auf der Handelsplattform<br />
OpenSea werden computergenerierte<br />
Kunstwerke, Elemente aus Computerspielen,<br />
Musiksongs oder virtuelle Kartenspiele<br />
als sogenannte Non-Fungible Token<br />
(NFTs) in rauen Mengen verkauft, bezahlt<br />
wird vorzugsweise in der Kryptowährung<br />
Ethereum.<br />
NFTs sind digitale Echtheits- oder Eigentumszertifikate,<br />
die als Nachweis dienen,<br />
dass es sich bei dem erworbenen digitalen<br />
Kunstobjekt oder dem Computerspiel-Element<br />
um das Original handelt. Dazu wird<br />
das NFT auf einer Blockchain registriert,<br />
wo Eigentümer sowie Käufe und Verkäufe<br />
eingetragen sind. Mit der Registrierung bekommt<br />
das NFT eine einzigartige digitale<br />
Signatur – dabei macht es die Blockchain-<br />
Technologie weitgehend fälschungssicher.<br />
2017 ging das erste NFT mit dem digitalen<br />
Kunstprojekt CryptoPunks online.<br />
In der ersten Hälfte dieses Jahres erlebten<br />
NFTs einen regelrechten Boom: Das Handelsvolumen<br />
der NFT-Handelsplattform<br />
OpenSea lag im August <strong>2021</strong> bei rund vier<br />
Milliarden US-Dollar, im Januar waren es<br />
nicht einmal zehn Millionen US-Dollar.<br />
Nach Angaben der Ethereum-Plattform<br />
Dune Analytics ging die Ethereum-Aktivität<br />
auf OpenSea im September zwar auf drei<br />
Milliarden US-Dollar zurück, hohe Summen<br />
werden hier aber nach wie vor umgesetzt:<br />
Nach der monatlichen Aufschlüsselung<br />
des Analysehauses DappRadar betrug<br />
das Handelsvolumen des gesamten NFT-<br />
Marktes im September vier Milliarden US-<br />
Dollar, die Daten vom Oktober liegen noch<br />
nicht vor.<br />
EINE REVOLUTION AUF DEM KUNSTMARKT?<br />
Einen absoluten Rekordpreis erzielte<br />
im März das Londoner Auktionshaus<br />
Christie’s mit der Versteigerung eines NFT<br />
des Digital-Künstlers Beeple: 69 Millionen<br />
Dollar gingen für die aus 5.000 digitalen<br />
Bildern bestehende Collage über den Tisch.<br />
Sind NFTs also eine Revolution auf dem<br />
Kunstmarkt oder baut sich mit dem Boom<br />
eine Blase auf?<br />
»MEMES« ALS DIGITALE KUNST<br />
Auktionspreise für NFTs * bekannter Internet-»Memes«<br />
Disaster Girl 573.136<br />
Nyan Cat 515.817<br />
Overly Attached Girlfriend 459.260<br />
Grumpy Cat 100.860<br />
Bad Luck Brian 45.517<br />
Leave Britney Alone 43.027<br />
Success Kid 35.204<br />
*<br />
NFT = Non-Fungible Token: ein nicht austauschbares, nicht replizierbares Token, das die zugehörige Datei eindeutig identifiziert.<br />
Alle NFTs wurden in der Kryptowährung Ethereum bezahlt; Preise in US-Dollar umgerechnet zum Zeitpunkt der Auktion.<br />
Peter Scholz, Professor an der Hamburg<br />
School of Business Administration (HSBA),<br />
betrachtet den Hype um die digitalen Echtheitszertifikate<br />
mit Skepsis. Er sagt: „In diesem<br />
Markt werden aberwitzige Summen investiert,<br />
da kann sich eine Blase aufbauen.“<br />
Wenn Menschen jedoch nur einen kleinen<br />
»Anleger müssen<br />
damit rechnen,<br />
dass es für das NFT<br />
zu einem späteren<br />
Zeitpunkt keinen<br />
Markt mehr gibt.«<br />
KONRAD UHINK, FACHANWALT<br />
Teil ihres Vermögens in NFTs investieren,<br />
spreche nichts gegen diese Art der Anlage.<br />
„Wenn man für Beträge NFTs kauft, die<br />
man ansonsten ins Spielcasino getragen<br />
oder mit denen man Lotto gespielt hätte,<br />
dann bringt das einen nicht um – Spielsüchtige<br />
möchte ich von dieser Feststellung<br />
allerdings ausnehmen“, erklärt Scholz. Die<br />
Gefahren bei dieser Art des Investierens<br />
müssten Anlegern einfach bewusst sein.<br />
Rechtsanwalt Dr. Konrad Uhink von der<br />
Quelle: Statista<br />
Frankfurter Kanzlei FIN LAW kann sich<br />
im Einzelfall vorstellen, in NFTs zu investieren.<br />
„Wenn ich von der Idee eines NFT<br />
überzeugt bin, sehe ich keinen Grund, nicht<br />
zu investieren“, meint er. Ob sich am Horizont<br />
des NFT-Markts eine Blase abzeichnet,<br />
könne er nicht einschätzen. „Wenn<br />
aber jemand bereit ist, 70 Millionen Euro<br />
für ein NFT zu zahlen, und diese Person<br />
hat das Geld, dann ist das eben der Marktpreis.“<br />
Dass hohe Renditechancen mit<br />
großen Verlustrisiken einhergehen, ist eine<br />
uralte Anlegerweisheit – und die gilt auch<br />
für das NFT-Segment. „Anleger müssen damit<br />
rechnen, dass es für das NFT zu einem<br />
späteren Zeitpunkt keinen Markt mehr<br />
gibt“, hebt Uhink hervor.<br />
DIE SPREU VOM WEIZEN TRENNEN<br />
Dass NFTs weiter Bestand in der digitalen<br />
Welt haben – darauf setzt der Spezialversicherer<br />
Hiscox. Er überarbeitet aktuell seine<br />
Kunstversicherung im Hinblick auf die Versicherbarkeit<br />
tokenisierter Kunstobjekte.<br />
„Hierzu müssen etliche juristische Fragen<br />
geklärt werden. Zum Beispiel, ob digitale<br />
Daten als Sache gelten“, erklärt Alina Sucker,<br />
Underwriting Manager Art & Private<br />
Clients bei Hiscox. Nach einer Hiscox-Erhebung<br />
ist die Zahl der Online-Kunstplattformen,<br />
die Blockchain-Technologie in ihr<br />
Geschäft einbinden wollen, in diesem Jahr<br />
deutlich angestiegen. 14 Prozent der Kunstplattformen<br />
haben aktuell NFTs in ihr<br />
Angebot aufgenommen, immerhin 38<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
77
SACHWERTE NFT-Investments<br />
»Der NFT-Markt wird weiterwachsen«<br />
PETER SCHOLZ ist Professor an der Hamburg School of Business Administration (HSBA)<br />
Prozent planen dies. „Der NFT-Markt<br />
wird nicht komplett verschwinden. Aber es<br />
wird sich die Spreu vom Weizen trennen“,<br />
prognostiziert Sucker.<br />
Ähnliches prognostiziert die Kölner Galeristin<br />
Prisqua Pasquer, die NFT-produzierende<br />
Künstler vertritt. Eine Konkurrenz<br />
zum herkömmlichen Kunstmarkt sieht sie<br />
in den digitalen Handelsplattformen nicht.<br />
„Aktuell ist hier der Wilde Westen, aber es<br />
braucht Kuratoren, um zu filtern“, erklärt<br />
sie. Da pro Tag 20 neue NFT-Plattformen<br />
aus dem virtuellen Boden sprießen würden<br />
und die Community mittlerweile sehr groß<br />
sei, glaube sie nicht an ein schnelles Ende<br />
des Hypes. Zudem bräuchten die Krypto-<br />
Millionäre neue Anlageformen: „Sie kön<strong>procontra</strong>:<br />
Der Hype um Bitcoin & Co. hält seit<br />
mehr als zehn Jahren an. Seit 2017 steigt das<br />
Investitionsvolumen in die Krypto-Anlagen der<br />
Non-Fungible Token. Wie beurteilen Sie den NFT-<br />
Boom? Sind das Gewinn versprechende Investments<br />
oder handelt es sich um eine Blase?<br />
Peter Scholz: Das Risiko, dass Anleger mit einem<br />
NFT-Investment ihr Geld verlieren, ist definitiv<br />
hoch. Es werden aberwitzige Summen in diesen<br />
Markt investiert, da kann sich eine Blase aufbauen.<br />
Es spricht aber nichts dagegen, wenn<br />
Menschen einen kleinen Teil ihres Vermögens investieren.<br />
Wenn man für Beträge NFTs kauft, die<br />
man ansonsten ins Spielcasino getragen oder<br />
mit denen man Lotto gespielt hätte, dann bringt<br />
das einen nicht um – Spielsüchtige möchte ich<br />
von dieser Feststellung allerdings ausnehmen.<br />
Anleger müssen sich bewusst sein, was sie tun,<br />
und sie müssen mit dem Risiko leben können.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie wird sich der NFT-Markt in naher<br />
Zukunft entwickeln?<br />
Scholz: Hier herrscht aktuell eine große Goldgräberstimmung<br />
– ähnlich wie am Neuen Markt<br />
vor 20 Jahren. Aus meiner Sicht wird der NFT-<br />
Markt erst einmal weiterwachsen und morgen<br />
noch nicht zusammenbrechen. Und wenn<br />
er zusammenbricht, wird es einzelne Token<br />
geben, die weiterexistieren. Als im Jahr 2000<br />
die Dotcom-Blase geplatzt ist, sind auch nicht<br />
alle Unternehmen in die Insolvenz gegangen:<br />
Amazon und Ebay waren die großen Player, die<br />
überlebt haben.<br />
<strong>procontra</strong>: Vor allem seit Anfang dieses Jahres<br />
wird auf dem NFT-Markt ein Milliardenumsatz<br />
generiert. Woher kommt dieser Boom und welchen<br />
Einfluss hatte die Pandemie?<br />
Scholz: Ich kann schlecht einschätzen,<br />
was die Pandemie bewirkt hat.<br />
Aber sicher hat es dem NFT-<br />
Markt nicht geschadet, dass die<br />
Menschen viel Zeit zu Hause<br />
vor dem Computer verbracht<br />
haben. Dass der Verkauf von NFTs derart durch<br />
die Decke geht, ist aber vor allem dem Krypto-<br />
Hype geschuldet. Hier spekuliert eine neue<br />
Generation, der „Krypto-Milliardäre“ wie Elon<br />
Musk als Vorbild dienen.<br />
<strong>procontra</strong>: Welchen Rat geben Sie Anlegern, die<br />
trotz des hohen Verlustrisikos in NFTs investieren<br />
wollen?<br />
Scholz: Die rechtlichen Aspekte können beim<br />
Erwerb knifflig sein. Für Laien ist es oft schwer<br />
nachvollziehbar, was sie mit dem Token erwerben.<br />
Der Verkäufer entscheidet, welche Rechte<br />
er dem Käufer abtritt. Im Regelfall erwirbt man<br />
das Eigentum an einer digitalen Datei, beispielsweise<br />
Kunstwerke, die nur als NFT existieren.<br />
Man könnte sich aber auch NFTs vorstellen,<br />
die das Eigentum an einem in der realen Welt<br />
existierenden Kunstwerk verbriefen. In diesem<br />
Fall wäre es wohl nicht möglich, mit einem Token<br />
von der Mona Lisa in den Louvre zu gehen und<br />
dort die echte Mona Lisa mit nach Hause zu<br />
nehmen.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie hoch ist das Fälschungsrisiko?<br />
Scholz: Eine Fälschung ist im Prinzip nicht<br />
möglich. Die Kosten, den in der Blockchain<br />
hinterlegten Code zu knacken, sind zu hoch. Allerdings<br />
könnte das Passwort für den Speicherplatz<br />
des Tokens entwendet werden. Das Risiko<br />
eines Diebstahls gibt es daher schon. <br />
nen auf Dauer nicht nur neue Sneaker<br />
kaufen.“ Grundsätzlich sieht Pasquer die<br />
Entwicklung aber positiv.<br />
Auch die Berliner Galeristin Anne<br />
Schwanz befasst sich seit einiger Zeit mit<br />
der Entwicklung der Non-Fungible Token.<br />
Sie ist überzeugt: „In dem Markt steckt noch<br />
großes Potenzial.“ Vor allem die jungen, digitalaffinen<br />
Anleger, die den Weg in eine Galerie<br />
bislang scheuten, würden sich auf den<br />
NFT-Handelsplattformen tummeln.<br />
NFTs seien vergleichbar mit früheren<br />
Kunstentwicklungen, beispielsweise mit<br />
dem Aufkommen der Fotografie. „Die Fotografie<br />
ist nicht mehr wegzudenken.“ Auch<br />
die NFTs seien eine Entwicklung, die bleiben<br />
werde.<br />
TIPPS & CHANCEN IM NFT-MARKT<br />
Neue Anlageform mit hoher Renditechance<br />
Nur geringe Geldbeträge investieren<br />
Digitale Expertise nötig<br />
Käufer sollten sich über die mitverkauften<br />
Rechte informieren<br />
Risiko im Blick behalten<br />
Digitale Komponente für den Kunstmarkt<br />
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Grüne Beratungspflicht<br />
Wie die EU-Taxonomie ab <strong>2021</strong><br />
nachhaltige Alternativen auf den<br />
Beratungstisch bringen soll<br />
Grüne Zielgruppe<br />
Wie Vermittler nachhaltig denkende<br />
Kunden glaubhaft und<br />
passend ansprechen können<br />
Grüne Etikette<br />
Warum nachhaltige Siegel und<br />
Ratings die Beratung unterstützen<br />
und zugleich verwirren<br />
<strong>procontra</strong> – Das freie Finanzmagazin
SACHWERTE Immobilienkompass<br />
MIT SCHNELLIGKEIT INS EIGENHEIM<br />
Der Run auf Immobilien ist ungebrochen. Für Kreditanbieter und Verbraucher heißt es heute<br />
mehr denn je, schneller zu sein als der Wettbewerb. Dem entgegen stehen Wartezeiten für<br />
Kreditzusagen von teilweise mehreren Monaten.<br />
– TEXT: NINA MÜLLER-PELTZER –<br />
Auch wenn der Immobilienmarkt heute<br />
mit Argusaugen beobachtet wird und viele<br />
eine Blase wittern, so gebärdet er sich doch<br />
immer noch höchst stabil, die Nachfrage<br />
nach Wohneigentum scheint ungebrochen.<br />
Die Kurve der Hauspreis-Entwicklung zeigt<br />
weiterhin steil nach oben. Nachdem der<br />
Wohnungsbau der Nachfrage kaum gerecht<br />
werden kann, gewinnt auch das Segment<br />
der Bestandshäuser zunehmend an Attraktivität<br />
und schließt zu den anderen Segmenten<br />
schnell auf.<br />
Häuser und Wohnungen, gerade in den<br />
Ballungszentren, werden in kürzester Zeit<br />
gekauft, nicht selten ungesehen – nur auf<br />
Basis eines Exposés, der Lage und vielleicht<br />
noch einer Onlinebesichtigung.<br />
„Die attraktiven Anzeigen sind nach kürzester<br />
Zeit vom Markt. Vermittler stehen<br />
vor der Herausforderung, das kleiner werdende<br />
Zeitfenster für ihre Kunden zu bedienen.<br />
Die Beratung braucht jetzt verlässliche<br />
Tools, die Kredite schnell gewähren“, so<br />
Thomas Heiserowski, Vorstand und Co-<br />
CEO der Europace AG.<br />
Um die Frage zu klären, ob sie sich eine<br />
Immobilie überhaupt leisten können, nutzen<br />
über 80 Prozent der Befragten neben der<br />
Verwandtschaft mindestens noch eine weitere<br />
Quelle zur Beratung, 43 Prozent mindestens<br />
vier. Genutzt werden dabei vor der<br />
klassischen Bankberatung zunehmend auch<br />
Immobilienportale und Suchmaschinen<br />
im Netz, so eine aktuelle Europace-Studie<br />
zum Informationsverhalten von Verbrauchern<br />
und Verbraucherinnen im Baufinanzierungsprozess.<br />
Gleichzeitig verändert die<br />
Digitalisierung auch den Beratungsprozess.<br />
Er wird schneller, weniger bürokratisch, es<br />
bleibt mehr Zeit für individuelle Beratung.<br />
„Es ist nur noch eine Frage der Zeit,<br />
bis neben der Immobilienanzeige auch ein<br />
Kaufbutton zu finden ist. Da hilft es aber<br />
nicht, einfach mehr Angebote zu digitalisieren,<br />
wer den Entscheidungsprozess merklich<br />
beschleunigen will, muss Finanzierung<br />
neu denken“, weiß Heiserowski. So sehen<br />
es auch die Kreditinstitute. Neben der Vereinfachung<br />
der Unterlagenprozesse und<br />
einer frühzeitigen, verlässlichen Objektbewertung<br />
zählt ein schneller Kreditentscheidungsprozess<br />
zu den Top-3-Prioritäten<br />
deutscher Bankentscheider in der Baufinanzierung.<br />
Es gilt für Vermittler, den gesamten Zeitraum<br />
zwischen Inserat und Finanzierung<br />
zu begleiten und dabei mit der wachsenden<br />
Beschleunigung Schritt zu halten. Digitale<br />
Lösungen für Sofortkreditentscheidungen<br />
können diesen Prozess beschleunigen. Mithilfe<br />
von künstlicher Intelligenz und Deep-<br />
Learning-Methoden sollen zahlreiche Parameter<br />
in kürzester Zeit abgeprüft werden<br />
und umfangreich validierte Daten für die<br />
Kreditentscheidung zur Verfügung stehen<br />
und somit Verbindlichkeit schaffen. Verbindlichkeit,<br />
auf die Kreditinstitute, Vermittler<br />
und Verbraucher gleichermaßen<br />
schnell und verlässlich bauen können.<br />
WOHN- UND FINANZIERUNGS-<br />
MARKTANALYSE<br />
Europace wertet monatlich die<br />
bundesweite Preisentwicklung<br />
von Wohneigentum aus.<br />
https://report.europace.de/<br />
80 Foto: iStock / Ross Helen
Immobilienkompass SACHWERTE<br />
BESTANDSHÄUSER HOLEN AUF, ETW ENTEILEN<br />
DER EUROPACE HAUSPREIS-INDEX VERZEICHNET MONAT UM MONAT REKORDHÖHEN.<br />
220<br />
210<br />
200<br />
190<br />
180<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
Bestandshäuser<br />
Neubauhäuser<br />
Eigentumswohnungen<br />
Gesamtindex<br />
2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 <strong>2021</strong><br />
WELCHE SCHRITTE WOLLEN DIE VERBRAUCHER SELBSTSTÄNDIG ÜBER DAS INTERNET (OHNE EXPERTEN) ABSOLVIEREN?<br />
PHASE 1: INFORMATION<br />
PHASE 2: ENTSCHEIDUNG<br />
PHASE 3: KAUF<br />
Entscheidung darüber, ob ich lieber kaufe oder<br />
weiterhin zur Miete wohne<br />
20<br />
Entscheidung darüber, wie teuer die Immoblie<br />
maximal sein darf<br />
56<br />
60<br />
Entscheidung darüber, wie hoch meine<br />
monatliche Rate sein darf<br />
15<br />
Entscheidung darüber, welche Zinsbindung<br />
ich haben möchte<br />
47<br />
61<br />
Konfiguration meiner eigenen Finanzierung<br />
50<br />
22<br />
Abschluss der Finanzierung<br />
48<br />
25<br />
16<br />
24<br />
sehr gut vorstellbar<br />
überhaupt nicht vorstellbar<br />
Angaben in %<br />
Auswahl der Anbieter mit den für mich<br />
besten Konditionen<br />
19<br />
53<br />
WIE EIGENSTÄNDIG INFORMIEREN SICH DIE VERBRAUCHER ZU DEN EINZELNEN FRAGEN?<br />
KANN ICH MIR EINE IMMOBILIE LEISTEN?<br />
WELCHE FINANZIERUNG KOMMT INFRAGE?<br />
ANGEBOTE EINHOLEN, VERGLEICHEN, ENTSCHEIDEN<br />
76 % sprechen mit Finanzberatern<br />
8 % ausschließlich<br />
24 % haben gar nicht mit Finanzberatern gesprochen<br />
65 % nutzen Self-Service-Angebote wie Online-Finanzanbieter, Vergleichsportale und Onlinerechner<br />
6 % ausschließlich<br />
37 % haben ganz auf Expertenwissen gesetzt<br />
16 % haben sich nicht auf Expertenwissen verlassen<br />
94 % holen sich Angebote bei Finanzberatern<br />
68 % ausschließlich hier<br />
31 % holen Angebote bei Finanzanbietern<br />
im Internet<br />
5 % ausschließlich hier<br />
64 % hatten großes Vertrauen in die Informationen von Experten<br />
44 % hatten großes Vertrauen in die Informationen, die sie selbst gefunden haben<br />
Quelle: Europace<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21<br />
81
PRIVAT GEFRAGT Philip Wenzel, Biometrie Expertenservice GmbH<br />
»Ich höre mehr<br />
zu, als dass<br />
ich berate.«<br />
PHILIP WENZEL<br />
Geschäftsführer Biometrie Expertenservice<br />
GmbH seit 2020, Jahrgang 1980,<br />
verheiratet, zwei Töchter<br />
IHRE MEINUNG, HERR WENZEL:<br />
Wir brauchen ein Unterrichtsfach<br />
Finanzen und Versicherungen<br />
In der Regel sind Versicherungsbedingungen<br />
viel zu unverständlich<br />
formuliert<br />
Jeder sollte eine Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
oder eine passende<br />
Alternative haben<br />
Beim Thema Altersvorsorge hat die<br />
deutsche Politik versagt<br />
In Deutschland hat jeder die Chance,<br />
finanziell selbstbestimmt zu leben<br />
Entgegen einer weitverbreiteten Meinung<br />
leisten Berufsunfähigkeitsversicherungen<br />
zuverlässig<br />
Zum Frühstück gibt es bei mir<br />
meistens Toast, manchmal Müsli.<br />
Die Homeoffice-Kultur empfinde ich als<br />
entspannt und produktiv.<br />
Diese neue Kompetenz habe ich mir<br />
(Corona-bedingt) angeeignet:<br />
auch bei Online-Terminen fokussiert dabei<br />
zu bleiben und nicht nebenbei E-Mails zu<br />
beantworten.<br />
Meine wahre Leidenschaft sind<br />
Musik, Bücher und Filme.<br />
Meine Freizeit verbringe ich<br />
am liebsten damit,<br />
etwas mit meiner Familie zu machen.<br />
Mein erstes Geld habe ich verdient mit<br />
einem Ferienjob in einem Leergut-Lager.<br />
Darum habe ich mich auf Biometrie und<br />
Arbeitskraftabsicherung spezialisiert:<br />
weil es darüber am meisten zu lesen gibt.<br />
Meine aktuelle Serienempfehlung:<br />
McCartney 1,2,3 und Cruella.<br />
Am meisten Überwindung kostet mich<br />
vor Leuten zu sprechen.<br />
Ich würde gern mal einen Tag lang tauschen<br />
mit …, um dann Folgendes zu tun:<br />
Ich will eigentlich gar nicht tauschen.<br />
Wahrer Luxus ist für mich<br />
Zeit mit meiner Familie.<br />
Mein liebstes Reiseziel ist:<br />
Am liebsten fahre ich immer wieder heim.<br />
Meine erste Tat zu Beginn<br />
eines Arbeitstages:<br />
einmal Social Media querlesen, ob in der<br />
Branche etwas Wichtiges passiert ist.<br />
Das Radio drehe ich lauter bei:<br />
Im Radio hör ich nur selten Musik. Und<br />
meine Lieblingsmusik kommt da auch nicht.<br />
Aber zum Beispiel Sia oder Macklemore<br />
drehe ich laut.<br />
Das hat mich dazu gebracht, ein eigenes<br />
Fachbuch zu schreiben:<br />
Der Verlag hat gefragt.<br />
Der größte Missstand in meiner Branche ist,<br />
dass sie viele Menschen anlockt, die durch<br />
Geld motiviert sind.<br />
… so könnte der Missstand behoben<br />
werden:<br />
Schwierig. Man kann zwar Bildungszeiten<br />
vorschreiben, aber nicht, dass ich dabei<br />
auch tatsächlich etwas lerne.<br />
Das unterscheidet meine Beratung als<br />
Biometrie-Experte von anderen:<br />
Ich vermute mal, dass ich weniger berate<br />
und mehr zuhöre. Ich habe aber auch noch<br />
nicht so viele Beratungen von Kollegen live<br />
erlebt.<br />
Eine (unternehmerische) Entscheidung, die<br />
ich gern rückgängig machen würde, war:<br />
Da gibt es nichts. Dass ich jetzt hier bin, ist<br />
ja die Summe aller Entscheidungen. Und<br />
das ist schon gut so. :-)<br />
Wenn ich einen Tag Kanzler wäre,<br />
würde ich Folgendes veranlassen:<br />
Das Schöne an einer Demokratie ist ja, dass<br />
ein Kanzler nichts einfach so veranlassen<br />
kann. Wenn ich es aber könnte, würde ich<br />
den Etat für Bildung an den für Rüstung<br />
knüpfen. <br />
82 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|21
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