Die Kraft des Evangeliums 4/2021
- Gottes Volk soll ein heiliges Volk sein! (Niko Derksen) - Der Glaube an die Verheißungen (Niko Derksen) - Mit Versuchungen fertigwerden (John MacArthur) - Charles Haddon Spurgeon – Eine Biografie (Teil 1) - Wie bekommt man ein reines Herz? (Charles H. Spurgeon) - Ein Mann des Gebets (Donald S. Whitney) - Mit der Bibel beten (Buchempfehlung von Yvonne Thomas) - Die Entstehung und Entwicklung der ERB Frankfurt: Ein Portrait - Die göttliche Inspiration der Bibel (Arthur W. Pink)
- Gottes Volk soll ein heiliges Volk sein! (Niko Derksen)
- Der Glaube an die Verheißungen (Niko Derksen)
- Mit Versuchungen fertigwerden (John MacArthur)
- Charles Haddon Spurgeon – Eine Biografie (Teil 1)
- Wie bekommt man ein reines Herz? (Charles H. Spurgeon)
- Ein Mann des Gebets (Donald S. Whitney)
- Mit der Bibel beten (Buchempfehlung von Yvonne Thomas)
- Die Entstehung und Entwicklung der ERB Frankfurt: Ein Portrait
- Die göttliche Inspiration der Bibel (Arthur W. Pink)
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DIE KRAFT DES
EVANGELIUMS
Eine Ausgabe des Missionswerks Voice of Hope • 4/2021
Predige das Wort, tritt
dafür ein, es sei gelegen oder
ungelegen. (2. Tim. 4,2)
• Der Glaube an die Verheißungen
• Mit Versuchungen fertigwerden
• Biografie: Charles Haddon Spurgeon
• Wie bekommt man ein reines Herz?
• Georg Müller – Ein Mann des Gebets
• Das Portrait einer Evangelisch-
Reformierte Baptistengemeinde
• Die göttliche Inspiration der Bibel
INHALT
4
11
16
24
30
34
38
Der Glaube an die Verheißungen
Mit Versuchungen fertigwerden
Charles Haddon Spurgeon
Eine Biografie (Teil 1)
Wie bekommt
man ein reines Herz?
Matthäus 5,8
Ein Mann des Gebets
Ein Auszug aus dem Buch »Mit der Bibel beten«
Die Evangelisch-Reformierte
Baptistengemeinde Frankfurt
Ein Portrait
Die göttliche
Inspiration der Bibel
Coverbild: C. H. Spurgeon bei einer Predigt im Metropolitan Tabernacle
Gottes Volk soll
ein heiliges Volk sein!
Das Jahr 2021 geht zu Ende. Es war ein
sehr aufregendes Jahr. Wir alle erlebten
viele Veränderungen in der Gesellschaft
und Politik, aber auch in der Gemeinde Jesu.
Unsere Welt steuert immer weiter dem Tag des
Herrn entgegen, der kommen wird wie ein Dieb
in der Nacht (1.Thess. 5,2). Als erlöste Kinder Gottes
wissen wir, dass wir in einer gefallenen Welt
leben. Die einzige Hoffnung für diese Welt ist das
Evangelium der Gnade Gottes in Jesus Christus,
welches allen Menschen Rettung bringt, die aufrichtig
Buße tun und an den Sohn Gottes glauben.
Wenn wir wissen, dass der Tag des Herrn kommen
wird – wie sehr muss sich dann das auserwählte
Volk Gottes durch heiligen Wandel und
Gottesfurcht auszeichnen! Als der Apostel Petrus
seinen zweiten Brief an die Gläubigen schrieb,
wusste er, dass sie nach der Wiederkunft des
Herrn Ausschau hielten; deshalb betonte er: »Darum,
Geliebte, weil ihr dies erwartet, so seid eifrig darum
bemüht, dass ihr als unbefleckt und tadellos vor Ihm erfunden
werdet in Frieden!« (2.Pt. 3,14). Und der Apostel
Paulus ermahnte in seinem Brief die Thessalonicher
mit den Worten: »Denn das ist der Wille
Gottes, eure Heiligung« (1.Thess. 4,3).
In der ganzen Heiligen Schrift wird das Volk
Gottes zu einem heiligen Wandel aufgerufen.
Heiligung bezieht sich auf den Prozess, bei dem
Gottes Volk Ihm in Seinem heiligen Wesen mehr
und mehr gleichgestaltet wird. Thomas Watson
erklärte: »Ein geheiligter Mensch trägt nicht nur
Gottes Namen, sondern auch Sein Ebenbild.« Das
ist es, was Gott von allen Christen erwartet.
Wenn die Heiligung doch absolut grundlegend
für das Glaubensleben ist, warum wird in den
heutigen Gemeinden dann nicht mehr darüber
gesprochen und gepredigt? Liegt das an den Predigern
selbst, oder ist das der Geist unserer Zeit,
in der man politisch korrekt sein muss, die Menschen
nicht verletzen und nicht über Sünde sprechen
darf? Wenn wir es versäumen, über die Notwendigkeit
der Heiligung, der Gottesfurcht und
des Kampfes gegen die Sünde zu predigen, dann
werden die Christen der Welt ähnlicher – anstatt
Christus.
Sünde ist Gott ein Gräuel. Gottes »Augen sind so
rein, dass sie das Böse nicht ansehen können« (Hab. 1,13).
Sünde ist Seinem Wesen zutiefst zuwider. Sünde
hat auch eine ungeheuerliche Auswirkung auf
den Menschen. Sie befleckt die Seele, verfinstert
den Verstand und macht die Christen geistlich
blind, so dass sie kein geistliches Unterscheidungsvermögen
mehr haben.
Weil die Sünde uns so leicht umstrickt, lasst
uns wahrer Heiligung nachjagen. Denn Heiligung
war schon immer der Hauptschwerpunkt
in jeder bibeltreuen Gemeinde. Wenn wir ein
Volk Gottes sein wollen, das unseren heiligen
Gott repräsentiert, dann müssen wir uns gegen
die Weltförmigkeit stellen, Oberflächlichkeit verurteilen,
die Sünde tadeln, den Wert gesunder
Lehre verstehen, jede falsche Lehre widerlegen
und – gerade in dieser Zeit – unsere Gottesdienste
nicht vernachlässigen, keinen Gläubigen aus der
Gemeinschaft ausschließen und nichts anderes
als die Heilige Schrift – auch nicht die Obrigkeit –
bestimmen lassen, wie wir unseren heiligen und
gerechten Herrn anbeten.
Liebe Geschwister, wenn wir durch den Glauben
an Christus errettet sind, so lasst uns auch als
ein heiliges Volk zur Ehre unseres Herrn leben!
Wir sind mit Christus verbunden und geistlich
mit Ihm vereint. Der Heilige Geist wohnt in uns,
und deshalb befähigt Er uns, schenkt uns wirkliche
Freiheit von der Knechtschaft der Sünde und
verwandelt uns in das Bild Jesu Christi. »Ihm sei
die Ehre, sowohl jetzt als auch bis zum Tag der Ewigkeit!
Amen.«
Im Herrn verbunden,
Niko Derksen
voiceofhope.de | 3
Der Glaube an
die Verheißungen
Niko Derksen
4 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
»In der Welt habt ihr Bedrängnis.« So schloss unser Herr Jesus Seine letzte Gemeinschaft
mit den Jüngern ab, bevor Er sich auf den Weg in den Garten Gethsemane
und zu Seiner Gefangennahme machte (Joh. 16,33). Petrus, der diese Worte
hörte und deren Wahrheit erlebte, sagte in seinem ersten Brief: »Geliebte, lasst
euch durch die unter euch entstandene Feuerprobe nicht befremden, als widerführe euch
etwas Fremdartiges« (1.Pt. 4,12). Das ist etwas, was wahre Christen sehr schnell
erkennen: dass es viel Leid und Kummer in der Welt gibt. Und jeder von uns
wird das erleben, früher oder später – wenn wir nur lange genug leben.
Es ist wichtig für uns, wenn wir über den Glauben sprechen, wie es z. B. das
elfte Kapitel des Hebräerbriefes tut, uns dessen gewiss zu sein, dass Schwierigkeiten
kommen. Der Glaube wächst nicht nur auf dem Boden des Segens, nicht
nur, wenn die Sonne scheint. Wahrer Glaube entspricht nicht einem Glauben
an andere Menschen, der so leicht verdorrt, wenn sie uns enttäuschen. Was
den gottgegebenen Glauben so anders macht, ist, dass sein Gegenstand wirklich
und immer unseres Vertrauens würdig ist. Unser Glaube ist ein Glaube an
Gott; selbst in Sorgen und Prüfungen dürfen wir im Glauben sagen: »Der HERR
ist meine Stärke und mein Lied, und Er wurde mir zum Heil« (Ps. 118,14).
WOZU GIBT GOTT
UNS VERHEIẞUNGEN?
Gott tritt mit Seinen Kindern in dieser Welt hauptsächlich durch Verheißungen
in Beziehung. Im Alten Testament durften die Israeliten durch den Glauben
ein Volk sein, das über den Horizont hinausblickte und auf die Verheißung
wartete, die erst noch offenbar und erfüllt werden sollte. Dieses große Offenbarwerden
ist in der Person Jesu Christi eingetroffen. Und doch warten wir
noch auf ein großes Ereignis, das erst noch kommen wird – das zweite Kommen
unseres Herrn. Ein wahrer Gläubiger ist einer, der nach dem Ausschau
hält, was noch kommen soll, wovon die Verheißungen sprechen, die noch erfüllt
werden müssen. In 2. Petrus 1,4 heißt es: »Er [hat] uns die überaus großen und
kostbaren Verheißungen gegeben.«
Einer der größten Glaubensvorbilder in der Heiligen Schrift ist Abraham. Seine
Erfahrung legt mindestens zwei Gründe dar, warum Gott mit uns aufgrund
von Verheißungen handelt. Der erste Grund ist, dass Er dadurch unsere Augen
über den Bereich unserer Umstände erhebt, so wie Er Abrahams bzw. (damals
noch) Abrams Blick hoch zum Himmel emporhob. Durch unser ganzes Leben
hindurch heben Gottes Verheißungen unsere Bestrebungen höher. Auf uns allein
gestellt würden wir uns mit einigen glücklichen Beziehungen zufriedengeben;
Gott aber möchte, dass wir tiefe und echte Gemeinschaft mit Seinem
Sohn Jesus Christus haben. Wir streben oft nach irdischem Gelingen; Er aber
möchte, dass wir himmlische Herrlichkeit erlangen. Wir würden uns mit Gesundheit
und einem sorgenfreien Leben zufriedengeben; Er aber hat ewiges
Leben für uns bereitgestellt.
Das war auch bei Abram der Fall. Er wollte einen Sohn; aber Gott beabsichtigte,
dass er der Vater aller Erlösten werden sollte. Gott hatte Abram bereits
gesagt, dass Er durch ihn alle Völker segnen werde (1.Mo. 12,3). Aber Abrams
Verlangen war, wie das unsere im Allgemeinen, von seinen persönlichen Erfahrungen
geprägt – von seinen »gefühlten Bedürfnissen«, wie man es heute
voiceofhope.de | 5
nennt. Er wollte einfach kein Außenseiter sein. Er
wollte die menschliche Freude kennenlernen, in
die Augen eines Sohnes zu schauen. Er wollte Respekt
von Seiten der Mitmenschen; er wollte dazugehören;
er wollte sich gut fühlen. Das sind Dinge,
die wir auch wollen, nicht wahr?
Es sind durchaus gute Dinge, aber sie bleiben
weit hinter dem zurück, was Gott für uns vorgesehen
hat. Paulus erinnert uns daran: »Was kein Auge
gesehen und kein Ohr gehört und keinem Menschen ins
Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die Ihn
lieben« (1.Kor. 2,9). Um uns davon abzuhalten, uns
mit geringeren Dingen zu begnügen, lässt Gott
uns in Umständen des Mangels zurück und gibt
uns gleichzeitig Verheißungen von großem Segen,
weit über unsere Vorstellungskraft hinaus.
Der zweite Grund, warum Gott mit uns aufgrund
von Verheißungen handelt, hängt mit dem
ersten zusammen und zeigt sich auch an Abrams
Beispiel. Gott leitet uns; Er weist uns den Weg in
eine bestimmte Richtung. Wenn man uns vor die
Wahl stellt, wollen wir uns alle in diesem Leben,
in dieser Welt, in dieser irdischen Existenz niederlassen.
Wir können sicher sein, dass Abram
nur allzu glücklich gewesen wäre, in einem stabilen
Haus neben einem guten, sauberen Brunnen
eine Reihe von Söhnen aufziehen zu können. Aber
diese Welt ist nicht unser Zuhause; sie ist nicht der
Ort, an dem Gott uns für immer ansiedeln möchte.
Wieder sagt uns Paulus: »Denn die [gegenwärtige]
Gestalt dieser Welt vergeht« (1.Kor. 7,31). Wir sind nicht
für diesen Ort bestimmt. Unsere Seelen wurden
nicht nur für dieses Leben geschaffen; deshalb benutzt
Gott die Kombination von Not und Verheißungen,
um uns aufzurichten und auf den rechten
Weg zu führen.
Wenn wir erkennen, dass Gott uns durch Verheißungen
leitet, und wenn wir anfangen, nach
ihrer Erfüllung zu suchen, beginnen wir bald, uns
wie Abram unter dem Sternenhimmel zu fühlen.
Die Verheißungen Gottes sind über alle Maßen
groß.
WAHRER GLAUBE
KANN WARTEN
Abram nahm die große Verheißung Gottes im
Glauben an; aber die kommenden Jahre erwiesen
sich dennoch als eine sehr schwere Prüfung. Seine
Frau scheint besonders unter ihrer Unfähigkeit,
Kinder zu bekommen, gelitten zu haben. In 1.
Mose 16 sehen wir, wie sie darauf reagierte: »Und
Sarai, Abrams Frau, gebar ihm keine Kinder; aber sie hatte
eine ägyptische Magd, die hieß Hagar. Und Sarai sprach
zu Abram: Sieh doch, der HERR hat mich verschlossen,
dass ich keine Kinder gebären kann. Geh doch ein zu meiner
Magd; vielleicht werde ich durch sie Nachkommen
empfangen! Und Abram hörte auf die Stimme Sarais« (V.
1-2).
Schließlich wurde Hagar schwanger und gebar
ihm einen Sohn namens Ismael. Das mag ihm wie
eine Gebetserhörung vorgekommen sein – ein Segen
Gottes! –; aber diese Täuschung wurde ihm
bald zerschlagen. Das erste Ergebnis dieser seiner
Handlung war ein Aufruhr in Abrams Haus,
als Hagar und Sarai einen erbitterten Streit um
den Vorrang und die Autorität führten. Dies geschah,
als Abram sechsundachtzig Jahre alt war,
also zehn Jahre nach seiner Ankunft im Land.
Das zweite Problem tauchte dreizehn Jahre später
auf, als Abram neunundneunzig Jahre alt war.
Gott kam, um Seine ursprüngliche Verheißung zu
bekräftigen und Abram mitzuteilen, dass Ismael
nicht der Sohn der Verheißung sei.
Das Problem mit dem Vorschlag Sarais und
dem darauffolgenden Handeln Abrams war, dass
sie versuchten, Gottes Verheißung durch menschliche
Kraft in Erfüllung zu bringen. Abram war
über die vielen Jahre hinweg im Glauben müde
geworden, und die Entmutigung seiner Frau zermürbte
seine Entschlossenheit zum Glauben.
Schließlich gab er die Vorstellung auf, dass seine
Frau ein Kind bekommen könnte – so etwas ist
einfach menschlich gesehen unmöglich –, und er
beschloss, den Dingen nachzuhelfen.
Das ist die Art von Handlungen, die wir zu tun
bereit sind. Wir haben eine große Sehnsucht und
vertrauen darauf, dass Gott uns nach Seiner Weisheit
segnen wird. Aber um dem Segen nachzuhelfen,
nehmen wir die Dinge oft selbst in die Hand,
handeln nach unserer eigenen Weisheit und greifen
sogar zu sündigen Mitteln, um die gewünschten
Ziele zu erreichen. Wir sind es leid, z. B. auf
den von Gott bestimmten Ehepartner zu warten,
und lassen uns auf falsche Wege ein. In dem Bestreben,
gewisse Vorteile zu erreichen, die wir uns
so sehr wünschen, sagen wir nicht die Wahrheit
oder nutzen andere Menschen aus. Wir rechtfer-
6 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
tigen all das, indem wir sagen, es sei der Glaube,
dass wir so wie Abram und Sarai eigenmächtig
handeln, während es in Wirklichkeit der Unglaube
ist, der uns die Hände des Glaubens gebunden
hält. Indem wir an Gottes Macht bezüglich des
scheinbar Unmöglichen zweifeln, manipulieren
wir das Handeln Gottes mit dem, was uns möglich
erscheint, also mit unseren eigenen Mitteln.
Dies geschieht auch oft in den Gemeinden. Voller
Eifer, Gottes Werk zu verrichten, ohne die Bereitschaft,
auf Seinen Zeitplan zu warten, gehen
viele Gemeinden auf menschliche Art und Weise
vor. Sie verwenden psychologische Manipulation,
um den Anschein von Bekehrungen zu erwecken,
während in Wirklichkeit nur Gott eine Seele bekehren
kann. In dem Bestreben, die Gemeinde zu
füllen – und das ist doch sicher etwas, was Gott
will! –, greifen viele zu billigem Marketing und
anderen offenkundig unbiblischen Methoden.
Obwohl Gott sagt, dass Sein Wort für alle unsere
Bedürfnisse ausreicht, verwerfen es viele Gemeinden
allzu leicht, indem sie »die Hagar« – eine
scheinbar fruchtbarere Frau – einsetzen. Wann
immer Gemeinden dies tun, zeugen sie (wie Abram)
uneheliche Kinder, denen (wie Ismael) der
Segen Gottes versagt bleibt.
In 1. Mose 17 wird uns von Gottes Erscheinen bei
Abram erzählt, als Ismael dreizehn Jahre alt war.
Gott forderte ihn heraus, auch wenn Er die Verheißung
erneuerte. Er sagte: »Ich bin Gott, der Allmächtige.
Wandle vor Mir und sei untadelig! Und Ich will
Meinen Bund schließen zwischen Mir und dir und will
dich über alle Maßen mehren!« (V. 1-2).
Gott konfrontierte Abram wegen seines Unglaubens
und seiner Sünde. »Ich bin Gott, der Allmächtige«,
sagte Er und erklärte eindringlich, dass
Er es wert sei, dass man Ihm absolut vertraue,
und dass Er allmächtig sei und alles vollbringen
könne, was Er versprochen habe. »Wandle vor Mir
und sei untadelig!«, befahl Er dann und stellte Seine
Forderung nach Gehorsam in den Vordergrund.
Gott tadelte Abrams Unglauben, ermutigte ihn
gleichzeitig zu neuem Glauben und fügte hinzu:
»Ich will Meinen Bund schließen [oder ›bestätigen‹] ...
und dich über alle Maßen mehren!«
Abram war neunundneunzig Jahre alt, aber sein
Handeln mit Hagar zeigte, dass er Kinder zeugen
konnte. Es musste für Abram eine große Ermutigung
gewesen sein, als Gott verkündete, dass Sein
Name fortan Abraham sein werde – nicht nur
Abram, was bedeutet: »erhabener oder hoher Vater«,
sondern Abraham, »Vater einer Menge«. In
1. Mose 17,5 lesen wir: »Denn Ich habe dich zum
Vater vieler Völker gemacht.« Sicherlich beabsichtigte
Gott, Abrahams Glauben durch diese Namensänderung
und deren Bedeutung zu stärken.
Abraham war in seinem Glauben gestrauchelt;
aber Gott stellte ihn mit einem noch größeren
Zeichen des Segens und einem Aufruf zu neuem
Vertrauen wieder auf die richtige Bahn.
Stellt euch den alten Abram vor, wie er von dieser
Begegnung nach Hause kommt, sein einziges
Kind neben sich stellt und verkündet, dass er einen
neuen Namen habe. Die Leute hätten wohl geflüstert:
»Er konnte es schlussendlich nicht mehr ertragen,
nur einen einzigen Sohn zu haben.« Er wird
jetzt Abraham heißen, »Vater der Menge«. Wie erstaunt
müssen sie gewesen sein, als der Mann des
Glaubens verkündete: »Mein Name ist nicht mehr
Abram, ›erhabener Vater‹, sondern Abraham,
›Vater der Menge‹« Das war die Art von absoluter
Überzeugung und Verpflichtung, die Gott Abraham
abverlangte und auch uns abverlangt.
Die Pointe ist, dass der Glaube auf den Herrn
warten muss. Abram war fünfundsiebzig Jahre
alt, als er nach Kanaan aufbrach; er war sechsundachtzig,
als sein Glaube schwankte und er ein Kind
mit Hagar zeugte, und neunundneunzig, als Gott
ihn mit einer neuen Verheißung und einem neuen
Namen wieder auf die Füße stellte. Der Glaube
empfängt Gottes Verheißung, und der Glaube
wartet auf Ihn, oft über sehr lange Zeit.
Die Psalmen betonen dieses Thema ständig. Psalm
27 endet so: »Harre auf den HERRN! Sei stark, und dein
Herz fasse Mut, und harre auf den HERRN!« (V. 14). In
Psalm 37 heißt es: »Halte still dem HERRN und warte
auf Ihn! ... Harre auf den HERRN und bewahre Seinen
Weg« (V. 7 und 34). Psalm 130 drückt es in Worten
aus, die unserem Herzen vielleicht am nächsten
kommen: »Ich harre auf den HERRN, meine Seele harrt,
und ich hoffe auf Sein Wort. Meine Seele harrt auf den
Herrn mehr als die Wächter auf den Morgen, mehr als die
Wächter auf den Morgen« (V. 5-6).
Spurgeon kommentiert: »Dies ist ein höchst göttliches
Gebot, und es erfordert viel Gnade, es ausvoiceofhope.de
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zuführen. Den Geist zu beruhigen, still zu sein vor
dem Herrn, in heiliger Geduld die Zeit abzuwarten,
in der die Schwierigkeiten der Vorsehung geklärt
werden – das ist es, was jedes gläubige Herz
anstreben sollte.« Auf den Herrn zu warten ist
schwierig, aber es ist das Anzeichen eines weisen
und gläubigen Herzens, das einem allmächtigen
und gnädigen Gott vertraut. Spurgeon schließt
mit den Worten: »Zeit ist nichts für Ihn, lass sie
auch nichts für dich sein. Gott ist es wert, auf Ihn
zu warten ... Warte im Gehorsam als Diener, in
der Hoffnung als Erbe, in der Erwartung als Gläubiger.«
Auf den Herrn zu warten bedeutet, sich auf
Ihn zu verlassen; es bedeutet, Seine Eigenschaften
zu studieren und Ihm zu vertrauen. Es bedeutet
zum Beispiel, zu wissen, dass Er treu ist – oft
auf eine Art und Weise, die wir nie in Betracht
gezogen hätten. Es bedeutet, sich Seiner Macht,
Seiner Güte und Seiner Weisheit anzuvertrauen,
da all diese sich vereinen, um die Angelegenheiten
unseres Lebens zu leiten, nicht nach unserem,
sondern nach Seinem Plan. Das sind die Dinge,
von denen die Psalmen sprechen, wenn sie uns ermahnen,
auf den Herrn zu warten. Psalm 27 zum
Beispiel beginnt mit Worten des Trostes, die darauf
basieren, wer und was Gott für die Gläubigen
ist: »Der HERR ist mein Licht und mein Heil, vor wem
sollte ich mich fürchten? Der HERR ist meines Lebens
Kraft, vor wem sollte mir grauen?« (V. 1).
ABRAHAMS GLAUBE
Trotz des Strauchelns in Unglauben und Sünde ist
Abraham ein großes Vorbild für das Warten auf
den Herrn im Glauben. Hebräer 11,11 verbindet
Abrahams Glauben zu Recht mit dem von Sarah
und sagt: »Durch Glauben erhielt auch Sarah selbst die
Kraft, schwanger zu werden, und sie gebar, obwohl sie
über das geeignete Alter hinaus war, weil sie Den für treu
achtete, der es verheißen hatte.«
Wir stellen die Frage: »Wie kam es, dass Abraham
noch in einem Alter, in dem man eigentlich
nicht mehr Vater werden kann, die Kraft erhielt,
mit seiner Frau Sarah, die selbst unfruchtbar war,
ein Kind zu zeugen? Die Antwort ist: Das bewirkte
der Glaube. Abraham war überzeugt, dass Der,
der ihm »einen Sohn« versprochen hatte, vertrauenswürdig
ist.
Römer 4,20-21 gibt eine weitere klassische Beschreibung
von Abrahams ausharrendem Glauben.
Über Abraham schreibt Paulus: »Er zweifelte
nicht an der Verheißung Gottes durch Unglauben, sondern
wurde stark durch den Glauben, indem er Gott die
Ehre gab und völlig überzeugt war, dass Er das, was Er
verheißen hat, auch zu tun vermag.«
Der Segen, den Gott Abraham verheißen hatte,
konnte nur zustande kommen, wenn eine unfruchtbare
und alte Frau schwanger werden und
gebären würde. Wenn es um Christus geht, stellen
wir fest, dass es nur dann eine Erlösung von
unseren Sünden geben konnte, wenn mit einem
jungfräulichen Mädchen das Gleiche geschehen
würde.
Dass Sarah schwanger wurde und gebar, und
dass es sich mit Maria ebenso verhielt, sagt uns,
dass die Rettung, auf die wir vertrauen, von Anfang
bis zum Ende von Gott kommt, zur Ehre Seines
Namens allein. Darum wollen wir uns diesem
Gott anvertrauen, der den Toten das Leben gibt
und aus dem unfruchtbaren Schoß Segen hervorbringt,
ja sogar das Heil durch den jungfräulichen
Leib, der unseren Herrn Jesus Christus geboren
hat.
Das ruft uns dazu auf, uns mit unserer ganzen
Not und mit all unseren Sehnsüchten an Gott zu
wenden, auf Seine Macht zu vertrauen und auf
all die kostbaren Verheißungen zu warten, die wir
in der Heiligen Schrift vorfinden. Jeremiah Burroughs
ermahnt uns: »Jedes Mal, wenn ein gottesfürchtiger
Mensch die Heilige Schrift liest ...
und dort auf eine Verheißung stößt, sollte er seine
Hand darauf legen und sagen: Das ist ein Teil meines
Erbes; es ist mein, und ich soll davon leben.«
Dann lasst uns auch erkennen, dass unser
größtes Erbe Gott Selbst ist; Seine größte Verheißung
ist: »Ich will … euer Gott sein, und ihr sollt Mein
Volk sein« (3.Mo. 26,12). Es ist Gott Selbst, den wir
als Erbe empfangen, wenn wir Seinen Verheißungen
vertrauen. Und es sind unsere Herzen, die
Er durch dieses lange und manchmal schwierige
Leben des Glaubens sucht, wenn Er uns aufruft,
auf Ihn zu warten. Durch den Glauben Abrahams
können auch wir die Worte des Segens empfangen:
»Fürchte dich nicht ... Ich bin dein Schild und dein
sehr großer Lohn!« (1.Mo. 15,1).
8 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
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Gemeinde Jesu durch die biblische Lehre auferbaut und zum Dienst zugerüstet und Gott
dadurch verherrlicht wird. Also, herzlich willkommen auf unserer neuen, mobilfreundlichen
Website unter www.voh-missionswerk.de.
»Meine Brüder,
achtet es für lauter Freude,
wenn ihr in mancherlei
Anfechtungen geratet, da ihr
ja wisst, dass die Bewährung
eures Glaubens standhaftes
Ausharren bewirkt. Das
standhafte Ausharren aber soll
ein vollkommenes Werk haben,
damit ihr vollkommen und
vollständig seid und es euch
an nichts mangelt.«
Jakobus 1,2-4
Mit Versuchungen
fertigwerden
John MacArthur
Als Christen erkennen wir deutlich, dass
wir in einer Zivilisation leben, die von
Gott dahingegeben wurde, um in ihren
eigenen bösen Lüsten dahinzuvegetieren. Der
Mensch liebt seine Sünde. Er setzt alles daran, um
sie zu praktizieren und zu verteidigen.
Unser Leben als Christen darf jedoch nicht die
Werte unserer Gesellschaft widerspiegeln. Wir
dürfen nicht versuchen, Sünde zu entschuldigen
oder gar zu dulden. Die Sünde war es, die unseren
geliebten Retter ans Kreuz brachte, um dort zu
bluten und zu sterben. Die Sünde war es, die uns
in Feindschaft gegen Gott brachte. Jetzt, wo diese
Feindschaft aufgehoben worden ist, wollen wir
nichts mehr mit dem alten Leben zu tun haben.
Jetzt, da wir von der Sünde frei geworden sind,
wollen wir nicht wieder zurück in die Knechtschaft.
Und das brauchen wir auch nicht! Solches
dennoch zu wählen, würde bedeuten, unsern
Herrn zu verleugnen.
KÖNNEN WIR WIRKLICH
MIT DER VERSUCHUNG
FERTIG WERDEN?
Dennoch werden selbst wir, die wir Christen sind,
dauernd von der Versuchung zur Sünde bestürmt.
Manchmal scheint es so, als ob sie uns auch wirklich
überwältigen würde. Wir fragen uns dann
vielleicht: Ist es wirklich möglich, so über die
Versuchung Herr zu werden, dass man dies auch
tatsächlich ein Beherrschen der Versuchung nennen
kann? Wie können wir einen solchen Sieg erreichen?
Es sind drei Mächte, die gegen uns stehen:
Satan, die Welt und unser Fleisch – besteht
denn überhaupt irgendeine Hoffnung für uns,
dabei die Anziehungskraft der Sünde zu überwinden?
Unsere Feinde sind ja doch so heimtückisch,
und ihre Strategie ist so raffiniert; wie
können wir da gegen sie ankommen? Sehen wir
uns nicht manchmal Versuchungen gegenüber,
die so stark sind, dass für uns offen gestanden
keine Hoffnung besteht, ihnen zu widerstehen?
Ist Satan nicht so verschlagen, dass wir viele seiner
Intrigen einfach nicht überwinden können?
Und ist nicht selbst unser eigenes Herz so trügerisch
und bösartig (Jer. 17,9), dass wir eigentlich
ohne rechten Schutz vor der Sünde dastehen?
Ist es deshalb nicht wirklich eine große Torheit
von uns, überhaupt vom Sieg über die Sünde zu
träumen?
Aus der Heiligen Schrift wissen wir, dass wir in
einem geistlichen Kampf mit Dämonen stehen,
die wir nicht sehen können (Eph. 6,12). Wenn alle
Mächte der Hölle gegen uns aufstehen, können
wir es dann überhaupt mit ihnen aufnehmen?
Oder sind wir nur die Opfer von uns überwältigenden
Versuchungen, gegen die wir nicht an-
Ein Auszug aus »Das verlorene Gewissen« von John MacArthur
voiceofhope.de | 11
kommen können, da wir dazu nicht die nötigen
Hilfsmittel besitzen?
Die Heilige Schrift gibt hierzu eine klare Antwort
– eine Antwort, die all diese Fragen in einem
einzigen Vers beantwortet: »Es hat euch bisher nur
menschliche Versuchung betroffen. Gott aber ist treu; Er
wird nicht zulassen, dass ihr über euer Vermögen versucht
werdet, sondern Er wird zugleich mit der Versuchung
auch den Ausgang schaffen, sodass ihr sie ertragen
könnt« (1.Kor. 10,13).
Dieser Vers ist ganz gewiss eine der herrlichsten
und trostreichsten Verheißungen in der ganzen
Heiligen Schrift. Keine Versuchung kann so
überwältigend sein, dass wir im Widerstand ihr
gegenüber ohne göttliche Hilfe wären. Satan hat
keine so große Macht, Dämonen keine derartige
Wirkungskraft, ihre böse Verschwörung ist nicht
derart klug ersonnen, dass wir ohne Hilfe von Seiten
Gottes der Versuchung preisgegeben wären;
und das, obwohl unser Fleisch schwach und unser
menschliches Herz arglistig ist.
Der obige Vers enthält Prinzipien, die uns zu
verstehen helfen, wie wir über bestimmte Versuchungen
Sieg haben können. Dieses Verständnis
erhalten wir nur durch einen besseren Einblick in
die Mittel und Wege der Versuchungen und durch
das Verstehen ihres Wesens und Ausmaßes.
DIE MITTEL
DER VERSUCHUNG
Zuerst sehen wir uns die Mittel und Wege der Versuchung
an. Versuchung will uns ergreifen und
uns gerade dann überfallen und nach Möglichkeit
auch beherrschen, wenn wir gar nicht darauf gefasst
sind.
Das griechische Wort für »Versuchung« ist
peirasmos. Es kann mit »Prüfung« oder »Versuchung«
übersetzt werden. Prüfungen und Versuchungen
sind zwei Aspekte derselben Sache. Das
Leben ist voller Prüfungen, und jede Prüfung ist
eine potenzielle Versuchung. Ein Beispiel kann
zeigen, wie das möglich ist: Ein Freund berichtete
mir einmal von seiner neuen Arbeitsstelle bei
einer bedeutenden Firma. Als er dort erst kurze
Zeit angestellt war, sah er eines Abends, nachdem
alle andern das Büro schon verlassen hatten, eine
große Geldsumme auf seinem Schreibtisch liegen.
Er nahm das Geld sofort an sich, steckte es
in seine Aktentasche und sagte sich: Das muss ich
zurückgeben. Er wickelte es ein, ging am nächsten
Morgen in das Büro des Chefs, legte es auf dessen
Schreibtisch und sagte: »Jemand hat dieses Geld
auf meinem Schreibtisch hinterlassen, und ich
weiß nicht, wer das war oder wem das Geld nun
fehlt; aber ich wollte es sobald wie möglich zurückgeben,
damit niemand über dessen Fehlen in
Bedrängnis gerät.«
Sein Chef schaute ihn geradeheraus an und
sagte: »Ich habe das Geld dort hinterlassen. Es war
ein Test. Sie haben ihn bestanden!«
Das Leben legt uns ähnliche Prüfungen auf. Je
nachdem, wie wir darauf reagieren, können sie zu
Versuchungen werden.
Wenn mein Freund das Geld mit nach Hause
genommen, es gezählt, es begehrt und seine Möglichkeiten
durchdacht hätte, dann hätte er sich
vielleicht sagen können: »Hm, niemand wird es
wissen.« In seinem Herzen wäre ein Kampf entstanden,
ob er es zurückgeben oder für sich behalten
sollte. Dann wäre der Test zu einer Versuchung
geworden. Wenn das Herz dazu verlockt wird, Böses
zu tun, dann ist es eine Versuchung.
Das Leben ist voller Tests, die potenziell zur
Versuchung werden können. Wenn Sie zum Beispiel
soeben einen finanziellen Rückschlag erlitten
haben und sich sagen: »Ich vertraue darauf, dass
Gott meinen Bedürfnissen nachkommen wird; ich
werde mich einschränken, sparsam leben, vorsichtig
haushalten und meinen Verpflichtungen treu
nachkommen; ich werde eben mit weniger leben
und dem Herrn vertrauen, dass Er mich versorgen
wird« – dann haben Sie die Prüfung bestanden.
Wenn Sie aber sagen: »Ich kann einfach Geld aus
der Kasse nehmen, und niemand wird es erfahren;
ich kann durch Steuerbetrug Geld zurückerhalten,
und ich kann Kosten sparen, wenn ich meine
Schulden nicht bezahle« – dann ist die Prüfung für
Sie zur Versuchung geworden, denn Ihr Herz hat
sich zum Bösen verlocken lassen.
Der Test kann aber auch darin bestehen, dass
Sie eine persönliche Enttäuschung erleben. Vielleicht
hatten Sie an jemanden irgendwelche Erwartungen
gestellt, der Ihre Hoffnungen nicht
erfüllte. Sie können dann entweder im Vertrauen
auf Gott Ihre Umstände akzeptieren und diese
Person trotz Ihrer Enttäuschung lieben, oder Sie
beginnen, sich Gefühlen der Abneigung und der
Bitterkeit im Herzen hinzugeben. In dem Mo-
12 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
ment, wo solche bösen Gedanken Einlass in Ihr
Herz fordern, wird Ihre Prüfung zur Versuchung.
Sie könnten sich auch durch eine Krankheit,
eine Verletzung oder eine unerwartete Katastrophe
einer Prüfung gegenübergestellt sehen. Vielleicht
stirbt jemand, den Sie lieben. Oder Ihre Pläne
werden zerschlagen; oder Sie können etwas,
wovon Sie schon seit langer Zeit geträumt haben,
nicht zur Ausführung bringen. Vielleicht sehen
Sie sich einem Problem gegenüber, für das es keine
offensichtliche Lösung gibt. Oder vielleicht
bittet ein Freund Sie um etwas, wovon Sie wissen,
dass es unrecht wäre. Solche Prüfungen begegnen
uns oft im Leben. Und wenn diese dann anfangen,
uns zum Bösen zu verlocken, werden sie zu Versuchungen.
Hiob sah sich jedem dieser Tests gleichzeitig
gegenübergestellt.
Jakobus erklärt sehr deutlich, auf welche Weise
Prüfungen zu Versuchungen werden. Er schreibt:
»Meine Brüder, achtet es für lauter Freude, wenn ihr in
mancherlei Anfechtungen geratet, da ihr ja wisst, dass
die Bewährung eures Glaubens standhaftes Ausharren
bewirkt. Das standhafte Ausharren aber soll ein vollkommenes
Werk haben, damit ihr vollkommen und vollständig
seid und es euch an nichts mangelt« (Jak. 1,2-4). Später
fügt er noch hinzu: »Glückselig ist der Mann, der
die Anfechtung erduldet; denn nachdem er sich bewährt
hat, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche der
Herr denen verheißen hat, die Ihn lieben« (V. 12).
Anders gesagt: Gott will uns erziehen, wenn Er
uns durch Prüfungen hindurchgehen lässt. Prüfungen
machen uns vollkommener, gestalten uns
um in das Bild Christi, bewirken in uns Geduld
und bringen uns zu geistlicher Reife. Ähnlich sagte
Petrus: »Der Gott aller Gnade aber, der uns berufen
hat zu Seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, Er
Selbst möge euch, nachdem ihr eine kurze Zeit gelitten
habt, völlig zubereiten, festigen, stärken, gründen!« (1.Pt.
5,10).
Gott schickt uns Prüfungen, aber keine Versuchungen.
Denn Jakobus schrieb diesbezüglich:
»Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich werde von
Gott versucht. Denn Gott kann nicht versucht werden
zum Bösen, und Er Selbst versucht auch niemand« (Jak.
1,13). Gott Selbst ist nie verantwortlich für das Ansinnen
der Versuchung an uns, Böses zu tun.
Wie aber kommt Versuchung zustande? Jakobus
1 sagt uns: »Jeder Einzelne wird versucht, wenn er von
seiner eigenen Begierde gereizt und gelockt wird. Danach,
wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde;
die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod«
(V. 14-15). Unsere eigene Lust ist es also, die das
Ansinnen zum Tun des Bösen an uns stellt. Gott
gibt nur gute Gaben: »Irrt euch nicht, meine geliebten
Brüder: Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk
kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei
dem keine Veränderung ist, noch ein Schatten infolge von
Wechsel« (V. 16-17). Gott ist vollkommen, unveränderlich,
unwandelbar. Er ist nicht verantwortlich
für unsere Versuchungen, obwohl Er uns Prüfungen
schickt, um uns auf die Probe zu stellen.
Der Sieg beginnt deshalb damit, dass wir verstehen,
wie Versuchung zustande kommt. Sie entsteht,
wenn wir falsch auf Prüfungen reagieren.
Sie entsteht, wenn wir von unserer eigenen Lust
fortgezogen werden. Durch die Versuchung wird
der Keim der Sünde gepflanzt, und wenn die Sünde
Frucht trägt, ist diese Frucht der Tod. Deshalb
müssen wir lernen, in rechter Weise auf Prüfungen
zu reagieren.
DER AUSWEG
AUS DER VERSUCHUNG
Das Schönste ist: Wenn Gott es erlaubt, dass wir
geprüft werden, schafft Er jedes Mal auch einen
Ausgang oder Ausweg. Es gibt immer einen Weg
zum Sieg. Es gibt immer einen »Notausstieg«. Das
griechische Wort für »Ausgang« in 1. Korinther
10,13 ist ekbasis; es bedeutet auch »Ausweg«.
Hier ist eine Wahrheit, die Sie vielleicht noch
nie in diesem Vers entdeckt haben. Paulus sagt
uns genau, was der Ausweg ist: Gott schafft »… mit
der Versuchung auch den Ausgang …, so dass ihr sie ertragen
könnt«. Der Weg aus der Versuchung heraus
führt durch sie hindurch. Der Weg aus der Versuchung
ist, diese als Prüfung zu ertragen, ohne
dass es so weit kommt, dass wir uns zum Bösen
verleiten lassen. Vielleicht hat man Ihnen Unrecht
getan. Vielleicht hat man Sie in falscher Weise beschuldigt.
Vielleicht hat man Sie verleumdet, Sie
unfreundlich oder ungerecht behandelt. Na und?
Finden Sie sich damit ab! Ertragen Sie es mit
Freuden (Jak. 1,2). Das ist der Ausweg. Gewöhnlich
suchen wir nach einem schnellen und leichten
Notausgang. Gottes Plan für uns ist anders.
voiceofhope.de | 13
Er will, dass wir es für lauter Freude achten. Und:
»Das Ausharren aber soll ein vollkommenes Werk haben,
damit [wir] vollkommen und vollständig [sind] und es
[uns] an nichts mangelt« (V. 4). Gott gebraucht unsere
Prüfungen, um uns zur Reife zu bringen.
Wie können wir ausharren? Es gibt mehrere
praktische Antworten darauf. Ich will nur ein
paar erwähnen:
1. SINNEN Sie über das Wort Gottes NACH:
»Ich bewahre Dein Wort in meinem Herzen, damit ich
nicht gegen Dich sündige« (Ps. 119,11).
2. BETEN Sie: »… und führe uns nicht in Versuchung,
sondern errette uns von dem Bösen« (Mt. 6,13).
Das will besagen: Bitten Sie Gott darum, dass
die Prüfung nicht zur Versuchung wird.
3. WIDERSTEHEN Sie dem Satan, und liefern
Sie sich Gott aus: »So unterwerft euch nun Gott!
Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch« (Jak. 4,7).
Es gibt noch viele weitere praktische Antworten,
die ich erwähnen könnte; aber es sind genau die
gleichen Mittel, die wir für das Abtöten des Fleisches
benötigen. Man harrt dadurch in der Versuchung
aus, dass man die Handlungen des Fleisches
tötet.
Es gibt noch einen weiteren Schlüssel zum Ausharren,
auf den ich unser Augenmerk richten
möchte: es ist der Glaube. Hebräer 11 spricht von
den großen Glaubensvorbildern. Sie alle haben
bis ans Ende treu ausgeharrt, und die meisten
mussten durch unglaubliche Prüfungen gehen.
Wenn unser Glaube echt ist, ermöglicht er uns,
jeder Prüfung standzuhalten, die der Herr uns
widerfahren lässt. Falls Sie meinen, dass Ihre eigenen
Prüfungen besonders schwer wären, ruft
uns der Hebräerbriefschreiber Folgendes in Erinnerung:
»Ihr habt noch nicht bis aufs Blut widerstanden
im Kampf gegen die (eigene) Sünde« (12,4).
Mittlerweile kennen wir diese Wahrheiten. Es
bedeutet: Wenn Prüfungen kommen, sollen wir
sie ohne Vorbehalte akzeptieren. Welch eine Ermutigung
ist es für unseren Glauben, zu wissen,
dass keine Prüfung uns begegnen kann, die größer
wäre, als dass wir sie ertragen könnten!
Wichtig ist zu beachten, dass wir unsere Sünde
fortlaufend in den Tod zu geben haben (Kol. 3,5).
Wir sollen beten und Gott darum bitten, uns von
Versuchungen zum Bösen zu erretten. Wir müssen
uns weigern, dem lustvollen Begehren unseres
eigenen Fleisches nachzugeben, und müssen uns
dabei immer wieder vor Augen halten, welches
Ziel Gott mit uns hat, wenn Er uns solche Prüfungen
sendet. Sein Ziel mit uns ist die Vollendung
unseres Glaubens, indem wir auszuharren lernen,
um dadurch zu geistlicher Reife zu gelangen.
In alledem können wir auf Christus schauen
und uns auf Ihn, unseren barmherzigen und treuen
Hohenpriester, stützen, der Mitleid mit unseren
Schwachheiten hat, der mit uns in unseren
Nöten mitfühlt und der in allem in gleicher Weise
wie wir versucht worden ist, doch ohne Sünde
(Hebr. 4,15).
Wie können wir »mit Ausdauer laufen in dem
Kampf, der vor uns liegt«? (Hebr. 12,1). »Indem wir hinschauen
auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens,
der um der vor Ihm liegenden Freude willen das
Kreuz erduldete und dabei die Schande für nichts achtete,
und der sich zur Rechten des Thrones Gottes gesetzt hat.
Achtet doch auf Ihn, der solchen Widerspruch von den
Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht müde
werdet und den Mut verliert!« (Hebr. 12,2-3).
Wir leben in einer Kultur, die voller Versuchungen
ist. Unsere Gesellschaft verherrlicht die Sünde
und verachtet Gott. Es ist sicherlich kein Zeitalter,
in dem wir ohne Probleme leben können. Aber das
war das erste Jahrhundert der Christenheit auch
nicht. Denken Sie daran, dass wir noch nicht bis
aufs Blut widerstanden haben.
Eines Tages könnte Gott uns so prüfen, dass
wir in unserem Kampf gegen die Sünde leiblichen
Schaden nehmen oder sogar den Tod erleiden
müssen. Wenn dieser Tag wirklich käme, dann, so
versichert Er uns, wird Er uns durch alle Not hindurch
die notwendige Kraft geben. Indessen werden
wir durch unsere Prüfungen stärker. Sie bringen
uns Ihm näher, sie lassen uns im Ausharren
wachsen, und sie gestalten uns um in Sein Bild.
Welch eine Ermunterung ist es, zu wissen: Er
Selbst garantiert, dass unsere Versuchungen nicht
zu schwer für uns werden! Er gibt uns Kraft zum
Ausharren. Und Er Selbst hat gesagt: »›Ich will dich
nicht aufgeben und dich niemals verlassen!‹ So können
wir nun zuversichtlich sagen: ›Der Herr ist mein Helfer,
und deshalb fürchte ich mich nicht vor dem, was ein
Mensch mir antun könnte‹« (Hebr. 13,5-6).
14 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
GNADE FÜR DICH
John MacArthur
»Gnade für dich« erklärt die verborgene Dynamik von Jesu
bekanntestem Gleichnis, dem Gleichnis vom verlorenen Sohn. Es
gibt dir einen kurzen, aber eindrucksvollen Einblick in die Heimkehr
des Sohnes, die unvorstellbar gnädige Reaktion des Vaters und
die oft übersehene Wahrheit über den älteren Bruder, der seinen
zurückgekehrten Bruder verachtet. Auf diesen Seiten wirst
du die Tiefen der Errettung Gottes wiederentdecken.
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TEIL 1
Charles Haddon
Spurgeon (1834-1892)
SEINE FAMILIE
Wahre Gottesfurcht in einem Hause
führt gewöhnlich zur Gottesfurcht in
den Herzen derer, die gemeinsam den
Haushalt bilden. Die Familie Spurgeon kann drei
Jahrhunderte hindurch ununterbrochen auf gläubige
Vorfahren zurückblicken. Der Einfluss der
aufeinanderfolgenden gottesfürchtigen Generationen
sowohl auf ihre Umgebung wie auch auf ihre
Nachkommen ist unberechenbar groß gewesen.
Was für ein Segen kann es sein, wenn in unserer
Zeit alle christlichen Familien auch wirklich gottesfürchtig
sind, und welch positive Auswirkung
kann das auf unsere Gemeinden und unsere Gesellschaft
haben?!
C.H. Spurgeon ist ein direkter Nachkomme der
Essexlinie, welche seit mehr als einem Jahrhundert
ihre Repräsentanten zu den Predigern des
göttlichen Wortes zählte. Spurgeons Großvater
James Spurgeon war ein ehrwürdiger Prediger
nach echt puritanischem Vorbild. Er wurde am
29. September 1776 in Halstead, Essex geboren
und war von seiner frühesten Jugend an ein gottesfürchtiges
Kind, das dem Vorbild seines Vaters
folgte.
Im Alter von 26 Jahren gelangte James Spurgeon
zur Überzeugung, dass Gott ihn ins Predigtamt
berief. Eine fast leblos gewordene unabhängige
Gemeinde aus Clare, Suffolk bat ihn, auf
ihrer Kanzel zu predigen, und er entsprach ihrer
Bitte. Durch Gottes Gnade blühte diese Gemeinde
unter Spurgeons Dienst wieder auf. Die Nachricht
über seine ernsten und bibeltreuen Predigten verbreitete
sich derart, dass er im Jahre 1810 zu dem
sehr verantwortungsvollen Amt nach Stambourn
in Essex berufen wurde, wohin er im nächsten
Jahr ging und wo er unter großem Segen über 50
Jahre lang wirken durfte. Als er in dieser Gemeinde
sein 50jähriges Prediger-Jubiläum feierte, war
es sein Enkel, der ihm eine denkwürdige Festpredigt
hielt. Sein guter Einfluss blieb bis an sein Lebensende
unvermindert. Er starb, geehrt und geliebt,
am 12. Januar 1864 im Alter von 87 Jahren.
16 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
voiceofhope.de | 17
John Spurgeon, der Vater von Charles, wurde
1811 geboren und überlebte seinen Sohn. Ein
hohes Alter ist ehrenvoll, besonders wenn es im
Dienste Gottes erreicht wird, und die Spurgeons
scheinen zu dieser Auszeichnung bestimmt zu
sein. John Spurgeon führte viele Jahre ein Geschäft;
aber 16 Jahre lang predigte er jeden Sonntag
in der unabhängigen Gemeinde in Tollesbury,
Essex. Dann gab er sein Geschäft auf und widmete
sich ganz der Sache des Herrn, insbesondere der
Arbeit unter Jugendlichen. Seine letzte Stellung
hatte er an einer Gemeinde in London inne, wo es
ihm oft vergönnt war, mit seinem ältesten Sohn
Charles zusammen zu sein.
Die Mutter von Charles Spurgeon zeichnete
sich ebenfalls durch ihre aufrichtige Frömmigkeit
und Demut aus und war wegen ihrer Hingabe im
Werk des Herrn allgemein bekannt und beliebt.
Ihr Sohn Charles schien von ihren ausgezeichneten
Charakterzügen wie Hingabe, Einfalt und
Gottesfurcht viel gelernt zu haben. John Spurgeon
und seine Frau brachten schon früh große
Opfer, um ihre 17 Kinder, von denen Charles das
älteste war, gut und gründlich in der Gottesfurcht
zu erziehen. Mrs. Spurgeons Sorgfalt hinsichtlich
ihres ältesten Sohnes war besonders rührend und
ernst. Nachdem Charles sich schon bekehrt hatte,
sagte sie eines Tages unter anderem zu ihm: »Ach,
Charlie, ich habe oft darum gebetet, dass du ein
wahrer Christ werden mögest, aber nie darum,
dass du ein Baptist würdest.« Charles antwortete
darauf: »Gott hat dein Gebet erhört, liebe Mutter,
und in Seiner wohlbekannten Freigebigkeit hat Er
dir mehr gegeben, als du von Ihm erbeten hast.«
GEBURT UND KINDHEIT
Charles Haddon Spurgeon wurde am 19. Juni 1834
in Kelvedon, Essex geboren, einem Dorf mit einer
Einwohnerzahl von etwa 2000 Menschen. In den
Dörfern Englands sind manche der ausgezeichnetsten
Männer des Landes geboren und erzogen
worden. Dort wurden ihre Fähigkeiten entwickelt
und das Fundament für ihre spätere Größe gelegt.
Charles und sein jüngerer Bruder James Archer
waren von sehr unterschiedlicher Statur und
auch in ihrer persönlichen Erscheinung einander
sehr ungleich. Charles war der kräftigere von beiden,
und die Jungen des Ortes pflegten ihnen recht
charakteristische Namen beizulegen. Von zweien
seiner sechs Schwestern wird gesagt, dass sie hinsichtlich
ihrer Figur und ihrer geistigen Energie
ihrem Bruder Charles ähnlich seien.
Als Charles alt genug war, um das elterliche Haus
verlassen zu können, wurde er der Obhut seines
Großvaters in Stambourn anvertraut. Dieser ehrwürdige
Herr liebte seinen Enkel sehr, und als
sich beide näher kennenlernten, war es schwer,
zu sagen, welcher von beiden den anderen mehr
liebte. Im Haus des Predigers war eine jugendliche
Tante, die sich des Jungen ganz besonders annahm,
und dieser entwickelte sich bald zu einem
gedankenvollen, ernsten Jungen, der Bücher mehr
liebte als das Spiel. Die außergewöhnliche Frühreife
des Kindes zog bald die Aufmerksamkeit
aller auf sich, die mit ihm in Berührung kamen.
Er versetzte die ernsten Brüder der Gemeinde, die
seinen Großvater besuchten, in Erstaunen durch
die verständigen Fragen, die er aufwarf, wie auch
durch die treffenden Bemerkungen, die er machte.
Im Alter von sieben Jahren kam Charles wieder
in das Haus seines Vaters zurück – damals in
Colchester –, wo sich eine bessere Gelegenheit zu
seiner Ausbildung bot.
SEINE BILDUNG
Als Spurgeon zu Hause war, brachte ihn sein Vater
in eine Schule in Colchester. Während seiner
vierjährigen Schulzeit erwarb sich Charles gute
Kenntnisse in der lateinischen, griechischen und
französischen Sprache. Bei den Schulprüfungen
war er ausnahmslos der Beste der Schule. Im
Jahre 1848 verbrachte er einige Monate in einem
landwirtschaftlichen Institut in Maidstone. Er
18 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
war noch keine 15 Jahre alt, als er im Jahr 1849 als
Hilfslehrer nach Newmarket kam, und während
er hier mit charakteristischer Gründlichkeit seinen
Berufspflichten nachging, gelang es ihm dennoch,
Fortschritte beim Lernen zu machen. Hier
war es auch, wo er heftige Kämpfe mit dem Unglauben
zu bestehen hatte; aber während er sich
unter viel Gebet um Hilfe an Gott wandte, überwand
er jene höchst gefährlichen Versuchungen.
Während seiner Zeit in Newmarket beteiligte er
sich auch an der Bewerbung um einen Preis. Seine
schriftliche Arbeit trug den Titel: »Der Antichrist
und seine Brut; oder: Das Papsttum entlarvt.« Es
gab nur drei Mitbewerber. Er gewann den Preis
zwar nicht, aber nach zwei Jahren wurde ihm seine
Arbeit neben einer schönen Geldspende zurückgesandt,
um ihn zu ermutigen, weiterhin zu
schreiben.
Gegen Ende des Jahres 1849 musste die Schule
wegen einer ausgebrochenen Fiebererkrankung
geschlossen werden, und Spurgeon kehrte nach
Colchester zurück. Die getroffenen Vorsichtsmaßregeln
waren jedoch nicht wirksam genug
gewesen, denn er wurde von Typhus ergriffen
und sehr krank. Aber Der, dessen Name Jahweh
ist, bewirkte nicht nur, dass Sein jugendlicher
Knecht sagen konnte: »Lobe den Herrn, meine Seele
... Der dir alle deine Sünden vergibt und heilt alle deine
Gebrechen«, sondern veranlasste ihn auch, dass er
mit besonderem Nachdruck hinzufügen konnte:
»Der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönt mit
Gnade und Barmherzigkeit« (Ps. 103,1-4). Hier müssen
wir Spurgeon in seiner unnachahmlichen
Weise die Geschichte seiner Bekehrung selbst erzählen
lassen.
»Es gefiel Gott, mich in meiner frühen Jugend von
meiner Sünde zu überführen. Ich vegetierte als
ein elendes Geschöpf vor mich hin und fand keine
Hoffnung, keinen Trost. Mein Herz war zermalmt;
sechs Monate lang betete ich aus tiefstem Herzen,
unter großer Angst, fand jedoch keine Erhörung.
Ich war entschlossen, jede Gemeinde in Colchester
zu besuchen, um den Weg des Heils zu finden;
ich war zu allem bereit, was nötig wäre, wenn Gott
mir nur vergeben wollte.
Endlich kam die Erhörung. Es geschah an einem
Tag des Herrn; es tobte solch ein Schneesturm,
dass ich nicht dahin gehen konnte, wohin
ich zu gehen beabsichtigt hatte. Ich musste stillstehen
– und das war ein für mich reich gesegnetes
Stillstehen –, fand eine einsame Straße und
ging durch einen Hof, in dem eine kleine Kapelle
stand. Irgendwohin wollte ich zum Gottesdienst
gehen; aber diesen Ort kannte ich bis jetzt nicht.
Es war die Kapelle der Methodisten. Von diesen
Leuten hatte ich schon einiges gehört, unter anderem
auch, dass sie sehr laut singen; aber das
interessierte mich jetzt nicht, wenn ich nur erfahren
konnte, wie ich gerettet werden könne. Ich
ging hinein, und als ich dasaß, begann der Gottesdienst;
aber es kam kein Prediger. Endlich betrat
ein sehr kränklich aussehender Mann die Kanzel,
schlug seine Bibel auf und las diese Worte: ›Blicket
auf Mich, so werdet ihr gerettet, all ihr Enden der
Erde …!‹ (Jes. 45,22, KJV). Während er seine Augen
auf mich richtete, sagte er, als ob er mein ganzes
Herz durchschaue: ›Junger Mann, du bist bekümmert.‹
Gewiss war ich das. ›Du wirst nie deinen
Kummer verlieren, wenn du nicht auf Christus
blickst!‹ Und dann rief er, indem er seine Hände
emporhob, wie es nur ein Methodist tun kann:
›Blicke! Blicke! Blicke! Es ist nur nötig, zu blicken!‹
Da erkannte ich mit einem Mal den Weg
des Heils, und oh, wie mein Herz in jenem Augenblick
vor Freude hüpfte! Ich weiß nicht, was er
sonst noch sagte; ich achtete nicht besonders darauf,
da ich ganz von dem einen Gedanken erfüllt
war. Es erging mir wie den Israeliten damals, als
die eherne Schlange aufgerichtet war: Die unter
dem Schlangenbiss Leidenden blickten nur auf
und waren geheilt. Ich wäre bereit gewesen, fünfzig
verschiedene Werke zu verrichten; aber als ich
das eine Wort hörte: ›Blicke!‹ – oh, wie wundervoll
erschien es mir! Ich blickte immerzu zum Kreuz,
und noch im Himmel will ich mit unaussprechlicher
Freude weiter hinblicken.
Ich fühlte mich nun verpflichtet, niemals eine
Predigt zu halten, ohne die Sünder persönlich anzusprechen.
Wenn ein Prediger eine Predigt halten
kann, ohne die Sünder anzureden, dann weiß
ich nicht, wie er predigen kann.«
(Im Jahre 1856 predigte Spurgeon am Jahrestag
seiner Bekehrung vor seiner Gemeinde über denselben
Text, wobei er erzählte, was sechs Jahre zuvor
an demselben Tag geschah. Im Oktober 1864
predigte Spurgeon vor 500 Zuhörern in derselben
Kapelle, in welcher der Herr ihm Rettung geschenkt
hatte, ebenfalls über diesen Text.)
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Erfüllt von seiner neu gefundenen Freude
kehrte Spurgeon nach Newmarket zurück und
widmete sich fortan dem Dienst seines Herrn und
Meisters. Es ist kaum nötig, zu betonen, dass er
die erstbeste Gelegenheit wahrnahm, um öffentlich
ein Bekenntnis seines Glaubens an Christus
abzulegen und sich mit dem Volk Gottes zu verbinden.
Von der Liebe Christi gedrängt, ergriff
Charles jede Möglichkeit, Seelen für den Heiland
zu gewinnen. Zur Erreichung dieses Zieles erschien
ihm die Verbreitung von Traktaten als das
beste Mittel.
Sehr bald zog die Sonntagsschule seine Aufmerksamkeit
auf sich. Seine Ansprachen an die
Kinder waren so interessant und lehrreich, dass
die Kinder ihren Eltern nicht genug davon erzählen
konnten, und bald kamen auch diese, um diesen
»Lehrer« zu sehen und zu hören.
Nach seiner Bekehrung beeinflusste seine
Überzeugung von der Schriftmäßigkeit der Glaubenstaufe
seine zukünftige Laufbahn. Er war bisher
ein Anhänger der Säuglingstaufe gewesen.
Sobald er es jedoch durch das Forschen im Wort
Gottes als seine Pflicht erkannte, sich durch Untertauchen
taufen zu lassen, beeilte er sich, auch
diesen Befehl seines Herrn zu erfüllen. Am 3. Mai
1850 wurde er somit in der Baptistengemeinde öffentlich
getauft. Er war damals noch nicht ganz 16
Jahre alt. An diesem für ihn so denkwürdigen Tag
schrieb er seinem Vater: »Es ist mir sehr lieb, dass
der Tag, an welchem ich öffentlich den Namen
Jesu bekenne, der Geburtstag meiner lieben Mutter
ist«, und er gab der Hoffnung Ausdruck, dass
diesem Tag viele herrliche und glückliche Tage folgen
werden.
SEINE ERFAHRUNG
BEI DER ERSTEN PREDIGT
In der Einleitung zu einer Predigt über 1. Petrus
2,7 im Jahre 1873 bemerkt Spurgeon:
»Ich erinnere mich sehr wohl, dass ich mich bei
meinem ersten Versuch zu predigen – vor mehr
als 22 Jahren – auf diesen Text bezog. Ich war gebeten
worden, einen jungen Mann nach Teversham,
nicht weit von Cambridge, zu begleiten. Ich
konnte nichts anderes vermuten, als dass dieser
junge Mann an jenem Abend die Predigt halten
werde, und so sagte ich unterwegs zu ihm, dass
ich hoffe, der Herr werde seine Worte segnen. ›Oh,
mein Lieber‹, entgegnete er, ›ich habe in meinem
ganzen Leben noch nie gepredigt und denke auch
nicht daran, es heute zu tun. Ich bin nur aufgefordert
worden, dich zu begleiten, und ich wünsche,
dass Gott in deiner Predigt mit dir sein und dich
segnen werde.‹ ›Nein‹, erwiderte ich, ›ich habe
noch nie gepredigt und glaube kaum, dass ich
dazu im Stande bin.‹ Wir gingen zusammen, bis
wir an den bestimmten Ort kamen, und innerlich
zitterte ich, wenn ich daran dachte, was nun werden
würde. Als wir miteinander die Versammlung
fanden und nun kein anderer da war, der
von Jesus sprechen konnte, und mir klar wurde,
dass man von mir erwartete, ich würde predigen,
obgleich ich erst 16 Jahre alt war, so predigte ich
eben, und der Text, den ich soeben verlesen habe,
war mein Text: ›Für euch nun, die ihr glaubt, ist Er
kostbar.‹«
Nach diesem einschneidenden Ereignis des jugendlichen
Spurgeon wurde er in den Dörfern
um Cambridge her bald durch seine Predigten
bekannt; große Scharen wurden angezogen, um
ihn zu hören; und obgleich er noch sehr jung war,
ergingen doch viele Einladungen aus benachbarten
Städten und Dörfern an ihn, bei besonderen
Gelegenheiten zu predigen. Die kleine Baptistengemeinde
in Waterbeach, einem Ort von ca. 1500
Einwohnern, sah in dem jungen Prediger einen
Mann, der ganz ihren Bedürfnissen entsprach,
und sie bat ihn, ihrer Gemeinde mit dem Wort
Gottes zu dienen.
20 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
DIE HOCHSCHUL-FRAGE
»Bald nachdem ich 1852 begonnen hatte, in Waterbeach
das Wort zu verkündigen, wurde mir von
meinem Vater und anderen entschieden geraten,
das Baptist College von Stepney (heute Regents
Park College) zu besuchen, um mich gründlicher
auf das Predigtamt vorzubereiten. Davon überzeugt,
dass die Wissenschaft kein Hindernis sei,
sondern nur brauchbarer machen könne, war ich
geneigt, mir diese Kenntnisse anzueignen, wenngleich
ich glaubte, dass ich auch ohne diese Ausbildung
nützlich sein könne. Ich stimmte also zu,
mich durch die Ausbildung nützlicher machen
zu lassen. Dr. Angus, der Vorsteher des College,
kam nach Cambridge, wo ich damals wohnte, und
es war vereinbart worden, dass wir uns im Haus
des Verlagsbuchhändlers, Herrn Macmillan, treffen
wollten. Indem ich über die Sache nachdachte
und darüber betete, trat ich genau zur vereinbarten
Zeit in das Haus ein und wurde in ein Zimmer
gewiesen, wo ich einige Stunden geduldig wartete.
Das Gefühl von meiner Niedrigkeit und der Größe
des Londoner Direktors hielt mich davon ab, zu
klingeln und nach der Ursache der ungewöhnlich
langen Verzögerung zu fragen.
Als meine Geduld endlich doch erschöpft war,
klingelte ich, und als das Hausmädchen erschien,
wurde dem wartenden 18-jährigen Jüngling gesagt,
dass Dr. Angus lange in einem anderen Zimmer
gewartet habe, dass er nicht länger habe warten
können und mit dem Zug bereits nach London
zurückgefahren sei. Das arglose Mädchen hatte
der Herrschaft nicht mitgeteilt, dass jemand gekommen
sei, den sie in das Wartezimmer geführt
habe. Infolgedessen fand die Unterredung nie
statt, obgleich sie von beiden Seiten beschlossen
worden war. Ich fühlte mich in jenem Augenblick
nicht wenig enttäuscht; aber seitdem habe ich
dem Herrn wohl viele Male von Herzen für die
seltsame Vorsehung gedankt, durch welche meine
Schritte auf einen anderen und viel besseren Weg
gelenkt wurden.«
Dieser Punkt der besseren Ausbildung war sowohl
von Spurgeon selbst als auch von seinen Eltern
sehr sorgfältig erwogen worden, wie das aus
verschiedenen Briefen aus jener Zeit hervorgeht.
In einem Brief, den er im November 1852 an seine
Mutter schrieb, sagt er: »Ich freue mich je länger
desto mehr darüber, dass ich nicht in das College
eingetreten bin«, und fügt noch hinzu: »Ich habe
alles, was das Herz sich nur wünschen kann; ja,
Gott gibt mehr, als ich wünsche. Unsere Gottesdienste
sind so gut besucht wie nie zuvor. Solange
ich in Waterbeach gewesen bin, habe ich jedes
Haus als mein Heim betrachten dürfen. Zweiundfünfzig
Familien haben mich aufgenommen, und
sechs weitere Einladungen konnte ich nicht mehr
annehmen.« Das alles war für den jungen 18-jährigen
Mann sehr ermutigend. Aber es bahnte sich
eine große Veränderung an, die für sein ganzes
spätere Leben entscheidend sein sollte.
Bei der Sonntagsschullehrer-Konferenz im
Jahre 1853 wurde der junge Prediger aus Waterbeach
aufgefordert, eine Ansprache zu halten. Unter
denen, auf deren Herzen diese Ansprache einen
bleibenden Eindruck machte, war Herr Gould von
Loughton. Dieser begegnete bald darauf in London
einem Diakon einer berühmten Baptistengemeinde
in Southwark, die zurzeit keinen Prediger
hatte, und sprach ihm gegenüber seine Meinung
dahingehend aus, dass der junge Evangelist sehr
wohl fähig sei, der Gemeinde in der New Park
Street Chapel zu dienen. Diese Gemeinde existierte
seit 1652, und unter ihren Predigern hatte
es hervorragende Männer Gottes gegeben. Zu der
Zeit aber, von welcher wir schreiben, war die Gemeinde
sehr heruntergekommen; ihre Herrlichkeit
schien dahin zu sein. Die Diakone erwogen
alles, was Herr Gould über den jungen Prediger
Spurgeon gesagt hatte, und so erging bald eine
Einladung an ihn, zu kommen und in der New
Park Street Chapel zu predigen.
Die Fortsetzung der Biografie folgt in der nächsten Ausgabe.
voiceofhope.de | 21
SEIN LEBEN
Titel: Der Fürst der Prediger
Charles Spurgeon war ein einfacher Bauernjunge, der später
einer der bekanntesten Prediger der Welt wurde. Er mischte sich
unter Adlige und Bettler, um seinen Auftrag von Gott, nämlich
Menschen das Evangelium zu predigen, auszuführen.
Voller Eifer, mit Liebe und Klarheit predigte er, um die Herzen
von Arm und Reich, von Groß und Klein gleichermaßen
mit dem Evangelium zu erreichen. Man sagt, dass sogar die
Königin kam, um dem »Fürsten der Prediger« zuzuhören.
Aber Charles größte Aufmerksamkeit galt dem König aller
Könige, Jesus Christus. – Für Ihn lebte er. Ihm diente er.
BUCH: Bestell-Nr.: 875.431 • Hardcover • 144 Seiten • 12,90 €
CD: Bestell-Nr.: 875.471 • MP3-CD im Jewelcase • 3h 27min • 12,90 €
SEINE BEKEHRUNG
Titel: »Meine Bekehrung«
»Wie kann ich Errettung erfahren?« Diese Frage
quälte Spurgeon für viele Jahre. Trotz seiner christlichen
Erziehung und eines Umfelds, in dem er alle
»Theorie« kennengelernt hatte, suchte er nach
einer Antwort, die er an einem schneereichen
Wintertag in einer unbekannten, kleinen Gemeindeversammlung
fand.
Mit dem Beginn seiner Bekehrung im Alter von 15
Jahren entfaltete sich einer der größten Prediger
Englands. Sein lebendiger Predigtstil zog Massen
von Menschen an und viele kamen zu Christus. Im
Laufe seines Lebens predigte er zu einer geschätzten
Menge von 10 Millionen Menschen und er wurde
der »Prince of Preachers« genannt.
Bestell-Nr.: 863.988 • 108 Seiten • 8,90 €
SEINE AUSLEGUNG
Titel: Die Schatzkammer Davids
Über 20 Jahre hat C. H. Spurgeon an dieser
vollständigen Auslegung aller Psalmen
gearbeitet. Das Ergebnis dieser gewaltigen
Arbeit bietet nicht nur eine gründliche,
tiefschürfende Vers-für-Vers-Auslegung
aller Psalmen, sondern auch eine Fülle
ausgewählter Erläuterungen und Kernworte
anderer Ausleger. Zusätzlich sind
jeder Psalm-Auslegung »Homiletische
Winke« beigefügt, die jedem Prediger eine
Fülle wertvoller Anregungen und Hilfen für
die Vorbereitung von Predigten und Bibelarbeiten
über den jeweiligen Psalm bieten.
Bestell-Nr.: 256.372 • 5360 Seiten • 129 €
C. H. SPURGEON
Wie bekommt
man ein
reines Herz?
24 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
»Glückselig sind, die reinen Herzens sind,
denn sie werden Gott schauen!«
Matthäus 5,8
Es war ein herausragendes Merkmal unseres
Herrn Jesus Christus, dass Seine Lehre
ständig auf die Herzen der Menschen
abzielte. Andere Lehrer gaben sich mit äußerlicher
Sittenreform zufrieden; doch Er erforschte
den Ursprung allen Übels, so dass Er die Quelle,
der alle sündigen Gedanken, Worte und Taten
entspringen, reinigen konnte. Er betonte immer
wieder, dass das Leben erst dann gereinigt
sei, wenn das Herz rein ist. Die bemerkenswerte
Bergpredigt, der unsere Textstelle entnommen
ist, beginnt mit der Seligpreisung: »Glückselig sind
die geistlich Armen« bzw. »die Armen im Geist« (ELB),
denn Christus sprach vom »Geist«, d. h. von dem
inneren, geistlichen Wesen des Menschen. Das
war mehr oder weniger bei allen Seligpreisungen
der Fall, und diese trifft den Nagel auf den Kopf;
denn Jesus sagt nicht: »Glückselig sind die, deren
Sprache oder Taten rein sind«, und noch weniger:
»Glückselig sind die, deren Vorschriften, Kleidung
oder Speise rein sind«, sondern: »Glückselig
sind, die reinen Herzens sind!«
Während die heutige Christenheit sich mit einem
unreinen Herzen zufriedengibt, ist das beim
wahren Glauben nicht der Fall. Christi Botschaft
an alle Menschen lautet immer noch: »Ihr müsst
von Neuem geboren werden!« (Joh. 3,7); das heißt, das
Innere muss eine göttliche Erneuerung erfahren,
oder man kann das Reich Gottes, das Jesus
in dieser Welt aufzurichten kam, nicht sehen, geschweige
denn hineinkommen. Wenn eure Taten
den Anschein geben, rein zu sein, doch die Motive
hinter diesen Taten unrein sind, dann sind sie
nichtig. Wenn eure Sprache tugendhaft ist, aber
euer Herz sich in schmutzigen Fantasien ergeht,
dann entspricht eure Stellung vor Gott nicht euren
Worten, sondern euren Begierden. Ihr werdet
von Ihm gemäß der Neigung eurer Gefühle, der
wirklichen, inneren Vorlieben und Abneigungen
beurteilt werden. Äußerliche Reinheit ist alles,
was von Seiten der Menschen verlangt wird:
»… denn der Mensch sieht auf das, was vor Augen ist, der
HERR aber sieht das Herz an« (1.Sam. 16,7). Die Verheißungen
und der Segen gehören denen, deren Herz
rein gemacht wurde, und sonst keinem.
Indem wir unsere Aufmerksamkeit dem Text
zuwenden, will ich euch zuerst aufzeigen, dass die
Unreinheit des Herzens die Ursache geistlicher
Blindheit ist. Als nächstes werde ich aufzeigen,
dass die Reinigung des Herzens uns einen herrlichen
Ausblick schenkt: »… die reinen Herzens sind,
... sie werden Gott schauen!« Dann werde ich noch
zu zeigen haben, dass die Reinigung des Herzens
durch das göttliche Wirken geschieht. Dieses Wirken
kann nicht durch uns selbst oder die Vermittlung
von Menschen vollbracht werden. Die Heiligung
unseres Lebens muss durch unseren heiligen
Gott geschehen.
UNREINHEIT DES HERZENS IST
DIE URSACHE GEISTLICHER BLINDHEIT
Ein Betrunkener kann nicht klar sehen. Er sieht
verschwommen oder doppelt. Es gibt noch andere
Getränke außer dem Alkohol, die das geistige
Auge in seiner Sicht behindern. Wer oft zu diesen
Getränken greift, wird geistlich blind.
Es gibt sittliche Schönheit und den unmoralischen
Schrecken, die von manchen Menschen aufgrund
der Unreinheit ihres Herzens nicht wahrgenommen
werden. Nehmt zum Beispiel einen
habgierigen Menschen, und ihr werdet schnell
entdecken, dass kein Staub so vollständig blendet
wie Goldstaub. Es gibt viele Geschäfte, die als
durch und durch unsauber gelten; doch wenn ein
Geschäft für jemanden einträglich ist und diese
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Person habgierig ist, wird es fast unmöglich sein,
sie davon zu überzeugen, dass es sich um ein übles
Geschäft handelt, das einem Narren so ähnlich
ist, dass er leicht mit einem solchen verwechselt
werden könnte. Er bewundert das, was mit Leichtigkeit
erhascht werden kann. Je mehr er es für
sich sicherstellen kann, desto zufriedener ist er.
Wenn er einen schmutzigen Trick angewandt hat,
bei dem er alle Anstandsregeln verletzt hat, der
aber zu seinem Vorteil ist, spricht er zu sich: »Das
war ein kluger Schachzug!« Es wäre sinnlos, wenn
ich mit einem Habgierigen diskutieren wollte, um
ihm das Schöne an der Freigebigkeit aufzuzeigen.
Die wichtige, zentrale Lehre vom Sühneopfer
Jesu kann erst dann voll wertgeschätzt werden,
wenn das Herz gerechtfertigt worden ist. Die
Menschen mit dem reinsten Herzen, die es jemals
gab, sind diejenigen, die sich darüber freuen, dass
Gottes gerechtem Gesetz durch den Tod Christi
als Stellvertreter all derer, die an Ihn glauben, am
Kreuz Genüge getan und es dadurch erhöht wurde.
Dasselbe gilt bezüglich der gleichermaßen
wichtigen Wahrheit von der Wiedergeburt. Die
nicht reinen Herzens sind, können die Notwendigkeit
der Wiedergeburt nicht erkennen. Sie erkennen
nicht, dass unser menschliches Wesen
völlig verdorben ist. Ein Ungläubiger erkennt
nicht, dass sein Herz unrein ist und dass all seine
eifersüchtigen, rebellischen und unmoralischen
Gedanken böse sind. Er gesteht niemals seine Bedürftigkeit
ein, eine neue Kreatur in Christus Jesus
zu werden.
Ihr aber, die ihr reinen Herzens seid, ist es für
euch nicht die schwere Bürde, die ihr ständig mit
euch herumschleppt? Sind nicht die Qualen des
Herzens die schlimmsten Qualen unterm Himmel?
Empfindet ihr nicht schon den Hang zur
Sünde als ständiges Leid, und dass es für euch der
Himmel auf Erden wäre, wenn ihr diesen Hang
zur Sünde loswerden könntet? Die reinen Herzens
sind, erkennen also die Lehre von der Wiedergeburt
an, und diejenigen, die sie nicht anerkennen,
sind solche, die nicht reinen Herzens sind.
Es gibt eine Form der Unreinheit, die das Auge
mehr als alles andere für die geistliche Wahrheit
blind macht; es handelt sich um die Falschheit des
Herzens. Wer aufrichtig, ehrlich, kindlich ist, wird
ins Himmelreich eingehen, wenn ihm das Tor geöffnet
wird. Die Dinge des Reiches Gottes sind
den Doppelzüngigen und Unredlichen verborgen,
doch sie werden denen, die im Glauben kindlich
sind, den einfältigen Menschen, deutlich offenbart.
Mit ziemlicher Sicherheit wird ein Heuchler
Gott nie schauen, solange er weiterhin heuchelt.
Ja, er ist so blind, dass er nichts sieht, und schon
gar nicht sich selbst, wie er in Gottes Augen wirklich
ist. Wer sich mit der Bezeichnung »Christ«
zufriedengibt, ohne das Leben eines Christen
zu führen, wird Gott nicht schauen; er kann erst
dann etwas sehen, wenn seine Augen auf göttliche
Weise geöffnet werden.
Auch der Formalist wird Gott nicht schauen,
denn Formalismus schaut immer nur auf die
Schale, die äußere Form, und dringt nicht zum
Kern vor. Der Formalist leckt am Knochen und gelangt
nicht zum Mark. Er überhäuft sich mit religiösen
Vorschriften, die meistens seine eigene Erfindung
sind. Wenn er diesen nachkommt, rühmt
er sich, dass alles in Ordnung sei, auch wenn das
Herz noch nach der Sünde gelüstet. So ein Mensch
kann Gott nicht schauen.
Die Heilige Schrift kann in einer Weise gelesen
werden, dass sie einem Menschen nie dazu verhilft,
Gott zu schauen. Solch ein Mensch öffnet
die Bibel nicht, um zu entdecken, was in ihr steht,
sondern um seine eigene Ansicht und Meinung zu
untermauern. Wenn er die Bibelstellen nicht so
vorfindet, wie er sie lesen möchte, wird er andere
Stellen so hindrehen, bis sie irgendwie zu seinen
Gunsten sprechen. Er wird aber nur so viel glauben,
wie sich mit seiner vorgefassten Meinung in
Einklang bringen lässt. Er möchte die Bibel gern
wie einen Klumpen Wachs in ein ihm beliebiges
Gebilde umformen. So kann er die Wahrheit natürlich
nicht sehen. Er will sie ja auch gar nicht
sehen.
Schlaue und gerissene Menschen werden Gott
auch nie schauen. Ich habe um keinen so große
Befürchtungen wie um den Schlauen und Gerissenen,
dessen Leitmotiv ist, immer »eine reine
Weste« zu haben. Ich habe erlebt, wie sich grobschlächtige
Seeleute bekehrt und dann Gotteslästerer,
Huren und große Sünder fast jeden Kalibers
zum Erlöser geführt haben, so dass sie durch Seine
Gnade gerettet wurden. Sehr oft haben sie offen
und ehrlich ihre Sünde bekannt und die traurigen
Tatsachen ihrer Verdorbenheit auf sehr direkte
Weise und unvermittelt zum Ausdruck gebracht.
Wenn sie sich bekehren, denke ich schon oft, dass
sie wie der gute Herzensboden sind, von dem un-
26 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
ser Heiland sprach (Mt. 13,23). Sie haben trotz ihrer
Schlechtigkeit ein gutes und aufrichtiges Herz.
Doch mit Menschen, die wie Schlangen sind
und zu euch »Ja, ja« sagen, wenn ihr mit ihnen
über den Glauben sprechen wollt, aber es überhaupt
nicht so meinen – Menschen, denen man
nie trauen kann, wie Herr Aalglatt, Herr Schönredner
und diese ganze Sorte von Menschen –, mit
solchen tut selbst Gott nichts, sondern lässt sie in
Ruhe. Nach meiner Beobachtung kommt Gottes
Gnade selten zu den Unentschiedenen, die auf
allen ihren Wegen unschlüssig sind. Diese Menschen
werden Gott nicht schauen.
Es ist bemerkt worden, dass unser Herr in unserem
Vers wahrscheinlich auf diese Tatsache anspielte.
Im Orient bekam man den König selten zu
Gesicht. Er lebte zurückgezogen, und es war äußerst
schwierig, eine Audienz bei ihm zu bekommen.
Alle möglichen Arten von Plänen und Intrigen
und vielleicht sogar krumme Dinge wurden
geschmiedet, so dass man den König letztendlich
doch sprechen konnte. Aber Jesus Christus sagt:
»So kommt man nicht zu Gott.« Nein. Niemand
gelangt durch schlaue Schliche zu Ihm – durch
Pläne, Intrigen oder List. Der Einfältige jedoch,
der demütig so vor Ihn kommt, wie er ist, und
spricht: »Mein Gott, mich verlangt, Dich zu sehen.
Ich bin schuldig und bekenne meine Sünde. Ich
bitte Dich, sie um Deines lieben Sohnes willen zu
vergeben«, – dieser wird Gott schauen.
Ich glaube auch, dass es Christen gibt, die Gott
nie so gut erkennen können, wie es bei manchen
anderen der Fall ist. Einige Geschwister haben
von Natur aus einen kritischen Geist. Sie sind gewöhnlich
über die eine oder andere Lehrmeinung
verwirrt, und ihre Zeit wird zum Großteil zur
Abwendung von Einwänden und zur Beseitigung
von Zweifeln beansprucht. Eine demütige, nicht
sonderlich gebildete Frau hingegen, die im Gottesdienst
sitzt und nur weiß, dass ihre Bibel wahr
ist und Gott immer Seine Verheißungen einhält,
sieht eine ganze Menge mehr von Gott als ihr gelehrter,
spitzfindiger Bruder, der sich mit törichten
Fragen abquält, die keinem etwas bringen.
DIE REINIGUNG DES HERZENS
GIBT UNS EINEN HERRLICHEN AUSBLICK
»… die reinen Herzens sind, ... sie werden Gott schauen.«
Was bedeutet das? Zuerst, dass der Mensch,
dessen Herz rein ist, Gott schon in der Natur entdecken
kann. Er wird Gottes Stimme bei jeder
Predigt hören, wenn sie auf Gottes Wort basiert.
Außerdem entdecken diejenigen, die reinen Herzens
sind, Gott, wenn sie die Heilige Schrift lesen.
Unreine Herzen können in ihr keine Spur
von Gott erkennen. Sie finden sogar Gründe, die
biblische Echtheit des Johannes-Evangeliums
anzuzweifeln. Das ist alles, was sie in der Bibel
entdecken. Die aber reinen Herzens sind, entdecken
Gott auf jeder Seite dieses heiligen Buches.
Wenn sie es im Glauben und Gebet lesen, preisen
sie den Herrn, dass es Ihm gefallen hat, sich ihnen
so gnädig durch den Heiligen Geist zu offenbaren.
Sie erkennen dankbar, dass Er ihnen die
Gelegenheit und das Verlangen geschenkt hat,
sich an der Offenbarung Seines heiligen Willens
zu erfreuen.
Daneben entdecken diejenigen, die reinen
Herzens sind, Gott in Seiner Gemeinde. Die unreinen
Herzens sind, können ihn dort gar nicht
sehen. Für sie ist die Gemeinde Gottes nicht mehr
als ein Haufen schwacher Menschen. Wenn sie
auf diese Gruppe schauen, entdecken sie nichts
als Fehler, Versagen und Unvollkommenheit. Man
darf dabei nicht vergessen, dass man alles immer
nur entsprechend der eigenen Natur sieht. Wenn
der Geier in den Lüften schwebt, entdeckt er überall
Aas. Wenn die Taube mit ihren silbernen Flügeln
in den azurblauen Himmel steigt, sieht sie
überall das geworfelte Getreide. Der Löwe findet
seine Beute im Wald, und das Lamm findet seine
Nahrung auf der grünen Wiese. Unreine Herzen
entdecken wenig oder nichts Gutes unter Gottes
Volk; doch die reinen Herzens sind, erkennen Gott
in Seiner Gemeinde.
Gott zu erkennen bedeutet jedoch viel mehr,
als Spuren von Ihm in der Natur, der Heiligen
Schrift und der Gemeinde zu finden. Gott zu erkennen
bedeutet, dass diejenigen, die reinen
Herzens sind, etwas von Gottes wahrem Wesen
wahrnehmen. Wer in einem Gewittersturm ge-
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fangen ist und den krachenden Donner hört, den
durch Blitzschläge angerichteten Schaden sieht,
der erkennt, dass Gott mächtig ist. Doch zu erkennen,
dass Gott ewig gerecht und doch unendlich
freundlich ist, dass Er sehr streng und doch unermesslich
gnädig ist – die verschiedenen Eigenschaften
der Gottheit zu erkennen, wie sie wie die
Farben des Regenbogens ineinander übergehen
und ein einheitliches Ganzes bilden –, das bleibt
den Menschen vorbehalten, deren geistliche Augen
zuvor durch Gottes Geist geöffnet wurden.
Nur diese Menschen erkennen, dass Gott immer
gut ist, und beten Ihn in jeder Hinsicht an. Sie sehen,
dass all Seine Eigenschaften vortrefflich ineinander
übergehen und sich ausgleichen und jede
Eigenschaft die anderen Qualitäten umso herrlicher
erstrahlen lässt. Die reinen Herzens sind,
werden Gott so schauen, denn sie werden Seine
Qualitäten schätzen und Sein Wesen verstehen,
wie die Ungläubigen es nicht können.
Viele von uns könnten von wahrer Gemeinschaft
mit Gott zeugen; doch man kann sie nur in
dem Maß genießen, wie man die Vorliebe zum Bösen
aufgibt. Man kann nicht mit Gott reden, nachdem
man schmutzige Worte gebraucht hat. Man
kann nicht mit Gott reden, wie ein Mann mit seinem
Freund spricht, wenn man Freude daran hat,
mit den Ungläubigen an einem Strang zu ziehen.
Die reinen Herzens sind, können Gott schauen.
Sie schauen Gott auch – aber nicht mit dem natürlichen
Auge. Vielmehr sehen sie den großen Gott,
der Geist ist, mit ihrem inneren, geistlichen Auge
und haben eine geistliche, aber überaus reale Gemeinschaft
mit dem Höchsten.
In Christus Jesus können die, die reinen Herzens
sind, voller Mut und Vertrauen zum Thron
der Gnade Zugang bekommen. Da sie durch das
kostbare Blut Jesu gewaschen wurden, sind sie
zu Dienern Gottes geworden, der sie als Seine
Botschafter einsetzt und zu hohen, ehrwürdigen
Missionstätigkeiten aussendet. Sie können Ihn
sehen, wie Er Sein Reich hier auf der Erde baut,
wie Sünder durch Sein Evangelium aus der Finsternis
befreit werden. Schließlich wird die Zeit
kommen, dass diejenigen, die Gott so auf Erden
geschaut haben, Ihn von Angesicht zu Angesicht
sehen werden, nämlich dann, wenn Jesus wiederkommt.
Welch eine brillante Aussicht!
REINIGUNG DES HERZENS GESCHIEHT
DURCH GÖTTLICHES WIRKEN
Glaubt mir, wenn ich euch sage, dass dieses Wirken
nie umsonst ist. Kein Mensch (mit Ausnahme
von Jesus Christus) wurde je mit reinem Herzen
geboren. Alle haben gesündigt. »Da ist keiner, der
Gutes tut, da ist auch nicht einer!« (Röm. 3,12).
Ich möchte euch versichern, dass dieses Wirken
nie durch das Zelebrieren bestimmter religiöser
Formeln vollbracht wird. Man kann sagen,
was man will; aber keine Form der Taufe hat je
das Herz des Menschen gebessert. Das Herz kann
auch nicht durch äußerliche Reformen gereinigt
werden. Sündern ein reines Herz zu erschaffen ist
ein Wunder, das genauso gewaltig ist, als würde
Gott eine Marmorstatue zum Leben erwecken, so
dass sie atmen und gehen könnte.
Das Herz kann nur durch Gottes Heiligen Geist
gereinigt werden. Der Heilige Geist muss über uns
kommen und unser Wesen überschatten (vgl. Lk.
1,35). Wenn Er so über uns kommt, wird erst dann
unser Herz verändert, und nicht vorher. Wenn der
Geist Gottes über uns kommt, reinigt Er die Seele,
indem Er – um den Worten unseres Herrn in
Matthäus 5 zu folgen – unsere geistliche Armut
aufdeckt: »Glückselig sind die geistlich Armen!« Das
ist die erste Gnadentat Gottes: uns spüren zu lassen,
dass wir arm sind, dass wir nichts sind, dass
wir Sünder sind und nichts verdient haben als nur
den Zorn Gottes und die Hölle. Wenn der Geist
Gottes fortfährt, an uns zu wirken, bringt Er uns
als nächstes zum Trauern: »Glückselig sind die Trauernden!«
Wir trauern bei dem Gedanken, dass wir
so sehr gegen unseren Schöpfer gesündigt haben.
Das großartige Wirken, welches das Herz dann
reinigt, ist das Wirken des Blutes Jesu. Hier ist das
Heilmittel zu finden, das sowohl von Schuld, von
der Sünde, als auch von der Verdammnis befreit.
Wenn der Glaube auf Christus schaut, erkennt er
nicht nur die Vergebung für die Sünden der Vergangenheit,
sondern auch der Gegenwart.
Der Engel sprach zu Joseph, bevor Christus
28 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
geboren wurde: »Du sollst Ihm den Namen Jesus geben,
denn Er wird Sein Volk erretten von ihren Sünden«
(Mt. 1,21). Den gesamten Vorgang der Errettung
kann man kurz so erklären: Der Geist Gottes findet
uns mit verdorbenen Herzen vor. Er kommt
und leuchtet mit Seinem göttlichen Licht in uns
hinein, so dass wir unsere Verdorbenheit erkennen
können. Dann macht Er uns klar, dass wir als
Sünder verdient hätten, den Zorn Gottes zu ertragen;
und wir erkennen dann, dass es auch wirklich
so ist. Schlussendlich zeigt der Geist Gottes uns,
dass dieser Zorn schon von Jesus Christus getragen
worden ist. Er öffnet unsere Augen, und wir
erkennen, dass Christus für uns – an unserer Statt
– gestorben ist. Wir schauen auf Ihn und glauben,
dass Er stellvertretend für uns starb. Wir vertrauen
uns Ihm an. Wir wissen dann, dass unsere Sünden
um Seines Namens willen vergeben worden
sind. Die Freude über die Vergebung der Sünden
durchdringt uns, und wir erleben eine Freude wie
nie zuvor. Im nächsten Augenblick ruft der Sünder,
der Vergebung erfahren hat: »Jetzt, da ich gerettet
bin, jetzt, da ich Vergebung erfahren habe,
mein Herr Jesus Christus, werde ich für immer
Dein Diener sein. Ich werde die Sünden abtöten,
die Dich töteten. Wenn Du mir Kraft schenkst,
werde ich Dir dienen, solange ich lebe.«
Zuvor hatte die Seele die Tendenz zum Bösen
hin; doch in dem Moment, wo der Mensch erkennt,
dass Jesus Christus für ihn starb und dass
seine Sünden vergeben sind, fließt der ganze
Strom seiner Seele in die umgekehrte Richtung,
hin zu dem, was richtig ist. Obwohl der Mensch
weiterhin gegen seine alte Natur anzukämpfen
hat, ist er von jenem Tag an in seinem Herzen rein;
das heißt, sein Herz liebt die Reinheit, es strebt
nach Heiligung.
Jetzt kann der Mensch Gott schauen, Gott lieben,
sich an Gott erfreuen, sich danach sehnen,
wie Jesus zu sein. Er wartet ungeduldig auf den
Tag, an dem er bei Christus ist und Ihn von Angesicht
zu Angesicht schauen wird. Diesen Reinigungsprozess
könnt ihr tatsächlich durch das
Wirken des Heiligen Geistes erleben. Wenn ihr
euch in Wahrheit ein reines Herz und einen festen
Geist wünscht (Ps. 51,12), wird euch beides großzügig
gewährt. Wer die Toten mit einem Stoß in
die Auferstehungsposaune auferwecken kann,
kann auch euer Wesen allein durch Seinen gnädigen
Willen ändern. Er kann in euch ein neues
Herz und einen festen Geist schaffen und euch zu
einem neuen Menschen machen. Jemand meinte:
»Ach, wie ich mir wünsche, dass Er mein Herz
erneuert und mein Wesen verändert!« Wenn das
auch euer Herzenswunsch ist, dann wendet euch
jetzt im Gebet zum Herrn. Lasst diesen Wunsch
nicht in eurer Seele ersterben, sondern wandelt
ihn in ein Gebet um, mit dem ihr euch an Gott
wendet, und hört darauf, was Er euch zu sagen
hat: »Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du
gerettet werden …!« (Apg. 16,31). Ihr sollt von eurer
Liebe zur Sünde, von euren alten Gewohnheiten
errettet werden, ja, so gänzlich errettet werden,
dass ihr zu Menschen mit reinem Herzen werden
sollt, die Gott schauen werden.
Vielleicht fragt ihr euch: »Was bedeutet es, an
den Herrn Jesus Christus zu glauben?« Es bedeutet,
Ihm zu vertrauen, sich auf Ihn zu verlassen.
Ihr werdet eure Probleme erst dann los, wenn ihr
an Ihn glaubt. Auch wenn ihr vergeblich gegen
böse Gewohnheiten angekämpft habt, auch wenn
ihr euch damit auseinandergesetzt und euch dagegen
entschieden habt, nur um von euren großen
Sünden und schrecklichen Begierden wieder
besiegt zu werden, gibt es Einen, der alle Sünden
für euch überwinden kann. Es gibt Einen, der eure
bösen Begierden erwürgen kann, der eure Leidenschaften
abtöten kann, der eure verdorbene Natur
reinigen kann. Er kann euch innerlich rein machen
und rein halten.
Schaut auf Ihn! Er hing am Kreuz, von den
Menschen verflucht, von Gott für uns zur Sünde
gemacht, obwohl Er von keiner Sünde wusste, –
»damit wir in Ihm [zur] Gerechtigkeit Gottes würden«
(2.Kor. 5,21). Er wurde dazu verurteilt, als unser
Opfer für Sünde zu sterben, so dass wir ewig in
der Liebe Gottes leben könnten. Vertraut auf Ihn!
Er ist von den Toten auferstanden und in Seine
Herrlichkeit eingegangen. Er sitzt zur Rechten
Gottes und verwendet sich für die Übertreter. Ihr
könnt nicht zugrunde gehen, wenn ihr Ihm vertraut.
Ihr sollt leben, wie Millionen andere auch,
die alle aus Gnade gerettet wurden, um von einem
mächtigen Heiland zu singen, der alle ausnahmslos
retten kann, die durch den Glauben an Christus
zu Gott kommen. Gott schenke, dass ihr zu
denen gehören mögt, die reinen Herzens sind und
Gott schauen werden – zu denen, die nie aufhören
werden, Gott zu schauen. Ihm gebührt die Ehre!
Amen.
voiceofhope.de | 29
EIN MANN
DES GEBETS
Ein Auszug aus dem Buch
»Mit der Bibel beten« von Donald S. Whitney
Georg Müller (1805-1898) wird als einer
der größten Männer des Gebets und des
Glaubens betrachtet. Er lebte nahezu das
gesamte 19. Jahrhundert und zwei Drittel davon
in Bristol, England. Er hatte einige weitreichende,
einflussreiche Dienste, doch kennen wir ihn heute
am besten durch seine Waisenhäuser. Zu einer
Zeit, als in England die meisten Waisenkinder in
erbärmlichen Armenhäusern oder auf der Straße
leben mussten, nahm Müller sie auf, gab ihnen zu
essen, kleidete sie und unterrichtete sie in biblischen
Wahrheiten. Im Vertrauen auf Gottes Güte
und Führung übernahm Müller die Verantwortung
für bis zu 2 000 Waisenkinder gleichzeitig
– insgesamt für mehr als 10 000 während seines
gesamten Lebens in seinem Waisenhaus in Bristol.
Und doch machte er die Bedürfnisse für seinen
Dienst niemals jemand anderem bekannt als nur
Gott im Gebet. Erst durch seine Jahresberichte
erfuhren die Menschen im Nachhinein, was während
des vergangenen Jahres nötig gewesen war,
und wie Gott sie versorgt hatte.
Müller hatte über 50 000 spezifische Gebetserhörungen
in seinen Tagebüchern notiert; allein
30 000 davon wurden, wie er sagte, am selben Tag
oder noch zur selben Stunde, in der er dafür gebetet
hatte, beantwortet. Denk mal darüber nach: Das
sind fünfhundert konkrete Gebetserhörungen jedes
Jahr – mehr als eine pro Tag – an jedem einzelnen
Tag, und das sechzig Jahre lang! Gott schleuste
über eine halbe Milliarde Dollar (in heutigem
Wert) durch seine Hände, als Antwort auf Gebet.
MÜLLERS BEISPIEL
Wie hat Georg Müller gebetet? Er sagte, dass er
in den ersten zehn Jahren seines Glaubenslebens
oft darum kämpfte, in den Geist des Gebets zu gelangen,
mit anderen Worten: wirklich auch zum
Beten motiviert zu sein. Dabei bezog er sich nicht
auf die Zeit, als er noch unbekannt war, sondern
auf zehn Jahre des Vertrauens auf Gott und voller
bemerkenswerter Gebetserhörungen. Dies änder-
30 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
te sich erst, als er an seiner Methode eine kleine
Veränderung vorgenommen hat. Hier lesen wir,
wie er diese Veränderung beschrieb:
»Der Unterschied nun zwischen meiner vorherigen
Vorgehensweise und meiner jetzigen ist Folgender:
Früher begann ich, nachdem ich aufgestanden
war, so schnell wie möglich zu beten und
verbrachte im Allgemeinen meine gesamte oder
fast die gesamte Zeit bis zum Frühstück im Gebet.
Auf jeden Fall begann ich fast ausnahmslos mit
Gebet … Aber was war das Resultat? Ich verbrachte
oft eine Viertelstunde oder eine halbe Stunde
oder sogar eine Stunde auf den Knien, bis ich mir
bewusst war, Trost, Ermutigung, Demütigung der
Seele usw. erlangt zu haben. Und oft begann ich
erst dann wirklich zu beten, nachdem ich in den
ersten zehn Minuten oder einer Viertelstunde
oder sogar einer halben Stunde viel durch das Abschweifen
der Gedanken gelitten hatte.
Damit quäle ich mich nun kaum noch herum.
Da mein Herz, das durch die Wahrheit genährt
wird, in Gemeinschaft mit Gott gebracht wurde,
die auf Experimenten [heute würden wir sagen:
auf Erfahrungen] mit Ihm beruht, spreche ich mit
meinem himmlischen Vater und meinem Freund
(obwohl ich abscheulich und dessen unwürdig bin)
über die Dinge, die Er in Seinem kostbaren Wort
vor mich gebracht hat. Jetzt erstaunt es mich oft,
dass ich diesen Punkt nicht schon früher gesehen
habe.« 1
Also mühte sich Müller manchmal eine halbe bis
ganze Stunde ab, versuchte zu beten und kämpfte
darum, seine Gedanken zu sammeln und ein Verlangen
nach Gebet in seinem Herzen zu erwecken.
Erst nach einem solch langen, entschlossenen
Kampf war er sich schlussendlich der Gemeinschaft
mit Gott bewusst. Aber sobald er es sich zur
Gewohnheit machte, mit Gott über das zu sprechen,
was er im Wort Gottes fand, hatte er »kaum
noch« diese Probleme während des Gebets.
Über eine Schriftstelle nachzudenken und zu
beten, während er durch die Felder spazierte, war
die unkomplizierte Methode, welche die tägliche
Erfahrung eines der berühmtesten Männer des
Gebets in der Geschichte veränderte. Und es kann
dein Gebetsleben genauso leicht verändern.
Charles H. Spurgeon (1834-1892), der englische
Baptistenprediger, der auch oft »der Fürst der Prediger«
2 genannt wird, sagte in Bezug auf das Gebet
Folgendes: »Wir sollen beten, wenn wir in einer
Gebetsstimmung sind, denn es wäre Sünde, eine
so gute Gelegenheit zu versäumen. Und wir sollen
beten, wenn wir nicht in der rechten Stimmung
sind, denn es wäre gefährlich, in einem so ungesunden
Zustand zu verharren.« Und er hat recht.
Wir sollten beten, wenn wir uns danach fühlen,
und wir sollten beten, wenn wir uns nicht danach
fühlen. Aber die Realität ist, so wie ich es in diesem
Buch dargelegt habe, dass wir uns meistens, wenn
wir ins Gebet gehen, nicht danach fühlen.
Wenn du beispielsweise morgens um 7:00 Uhr
aufstehst und betest, dann ist dir an den meisten
Tagen wahrscheinlich nicht nach Gebet zumute.
Warum nicht? Weil du schläfrig bist! Du hast in
den letzten paar Stunden nicht an Gott und die
Dinge Gottes gedacht. Wenn es dir morgens nur
im Entferntesten so geht wie mir, dann wachst
du nicht sofort mit einem für Gott und Seine Sache
brennenden Herzen auf. Ich persönlich neige
morgens nach dem Aufstehen eher dazu, gegen
die Türrahmen zu laufen. Wenn sogar Georg Müller
morgens nach dem Aufstehen nicht nach Beten
zumute war, dann sei nicht überrascht, dass dir
nicht danach ist.
Die gute Nachricht ist, dass wir nicht von diesen
Gefühlen beherrscht werden müssen. Gott
sagte zu Jeremia: »Ist Mein Wort nicht wie ein Feuer,
spricht der HERR?« (Jer. 23,29). Wenn du anfängst zu
beten und dein Herz fühlt sich geistlich gesehen
eiskalt an, kannst du das Feuer von Gottes Wort
nehmen und es in dein eisiges Herz hineinfallen
lassen, indem du es liest und anhand einer Schriftstelle
betest. Und schon sehr bald wird das Wort
Gottes dein Herz für die Dinge Gottes erwärmen,
und dir wird nach Gebet zumute sein.
Und nachdem ich nun seit mehr als dreißig Jahren
fast jeden Tag auf diese Art bete, kann ich bezeugen,
dass es in meinem Gebetsleben nichts gibt,
was mein permanent kaltes Herz schneller und
konsequenter entfacht, als das Beten mit der Bibel.
1
Roger Steer, »Georg Müller – Vertraut mit Gott«, CLV
2
C.H. Spurgeon »Der Fürst der Prediger«, VOH-Verlag, www.voh-shop.de
voiceofhope.de | 31
mit der
Bibel beten
Das Beten mit der Bibel kann Dein Gebetsleben völlig
verändern. Es lehrt Dich, Deine Probleme und Kämpfe, die
ständigen Veränderungen und Krisen in Deiner Umgebung
und in der Welt aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Es lehrt Dich, im Gebet auf den souveränen Gott zu
schauen und Ihn anzubeten, weil uns die Schrift auf all
ihren Seiten zu genau dieser Haltung anleitet.
Wenn Du den innigen Wunsch hast, im Gebet mehr
Zeit mit Deinem himmlischen Vater zu verbringen und Dich
an dieser Gemeinschaft zu erfreuen, wird sich Dir dieses
einfache Buch als unschätzbar wertvoll erweisen.
32 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
Bestell-Nr.: 875.257 • Hardcover klein • 4-farbig
Leinen & Goldprägung • 130 Seiten • 14,90 €
Eine Buchempfehlung
von Yvonne Thomas
»HERR, LEHRE UNS BETEN!« (LK. 11,1)
Schon Jesu Jünger merkten am Vorbild
unseres Herrn, dass ein Leben in der
Kraft Gottes nicht ohne Gebet möglich
ist. Gebet ist wie die Luft, die wir zum Atmen
benötigen. Gebet ist wie die Flügel des Adlers,
der sich weit über die Dinge unter ihm emporschwingt.
Gebet bringt uns direkt dahin,
wo uns Kraft, Ermutigung und Geborgenheit
geschenkt wird – in die Gegenwart unseres
Vaters!
Es kann uns dann nicht wundern, dass dem
Feind am meisten daran gelegen ist, uns diese
Flügel zu stutzen, uns zu entmutigen, abzulenken
und davon abzuhalten, ja uns des
Segens zu berauben, den wir durch die Gemeinschaft
mit unserem Herrn Jesus im Gebet
erleben.
»Herr, lehre uns beten!«
Welcher ernsthafte Christ hat nicht schon diese
Worte, wie sie einst Jesu Jünger sprachen,
an unseren Herrn gerichtet?
Du wünschst dir, so zu beten, wie es dem
Herrn gefällt. Du hast das Verlangen danach –
aber schon nach kürzester Zeit fallen dir keine
Worte mehr ein? Oder hast du das Gefühl,
du wiederholst dich ständig? Bist du darüber
frustriert? Mein Griff zu diesem Buch war aus
dieser Verzweiflung und dem Verlangen geboren,
tiefere Gemeinschaft mit dem Herrn im
Gebet zu erleben und so zu beten wie Paulus,
Petrus und die frühe Gemeinde. Ich wollte sicher
sein, dass die Art und Weise, wie ich bete,
und die Worte, die ich verwende, wirklich dem
Willen Gottes entsprechen.
Der Herr ließ mich nicht allein in meiner
Not, und so fiel mir dieses kleine Büchlein von
Donald S. Whitney in die Hände. Welch ein Segen!
Er spricht in seinem Buch zu denen, die
über ihr Gebetsleben traurig sind; zu denen,
die sich selbst schon nicht mehr hören können;
zu denen, die entmutigt sind, und auch
zu denen, die aufgegeben haben.
Hier merkst du: Wenn du ein wiedergeborener
Christ bist, gibt es wirklich Hoffnung!
Donald S. Whitney versteht es auf wunderbare
Weise, dem Leser Mut zuzusprechen
und ihm mit diesem Buch nicht nur das rechte
Werkzeug – nämlich Gottes Wort – für ein
inniges Gebetsleben aufzuzeigen; er nimmt
ihn nun auch an die Hand, um ihn Schritt für
Schritt dahin zu führen, dieses Werkzeug auf
kraftvolle Art zu benutzen.
Lerne hiermit, Gottes Worte effektiv in deinen
Gebeten zu verwenden; du wirst merken, wie sich dein
Gebetsleben auf erstaunliche Weise verändert, so dass du
nicht mehr Frust, sondern Freude am Beten erlebst!
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EIN PORTRAIT
www.erb-frankfurt.de
ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG
DER ERB FRANKFURT
Die Gemeindegründungsarbeit begann
offiziell an einem Samstagabend im April
2014. Peter Schild war kurz zuvor als
Missionar nach Frankfurt am Main gekommen,
um hier an der Gründung einer reformierten Baptistengemeinde
zu arbeiten. Er hatte für sich und
seine Familie eine Wohnung in Frankfurt gemietet,
in deren Wohnzimmer an diesem Abend zum
ersten Mal etwa ein Dutzend Interessierter zu einer
Bibelstunde zusammenkamen, von denen einige
bis heute Mitglieder der ERB Frankfurt sind.
Hierzu zählen auch Tobias Riemenschneider, der
zu jener Zeit noch als Rechtsanwalt in Frankfurt
arbeitete, mit seiner Frau und seiner Schwester.
Getragen und begleitet wurde diese Missionsarbeit
von Anfang an von der US-amerikanischen
Missionsgesellschaft HeartCry Missionary Society
unter der Leitung von Bruder Paul Washer, welcher
der Gemeinde stets mit Rat und Tat zur Seite
stand. Auch wenn es zu Beginn eine große Fluktuation
bei den Besuchern der Bibelstunden gab,
verfestigte sich doch schnell eine Kerngruppe,
und nach und nach kamen Menschen zum Glauben
an den Herrn Jesus Christus. Jeden Samstagnachmittag
verkündigte man auf den Straßen von
Frankfurt das Evangelium und verteilte Traktate,
und im Anschluss versammelte man sich, um Gottes
Wort zu hören und Gemeinschaft zu pflegen.
Da die Gruppe schnell wuchs, dauerte es nicht
lange, bis man auch mittwochabends zu Gebetstunden
bei Familie Schild zusammenkam. Das
Wohnzimmer wurde zu klein, und so mietete
man schließlich für sonntagabends ein Kirchengebäude
an, um gemeinsam Gottesdienste feiern
zu können. Die Räumlichkeiten waren recht
heruntergekommen; bei Regen tropfte es durch
die Decke. Dennoch waren alle erfüllt von Freude
und Dankbarkeit, dass Gott nun die Möglichkeit
34 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
geschenkt hatte, gemeinsam Ihn und Seinen geliebten
Sohn im Gottesdienst anzubeten und auf
Sein heiliges Wort zu hören. Die Gelegenheit dazu
währte an diesem Ort allerdings nicht lang. Mitten
im Winter fiel die alte Heizung immer wieder aus,
sodass sich die Temperaturen im Kirchengebäude
dem Gefrierpunkt näherten. Dennoch versammelten
sich die Gläubigen in dicken Wintermänteln.
Als die Heizung schließlich endgültig funktionsunfähig
wurde, versorgte der Herr die Seinen
umgehend mit einem neuen Kirchengebäude in
Oberursel, einer Stadt nördlich von Frankfurt, so
dass kein Gottesdienst ausfallen musste. In diesen
neuen Räumlichkeiten fand am Sonntag, den
13. November 2016, schließlich auch die offizielle
Gründung der ERB Frankfurt mit zunächst zwölf
Mitgliedern statt. In dem Gründungsgottesdienst
wurden Peter Schild und Tobias Riemenschneider
als Pastoren der neuen Gemeinde eingesetzt.
Seit ihrer Gründung feiert die ERB Frankfurt
auch sonntagmorgens Gottesdienste, in denen
jeden Sonntag das Mahl des Herrn gefeiert wird.
Die Morgengottesdienste fanden zunächst in
dem Haus des Diakons Dietmar Riemenschneider
in Bad Homburg statt, bis dieses die wachsende
Anzahl von Besuchern, die auch morgens am
Gottesdienst teilnehmen wollten, nicht mehr fassen
konnte und neue Räumlichkeiten gefunden
werden mussten. So durfte die kleine Gemeinde
die Wahrheit des Wortes Gottes aus 1. Korinther
3,6 bezeugen, dass es Gott ist, der das Wachstum
schenkt. Zurzeit liegt die Zahl der Gottesdienstbesucher
sowohl im Morgen- als auch im Abendgottesdienst
regelmäßig bei über hundert Personen,
die aus vielen verschiedenen Hintergründen und
aus vielen Nationen Europas, Afrikas, Asiens sowie
Nord- und Südamerikas kommen. Aufgrund
vieler junger Familien gibt es eine große Anzahl
von Kindern, die ebenfalls am Gottesdienst teilnehmen.
Neben den beiden Pastoren dienen derzeit
drei Brüder als Diakone der Gemeinde.
Die Krisenzeit seit März 2020 war für die ERB
Frankfurt eine bewegte, aber auch segensreiche
Zeit, in welcher der Herr bis hierher treu bewahrt
hat. Die Gemeinde durfte erleben, wie der Herr
diese Zeit gebrauchte, um die Einheit und Liebe
»Ihm sei die Ehre in der Gemeinde in Christus Jesus,
auf alle Geschlechter der Ewigkeit der Ewigkeiten! Amen.«
Epheser 3,21
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unter den Geschwistern zu stärken und das Verständnis
dafür zu mehren, was es heißt, Ihm treu
nachzufolgen – auch unter schwierigen Umständen.
Zur Ehre Gottes darf gesagt werden, dass
sich die Geschwister beständig versammeln, um
dem Herrn gemeinsam Anbetung und Lobgesang
darzubringen. Von einem besonderen Gnadenerweis
Gottes aus dieser Zeit sei an dieser Stelle
berichtet: Nachdem sich die Gemeinde wegen der
Maßnahmen einen neuen Versammlungsort hatte
suchen müssen, war sich der neue Vermieter
plötzlich unsicher, ob er das »Risiko« einer christlichen
Versammlung in seinen Räumlichkeiten
wirklich eingehen wollte. Seine Bedenken hatte er
bereits mitgeteilt, und so rechnete die Gemeinde
damit, ihren Versammlungsort wieder zu verlieren.
An Heiligabend 2020, zur Vorabendzeit, erhielt
ein Diakon der Gemeinde dann einen Anruf
von dem Vermieter. Der Diakon rechnete schon
damit, dass der Vermieter das Mietverhältnis mit
sofortiger Wirkung kündigen wollte. Wieso sollte
er sonst an Heiligabend anrufen? Aber es kam
ganz anders. Der Vermieter hatte einen äthiopischen
Geschäftspartner in der Leitung, der ihn
ermahnt hatte, dass er ja die Gemeinde des Herrn
beherberge und deshalb aufpassen solle, wie er
diese behandle. Er selbst wolle »die Tankstelle«
der Gemeinde sein, indem er für ein Jahr die Miete
für die Räumlichkeiten übernehmen wolle. Die
Freude und Dankbarkeit der Gemeinde waren
überfließend. Wie groß ist die treue Fürsorge des
Herrn, der stets rechtzeitige Hilfe schafft!
MERKMALE UND DIENST
DER ERB FRANKFURT
Die ERB Frankfurt ist vor allem darum bemüht,
Gottes Wort in Reinheit und Klarheit zu verkündigen
und das Gemeindeleben sowie das persönliche
Leben in aller Gottesfurcht zu führen. Die
Lehre der ERB Frankfurt ist zusammengefasst im
Baptistischen Glaubensbekenntnis, welches im
Jahr 1689 von mehr als einhundert Baptistengemeinden
in London herausgegeben wurde. Dieses
Glaubensbekenntnis wurde unter anderem
auch von dem weltbekannten Baptistenpastor
Charles Haddon Spurgeon (1834-1892) für seine
Gemeinde verwendet. Spurgeon sagte dazu:
»Dieses alte Schriftstück ist eine ausgezeichnete
Zusammenfassung der Dinge, die von uns mit
größter Gewissheit geglaubt werden.« Die ERB
Frankfurt steht somit vor allem in der Tradition
der Reformation und der Puritaner. Dabei glaubt
sie an das Prinzip ecclesia semper reformanda, was
bedeutet, dass sich die Kirche stetig am Wort
Gottes reformieren muss. Einziger Maßstab für
alles Denken und Handeln ist somit das ewig bestehende
Wort Gottes. Nicht nur die Pastoren,
sondern jedes Mitglied der Gemeinde ist daher
dazu aufgerufen, ein Theologe, also ein Erforscher
des Wortes Gottes zu sein. Im Zentrum der
Lehre und Verkündigung steht das heilige Evangelium
der freien und souveränen Gnade Gottes
in Christus, welches allen Menschen Rettung
bringt, die Buße tun und an den Sohn Gottes
glauben.
Die Gemeinde ist darum bemüht, dem Herrn
Gottesdienste zu feiern, die geprägt sind von Gottesfurcht,
welche sich in würdigem Ernst, aber
auch in heiliger Freude äußert. Im Mittelpunkt der
Gottesdienste stehen die Anbetung Gottes und die
Verkündigung Seines Wortes. Die Gottesdienste
richten sich nach dem sogenannten Regulativen
Prinzip, d. h. der Gottesdienst besteht nur aus
den Elementen, die Gott Selbst in Seinem Wort
vorgeschrieben hat, nämlich dem Singen (vor allem
von Psalmen und klassischen Kirchenliedern,
die mit Musik begleitet werden), der Lesung aus
dem Alten und dem Neuen Testament, der Predigt
(zumeist in Form fortlaufender Auslegungspredigten
mit praktischen Anwendungen) und den
Gebeten (wobei sich gebührend Zeit genommen
wird, um Lob und Bitten vor Gott zu bringen und
Fürbitte etwa für die Regierung oder die verfolgten
Christen zu leisten). Auch das Geben von Almosen
sowie die Feier des Herrenmahls und ggf.
die Taufe sind Bestandteile des Gottesdienstes.
Neben dem öffentlichen Gottesdienst werden alle
Glieder dazu angeleitet, auch im privaten Bereich
dem Herrn die Ehre zu geben durch einen Wandel
in Heiligkeit und Liebe in guten Werken. Hierzu
gehören auch tägliche Familiengottesdienste in
36 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
den Häusern und Unterweisung der Kinder in den
Wegen des Herrn. Darüber hinaus ist es ein Anliegen
der Gemeinde, die Worte aus 2. Timotheus 2,2
umzusetzen, wo es heißt: »Und was du von mir gehört
hast vor vielen Zeugen, das vertraue treuen Menschen an,
die fähig sein werden, auch andere zu lehren.« Die Pastoren
sind daher bemüht, Brüder zuzurüsten, damit
diese als Prediger, Pastoren oder Missionare dienen
können.
Neben den Diensten innerhalb der Gemeinde
verkündigt die ERB Frankfurt auch weiterhin jeden
Samstag die frohe Botschaft auf den Straßen
Frankfurts und der umliegenden Städte durch
Straßenpredigten, Gespräche und das Verteilen
von Traktaten. Daneben sendet die ERB Frankfurt
auch Prediger für Predigtdienste an andere
Orte aus und wendet sich z. B. durch Beiträge auf
ihrem YouTube-Kanal (ERB Frankfurt) an die Öffentlichkeit
mit dem Ziel, Christen in der Wahrheit
zu stärken. Darüber hinaus ist die Gemeinde
bemüht, die Liebe Christi auch durch gute Werke
an Menschen in Not zu zeigen. Eine besondere
Freude war es, im September 2021 die Gründung
der ERB Basel unterstützen und Sebastian Engelhardt
als Pastor der neugegründeten Gemeinde
einsetzen zu können. Es ist das Gebet der Gemeinde,
dass dies erst der Anfang war und noch
viele weitere Arbeiter in die Ernte gesendet werden
können, um das Evangelium zu verkündigen
und Gemeinden zu gründen.
Voller Dankbarkeit blickt die ERB Frankfurt
auf ihre kurze Geschichte zurück, die eine Geschichte
der Gnade Gottes ist. Auch für die Zukunft
vertraut die Gemeinde in allen Bedrängnissen,
die auf die Gläubigen zukommen mögen,
allein auf die Gnade und Treue des Herrn und
stimmt ein in die Bitten des alten Kirchenliedes:
Sieh Dein Volk in Gnaden an.
Hilf uns, segne, Herr, Dein Erbe;
leit es auf der rechten Bahn,
dass der Feind es nicht verderbe.
Führe es durch diese Zeit,
nimm es auf in Ewigkeit.
Herr, erbarm, erbarme Dich.
Lass uns Deine Güte schauen;
Deine Treue zeige sich,
wie wir fest auf Dich vertrauen.
Auf Dich hoffen wir allein:
Lass uns nicht verloren sein.
Dem Glückseligen und allein Gewaltigen, dem
König der Könige und dem Herrn der Herrschenden
sei Ehre und ewige Macht! Amen. (vgl. 1.Timotheus
6,15-16)
Pastor Peter Schild
Peter Schild ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Er wuchs in großer
Gottlosigkeit auf, bis er sich als Jugendlicher durch das Lesen eines
Traktats bekehrte. Seither verkündigt er den Herrn Jesus Christus. Er studierte
evangelische Theologie und wurde im Jahr 2014 als Missionar nach
Frankfurt am Main ausgesandt, um dort eine Gemeinde zu gründen. Seit
der Gründung der Evangelisch-Reformierten Baptistengemeinde Frankfurt
im Jahr 2016 dient er als Pastor.
Pastor Tobias Riemenschneider
Tobias Riemenschneider ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er wurde
in die Neuapostolische Kirche hineingeboren. Als Schüler lernte er bei
einem Aufenthalt in den USA erstmals wiedergeborene Christen kennen
und bekehrte sich einige Zeit später durch eine Predigt von Paul Washer.
Er studierte Jura und arbeitete mehrere Jahre als Rechtsanwalt. Seit Gründung
der Evangelisch-Reformierten Baptistengemeinde Frankfurt im Jahr
2016 dient er als Pastor.
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DIE GÖTTLICHE
Inspiration
der Bibel
38 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
ARTHUR W. PINK
Welche Einstellung haben Sie gegenüber dem Wort Gottes? Die Erkenntnis,
dass die Bibel durch den Heiligen Geist inspiriert wurde, bringt bestimmte Verpflichtungen
mit sich. Unsere Auffassung hinsichtlich der Autorität der Bibel wird unsere
Einstellung und das Maß unserer Verantwortung bestimmen. Wenn die Bibel
tatsächlich eine göttliche Offenbarung ist, was werden Sie damit tun?
1. BITTEN SIE GOTT UM VERGEBUNG
Sicher würde es einen gewaltigen Menschenauflauf
geben, wenn wir mit Bestimmtheit
wüssten, dass in naher Zukunft ein Engel
die Stadt New York besuchen würde, der eine
Predigt über die unsichtbare Welt, das Schicksal
der Menschheit und das Geheimnis der Erlösung
halten würde. Kein Gebäude in dieser Stadt wäre
groß genug für die Menge, die ihn hören möchte.
Würden am nächsten Tag die Zeitungen seine
Rede drucken, wie eifrig würde sie gelesen werden!
In der Heiligen Schrift befindet sich jedoch
nicht nur die Rede eines Engels, sondern eine Offenbarung
von Gott Selbst. Wie groß wäre unsere
Beschränktheit, wenn wir sie unterbewerten oder
gar verachten würden! Doch wie oft geschieht
dies!
Wir müssen Gott bekennen, dass wir Sein heiliges
Wort vernachlässigt haben. Wir finden genug
Zeit, um sie mit weltlicher Literatur zu verschwenden,
doch nur sehr wenig oder gar keine, um die
Heilige Schrift zu lesen. Die Bibel ist eine versiegelte
Sammlung von göttlichen Liebesbriefen;
doch viele Christen haben ihre Siegel nur spärlich
geöffnet. Seit langer Zeit klagt Gott: »Wenn Ich ihm
Mein Gesetz auch noch so oft vorschreiben würde, so halten
sie es doch für etwas Fremdes!« (Hos. 8,12). Gottes Geschenk
zu vernachlässigen bedeutet, dessen Geber
zu verachten. Wenn man Gottes Wort vernachlässigt,
so sagt man Ihm damit, dass es unnütz war,
es uns mitzuteilen. Die Bücher menschlicher Autoren
dem Wort Gottes vorzuziehen, heißt nichts
anderes, als den Allmächtigen zu beleidigen. Zu
behaupten, sie seien interessanter, bedeutet, die
Weisheit des Höchsten zu leugnen, und es zeigt
unsere innere Rebellion an. Gottes Wort zu vernachlässigen
bedeutet, gegen dessen Urheber zu
sündigen, denn Er hat uns geboten, es zu lesen, es
zu studieren und darüber nachzudenken.
2. WENN DIE BIBEL DAS WORT GOTTES IST,
DANN IST SIE DIE LETZTE INSTANZ
Es geht nicht um die Frage, was ich denke oder
was jemand anderes denkt, sondern es geht darum,
was die Heilige Schrift sagt. Es geht auch nicht
um die Frage, was eine Denomination oder die
Christenheit lehrt, sondern darum, was die Heilige
Schrift lehrt. Gott hat gesprochen, und somit
ist die Angelegenheit geklärt: »Auf ewig, o HERR,
steht Dein Wort fest in den Himmeln« (Ps. 119,89). Aus
diesem Grund muss ich mich unter Seine Autorität
und unter Sein Wort beugen, mit allen falschen
Ausreden Schluss machen und Ihm sagen: »Rede,
denn Dein Knecht hört!« (1.Sam. 3,10). Die Bibel ist das
Wort Gottes und somit letzte Instanz in Sachen
Lehre, Lebenswandel und Lebensinhalt.
Unser Herr besaß diese Einstellung. Als Er vom
Satan versucht wurde, weigerte Er sich, mit ihm zu
diskutieren oder ihn mit der Stärke Seiner überlegenen
Weisheit zu überwältigen. Er lehnte es ab,
ihn mit Seiner allmächtigen Kraft zu vernichten.
Mit einem »Es steht geschrieben!« wehrte Er jeden
Angriff ab. Als Er zu Beginn Seines öffentlichen
Wirkens in Seine Heimatstadt Nazareth ging, wo
Er 30 Jahre lang gelebt hatte, wirkte Er keine großen
Wunder, sondern ging in die Synagoge und las
aus dem Propheten Jesaja vor; anschließend sagte
Er: »Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt« (Lk.
4,21). In Seiner Predigt über den reichen Mann und
den armen Lazarus bestand Er darauf: »Wenn sie auf
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Mose und die Propheten nicht hören, so würden sie sich
auch nicht überzeugen lassen, wenn einer aus den Toten
auferstände« (Lk. 16,31). Das beweist, dass die Autorität
des geschriebenen Wortes größere Bedeutung
hat und von höherem Wert ist als die Wirkung von
Wundern. Als Er vor den Juden Seine Gottessohnschaft
verteidigte, bezog Er sich auf das Zeugnis
Johannes des Täufers, Seine eigenen Werke und
das Zeugnis des Vaters bei Seiner Taufe. Im Anschluss
gelangte Er zum Höhepunkt Seiner gesamten
Aussage: »Ihr erforscht die Schriften, weil ihr meint,
in ihnen das ewige Leben zu haben; und sie sind es, die von
Mir Zeugnis geben« (Joh. 5,39; s. auch V. 32.36-38).
Welche Ansicht vertraten die Apostel bezüglich
der Heiligen Schrift? Das wollen wir kurz untersuchen.
Als Petrus seinen Landsleuten zeigen
wollte, warum die Gläubigen plötzlich in anderen
Sprachen redeten, zitierte er den Propheten Joel
(Apg. 2,16 ff). Als er ihnen erklären wollte, dass
Jesus ihr Messias und von den Toten auferstanden
sei, bezog er sich wiederum auf das Alte Testament
(Apg. 2,22 ff). Als sich Stephanus vor dem
Sanhedrin 1 verteidigte, tat er nichts weiter, als
die Geschichten von Mose und den Propheten zu
erzählen. Als Paulus und Barnabas auf ihre erste
Missionsreise gingen, »verkündigten sie das Wort
Gottes in den Synagogen der Juden« (Apg. 13, 5). In seinen
Briefen unterbricht sich der Apostel oft und
fragt: »Was sagt die Schrift?« (Röm. 4,3 ff). Denn wenn
sich die Bibel zu einer Sache klar äußert, ist alle
Diskussion beendet. Gegen ihr Zeugnis kann es
keinen Einspruch geben.
3. WENN DIE BIBEL DAS WORT
GOTTES IST, DANN IST SIE DER LETZTGÜLTIGE
MAẞSTAB FÜR UNSER VERHALTEN
Wie kann ein Mensch vor Gott gerecht sein? Wie
kann ein Mensch ein heiliges Leben führen? Was
muss ich tun, um gerettet zu werden? Wo findet
man echten Frieden und Erfüllung? Solche Fragen
muss sich jeder aufrichtige und um sein Seelenheil
besorgte Mensch stellen. Die Antwort ist
einfach: Suche in der Heiligen Schrift; suche und
finde! Wie nutze ich meine Zeit und meine Talente?
Wie soll ich herausfinden, was meinem Schöpfer
wohlgefällig ist? Wie soll ich wissen, was meine
Aufgaben sind? Und wieder lautet die Antwort:
Lies das Wort Gottes!
Niemand, der eine Bibel besitzt, kann über Gottes
Willen im Unklaren sein. Die Heilige Schrift
erlaubt uns keine Ausreden. Sie ist eine »Leuchte«
für unsere Füße (Ps. 119,105), die uns den Weg der
Gerechtigkeit klar zeigt. Den »Seefahrern« auf
dem Fluss der Zeit wurde also eine Karte mitgegeben,
und sie sind selbst schuld, wenn sie den Weg
in den himmlischen Hafen nicht finden. Am Tag
des Gerichts werden die Bücher geöffnet, und die
Menschen werden nach dem gerichtet, was darin
geschrieben steht.
In Seinem geschriebenen Wort hat Gott Seine
Absichten offenbart, Seinen Willen gezeigt und
Seine Forderungen mitgeteilt. Wehe allen Menschen,
die sich nicht die Zeit nehmen, diese Dinge
zu erforschen!
4. WENN DIE BIBEL DAS WORT GOTTES IST,
DANN IST SIE EINE FESTE GRUNDLAGE
FÜR UNSEREN GLAUBEN
Der Mensch sehnt sich nach Gewissheit. Wenn es
um ewige Belange geht, dann sind Spekulationen
und Hypothesen völlig fehl am Platz. Wenn ich
mich auf mein Sterbebett lege, brauche ich etwas
Konkreteres als nur ein »Vielleicht«, um sicher
entschlafen zu können. Gott sei Dank habe ich es!
1
Sanhedrin: der Hohe Rat der Juden, oberste religiöse und politische Instanz, das Gericht.
40 | Die Kraft des Evangeliums 4/2021
Wo? In der Bibel. »Ich weiß, dass mein Erlöser lebt«
(Hi. 19,25). Ich weiß, dass ich »vom Tod zum Leben
hindurchgedrungen« bin (Joh. 5,24). Ich weiß, dass
ich Christus gleichgestaltet sein werde (1.Joh. 3,2)
und für alle Ewigkeit mit Ihm in der Herrlichkeit
wohnen werde. Wie kann man so etwas wissen?
Gottes Wort sagt es uns, und das genügt. Mehr
brauche ich nicht. Die Heilige Schrift ist in ihren
Äußerungen nicht vage, sondern klar und endgültig.
Ihre Verheißungen sind wahr; denn es sind
Verheißungen des Einen, der nicht lügen kann.
Ihr Zeugnis ist zuverlässig, denn es ist das unfehlbare
Wort des lebendigen Gottes. Ihre Lehren sind
glaubhaft, denn sie wurden vom Allmächtigen
eingegeben. Dadurch hat der Gläubige ein festes
Fundament, auf dem er stehen kann, einen unerschütterlichen
Felsen, auf den sich seine Hoffnung
gründet. Für den gegenwärtigen Frieden
und die unbekannte Zukunft hat er ein »So spricht
der Herr«, und das genügt.
5. WENN DIE BIBEL DAS WORT GOTTES IST,
DANN KANN SIE EINZIGARTIGE ANSPRÜCHE STELLEN
Ein einzigartiges Buch verdient einzigartige Beachtung.
Wir sollten wie Hiob in der Lage sein zu
sagen: »Die Worte Seines Mundes bewahrte ich mehr als
meine Grundsätze« (Hi. 23, 12). Wenn die Geschichte
uns etwas lehrt, dann die Tatsache, dass Nationen,
die Gottes Wort am meisten geehrt haben, auch
am meisten von Gott dafür gesegnet wurden. So
etwas trifft auch auf Familien und Einzelpersonen
zu. Die größten Intellektuellen haben ihre Inspiration
aus dem Buch der Bücher gezogen. Die bedeutendsten
Staatsmänner betonten die Wichtigkeit,
die Bibel zu studieren. Benjamin Franklin sagte:
»Junger Mann, ich rate dir, dass du dich mit der
Bibel vertraut machst und fest daran glaubst; denn
das muss dein oberstes Interesse sein.« Thomas
Jefferson brachte seine Meinung folgendermaßen
zum Ausdruck: »Ich habe gesagt – und werde es
immer wieder sagen –, dass das eifrige Lesen der
Heiligen Schrift aus Menschen bessere Bürger,
bessere Väter und bessere Ehemänner macht.«
Als Königin Victoria über das Geheimnis der
Größe Englands befragt wurde, nahm sie eine
Ausgabe der Bibel in die Hand, zeigte darauf und
sagte: »In diesem Buch steckt die Stärke Großbritanniens.«
Daniel Webster bekräftigt: »Wenn wir
uns an die Prinzipien halten, die in der Bibel gelehrt
werden, dann wird unser Land beständig gedeihen.
Doch wenn wir und unsere Nachkommen
ihre Anweisungen und ihre Autorität ignorieren,
dann kann niemand sagen, ob nicht plötzlich eine
Katastrophe uns überwältigen und unseren Glanz
unter tiefer Dunkelheit begraben kann. Die Heilige
Schrift eignet sich sowohl für Juristen als auch
für Theologen, und ich bemitleide Menschen, die
in ihr nicht eine Fülle an Erkenntnis und Verhaltensregeln
finden können.«
Als Sir Walter Scott im Sterben lag, wandte
er sich an seinen Diener und bat: »Lies mir etwas
aus dem Buch vor!« – »Welches Buch?«, entgegnete
der Diener. »Es gibt nur ein Buch – die Bibel!«,
antwortete der Sterbende. Die Bibel ist das Buch,
durch das man leben und sterben kann. Lesen Sie
es, um weise zu werden! Glauben Sie daran, um
gerettet zu werden! Leben Sie es aus, um heilig zu
werden! Jemand sagte: »Verstehen Sie es mit dem
Kopf, bewahren Sie es im Herzen, demonstrieren
Sie es in Ihrem Leben und verbreiten Sie es in der
Welt.«
»Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Belehrung, zur Überführung,
zur Zurechtweisung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes ganz
zubereitet sei, zu jedem guten Werk völlig ausgerüstet« (2.Tim. 3,16-17).
2
Daniel Webster (1782–1852): US-amerikanischer Politiker.
3
Sir Walter Scott, 1. Baronet von Abbotsford (1771–1832):
schottischer Dichter und Schriftsteller und einer der meistgelesenen Autoren seiner Zeit.
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NEU
JESUS ALLEIN
John MacArthur
Was hat Jesus gemeint, als Er sagte: »Folge Mir nach!«?
In »Jesus allein« macht John MacArthur deutlich, dass das
von Jesus verkündete Evangelium ein Aufruf zur Selbstverleugnung,
zu radikalen Veränderungen und zum Dienst für Ihn ist. Schwierige
Forderungen? Menschlich gesehen unmöglich! Doch diese Lebensweise
ist erreichbar, wenn wir verstehen, dass echter Glaube ein Herz
hervorbringt, das sich völlig der Herrschaft Christi unterwirft.
»Jesus allein« beleuchtet das Evangelium, das Jesus Selbst gepredigt hat –
mit dem Ziel, ein gründliches und richtiges Verständnis des wahren Weges
zur Errettung zu erlangen. Er ist der Einzige, an den wir uns wenden
müssen, wenn wir Worte des ewigen Lebens erhalten wollen.
· IMPRESSUM ·
Herausgeber
MISSIONSWERK VOICE OF HOPE E. V.
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Über den Autor
John MacArthur ist seit 1969
leitender Pastor der Grace Community
Church in Sun Valley, Kalifornien. Sein
Dienst als Auslegungsprediger ist an
Reichweite und Einfluss unübertroffen: In
über 50 Dienstjahren auf derselben Kanzel
hat er Vers für Vers über das gesamte
Neue Testament (und viele Schlüsseltexte
des Alten Testaments) gepredigt.
Er ist Leiter der Master's University und
deren Predigerseminar und ist täglich in
der Radiosendung Grace to You
zu hören (übertragen von hunderten von
Radiosendern weltweit). Er ist Autor einer
Reihe von Büchern, darunter der MacArthur
Studienbibel, »Das kraftvolle Evangelium
(Band 1 & 2)«, »Wie man die Bibel studiert«
und »Gnade für dich«.
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Kinder Gottes, was euch auch mangeln
möge, ihr habt einen Gott, dessen ihr euch in
höchstem Maße rühmen dürft. Weil ihr Gott habt,
habt ihr mehr als alles; denn alle Dinge kommen von
Ihm. Und wenn alle Dinge plötzlich verschwänden,
könnte Er sie einfach wiederherstellen, wenn Er
will. Er spricht, und es geschieht; Er gebietet, und es
steht da. Wohl dem, dessen Hilfe der Gott Jakobs ist,
dessen Hoffnung ruht auf dem HERRN, seinem Gott!
In dem Herrn haben wir Gerechtigkeit und Stärke.
Lasst die Zeiten kommen und gehen, sie können
unseren Gott nicht beeinflussen!
Charles Haddon Spurgeon