vsao Journal Nr. 1 - Februar 2022
Norm - Von Schrauben bis Sellerie Psycholeptika - Manager des eigenen Schlafes Demenz - Früherkennung in der Praxis Politik - Zulassungsstopp: das Zahlenrätsel
Norm - Von Schrauben bis Sellerie
Psycholeptika - Manager des eigenen Schlafes
Demenz - Früherkennung in der Praxis
Politik - Zulassungsstopp: das Zahlenrätsel
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vsao
Nr. 1, Februar 2022
Journal
Das Journal des Verbandes Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte
Norm
Von Schrauben
bis Sellerie
Seite 18
Psycholeptika
Manager des eigenen
Schlafes
Seite 28
Demenz
Früherkennung in der Praxis
Seite 32
Politik
Zulassungsstopp: das Zahlenrätsel
Seite 6
Update Refresher
ALLGEMEINE
INNERE MEDIZIN
17. – 21.05.2022, Zürich 40 h
ANÄSTHESIOLOGIE
UND INTENSIVMEDIZIN
14. – 15.06.2022, Zürich 16 h
GYNÄKOLOGIE
12. – 14.05.2022, Zürich 24 h
NEPHROLOGIE
24. – 25.06.2022, Zürich 14 h
NEUROLOGIE
06. – 07.05.2022, Zürich 16 h
OPHTHALMOLOGIE
20. – 21.05.2022, Zürich 14 h
PÄDIATRIE
06. – 08.04.2022, Zürich 24 h
INNERE
MEDIZIN
21. – 25.06.2022, Zürich 40 h
PNEUMOLOGIE
06. – 07.05.2022, Zürich 13 h
PSYCHIATRIE UND
PSYCHOTHERAPIE
16. – 18.06.2022, Zürich
8 Credits WBV / 21 h
RHEUMATOLOGIE
24. – 25.06.2022, Zürich 13 h
UROLOGIE
13.05.2022, Zürich 8 h
HAUSARZT
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04. – 05.03.2022, St. Gallen
24. – 25.03.2022, Bern 14 h
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Inhalt
Norm
Von Schrauben bis Sellerie
Coverbild: Stephan Schmitz
Editorial
5 Normen und Normalität
Politik
6 Wie gut versorgt ist genug versorgt?
9 Auf den Punkt gebracht
Weiterbildung /
Arbeitsbedingungen
10 Neues Curriculum für Weiterbildung
vsao
12 Neues aus den Sektionen
14 vsao-Mitgliederkampagne
16 77 Jahre vsao
17 vsao-Rechtsberatung
Perspektiven
28 Werde dein eigener Schlaf experte
32 Aus der «Therapeutischen Umschau» –
Übersichtsarbeit: Früherkennung oder
Screening von Demenzerkrankungen in
der hausärztlichen Praxis
41 Im Einsatz in Namibia
mediservice
42 Briefkasten
43 Von unseren Partnern
Medpension
45 Pensionskasse: Nachhaltig und
profitabel investieren – geht das?
46 Impressum
Fokus: Norm
18 Die Zeitfabrik
20 Normal trotz psychischer Erkrankung
22 Normen – die unsichtbaren Helfer
24 Viele Stimmen sprechen mit
26 Normen schaffen Sicherheit
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vsao /asmac Journal 1/22 3
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Editorial
Normen und
Normalität
Catherine Aeschbacher
Chefredaktorin vsao Journal
1876 erhielt «jeder Stimmberechtigte» im Kanton Zürich ein
Büchlein mit dem Titel «Reduktionstabellen zur Umrechnung
der bisherigen schweizerischen Masse und Gewichte in das
metrische Mass und umgekehrt, nebst erläuternden Rechnungs-Beispielen».
Auftraggeber war der «zürcherische Regierungsrath»,
der – wie dem Titelblatt zu entnehmen ist – das Büchlein «unentgeltlich»
abgeben liess. Die Vorgeschichte umfasst etwa vier Jahrzehnte
und entspricht den schweizerischen Gepflogenheiten: Seit
Mitte der 1830er Jahre wurde das metrische System von einzelnen
Kantonen als Referenzgrösse gebraucht. Andere Kantone lehnten die
Neuerung ab und hielten an den als natürlich empfundenen Massen
wie Fuss, Elle etc. fest. Erst 1877 trat ein Bundesgesetz in Kraft, das die
Anwendung der metrischen Masse für verbindlich erklärte. Die Vereinheitlichung
vereinfachte den nationalen und internationalen Handel
enorm. Vermutlich wurden die alten Masse von vielen im Alltag weiter
verwendet, so wie in Frankreich viele auch nach der Einführung des
Euro im Kopf die Preise in Francs überschlugen.
Normen aller Art sitzen fest in unsern Köpfen. Meist nehmen wir sie
nur dann wahr, wenn wir mit Abweichungen konfrontiert sind. Beispielsweise
mit Steckdosen in ausländischen Hotelzimmern, die sich
schweizerischen Dreipolsteckern verweigern. Wie technische Normen
festgelegt oder unsere Uhren auf die Weltzeit abgestimmt werden,
zeigen wir in unserm Schwerpunkt. Aber auch, wie sich Normen in der
Medizin verändern, was in der Psychiatrie als «normal» gilt oder was
mit Gemüse und Früchten geschieht, die von der «Industrienorm»
abweichen.
Ist auch das neue Curriculum der Chirurgie eine Normierung? Sicher
ist, dass der Lehrplan die ersten zwei Jahre in der Schweiz harmonisiert,
unabhängig davon, wo man die Weiterbildung beginnt. Mehr
dazu findet sich in der Rubrik «Weiterbildung/Arbeitsbedingungen».
Kaum normieren lässt sich die Zahl von Fachärztinnen und -ärzten,
mit denen die Versorgung in einem Kanton gewährleistet werden
kann. Dennoch sieht die künftige Zulassungssteuerung vor, dass die
Kantone Höchstzahlen formulieren. Die Schwierigkeiten dieses Unterfangens
sind Inhalt des Artikels zur Gesundheitspolitik.
In unserer neuen Kolumne «Im Einsatz» berichten wir über die Tätigkeit
von Ärztinnen und Ärzten bei Hilfswerken. Oft machen sie die
Erfahrung, dass unter diesen Bedingungen ganz andere Normen als
die gewohnten gelten.
vsao /asmac Journal 1/22 5
Politik
Gesundheitspolitik
Wie gut versorgt
ist genug versorgt?
Klar ist: Seit Anfang Jahr sind die Kantone für die Zulassung sämtlicher
Leistungserbringer im ambulanten Bereich zuständig. Unklar ist,
wie sie dabei genau vorgehen wollen – und sollen. Zum Beispiel beim
Festlegen von Höchstzahlen.
Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer vsao
Die neue Zulassungssteuerung im ambulanten Bereich birgt zahlreiche Knacknüsse. Denn auch
wenn es der Bund probiert: Realität und Zukunft lassen sich schlecht mathematisch berechnen.
Im Sommer 2020 hat das Parlament
die künftige Zulassungssteuerung
verabschiedet. Leistungserbringerinnen
und -erbringer, welche neu
zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung
(OKP) tätig sein
möchten, dürfen dies seit 1. Januar 2022
nur, wenn sie vom Kanton zugelassen
sind, auf dessen Gebiet sie arbeiten. Die
Voraussetzungen hierfür legen das Krankenversicherungsgesetz
(KVG) und die
Krankenversicherungsverordnung (KVV)
fest: Die betreffenden Ärztinnen und Ärzte
müssen mindestens drei Jahre lang an
einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte
im beantragten Fachgebiet
gearbeitet haben. Sie müssen über eine
hohe Sprachkompetenz verfügen und
sich einem elektronischen Patientendossier
(EPD) anschliessen. Und sie müssen
die Qualitätsanforderungen gemäss Art.
58g KVV erfüllen.
Die Krux mit der Methode
Aber: Zusätzlich sollen die Kantone in einem
oder mehreren Fachgebieten oder in
bestimmten Regionen die Anzahl Medizinerinnen
und Mediziner beschränken, die
im ambulanten Bereich Leistungen erbringen.
Im Juni 2021 hat der Bundesrat
die entsprechenden Kriterien und methodischen
Grundsätze definiert. Demnach
beruht die Bestimmung der Höchstzahlen
auf der Ermittlung von regionalen Versorgungsgraden,
berechnet vom Bund. Die
Kantone sind angehalten, ihre Höchstzahlen
bis spätestens am 1. Juli 2025 nach der
neuen Methode festzulegen. Bis dahin gelten
Übergangsregelungen. Im laufenden
Jahr soll das Eidgenössische Departement
des Innern (EDI) die regionalen Versorgungsgrade
pro medizinische Disziplin in
einer separaten Verordnung bestimmen.
«Alles steht und fällt somit mit der Art
und Weise, wie die Versorgungsgrade als
Bild: pressmaster/Adobe Stock
6 1/22 vsao /asmac Journal
Politik
Basis für die Höchstzahlen hergeleitet
werden», bringt Sarina Keller, Leiterin
Recht beim vsao, die Sache auf den Punkt.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat
das geplante Vorgehen am 9. Dezember
2021 an einer Videokonferenz vorgestellt.
Dazu eingeladen waren die Kantone, die
Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen
und -direktoren (GDK), der
Spitalverband H+, die Dachverbände der
Krankenversicherer santésuisse und curafutura,
das Schweizerische Gesundheitsobservatorium
(Obsan), das Beratungsbüro
für Fragen zu Wirtschaft, Umwelt
und Gesellschaft BSS sowie – nach mehrmaligem
Nachfragen von beiden – FMH
und vsao.
Es eilt …!
Im Anschluss an die Sitzung erhielten die
Teilnehmenden Gelegenheit, sich zur von
Obsan und BSS angedachten Methode für
die Ermittlung der Versorgungsgrade zu
äussern. Letzter Termin für die Rückmeldung:
Freitag, der 7. Januar 2022. Erst auf
Insistieren von FMH und vsao kam es zu
einer Fristerstreckung um eine Woche.
«Trotzdem blieb die Zeit für ein fundiertes
Studium der komplexen Unterlagen sehr
knapp. Auch angesichts der Festtage über
Weihnachten und Neujahr», kommentiert
Keller.
In seiner Stellungnahme monierte der
vsao jedoch nicht nur das hastige Vorgehen
in dieser für die Mitglieder so wichtigen
Angelegenheit. Zumal am Tag der erwähnten
Informationsveranstaltung noch
gar nicht alle der für die Methodenentwicklung
relevanten Vorgespräche mit
den Fachgesellschaften stattgefunden
hatten. Ebenfalls auf Unverständnis stiess
beim Verband der angekündigte Verzicht
auf eine Vernehmlassung zur EDI-Verordnung
zu den regionalen Versorgungsgraden
pro medizinisches Fachgebiet.
Was gehört wohin?
Um die weiteren Kritikpunkte zu verstehen,
empfiehlt sich ein Blick auf die Hauptelemente
der Berechnungsmethode. Diverse
Probleme enthüllen sich dabei von
selbst:
– Fachgebiete: Deren Zuteilung bzw. Abgrenzung
stellt vor allem bei Spitalambulatorien,
aber ebenso bei gemischten
Gruppenpraxen eine wesentliche Herausforderung
dar, weil das Fachgebiet
der behandelnden Ärztin / des behandelnden
Arztes in den verwendeten Datenquellen
nicht explizit erfasst ist. Bei
der Diskussion im Geschäftsausschuss
des vsao irritierte namentlich die Zusammenfassung
der Allgemeinen Inneren
Medizin mit den praktischen Ärztinnen
und Ärzten sowie der Tropen- und
Reisemedizin. «Da sich die Arbeitssituation
unterschiedlich präsentiert, kann
man nicht alle in dieselbe Schublade
stecken», argumentiert Sarina Keller.
Auch die fehlende Berücksichtigung der
Schwerpunkte sorgte für Stirnrunzeln,
«weil es darunter wichtige gibt, deren
Verteilung beachtet werden müsste.
Solche Aspekte sind unbedingt mit allen
betroffenen Fachgesellschaften abzusprechen.»
– Bedarf: Für die Schätzung des Leistungsbedarfs
kommt ein nationales Regressionsmodell
zur Anwendung. Es
berücksichtigt diverse erklärende Variablen,
um regionale Abweichungen beim
Bedarf abzubilden. Etwa Alter, Geschlecht,
Morbidität und Nationalität.
Was das Modell also kann: Unterschiede
im Bedarf zwischen Regionen identifizieren.
Was es hingegen nicht vermag:
den Bedarf in einer Region oder gar für
die ganze Schweiz zu bestimmen. So
bleibt offen, wie die wachsende Versorgungslücke
gerade in ländlichen Gebieten,
wo die Anzahl Praxen schwindet,
und die aufgrund des demografischen
Wandels steigende Nachfrage nach medizinischen
Leistungen Berücksichtigung
finden. Abgesehen davon kann der
Bedarf je nach Perspektive (Patientinnen,
Ärzte, Prämienzahlende, Politik
etc.) anders aussehen.
– Versorgungsgrade: Sie resultieren aus
der Teilung des tatsächlichen durch das
adjustierte Leistungsvolumen. Dafür
wird der Bedarf, der sich auf eine regionale
definierte Population bezieht, anhand
der beobachteten Patientenströme
auf die Standortregion der Leistungserbringerinnen
und -erbringer
umgerechnet. Der Versorgungsgrad ist
nicht definiert, wenn in einer Standortregion
kein Leistungsangebot eines
Fachgebiets existiert. Keller ergänzt,
dass der Begriff der Region in den zur
Verfügung gestellten Unterlagen variabel
auftaucht: «Bei kleinen Fachgebieten
sind die Regionen für die Versorgungsgrade
die Kantone, bei grossen die
Bezirke. Kantonen, welche eine andere
Gruppierung wünschen, sollen alternative
Lösungen angeboten werden.» In
der Zentralschweiz ist der ganze Kanton
Uri ein einziger Bezirk. «Wir fragen uns,
wie sinnvoll eine solche Betrachtung ist
und ob nicht auch geographische Faktoren
eine Rolle spielen sollten – indem
man beispielsweise Bergregionen in
kleinere Regionen einteilt, um den langen
Fahrzeiten gerecht zu werden.»
Doch dann kam Corona …
Als störend empfindet der vsao überdies
die Konzentration auf ein einzelnes Referenzjahr
(2019) für die Erwägungen und
Berechnungen. «Für Ärzte im Bereich Intensivmedizin
beispielsweise hat sich
2020 und 2021 wegen der Pandemie eine
ganz neue und andere Situation präsentiert»,
gibt Sarina Keller zu bedenken.
Grundsätzlich: Es bleibe offen, wie die permanenten
Veränderungen im Gesundheitswesen
Berücksichtigung finden.
«Speziell in der Spitallandschaft, durch die
Verlagerung von stationären zu ambulanten
Leistungen oder bei politischen (Neu-)
Definitionen von Gesundheitsregionen.»
Nicht minder offen ist derzeit, wie die
Kantone mit der neuen Zulassungssteuerung
umgehen, sich koordinieren und die
kantonalen Ärztegesellschaften sowie den
vsao einbeziehen wollen. Eine Umfrage
bei den Verbandssektionen zeigt, dass
sich noch wenig tut. Keller hegt ohnehin
«Zweifel, ob die Kantone in ihrer Verschiedenheit
nicht zuletzt punkto Grösse und
Struktur der Verwaltungen alle in der Lage
sein werden, den an sie gerichteten Anforderungen
zu genügen. Und zwar so, dass
auf die gesamte Schweiz gesehen ein Ergebnis
resultiert, welches den Ansprüchen
an eine professionelle und gerechte
Behandlung aller eine Zulassung beantragenden
Ärztinnen und Ärzte genügt.»
Es gehe dem vsao dabei einerseits um
den zusätzlichen bürokratischen Aufwand
in den Kantonsverwaltungen, der
vielfach personelle und finanzielle Ressourcenaufstockungen
erfordern dürfte,
die zu erheblichen Mehrkosten im Gesundheitsbereich
führen – das Gegenteil
von dem also, was man mit der Zulassungssteuerung
erreichen möchte. Anderseits
blicke man bereits heute mit Sorge
auf die bei den Arbeitgebern und Arbeitnehmenden
im Gesundheitswesen absehbare
Mehrbelastung durch neue administrative
Aufgaben.
Mehr zum Thema unter
vsao.ch/politik/zulassungssteuerung
@vsaoasmac
vsao /asmac Journal 1/22 7
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Herzlichen Dank.
Politik
Glaubt, was Ihr wollt (?)
I
ch bin geimpft und geboostert. Nicht weil ich ein Impffan
bin, der die nächste Gelegenheit zu einer Spritze kaum
erwarten kann. Sondern weil mir dies nach allem, was ich
gehört und gelesen habe, vernünftig erscheint und ich es
bisher als einzigen Ausweg aus der Pandemie sehe. In meinem
Umfeld kenne ich mehrere Personen, die sich nicht haben
impfen lassen. Wie wir alle mittlerweile zur Genüge wissen,
bietet das Thema erhebliches Konfliktpotential. Ich schätze es
darum, dass ich bisher die Beziehung zu Leuten, die mir wichtig
sind, trotz Gesprächen auch zu diesem Thema nicht verloren
habe. Ein Punkt dabei ist mir aber speziell hängengeblieben.
Ich bin ein medizinischer Laie, und selbst wenn
ich mich über ein medizinisches Thema informiere,
bin ich mir bewusst, dass ich
noch kein halber Arzt bin. Für medizinische
Entscheidungen bin ich auf
den Rat von Fachleuten angewiesen.
Ich überlege selbst und ich entscheide
am Ende selbst. Aber die
Fachmeinungen zu medizinischen
Fragen bleiben für mich zentral.
Unsere Medien haben immer und
immer wieder über die schwierige
Situation in den Spitälern berichtet,
insbesondere auf den Intensivstationen.
Die Aussagen dazu stammten oft
von direkt betroffenen Ärztinnen und Ärzten
verschiedener Fachrichtungen und aus
fast allen Regionen der Schweiz. Inhaltlich sagten
alle das Gleiche: Die Lage in den betroffenen Kliniken sei
sehr angespannt oder sogar mehr als dies, das Personal extrem
gefordert und zahlenmässig immer weniger. Solche Berichte
deckten sich mit Rückmeldungen aus meinem persönlichen
medizinischen Umfeld.
Auf den
Punkt
gebracht
Zahlen zeigen, und mit der Einschätzung der Expertinnen und
Experten des Bundes.
Hinzu kommt: Wir sind in der Schweiz. Vergleiche mit Diktaturen
sind absurd. Hier gibt es keine gleichgeschaltete und
staatlich unterdrückte Ärzteschaft, in der sich niemand zu
äussern wagt. Das Gleiche gilt für unsere Medien. Das war vor
der Pandemie so und ist es immer noch. Wenn die Berichte
aus den Intensivstationen erfunden wären, würden wir das
erfahren, und zwar öffentlich, direkt und nicht durch Gerede
über drei Ecken von Leuten, die angeblich die wahre Wahrheit
kennen.
Natürlich hilft es nicht, wenn ein Nationalrat
mit seiner saloppen Aussage
«In Inten sivstationen ist es immer
tragisch» die aktuellen Berichte aus
den Spitälern negiert und verharmlost.
Das ist billiger Populismus
und verantwortungslos. Und es
hilft auch nicht, dass die Kommunikation
aus Bundesbern nicht
immer widerspruchsfrei und
nachvollziehbar ist. Klar passieren
auch da Fehler. Das ist gar nicht
anders möglich. Es dürfte jedoch die
Akzeptanz in der Bevölkerung nicht
mindern, wenn solche offen eingestanden
und transparent korrigiert würden.
Aber noch einmal: Wir sind in der Schweiz.
Wie kann man hier alle diese Berichte und Warnungen
ignorieren und ernsthaft anzweifeln, dass die Lage in den
Spitälern prekär ist…?!?
Bild: zvg
Mit ziemlichem Erstaunen habe ich in den eingangs erwähnten
Gesprächen festgestellt, dass diese Aussagen teilweise schlicht
nicht geglaubt werden. Das hätte ich so nicht erwartet. Es ist
ja nicht so, dass ein oder zwei Ärztinnen oder Ärzte irgendwo
in der Schweiz ein Problem für das gesamte Schweizer Gesundheitswesen
heraufbeschwören. Da wäre ich auch zurückhaltend
und würde denken, dass es wohl nicht so schlimm sein kann.
Die Schilderungen erfolgten aber flächendeckend, regelmässig
sachlich und direkt von den Fachleuten vor Ort. Die Ärztinnen
und Ärzte wollen nicht mehr Patienten für sich «generieren»,
sondern weniger. Die Warnungen deckten sich zudem mit dem
Gesamtbild, das die von Behörden und Spitälern publizierten
Simon Stettler,
Geschäftsführer vsao
vsao /asmac Journal 1/22 9
Weiterbildung / Arbeitsbedingungen
Chirurgie
Neues Curriculum
für Weiterbildung
Wer in der Schweiz Chirurgin oder Chirurg werden will, profitiert von einem neuen
Lehrplan. Dieser harmonisiert in den ersten beiden Jahren der Weiterbildung den
Erwerb des Grundwissens für die chirurgische Praxis.
Dieter Hahnloser, Präsident, und Raffaele Rosso, Generalsekretär Swiss College of Surgeons (SCS)
Junge Chirurginnen und Chirurgen
sind von der Tätigkeit im
Operationssaal angezogen – sie
möchten sich rasch und effizient
auf die technischen Aspekte der Chirurgie
konzentrieren. Zudem wünschen
sie, ihr chirurgisches Spektrum zu begrenzen,
um sicher zu sein, ein umfassendes
Know-how in ihrem Tätigkeitsbereich
zu besitzen und zugleich nicht übermässig
lange Weiterbildungszeiten zu absolvieren.
Die Lebensqualität neben der Berufstätigkeit
spielt heute bei den jungen
Generationen ebenfalls eine sehr wichtige
Rolle.
Annual
Meeting
Politics
Vascular
Core Surgical
Curriculum
Bei einer Weiterbildung zur Spezialistin
/ zum Spezialisten ist zunächst eine solide
Grundausbildung in Chirurgie notwendig.
Deshalb will das Swiss College of
Surgeons (SCS) die Weiterbildung in den
ersten zwei Jahren harmonisieren, damit
eine hohe Qualität sichergestellt werden
kann. Denn erstens müssen für alle im SCS
vertretenen Fachrichtungen ein bis zwei
Jahre allgemeine chirurgische Weiterbildung
durchlaufen werden. Zweitens: Obwohl
die Assistenzärztinnen und -ärzte zu
Beginn über ein gutes theoretisches Rüstzeug
verfügen, ist dessen Anwendung in
der klinischen Praxis oft problematisch.
Thoracic
General
Hand
Children
E-LEARNING
COURSES
HOSPITAL
Trauma
Visceral
www.swisscollegeofsurgeons.ch
Das Swiss College of Surgeons mit seinen sieben Basisorganisationen und den drei Kernaufgaben:
gemeinsamer Jahreskongress, das Core Surgical Curriculum und die Standespolitik.
Der derzeitige Bildungsgang erlaubt es einigen,
trotz grosser Wissenslücken in chirurgischer
Pathophysiologie Fortschritte
zu machen.
Auch Vorbereitung für Spezialitäten
Diese Überlegungen führten zur Ausarbeitung
des Core Surgical Curriculum (CSC).
Es ermöglicht am Anfang der Weiterbildung
den Erwerb der Kenntnisse und
Kompetenzen, welche die allgemeinen
Grundlagen der chirurgischen Praxis bilden.
Das Curriculum muss aber zugleich
zur Vorbereitung auf die darauffolgende
Weiterbildung in einer der chirurgischen
Spezialitäten dienen, die alle Teil des SCS
sind. Der Lehrplan harmonisiert die ersten
zwei Jahre in der Schweiz, egal ob man
die Weiterbildung in der Romandie oder
im Tessin beginnt.
Das CSC ist entstanden, um den Assistenzärztinnen
und -ärzten eine Reihe von
theoretischen und praktischen Kursen anzubieten.
Es wurde eine Liste von Zielen
entwickelt, welche die präoperative, perioperative
und postoperative Phase betreffen
sowie Aspekte zu Recht, Verwaltung
und Kommunikation beinhalten. Die
Lernziele und die zu erlangenden Kompetenzen
sind im «White Book CSC» zusammengefasst.
Theorie und Praxis verbinden
Die Zielsetzung besteht nicht darin, den
bereits während des Medizinstudiums
vermittelten Stoff erneut zu unterrichten,
sondern diesen in die Lösung praktischer
Bilder: zvg
10 1/22 vsao /asmac Journal
Weiterbildung / Arbeitsbedingungen
E-LEARNING COURSES HOSPITAL
Day Courses
Theory
Theory Clincal Cases MCQ
4 Classes with modules
Basics Medicine
Basics Surgery
Acute Medicine
Specialized Surgery
Webinars
Hands-on
workshops
Surgical
Skills
Training
EPAs
Das CSC wurde vom Schweizerischen Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) als
Vorzeigeprojekt bezeichnet. Seine drei Säulen sind E-Learning, Unterricht in zentralisierten
Kursen/Webinars sowie Hands-on-Kursen und Unterricht in den Spitälern.
Fälle zu integrieren. Das Konzept setzt voraus,
dass bereits Kenntnisse in Pathophysiologie
und Anatomie sowie die Fähigkeit
zur Erstellung einer Differentialdiagnose
vorhanden sind. Das Curriculum konzentriert
sich auf das «Clinical Reasoning», das
heisst auf die Fähigkeit, eine biologische,
paraklinische oder radiologische Untersuchung
einzuleiten und eine geeignete medizinische
Betreuung zu erarbeiten. Es ist
wie folgt strukturiert:
1. E-Learning: Vier Klassen (E-Classes)
mit bis zu 15 Modulen werden in Form
von E-Learning unterrichtet. Zuerst kommt
die Theorie, dann folgen eine Reihe klinischer
Fallbeispiele und schliesslich Multiple-Choice-Fragen,
was zur Interaktion und
Reflexion anregt.
2. Kurse: Bei gemeinsamen Veranstaltungen
in der Schweiz, auf Kongressen
oder an speziellen Weiterbildungstagen/
Webinars werden spezifische Themen in
Form von theoretischen Kursen/klinischen
Darstellungen/Arbeiten in kleinen
Gruppen/Frontalvorträgen vermittelt. Um
die Komplexität der Dienstpläne und die
zulässigen Weiterbildungstage aufeinander
abzustimmen, wird versucht, diese
Kurse zweimal jährlich anzubieten.
3. Spitäler: Einige Kurse finden direkt
in den Kliniken der Weiterzubildenden
statt bzw. werden von der Leiterin /
dem Leiter der Weiterbildungsstätte organisiert
und überwacht. Mittels EPAs (Entrustable
Professional Activities) werden
elektronisch die Kompetenzen beurteilt.
EPAs sind die Zukunft einer kompetenzbasierten
und effizienten Weiterbildung.
Zu betonen bleibt, dass das CSC auch
von Seiten der Assistenzärztinnen und
-ärzte eine professionelle Herangehensweise
erfordert. Von ihnen erwartet man,
dass sie kritisches Denken und Sinn für
Neugier entwickeln. Die verschiedenen
Kurse dienen als Grundinformation. Es
wird empfohlen, das Wissen durch aktuelle
chirurgische Literatur zu ergänzen, wobei
die evidenzbasierte Medizin und bewährte
Verfahrensweisen zu bevorzugen
sind. Ausserdem ist jede junge Ärztin / jeder
junge Arzt, rein organisatorisch gesehen,
selbst für ihre bzw. seine Weiterbildung
und die Verfolgung des Programms
verantwortlich.
Über das SCS
Das Fach stärken, den Beruf sichtbarer machen und die Führungsrolle der Chirurgie in
der modernen interdisziplinären Medizin festigen: Vor diesem Hintergrund haben die
Schweizerischen Fachgesellschaften für Chirurgie (SGC), Thoraxchirurgie (SGT), Gefässchirurgie
(SGG) und Handchirurgie (SGH) sowie die beiden Schwerpunktgesellschaften
Viszeralchirurgie (SGVC) und Allgemeinchirurgie und Traumatologie (SGACT) 2017 das
Swiss College of Surgeons (SCS) gegründet. Vor kurzem kam die Schweizerische Gesellschaft
für Kinderchirurgie als siebte Basisorganisation hinzu.
Das SCS sieht sich als Dachorganisation der Schweizer Chirurginnen und Chirurgen. Es
fördert und sichert die Qualität der chirurgischen Tätigkeit und Weiterbildung, fördert
die Solidarität der Mitglieder untereinander und mit der Bevölkerung und vertritt die
berufspolitischen und finanziellen Interessen seiner Mitglieder.
Auf Englisch
Das Core Surgical Curriculum (CSC)
wurde auf Englisch verfasst, dies in
Anlehnung an den schweizerischen
Lernzielkatalog für Humanmedizin
PROFILES (profilesmed.ch). Auch das
Basisexamen, welches nach den ersten
zwei Jahren abgelegt werden soll
(basisexamen.ch), und der grosse Teil
der medizinischen Literatur sind auf
Englisch.
vsao /asmac Journal 1/22 11
vsao
Neues aus
den Sektionen
Bern
Mitgliederversammlung
2022
Die ordentliche Mitgliederversammlung
2022 ist für Donnerstag, 28. April 2022,
um 19 Uhr im Berner Generationenhaus
geplant. Wir informieren Sie mit der persönlichen
Einladung im März 2022 über
die Durchführung oder eine Onlinealternative.
Janine Junker, Geschäftsführerin VSAO Bern
Jura
Wir sind wieder da!
Nach einer langen Pause erwacht die Sektion
Jura zu neuem Leben, mit einem
neuen Vorstand.
Trotz der zahlreichen Herausforderungen,
mit denen wir seit der COVID-
Pandemie konfrontiert sind, sei es die
Arbeitsüberlastung, die dauernde Personalumverteilung
oder auch die Kurzarbeit,
funktionieren wir alle unter diesen
besonderen Umständen bis jetzt weiter,
ohne Diskussion, mit dem alleinigen Ziel,
das Virus zu bekämpfen.
Leider ist diese Pandemie zu einer
neuen Realität geworden. Obschon sie uns
gelehrt hat, solidarischer, vorsichtiger
und fokussierter zu sein, dürfen unsere
Ziele, namentlich eine qualitativ hochwertige
Weiterbildung zu bestmöglichen
Arbeitsbedingungen, nicht vergessen gehen.
Wir sind uns mit unseren Kollegen
aus der Pflege einig: Applaus alleine genügt
nicht. Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen
und eine solide Weiterbildung,
damit wir später selbständig in
unseren Fachgebieten tätig sein können.
Wir brauchen direkte Ansprechpartner,
die flexibel, offen und bereit sind, neue
Herausforderungen anzunehmen. Wir
verlangen auch die Einhaltung der Arbeitsbedingungen
gemäss ArG und GAV
des Hôpital du Jura.
Das Vertragswerk ist übrigens schon
wieder in Revision. Ein erstes Treffen mit
der Spitaldirektion fand am 18. November
2021 statt. Die Themen? Die Arbeitszeiten,
die wöchentliche Ruhezeit und die Kommunikation
mit der Direktion. Weil wir auf
Eure Unterstützung angewiesen sind, rufen
wir alle Assistenz- und Oberärztinnen
und -ärzte im Kanton Jura dazu auf, uns
zu unterstützen. Es betrifft uns alle!
Für den Vorstand
Konstantina Parsopoulou, Valentin Simonin,
Marco Assuelli
Der Vorstand der Sektion Jura (von links nach rechts):
Konstantina Parsopoulou, Valentin Simonin, Marco Assuelli
Bild: vsao
12 1/22 vsao /asmac Journal
vsao
Zürich /
Schaffhausen
Mehr Lohngerechtigkeit nun
auch am USZ
Der VSAO Zürich kämpft schon länger dafür,
dass den Assistenzärztinnen und -ärzten
ein automatischer Lohnstufenanstieg
von jährlich ca. drei Prozent gewährt wird
(so z.B. auch im Berner GAV verankert).
Bei den Stadtspitälern ist dies bereits länger
Usanz. Gerade in der Assistenzzeit besteht
eine sehr grosse Abhängigkeit von
den Vorgesetzten, und Lohnverhandlungen
können im schlimmsten Fall Karriereperspektiven
schmälern. Der ökonomische
Druck auf die Spitäler führte sogar
dazu, dass man auf dem Rücken der jungen
Ärzteschaft gespart hat: Eine Lohnentwicklung
erfolgte nach den ersten
24 Monaten nämlich nur noch individuell
und war damit von der Grosszügigkeit und
dem Einsatz des/der Vorgesetzten abhängig.
Das führte zudem dazu, dass neu
eintretende Mitarbeitende aufgrund der
Lohneinstufung besser als langjährige
entlöhnt wurden, was verständlicherweise
zu grossem Unmut führte.
Das Universitätsspital Zürich (USZ)
will dieser Ungerechtigkeit nun ein Ende
setzen und damit auch langjährige Mitarbeitende,
entsprechend wertschätzen. Die
Ausformulierung und der technische Aspekt
der Umsetzungsregelung sind jedoch
noch voller Tücken, etwa der Umgang
mit dem Beschäftigungsgrad, monatliche
anstelle jährlicher Lohnerhöhungen, anrechenbare
Erfahrung bei Fachrichtungswechsel
etc. Die neue Regelung soll trotzdem
definitiv rückwirkend per 1. Januar
2022 erfolgen und fortan eine korrekte
und gleichbehandelnde Lohneinstufung
und -entwicklung der Assistenzärztinnen
und -ärzte garantieren.
Wir sind stolz darauf, dass unsere
Hartnäckigkeit am USZ zum Ziel geführt
hat, und hoffen, dass die Regionalspitäler,
insbesondere mit privatrechtlicher
Rechtsträgerschaft, nun ebenfalls die Praxis
des automatisierten Lohnstufenanstiegs
für die jungen Ärztinnen und Ärzte
übernehmen. Falls Du in einem Spital arbeitest,
das diese Praxis noch nicht anwendet,
kannst auch Du Dich zusammen
mit Deinen Kolleginnen/Kollegen für
mehr Gerechtigkeit einsetzen. Wir helfen
Dir gerne dabei!
Unterstützung für politisches
Engagement
Der VSAO Zürich ist der Ansicht, dass alle
politisch ambitionierten Medizinerinnen
und Mediziner unterstützt werden sollten
– und zwar unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit.
Denn bei gesundheitspolitischen
Debatten verstehen Fachleute
in der Regel allein von Berufs wegen mehr
als viele andere. So haben wir kürzlich das
politische Engagement unseres Geschäftsleitungsmitglieds
Fabian Kraxner in den
sozialen Medien und auf unserer Mitgliederplattform
www.doc-doc.ch vorgestellt.
Melde Dich bei uns per E-Mail an,
kommunikation@vsao-zh.ch, damit wir
auch Deine Kandidatur oder Gremienarbeit
bewerben können.
Dominique Iseppi,
Kommunikationsassistentin, VSAO Zürich
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Wir freuen uns auf Ihren Anruf.
Kathrin Grüneis
vsao /asmac Journal 1/22 13
vsao
vsao-Mitgliederkampagne
Weil mit uns
ganz vieles geht!
An Trümpfen, die für ihn und seine Arbeit sprechen, mangelt es dem
vsao nicht. Manchmal aber immer noch an Bekanntheit bei der jungen
Ärzteschaft und den Medizinstudierenden. Eine Kampagne soll
dies ändern – und neue Mitglieder bringen.
Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer vsao
Zufrieden? Ja, das ist man beim
Verband der Assistenz- und
Oberärztinnen und -ärzte
schon, wenn man sich die Entwicklung
des Mitgliederbestands ansieht.
Waren nämlich 2010 rund 18 300 Personen
beim vsao dabei, stieg die Zahl
binnen zehn Jahren auf gut 21 800. Ein
sattes Plus von 19 Prozent. Keine Selbstverständlichkeit.
Zurücklehnen? Das dagegen kennt
man im Zentralsekretariat im Berner Bollwerk
nicht. Sei es bei Dienstleistungen
oder beim Kampf für bessere Arbeits- und
Weiterbildungsbedingungen: Immer wird
versucht, am Puls der Jungen zu sein und
auf ihre Anliegen einzugehen. «Deshalb
ist es schade, wenn wir immer mal wieder
hören, man sehe keinen Bedarf, bei uns
mitzumachen, und finde die Mitgliedschaft
zu teuer», sagt Co-Vizepräsidentin
Nora Bienz. «Denn für gar nicht so viel
Geld bekommt man bei uns ganz vieles –
weil ganz vieles dank uns geht!»
Bienz listet sogleich aktuelle Beispiele
auf: neue Massnahmen zur Durchsetzung
des Arbeitsgesetzes und Senkung der Arbeitszeiten,
neue Gesamtarbeitsverträge,
die Förderung von Teilzeitstellen, die Verankerung
von mindestens vier Stunden
strukturierter Weiterbildung in jedem
Weiterbildungskonzept, die Erfolge der
vsao-Dienstplanberatung.
Drei Beispiele, wie sich die neue, schweizweite Mitgliederkampagne präsentieren wird.
Start Ende Februar
Mit der ersten grossen Mitgliederkampagne
in seiner jüngeren Geschichte will der
Verband noch breiter kundtun, wofür er
einsteht und was er anbietet. Offizieller
Start ist der Jahresversand der Beitragsrechnungen
in zwei Wochen. Nicht zufällig:
«Ein wichtiges Element bildet der
Einbezug der heutigen Mitglieder», erklärt
Barbara Schwede, deren Agentur
«Die Schwedin.». die Kampagne mit der
Abteilung Politik und Kommunikation
im vsao-Zentralsekretariat entwickelt hat
und umsetzt. «Nichts funktioniert nämlich
besser, als wenn Mitglieder aus eigener
positiver Erfahrung und damit aus
persönlicher Überzeugung Berufskolleginnen
und -kollegen zum Verband bringen.»
Was genau dahintersteckt, verrät die
Website (siehe Link am Schluss des Artikels).
Dort sind auch alle geplanten Bildmotive
und Texte für die Werbeaktivitäten
zu sehen, die vorab probeweise am Lauf-
Bild: vsao
14 1/22 vsao /asmac Journal
ahnkongress MEDIfuture und in Verbandsgremien
gezeigt und beurteilt wurden.
Sie nehmen Fragen und Probleme aus
dem Alltag junger Ärztinnen und Ärzte
auf und vermitteln, dass es dafür Lösungen
gibt – gemeinsam mit dem vsao.
Entdecken kann man sie in den nächsten
Monaten in den sozialen Medien
(Face book, LinkedIn und Instagram), als
Plakate sowie Flyer in Linien des öffentlichen
Verkehrs, die zu Kliniken und Spitälern
führen, oder an Haltestellen in ihrem
Umfeld. Die vsao-Sektionen haben die
Möglichkeit, Kampagnenmaterialien zu
beziehen und ergänzend bei ihren Anlässen
und in ihrer Kommunikation zu
nutzen. Weitere Einsatzmöglichkeiten ergeben
sich mit dem Verbandsjubiläum
(vgl. den Beitrag auf Seite 16) und durch
die Zusammenarbeit mit der Organisation
der Medizinstudierenden swimsa.
Alle Massnahmen im Rahmen der
Kampagne werden kontinuierlich bezüglich
Wirkung und Erfolg überprüft und
wenn nötig überdacht. Die Planung reicht
vorerst bis Ende 2022; spätere Fortsetzung
oder Wiederholung einzelner Elemente
nicht ausgeschlossen.
Mehr zum Thema unter
vsao.ch/mitgliedschaft/mitgliederkampagne
@vsaoasmac
Einfacher Mitglied werden
Wichtig für den Erfolg der Bemühungen
ist nicht zuletzt der vereinfachte Beitrittsprozess.
«Man kann neu alles Wichtige
online mit einigen Mausklicks und ohne
Medienbruch erledigen», fasst Barbara
Schwede zusammen. Zusätzlich werden
frische Mitglieder in den ersten sechs Monaten
vom Dachverband intensiver betreut,
um die Bindung zu stärken und die
Bedürfnisse zu erkunden.
Bilder: Adobe Stock
vsao /asmac Journal 1/22 15
vsao
77 Jahre vsao
Achtung, wir kommen
(nochmals)!
Der Sekt war kaltgestellt, die Planung geritzt. Doch dann kam Corona –
und auf Eis für den 75. vsao-Geburtstag 2020 lag plötzlich nur noch das Programm.
Jetzt aber will man das Versäumte und Verpatzte nachholen.
Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer vsao
Schwamm bzw. Kleber drüber: Zwei Schnapszahlen zusammen – 77 Jahre
im Jahr 22 – sind mehr als ein Grund für den vsao, es nochmals mit
Anstossen zu probieren.
Mit seinen Jubiläumssocken zeigt der vsao, dass er auch auf solche Art im
Ärztealltag nützlich ist.
Ein Dreivierteljahrhundert alt
wird man wirklich nicht alle
Tage. Auch als Verband nicht.
Ein Jahrhundertereignis wie
die Pandemie stellt allerdings alles in den
Schatten – und in Frage. Das musste der
vsao vorletztes Jahr bitter erfahren. Zwar
wurden zwei Jubiläumsclips produziert
und publiziert und drei Sitzungen des Geschäftsausschusses
statt in Bern in Biel,
Bellinzona und Olten durchgeführt – mit
den örtlichen und umliegenden Sektionen
als Gästen.
Sämtliche weitere Termine im Festkalender
hingegen fielen dem Rotstift zum
Opfer. Bei Redaktionsschluss für diesen
Artikel standen sie nun wieder provisorisch
auf Grün. «Denn gleich zwei Schnapszahlen
zusammen – 77 Jahre im Jahr 22 –
sind mehr als ein Grund, endlich und
richtig anzustossen», findet vsao-Geschäftsführer
Simon Stettler. Und erklärt,
die Aktivitäten in spe würden nahtlos beim
Abbruch 2020 anknüpfen. «Das heisst,
dass unser Geschäftsausschuss wieder auf
Reisen geht und die Abstecher in Chur,
Lausanne und St. Gallen nachholt.»
Von der Schweiz-Tournee …
Noch weitaus häufiger im Land unterwegs
sein wird der Verband im Frühsommer. Mit
einem Bus – natürlich als vsao-Mobil beschriftet
– will er quer durchs Land Spitäler
ansteuern und dort vermutlich jeweils in
der Mittagspause Halt machen. «Standort,
Organisation und Kommunikation klären
wir mit den lokalen Sektionen und den Spitalverantwortlichen
ab», führt Stettler aus.
Im vsao-Mobil reisen Vertreterinnen und
Vertreter des Dachverbands mit. «Eine
Schlüsselrolle spielt zudem immer die Sektionsvertretung,
ob nun von Vorstand, Geschäftsführung
oder Rechtsberatung.»
… ins Berner Kultlokal
Was nicht heisst, dass das 77-Jahr-Jubiläum
eine rein gremieninterne Sache ist.
Im Gegenteil: Höhepunkt der Geburtstagsaktivitäten
soll am 26. August ein grosses
Fest im Berner Kultlokal Bierhübeli sein –
nebst Speis und Trank mit Unterhaltungsprogramm
und der einen oder anderen
Überraschung, über die – es liegt in der
Natur der Sache – vorerst noch der Mantel
des Schweigens liegt.
Ebenfalls in der Tüftelphase steckt
die auf das vierte Quartal angesetzte Social
Media Challenge auf Instagram. Bereits
bekannt ist zumindest der Hashtag
#youMEDmyDAY – und dass es einen inhaltlichen
Bezug zu einem der vsao- Kernthemen
geben wird. Passend zum Start und
zum Abschluss des Programms in der kalten
Jahreszeit verteilt der Verband übrigens
seine neu kreierten Jubi läumssocken – die
selbstverständlich in jeder Saison adrett
kleiden und für einmal auf eine ungewohnte
Art zeigen, wie nützlich der vsao im
Alltag junger Ärztinnen und Ärzte ist.
Mehr zum Thema unter
vsao.ch/vsao-jubilaeum-2022
@vsaoasmac
Bilder: vsao
16 1/22 vsao /asmac Journal
vsao
vsao-Rechtsberatung
Geburts- und/oder
Vaterschaftsurlaub
Bild: zvg
Der GAV, dem ich unterstehe,
sieht für die Geburt eines
Kindes einen Geburtsurlaub
von fünf Tagen mit
voller Lohnzahlung vor. Wird dieser
Geburtsurlaub zum kürzlich auf Bundesebene
eingeführten Vaterschaftsurlaub
von zehn Tagen hinzugezählt?
Bei dieser Frage geht es um das Zusammenspiel
von zwei Urlaubsarten:
1. Den Urlaub des Vaters für die
Geburt eines Kindes und
2. den «Vaterschaftsurlaub»,
der am 1. Januar 2021 auf
Bundesebene eingeführt wurde.
Vor dem 1. Januar 2021 sahen die Gesamtarbeitsverträge
für Assistenz- und
Oberärztinnen und -ärzte fast alle einen
Geburtsurlaub von einigen Tagen vor, der
in der Regel zu 100 Prozent bezahlt
wurde. Es handelte sich um einen Urlaub,
den der Arbeitgeber anbietet, so wie er
auch bei der Hochzeit eines Arbeitnehmers
oder einer Arbeitnehmerin in der
Regel einige Tage zu 100 Prozent bezahlt.
Der Urlaub für die Geburt eines Kindes
wird in der Regel in einem GAV-Artikel
mit dem Titel «Besondere Urlaube» oder
«Andere Urlaube» aufgeführt. Er gehört
zu den Leistungen, die ein Arbeitgeber
seinen Arbeitnehmern durch Vereinbarung
anbietet und mit denen er den
Angestellten einen Anspruch gegenüber
dem Arbeitgeber gewährt (Privatrecht).
Seit dem 1. Januar 2021 sieht das
Bundesrecht einen Vaterschaftsurlaub
von zwei Wochen für den Arbeitnehmer
vor, sofern dieser zum Zeitpunkt der
Geburt eines Kindes dessen rechtlicher
Vater ist oder dies innerhalb der folgenden
sechs Monate wird (Art. 329g Abs. 1
OR). Der Urlaub kann wochen- oder
tageweise bezogen werden (Wochenende
eingeschlossen), innert sechs Monaten
nach der Geburt des Kindes. Wie beim
Mutterschaftsurlaub wird das Wochenende
auch entschädigt. Der Vater hat
damit Anrecht auf 14 Taggelder (zwei
Wochen), die 80 Prozent des Lohnes
entsprechen. Der Lohn ist auf CHF
7350.– pro Monat plafoniert, was ein
maximales Taggeld von CHF 196.– pro Tag
ergibt (CHF 7350.– × 0,8 ÷ 30 Tage = CHF
196.– pro Tag). Der Urlaub entspricht
maximal CHF 2744.– (14 Taggelder × CHF
196.– pro Tag) und wird über die Erwerbsersatzordnung
(EO) finanziert, sprich
hauptsächlich über die Beiträge der
Angestellten, Arbeitgeber und Selbständigen.
Der Vater hat also einen Anspruch
gegenüber dem Staat (öffentliches Recht).
Wie sieht es nun mit dem Zusammenspiel
dieser beiden Ansprüche auf
«Vaterschaftsurlaub» aus? Wie können
die neuen bundesrechtlichen Bestimmungen
und die bestehenden Bestimmungen
im GAV in Einklang gebracht
werden? Die Antwort ist umstritten.
Einige Autoren sind der Meinung, dass
die neuen Bestimmungen zum «Vaterschaftsurlaub»
die Anwendung anderer
Bestimmungen verunmöglichen, da der
«Vaterschaftsurlaub» grosszügiger
ausgestaltet ist. Andere wiederum sind
der Ansicht, dass die beiden Rechte
nebeneinander bestehen können, da sie
unterschiedlicher Natur sind: Der
Arbeitnehmer hat gegenüber seinem
Arbeitgeber einen (durch den GAV
begründeten) Anspruch sowie (einen
gemäss Art. 329g OR begründeten)
Anspruch gegenüber dem Staat. Wenn
man diese zweite Meinung berücksichtigt,
könnte der Arbeitnehmer die beiden
Urlaubsarten kumulieren. Dieser Ansatz
könnte aber womöglich vom Arbeitgeber
abgelehnt werden. Schliesslich könnte
man in einer dritten Interpretation sagen,
dass der Arbeitgeber, der einen zu 100
Prozent bezahlten Geburtsurlaub von
fünf Tagen gewährt, im Anschluss die
Taggelder zu 100 statt zu 80 Prozent aus
dem Vaterschaftsurlaub während fünf
Tagen bezahlen muss. Diese Lösung
scheint gerecht zu sein, da das im GAV
verankerte Recht, fünf Tage zu 100
Prozent bezahlt zu werden, eingehalten
werden würde.
Die Frage bleibt aber offen.
Falls ein Spital den Urlaub, den der Vater
bei der Geburt eines Kindes bei voller
Lohnzahlung während fünf Tagen erhält,
zu Gunsten eines ausschliesslichen und
neuen «Vaterschaftsurlaubs» streichen
will, muss es den GAV mit den unterzeichnenden
Verbänden neu verhandeln.
Falls der GAV noch nicht neu verhandelt
wurde, können Sie versuchen, von
Ihrem Arbeitgeber zu verlangen, dass der
Vaterschaftsurlaub während der Dauer
des im GAV vorgesehenen fünftägigen
Urlaubs zu 100 Prozent bezahlt wird (und
nicht zu 80 Prozent mit einer Obergrenze).
Dies wäre eine gerechte und
vertretbare Lösung.
Dr. Valentine Gétaz Kunz,
Juristin der Sektion Wallis
vsao /asmac Journal 1/22 17
Fokus
Die Zeitfabrik
Wie spät ist es? Diese Frage wurde seit der Antike von Astronomen
beantwortet, die anhand der Bewegungen der Himmelskörper
die Zeit bestimmten. Erst seit rund 60 Jahren messen Atomuhren die Zeit.
Mit einer Abweichung von nur einer Sekunde alle 30 Millionen Jahre
unglaublich stabil und genau.
Prof. Dr. André Stefanov, Institut für angewandte Physik, Universität Bern
Vom Astronomen zur Atomuhr: Zeitfabriken rund um den Globus sorgen dafür, dass unsere Uhren immer richtig gehen.
Bilder: Wikimedia/ Primärfrequenznormal FoCS-2n, Eidgenössisches Institut für Metrologie METAS
18 1/22 vsao /asmac Journal
Fokus
Heutzutage muss man seine
Uhr nicht mehr täglich richten.
In unserer stark vernetzten
Welt findet man unter
den zahlreichen Informationen, die ständig
zwischen unzähligen Geräten hinund
herfliessen, auch Informationen zur
Synchronisation der Uhrzeit. So zeigen
unsere Smartphones, funkgesteuerten
Uhren oder Haushaltsgeräte immer die
richtige Zeit an. Wir sind uns aber wohl
manchmal nicht bewusst, welche wissenschaftlichen
und technischen Anstrengungen
unternommen werden, um die
Zeit zu definieren, zu realisieren und zu
verteilen.
Eine Zeit für alle
Die Zeiten, in denen in jedem Dorf die
Uhrzeit von der Kirchturmuhr angezeigt
wurde, sind längst vorbei. Heute braucht
es auf globaler Ebene eine einzige einheitliche
Zeit. Diese wird technisch als Zeitskala
bezeichnet und koordinierte Weltzeit,
abgekürzt UTC, genannt. Vor Ort
werden die verschiedenen Zeitzonen definiert,
indem eine bestimmte Anzahl
Stunden zur UTC addiert oder von ihr
subtrahiert werden. So ist die Zeit in der
Schweiz nach der mitteleuropäischen
Zeitzone im Winter UTC+1 und im Sommer
UTC+2.
Um die UTC zu definieren, braucht
man eine einzige gemeinsame Referenzuhr,
im Prinzip die beste, die uns zugänglich
ist. Eine Uhr besteht ganz allgemein
aus einem periodischen physikalischen
Prozess, der sich regelmässig wiederholt,
und einer Vorrichtung, die diese Wiederholungen
zählt. Bis in die 1950er Jahre waren
die Bewegungen der Himmelskörper
die zeitlich stabilsten physikalischen Phänomene.
So war es seit der Antike Aufgabe
der Astronomen, die Zeit zu bestimmen.
Die Rotation der Erde, die die Tage definiert,
ist das einfachste Beispiel dafür.
Doch die Rotationsgeschwindigkeit der
Erde schwankt leicht zufällig. Daher waren
immer genauere Beobachtungen der
Himmelsmechanik nötig.
Atom statt Astronom
Nach dem Zweiten Weltkrieg ermöglichten
die enormen Fortschritte (die durch
die Militärtechnologie für Radargeräte
vorangetrieben wurden), die Herstellung
von Atomuhren. Basis hierfür waren Entwicklungen
auf wissenschaftlicher Ebene
beim Verständnis der atomaren Prozesse
und auf technologischer Ebene bei der
Erzeugung und Erkennung elektromagnetischer
Wellen. In einer gewöhnlichen Uhr
werden die Schwingungen mechanisch
(durch ein Pendel oder eine Feder) oder
elektrisch (durch einen Quarzoszillator)
erzeugt. Diese Schwingungen reagieren
auf die genauen Details der Konstruktion
sowie auf äussere Bedingungen wie Temperatur
oder Luftdruck. So hat jede einzelne
Uhr eine eigene Frequenz, die sich von
den anderen unterscheidet.
Eine Atomuhr nutzt hingegen die
Eigenschwingungen von Atomen, z.B. von
Cäsiumatomen. Jede Art von Atomen
kann elektromagnetische Strahlung mit
genau definierten Frequenzen aufnehmen
und aussenden. Da die Eigenschaften
von Atomen überall im Universum und zu
jeder Zeit gleich sind, reagiert im Prinzip
jede Uhr, die die gleiche Art von Atomen
verwendet, auf die gleiche Frequenz, unabhängig
von den Details ihrer Konstruktion.
Eine Voraussetzung dafür ist jedoch,
dass man die Emissions- und Absorptionseigenschaften
von Wellen durch
Atome genau messen kann. Im Idealfall
interagiert ein isoliertes, stillstehendes
Atom mit Mikrowellen und wird eine einzelne
Frequenz absorbieren. Im Falle des
Cäsiumatoms wurde diese Frequenz als
9192631770 Schwingungen pro Sekunde
definiert, was seit 1967 die offizielle Definition
der Sekunde ist. Zu dieser Zeit haben
die Leistungen der Atomuhren erstmals
die astronomischen Beobachtungen bei
der Zeitdefinition übertroffen. In der Praxis
sind Atomuhren nicht perfekt und es
kann zu Abweichungen kommen, weil die
Atome nicht absolut regungslos bleiben.
Heutzutage weichen die besten Atomuhren
nur alle 30 Millionen Jahre eine
Sekunde von der Messung mit einer perfekten
Uhr ab. Das ist eine Million Mal
besser als die durch astronomische Beobachtungen
gemeldete Zeit. Weltweit gibt
es ein Dutzend solcher Uhren, die als Primärfrequenznormale
bezeichnet werden.
Viele kommerzielle Atomuhren mit geringerer
Leistung finden auch eine breite
Anwendung, vor allem zur Synchronisation
von Telekommunikationsnetzen.
Nationale Zeitfabriken
Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen
einer astronomischen und einer
atomaren Zeitskala. Bei ersterer gibt es
nur eine einzige ewige Uhr, nämlich die
Bewegung der Erde, während es unmöglich
ist, eine Atomuhr zu bauen, die niemals
stehen bleibt. Deshalb wird die UTC
nicht von einer einzigen Uhr «hergestellt»,
sondern ist ein Durchschnitt von etwa
650 kommerziellen Atomuhren, die in 80
Insti tutionen auf der ganzen Welt verteilt
sind. Die Werte dieser Uhren werden mithilfe
von Satellitenverbindungen regelmässig
verglichen. Ein Mittelwert wird
berechnet und anschliessend durch Messungen
an Primärfrequenznormalen in
nationalen Metrologielabors korrigiert. So
wird die UTC nicht von einer Uhr allein
realisiert, sondern ist das Ergebnis von
Berechnungen, die vom Internationalen
Büro für Mass und Gewicht (BIPM) in Paris
durchgeführt und monatlich veröffentlicht
werden. Um Echtzeituhren physisch
synchronisieren zu können, werden in
den nationalen Metrologielaboratorien
Annäherungen an die UTC vorgenommen.
Zum Beispiel wird die offizielle
Schweizer Zeit UTC(CH) vom Eidgenössischen
Institut für Metrologie METAS hergestellt.
Ihre Abweichung von der UTC
beträgt nur wenige Milliardstelsekunden
und ist damit für alle Anwendungen ausreichend.
Die UTC(CH) ist der Öffentlichkeit
über Kalibrierungsdienste oder Internetserver
zugänglich, auf die jeder Computer
synchronisiert werden kann.
Wir sehen also, dass die simple Möglichkeit,
sein Telefon oder seinen Computer
automatisch zu aktualisieren, das Ergebnis
einer Kette von Vergleichen ist, bei
denen Spitzentechnologien zum Einsatz
kommen, bei denen ultrapräzise Uhren in
Labors die Referenz für die Synchronisierung
aller Computer-, Telekommunikations-
und Satellitennavigationssysteme
bilden, von denen wir abhängig sind.
vsao /asmac Journal 1/22 19
Fokus
Normal
trotz psychischer
Erkrankung
Zwangsstörungen, Depressionen oder Suchterkrankungen schliessen
die Betroffenen oftmals aus dem Kreis der «Normalen» aus.
Damit sie sich trotzdem wieder als normal fühlen können, bedarf es
der Suche nach dem Ursprung ihres Leidens.
Dr. med. Rosilla Bachmann Heinzer, Fachärztin Psychiatrie und Psychotherapie
Psychische Leiden sind oftmals unsichtbar,
die Betroffenen nach aussen hin «normal».
Den Schein aufrechtzuerhalten, kostet enorm
viel Kraft und endet ohne Behandlung meist
im Zusammenbruch.
Dieser Moment im Pathologieunterricht,
als ich durch das
Mikroskop das Neuroblastom
erblickte, das, eingebettet im
Universum des gesunden Gewebes, in
intensivsten, galaktischen Farben leuchtete,
ist mir noch immer deutlich in Erinnerung.
Es schien mir ein absolut klares
Engramm für das «Abnorme». Zellen, die
aus ihrer Norm treten – der Norm, die
Form und Funktion definiert und in deren
Rahmen sich die Zelle dank eines
wachstumshemmenden Proteins normalerweise
bewegt. Wird dieses Protein
krankheitsbedingt nicht mehr produziert,
liefert das die Zelle diesem wilden, grenzüberschreitenden
Wachstum aus.
Von der gewinnbringenden Akribie
zum quälenden Zwang
In der täglichen Arbeit mit meinen psychisch
erkrankten Patientinnen und Patienten
erinnere ich mich in intensiven Situationen
zurück an diesen Moment im
Studium, als sich mir dieses Bild präsentierte.
Zum Beispiel dann, wenn Herr B.,
der seit Jahren an einer schweren Zwangs-
Bild: Adobe Stock
20 1/22 vsao /asmac Journal
Fokus
störung leidet, durch verschiedenste Belastungen
aus seiner Stabilität gerissen
wird. Die Fähigkeit, akribisch genau zu
arbeiten und alles zu kontrollieren, kommt
Herrn B. in seinem Beruf zugute. Unterlegt
mit verstärkten und ausufernden
Ängsten und der psychischen Verletzlichkeit
wird diese Fähigkeit jedoch zu einem
quälenden Zwang. Herr B. ist den Zwangshandlungen
ohnmächtig ausgeliefert; er
befindet sich in einem emotionalen Teufelskreis.
Das führt dazu, dass Herr B. nach
jeder Handlung die Hände bis zu 30 Mal
waschen und bis zu 20 Mal kontrollieren
muss, ob er die Wohnung wirklich abgeschlossen
hat. Diese Handlungen erscheinen
ihm absolut unsinnig, und er hat in
den letzten Jahren in der Behandlung gelernt,
mit der Angst umzugehen, die seine
Handlungen antreibt. Nur ist sie jetzt erneut
so gross, dass der Zwang immer mehr
Zeit und emotionale Ressourcen beansprucht.
Seine Kraft schwindet, die er benötigt,
um die Angst auszuhalten, die aufflammt,
wenn er versucht, die Zwangshandlungen
in den Schranken und in der
Norm zu halten.
Hinter die Suchterkrankung blicken
statt sie herunterspielen
Frau K. kam vor einigen Jahren zu mir in
Behandlung, weil sie in ihrer damaligen
Beziehung bedrohliche Situationen erlebt
hatte, die auf den Boden einer traumatisierenden
Kindheit trafen. Bis sie über die
Erkrankung hinter den sichtbaren Symptomen
sprechen konnte, die zur Selbstzuweisung
geführt hatten, dauerte es ein
halbes Jahr. Erst dann hatte Frau K. Vertrauen
in die therapeutische Beziehung
und begann offen über ihren schambesetzten
Alkoholkonsum zu sprechen, der
regelmässig zu massiven Abstürzen sowie
impulsivem, riskantem und teilweise suizidalem
Verhalten führte. Danach war sie
jeweils nicht mehr in der Lage, an ihrem
Arbeitsplatz aufzutauchen. Die Patientin
war einerseits körperlich sehr angeschlagen,
musste massiv erbrechen und litt unter
Kopfschmerzen am Folgetag, anderseits
war sie emotional am Boden zerstört
angesichts des finanziellen und sozialen
Scherbenhaufens und der Gefahr, ihre berufliche
Stabilität durch die Suchterkrankung
zu gefährden. Initial spielte die Patientin
ihre Alkoholsucht herunter. Sie sei
jung, und es sei normal, dass man in ihrem
Alter nicht auf Spass, Lockerheit und Partys
am Wochenende verzichten wolle. Dieses
Verhalten sei die Norm, alle würden
dies tun. Im Verlauf der Therapie wurde
der Patientin klar, was die Ursachen für
ihre Sucht waren. Es gelang ihr, die Suchterkrankung,
die sie schon seit vielen Jahren
gesundheitlich, finanziell, zwischenmenschlich,
beruflich und emotional einschränkt
und schädigt, als Teil ihrer psychischen
Erkrankung zu sehen, und
Verständnis für sich aufzubringen.
Wenn die gesellschaftliche Norm
zum Problem wird
In den ersten Monaten nach Beginn der
Pandemie meldete sich ein junger Patient,
dessen Behandlung seit einiger Zeit abgeschlossen
war. In früher Jugend erhielt
Herr M. die Diagnose einer Aufmerksamkeits-
und Hyperaktivitätsstörung (ADHS).
Er kam während seines Studiums zu mir
in Behandlung und blieb bis zwei Jahre
nach Berufseinstieg in Therapie. Herr M.
erarbeitete für sich in der Therapie Erkenntnisse
und Strategien, um trotz seiner
Aufmerksamkeitsstörung im Berufsleben
fokussiert und aufmerksam zu arbeiten.
Im pandemiebedingten Homeoffice, ohne
den normalen Rahmen des physischen Arbeitsplatzes
und ohne die Anwesenheit
von Kollegen und Kolleginnen, zeigte sich
allerdings, dass diese neuen räumlichen,
aber auch zeitlichen Umstände, die nicht
mehr der bisherigen Norm entsprachen,
Herrn M. wieder seinen ausgeprägten Konzentrations-
und Aufmerksamkeitsstörungen
auslieferten.
Herr M. stellte sich die Therapie ganz
zu Beginn als Hilfsmittel zur Selbstoptimierung
vor. Er wollte einen Zustand von
Glück erreichen, den er aufgrund des
Einflusses von Instagram, Facebook und
anderen Social-Media-Plattformen als erstrebenswerte
Norm betrachtete – eine
Norm, die durch vermeintlich und ausschliesslich
glückliche Momente dokumentiert
und festgelegt wurde. Dieses
künstliche Konzept von Glück schloss die
Wahrnehmung und überhaupt das Empfinden
von schwierigen und unangenehmen
Gefühlen wie Versagensangst, Trauer
oder Wut aus. Dass es für die Therapie
ein wichtiger Schritt ist, die eigenen Versagensängste,
die Trauer, die Schamgefühle
und die Selbstabwertung wahrzunehmen,
zu verstehen und zu akzeptieren,
war zuerst sehr desillusionierend
für Herrn M. Zentral war schliesslich die
Einsicht, dass Glücklichsein als Dauerzustand
nicht die Norm beschreibt und
Zufriedenheit einen zuverlässigeren Zustand
des In-Frieden-Seins mit den
schwierigen Gefühlen und dem ganzen
Spektrum des Erlebens bildet.
«Normal» nur auf den ersten Blick
In der ambulanten Psychiatrie ist die
Norm bei den Patientinnen und Patienten
nach aussen noch gewahrt, sie kommen
meist orientiert in die Praxis, viele von ihnen
sind berufstätig, viele sind eingebettet
in soziale Strukturen von Familie oder
Paarbeziehung, einige sind jedoch auch
stark vereinsamt oder bindungsunfähig.
Viele scheinen auf den ersten Blick «normal»,
entsprechen häufig nach aussen der
gesellschaftlichen Norm, sind aber in Tat
und Wahrheit psychisch angeschlagen
und erkrankt. Die Erkrankung, die sie zu
uns führt, kostet zu viel Kraft, nimmt zu
viel Raum ein und droht den Rahmen zu
sprengen, in welchem sie sich – ganz der
gesellschaftlichen Norm entsprechend –
bewegen.
Die diagnostische Einordnung und
darauf basierend die Indikationsstellung
für die Therapie sind komplex und herausfordernd.
Einerseits ist es für das Vertrauen
der Patientinnen und Patienten in die
therapeutische Beziehung wichtig, dass
sie wahrgenommen und nicht bewertet
werden. Gleichzeitig benötigen wir, um
ihre innere Welt zu verstehen und zu erfassen
und auch den Normen der psychiatrischen
Diagnostik zuzuordnen, genaues
Zuhören und Nachfragen, Sammeln und
Beobachten und Mitgefühl, um mit ihnen
auf die therapeutische Reise zur Erkenntnis
ihrer Erkrankung und zu den Ursachen
zu gehen. So können Patientinnen und Patienten
die Einsicht gewinnen, dass man
auch mit einer psychischen Erkrankung
normal sein kann und dazugehört.
vsao /asmac Journal 1/22 21
Fokus
Normen – die
unsichtbaren
Helfer
In der Schweiz begann es 1898, als erstmals ein Schraubengewinde
normiert wurde. Heute gibt es 650 nationale und Tausende
internationale Normen. Nebst realen Produkten wächst die Zahl von
Normierungen im digitalen Bereich.
Barbara Guder, Programme Manager Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV)
Normen begegnen uns täglich –
meist völlig unbemerkt. Noch
bevor wir morgens bei der Arbeit
eintreffen, haben zahlreiche
Normen unser Leben bereits sicherer
und bequemer gemacht. Diese unsichtbaren
Helfer sorgen für das reibungslose
Zusammenspiel vielfältiger Produkte,
Prozesse und Dienstleistungen. Normen
kommen in nahezu allen Branchen und
Fachgebieten zum Einsatz. Von Spielzeugkapseln
in Schokoladeneiern über
Medizinprodukte bis hin zum sicheren
Betrieb eines Kraftwerks – die Anforderungen
werden in Normen definiert. In
der Regel fällt uns das Fehlen von Normen
erst auf, wenn wir beispielsweise im
Ausland in den Ferien sind und das Ladegerät
vom Smartphone nicht in die Steckdose
passt.
Am Anfang steht der Antrag
Anerkannte Normen sind das Ergebnis
von freiwilliger nationaler, europäischer
und weltweiter Normungstätigkeit. Sie
werden von den interessierten Kreisen in
einem Prozess der Selbstorganisation entwickelt
– nach dem Motto «von der Praxis
für die Praxis». Hinter dem Ansatz steckt
der Gedanke, dass die Vertreterinnen und
Vertreter einer Fachbranche selbst am besten
wissen, welche Standardisierungen für
ihre Branche hilfreich sind. Die Schweizerische
Normen-Vereinigung (SNV) koordiniert
die Normungstätigkeit in der Schweiz
und ermöglicht Expertinnen und Experten
die Mitgestaltung nationaler und internationaler
Normen. Die Schweizerische
Normen-Vereinigung (SNV) ist die
neu trale Anlaufstelle bei allen Fragen und
Bedürfnissen zur Normung. Sie betreut
rund 300 nationale Normenkomitees und
ein Normenwerk von ungefähr 29 000
Normen. Davon sind rund 650 rein nationale
Normen. Diese SN-Normen kommen
überwiegend im Uhrenwesen und im Bau
vor. In einer globalisierten Welt geht der
Trend eindeutig in Richtung internationale
Normen.
In der Schweiz startet jedes Normenprojekt
mit einem Normenantrag, den Interessensvertretende
bei der Schweizerischen
Normen-Vereinigung (SNV) einreichen.
In einem ersten Schritt wird der
Normenantrag von der Schweizerischen
Normen-Vereinigung (SNV) und den
Mitgliedern des zuständigen nationalen
Normenkomitees geprüft und bewertet.
Handelt es sich um einen Antrag für
eine Europäische Norm (EN) oder eine
Inter nationale Norm (ISO), koordiniert
die Schweizerische Normen-Vereinigung
(SNV) die weiteren Schritte mit der europäischen
Normenorganisation (CEN) oder
der internationalen Normenorganisation
(ISO). Geht es um ein nationales Normenprojekt
und trifft dieses auf Zustimmung,
organisieren sich die interessierten Fachpersonen
in einer nationalen Arbeitsgruppe
und erarbeiten einen Normenentwurf.
Anschliessend wird der Normenentwurf
der Öffentlichkeit zur Kommentierung
vorgelegt. Die eingehenden Kommentare
werden von den Mitgliedern der
Arbeitsgruppe so lange diskutiert und verhandelt,
bis ein Konsens vorliegt. Diese
Phase kann mitunter etwas nervenaufreibend
verlaufen, da die verschiedensten
Interessensvertreterinnen und -vertreter
aufeinandertreffen. Es gilt, die eigenen Interessen
gegenüber den anderen zu vertreten
und mit guten Argumenten zu
überzeugen. An der fachlichen Arbeit in
den Normenkomitees können sich alle Interessierten
am Thema beteiligen und ihr
Fachwissen einbringen. Damit der Markt
die erstellten Normen auch akzeptiert,
strebt die Schweizerische Normen-Vereinigung
(SNV) eine breite Beteiligung am
Normungsprozess an und versucht eine
Vielzahl von Interessensvertretenden in
den Normungsprozess miteinzubeziehen.
Dies sind beispielsweise Firmen, Branchenverbände,
Prüfinstitute, Hochschulen,
Forschungsinstitute, Behörden, NGOs
sowie Konsumentenorganisationen.
Harmonisierte EU-Normen
Auf europäischer Ebene gibt es eine zusätzliche
grosse Interessensvertreterin:
die EU-Kommission. Diese kann die Normungsanträge
direkt bei der europäischen
Normungsorganisation (CEN) einreichen.
Bei diesen Anträgen geht es jedoch nicht
um einzelne Normen, sondern um ganze
22 1/22 vsao /asmac Journal
Vom Tisch über den PC bis zur Kaffeemaschine für den Pausenkaffee – Normen begegnen uns auf Schritt und Tritt. Meist nehmen wir sie erst wahr,
wenn der Stecker im Ausland nicht in die Dose passt oder wir andere Kopfhörer für das neue Handy brauchen.
Bild: zVg
Normenpakete. Etwa 20 Prozent aller
Europäischen Normen (EN) werden nach
einem Normungsauftrag der EU-Kommission
erarbeitet. Die zu entwickelnden harmonisierten
Europäischen Normen (EN)
dienen dazu, die technischen Anfor -
derungen in den EU-Rechtsvorschriften
zu konkretisieren. Ein Beispiel dafür ist
die EU-Medizinprodukteverordnung MDR
(EU/2017/748) mit den dazugehörigen harmonisierten
EN-Normen.
Im Bereich der Medizintechnik beschäftigen
sich die internationalen Normenorganisationen
intensiv mit dem Thema
Digitalisierung. Besonders die beiden
Normenkomitees «Health informatics»
(CEN TC 251 und ISO TC 215) arbeiten an
Normen im Bereich der Informations- und
Kommunikationstechnologie im Gesundheitswesen
(IKT), um Kompatibilität und
Interoperabilität zwischen unabhängigen
Systemen zu erreichen. Mangelnde Interoperabilität
wird als ein entscheidendes
Hindernis für die digitale Transformation
des Gesundheitswesens angesehen. Bei
den Expertinnen und Experten besteht
weitgehend Einigkeit darüber, dass die Digitalisierung
im Gesundheitswesen ein
enormes Potenzial birgt.
Auch in der Normung ist die Digitalisierung
angekommen. Es gibt kaum noch
aktive Normungsexpertinnen und -experten,
welche die «analogen Zeiten» erlebt
haben. Denn damals existierten die Normenentwürfe
nur in Papierform und sie
wurden unter anderem auf Paletten als
Frachtgut transportiert. Heutzutage ist
der Normungsprozess nahezu komplett
digitalisiert. Das Themenfeld Digitalisierung
wird zunehmend selbst zum Normungsgegenstand.
Hatte die erste Schweizer
Norm im Jahr 1898, ein einfaches
Schraubengewinde zum Thema, geht es
heute um komplexe Themen wie Big Data,
Blockchain, Smart Mobility oder Künstliche
Intelligenz. Normen werden regelmässig
an den aktuellen Stand der Technik
angepasst und gelten bis heute als
weltweite Sprache der Technik. Wenn Sie
mehr über das vielfältige Thema Normen
erfahren möchten, besuchen Sie die Website
der Schweizerischen Normen-Vereinigung
(SNV) www.snv.ch. Die Europäischen
Normen (EN) werden aufgrund der
Übernahmeverpflichtung ins schweizerische
Normenwerk aufgenommen.
ISO TS 82304-2:2021
Gesundheits- und
Wellness-Apps
Vom Kalorienzählen bis zum Aufspüren
von COVID-19 – es gibt Hunderttausende
von Gesundheits- und Wellness-Apps
auf dem Markt und die
Nachfrage wird immer grösser. Viele
von ihnen haben jedoch Zugang zu
hochsensiblen persönlichen Daten,
während andere möglicherweise Ratschläge
geben, die nicht immer durch
wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt
sind. Um die Qualität und Zuverlässigkeit
solcher Apps effektiv bewerten
zu können, wurde jetzt die neue
technische Spezifikation ISO TS
82304-2 «Gesundheitssoftware – Teil 2:
Gesundheits- und Wellness-Apps –
Qualität und Zuverlässigkeit» veröffentlicht.
Die Norm ist in Englisch und
Französisch im Onlineshop der Schweizerischen
Normen-Vereinigung (SNV)
erhältlich. https://connect.snv.ch/de/
iso-ts-82304-2-2021-ed1
Quelle: iso.org/news
vsao /asmac Journal 1/22 23
Fokus
Viele Stimmen
sprechen mit
Normen und Normalität sind wandel- und verhandelbar.
Das zeigt der Wandel von Normen und Standards in der Medizin
in Vergangenheit und Gegenwart. Verhandelt werden sie heute
aber nicht von der Ärzteschaft allein.
Prof. Dr. phil. Flurin Condrau und Dr. Leander Diener,
Institut für Biomedizinische Ethik und Medizingeschichte, Universität Zürich
Als im Frühjahr 2020 praktisch
alle langsam begriffen hatten,
dass die Corona-Pandemie
mehr als eine kurze Frühlingsgrippe
ist, war rasch ein Kompositum
zur Beschreibung der Situation zur
Hand: «neue Normalität». Der deutsche
Gesundheitsminister Jens Spahn, der österreichische
Bundeskanzler Sebastian
Kurz und auch der schweizerische Gesundheitsminister
Alain Berset: Alle versuchten
sie, mit der «neuen Normalität»
die einschränkenden Massnahmen konsensfähig
zu machen. Was «normal» ist,
kann ja nicht hinterfragt werden, oder?
Die sogenannte Rückkehr zur Normalität
führte vor, dass das Normale oder Alltägliche
eine Norm ist, ein gewisser Standard,
eine verhandelbare Grösse, an der
Abweichungen gemessen werden. Nun ist
in der Medizin das Normale, die Normalität
des normalen Zustands, eine omnipräsente
Grösse, die durch medizinische und
gesellschaftliche Interventionen entweder
restituiert oder neu konstituiert wird.
Aber von welchen Normen sprechen wir
eigentlich? Die Medizingeschichte vollzieht
nach, unter welchen Umständen
diese Normen und Standards entstanden
sind und wie sie sich verändern.
I. Standards in der Medizin:
Diagnose und Therapie
Die Frage nach Standards in der Medizin
beschäftigt die Medizingeschichte seit
langem. Zu den klassischen Beiträgen gehört
Erwin H. Ackerknechts (1906–1988)
Buch über die Medizin in Paris um 1800.
Ackerknecht analysierte darin die Medizin
als kulturelles System. Er arbeitete heraus,
dass sich die wissenschaftliche Medizin
um 1800 vor allem aufgrund ihres
spezifischen Interesses an der Läsion, der
Verletzung, formierte. Der Fokus wurde
also auf das Kranke, Pathologische, auf
den Sitz des Schmerzes und der Symptome
gelegt. Dadurch unterschied sich das
pathologisch veränderte Gewebe vom normalen
Gewebe.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
kam dann die Spezifik hinzu: Die
Bakteriologie eines Robert Koch (1843–
1910) oder Louis Pasteur (1822–1895) überzeugte,
weil neue Krankheitskonzepte
einen spezifischen Zusammenhang mit
einer Ursache – in diesem Fall in der Form
eines Bakteriums – aufwiesen. An diesen
Merkmalen lässt sich moderne Medizin
nach wie vor messen: An möglichst eindeutigen
Krankheitskonzepten und an
einer entsprechend gezielten Intervention,
die auf die Lokalisation der Krankheit
zielt.
Das dritte Element nach dem «klinischen
Blick» und der Krankheitsspezifität
war die Erfolgskontrolle der Medizin, genauer:
die randomisierte klinische Erfolgskontrolle
(RCT). Diese versprach zumindest
konzeptionell, von Ort und Zeit
unabhängig zu sein und sozusagen globale
Wirksamkeiten von Medikamenten
und medizinischen Eingriffen nachzuweisen.
Mit den Versuchen zum Nachweis der
Wirksamkeit von Streptomycin gegen
Tuberkulose ging es los, die bald darauf
einsetzende Kombinationstherapie von
Streptomycin, Paraaminosalicylsäure und
Isoniazid erlaubte, Sanatorien und Krankenhäuser
zu schliessen. Damit erfüllte
sich, was Paul Ehrlich (1854–1915), ein
Schüler Kochs, in Aussicht gestellt hatte.
Die Medizin setzte auf Medikamente, die
als «Magisch Kugeln» (Ehrlich) ihre Wirkung
gezielt gegen die Krankheit entfalten,
aber den Rest des Körpers unangetastet
lassen sollten. Medizin wurde damit zu
einer logistischen Aufgabe: Das korrekte
Medikament sollte dem Leiden ein Ende
bereiten.
II. Professionalisierung:
Marktkontrolle und Sozialstaat
Ein zweites zentrales Element der Standardisierung
war der sogenannte Professionalisierungsprozess
in der Medizin.
Durch diesen erlangte die wissenschaftliche
Medizin eine Dominanz im Berufsfeld,
während andere Berufsgruppen wie etwa
die Hebammen zu abhängigen Medizinalberufen
wurden. Ohne politische und
staatliche Unterstützung wäre der Professionalisierungsprozess
wohl nicht möglich
gewesen: Im 19. Jahrhundert regelte dieser
Prozess in der Schweiz die enge Beziehung
der Ärzte zu den jeweiligen Kantonen,
später dann auch zum Bundesstaat im
Rahmen des Fabrikgesetzes (1877) und des
Epidemiengesetzes (1886).
Neben diesen standespolitischen Regelungen
wurde auch die Zuständigkeit
der Medizin auf soziale und gesundheitliche
Aspekte erweitert, während sich die
Ärzteschaft zunächst kantonal, später
dann eidgenössisch organisierte. Die Erweiterung
der ärztlichen Zuständigkeiten
wird oft als Medikalisierung bezeichnet.
Sozialpolitische Entwicklungen einerseits
24 1/22 vsao /asmac Journal
Fokus
Von der Abweichung zur Norm: Seit zwei Jahren sind Masken,
Abstand und Handhygiene Bestandteile der «neuen Normalität»,
definiert hauptsächlich von der Politik. Was heute in der Medizin
allgemein «normal» oder «Standard» ist, wird zunehmend
von verschiedenen Parteien ausgehandelt.
Bild: Adobe Stock
liessen die Mediziner also zu einer wichtigen
Akteursgruppe werden, während andererseits
und damit zusammenhängend
auch die Nachfrage nach medizinischen
Leistungen angekurbelt wurde.
Die Krankenversicherungsgesetzgebung
in der Schweiz wurde später wie anderswo
auch zu einem wichtigen Treiber
der medizinischen Behandlung und auch
der Marktkontrolle durch die Ärzteschaft.
Ärzteschaft und Kassen hatten ähnliche
Interessen: Die Ärzteschaft arbeitete an
einer Standardisierung des diagnostischen
Wissens, und die Kassen waren auf
Klarheit in Bezug auf die Abrechnung
medi zinischer Leistungen angewiesen.
Neben medizininternen Aspekten brachte
damit der moderne Sozialstaat auch das
Element der standardisierten Abrechnung
ins Spiel, die nach dem Zweiten
Weltkrieg zunehmend unter dem Begriff
der Kostenrechnung im Gesundheitswesen
eine wichtige Rolle spielte.
III. Ethik:
Politisierung und Entpolitisierung
der Medizin
Ein drittes zentrales Element der Standardisierung
in der Medizin waren ethische
Prinzipien, deren Institutionalisierung vor
allem in den Nachkriegsjahrzehnten vorangetrieben
wurde. Ein prägendes Moment
war das Bedürfnis, Innovationen in
der medizinischen Praxis zu reflektieren:
Vielversprechende neue Medikamente waren
seit den 1940er-Jahren auf den Markt
gekommen, lebenserhaltende Massnahmen
stellten Ärzteschaft und Angehörige
vor ungeahnte Herausforderungen, dazu
kamen neue diagnostische und andere
technische Verfahren. Zu den bekannteren
Debatten gehört beispielsweise diejenige
über lebenserhaltende Massnahmen, die
zur berühmten «Definition of Irreversible
Coma» der Harvard Medical School im
Jahr 1968 führte.
Im Rahmen der diagnostischen und
therapeutischen Neuerungen veränderte
sich auch der Umgang mit Kranken: Zunehmend
stand die Krankheit im Vordergrund,
die sich wissenschaftlich ergründen
und behandeln liess. Als Reaktion
darauf und in Zusammenhang mit einer
breiteren Skepsis gegenüber der wissenschaftlichen
Medizin übten sich Patientinnen
und Patienten in einem neuen
Selbstverständnis: Der Contergan-Skandal
oder die Psychiatriekritik führten vor,
dass die medizinische Zunft fehlbar war
und dass es einer Demokratisierung der
Medizin bedurfte. Figuren wie Ivan Illich
oder Thomas McKeown traten in den
1970er-Jahren als Fürsprecher einer Medizinkritik
auf, die mit historischen Argumenten
ärztliche Interventionen in ihre
Schranken weisen wollte. Vor allem Illich
zielte hierbei auf eine Veränderung des
medizinischen Systems und dessen
Machtstrukturen ab, auf eine demokratische
Diskussion der medizinischen Normen.
Im Gegenzug dazu trat innerhalb der
Medizin die biomedizinische Ethik auf
den Plan und nahm sich der jüngsten
Spannungen an. Hier ging es weniger um
eine Politisierung des Systems oder um eine
Fundamentalkritik bestehender Normen,
sondern eher um eine akzeptablere
systeminterne Antwort auf entstandene
Spannungen. Die Entpolitisierung der
Medizinkrise im Rahmen medizinethischer
Prinzipien wurde in der biomedizinischen
Ethik als Identitätsproblem angesehen
und ausgehandelt: Wie soll verhindert
werden, dass Bioethik zum industriefinanzierten
Beratungsunternehmen
mutiert? Umgekehrt wurde auch der Aufstieg
und Erfolg der biomedizinischen
Ethik zum Identitätsproblem anderer
geistes- und sozialwissenschaftlicher Disziplinen,
die dadurch unter Zugzwang gerieten.
«Normalität» für alle
Verschiedene Disziplinen reflektieren medizinische
Normalitäten, Standards und
medizinische Normen, nicht nur das medizinische
Personal. Dies gilt auch für die
eingangs erwähnte «neue Normalität» in
Zeiten einer Pandemie. Insbesondere geistes-
und sozialwissenschaftliche Disziplinen
zeigen nämlich, dass Normalitäten
und Normen wandelbar und verhandelbar
sind. Erst wenn die verschiedenen Stimmen
aus der Klinik, aus der Politik, aus der
Ethik, aus der Geschichte und aus anderen
Gebieten an einem Tisch sitzen, kann
heutzutage überzeugend und normativ
von einer «Normalität» für alle gesprochen
werden.
vsao /asmac Journal 1/22 25
Fokus
Normen schaffen
Sicherheit
Zu klein, zu krumm, zu grün oder überreif? Nicht alle Früchte und
Gemüse, die Schweizer Bauern ernten, enden direkt auf dem Teller.
Normen entscheiden, in welchen Kanal sie gelangen. Verwertet aber
werden sie alle. Es sei denn, sie landen via Privathaushalt im Abfall.
Christian Sohm, Direktor SWISSCOFEL
Äpfel wie aus dem Bilderbuch. Die meisten kommen wohl beim Konsumenten an. Erfüllen sie die hierfür nötige Norm nicht, gelangen sie in andere Kanäle.
Bild: zvg
26 1/22 vsao /asmac Journal
Fokus
Der Zweck und Nutzen der
Qualitätsnormen für Früchte,
Gemüse und Kartoffeln besteht
primär darin, dass alle
Beteiligten in der Wertschöpfungskette
der Lebensmittelbranche wissen, welche
Qualität gemeint ist, wenn sie im Tagesgeschäft
miteinander über ein Produkt
sprechen bzw. es produzieren, bestellen
oder verkaufen.
Heute gibt es rund 14 000 unterschiedliche
Artikel auf dem Schweizer Früchteund
Gemüsemarkt. Es wäre schlicht unmöglich,
wenn Lieferanten und Abnehmer
tagtäglich für jede Bestellung eine
neue Qualitätsbeschreibung vornehmen
und dafür einen neuen Preis vereinbaren
müssten. Die Normen geben den Produzenten
(Bauern), den Verarbeitern, dem
Gross- und Detailhandel und auch der
Gastronomie also die Sicherheit, dass sie
bei einer Bestellung ein Produkt in einer
Qualität bekommen, in der sie es weiterverkaufen,
verwenden oder verarbeiten
können.
Die Einhaltung der Normen bedeutet
nicht nur, dass ein Produkt marktfähig
ist, sondern auch, dass die Vielzahl von
lebensmittelrechtlichen Anforderungen
eingehalten wird. Das Lebensmittelgesetz
verlangt von allen Lebensmittelbetrieben
ausdrücklich den Schutz der Konsumenten
vor Täuschung und vor gesundheitlicher
Schädigung. Dazu gehört insbesondere,
dass die Früchte und Gemüse geniess
bar, frisch, reif, sauber, frei von Schädlingen
und Krankheiten, Beschädigungen,
Schimmel und Fäulnis sein müssen und
insbesondere auch, dass die lebensmittelrechtlichen
Limiten in Bezug auf Mikrobiologie
und andere Rückstände unbedingt
eingehalten werden müssen. Dann
geht es auch noch darum, die Produkte bei
der Lagerung vor Verderb zu schützen.
Faule und kranke Produkte können während
der Lagerung gesunde Früchte und
Gemüse innert kurzer Zeit anstecken und
zu grossen Verlusten und im schlimmsten
Fall sogar zu Totalausfällen führen.
Gemeinsamer Entscheid
Im Gegensatz zur EU sind die Normen für
Früchte, Gemüse und Kartoffeln in der
Schweiz nicht gesetzlich festgelegt. Sie
werden durch die Branche selbst, in paritätischen
Kommissionen mit Vertretern der
Produktion, des Handels, der Verarbeitung
und der Konsumentenorganisationen definiert.
Letztlich geht es immer darum, jene
Qualitäten zu definieren, von denen die
ganze Wertschöpfungskette weiss, dass sie
von den Kundinnen und Kunden gewünscht
und auch gekauft werden.
Im Tagesgeschäft können Abweichungen
von den Normen zwischen Lieferanten
und Kunden vorgängig vereinbart
werden. Das findet auch in der Praxis statt,
ganz besonders in einem Jahr wie dem
letzten, in dem das Wetter in den Obstund
Gemüsekulturen erhebliche Schäden
verursacht hat. Die Normen sehen zudem
bereits gewisse Toleranzen vor. Ohne vorherige
Absprache und gegenseitiges Einverständnis
wird nicht konforme Ware jedoch
nicht übernommen.
Es macht allerdings weder ökologisch
noch ökonomisch Sinn, Produkte anzubauen,
zu pflegen, zu schützen, zu ernten,
zu kühlen, zu transportieren, zu lagern, zu
rüsten, zu sortieren, zu verpacken, erneut
zu transportieren und anzubieten, wenn
sie dann im Laden liegen bleiben oder
wenn die Konsumenten sie am Ende wegwerfen,
weil sie nicht ihren Erwartungen
und Ansprüchen genügen, oder nicht
haltbar und geniessbar sind.
Nichts soll verloren gehen
Was passiert mit den Produkten, die den
Normen nicht entsprechen? Grundsätzlich
ist der Verkauf solcher Produkte zulässig,
sofern die Bestimmungen des Lebensmittelrechts
eingehalten werden.
Der Verkauf findet oft in Hofläden, über
kleingewerbliche Detaillisten, Marktfahrer
usw. statt.
Auch viele organisierte Detailhändler
haben für den Verkauf von Früchten und
Gemüse mit vertretbaren Mängeln besondere
Verkaufssegmente eingeführt.
Beispiele dafür sind «M-Budget», «Prix-Garantie»,
«Unique» von Coop und auch der
Verkauf als Kochobst sowie als Klasse II
usw.
Der Grosshandel bietet solche Posten
oft über die Internetplattform «Food-
Bridge.ch» kostenlos gemeinnützigen Organisationen
an, die sie dann ihrerseits an
armutsbetroffene Haushalte weitergeben.
Der Detailhandel tut das Gleiche mit unverkauften
Lebensmitteln in den Filialen.
Ein weiterer Absatzkanal sind die gewerblichen
Verarbeiter, die in der Lage
sind, solche Produkte kurzfristig zu übernehmen
und zu einem haltbaren Lebensmittel
(Saft, Konserven, Spirituosen usw.)
weiterzuverarbeiten. Doch auch sie dürfen
nur Lebensmittel verarbeiten, die den gesetzlichen
Bestimmungen entsprechen.
Posten, bei denen das nicht gewährt ist,
werden entweder kompostiert oder in Biogasanlagen
zu Energie verarbeitet.
Aussortierte Kartoffeln werden in der
Regel an Tiere verfüttert und bleiben so in
der Lebensmittelkette. Aussortiertes Tafelobst
geht meist in die Saftherstellung.
Der Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhandel
hat alles Interesse daran, den Konsumentinnen
und Konsumenten tagtäglich
ein attraktives Angebot an nachhaltig
produzierten, frischen Früchten und Gemüse
anzubieten – die Normen sind dabei
lediglich ein Instrument für diesen Service.
Ein wichtiger Fokus wird bleiben: Die
Haushalte sollten nur jene Mengen einkaufen,
die sie auch tatsächlich konsumieren
wollen und können. Alles andere
ist Foodwaste.
SWISSCOFEL ist der Verband der
Schweizer Früchte und Gemüsehändler.
Die 170 Mitglieder decken zusammen
rund 86 Prozent des Früchte- und
Gemüsemarkts in der Schweiz ab.
Weitere Informationen unter:
www.swisscofel.ch
vsao /asmac Journal 1/22 27
Perspektiven
Aktuelles aus der Schlafforschung:
Wie Patienten lernen, ihren Schlaf selbst zu verbessern
Werde dein
eigener Schlafexperte
Schlafstörungen reduzieren nicht nur die Lebensqualität,
sie bilden auch Risiken für andere Erkrankungen. Speziell für
Menschen mit psychischen oder körperlichen Erkrankungen
wird ein Programm entwickelt, welches ihnen erlaubt,
ihre Schlafprobleme eigenständig anzugehen.
Carlotta L. Schneider, MSc (Doktorandin und Psychotherapeutin in Ausbildung, Universitätsklinik
für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitäre Psychiatrische Dienste [UPD] Bern);
Dr. phil. Elisabeth Hertenstein (Wissenschaftliche Mitarbeiterin und psychologische Leiterin der
Schlafsprechstunde der Universitären Psychiatrischen Dienste [UPD] im interdisziplinären
Schlaf-Wach-Epilepsie-Zentrum [SWEZ], Bern);
Prof. Dr. med. Christoph Nissen (Ordinarius und Chefarzt, Département de psychiatrie,
Service des spécialités psychiatriques, Hôpitaux Universitaires de Genève [HUG])
Schlaf und Gesundheit sind eng
miteinander verknüpft. Eine
Schlafstörung in Form einer Insomnie
wird durch anhaltende
Einschlafschwierigkeiten, Durchschlafschwierigkeiten
oder frühmorgendliches
Erwachen in Verbindung mit einer beeinträchtigten
Tagesbefindlichkeit über
einen Zeitraum von mindestens drei Monaten
definiert [1]. Mehr als zwei Drittel
aller Patientinnen und Patienten mit psychischen
und körperlichen Erkrankungen
leiden unter insomnischen Beschwerden
und ca. ein Drittel erfüllt die diagno s
tischen Kriterien für eine komorbid vorliegende
Insomnie [2]. Insomnie führt zu
einer zusätzlich eingeschränkten Lebensqualität
und kann die Entstehung von
anderen Erkrankungen begünstigen oder
deren Verlauf negativ beeinflussen [3].
So haben beispielsweise Patienten mit einer
chronischen Insomnie ein zweifach
erhöhtes Risiko, Jahre später an einer Depression
zu erkranken [4]. Weiterhin ist
eine chronische Insomnie ein Risikofaktor
für kardiovaskuläre Erkrankungen [5].
Schlafanstossende Medikamente sind in
Akutsituationen, zum Beispiel in Zusammenhang
mit einer Operation, wirksam.
Die längerfristige Einnahme von Hypnotika
in Form von Benzodiazepinen
oder Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten
(Z-Substanzen) über Wochen oder länger
ist jedoch häufig mit Toleranzentwicklung,
dem Risiko einer Abhängigkeit und
Nebenwirkungen verbunden. Gemäss aktuellen
Leitlinien ist die kognitive Verhaltenstherapie
für Insomnie (KVT-I) die
Therapie der Wahl für chronische Insomnie
auch bei Patienten mit komorbiden
psychischen oder körperlichen Erkrankungen
[6], wird jedoch nicht systematisch
in der Versorgung umgesetzt [7].
Kognitive Verhaltenstherapie bei
Insomnie (KVT-I)
Die KVT-I ist ein umfangreiches Programm
bestehend aus Psychoedukation, verhaltenstherapeutischen
Interventionen, Entspannungsverfahren
und kognitiver Therapie.
Die verhaltenstherapeutischen Elemente
zielen dabei primär darauf ab, nicht
zu lange, an die Schlafdauer angepasste
Bettliegezeiten zu etablieren. Die Wirksamkeit
des Therapieprogramms wurde vielfach
belegt und das Programm wurde bereits
auf verschiedene Behandlungsgruppen
zugeschnitten [8]. Jedoch ist die KVT-I
als mehrwöchiges Behandlungsprogramm
oft zu komplex für Patienten mit akuten
psychischen und körperlichen Erkrankungen
und in den Versorgungsalltag schwierig
zu integrieren. Das Programm Become
your own SLEEPexpert® bietet eine Möglichkeit,
die Therapie der Wahl für Insomnie
weiter in die Versorgung zu integrieren.
28
1/22 vsao /asmac Journal
Perspektiven
Become your own SLEEPexpert®
Become your own SLEEPexpert® zielt darauf
ab, Patienten in die Lage zu versetzen,
ihren Schlaf selbst zu verbessern. Das Programm
wurde in einem implementationswissenschaftlichen
Prozess zusammen
mit Patienten und Behandlungsteams der
Universitären Psychiatrischen Dienste
(UPD) Bern entwickelt.
Das Programm ist in drei Phasen gegliedert:
Phase 1: Die Indikation wird durch einen
Psychotherapeuten oder Arzt gestellt,
wenn eine akute oder chronische Insomnie
vorliegt. In einer durch einen Arzt oder
Psychotherapeuten geleiteten Gruppenveranstaltung
(Kickoff) wird wichtiges
Grundlagenwissen zur Schlafregulation in
einfacher Form vermittelt. Hierbei wird
auf zwei Prozesse der Schlafregulation fokussiert.
Patienten lernen zum einen, dass
über den Aufbau von Schlafdruck, welcher
die körperlich bedingte Schläfrigkeit
beschreibt, im Sinne eines homöostatischen
Prozesses Schläfrigkeit erzeugt und
somit das Schlafen erleichtert werden
kann. Zur einheitlichen Vermittlung vergleichen
wir den Aufbau des Schlafdrucks
mit dem Aufbau einer Welle beim Surfen
(Abbildung 1, linkes und mittleres Bild).
Der Surfer kann nur surfen, wenn die Welle
genügend aufgebaut ist, genauso wie
eine genügend lange Wachphase notwendig
ist, um ausreichend Schlafdruck aufzubauen.
Die Vermeidung von Tagschlaf
und verlängerten Bettzeiten wird empfohlen,
um genügend Schlafdruck aufbauen
zu können. Der zweite Prozess beschreibt
eine ergänzende zirkadiane (tageszeitliche)
Komponente, den Chronotyp. Hier
wird zwischen Frühtypen («Lerchen») und
Spättypen («Eulen») unterschieden und
herausgearbeitet, zu welchen Zeiten Patienten
individuell am besten schlafen können.
Das rechte Bild in Abbildung 1 zeigt
hierzu einen Surfer, der trotz fehlenden
Wellengangs versucht zu surfen. Symbolisch
zeigt dies einen Patienten, der zu einer
individuell ungeeigneten Zeit im Bett
ist. Patienten mit Insomnie berichten oft
eine hohe Diskrepanz zwischen Bettzeit
und Schlafzeit. So berichten viele Patienten
von einer Bettzeit von über zehn Stunden,
meist mit einer niedrigen Schlafeffizienz
(Verhältnis von Schlafzeit zu Bettzeit).
Um einen ausreichenden Schlafdruck
aufzubauen, wird die Bettzeit an die
aktuelle Schlafzeit angepasst. Hierbei sollen
fünf Stunden nicht unterschritten
werden. Weiterhin wird die Bettzeit an
den Chronotyp angepasst. Abschliessend
wird ein individuelles Schlaffenster mit
jedem einzelnen Patienten festgelegt und
in der elektronischen Patientenakte verschrieben.
Es ist anzumerken, dass das
Schlaffenster anhand der subjektiv berichteten
Bett und Schlafzeit erarbeitet
wird. Hierzu bedarf es keiner Messung.
Phase 2: Eigenmanagement mit Unterstützung.
Patienten führen ab der
KickoffVeranstaltung ein Schlaftagebuch
und werden durch regelmässige
Kurzkontakte vom Behandlungsteam dabei
unterstützt, ihr festgelegtes Schlaffenster
umzusetzen. Das Schlaffenster
kann bei einer hohen Schlafeffizienz,
wenn die Bettzeit über 90 Prozent mit
Schlaf verbracht wird, verlängert werden
mit dem Ziel, den individuellen Schlafbedarf
zu decken. Besteht weiterhin eine
niedrige Schlafeffizienz (unter 90 Prozent),
kann das Schlaffenster schrittweise
auf ein Minimum von fünf Stunden verkürzt
werden.
Phase 3: Eigenmanagement. Nach
Begleitung durch das Behandlungsteam
lernen Patienten, ihr Schlaffenster eigenständig
umzusetzen und gegebenenfalls
anzupassen.
Eine erste Evaluation des Programms
zeigt, dass eine Umsetzung im Klinikalltag
für Patienten mit akuten psychischen Erkrankungen
möglich ist (9]. Befragungen
von Patienten und Behandlungsteams zeigen,
dass oft eine nicht medikamentöse
Behandlung von Insomnie bevorzugt wird
und dass das Programm das Verständnis
zum Thema Schlaf verbessert. Das Schlaffenster
wurde als hilfreichste Therapiekomponente
bewertet, und Patienten berichten
von einer reduzierten Sorge um
ihren Schlaf. Darüber hinaus zeigen die
Ergebnisse, dass Patienten die verkürzten
Bettzeiten oft einhalten können und es
insgesamt zu einer Verlängerung der
Schlafdauer kommt. Hervorzuheben ist,
dass das Programm nicht auf eine Reduktion
der Schlafdauer abzielt, sondern primär
überlange Bettzeiten reduziert und
somit zu einer besseren Konsolidierung
von Schlaf führt. Insbesondere bei Patienten
mit bipolaren oder psychotischen Störungen
oder Patienten mit instabilen somatischen
Erkrankungen, bei denen eine
Schlafrestriktion zu einer Exazerbation
der Symptomatik führen kann, ist ein vorsichtiges
Vorgehen und engmaschiges
Monitoring indiziert. Bisher wurden über
150 Patienten in das Programm eingeschlossen.
Ein wissenschaftlich belastbarer
Wirksamkeitsnachweis steht nach Abschluss
der Entwicklungs, Implementierungs
und ersten Evaluationsphase aus
und wird aktuell durch eine randomisierte
kontrollierte Studie zum Programm untersucht.
Abbildung 1. Bild eines Surfers zur Veranschaulichung der Prozesse zur Schlafregulation. Das linke Bild zeigt eine hohe Welle für einen erfolgreichen
Wellenritt. Im übertragenen Sinne steht dies für einen ausreichend aufgebauten Schlafdruck als Voraussetzung für einen erholsamen Schlaf. Das Bild in
der Mitte hingegen zeigt eine Person, die nicht surfen bzw. schlafen kann, da die Welle bzw. der Schlafdruck noch nicht genügend aufgebaut ist. Das
rechte Bild zeigt einen Surfer, der versucht zu einer Zeit zu surfen, zu der gar keine Wellen vorhanden sind. Dieses Szenario ist vergleichbar mit dem
einer Person, die zu einer Zeit im Bett ist, die für den individuellen Chronotyp ungeeignet ist (Abbildung von [8]).
Abbildung 1: zvg
vsao /asmac Journal 1/22 29
Perspektiven
Weitere Entwicklungen
Gemäss unserer Einschätzung ist das Programm
diagnoseübergreifend für Patienten
mit psychischen und körperlichen Erkrankungen
und komorbid vorliegender
Insomnie geeignet. Während es für anderweitig
gesunde und belastbare Menschen
mit der umfassenden KVTI ein etabliertes
Behandlungsangebot gibt, ist unser Programm
speziell für Patienten mit anderen
Erkrankungen mit umfangreichem Behandlungsbedarf
konzipiert, bei denen
komorbid eine Insomnie vorliegt, für deren
Behandlung aber eingeschränkte Ressourcen
auf Seiten der Patienten und des
medizinischen Versorgungssystems bestehen.
Weitere Arbeiten sind für einen
Wirksamkeitsnachweis und gegebenenfalls
eine weitere Implementierung notwendig.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. Christoph Nissen
Département de psychiatrie
Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG)
christoph.nissen@hcuge.ch
Förderung
Die aktuelle Entwicklung wurde vom Klinikfonds
der Universitären Psychiatrischen
Dienste (UPD) Bern unterstützt.
Literatur
[1] World Health
Organization. (2019]. 70A0Z
Insomnia disorders. In
International statistical
classification of diseases and
related health problems
(11th ed.). https://icd.who.int/
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id.who.int/icd/entity/1804127841.
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Become Your Own SLEEPexpert:
Design, Implementation
and Preliminary Evaluation of
a Pragmatic Behavioral
Treatment Program for
Insomnia in Inpatient
Psychiatric Care. SLEEP
Advances, 2020. doi: 10.1093/
sleepadvances/zpaa005.
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Perspektiven
Aus der «Therapeutischen Umschau»* – Übersichtsarbeit
Früherkennung oder
Screening von Demenzerkrankungen
in der
hausärztlichen Praxis
Chancen und Herausforderungen
Klaus Bally 1 , Stéphanie Giezendanner 1 und Andreas U. Monsch 2
Einführung
Der Begriff Demenz steht für ein Syndrom,
das ein ganze Reihe von sich verschiedenartig
präsentierenden Hirnleistungsstörungen
unterschiedlicher Ätiologie umfasst.
Weitaus am meisten wird man in der
hausärztlichen Praxis neurokognitive Erkrankungen
aus den nachstehend aufgeführten
Hauptkategorien antreffen:
• Neurodegenerative Erkrankungen,
wo bei die Alzheimer-Krankheit mit ⅔
die häufigste ist
• Vaskuläre Demenz, charakterisiert
durch Durchblutungsstörungen resp.
durch häufig aufeinanderfolgende
Hirninfarkte (Multiinfarktdemenz).
Nicht ausser Acht zu lassen sind allerdings
die in ca. 10 % vorkommenden teilweise
reversiblen Krankheitszustände,
deren mögliches Vorliegen schon im Rahmen
der Anamnese in die differenzialdiagnostischen
Überlegungen miteinbezogen
werden sollte:
* Der Artikel erschien ursprünglich in der
«Therapeutischen Umschau» (2021), 78(2), 73–81.
mediservice vsao-Mitglieder können die
«Therapeutische Umschau» zu äusserst
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Details s. unter www.hogrefe.ch/downloads/vsao.
1
Universitäres Zentrum für Hausarztmedizin
beider Basel, uniham-bb
2
Memory Clinic, Universitäre Altersmedizin
FELIX PLATTER, Basel
• Neuroradiologisch erkennbare intrakranielle
Pathologien:
−−
Subduralhämatom, Malignome,
Normaldruckhydrocephalus
• Im Rahmen einer Laboruntersuchung
erkennbare Krankheitszustände:
−−
Anämie, Diabetes, Schilddrüsenfunktionsstörungen,
Folsäure- oder
Vitamin B12-Mangel, Elektrolytstörungen
wie z. B. Hyponatriämie,
Nieren- und Leberfunktionsstörungen;
Neurolues, HIV-Infektion,
Neuroborreliose
• Medikamentenassoziierte Störungsbilder:
−−
Benzodiazepine, Antidepressiva,
Neuroleptika, Opioide und anticholinerg
wirksame Medikamente,
wie sie z. B. bei Dranginkontinenz
eingesetzt werden
• Schlaf-Apnoe-Syndrom.
Die ätiologische Zuordnung der Symptomatik
steht allerdings erst am Ende des
diagnostischen Prozesses. Primär wird es
darum gehen,
• sich zu vergewissern, ob das Störungsbild
die Kriterien einer Demenz erfüllt
• und, falls ja, den Schweregrad der Erkrankung
festzulegen[1, 2].
DSM-5 (American Psychiatric Association,
2013 [3]) unterscheidet zwischen einer
leichten neurokognitiven Störung
(entspricht dem Begriff «Mild Cognitive
Impairment»; MCI) und einer majoren
neurokognitiven Störung (entspricht dem
Begriff «Demenz»). Eine Demenz (majore
neurokognitive Störung) liegt vor, wenn
folgende Kriterien erfüllt sind:
1. Evidenz einer bedeutsamen Verschlechterung
gegenüber einem früheren
Leistungsniveau in einer oder
mehreren kognitiven Domänen (komplexe
Aufmerksamkeit, exekutive
Funktionen, Lernen und Gedächtnis,
Sprache, perzeptuell-motorische Fähigkeiten
oder soziale Kognition) basierend
auf:
a. Hinweisen des Patienten, eines nahen
Angehörigen oder des Arztes,
dass eine bedeutsame Abnahme
der kognitiven Leistungen stattgefunden
hat.
b. Evidenz einer bedeutsamen Beeinträchtigung
der kognitiven Leistung,
am besten dokumentiert
durch eine standardisierte neuropsychologische
Abklärung, oder
– falls dies nicht möglich ist – mittels
eines anderen, quantifizierenden,
klinischen Instruments.
2. Die kognitive Störung interferiert
mit den Alltagsaktivitäten (d. h. im
Minimum wird Hilfe bei komplexen
Alltagsaktivitäten, wie Rechnungen
bezahlen oder der Medikamenteneinnahme
benötigt).
32
1/22 vsao /asmac Journal
Perspektiven
3. Die kognitiven Defizite kommen
nicht ausschliesslich im Zusammenhang
eines Delirs vor.
4. Die kognitiven Defizite werden nicht
besser durch eine andere mentale
Störung (z. B. Depression, Schizophrenie)
erklärt.
Der Schweregrad der Erkrankung ergibt
sich aus dem Ausmass der Betreuungsbedürftigkeit
(Kasten 1), was ebenfalls
anamnestisch in Erfahrung zu bringen
ist. Naturgemäss ist hier eine sorgfältige
Fremdanamnese von essenzieller
Bedeutung.
Die leichte neurokognitive Störung
unterscheidet sich von der schweren neurokognitiven
Störung einzig in obigem
Kriterium 2, welches gemäss DSM-5 für
die leichte neurokognitive Störung folgendermassen
definiert ist:
• Die kognitiven Defizite interferieren
nicht mit der unabhängigen Alltagsbewältigung,
d. h. die Fähigkeiten für
komplexe Alltagsaktivitäten, wie Finanzen
oder Medikamenteneinnahme
sind erhalten, bedürfen nun aber
einer grösseren Anstrengung oder
kompensatorischer Strategien.
• Eine leichte kognitive Störung (oder
MCI) kann, muss aber keinesfalls die
Vorstufe einer Demenz sein.
Leichte Demenz
Schwierigkeiten mit den sogenannten
instrumentellen Aktivitäten des
täglichen Lebens (z. B. Hausarbeiten,
Umgang mit Finanzen). Der Patient
lebt weitgehend unabhängig daheim.
Mittelschwere Demenz
Schwierigkeiten mit den sogenannten
basalen Aktivitäten des täglichen
Lebens (z. B. essen, sich ankleiden).
Die kognitive Beeinträchtigung und
Alltagsbeeinträchtigung sind so stark,
dass der Erkrankte punktuell bzw.
öfters auf Hilfe angewiesen ist. Die
Lebensführung zuhause ist mit Unterstützung
möglich.
Schwere Demenz
Die Kognition und Alltagsaktivitäten
sind so stark beeinträchtigt, dass eine
vollständige Abhängigkeit eingetreten
und eine kontinuierliche Betreuung
notwendig ist.
Kasten 1. Schweregrad der Erkrankung
Die Demenz ist ein relevantes Gesundheits-
und volkswirtschaftliches Problem.
Gemäss Schätzungen von Alz heimer
Schweiz (2020) leben in der Schweiz aktuell
144 300 Menschen mit einer Demenzerkrankung
[4]. 73 % aller Menschen
mit Demenz in der Schweiz sind Frauen,
wobei der Grund hierfür ist nicht vollkommen
klar ist. 40 % der Menschen mit einer
Demenzerkrankung wohnen in einem Alters-
und Pflegeheim, 60 % zu hause. Man
geht davon aus, dass für jede an einer Demenz
erkrankte Person drei Angehörige
mehr oder weniger direkt mitbetroffen
sind und dass sich in der Schweiz ca.
300 000 Menschen in Gesundheitsinstitutionen
beruflich hauptsächlich für Menschen
mit Demenz engagieren. Bei jährlich
über 30 000 Neuerkrankungen und
gesamtschweizerisch ca. 6000 Hausärztinnen
und Hausärzten wird es ca. fünf
Mal jährlich deren Aufgabe sein, eine Demenzerkrankung
zeitgerecht zu erkennen
und den Patienten einer adäquaten Diagnostik
und Therapie zuzuführen.
Gründe, die für eine Frühdiagnose
sprechen
Ein Vorteil einer zeitgerechten Diagnose
besteht darin, dass Betroffene früh Zugang
zu Information, Beratung, Behandlung
und Unterstützung erhalten. Sie können
und sollen in Entscheidungsfindungsprozesse
miteinbezogen werden
und die Möglichkeit der selbstständigen
Zukunftsplanung haben [5]. Mehrheitlich
werden Menschen in einer frühen Phase
ihrer Erkrankung in der Lage sein,
zeitgerecht eine Patientenverfügung
und / oder einen Vorsorgeauftrag zu erstellen,
bevor sie diesbezüglich urteilsunfähig
werden. Bezugspersonen haben Gelegenheit,
sich mit ihrer zukünftigen Rolle
als Betreuende auseinanderzusetzen und
sich auf die mit der Demenzerkrankung
ihrer Angehörigen einhergehenden Veränderungen
vorzubereiten. Diese Vorbereitung
trägt nachweislich dazu bei, den
Druck und die Belastung von Betroffenen
und ihren Bezugspersonen zu verringern
[6, 7]. Es ist deshalb auch nicht erstaunlich,
dass 90 % aller Patienten und Angehörigen,
die in einer Memory Clinic eröffnete
Diagnose als Erleichterung empfinden
[8]. Nicht ausser Acht zu lassen ist die
Tatsache, dass eine möglichst frühe Erfassung
eine zeitgerechte Abklärung und Behandlung
der in der Einleitung erwähnten
reversiblen Ursachen einer kognitiven
Veränderung ermöglicht. Oftmals führt
eine frühe Abklärung dazu, dass rechtzeitig
Massnahmen ergriffen werden können,
um eine Fremd- oder Selbstgefährdung
zu verhindern (Teilnahme am Strassenverkehr,
berufliche Verantwortung).
Auch ist es von Vorteil, wenn bei oftmals
früh im Rahmen einer Demenzerkrankung
auftretenden Verhaltensstörungen
eine klare ätiologische Diagnose vorliegt,
welche wiederum für die Therapie und
den Umgang mit den Verhaltensstörungen
hilfreich sein wird.
Komorbiditäten wie eine Depression
oder eine Parkinsonerkrankung, welche
häufig zu einer zusätzlichen Beeinträchtigung
der kognitiven Leistungsfähigkeit
führen, können gezielter behandelt werden.
Auch wird man nach einer entsprechenden
Diagnosestellung die Medikation
der oftmals multimorbiden Patienten
überprüfen und Anpass ungen vornehmen.
Für eine ganze Anzahl von häufigen
Erkrankungszuständen wie beispielsweise
Depress ionen oder Harnblasenentleerungsstörungen
gibt es unterschiedliche
Therapieansätze, wobei man bei Vorliegen
einer Demenzerkrankung darauf achten
wird, die Medikation so auszuwählen,
dass diese nicht zu einer zusätzlichen Verschlechterung
der Kognition führt. Mehrfach
konnte nachgewiesen werden, dass
eine frühe Diagnosestellung wesentlich
dazu beitragen kann, den Eintritt der betroffenen
Menschen in eine stationäre Betreuungsinstitution
hinauszuzögern, was
wiederum günstige volkswirtschaft liche
Auswirkungen haben dürfte. Mittelman
MS et al. haben 406 Alzheimerpatienten
und deren betreuende Angehörige über
fast zehn Jahre begleitet und dabei festgestellt,
dass eine gute Unterstützung und
Begleitung von Angehörigen die Pflegeheimeinweisung
von Alzheimerpatienten
um 500 – 600 Tage hinauszuzögern vermochte
[9].
Nicht zuletzt muss erwähnt werden,
dass es immer wieder Betroffene gibt, die
sich nach einer frühen Diagnosestellung
bereit erklären, an einer klinischen Studie
teilzunehmen, was für den wissenschaftlichen
Fortschritt auf dem Gebiet der Demenzerkrankungen
unabdingbar ist [10].
Gründe, die gegen eine
Frühdiagnose sprechen
Auf der anderen Seite kann sich eine Demenzfrühabklärung
für die Betroffenen
und deren Angehörige auch nachteilig
auswirken. Eine Demenz-Diagnose kann
zu Ab lehnung, Diskriminierung und Stigmatisierung
bei Betroffenen führen. Je
nach kulturellem Hintergrund sind diese
vsao /asmac Journal 1/22 33
Perspektiven
Vergesslichkeit, die den Alltag behindert
Schwierigkeiten mit alltäglichen,
vertrauten Abläufen
Schwierigkeiten in Planung und
Problemlösung
Schwierigkeiten mit der Sprache
Schwierigkeiten bei der Orientierung
Motorische Schwierigkeiten
Schwierigkeiten bei der Administration
Veränderung der Persönlichkeit
Antriebslosigkeit und sozialer Rückzug
Hinweise
Phänomene mehr oder weniger ausgeprägt
[11 – 13]. In Irland war die potenzielle
Stigmatisierung der Betroffenen einer der
Hauptgründe warum Hausärzte Demenzdiagnosen
zu spät stellten [14]. Ein regelmässig
erwähntes Argument gegen eine
frühe Diagnose von Demenzerkrankungen
betrifft die Ressourcenallokation:
Werden personelle und finanzielle Mittel
für die vergleichsweise aufwändige Frühdiagnostik
verwendet, stehen sie den
Menschen mit einer fortgeschrittenen Erkrankung
und einem hohen Betreuungsbedarf
in geringerem Masse zur Verfügung
[15]. Frühe Demenzabklärungen können
insbesondere bei hochbetagten polymorbiden
ohnehin schon pflegebedürftigen
Menschen auch zu Überdiagnosen führen
und negative Folgen für den Patienten haben,
wie etwa belastende Abklärungen
und medikamentöse Therapien mit Nebenwirkungen
[16].
Aus ethischer Perspektive gibt es klar
ein Recht auf Nichtwissen einer Demenzdiagnose
[15], wobei diesem Recht auf
Nichtwissen der Informationsbedarf und
das mögliche Leiden der Angehörigen entgegengestellt
werden muss. In den Medizin-ethischen
Richtlinien der Schweizerischen
Akademie der Medizinischen Wissenschaften
Betreuung und Behandlung
von Menschen mit Demenz [17] wird daher
auch festgehalten:
«Lehnt eine als urteilsfähig beurteilte Patientin
bei offensichtlichen Symptomen einer
Demenzerkrankung eine weiterführende
Diagnostik ab, ist diesem Wunsch grundsätzlich
zu entsprechen. Dabei ist aber zu
bedenken, dass eine fehlende Krankheitseinsicht
(Anosognosie) nicht selten Teil der
Demenzerkrankung ist. Wenn in dieser Situation
Angehörige um eine Diagnostik
und Therapie bitten, gilt es, dem Leiden
und dem Informationsbedarf der Angehörigen
ebenfalls Rechnung zu tragen. Ein
Rundtischgespräch mit allen Beteiligten
kann in diesen Fällen hilfreich sein.»
Termine vergessen, Dinge nicht mehr
finden, Misstrauen
z. B. Waschmaschine bedienen, Ticket
lösen, Fernbedienung TV, Einzahlungen
z. B. Kochen, Ausflug planen, Umgang
mit unerwarteten Ereignissen
Wortfindungsstörungen, Sätze nicht
beenden, Gespräche vermeiden
v. a. an unbekannten Orten, Wochentage,
Uhrzeit
Stürze, erschwerte Koordination
Einschränkung der administrativen
Fähigkeiten, Mahnungen
misstrauisch, ängstlich, reizbar,
aggressiv, Stimmungsschwankungen,
Missverständnisse, Halluzinationen,
unbekannte Verhaltensweisen z. B.
übertrieben, peinlich, unangemessen,
nicht einfühlsam
Aufgeben von Hobbies und Kontakten,
depressive Stimmung
von Angehörigen, anderen Berufsgruppen
und Dienstleistern
Tabelle 1. «red flag»-Liste gemäss den Empfehlungen in den Bereichen Früherkennung,
Diagnostik und Behandlung für die Grundversorgung von Hemmeter U et al. [48] in Anlehnung
an Bürge M et al. [46].
Diagnose von Demenzerkrankungen
in der Hausarztpraxis
Da Hausärzte vor allem ältere Menschen
regelmässig in ihrer Sprechstunde sehen,
kommt ihnen in der Früherkennung von
Demenzerkrankungen eine eigentliche
Schlüsselrolle zu. Es konnte sogar nachgewiesen
werden, dass Hausärzte basierend
auf der langjährigen Kenntnis ihrer
Patienten durchaus in der Lage sind, korrekte
prognost ische Aussagen dazu zu
machen, ob ihre Patienten später eine Demenz
entwickeln würden oder nicht [18].
Allerdings ist auch bekannt, dass Demenzerkrankungen
nach wie vor zu selten zeitgerecht
diagnostiziert werden [19]. Die
verspätete Diagnosestellung wirkt sich
nachteilig auf die Gesundheit und das
Wohlbefinden der betroffenen Menschen
und ihrer Angehörigen aus [20, 21]. Immerhin
scheinen sich Hausärzte zunehmend
sicherer zu fühlen in der Frühdiagnose
von Demenzerkrankungen; in
einer eigenen gesamtschweizerischen Erhebung
haben 64 % aller 882 befragten
Hausärzte angegeben, dass sie sich in der
Frühdiagnose von Demenzerkrankungen
sicher fühlen [22]. Allerdings gaben nur
16 % aller Befragten an, dass sie sich auch
in der Diagnose von neurokognitiven Störungen
bei Angehörigen einer Migrationspopulation
sicher fühlen. In derselben
Studie berichtete die grosse Mehrheit der
Hausärzte, dass die Demenzdiagnose in
ihrer Praxis überwiegend im Stadium einer
leichten Demenzerkrankung oder gar
eines MCI gestellt würde und nur in vereinzelten
Fällen im Stadium einer mittelschweren
bis schweren Demenzerkrankung.
Gründe für die nach wie vor in vielen
Fällen nicht zeitgerechte Diagnosestellung
sind Zeitmangel [23], Multimorbidität
älterer Menschen [24], mangelnde
Kenntnisse von frühen Symptomen einer
Demenzerkrankung [25], fehlende Möglichkeit
einer Fremdanamnese [26 – 28]
und Unsicherheit im Übermitteln einer
Demenz-Diagnose [22]. Auch wird beschrieben,
dass die Durchführung von Kognitionstests
als emotional belastend
wahrgenommen und daher oft darauf verzichtet
wird [29] und dass auch in Anbetracht
der vermeintlich mangelnden Behandlungsoptionen
eine Abklärung einer
möglichen Demenzerkrankung bewusst
unterlassen wird [30]. Diese immer wieder
beschriebene «nihilistische» Grundhaltung
konnten wir in unserer eigenen Studie
vergleichsweise selten feststellen [31].
Die wenigen bezüglich Frühabklärung
skeptischen Hausärzte gaben viel häufiger
Zeitmangel und unzureichende finanzielle
Abgeltung ihrer Bemühungen als Gründe
für ihre Zurückhaltung an und nur ganz
selten die nicht vorhandenen Behandlungsoptionen.
Allerdings zeigte sich ein
gewisser Zusammenhang zwischen der
34 1/22 vsao /asmac Journal
Perspektiven
Tendenz, auf eine Frühabklärung zu verzichten,
und einer verzögerten Beratung
von betroffenen Menschen und deren Angehörigen
sowie auch einer Zurückhaltung
bezüglich einer raschen Abklärung
der Fahreignung.
Auf Systemebene scheint neben dem
schon beschriebenen Zeitmangel und der
unzureichenden Vergütung die fehlende
Möglichkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit
im Rahmen der Diagnostik
von Demenzerkrankungen eine wesentliche
Rolle zu spielen [32].
Die Frühdiagnose von Demenzerkrankungen
zu verbessern war daher auch
eines der wesentlichen Ziele der Nationalen
Demenzstrategie 2014 – 2019 [33].
Screening – Frühdiagnose – zeitgerechte
Diagnose – «case finding»
In Anbetracht der erwarteten Zunahme
von Demenzerkrankungen – Experten
rechnen weltweit mit einer Verdopplung
der Betroffenen innert 20 Jahren [34] –
wurden in den vergangenen zehn Jahren
von Seiten der Fach gesellschaften und der
Politik deutliche Verbesserungen in der
Frühdiagnose gefordert. Immer wieder
wurde auch der Ruf nach einem populationsbezogenen
Demenzscreening laut, um
Menschen schon in einem präsymptomatischen
Stadium erfassen zu können und
einer adäquaten medikamentösen wie
auch nichtmedikamentöse Behandlung
zuzuführen [35 – 38]. Gleichzeitig wurde
von anderer Seite darauf hingewiesen,
dass sich ein Screening von potenziell demenzbetroffenen
Menschen in einem
präklinischen Stadium von keinem nennenswerten
klinischen Nutzen sei, dass es
sich negativ auswirken könnte auf das
Wohlbefinden nicht nur des einzelnen Individuums,
sondern auch auf das Gesundheitssystem
als Ganzes und hier insbesondere
auf die Verteilung der zur Verfügung
stehenden personellen und ökonomischen
Ressourcen [11].
Von einem populationsbezogenen
Screening [39] wird erwartet, dass:
1. die Krankheit für die Gesundheit der
Bevölkerung von Bedeutung ist.
2. die Krankheit behandelbar sein muss
und die Prognose bei früh beginnender
Behandlung deutlich besser sein muss
als bei später beginnender Therapie.
3. das Testverfahren eine hohe Sensitivität
und Spezifität aufweisen muss, d. h.
der Test soll die gesuchte Erkrankung
(die bestehenden Risikofaktoren) mit
möglichst grosser Sicherheit nachweisen
oder ausschliessen können.
4. die Untersuchung zeit- und kostengünstig
sein muss.
5. die Untersuchung für den zu Untersuchenden
möglichst wenig belastend
sein darf.
Ein Screening ist allerdings nur dann
gerechtfertigt, wenn alle fünf Kriterien erfüllt
sind. Für ein Demenzscreen ing ist
lediglich das erste Kriterium erfüllt; alle
anderen Kriterien sind mit den heute zur
Verfügung stehenden diagnostischen
Massnahmen (noch) nicht erfüllt. Zumal
Demenz ja kein einheitliches Krankheitsbild
ist, sondern ein Syndrom, dürfte es
auch in absehbarer Zukunft nicht möglich
sein, ein einfaches Screening-Instrument
für die Erfassung von Demenzerkrankungen
in einem präsymptomatischen Stadium
zu entwickeln. Dies ist höchstens
denkbar für ganz spezifische Erkrankungen
wie beispielsweise die Alzheimer
Krankheit [40]. Allerdings müsste das 2.
Kriterium klar erfüllt sein, was heute angesichts
der fehlenden medikamentösen
Behandlungsoptionen nicht der Fall ist.
Sobald allerdings eine Behandlungsoption
zur Beeinflussung des Krankheitsverlaufs
bei der Alzheimer Krankheit zur
Verfügung stehen sollte, müssten therapeutische
Bemühungen voraussichtlich
in einem präsymptoma tischen Stadium
ansetzen. Ein entsprechendes Screening
Evaluation «red flag»-Liste Vgl. Tabelle 1
Eigen- und struktur ierte Fremdanamnese
Untersuchung
Screening-Test zur Prüfung der Kognition
Standard- Laboruntersuchung
Bildgebung
in grossen Populationen, basierend auf
Biomarkern resp. funktionellen bildgebenden
Verfahren, würde sich zweifelsohne
sehr aufwändig gestalten [41]. Es ist
daher sicher gerechtfertigt, sich hierzu
schon jetzt Gedanken zu machen [42].
Was allerdings zulässig und auch
empfohlen wird, ist ein Screening kognitiver
Funktionen bei älteren Menschen beispielsweise
auf einer Notfallstation oder
vor einem operativen Eingriff. Bevor wegweisende
Entscheidungen getroffen werden
(wie eine Einwilligung in einen operativen
Eingriff) und auch um das Risiko eines
sich postoperativ entwickelnden Deliriums
abzuschätzen, sollten in solchen
Spezialsituationen die kognitiven Funktionen
im Sinne eines Screenings erhoben
werden [17].
Weltweit gibt es bis heute keine nationalen,
systema tischen, populationsbezogenen
Screening-Programme. In der Fachwelt
hat man sich darauf geeinigt,
Demenzdia gnosen möglichst frühzeitig
bei Auftreten von ersten Symptomen zu
stellen. Hierfür werden die Begriffe der
zeit gerechten Diagnose oder auch des
«case findings» verwendet. Dhedi SA et al.
sprechen von zeitgerechter Diagnose,
wenn die Diagnose zum richtigen Zeitpunkt
für den individuellen Patienten gestellt
wird [43]. In Anlehnung an Dubois B
et al. wird heute mehrheitlich von zeitge-
Allenfalls standardisiert BrainCheck
somatisch, insbesondere neurologisch,
und psychisch
MoCA; alternativ: MMS + Uhrentest
oder DemTect
Blutbild, CRP
Glukose, HbA1c
Natrium, Kalium, Kalzium
Kreatinin
GOT, GPT, Gamma-GT
TSH
Vitamin B12, Folsäure, Vitamin D
Lipidstatus bei unter 80-jährigen
Patienten
evtl. Lues-, Borrelien- und HIV-Serologie
Nach Möglichkeit MRI (bei Kontraindikation
CT); bei MRI sogenanntes
Demenzprotokoll in Auftrag geben (mit
Darstellung der mesiotemporalen
Strukturen)
Tabelle 2. Empfohlener Abklärungsgang in der hausärztlichen Praxis in Anlehnung
an Bürge M et al. [46].
vsao /asmac Journal 1/22 35
Perspektiven
Abbildung 1. Die deutschsprachige Version des Montreal Cognitive Assessment (MoCA). Copyright Z. Nasreddine MD. Reproduced with permission.
It is mandatory to follow the online MoCA © Training and Certification Program to administer and score the MoCA © . Copies are available at
www.mocatest.org.
36 1/22 vsao /asmac Journal
Perspektiven
Abbildung 2. Der MoCA-Test in deutscher Sprache mit Entscheidungsbaum zur Interpretation
(siehe Thomann et al. [57] für Details).
rechter Diagnose (timely diagnosis) gesprochen,
wenn die Diagnose gestellt
wird, sobald betroffene Menschen erstmals
beunruhigt sind und Hilfe beanspruchen,
nachdem sie selbst, Angehörige
oder andere Personen Veränderungen ihrer
Kognition, ihres Verhaltens oder ihrer
Alltagsbewältigung festgestellt haben
[44]. In der Schweiz hat sich der Begriff des
«case findings» entsprechend der Empfehlung
der Swiss Memory Clinics eingebürgert
[45]. «Case finding» bedeutet, dass
die Diagnostik dann eingeleitet werden
soll, wenn sogenannte «red flags» für das
Vorliegen einer Demenzerkrankung vorliegen,
d. h.:
• wenn der Betroffene selbst Beschwerden
schildert.
• wenn Angehörigen, Spitex-Mitarbeitenden
oder anderen Personen Symptome
einer möglichen Demenzerkrankung
auffallen.
• wenn der betreuende Arzt Hinweise
für das mögliche Vorliegen einer Demenzerkrankung
hat (Termineinhaltung,
Medikamentenmanagement).
• wenn Schwierigkeiten bei der Erledigung
von Finanzen auftreten (neu
vorkommende Mahnungen) oder
wenn sich eine Amtsstelle wegen Auffälligkeiten
meldet (z. B. Fahrtauglichkeit).
• wenn der Betroffene ein Delirium
durchgemacht hat.
Der Prozess der Früherfassung beginnt
demnach nicht mit einem aktiven
Suchen nach kognitiven Defiziten über
Fragen und Testverfahren, sondern vielmehr
mit einer Wachsamkeit für die genannten
«red flags». Pentzek M et al. sprechen
daher auch bewusst nicht von Früherkennung
sondern von Frühwahrnehmung
[46].
Hemmeter U et al. haben im Rahmen
der Nationalen Demenzstrategie (Teilprojekt
NDS 6.1.) [33] Empfehl ungen in den
Bereichen Früherkennung, Diagnostik
und Behandlung für die Grundversorgung
erarbeitet und publiziert [47]. Sie beziehen
sich in diesem Empfehlungsschreiben
mehrfach auf die «red flags» und spezifizieren
diese in Anlehnung an Bürge M et
al. [45] etwas genauer (Tab. 1).
Eigen- und Fremdanamnese –
Screening-Test zur Beurteilung
der Kognition
In einer grossen Kohorten-Studie in
Deutschland konnte nachgewiesen werden,
dass bei nicht demenzbetroffenen
Menschen im Alter über 75 Jahren sowohl
das Gefühl einer kognitiven Leistungseinbusse
wie auch Sorgen, eines Tages eine
Demenzerkrankung zu entwickeln, mit
einem erhöhten Risiko einhergehen, im
Laufe der kommenden Jahre tatsächlich
an einer Demenz zu erkranken [48, 49].
Die subjektiv wahrgenommene Einbusse
der kognitiven Leistungsfähigkeit allein
war nur bei Frauen ein isolierter Prädiktor
für die Entwicklung einer späteren Demenz,
bei Männern war dies nur der
Fall in Kombination mit Sorgen, später
eine Demenzerkrankung zu entwickeln.
Sobald Hinweise bestehen für das mögliche
Vorliegen einer Demenzerkrankung,
ist es die Aufgabe des Hausarztes, eine
eingehende Anamnese inklusive Frem d-
anamnese vorzunehmen. Wenn in dieser
hausärztlichen Erstkonsultation ein
Screening-Tool zur Erfassung einer evtl.
Demenzerkrankung zur Anwendung gelangen
soll, eignet sich hierfür am ehesten
der in der Memory Clinic Basel entwickelte
BrainCheck, zumal dieser Test
neben einer direkten kurzen Befragung
zusätzlich einen Uhrentest und eine Angehörigen-Befragung
enthält. Dieser Test
kann als Papier-Bleistift-Test durchgeführt
werden, steht aber auch online auf
www.braincheck.ch zur Verfügung [50].
Ergibt der BrainCheck, dass weitere Abklärungen
indiziert sind, soll in der Hausarztpraxis
ausser der Anamnese ebenfalls
eine somatische und psychische Befunderhebung
erfolgen, ergänzt durch einen
kurzen Test, zur Erfassung der neurokognitiven
Fähigkeiten. In der Schweiz wird
nach wie vor am häufigsten der Mini-Mental
Status (MMS)-Test [51] verwendet. Allerdings
ist dieser Test allein für die
Detektion früher Stadien einer Demenzerkrankung
zu wenig sensitiv. Die Ergänzung
des MMSE-Tests durch den
Uhrentest ist deutlich sensitiver [52]. Seltener
gelangen in schweizerischen Hausarztpraxen
der MoCA-Test [53], der Trail
Making Test (Zahlenverbindungstest) [54]
und der DemTec-Test [55] zur Anwendung
[22]. Generell wird in den Nationalen
Empfehlungen [45] zur neurokognitiven
Erstbeurteilung von älteren Personen in
der hausärztlichen Praxis das Montreal
Cognitive Assessment (MoCA; www.mocatest.org)
empfohlen. Die Anwendung ist
nicht auf ärztliche Fachpersonen beschränkt;
dieser Test kann durchaus auch
von anderen geschulten Gesundheitsfachpersonen
eingesetzt und ausgewertet werden.
Der MoCA-Test wurde für das
deutschsprachige Europa von der Memory
Clinic der Universitären Altersmedizin
FELIX PLATTER Basel normiert [56] und
validiert [57]. Zudem wurde eine Umrechnungstabelle
von MoCA-Werten zu
MMS-Werten (und umgekehrt) entwickelt,
um dem Kliniker die Benützung des MoCA
zu erleichtern. Diese Informationen stehen
auf www.mocatest.ch zur Verfügung.
Der MoCA-Test (siehe Abb. 1) besteht
aus zwei Teilen:
1. Aufgaben, die dem Patienten vorgelegt
werden müssen (Zahlen-Buchstaben
alternierend verbinden, Würfel
abzeichnen, Zifferblatt zeichnen,
Tiere benennen).
2. Aufgaben, die der Untersuchende
dem Patienten mündlich stellt.
Diejenigen Personen, die 12 oder weniger
Jahre Ausbildung – d. h. die Summe
aller Schul- und Ausbildungsjahre – haben,
erhalten 1 zusätzlichen Punkt. Der
maximale Totalscore beträgt 30 Punkte
(auch wenn man ≤ 12 Jahre Ausbildung
hatte).
Der Test untersucht folgende kognitive
Bereiche: Visuospatiale Fähigkeiten,
Benennen, Gedächtnis (Lernen), Aufmerksamkeit,
Sprache, Gedächtnis (Erinnern),
Abstraktionsvermögen und Orientierung.
Der MoCA und ein entsprechendes
Manual sind auf www.mocatest.org nach
einer einfachen Registrierung in vielen
vsao /asmac Journal 1/22 37
Perspektiven
verschiedenen Sprachen erhältlich. Für
den deutschen Sprachraum gibt es auf
www.mocatest.ch die Möglichkeit, das
MoCA-Resultat unter Berücksichtigung
von Alter, Geschlecht und Ausbildung in
einen Standardwert umrechnen zu lassen.
Die Validierungsstudie mit MoCA-Daten
von 496 Patienten der Memory Clinic
Basel wurden denjenigen von 49 als kognitiv
gesund Beurteilten, resp. 283 Personen
aus der Normierungsstichprobe gegenüber
gestellt.
Es zeigte sich, dass es am meisten
Sinn macht, zwei verschiedene Schwellenwerte
zu benutzen (siehe Abb. 2).
Abklärung in der Hausarztpraxis –
Weiterweisung an spezialisierte
Praxis / Memory Clinic
In Anlehnung an Bürge M et al. wird folgender
Abklärungsgang in der hausärztlichen
Praxis empfohlen [45] (Tab. 2).
Zur ätiologischen Klärung der Demenzdiagnose,
bei jungen Patienten, unsicherer
Diagnose, zur Indikationsstellung
einer medikamentösen Therapie, bei
Verhaltensauffälligkeiten resp. bei atypischen
Symptomen oder einem atypischen
Verlauf empfiehlt sich eine enge Zusammenarbeit
mit einer Memory Clinic, einem
vertrauten Neurologen oder Neuropsychologen
resp. Facharzt für Geriatrie.
Die eigene Erhebung in der ganzen
Schweiz [22] hat gezeigt, dass ca. 75 % aller
Schweizer Hausärzte die Gelegenheit haben,
regelmässig eng mit einer Memory
Clinic zusammenzuarbeiten; vor allem in
abgelegenen Gebieten hat sich auch eine
Zusammenarbeit mit erfahrenen praktizierenden
Fachärzten bewährt [22].
Anzeige
Zusammenfassung
Hausärzten kommt in der Früherkennung von Demenzerkrankungen eine Schlüsselrolle
zu. Aktuell wird in Anbetracht der fehlenden therapeutischen Optionen ein generelles
Screening von älteren Menschen zur Erfassung von präsymptomatischen Stadien einer
Demenz nicht empfohlen. Entscheidend für die zeitgerechte Diagnose ist das hausärztliche
Erkennen von Warnzeichen, den sogenannten «red flags». Wenn den Patienten selbst,
ihren Angehörigen, Amtsstellen oder auch dem Hausarzt auch nur diskrete Anzeichen
einer möglichen Demenzerkrankung auffallen, soll eine entsprechende Abklärung in die
Wege geleitet werden. Eigen- und Fremdanamnese, eine somatische Untersuchung,
ergänzt durch eine hausärztliche psychiatrische Evaluation und idealerweise die Durchführung
eines MoCA-Tests bilden die Grundlage der Vorabklärungen in der hausärztlichen
Praxis. Bei Verdacht auf Vorliegen einer Demenzerkrankung kann diese Abklärung
durch eine eingehende Laboruntersuchung und evtl. eine demenzspezifische Bildgebung
ergänzt werden, bevor der Patient je nach erhobenen Befunden an eine Memory Clinic
zur ätiologischen Diagnosesicherung und Erhalt von medikamentösen und nicht-medikamentösen
Therapieempfehlungen weitergewiesen wird.
Abstract: Early recognition or screening of dementia
in general practice
General practitioners play a key role in timely dementia diagnosis. In view that there
are currently no drugs to prevent the progression of dementia or are effective in patients
with mild cognitive impairment, a general screening of older people to recognize
pre-symptomatic stages of dementia is not recommended. Crucial for a timely diagnosis
is the GP’s perception of warning signs, so-called “red flags”. If the patients, family
members, authorities or even the GP notice even discreet signs of a possible early
dementia, a neuropsychological and medical evaluation should be initiated. Personal
history, history by informant, a physical examination, supplemented by a GP’s psychiatric
evaluation and ideally the careful assessment with the MoCA form the basis of
a preliminary clarification in general practice. If dementia is suspected, this clarification
should be supplemented by an in-depth laboratory examination and, if applicable,
neuroimaging before the patient is referred, depending on the findings, to a memory
clinic or a consultant specialist to confirm the diagnosis and if appropriate initiate
pharmacological and non-pharmacological therapies.
Zur einfachen Lesbarkeit wird im ganzen Text nur
die männliche Form verwendet. Selbstverständlich
sind, wenn von Patienten und Ärzten die Rede
ist, auch Patientinnen und Ärztinnen miteingeschlossen.
PD Dr. med. Klaus Bally
Facharzt für Allgemeine Medizin FMH
Universitäres Zentrum für Hausarztmedizin,
uniham-bb
Kantonsspital Baselland
Rheinstrasse 26
4410 Liestal
klaus.bally@unibas.ch
Wir können Ärztinnen und Ärzten einiges bieten, weil wir sie gut verstehen.
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38 1/22 vsao /asmac Journal
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40
1/22 vsao /asmac Journal
Perspektiven
Im Einsatz in Namibia
Humanitäre Neonatologie
Prof. Thomas M. Berger, Facharzt Kinder- und Jugendmedizin, speziell Neonatologie, Facharzt Intensivmedizin;
Sabine Berger, Kinderkrankenschwester, Master of Advanced Studies in Social Services and Health Care Management
Bilder: zvg
Im Jahre 2019 verstarben weltweit
5,2 Millionen Kinder vor ihrem
fünften Geburtstag. Die sogenannte
under-five mortality rate (U5MR)
wird in Anzahl Todesfällen bezogen auf
1000 Lebendgeburten angegeben. Südlich
der Sahara beträgt sie im Durchschnitt
76/1000, in der Schweiz 4/1000.
Fast die Hälfte (47 %) dieser Todesfälle
betreffen Neugeborene.
Seit 2012 haben Prof. Thomas M.
Berger, Kinderarzt, Neonatologe und
Intensivmediziner, und seine Frau Sabine
Berger, Kinderkrankenschwester, auf
Einladung verschiedener Organisationen
mehrere Länder Afrikas besucht, um die
medizinischen Möglichkeiten zur
Betreuung von kranken Neugeborenen zu
beurteilen.
In allen Ländern, die sie besuchten,
waren Infrastruktur und medizinisches
Fachwissen vergleichbar mit der Situation
in der Schweiz vor rund 60 Jahren.
Babys mit Atemproblemen konnten
lediglich mit Sauerstoff behandelt
werden, wobei eine Überwachung der
Sauerstoffsättigung nur in sehr beschränktem
Umfang (wenn überhaupt)
möglich war. Tief beeindruckt von den
grossen Unterschieden in den Betreuungsmöglichkeiten
zwischen der Schweiz
und diesen afrikanischen Ländern
beschlossen sie, ein humanitäres Neonatologie-Projekt
in der Kavango-Region im
Norden Namibias ins Leben zu rufen.
NEO FOR NAMIBIA – Helping Babies
Survive
Nach ersten Einsätzen 2015 und 2016 mit
intensiven Schulungen von Ärztinnen
und Pflegenden brachten sie ein Jahr
später erste Monitore zur Überwachung
der Sauerstoffsättigung und CPAP-Geräte
zur Atemunterstützung nach Rundu im
Norden Namibias. Eine Forschergruppe
der Rice University in Texas hatte einige
Jahre zuvor ein kostengünstiges und
robustes CPAP-Gerät entwickelt und in
Bevor die ersten Patienten mit dem neuen Pumani® bCPAP-Gerät behandelt werden können (rechts),
müssen Ärztinnen und Pflegende sorgfältig instruiert werden (links).
Malawi getestet. Sie konnten zeigen, dass
der Einsatz des Pumani® bCPAP-Gerätes
die Überlebensrate von Neugeborenen
mit einem schweren Atemnotsyndrom
von 44 auf 71 Prozent verbesserte.
Selbstverständlich können diese
Interventionen nur dann erfolgreich sein,
wenn sie sorgfältig eingeführt und von
einer guten neonatologischen Basisbetreuung
(Thermoregulation, adäquate
Flüssigkeitstherapie und Ernährung,
antibiotische Behandlung neonataler
Infektionen) begleitet werden. In diesem
Zusammenhang muss insbesondere die
Känguru-Methode (engl. Kangaroo
Mother Care) hervorgehoben werden.
Innerhalb kurzer Zeit hatten sich die
Betreuungsmöglichkeiten deutlich
verbessert, und das einheimische
Personal ging routiniert mit den neuen
Geräten um. Erfreulicherweise konnte
gezeigt werden, dass die Sterblichkeitsrate
in der Neugeborenabteilung des
Rundu State Hospital nachhaltig um fast
50 Prozent reduziert werden konnte.
2021 konnten drei Einsätze in
Namibia durchgeführt werden (Missionen
XI–XIII). Erstmals haben zwei
Neonatologie-Fellows und eine Neonatologie-Pflegefachfrau
des Universitätskinderspitals
beider Basel an den Einsätzen
teilgenommen. Es hat sich dabei gezeigt,
dass ein solches Engagement eine
Win-win-Situation im besten Sinne des
Wortes darstellt. Das lokale Gesundheitspersonal
profitiert vom Teaching und der
Unterstützung bei der täglichen Arbeit.
Die Fellows und die Pflegefachfrau
werden gefordert, verbessern aufgrund
des hohen Case Loads ihre Skills und
gewinnen einen Einblick in eine andere
Welt. Die Arbeit am Patientenbett steht
im Zentrum, administrative Aufgaben
gibt es abgesehen von handschriftlich
verfassten Verlaufseinträgen kaum!
Um die Finanzierung geplanter
weiterer Einsätze und weiterer Materiallieferungen
sicherstellen zu können,
haben Sabine und Thomas Berger 2017
den gemeinnützigen Verein NEO FOR
NAMIBIA – Helping Babies Survive
gegründet (s. Kasten). 2018 wurde ihr
Engagement mit dem ersten Humanitarian
Neonatology Award der Schweizerischen
Gesellschaft für Neonatologie
ausgezeichnet.
NEO FOR NAMIBIA – Helping Babies
Survive
Brambergstrasse 25
6004 Luzern
www.neo-for-namibia.org
info@neo-for-namibia.org
Luzerner Kantonalbank
Postfach 6002 Luzern
BIC/SWIFT LUKBCH2260A
IBAN CH75 0077 8206 2817 2200 1
vsao /asmac Journal 1/22 41
mediservice
Briefkasten
Heiz- und Nebenkosten
kontrollieren – es lohnt
sich!
Wenn die Heiz- und Nebenkostenabrechnung
in den Briefkasten
flattert, stellen sich
für Mieterinnen und Mieter oft
viele Fragen.
Sie erhalten eine Nebenkostenabrechnung,
weil in Ihrem Mietvertrag
verschiedene Positionen als Nebenkosten
bezeichnet sind, die Sie zusätzlich zum
Nettomietzins bezahlen müssen.
Grundsätzlich unterscheidet man
zwischen Pauschal- und Akontozahlungen.
Sind Pauschalbeiträge vereinbart,
gelten die Nebenkosten damit als abgegolten
– auch wenn sie allenfalls tatsächlich
etwas höher oder tiefer ausgefallen
sind. Bei der Akontozahlung erhalten Sie
mit der jährlichen Abrechnung eine
Gutschrift, wenn die effektiven Heiz- und
Nebenkosten unter der Vorauszahlung
liegen. Falls die tatsächlichen Kosten
höher ausfallen als Ihre Akontozahlung,
müssen Sie eine Nachzahlung leisten.
Keine Abrechnung erhalten Sie,
wenn in Ihrem Mietzins die Heiz- und
Nebenkosten inbegriffen sind oder wenn
Sie diese Kosten mit einer Pauschalzahlung
begleichen.
AXA-ARAG
AXA-ARAG bietet mediservice
vsao-Mitgliedern eine Rechtsschutzversicherung
zu vorteilhaften Konditionen
an. Haben Sie Fragen?
Wenden Sie sich an Ihren Ansprechpartner
bei mediservice vsao-asmac
unter Telefon 031 350 44 22 oder per
E-Mail info@mediservice-vsao.ch.
Generell empfiehlt es sich, bereits
beim Abschluss des Mietvertrags eine
genügend hohe Akontozahlung zu
vereinbaren. So lassen sich massive
Nachzahlungen vermeiden.
Rechnung prüfen in sechs einfachen
Schritten
Flattert Ihnen eine Heiz- und Nebenkostenabrechnung
ins Haus, so lohnt es sich,
dieses Dokument genau unter die Lupe
zu nehmen. Bei der Kontrolle Ihrer
jährlichen Heiz- und Nebenkostenabrechnung
gehen Sie am besten schrittweise
vor:
1. Prüfen Sie, ob die verrechneten
Positionen in Ihrem Mietvertrag
explizit als Nebenkosten aufgeführt
sind: Sie müssen nur jene Nebenkosten
bezahlen, die im Mietvertrag ausdrücklich
vereinbart und damit ausgewiesen
sind.
2. Prüfen Sie die Details der einzelnen
Positionen: Sie müssen nur jene Kosten
berappen, die durch den Gebrauch
anfallen. Reparatur- und Unterhaltsarbeiten
(Austausch des Heizungsbrenners,
Neustreichen des Treppenhauses usw.)
gelten nicht als Nebenkosten und dürfen
nicht auf die Mieter abgewälzt werden.
3. Prüfen Sie den Verteilschlüssel:
Die Heiz- und Nebenkosten müssen mit
einem nachvollziehbaren Schlüssel auf
alle Mietobjekte einer Liegenschaft
aufgeteilt werden. Die Art des Verteilschlüssels
ist nicht gesetzlich vorgegeben;
ohne formelle Vertragsanpassung
darf dieser indessen nicht geändert
werden.
4. Prüfen Sie die Heiz- und Nebenkostenabrechnung
rechnerisch und
vergleichen Sie den Ihnen belasteten
Betrag mit Ihren Akontozahlungen.
5. Verlangen Sie Einsicht in die Belege,
wenn Ihnen die Angaben des Vermieters
auf der Nebenkostenabrechnung nicht
genügen. So können Sie kontrollieren,
welche Kosten unter den einzelnen
Positionen aufgeführt sind. «Allgemeine
Betriebskosten» müssen vom Vermieter
auf Verlangen aufgeschlüsselt werden.
6. Verlangen Sie eine Korrektur der
Abrechnung, wenn Sie einen Fehler
entdecken. Sichern Sie sich bei Streitigkeiten
die Unterstützung einer Fachperson,
aber suchen Sie vorher immer zuerst
das Gespräch mit Ihrer Vermieterin oder
Ihrem Vermieter.
Alexandra Pestalozzi
Rechtsanwältin bei der
AXA-ARAG
Bild: zvg
42 1/22 vsao /asmac Journal
mediservice
Von unseren Partnern
Gesund mit dem Velo
unterwegs
Bilder: zvg
Wer sich ausreichend
bewegt, tut seiner
Gesundheit etwas
Gutes. Das Velofahren
gewinnt dabei immer mehr an Beliebtheit.
61 Prozent der Schweizer Bevölkerung
fahren Velo – 42 Prozent davon
zur sportlichen Betätigung –, das zeigt
die Studie des Bundesamts für Sport.
Nicht wenige klagen aber über Schmerzen.
Ein Bikefitting kann helfen.
Eine zu hohe Sitzposition, ein
falscher Sattel oder ein unpassender
Lenker: Wenn das Velo nicht richtig auf
den Körper eingestellt ist, kann aus dem
Spass auf zwei Rädern eine schmerzvolle
Qual werden. «Besonders häufig klagen
Velofahrende über schmerzende Sitzknochen
sowie Taubheitsgefühle im Genitalbereich
oder in den Fingerspitzen. Hinzu
kommen Verspannungen im Rücken»,
sagt die Bewegungswissenschaftlerin
Manuela Weibel. Solche Schmerzen
müssen aber nicht hingenommen
werden. Weibel ist für das Ergonomieangebot
bei Veloplus verantwortlich, einem
der grössten Schweizer Fachhändler. «In
einem ersten Schritt überprüfen wir die
Grundeinstellungen des Velos, wie die
Höhe des Sattels und des Lenkers. Zudem
schauen wir uns die Position von Rücken,
Schultern und Armen an und machen
Verbesserungsvorschläge für eine
gesunde Körperhaltung auf dem Velo.»
Mithilfe einer Satteldruckmessung kann
die Sitzposition und auch das Sattelmodell
genau analysiert werden. So bringt
Manuela Weibel in Erfahrung, wie die
jeweilige Person auf dem Sattel sitzt und
welcher Sattel besser passen würde. «Die
optimale Sitzposition ist nicht nur von
der Länge der Beine abhängig, sondern
auch von der Flexibilität, dem Fuss- und
Kniewinkel sowie von Gewohnheiten und
Beschwerden.» Die Fachfrau empfiehlt
ein solches Bikefitting allen Velofahrenden,
die regelmässig in die Pedale
steigen, denn eine optimale Einstellung
wirke auch präventiv gegen Schmerzen.
Ruggawind mit ÖKK
Mit dem BikeBonus beteiligt sich ÖKK an
den Kosten eines Bikefittings. Die
Versicherung mit gesundem Bündnerverstand
möchte aber nicht nur, dass man
gesund, sondern auch sicher auf zwei
Rädern unterwegs ist. Versicherte
profitieren von diversen Angeboten, die
keine andere Krankenversicherung in der
Schweiz bietet. So übernimmt ÖKK einen
Teil der Kosten beim Kauf eines neuen
Helms, von Protektoren oder eines
Bikerucksacks und beteiligt sich an
Fahrtechnikkursen, welche von Swiss
Cycling oder Partnerbetrieben des
Verbandes durchgeführt werden. Wichtig
ist aber auch, dass nicht nur die Sportbegeisterten
selbst, sondern auch ihr Velo
fit ist. Deshalb zahlt ÖKK auch einen
Beitrag an den Veloservice.
Engagiert für alle Velofans
ÖKK ist Partnerin des Mountain bike-
Weltmeisters Nino Schurter, des nationalen
Radsportverbands Swiss Cycling,
des Swiss Bike Parks Oberried, des UCI
Weltcups Lenzerheide und der im Jahr
2022 erstmals stattfinden Eventserie
«ÖKK BIKE REVOLUTION». Von diesem
Engagement profitieren Profis gleichsam
wie Breitensportlerinnen und -sportler
sowie der Nachwuchs. Auf der Agenda
stehen zudem die vielfältigen ÖKK
Bike-Days. Interessierte können mit Elitesportlerinnen
und -sportlern diverse
Biketrails entdecken, ihre Fahrtechnik in
Kursen bei Swiss Cycling Guides verbessern
oder in Workshops von Spezialisten
lernen, wie sie ihr Bike reparieren.
Highlights sind jeweils die Bike-Days in
Lenzerheide, wo die Teilnehmenden mit
Weltmeister Nino Schurter und anderen
Swiss-Cycling-Athletinnen und -Athleten
einen aussergewöhnlichen sportlichen
Tag erleben.
Wie können Sie
profitieren?
ÖKK ist seit Beginn dieses Jahres
Partner von mediservice vsao-asmac.
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Bike, aber auch andere Vorteile auf
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vsao /asmac Journal 1/22 43
Gute Aussichten
6% Zins und 13. Rente
Wir lassen unsere Versicherten am Erfolg
teilhaben. So verzinst Medpension die
gesamten Sparguthaben ihrer aktiv Versicherten
mit 6% und bezahlt allen Rentenbezügern
eine einmalige 13. Rente.
Wir sichern die finanzielle Zukunft von
medizinischen Leistungserbringern. Seit
35 Jahren engagieren wir uns mit massgeschneiderten
Vorsorgeplänen für Ärzte,
Praxisinhaber und medizinische Arbeitgeber.
Von der Praxiseröffnung bis zur
Pensionierung.
Überdurchschnittliche Verzinsung, Erfolgsbeteiligung,
attraktive Performance und
ein idealer Deckungsgrad – dafür steht
Medpension. Unsere überzeugenden
Kennzahlen sind seit Jahren der beste
Beweis dafür. So verzinsten wir im 2021 die
gesamten Sparguthaben unserer aktiven
Versicherten erneut überdurchschnittlich
mit 6%. Zudem kamen alle Rentenbezüger
in den Genuss einer 13. Rente. Das ist
Vorsorge in guten Händen.
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Überdurchschnittliche Verzinsung
5JahreSchnitt
Medpension 3.94%
BVGMindestzins 1.00%
Ausgezeichneter Deckungsgrad
5JahreSchnitt
Medpension 115.2%
SwisscantoPKMonitor 112.5%
Attraktive Performance
5JahreSchnitt
Medpension 5.20%
UBSPKBarometer 4.60%
CSPKIndex 4.75%
Medpension ist Partnerorganisation des
Verbands Schweizerischer Assistenz und
Oberärztinnen und ärzte (vsao).
Medpension
Pensionskasse:
Nachhaltig und profitabel
investieren – geht das?
Immer mehr Versicherte legen Wert darauf, dass ihre Vorsorgeguthaben
nachhaltig angelegt werden. Medpension hat schon vor Jahren begonnen,
Investitionen auf ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance)
auszurichten.
Toni Rösti, Leiter Asset Management bei Medpension vsao
Bild: zvg
Ideelle Werte sind schön und gut,
aber am Ende des Tages geht es
um das Geld der Pensionäre. Ist
eine Pensionskasse nicht primär
dazu verpflichtet, möglichst viel Gewinn
zu erzielen?
Toni Rösti: Der Leistungsauftrag – verankert
in der Stiftungsurkunde – verpflichtet
unsere Vermögensverwaltung, einen Beitrag
zur Realwerterhaltung der versprochenen
Rentenleistungen zu erzielen.
Das Abwägen von Renditeaussichten
und Risiken von Vermögensanlagen gehört
zum Kerngeschäft unserer Vermögensverwaltung.
Das Ziel der ESG-Strategie von
Medpension ist eine Risikominimierung:
Zum einen gilt es, Investitionen zu vermeiden,
die unsere Reputation beschädigen
könnten – z.B. Investitionen in Industrien,
welche ausbeuterische Arbeitsverhältnisse
praktizieren. Zum andern investieren wir
nicht in potenzielle «stranded assets».
Hierbei handelt es sich um Anlagen in Geschäftsmodelle,
die aufgrund von ändernden
gesellschaftlichen und regulatorischen
Bestrebungen ökonomisch nicht mehr
tragfähig sind. Ein Beispiel: Investitionen
in Immobilien mit Ölheizungen können
unrentabel werden, wenn die CO 2
-Abgaben
auf Heizöl markant steigen – die Wohnungen
sind für Mieter preislich nicht mehr
attraktiv.
Können Versicherte wählen, ob sie eine
mehr oder weniger «grüne» Anlagestrategie
wollen oder nicht?
Als Pensionskasse verfolgen wir eine Anlagestrategie
für alle Versicherten. Es gibt
keine individuellen Anlagestrategien. Natürlich
kann eine versicherte Person allfällige
eigene Vermögensanlagen fokussierter
investieren, um individuelle Ziele
wie z.B. eine höhere Rendite, eine höhere
Stabilität oder auch einen ökologischeren
Investitionsstil zu erreichen. Die Vermögensstrategie
von Medpension bietet auf
jeden Fall eine stabile, kostengünstige Basis
für die Altersvorsorge.
Dennoch: Droht eine Einbusse durch
die ESG-Kriterien?
Wissenschaftliche Studien beschäftigen
sich schon seit einiger Zeit mit dieser Frage.
Leider gibt es bisher keine abschliessenden
Ergebnisse. Am Beispiel von deutschen
Staatsanleihen ist ersichtlich, dass Investoren
für sogenannte «Green Bonds» einen
geringfügigen Renditenachteil in Kauf nehmen.
Bei unseren direkten Immobilieninvestitionen
rechnen wir dagegen mit
keinen Renditenachteilen. Die Kosten für
alternative Heizsysteme amortisieren sich
vielfach über tiefere Betriebskosten. Zusätzlich
wird z.B. mit einer Luft-/Wärmepumpe
auch die Abhängigkeit von den volatileren
Öl- und Gaspreisen reduziert. Damit erwarten
wir langfristig stabilere Mieten und
einen Vorteil bei der Vermietung.
Am Beispiel des Energiesektors spricht
die industrielle Logik heute klar für nachhaltige
Investitionen. Die Kosten für die
Energiegewinnung mittels Windanlagen
betragen nur noch einen Bruchteil jener für
Atomenergie oder Kohle. Das bedeutet,
dass mit einer veralteten Technologie langfristig
Geld verloren geht. Solche «stranded
assets» möchten wir auf jeden Fall in unseren
Anlagen vermeiden.
Erfolgsbeteiligung bei
Medpension: 6 % Zins
und 13. Rente
Medpension vsao lässt ihre Versicherten
im Jahr 2021 am Erfolg der Stiftung
teilhaben. So verzinst Medpension
die gesamten Sparguthaben ihrer
aktiv Versicherten mit 6,00 % und
bezahlt allen Rentenbezügern eine
einmalige 13. Rente.
Für weiterführende
Informationen
Medpension vsao asmac
Brunnhofweg 37, Postfach 319
3000 Bern 14, Tel. 031 560 77 77
info@medpension.ch
www.medpension.ch
Toni Rösti
Leiter Asset Management bei
Medpension vsao
vsao /asmac Journal 1/22 45
Impressum
Kontaktadressen der Sektionen
Nr. 1 • 41. Jahrgang • Februar 2022
Herausgeber/Verlag
AG
VSAO Sektion Aargau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,
Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,
Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20
mediservice vsao-asmac
Bollwerk 10, Postfach, 3001 Bern
Telefon 031 350 44 88
journal@vsao.ch, journal@asmac.ch
www.vsao.ch, www.asmac.ch
Im Auftrag des vsao
Redaktion
Catherine Aeschbacher (Chefredaktorin),
Kerstin Jost, Fabian Kraxner, Léo Pavlopoulos,
Lukas Staub, Anna Wang
Geschäftsausschuss vsao
Angelo Barrile (Präsident), Nora Bienz
(Co-Vize präsidentin), Patrizia Kündig
(Co-Vize präsidentin), Severin Baerlocher,
Christoph Bosshard (Gast), Marius Grädel,
Helen Manser, Richard Mansky, Gert
Printzen, Svenja Ravioli, Patrizia Rölli,
Martin Sailer, Miodrag Savic (Gast),
Jana Siroka, Clara Ehrenzeller (swimsa)
Druck, Herstellung und Versand
Stämpfli AG, Kommunikationsunternehmen,
Wölflistrasse 1, 3001 Bern
Telefon +41 31 300 66 66
info@staempfli.com, www.staempfli.com
BL/BS
VSAO Sektion beider Basel, Geschäftsleiterin und Sekretariat:
lic. iur. Claudia von Wartburg, Advokatin, Hauptstrasse 104,
4102 Binningen, Tel. 061 421 05 95, Fax 061 421 25 60,
sekretariat@vsao-basel.ch, www.vsao-basel.ch
BE VSAO Sektion Bern, Schwarztorstrasse 7, 3007 Bern, Tel. 031 381 39 39,
info@vsao-bern.ch, www.vsao-bern.ch
FR
ASMAC Sektion Freiburg, Gabriela Kaufmann-Hostettler,
Wattenwylweg 21, 3006 Bern, Tel. 031 332 41 10, Fax 031 332 41 12,
info@gkaufmann.ch
GE Associations des Médecins d’Institutions de Genève, Postfach 23,
Rue Gabrielle-Perret-Gentil 4, 1211 Genf 14, amig@amig.ch, www.amig.ch
GR
JU
NE
VSAO Sektion Graubünden, 7000 Chur, Samuel B. Nadig, lic. iur. HSG,
RA Geschäftsführer/Sektionsjurist, Tel. 081 256 55 55, info@vsao-gr.ch,
www.vsao-gr.ch
ASMAC Jura, 6, chemin des Fontaines, 2800 Delémont,
marie.maulini@h-ju.ch
ASMAC Sektion Neuenburg, Joël Vuilleumier, Jurist,
Rue du Musée 6, Postfach 2247, 2001 Neuenburg,
Tel. 032 725 10 11, vuilleumier@valegal.ch
SG/AI/AR VSAO Sektion St. Gallen-Appenzell, Bettina Surber, Oberer Graben 44,
9000 St. Gallen, Tel. 071 228 41 11, Fax 071 228 41 12,
Surber@anwaelte44.ch
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Auflagen
Druckauflage: 22 000 Expl.
WEMF/KS-Beglaubigung 2021: 21 778 Expl.
Erscheinungshäufigkeit: 6 Hefte pro Jahr.
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inbegriffen.
ISSN 1422-2086
Ausgabe Nr. 2/2022 erscheint im
April 2022. Thema: Tier
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Zentralschweiz (LU, ZG, SZ, GL, OW, NW, UR)
VSAO Sektion Zentralschweiz, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,
Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,
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ZH/SH
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Geschäftsführerin, Nordstrasse 15, 8006 Zürich, Tel. 044 941 46 78,
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Nr. 6, Dezember 2021
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Und damit das so bleibt, sind wir bei Fragen zur
Gesundheit jederzeit für Julia, ihren Papi und all
unsere Versicherten da.