LERNEN MIT ZUKUNFT SEPTEMBER 2021
information & entwicklung Parliamo l’italiano: Sprache als Sinn und Ziel WIE DAS LERNEN VON ITALIENISCH MICH DURCH DIE PANDEMIE TRUG Tina Čakara Studentin Junge Redaktion Foto: Fotostudio primephoto Im Februar 2020 hatte ich einen Monat Semesterferien an der Uni und beschloss meine eingerosteten Italienischkenntnisse wieder aufzufrischen. Irgendwo in mir schlummerten noch die klangvollen Verben parlare, mangiare, cantare und die typischen Sätze aus dem Sprachunterricht Come ti chiami? und Parlo l’italiano solo un po‘! Ich meldete mich für einen dreiwöchigen Intensivkurs an der Uni an, der abends in den Räumen einer Schule abgehalten wurde. Nach einer Woche konnte ich die Verben wieder problemlos konjugieren und von meinem Tagesablauf erzählen. Nach zwei Wochen erzählte ich im imperfetto aus meiner Kindheit und nach drei Wochen bestand ich die schriftliche und mündliche Prüfung ohne Probleme. Meine Motivation war geweckt! Beim Abschlussessen am letzten Kurstag in einer Pizzeria beschlossen viele von uns: Wir wollen uns beim nächsten Italienischkurs wiedersehen! Und dann kam Corona… BILDSCHIRMPAUSE, ADE! Im März 2020 fuhr ich ein einziges Mal an die Uni. Dann kam die Nachricht vom ersten Lockdown und unser ganzes Leben lief plötzlich aus dem Ruder. Ich hatte mich da bereits für einen Italienisch-Semesterkurs angemeldet. Doch schon bald stand fest: Alles findet online statt. Jeden Montagabend für drei Stunden saß ich also vor meinem Laptop und versuchte mich auf den geteilten Bildschirm des Italienischlehrers zu konzentrieren. Disziplin beim Lernen war für mich nie ein Problem. Doch in diesem Semester stieß auch ich an meine Grenzen: Die Beine wollten nicht mehr sitzen, die Augen nicht mehr das blaue Bildschirmlicht einsaugen und das Gehirn hatte es satt, ständig die gleiche Wand anzustarren. Der Italienischlehrer gab sich Mühe und die Teilnehmenden des Kurses loggten sich tapfer Woche für Woche in die Videokonferenzen ein. Das Semester verging und mein Italienisch schien sich keinen Zentimeter vom Fleck bewegt zu haben. Doch ich übersah in meinem Frust etwas ganz Wichtiges: Den Aspekt der Regelmäßigkeit. EIN VIDEO PRO TAG Der Online-Italienischkurs bot mir zwar nicht das gleiche wie ein Kurs im Klassenzimmer, aber er gab meiner Woche eine Struktur und meinem Montag ein Ziel. Er säte die Samen für eine Leidenschaft, die in den nächsten Monaten anwachsen sollte: Während des ersten Lockdowns im Frühling 2020 beschloss ich meine freie Zeit in das Italienischlernen zu investieren. Neben dem Kurs begann ich auf YouTube Videos auf Italienisch anzuschauen. Ein YouTuber aus Italien, der einen Kanal für Italienisch als Fremdsprache betreibt, stellte jeden Tag ein mindestens 5-minütiges Video auf Italienisch aus seinem Leben in der Quarantäne online. Er erzählte von seiner Familie, zeigte was er kochte oder sprach über seine Leidenschaft für Sprachen. Jeden Tag nahm ich mir die Zeit für seine Videos und die Lebensenergie, die er versprühte. Damals fragte ich mich, ob mein Italienisch jemals Fortschritte machen würde. Nur 5 Minuten pro Tag würden doch niemals reichen, oder? EIN SCHRITT NACH DEM ANDEREN Ich begann zu dem Zeitpunkt alles aufzusaugen, was mir auf Italienisch unter die Finger 12 | SEPTEMBER 2021
kam: Facebookseiten, TED Talks, Blogs, Zutatenlisten, Bücher für Sprachanfänger, Magazine. Ich baute mir aus all diesen Bausteinen einen Weg, der mich durch die schwierigen Monate und vielen Veränderungen trug. Jedes Mal, wenn ich beschloss Italienisch zu lernen, hob sich meine Laune. Ich bemerkte endlich kleine Fortschritte, was mich noch mehr antrieb. Im Herbst 2020 wagte ich mich an einen zweiten Online-Italienischkurs, bei der gleichen Lehrerin wie beim Intensivkurs in den Semesterferien. Sie freute sich, mich als einzige von damals im Kurs wiederzusehen. Im März 2021, also ein Jahr seit dem Beginn der Pandemie, beschloss ich noch einen Schritt weiterzugehen: Ich fand über Facebook eine Tandempartnerin aus Neapel, mit der ich daraufhin einmal die Woche über Skype einen Sprachaustausch begann. Es war das erste Mal, dass ich mit einer echten Italienerin außerhalb eines Kurses sprach. Ein belebendes Gefühl! Im Sommer diesen Jahres besuchte mich ein Bekannter aus Italien und wir beschlossen nur Italienisch zu sprechen, zwei Tage lang. Trotz meiner Angst, Fehler zu machen oder ein Wort nicht zu kennen, zwang ich mich zu sprechen. Und siehe da: Er verstand mich problemlos. Oft musste ich Wörter auf Englisch oder Deutsch einwerfen oder auch meine Hände zum Erklären benutzen. Aber wir wissen ja alle: In Italien geht sowieso nichts ohne Gestik! Fotos © Gerd Altmann - pixabay.com | fancycrave - pixabay.com | J. Kelly Brito - unsplash.com 13 | SEPTEMBER 2021
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Bücher für Sprachanfänger, Magazine. Ich<br />
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Veränderungen trug. Jedes Mal, wenn ich beschloss<br />
Italienisch zu lernen, hob sich meine Laune.<br />
Ich bemerkte endlich kleine Fortschritte, was mich<br />
noch mehr antrieb. Im Herbst 2020 wagte ich mich<br />
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gleichen Lehrerin wie beim Intensivkurs in den<br />
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Im März <strong>2021</strong>, also ein Jahr seit dem Beginn der<br />
Pandemie, beschloss ich noch einen Schritt weiterzugehen:<br />
Ich fand über Facebook eine Tandempartnerin<br />
aus Neapel, mit der ich daraufhin einmal<br />
die Woche über Skype einen Sprachaustausch<br />
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echten Italienerin außerhalb eines Kurses sprach.<br />
Ein belebendes Gefühl!<br />
Im Sommer diesen Jahres besuchte mich ein<br />
Bekannter aus Italien und wir beschlossen nur Italienisch<br />
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Angst, Fehler zu machen oder ein Wort nicht zu<br />
kennen, zwang ich mich zu sprechen. Und siehe<br />
da: Er verstand mich problemlos. Oft musste ich<br />
Wörter auf Englisch oder Deutsch einwerfen oder<br />
auch meine Hände zum Erklären benutzen. Aber<br />
wir wissen ja alle: In Italien geht sowieso nichts<br />
ohne Gestik!<br />
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J. Kelly Brito - unsplash.com<br />
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