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POPSCENE Februar 02/22

Das total umsonste Popkulturmagazin

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GENUSS<br />

BERLINER<br />

EIN GEBÄCK, VIELE OFFENE FRAGEN<br />

Warum heißen Berliner in Berlin Pfannkuchen?<br />

Wieso sind leckere Dinge meist kalorienreich, aber<br />

nährstoffarm? Warum wird das leckere Backwerk<br />

so oft mit undefinierbarem, süß-pappigem Mehrfrucht-Glibber<br />

gefüllt? Und: Wer hat’s erfunden?<br />

Fest steht, dass im „Frauenzimmer-Lexicon“ von<br />

1715 süß gefüllte und in Fett ausgebackene Pfannkuchen<br />

zum ersten Mal schriftlich erwähnt worden<br />

sind. In ähnlicher Form gab es sie in verschiedenen<br />

Kulturen schon früher. Bis ins alte Ägypten<br />

lässt sich deren Herkunft verfolgen. Noch zwei<br />

Fragen: Wie sah die entsprechende Hieroglyphe<br />

aus? Und wie lautete der altägyptische Name dafür?<br />

In der Gegenwart heißen sie unter anderem<br />

Faasekichelcher, Berliner, (Faschings-) oder (Glas-)<br />

Krapfen, Kreppel oder Kräppel, (Berliner) Pfannkuchen<br />

oder Schmalzgreben – und das sind nur<br />

die deutschen Bezeichnungen. Es gibt bulgarische<br />

„Ponitschki“, brasilianische „Sonhos“ und australische<br />

„Kitchener buns“. Warum die portugiesischen<br />

„Bolas de Berlim“ zu den typischen Sommer-Süßigkeiten<br />

an den Algarve-Stränden zählen,<br />

ist eine weitere Frage, die es in diesem Zusammenhang<br />

zu klären gilt.<br />

So unterschiedlich die Namen, so gleich das<br />

grundlegende Prinzip: ein Hefegebäck, das im<br />

siedenden Fett schwimmend ausgebacken wird.<br />

Variantenreich hingegen die Füllung: Pflaumenmus,<br />

Schokolade, Marzipan, Eierlikör, Aprikosenkonfitüre,<br />

…. Selbst der Leberkäs-Krapfen, den ein<br />

bayerischer Bäcker 2019 kreiert hat, erfreute sich<br />

18<br />

hoher Beliebtheit. Sollte der Fragenkatalog um<br />

den möglichen Erfolg eines saarländischen Lyoner-Berliners<br />

erweitert werden? Vermutlich nicht.<br />

Es bleibt ein Leckerbissen für Sießschnisse. Für<br />

manche von ihnen gibt es auch nur eine Jahreszeit,<br />

in der Berliner gegessen werden: die fünfte,<br />

also die Fasnacht. Bereits im Mittelalter war es<br />

Brauch, vor der Fastenzeit ausgiebig zu genießen.<br />

Die verführerische Mischung aus Kohlehydraten<br />

und Fett ist perfekt dafür. Vorsicht: Sie<br />

hat mindestens 250 Kilokalorien. Vitamine und<br />

Mineralstoffe sind hingegen höchstens in Spuren<br />

enthalten. Doch wahre Fans halten sich mit Ernährungsfragen<br />

nicht auf. Sie sind auch die Experten,<br />

wenn es darum geht, wie man Berliner<br />

„richtig“ isst, also so, dass die Füllung im Mund<br />

und nicht an den Händen oder auf der Kleidung<br />

landet. Das ist offensichtlich vom Charakter abhängig:<br />

Vorsichtige beginnen bei der Lochseite.<br />

Vernünftige schneiden den Berliner erst der Länge<br />

nach durch. Gierige verschlingen ihn mit einem<br />

Bissen. Pedanten scheitern schon beim Staubzucker.<br />

Draufgänger verstehen das Problem nicht –<br />

und beißen beherzt zu.<br />

Eine letzte Frage: Werden Berliner mit bunter<br />

Glasur oder Zuckerstreusel, sozusagen „verkleidete<br />

Berliner“, im Saarland Faaseboozkichelcher<br />

genannt?<br />

Text: Katharina Rolshausen<br />

Bild: pexels.com/@snapwire<br />

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