möbel kultur 02/22
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ZKZ 4937
2 I 2022
MAGAZIN FÜR DAS MÖBEL-BUSINESS
Restart
So will
Selva1968
die Zukunft
gestalten
Foto: Selva1968
Viel Luft nach oben
Check-up: 20 Onlineshops auf dem Prüfstand
E-COMMERCE/BEVH
15,6 MRD. FÜR
MÖBEL & CO.
Begros & KHG: Macht-Spiele
XXXLutz: Überraschende Deals
Küchenstyle: Die Newcomer
Connectivity: Vernetzt in großem Stil
Hammerbacher: Nachhaltig & verlässlich
Relaxmöbel: Hier lauern Umsatz-Chancen
TOP-THEMA/ONLINESHOPS IM CHECK
Es gibt viele Fallstricke entlang
der Customer Journey.
Die Auslieferung auf der
letzten Meile gehört zu den
sensibelsten Punkten.
Foto: Pexels
22 möbel kultur 2/2022
Noch
viel Luft
nach oben
Der E-Commerce-Boom sollte auch das Home & Living-Segment beflügeln. Denn auch in Sachen Polster, Wohnwand
& Co. shoppen die Kunden mehr denn je online. Doch noch profitiert das Gros des Möbelhandels davon längst
nicht in dem Maße, wie es möglich wäre. Dies ist eine zentrale Erkenntnis des aktuellen „E-Commerce Experience
Reports“ von Creativestyle für die Möbelbranche, den die „möbel kultur“ exklusiv präsentiert. Die Studie macht
deutlich, was gut läuft und an welchen Stellen optimiert werden kann. Und davon gibt es einige.
Die Deutschen sind passionierte
Onlineshopper. Vor
allem durch die Pandemie ist
der Online-Anteil am Einzelhandel
nochmals rasant gestiegen. Das
gilt auch für alle Produkte für das
eigene Zuhause, die zunehmend in
den digitalen Warenkorb geklickt
werden. Doch nutzt der Möbelhandel
bereits dieses große Potenzial
im E-Commerce? Um dies herauszufinden,
nahm der E-Commerce-
Spezialist Creative style in seinem
neuen „Experience Report“ die
Performance der Top-20-Händler
der Möbelbranche unter die Lupe.
So ist die erste strukturierte
Bestandsaufnahme entstanden, die
alle Phasen der Customer Journey
erfasst – vom Shopbesuch über die
Bestellung bis zur Auslieferung und
eventuellen Rücksendung der Ware.
Eine Art „Stiftung Warentest“ für
Möbel-Onlineshops – mit Augenmerk
auf drei für den Kunden entscheidende
Bereiche.
Elementar:
Das Shoperlebnis
Check: Inhalte und
Performance
Das Vertrauen der Kund:innen wird
bei der Produktrecherche über die
Inhalte gewonnen. Denn Bilder und
Beschreibungen entscheiden zusammen
mit dem Preis, ob das Produkt
in die engere Wahl kommt. Hochwertiger
Content beeinflusst die
Kaufentscheidung und senkt auch
die mögliche Retourenquote durch
relevante Vorabinformationen.
Alle analysierten Händler bieten
Informatives oder Unterhaltsames
zu ihren Produkten in Blog- oder
Magazinformaten. Videos oder
Produktbilder mit mehreren An -
sichten verwendet aber nur die
Hälfte der Anbieter. Gleiches gilt
für Kundenbewertungen oder die
Einbindung von Social-Media-
Beiträgen. Obwohl User Generated
Content – Bilder, Videos und Bewertungen
von Kunden zu ihren Produkterfahrungen
– ein wichtiges
Instrument sind, um neuen Kunden
das nötige Vertrauen für den Kaufabschluss
zu geben.
Auffällig war bei der Untersuchung
zudem die Performance,
also die realen Ladezeiten für
Nutzer:innen in den Shops. Entscheidend
ist, wie flüssig diese von
den Produkten bis zum Bestellprozess
navigieren können. Je
schneller die Seiten auf dem Desktop
oder dem Smartphone laden,
desto besser das Nutzererlebnis,
desto größer der Warenkorb und
desto stärker die Loyalität. Lange
Ladezeiten führen hingegen häufig
zu Kaufabbrüchen.
Besonders bei der mobilen Performance
besteht Optimierungsbedarf,
denn die Mehrheit der Privatkunden
kauft heute „mobile first“ oder gar
„mobile only“ – und die Websites der
meisten Möbelhändler laden mobil
Im Check: Von Connox bis XXXLutz
Für den „E-Commerce Experience Report“ wurden 20 Customer Journeys getestet
Untersucht wurden die 20 größten Online-Shops in der Möbelbranche – darunter sind natürlich
auch die der größten stationären Händler zu finden. Die Zusammensetzung des Panels basiert auf
Daten von Statista und dem EHI sowie geschätzten Zugriffszahlen laut Similarweb.
2/2022 möbel kultur 23
HANDEL
Wie bereits mehrmals in der Vergangenheit
überraschte die XXXLutz- Gruppe auch zum
Jahres start 2022 mit weiteren Zu käufen und
Beteiligungen. Sicher ist, dass Expansion
bei den Österreicher auch künftig oberste
Priorität hat.
FACTS
❯ XXXLutz-Gruppe, A-Wels
❯ Anzahl der Einrichtungshäuser: > 350
❯ Länder: 13 (Österreich, Deutschland,
Tschechien, Ungarn, Slowenien,
Slowakei, Kroatien, Rumänien,
Bulgarien, Schweiz, Schweden,
Serbien, Polen)
❯ Onlineshops: 24
❯ Beschäftigte: > 25.700
❯ Gesamtumsatz: 5,34 Mrd. Euro
www.xxxlgroup.com
Für viele Fragezeichen bei
Branchenkennern sorgte, noch
Ende 2021, der Einstieg von
XXXLutz bei moebel.de. Zum
Hintergrund: 2013 hatte sich die
NuCom Group (ProSiebenSat1
Media SE) an der Suchmaschine
beteiligt, sich aber jetzt, im Rahmen
ihrer weiteren Investmentstrategie
dafür entschieden, moebel.de zu
verkaufen. Dasselbe gilt für Robert
Kabs, der seine Anteile im Zuge des
Eigentümerwechsels ebenfalls veräußert
hat, aber als Shop-Partner mit
kabs.de der Plattform weiter verbunden
bleibt. Ein neuer Investor wurde
also gesucht und mit XXXLutz
gefunden. Dazu XXXL-Sprecher
Thomas Saliger: „Mit dem Ausstieg
des Investors hat sich für die
XXXLutz-Gruppe die Möglichkeit
des Investments ergeben. Es werden
von unserer Seite bei dieser Beteiligung
keine operativen Tätigkeiten
übernommen. Das bestehende
Management unter dem CEO Arne
Stock betreibt die neutrale Plattform
wie bisher weiter und wird
diese in den folgenden Jahren weiter
internationalisieren.“
Es soll also alles im Grunde bleiben
wie bisher, vor allem die Neutralität
der Branchenplattform auch
künftig gewährleistet sein. Um das
seit knapp 20 Jahren gewachsene
Geschäftsmodell, an das heute über
300 Onlineshops und mehr als 200
lokale Händler, angedockt sind, in
die Zukunft führen zu können. Das
Ziel der neuen Konstellation sei
es, moebel.de mit internationaler
Branchenpower in weiteren europäischen
Märkten zu skalieren und
beim Wachstum – dazu gehören
insbesondere Multichannel-Lösungen
– zu unterstützen. „Das Investment
befähigt uns, unsere Erfolgsgeschichte
in Europa mit mehr
Tempo vorantreiben zu können.
Neben moebel.de und meubles.fr
sowie meubelo.nl folgen nun weitere
vertikale Suchmaschinen im
europäischen Markt. Und daher
freut es mich sehr, dass unser bestehendes
Team das Wachstum in den
folgenden Jahren gestalten wird“,
erläutert CEO Arne Stock. Wobei
28 möbel kultur 2/2022
XXXLutz: Steigt bei moebel.de ein und baut Präsenz in der Schweiz aus
Überraschende Deals
Zum Jahresstart machte die XXXLutz-Gruppe mit dem Kauf des Schweizer Möbeldiscounters
Lipo und der Beteiligung an Conforama Suisse einmal mehr deutlich,
dass sie expansiv bleibt. Für Überraschung sorgte auch die Beteiligung der Österreicher
an der Plattform moebel.de. Die „möbel kultur“ erläutert die wichtigsten
Fakten zu den jüngsten Deals des Möbel-Giganten.
Foto: XXXLutz
sich moebel.de bereits heute von
der reinen Händler- und Produktsuchmaschine
hin zum digitalen
Berater für Marken, Hersteller und
Händler entwickelt. Die Datenexperten
kennen u. a. die Bedürfnisse
der User ziemlich genau und liefern
den angeschlossenen Möbelhändlern
beispielsweise Sortiments- und
Wettbewerbsanalysen.
Aber was verspricht sich Österreichs
Nr. 1 mit der Beteiligung an
moebel.de, wenn ausgeschlossen
bleibt, dass XXXLutz als ein marktbestimmender
Nutzer der Plattform
keine etwaigen Sonderkonditionen
bekommt und keine Extra-Vorteile
daraus ziehen kann? Eine Frage,
die Arne Stock nach Bekanntgabe
der neuen Gesellschaf terstrukturen
nicht nur einmal beantworten
musste. Denn bei den angeschlossenen
Händlern und Onlineshop-
Betreibern steht natürlich die
Befürchtung im Raum, dass die
XXXLutz-Gruppe mit ihren Unternehmen
als Anteilseigner bei der
Suchmaschine künftig beispielsweise
den Usern häufiger als passender
Anbieter genannt wird oder
XXXLutz sogar auf Daten der anderen
zugreifen könnte. Arne Stock
räumt auf Nachfrage ein, dass es
als Reaktion durchaus Kündigungen
gab. Aber im Gespräch betont er,
dass der Algorithmus entscheidet,
welche Produkte und welche Shops
den Endkund:innen präsentiert
werden. Und da moebel.de selbst
ja kein Shop-Betreiber sei, kenne er
auch keine Kundendaten, die Wettbewerbsdaten
seien zudem immer
anonymisiert. „Wir helfen verkaufen,
allen unseren angeschlossenen
Händlern“, betont Arne Stock. Und
jeder könne ja für sich entscheiden,
wie viel er in die Suchmaschine
investieren möchte („Costs per
Click“), um bestmöglich präsentiert
zu werden. „Im Übrigen leben wir
ja auch davon, dass unsere Partner
jeden Monat wieder mit unserer
Performance zufrieden sind.“ Das
Geschäftsmodell würde ganz einfach
nicht funktionieren, würde
ein Händler bevorzugt behandelt
werden. „Der neue Gesellschafter
bringt neben Branchenkompetenz
den Willen und das Investment
mit, dass wir unsere Erfolgsgeschichte
weiter in Europa verbreiten
können“, betont Arne Stock nochmals.
Die Vision und die Ziele von
moebel.de hätten sich nicht geändert,
jetzt könnten diese nur schneller
umgesetzt werden. Als nächstes
hat die Suchmaschine u.a. Österreich
und die Schweiz im Blick,
ebenso den Nordosten Europas.
Dass XXXLutz mit der Beteiligung
vor allem auf die Internationalisierung
von moebel.de setzt, ergibt
auch objektiv betrachtet Sinn. Mit
dem Zukauf des Discounters Lipo
mit derzeit 23 Filialen in der Schweiz
und der Beteiligung an Conforama
Suisse haben die Österreicher ganz
aktuell wieder bewiesen, dass sie
die internationale Expansion längst
nicht abgeschlossen haben. Auch für
die hohe Geschwindigkeit, mit der
XXXLutz neue Märkte angeht, ist
die Schweiz ein gutes Beispiel. Erst
CEO Arne Stock
legt auch künftig
höchsten Wert auf
Neutralität bei der
Branchenplattform
moebel.de.
Fotos (2): moebel.de
2018 wurde dort das erste Haus mit
dem roten Stuhl eröffnet. Im Jahr
darauf folgte der Zukauf der Pfister-
Gruppe mit derzeit 18 Standorten
sowie von sechs Interio-Filialen, die
heute unter Mömax laufen. Dazu
kommt jetzt auch noch die Beteiligung
an Conforama Suisse und die
Übernahme von Lipo. Die Kette soll
weiterhin mit eigenem Marktauftritt
und unter dem bisherigen Namen
auftreten. „Die Marke Lipo steht in
der Schweiz für preisgünstiges Einrichten
und ist die klare Nummer 1
am Schweizer Möbeldiskontmarkt.
Wir wollen diesen Erfolg weiterführen
und diese starke Position
weiterentwickeln“, betont Thomas
Saliger. Die Zentrale in Pratteln soll
bestehen bleiben. Der Filialist soll
zudem vom bestehenden Management
eigenständig betrieben werden
und tritt weiterhin selbständig am
Schweizer Markt auf. Abermals verkündet
Thomas Saliger schon jetzt,
allein durch die Zukäufe, 2022
als das erfolgreichste Jahr in der
Firmengeschichte.
EVELYNE BECKMANN
FACTS
❯ moebel.de
❯ CEO: Arne Stock
❯ Anteilseigner: XXXLutz
❯ Gründung: 2002 (meubles.fr: 2016,
meubelo.nl: 2021)
❯ Firmensitz: Hamburg
❯ Beschäftigte: > 65
❯ Anzahl Besucher:innen: 50 Mio./Jahr
❯ Anzahl Produkte: 4 Mio.
❯ Anzahl Händler: > 300 Onlineshops,
> 200 lokale Händler
www.moebel.de
2/2022 möbel kultur 29
HANDEL
Home24: Übernimmt Butlers
Online kauft Offline
Um seine Marktposition strategisch weiter auszubauen und die Kund:innen in allen
Kanälen noch besser bedienen zu können, übernimmt Home24 sämtliche Anteile
an der Lifestyle-Marke Butlers. Damit gehört künftig ein Filialnetz mit 100 Standorten
zum Unternehmen. Zudem wird die Eigenmarkenkompetenz um die Segmente
Heimtextil, Dekoration und Tischwaren erweitert. Die Akquisition soll im zweiten
Quartal 2022 abgeschlossen sein.
Als künftigen Fokus auf das stationäre
Geschäft will Home24
den Deal nicht verstanden
wissen. Schließlich machen die
Butlers-Filialen nur rund zehn Prozent
Umsatzanteil an der Gruppe
aus. Doch da nach wie vor mehr als
80 Prozent der Verbraucher:innen
ihre Möbel im stationären Handel
kaufen, sei es sinnvoll, die Offline-
Kundenansprache zu stärken. Nicht
zuletzt, um so auch unabhängiger
von Online-Marketingkanälen wie
zum Beispiel Google zu werden. Butlers
begrüßt in seinen Filialen und
seinem Onlineshop pro Jahr rund
40 Mio. Besucher:innen.
Ziel der Übernahme ist ein starkes
Wachstum in den kommenden
Jahren. „Die Sortimente von Butlers
und Home24 ergänzen sich ideal“,
betont Home24-CEO Marc Appelhoff.
„Gemeinsam schaffen wir
vom großen Möbelstück bis zum
Accessoire auf dem gedeckten Tisch
ein umfassendes Angebot. So entstehen
inspirierende Wohnwelten,
die unsere Kund:innen an Home24
binden und regelmäßigen Kontakt
fördern.“
Butlers, 1999 von Wilhelm Josten
gegründet, verfügt aktuell über
100 Filialen in der DACH-Region.
Zudem gibt es 32 Geschäfte von
Franchise-Partnern in neun weiteren
europäischen Ländern. Eine
Schließung von Läden aufgrund der
Übernahme steht derzeit nicht zur
Debatte. Auch der Firmensitz in Köln
bleibt erhalten, Josten soll weiterhin
das Butlers-Geschäft mitgestalten
und zudem gemeinsam mit dem
Management die Gruppenstrategie
verantworten. Der Gesamtumsatz
der Lifestyle-Marke beträgt 2021
voraussichtlich rund 95 Mio. Euro
– 25 Prozent davon werden online
erwirtschaftet. Selbst in den durch
Lockdowns belasteten Jahren 2020
Machen ab sofort gemeinsame
Sache: Marc Appelhoff, CEO von
Home24 (l.), und Wilhelm Josten,
Gründer und geschäftsführender
Gesellschafter von Butlers.
und 2021 habe das Familienunternehmen
„signifikant profitabel“
gearbeitet.
Die Butlers-Designer und -Produktentwickler
kreieren jährlich
mehr als 3.000 neue Artikel. Damit
ergänzt Home24 seine Eigenmarkenkompetenz
bei Möbeln nun
um Heimtextilien, Dekoration und
Tischwaren. „Diese Sortimentsbereiche
sind für die Kundenbindung
und saisonale Kommunikation
strategisch entscheidend“, erklärt
das Unternehmen. Deshalb will
Home24 zusätzlich zum Shop
Butlers.com das Butlers-Online-
Sortiment auf seiner E-Commerce-
Plattform vermarkten. So soll es
künftig zu Anlässen wie Ostern oder
Weihnachten eine „noch emotionalere
Kundenansprache“ für gesamte
Raumeinrichtungen geben.
Gleichzeitig soll das Butlers-Sortiment
durch Möbel von Home24
30 möbel kultur 2/2022
Insgesamt 100 Filialen in der
DACH-Region gehören zu Butlers.
BUTLERS
❯ Sortiment: Heimtextilien,
Dekoration, Tischwaren, Geschenke.
Jährlich ca. 3.000 neue Artikel
❯ Filialen: 100 in der DACH-Region,
32 Franchise-Standorte auch im
europäischen Ausland, 5.000 externe
Verkaufspunkte
Fotos: Home24
❯ Umsatz: 95 Mio. Euro 2021
(25% davon online)
❯ Mitarbeiter:innen: 1.000
❯ Firmensitz: Köln
HOME24
❯ Sortiment: ca. 150.000 Home&Living-
Produkte für Deutschland,
Frankreich, Österreich, Niederlande,
Schweiz, Belgien, Italien (und ca.
200.000 Artikel in Lateinamerika
unter der Marke „Mobly“)
❯ Gesamtumsatz 2021:
615 Mio. Euro (+27%)
❯ Umsatz in Europa 2021:
501 Mio. Euro (+29%)
❯ EBITDA 2021: 3 Mio. Euro im
europäischen Segment
❯ Mitarbeiter:innen: > 1.900 weltweit
❯ Firmensitz: Berlin
❯ CEO: Marc Appelhoff
❯ Showrooms: 10 sowie vier Outlets
www.home24.com
gestärkt werden. Geplant sind integrierte
Showrooms in ausgewählten
Filialen. Momentan betreibt
der Online-Player zehn eigene
Showrooms und analysiert nun,
welche Butlers-Filialen sich für die
Präsentation von Möbeln eignen –
eine niedrige zweistellige Zahl sei
bereits fest identifiziert. Ob künftig
in alle Shops eine kleine Möbel-Auswahl
integriert wird, ist noch nicht
entschieden.
Aber hatte Butlers nach seiner
Planinsolvenz im Jahr 2017 nicht
alle Möbel aus seinem Sortiment
verbannt, da diese zu unrentabel
gewesen waren? Es gab damals zwar
nennenswerte Erfolge mit Möbeln,
aber die Investitionen in die Logistik
und die Produktentwicklung waren
neben den Wohnaccessoires wohl
zu schwierig zu managen gewesen.
Genau dieses Know-how besitzt
jetzt Home24, wie Marc Appelhoff
betont: „Butlers hat in den vergan-
genen Jahren ein mittlerweile hochprofitables
Direct-to-Consumer-
Geschäftsmodell entwickelt, das
wir nun mit unserem Möbelangebot,
unserer Online-Kompetenz
sowie unserer skalierbaren Logistik
ergänzen.“
Die Akquisition zeigt laut Appelhoff,
welche Stärke das Unternehmen
inzwischen im Markt gewonnen hat.
„Home24 führt seine Wachstumsstrategie
als Gestalter im Home
& Living-Markt konsequent fort.
Durch den Ausbau des Impulskaufsortiments
und des persönlichen
Kontakts zu unseren Kund:innen
unternehmen wir einen strategisch
wichtigen Schritt, der die Wettbewerbsposition
trotz eines schwierigen
Marktumfeldes deutlich verbessert.
Gemeinsam bündeln wir unsere
Kräfte für profitables Wachstum auf
der Basis eines für 2021 erwarteten,
kombinierten Umsatzes von ca. 700
Mio. Euro.“ SILJA BERNARD
❯ Gründer: Wilhelm Josten
www.butlers.com
Bisher betreibt Home24 zehn Showrooms.
Künftig sollen in ausgewählten Butlers-
Filialen auch Möbel gezeigt werden.
2/2022 möbel kultur 31
VERBÄNDE
Für die Begros ist „Mondo“ die wichtigste
Leitmarke. Erst gerade wurde der Vertrag mit
Testimonial Annette Frier verlängert. Bereits
seit 2017 kooperiert der Oberhausener
Einkaufsverband mit der Schauspielerin als
Markenbotschafterin.
Begros: Bundeskartellamt gestattet Zugang der Krieger-Gruppe
Neue Macht-Spiele
Erlaubnis mit Einschränkungen: Nachdem die Krieger/Höffner-Gruppe (KHG)
bereits Anfang vergangenen Jahres der Begros beitreten wollte, hat das
Bundeskartellamt jetzt grünes Licht für dieses Vorhaben gegeben. Voraussetzung
dafür ist allerdings, dass die großen Begros-Mitglieder Porta und die
KHG nicht dieselben Eigenmarken des Verbandes führen. Die Industrie sieht
das mit gutem Grund kritisch.
Wenn die Nummer drei des
deutschen Möbelhandels
Mitglied bei einem der
größten Einkaufsverbände hierzulande
werden möchte, muss das
Bundeskartellamt zwangsläufig
prüfen. Ein Jahr haben die Wettbewerbshüter
das nun getan. Das
Ergebnis ist durchaus umstritten –
die einschränkenden Maßnahmen
müssen sich jetzt in der Praxis
bewähren. „Einkaufskooperationen
zwischen kleinen und mittelständischen
Unternehmen sind nicht
nur im Möbelbereich anerkannte
Modelle. Damit können Wettbewerbsnachteile
gegenüber den großen
Wettbewerbern ausgeglichen
werden“, sagt Andreas Mundt,
Präsident des Bundeskartellamtes.
„Im Möbelmarkt stoßen wir allerdings
immer wieder an Grenzen.
Der Markt ist bereits hoch konzentriert.
Wir müssen daher darauf
achten, dass sich eine weitere
Konzentration nicht zu Lasten der
Lieferanten sowie der Verbraucherinnen
und Verbraucher auswirkt.
Die Grenzen wären in diesem Fall
nach den ursprünglichen Plänen in
manchen Regionen in Ostdeutschland
überschritten worden. Sowohl
das Begros-Mitglied Porta als auch
KHG verfügen hier mit mehreren
großflächigen Einrichtungshäusern
über bedeutende Marktpositionen.
Eine Beschränkung des Wettbewerbs
zwischen diesen beiden Anbietern
Fast 21 Jahre nach seinem Austritt bei
der Begros werden Firmenchef Kurt
Krieger (Foto) & Co. jetzt also wieder
Mitglied im Oberhausener Club.
34 möbel kultur 2/2022
hätte eine geringere Auswahl für die
Kundinnen und Kunden zur Folge.
Durch die Trennung der Eigenmarken
der Einkaufsgemeinschaft von
Porta und KHG konnten unsere
Bedenken ausgeräumt werden“,
erläutert Mundt.
Giga-Chef Gerald Socher (l.) setzt
nicht nur auf den deutschen Markt,
sondern baut auch europaweit
seine Einkaufsmacht weiter aus.
Für die Begros unter der Führung
von Patrick Neuss (u.) bedeutet
der Zugang der Krieger/Höffner-
Gruppe (KHG) einen deutlichen
Zuwachs im Außenumsatz.
Damit werden die Eigenmarken
der Begros, die von Porta und KHG
für mehrere Jahre nicht gleichzeitig
geführt werden dürfen, zum Zünglein
an der Waage. Reicht diese Maßnahme
des Zwei-Markenfamilien-
Modells aus, um eine Zuspitzung der
Marktmacht zu verhindern? VDM-
Geschäftsführer Jan Kurth bezweifelt
das. „In der deutschen Möbelindustrie
ruft die Entscheidung des Bundeskartellamts
erhebliche Bedenken
hervor. Mit dem Zusammenschluss
der beiden Einheiten erhöht sich
die Konzentration im Möbelhandel
weiter massiv und das gemeinsame
Einkaufsvolumen in Milliardenhöhe
wird die Industrieseite zusätzlich
unter Druck setzen. Die deutschen
Möbelhersteller leiden schon seit
geraumer Zeit stark unter der großen
Marktmacht des Möbelhandels.“
Insbesondere in jüngster Zeit habe
sich das Marktumfeld aufgrund der
Herausforderungen auf der Beschaffungsseite
noch einmal drastisch verschärft.
„Die vom Kartellamt genannten
Einschränkungen hinsichtlich der
Eigenmarken des Begros-Mitglieds
Porta und der KHG, die zukünftig
nicht gemeinsam geführt werden
dürfen, werden diesen Druck, unserer
Einschätzung nach, nicht in ausreichendem
Maß abmildern können.
Dies schon deshalb nicht, weil der
Anteil der Eigenmarken zwar bedeutsam
ist, aber in Summe bei weitem
nicht überwiegt.“
Wie lange Porta und KHG die
Eigenmarken nicht gemeinsam nutzen
dürfen, wurde nicht bekannt
gegeben. „Von mehreren Jahren“ ist
hier die Rede. Danach wird das Bundeskartellamt
gegebenenfalls erneut
prüfen. Alle anderen Begros-Mitglieder
können alle Eigenmarken ohne
Einschränkung einsetzen. Darüber
hinaus darf die KHG nach dem Beitritt
ihre bisherigen Einkaufskonditionen
nicht gegenüber der Begros
bzw. deren Mitgliedern offenlegen.
Auf dieser Basis sieht das Bundeskartellamt
davon ab, das Verfahren
weiter zu führen. Gleichwohl will
es die Entwicklung auf den Beschaffungs-
und Absatzmärkten des inländischen
Möbelhandels beobachten
und bei Veränderungen ein erneutes
Verfahren einleiten. Ob die Einkaufskonditionen
tatsächlich unter
Verschluss gehalten werden, kann
allerdings niemand überprüfen. Die
Wettbewerbshüter gehen allerdings
davon aus, dass bei Fehlverhalten eine
entsprechende Rückmeldung von
Lieferantenseite zu erwarten wäre.
Warum der Fokus der Marktbeobachtung
nicht auf der Beschaffungsseite
lag, begründet das Bundeskartellamt
wie folgt: „Grundsätzlich sind
Hersteller ebenso wie Verbraucher vor
etwaigen negativen Wirkungen des
Beitritts zu einer Einkaufskooperation
zu schützen. Ein zentraler Anhaltspunkt
dafür sind die in den EU-Leitlinien
über horizontale Zusammenarbeit
niedergelegten Schwellenwerte,
konkret ein Marktanteil von 15 Prozent.
Dieser Wert war im vorliegenden
Fall nach den Ermittlungen des Amtes
auf bestimmten Absatzmärkten in
Ostdeutschland deutlich überschritten.
Deshalb lag darauf der Fokus des
Verfahrens. Auf den untersuchten
Beschaffungsmärkten, auf denen sich
Hersteller und Möbelhändler gegenüberstehen,
waren entsprechende
Marktanteile dagegen letztlich nicht
festzustellen. Dazu trug bei, dass die
Beschaffungsmärkte anders als die
Absatzmärkte räumlich weiter als das
Inland sein dürften. Dadurch wird die
Marktstellung von Begros und KHG
relativiert, die beide hauptsächlich im
Inland tätig sind.“
Die Begros hat damit 18 Mitglieder,
die allesamt Großflächen
betreiben. Die KHG mit über 30
großflächigen Einrichtungshäusern
und über 20 Discount-Märkten
sowie mehreren Online-Shops gibt
der Begros, deren Außenumsatz nun
auf über sieben Mrd. Euro anwächst,
zweifelsohne neue Schubkraft.
Doch auch die österreichische
Giga-Gruppe – Außenumsatz über
11 Mrd. Euro – baut ihre Marktmacht
in Europa weiter aus und
vermeldet aktuell Zuwachs in der
Schweiz. Nachdem die Österreicher
die Discountkette Lipo erworben
haben, beteiligt sich die WM Holding,
die wiederum zu XXXLutz
gehört, auch an der Discountkette
Conforama Suisse. Über die Höhe
der Beteiligung wurde Stillschweigen
vereinbart. Allerdings gehöre
Conforama Schweiz damit künftig
auch dem Einkaufsverband Giga an.
In Frankkreich hatte sich die WM
Holding bereits 2020 an dem Unternehmen
beteiligt. Ebenfalls in dem
Jahr ging Conforama Schweiz an den
eidgenössischen Unternehmer Dan
Mamane, der seitdem als Hauptaktionär
agierte. Die Österreicher
hatten den dortigen Markt erst 2018
mit ihrem ersten Haus in Rothrist
erschlossen. Im Jahr darauf folgte
der Zukauf der Pfister-Gruppe und
von Interio (siehe auch S. 28/29).
Es bleibt abzuwarten, welche Spuren
die zunehmende Konzentration
bei der Möbelindustrie hinterlassen
wird.
RITA BREER
www.begros.de
2/2022 möbel kultur 35
KÜCHE
Vernetzt im
großen Stil
Ob
Fernseher, Waschmaschine oder Backofen:
Dem Ziel, dass sich smarte Geräte im vernetzten
Haus markenübergreifend über nur eine App
steuern lassen, ist die Branche mit der Home
Connectivity Alliance (HCA) einen großen Schritt
nähergekommen. Immerhin spielen Global Player
wie Beko, Electrolux, Haier (inklusive GE) und
Samsung bei der jüngst in Las Vegas verkündeten
Kooperation mit. Kurz zuvor hatten auch BSH und
Samsung eine Allianz beschlossen. Wird damit der
Weg frei für eine echte globale Connection?
Die „möbel kultur“ hakte nach.
Lange wird schon an offenen
Standards bzw. Schnittstellen
fürs Smart Home gearbeitet,
auch diverse Allianzen und Partnerschaften
wurden gegründet, um
Küchengeräte ebenso wie Heiz-,
Licht- oder Sicherheitstechnik in
die zentrale Steuerung einzubinden.
Doch eine direkte Connectivity der
Geräte in einem gemeinsamen Ökosystem
– ohne Hub oder andere
Extras – blieb bisher die große Herausforderung.
Deshalb klingt die
Nachricht von der Gründung der
Home Connectivity Alliance (HCA),
im Januar auf der Tech-Messe CES
in Las Vegas erstmals verkündet, wie
ein Durchbruch. Zumindest ist die
Kooperation ein Meilenstein, der
Zukunftspotenziale jenseits bisheriger
Barrieren verspricht. Denn
mussten Anwender:innen bislang
auf einzelne Apps oder Plattformen
dritter Dienstleister zurückgreifen,
um Geräte unterschiedlicher Marken
zu steuern, soll die Nutzung
nun einfacher werden, indem jede
App den Zugriff auf die Geräte der
Konkurrenz bzw. nun angeschlossenen
Partner erlaubt – die Technik
also interoperabel wird. Im Klartext
würde dies zum Beispiel bedeuten:
Am Samsung-TV oder SmartHub-
Kühlschrank kann die Laufzeit der
Beko-Waschmaschine ebenso wie
der Geschirrspüler von Electrolux/
AEG kontrolliert werden.
Verankert sind die Ziele der
HCA in Arbeitsgruppen zu den
drei Hauptthemen Marketing,
38 möbel kultur 2/2022
„Mit der Integration der SmartThings
Hub-Technologie in ausgewählte Samsung-Produkte
werden separate Smart
Hubs als zusätzliche Geräte überflüssig.
Je mehr Geräte diese Fähigkeit besitzen,
desto niedrigschwelliger können sich
Menschen das vernetzte Zuhause ihrer
Träume schaffen.“
Dr. Thorsten Böker, Director Business
Development bei Samsung Electronics.
Foto: Shutterstock / Alexander Supertramp
„Grundsätzlich ist die weitere Etablierung
von Standards wünschenswert,
um noch mehr Menschen für das
Smart Home zu begeistern. Doch ist
die Vorstellung ,von einer App für
alles“ auf absehbare Zeit unrealistisch,
weil es weiterhin proprietäre
Anwendungen geben wird..“
Peter Hübinger, Senior Vice President
Smart Home /Electronics bei Miele.
Datentechnik und Zertifizierung.
Dabei geht es im Wesentlichen um
den Austausch technischer Spezifikationen,
neue Anwendungsszenarien,
die öffentliche Verbreitung
des gemeinsamen Logos und den
Anschluss weiterer Partner sowie
die Entwicklung von Standards zur
Zertifizierung in Testlabors. Das
Besondere der Allianz ist, dass alle
Gründungsmitglieder – American
Standard Heating and Air Conditioning,
Arçelik (Beko, Grundig), Electrolux
Group, Haier, GE Appliances
(ebenfalls Haier), Samsung Electronics
und Trane Residential – im
Bereich Hausgeräte einschließlich
Heiz- und Klimatechnik angesiedelt
sind. Dies ermöglicht konzentriertes
Bearbeiten der Brancheninteressen.
Der Schwerpunkt soll vor allem auf
der Datensicherheit liegen, denn in
diesem Punkt besteht bekanntlich
die größte Skepsis bei den meisten
Verbraucher:innen. Zugleich liegt es
auf der Hand, dass alle Beteiligten
die Akzeptanz der Connectivity als
Innovations-und Lifestyle-Thema
insgesamt vorantreiben wollen.
Die Frage aus deutscher Sicht ist,
ob sich auch hierzulande führende
Marken wie Bosch, Siemens, Miele
und andere der Allianz anschließen
werden. Und natürlich, was aus
den Absichtserklärungen tatsächlich
wird.
Bislang hat sich die BSH noch
nicht entschieden, der HCA beizutreten,
hält sich dies aber für
die Zukunft offen, so heißt es auf
„möbel kultur“-Nachfrage. Denn
grundsätzlich sieht der Konzern
ganz im Sinne seiner Vernetzungsstrategie
Ökosysteme als essenziell
an, weil sie eine breitere Auswahl
an IoT-Plattformen und damit mehr
Freiheit in ihrer Nutzung ermöglicht.
Immerhin zeigte das Unter-
nehmen selbst mit der im Herbst
verkündeten Partnerschaft zwischen
Bosch (HomeConnect) und Samsung
(Smart Things) entsprechende
Ambitionen, wonach die Marken zu
einem großen Teil die Gerätefunktionen
vice versa steuern können,
vom Kaffeeautomaten über Waschmaschine
und Trockner bis zu Herd,
Geschirrspüler und Dunstabzug.
Samsung seinerseits hatte zur
CES 2022 auch die Integration der
SmartThings Hub-Funktion in Smart
TVs, Monitoren und Kühlschränken
der eigenen Marke angekündigt,
um die nahtlose Konnektivität zu
gewährleisten. „Mit der Integration
der SmartThings Hub-Technologie
in ausgewählte Samsung-Produkte
werden separate Smart Hubs als
zusätzliche Geräte überflüssig. Die
smarten Geräte fungieren dann
selbst als Hub im Smart Home. Je
mehr Geräte diese Fähigkeit besit-
zen, desto niedrigschwelliger können
sich Menschen das vernetzte
Zuhause ihrer Träume schaffen“,
betont dazu Dr. Thorsten Böker,
Director Business Development.
Ebenso wie die BSH verhält sich
jedoch auch Miele mit Blick auf die
HCA-Initiative zurückhaltend. Zur
Begründung gibt Peter Hübinger,
Senior Vice President Smart Home,
an: „Grundsätzlich ist die weitere
Etablierung von Standards
wünschenswert, um noch mehr
Menschen für das Smart Home
zu begeistern. Wir beobachten
daher sehr genau den Markt, die
Entwicklungen und das Kundenverhalten.
Und wir prüfen, welche
Kooperationen und Integrationen
in Ökosysteme zukünftig sinnvoll
sein können und unseren Kundinnen
und Kunden einen Mehrwert
bieten. Vor diesem Hintergrund ist
die Ankündigung der HCA-Plattform
2/2022 möbel kultur 39
KÜCHE
Oliver Ordon und Frank Gerbert (v.l.) kennen sich
schon seit fast 30 Jahren. Aus den ehemaligen
Kollegen wurden nun Kompagnons, wobei beide
ihren persönlichen „KüchenStyle“ auch mit ihren
Namen im Firmenuntertitel zum Ausdruck bringen.
KüchenStyle by Frank Gerbert & Oliver Ordon: Newcomer mit Courage und eigenem Stil
Wo Service-Exzellenz
zwei Namen hat
In unsicheren Zeiten wie diesen gibt es nicht allzu viele,
die den Sprung in die Selbstständigkeit wagen. Doch
Frank Gerbert (51) und Oliver Ordon (53), beide
erfahrene Küchenexperten, ließen sich weder
vom Lockdown noch durch Lieferstörungen
ausbremsen: Im März 2021 starteten sie ihr
gemeinsames Studio in Lübeck, obendrein
im stark besetzten Wettbewerbsumfeld.
Fest entschlossen, sich gerade jetzt als
Problemlöser und „Küchen-Partner Nr. 1“
in der Region zu bewähren.
Eigentlich wollten wir schon
Ende Dezember 2020 eröffnen,
doch bis dahin hätte die
Ausstellung ohnehin nicht vollständig
bestückt werden können. Auch
die passende Dekoration zu besorgen,
war nicht einfach. So hat uns
der Corona-Lockdown sogar in die
Karten gespielt“, berichtet Frank
Gerbert über die eher holprige Startphase.
Aber so hatte der Missstand
eben auch einen positiven Effekt.
Die Lieferproblematik begleitet die
beiden Existenzgründer von Anfang
an, und nach fast einem Jahr wird
es kaum besser. „Davon betroffen
sind im Grunde sämtliche Geräte
von unseren Marken,“ relativiert der
Inhaber den verbreiteten Eindruck,
dass nur fehlende Geschirrspüler
Lücken in der Lieferkette darstellen.
Trotz allem nahm das Geschäft
schnell Fahrt auf. Schon vor dem
46 möbel kultur 2/2022
offiziellen Start waren Kund:innen
auf das neue Studio im Internet
gestoßen oder im Vorbeifahren
durch das Lübecker Gewerbegebiet
Schönböcken aufmerksam geworden.
Dies spricht für einen guten
Standort. Und für den guten Ruf,
den sich die beiden Küchenexperten
im Laufe ihrer Verkaufstätigkeit
in der Region erworben
haben, wie Gerbert betont: „Mit
vielen Kunden verbinden sich
Auf 350 qm sind Rotpunkt, Leicht und
Nobilia sowie Siemens, Neff und Miele die
Hauptlieferanten. Dazu kommt ein breites
Repertoire an Arbeitsplatten. Beim
Ladenbau und Instoremarketing gab es
Unterstützung vom Küchenring-Verband.
Beziehungen über Jahre und Generationen
hinweg. Wenn die Eltern gute
Erfahrungen gemacht haben, dann
kommen auch die Kinder und Kindeskinder.“
Weil das Vertrauen, das
in der erlebten Betreuung gewachsen
ist, durch nichts zu ersetzen sei.
Deshalb wurden auch die Namen
der beiden „KüchenStyle“-Partner
zum Bestandteil des neuen Auftritts,
indem der Zusatz „by Frank Gerbert
& Oliver Ordon“ die persönliche
Note explizit hervorhebt.
Von Optimismus und Feedback
angetrieben sowie vom Partnerverband
Der Küchenring unterstützt,
wurden erste Aufträge mit den drei
Küchenlieferanten Leicht, Rotpunkt
und Nobilia zunächst digital abgewickelt.
So waren schon etliche
Kommissionen verkauft, darunter
gleich neunzehn für ein Objekt in
Kühlungsborn, bevor es endlich
am 8. März 2021 richtig losging.
„Das hat gut funktioniert“, bestätigt
Oliver Ordon. „Um die Pandemie
haben wir uns deshalb keinen großen
Kopf gemacht.“ Wie der Sprung
in die Selbstständigkeit gelingt, weiß
der Kompagnon bereits seit zwei
Jahren, denn parallel hat er noch ein
Studio in Bad Schwartau, das aber
demnächst zugunsten von Lübeck
aufgegeben wird.
Als erfahrene Küchenberater kennen
sich die Inhaber schon seit über
30 Jahren, u. a. durch einen ehemaligen
Arbeitgeber. Ironie des Schicksals:
In dem Lübecker Ladenlokal
hatte Gerbert ursprünglich angefangen,
Küchen zu verkaufen. Für den
Vorgänger war die 350 qm Fläche
schon vor Jahren zu klein geworden,
für KüchenStyle ist sie jedoch gerade
richtig. Sodass sich der Leerstand
– mitten im Küchen-Hotspot – als
Glücksfall zeigte. In unmittelbarer
Nähe liegen Küchen Aktuell und
Höffner, dazu kommen insgesamt
elf Studios im Umkreis von 10 km.
„Wir haben den Wettbewerb gezielt
gesucht,“ betont Gerbert die Frequenzvorteile.
„Abgesehen davon
waren uns auch ausreichend Parkplätze
wichtig.“
Warum das Studio bei dieser
Konkurrenz gleich so gut anlief, mag
dennoch erstaunen. „Wir verankern
uns mit Servicequalität in den Köpfen
und achten extrem darauf, dass
unsere Kunden zufrieden sind,“ so
lautet die Erklärung. Ein Satz, den
viele Küchenanbieter für sich in
Anspruch nehmen – der sich aber
erst im Doing bestätigt. „Bei uns
müssen zum Beispiel die Geräte erst
bezahlt werden, wenn sie wirklich
da sind“, illustriert Oliver Ordon
die gebotene Fairness. Und: „Wir
2/2022 möbel kultur 47
DIENSTLEISTER
Diomex Software: Herausforderungen meistern
Digital &
erfolgreich
nach vorn
Wer in der Möbelbranche auch in Zukunft vorne
mitspielen möchte, sollte ein großes Augenmerk
auf die Digitalisierung legen. Warum diese in
den Unternehmen so wichtig ist, wie technische
Herausforderungen gemeistert werden können und
was die Firmen für eine reibungslose Umsetzung
beachten müssen, erklärt Carl Philipp Bickmeier,
Geschäftsführer von Diomex Software im Gespräch
mit der „möbel kultur“.
möbel kultur: Herr Bickmeier, Diomex ist
einer der ersten Anbieter, die das Stammdatenmanagement
in der Möbelbranche
eingeführt haben. Wie hat sich Ihr Unternehmen
seitdem entwickelt?
Carl Philipp Bickmeier: Als wir vor
knapp 20 Jahren begonnen haben
uns mit den Thema „Stammdaten
in der Möbelbranche“ auseinanderzusetzen,
gab es keine tragfähigen
Konzepte für den Austausch von
Stamm- und Bewegungsdaten für
variantenreiche Möbel. Mit „Xcalibur“
haben wir dann eine Lösung
entwickelt, die den besonderen Herausforderungen
in diesem Bereich
Rechnung trägt und sich – besonders
in den letzten Jahren – zum
Branchenstandard entwickelt hat.
Heute setzen, bis auf wenige Ausnahmen,
sämtliche großen Verbände
und Händler auf „Xcalibur“. Und
Unternehmen, bei denen dies derzeit
noch nicht der Fall ist, setzen häufig
indirekt auf unsere Lösungen, da z.B.
ein Großteil der von der Industrie
bereitgestellten IDM-Polster-Kataloge
aus „Xcalibur“-Systemen stammen.
Zum einen erfüllt uns das natürlich
mit einem gewissen Maß an Stolz,
zugleich stellt dieser Umstand auch
das benötigte, stabile Fundament für
die weitere Entwicklung dar.
möbel kultur: Um weiter erfolgreich zu
sein, ist es für die Möbelbranche wichtig,
die Digitalisierung voranzutreiben. Wie
schätzen Sie den aktuellen Digitalisierungsstand
der Unternehmen ein?
Carl Philipp Bickmeier: Am Anfang
drehte sich in unserem Bereich
alles darum, den Bestellprozess
für variante Produkte im wahrsten
Sinne „zu digitalisieren“, denn dieser
war vor „Xcalibur“ durch die
Freitextformulierung der Bestellung
und der Notwendigkeit, dass
diese auf Seiten der Industrie noch
einmal „abgetippt“ werden musste,
sehr langsam und fehleranfällig.
Diese Zeiten gehören zum Glück
weitestgehend der Geschichte an.
Aber das Beispiel zeigt, dass Digitalisierung
kein reiner Selbstzweck
sein darf und einen echten „Treiber“
braucht. Damals war das die
Reduzierung der Rückfragen und
Reklamationen durch regelgestützte
Konfiguration und automatische
Verarbeitung der Bestellungen.
Heute ist dieser Treiber der rasant
wachsende Bedarf, auch Möbel
online vertreiben zu können. Heute
sind Daten und deren Qualität
einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren.
Leider haben wir es hier mit
einem neuen „Henne-Ei-Problem“
zu tun und diese lösen sich erfahrungsgemäß
nur sehr langsam. Aber
gerade in den letzten Jahren ist
deutlich zu erkennen, dass immer
mehr Händler und Hersteller die
Wichtigkeit qualitativ hochwertiger
Daten erkennen und sich zuneh-
Wer jetzt nicht
anfängt, könnte sich schon
sehr bald mit einem
uneinholbaren Rückstand
konfrontiert sehen.
mend z.B. im Bereich der 3D-Daten
dieser Herausforderung stellen.
möbel kultur: Was sind dabei die größten
Herausforderungen für die Unternehmen?
Carl Philipp Bickmeier: Die Herausforderungen
sind mannigfaltig. Angefangen
von den bereits angesprochenen
hohen Anforderungen an die
Datenqualität – besonders im B2C-
Bereich – über die notwendigen
Softwarelösungen und deren optimale
Integration in die bestehenden
Prozesse bis hin zu Themen, die
gar nichts mit IT zu tun haben, wie
z.B. Preis- und Provisionsmodelle,
die schlicht und ergreifend nicht
kompatibel zu sauberen E-Commerce-
und Omnichannel-Strategien
sind. Darum haben wir uns bei
Diomex Software auch auf die Fahne
geschrieben, für die IT-technischen
Herausforderungen die optimalen
Lösungen bereitzustellen und diese
konsequent an den Bedürfnissen
unserer Kunden auszurichten und
weiterzuentwickeln.
möbel kultur: Was müssen die Unternehmen
beachten, damit die Digitalisierung
auch auf allen Ebenen fehlerfrei
funktioniert?
Carl Philipp Bickmeier: Aus meiner
Sicht ist die Einsicht, dass große Teile
des Geschäftsmodells der letzten
Jahrzehnte in einer E-Commerce -
First-Welt schlicht und ergreifend
nicht mehr wie gewohnt funktionieren.
Ein plakatives Beispiel
wäre hier, die extreme Modellvielfalt,
die häufig lediglich aus dem
Wunsch nach Anonymisierung und
Exklusivität heraus entstanden ist.
Diese Modellvielfalt ist vielleicht zu
beherrschen, so lange ein Verkäufer
aus „Fleisch und Blut“ involviert
56 möbel kultur 2/2022
Carl Philipp Bickmeier,
Geschäftsführer von
Diomex Software, weiß,
wie die Möbelbranche
bei der Digitalisierung
nach vorn gebracht
werden kann.
ist, der den Kunden durch dieses
Dickicht führt. Sobald man diesen
aus der Gleichung entfernt, steht
der Kunde oftmals ratlos vor einer
erdrückenden Vielfalt an Möglichkeiten
und sieht „den Wald vor lauter
Bäumen“ nicht mehr.
Einige Player fahren aus diesem
Grund die Strategie, online andere
und weniger variante Produkte
anzubieten als stationär. Aus unserer
Sicht geht das in die exakt verkehrte
Richtung, denn eine massive
Reduzierung der Modelle, die dann
deutlich varianter sind, würden es
dem Kunden eher ermöglichen sich
zu entscheiden – ohne dabei auf
die aus dem stationären Möbelhaus
bekannte Flexibilität verzichten zu
müssen. Darüber hinaus würde dies
dann auch eine saubere Omnichannelstrategie
ermöglichen, die es dem
Kunden erlaubt, barrierefrei zwischen
online und stationär zu wechseln.
Außerdem bin ich der Überzeugung,
dass Kunden heute oft
nicht primär das Produkt sondern
die Story dahinter kaufen. Hier tun
sich z.B. kleine Start-ups deutlich
leichter als die großen etablierten
Player. Daher wäre es aus meiner
Sicht auch hier ratsam, einen radikal
anderen Ansatz zu fahren: weg
von Anonymisierung und hin zu
dem Endkunden bekannten Marken.
Und auch hier wäre eine deutlich
reduzierte Modellvielfalt, die dann
aber deutlich breiter konfiguriert
werden kann, hilfreich.
möbel kultur: Welche Lösungen bieten
Sie der Branche an und welche Vorteile
bieten diese gegenüber den Programmen
der Wettbewerber?
Carl Philipp Bickmeier: „Xcalibur“ ist
zugleich PIM-System und Produktkonfigurator.
Über die gesamte
Entwicklung hinweg stand für
uns immer die Integrierbarkeit in
etablierte Prozesse und Systeme
unserer Lösungen im Mittelpunkt.
So vertreiben wir unsere Handelskomponenten
z.B. ausschließlich
über ERP-Anbieter mit denen wir
eine enge Partnerschaft pflegen
um sicherzustellen, dass unsere
Produkte sauber in alle relevanten
Prozesse vom stationären Geschäft
über den Onlineshop bis zum Call-
Center eingebunden werden. Viele
der Wettbewerber, die in den letzten
Jahren gekommen und gegangen
sind, haben diesen Aspekt sträflich
vernachlässigt. Tolle Lösungen, die
mit viel Aufwand erstellt werden
sind super und kommen bei Entscheidern
sehr gut an, aber diese
müssen sich am Ende auch produktiv
nutzen lassen. Die lange Liste der
Kunden, die sämtliche Wettbewerbsprodukte
versucht haben einzuführen,
bevor sie sich für „Xcalibur“
entschieden haben, unterstreicht das
eindrucksvoll.
Heute sind
Daten und deren
Qualität einer
der wichtigsten
Erfolgsfaktoren.
möbel kultur: Wie unterstützen Sie die
Unternehmen bei der Umsetzung Ihrer
Programme und sind diese auch für Startups
geeignet?
Carl Philipp Bickmeier: Selbstverständlich
begleiten wir unsere Kunden
während der gesamten Einführungsphase
und auch darüber hinaus. Des
weiteren schulen wir die Mitarbeiter
unserer Kunden intensiv und wir
beraten z.B. auch bei Änderungen
an der internen Organisationsstruktur,
welche häufig notwendig sind,
um die nötige Traktion aufbauen zu
können.
Die Unternehmensgröße spielt
für den Einsatz unserer Lösungen
keine Rolle. Unter unseren Kunden
findet sich alles - vom kleinen
Familienunternehmen bis hin zum
Konzern. Die Zusammenarbeit mit
Start-ups ist für uns dabei besonders
interessant. Dank ihrer „Wendigkeit“
ermöglichen sie es uns, unsere
Lösungen schneller und radikaler
an neue Herausforderungen anzupassen.
Ein besonderes Beispiel
wäre hier www.casarista.com. Dabei
handelt es sich um ein Start-up aus
Österreich, dass variante Möbel primär
online verkauft und hierzu von
der Website über die Renderings bis
zum Konfigurator vollständig auf
„Xcalibur“ setzt. Vor allem in den
für E-Commerce relevanten Bereichen
haben wir in diesem Projekt
sehr viel dazugelernt und unsere
Lösungen entsprechend weiterentwickelt.
Das kommt nun allen Kunden
zugute und trägt deutlich dazu
bei, die Unsicherheiten bei dem
Schritt in Richtung E-Commerce
für variante Möbel zu reduzieren.
möbel kultur: Welchen Weiterentwicklungen
stehen bei Ihnen gerade an?
Carl Philipp Bickmeier: „Xcalibur“ ist
nie fertig und entwickelt sich permanent
in allen Bereichen weiter – der- www.diomex.de
zeit insbesondere bei der Vernetzung,
E-Commerce und Visualisierung.
In den letzten zwei Jahren haben
sich der Alliance und VME Verband
zentral für „Xcalibur“ entschieden.
Der nächste logische Schritt wird
sein die „Xcalibur“-Systeme beim
Händler und beim Verband noch
enger zu koppeln, um den Aufwand
für die Stammdatenpflege weiter zu
reduzieren.
Parallel arbeiten wir unter Hochdruck
an diversen E-Commerce-
Erweiterungen, die es noch leichter
machen „Xcalibur“ in Shopsysteme
zu integrieren und eine durchgängige
Omnichannelstrategie umzusetzen.
Ein weiterer, extrem wichtiger
Baustein ist das Thema 3D-Visualisierung,
denn gerade im Online-
B2C-Geschäft ist eine möglichst
perfekte 3D-Darstellung das A und
O. Leider erreichen die heutigen
Ansätze aus unserer Sicht noch
nicht das Maß an Darstellungsqualität,
das notwendig ist, um einen
Online-Kunden final davon zu überzeugen,
auch ohne Besuch in der
Filiale ein Produkt zu kaufen. Daher
sind wir besonders stolz darauf, dass
wir derzeit in direkter Zusammenarbeit
mit Nvidia an einem neuen
Ansatz arbeiten, der diesbezüglich
ganz neue Maßstäbe setzen und aus
den derzeit erzeugten Daten noch
einiges „herauskitzeln“ wird.
möbel kultur: Was raten Sie Unternehmen,
die in Sachen Digitalisierung noch
zögern?
Carl Philipp Bickmeier: Durch die hochvarianten
Produkte, für die es in der
Vergangenheit weder die Daten noch
die Tools gab, um diese wirklich
E-Commerce-fähig zu machen, hat
die Möbelbranche lange in einem
Dornröschenschlaf gelegen. Aber
diese Tools gibt es nun. Immer mehr
Player arbeiten immer intensiver an
den dafür notwendigen Daten und
die Pandemie hat das Einkaufsverhalten
– auch bei Möbeln – einer
ganzen Generation deutlich verändert.
Aber das ändert nichts daran,
dass Digitalisierung kein Lichtschalter
ist, den man einfach einschaltet.
Auch sehr viele nicht-technische
Bereiche müssen einschneidenden
Veränderungen unterzogen werden.
Wer jetzt nicht anfängt, könnte sich
schon sehr bald mit einem uneinholbaren
Rückstand konfrontiert
sehen.
2/2022 möbel kultur 57
IDEEN ZUR
LOOKINSPIRATION
LICHT &
SONNE
/// Der Februar zeigt sich in diesem Jahr besonders
grau und die seit mehr als zwei Jahren grassierende
Pandemie macht‘s auch nicht besser. Umso mehr
heben die aktuellen pastelligen Farbtöne, frühlingshafte
Inszenierungen und sattgrüne Pflanzen die Laune.
Und lassen hoffen auf lange Tage mit viel Sonnenlicht.
Foto: Ceramiche Refin
60 möbel kultur 2/2022
Hier geht es ausnahmsweise nicht um die Möbel. Im Zentrum dieses lichtdurchfluteten Schauspiels steht die
Kollektion „Affrescati“ des Feinsteinzeugexperten Ceramiche Refin. Inspiriert von der langen Freskentradition Italiens.
2/2022 möbel kultur 61
INDUSTRIE
Das Programm „Gloria“
von Ute Bröker zeigt
deutlich die Selva-DNA,
wirkt aber ebenso
zeitlos und urban
(siehe auch Foto unten).
Selva1968: Mit frischem Schwung in die Zukunft
Klassisch &
urban – bis ins
feinste Detail
Unter der Dachmarke Selva1968 will Firmenchef
Philipp Selva wieder durchstarten.
Designerin Ute Bröker hat Selva behutsam
auf einen neuen Weg gebracht.
Turbulente Jahre liegen hinter Selva, in denen sich
Firmenlenker Philipp Selva gezwungen sah, umzudenken.
Das Sortiment wurde gestrafft, eine neue,
modernere Handschrift im Produktdesign gesucht
und gefunden, der Umzug nach Isola Rizza bei Verona
beschlossen, ein Showroom in Mailand eröffnet und
seit gut einem Jahr firmiert der Hersteller unter
der Dachmarke Selva1968. Nachdem also an vielen
Stellschrauben gedreht wurde, sieht sich Philipp Selva
wieder gut aufgestellt für den Restart.
Den Markt für klassische Möbel
wird es immer geben, so wie
auch Liebhaber klassischer
Musik.“ Philipp Selva hat immer
an seine Firma, die sein Vater Joseph
„Peppi“ Selva 1968 gegründet hat,
geglaubt. Auch wenn die letzten
Jahre nicht ganz leicht waren, mitten
in die Phase der Umstrukturierung,
vor allem in der Produktion und der
Logistik, auch noch die Corona-Pandemie
kam. Doch jetzt will der Spezialist
für klassische Einrichtungen
wieder voll durchstarten, mit optimierten
Prozessen, einem frischen
Sortiment und unter dem Namen
Selva1968, der an das Gründungsjahr
vor mehr als 50 Jahren erinnert.
Für den konventionellen Möbelfachhandel
liegt der Fokus auf der
„Timeless“-Kollektion. Aktuell steht
das Programm „Gloria“ im Vordergrund.
Mit Ute Bröker hat Philipp
Selva heute eine Designerin an
seiner Seite, die dem Südtiroler
Traditionsunternehmen eine neue
Handschrift gegeben hat, ohne die
Selva-DNA zu verlassen, sozusagen
den Spagat zwischen Tradition und
Innovation meisterte. „Diese neuen
Designs sind urban, an den Zeitgeist
angepasst und spiegeln unsere Sicht
auf das zukünftige Wohnen und Einrichten
wider“, betont Philipp Selva.
„Gloria“ sei ein gelungenes Bindeglied
zwischen dem, woher Selva aus
seiner Tradition kommt – und die
auch heute noch nachfragt wird –,
und dem, wohin das Unternehmen
auf seinem neuen Weg aufgebrochen
ist. „Ute Bröker ist es sehr einfühlsam
gelungen, die Selva-DNA zu
bewahren, aber gleichzeitig diese
klassische anmutende Formensprache
in eine elegante und zeitlose
Kollektion umzuwandeln“, so Philipp
Selva. Auch bei „Gloria“ stehen
markante Solisten im Vordergrund.
„Einrichten ist eine Frage des Stils“,
erläutert Ute Bröker. „Wohnen soll
Wohlbefinden und Lebensqualität
schaffen, aber auch Identität. Da
66 möbel kultur 2/2022
Um das gesamte Sortiment von Selva1968 begutachten
zu können lädt das Unternehmen in seinen Showroom
nach Mailand ein.
Design und Lifestyle“, sagt Philipp
Selva. „Wir sind sehr glücklich mit
unserer Entscheidung, den Showroom
dort 2020 eröffnet zu haben.
Zahlreiche Kunden aus der DACH-
Region haben uns dort bereits
besucht.“
Und nicht erst seit der Pandemie
setzt Selva zudem auch auf
das Onlinegeschäft. Der strategisch
wichtigste und langjährige Partner
ist in diesem Bereich Otto, eine
für beide Seiten sehr erfolgreiche
Zusammenarbeit, wie Philipp Selva
betont.
„Es liegt ein spannendes Jahr
hinter uns, denn kurz bevor Corona
seine eigene Dynamik in das Möbelmarktgeschehen
einbrachte, hatten
wir bereits mit dem nahezu kompletten
Umbau der Produktion
und Logistik begonnen. Die Zeit
bleibt kein Platz für Austauschbarkeit,
sondern nur für Statements.“
Hervorzuheben ist auch das neue
Thema „Petite Maison“ von Aldo
Cibic. Die Idee, die dem Entwurf
des italienischen Top-Designers
zugrunde liegt, hat Charme und
gleichzeitig einen pragmatischen
Ansatz. Die Komplexität wurde
reduziert, trotzdem kann man sich
mit „Petite Maison“ individuell,
lässig elegant und gemütlich einrichten.
Das Programm richtet sich
u. a. an eine jüngere, urbane Zielgruppe,
die auf weniger Quadratmetern
stilvoll leben möchte. Herausgekommen
ist eine Kollektion
von charakteristischen Einzelstücken,
mit denen sich ein kleines,
kosmopolitisches Zuhause kreieren
lässt. „Es handelt sich hier um starke
Solisten, die jedoch auch wunderbar
miteinander auskommen“, erläutert
Philipp Selva.
Darüber hinaus spielt die bereits
erfolgreiche Kollektion „Indigo“
mit ausgewählten Modellen in
hochwertigem Nussbaum nach
wie vor eine wichtige Rolle bei
Selva1968.
Insgesamt legt Philipp Selva nach
wie vor einen großen Wert auf Qualität,
Funktionalität und eine hohe
Handwerklichkeit. Immer im Blick:
die feinen Details, die den Unterschied
ausmachen und den Selva-Stil
auch künftig auszeichnen, ebenso
wie eine besondere Zeitlosigkeit
und Eleganz.
Die Kernmärkte bleiben Deutschland,
Österreich, Italien und der
Mittlere Osten. Allein der russische
Markt entwickelt sich aktuell, auch
aufgrund der Auswirkungen der
Pandemie, noch nicht wieder auf
dem gewünschten Niveau.
Ursprünglich wollte sich Selva-
1968 auf der „imm cologne“ wieder
dem Markt präsentieren. Aufgrund
„Petite Maison“ heißt das neue Programm aus der Feder des Designers Aldo Cibic.
Eine Kollektion, die auch auf kleineren Flächen wirkt – mit starken Solisten,
die aber auch perfekt miteinander kombiniert werden können.
der Absage der Kölner Möbelmesse
sucht das Unternehmen nun nach
anderen Wegen. Ein wichtiger Anker
ist hier der Showroom in Mailand.
In dem Flagship-Store, der durch die
Nähe zum Flug hafen Malpensa sehr
gut erreichbar ist, bekommen die
Handelspartner einen guten Querschnitt
der Kollektionen zu sehen.
„Mailand bleibt das Zentrum für
war gekommen, sich den neuen
Marktherausforderungen zu stellen.
Und auch wenn sicher noch
viele Stellschrauben zu richten sein
werden, fühlen wir uns für die
Zukunft gut gerüstet“, resümiert
Philipp Selva.
EVELYNE BECKMANN
www.selva1968.com
2/2022 möbel kultur 67
INDUSTRIE
NACHHALTIGKEIT
Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und heimische
Produktion wächst. Gleichzeitig schaffen natürliche
Materialien ein gesundes Wohnumfeld.
ELEGANZ & ART DÉCO
Als Gegenbewegung zum Purismus zieht eine neue Eleganz ein.
Starke Farben, Goldakzente und Marmor zeichnen ebenso wie
großzügige Formen die vom Art déco inspirierte Opulenz aus.
Foto: Pro Natura
Foto: Wittmann
KOCHLUST
Die Küche erfährt eine weitere
Aufwertung. Das Kochen wird in
Corona-Zeiten (wieder-)entdeckt.
Hochwertige Materialien und
dunkle Oberflächen mit Designanspruch
sind besonders gefragt.
Foto: Ewe/Intuo
„Wer es beim
Klimaschutz gut
macht, wie wir in
Österreich, hat
Wettbewerbsvorteile“,
ist Dr. Georg
Emprechtinger,
Vorsitzender der
Österreichischen
Möbelindustrie,
überzeugt.
Österreichische Möbelindustrie: Gut aufgestellt
Heimvorteile
zahlen sich aus
Ein Produktionsplus von 16 Prozent für die ersten drei
Quartale 2021 zeigt, dass die österreichische Möbelindustrie
gut dasteht. Und für die Nach-Corona-Zeit sieht
es noch besser aus. Wenn Nachhaltigkeit wieder stärker
in den Fokus rückt, haben heimische Hersteller durch
ihren Vorsprung beim Klimaschutz weitere Vorteile.
Ein deutliches Produktionsplus
und weiter wachsende Export-
Werte – 2021 war ein gutes
Möbeljahr“, zog Dr. Georg Emprechtinger,
Vorsitzender der Österreichischen
Möbelindustrie, eine positive
Bilanz für die ersten drei Quartale
2021 während der virtuellen Pressekonferenz
am 25. Januar. Es wurden
Werte in Höhe von 1.847,3
Mio. Euro (+16 %) erwirtschaftet.
Besonders die Küchen konnten mit
+21,9 Prozent zulegen. Wobei Aufholeffekte
ein Grund für die hohen
Zahlen sind und diese relativieren,
denn nicht zuletzt durch die Lockdowns
im Corona-Jahr 2020 war die
Produktion vielfach eingebrochen.
In einigen Sparten, beispielsweise
bei Matratzen oder Ladenmöbeln ist
das Vorkrisenniveau von 2019 noch
nicht wieder erreicht. Der Lebensmittelhandel
treibe die Entwicklung
bei den Ladenmöbeln stark, so Dr.
Emprechtinger. Aber die Bereitschaft
im Non-Foodbereich, in den Ladenbau
zu investieren, sei nach wie vor
sehr gering. Aktuell sei die Auslastung
der Unternehmen gut, sodass optimistisch
ins Jahr 2022 geblickt wird.
Wobei steigende Auftragseingänge
zwar erfreulich sind, die Gewinne
jedoch aufgrund der davongaloppierenden
Rohstoffpreise vielfach niedriger
ausfallen, weil es nicht gelingt,
mit Preiserhöhungen so schnell
nachzuziehen wie man sie von der
Lieferantenseite hereinbekommt.
68 möbel kultur 2/2022
Gerade auch in der Pandemie
konnte die österreichische, mittelständisch
geprägte Möbelindustrie
ihre Stärken ausspielen und trotz
etlicher Schwierigkeiten auf den
Rohstoff- und Beschaffungsmärkten
überwiegend ohne große Zeitverzögerungen
liefern. Funktionierende
Produktionen und Lieferketten, aber
auch bewährte Kontakte untermauerten
die hohe Stabilität der österreichischen
Möbelindustrie. Diese
gewachsenen Strukturen schaffen
Sicherheit in der Versorgung sowie
Vertrauen bei den Geschäftspartnern.
Noch einmal verschärft hat
sich der Fachkräftemangel. Es gibt
kaum ein Unternehmen, für das die
Mitarbeitersuche kein Problem ist.
„Ich kenne jetzt niemanden“, so Dr.
Emprechtinger.
Gleichzeitig wächst der Importdruck.
Bis Ende September wurden
Möbel im Wert von 1,77 Mrd. Euro
(+17,9 %) eingeführt. Nach Segmenten
betrachtet, werden anteilig
überwiegend Sitzmöbel (35 %) und
Wohnmöbel (30 %) nach Österreich
importiert. Auch bei den Einfuhren
liegt Deutschland mit 746,5
Mio. Euro (+13,8 %) weit vorn. An
zweiter Stelle folgt Polen mit knapp
209,3 Mio. Euro (+25,2 %) und an
dritter China mit 177,2 Mio. Euro
(+ 26,6 %). Ins Gewicht fallen auch
Möbel aus Italien im Wert von 128,2
Mio. Euro (+14,4 %).
Die Möbelindustrie profitiert
davon, dass das Zuhause seit der
Pandemie mehr wertgeschätzt wird.
Vor allem regionale Produkte, die
mit Qualität, Handwerk, Service und
Floriert hat der Export. Bis Ende nachhaltigen Argumenten überzeugen,
werden immer stärker nach-
HANDWERKSKÖNNEN
September bilanzierten die Betriebe
Ausfuhren im Wert von 835,2 Mio. gefragt. Auch die Herkunftsfrage ist eine Stärke der österreichischen Möbelindustrie und trägt zur Qualität
der Produkte bei. Tragen sie das „Austria Gütesiegel Möbel“, wird
Euro. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum
entspricht das einem Plus von Kauf. Wichtig für den Standort über 50 Prozent der Wertschöpfung im Land generiert.
entscheidet zunehmend über einen
6,4 Prozent. „Wir konnten in allen
Segmenten gute Zuwächse erwirtschaften“,
so Dr. Georg Emprechtinger.
Dabei rangierten Küchenmöbel
mit 22,3 Prozent Plus ganz
oben auf der Exportbilanz („Teile
von Möbeln“ legten um 9,9 % zu,
Sitzmöbel um 8,4 %, Matratzen um
7,9 % und Büromöbel um 6,7 %).
Spitzenreiter im Export-Ranking
bleibt Deutschland. Mit rund 375,6
Mio. Euro (+2,1 %) führt das Nachbarland
die Ausfuhr-Bilanz an. Den
zweiten Platz belegt die Schweiz mit
102,8 Mio. Euro (+6,2%). Gefolgt
von Polen (44,4 Mio. Euro) und
Italien (34,6 Mio. Euro).
Österreich ist es deshalb, die Konsumenten
für heimische Möbel und
deren Werthaltigkeit zu sensibilisieren.
So kennzeichnet zum Beispiel
das „Austria Gütezeichen Möbel“
Qualitätsprodukte. „Das Siegel gibt
eine verbriefte Garantie darauf, dass
die Möbel auf einem Niveau gefertigt
werden, das über den gesetzlichen
Anforderungen liegt, und
die jeweiligen Herstellerbetriebe
über 50 Prozent Wertschöpfung
in Österreich generieren“, so der
Vorsitzende der Österreichischen
Möbelindustrie. Zudem gewinnt
der ökologische Fußabdruck für
Produkte und Hersteller an Bedeutung.
„Klimaschutz ist zentral für
den wirtschaftlichen Erfolg – in
diesem Bereich haben wir in Österreich
einen großen Vorsprung“, ist
Dr. Georg Emprechtinger überzeugt.
Nachhaltig zu produzieren, bedeute
Verantwortung zu übernehmen, für
ökologische Aspekte, aber auch soziale.
In den Familienunternehmen
und mittelständischen Betrieben,
wie sie für Österreich typisch seien,
sei ein wertschätzender Umgang
mit Mitarbeitern selbstverständlich.
„Geld muss verdient werden, sonst
funktioniert es nicht“, betonte dazu www.moebel.at
Foto: Sedda
Dr. Emprechtinger, aber es mache
einen Unterschied, ob ein Unternehmen
rein finanzgetrieben sei.
Er erwartet, dass es Unternehmen
schon bald schwer haben werden,
wenn sie nicht aktiv daran arbeiten,
ihren C02-Fußabdruck zu reduzieren.
Aber: „Wer es gut macht, wird
daraus einen Wettbewerbsvorteil
generieren. Als österreichische
Hersteller sind wir allesamt gut
aufgestellt und haben Vorteile zu
erwarten.“ SUSANNE KRAFT
Produktion gesamt
Vergleich 2019 bis 2021, 1. bis 3. Quartal
Produktion nach Sparten
Vergleich 2019 bis 2021, 1. bis 3. Quartal
+20,0 %
-1,2 %*
1.697,65
-6,2 %
1.592,43
+16,0 %
1.847,27
1. bis 3. Quartal 2020 1. bis 3. Quartal 2021
-11 %
+12,8 %
78,4
134,3
151,5
-15,7 %
+14,6 %
179,8
206,1
-11,7 %
+4,4 %
140,6
146,7
-5,6 %
204,9
+21,9 %
249,9
-6,1 %
+3,5 %
+6,5 %
273,3
+15,1 %
81,1
314,7
-5,8 %
581,1
697,2
1.-3. Quartal 2019
1.-3. Quartal 2020
1.-3. Quartal 2021
*Steht zur Prüfung aus. Angaben in Mio. Euro. Nach „Minus-Jahren“ gab es
2021 – auch durch Aufholeffekte – einen deutlichen Produktionszuwachs.
Sitzmöbel und
Teile dafür
Büromöbel Ladenmöbel Küchenmöbel Matratzen Teile für Möbel
(außer für Sitzmöbel)
Sonstige Möbel
Angaben in Mio. Euro. (%) = Veränderung zum Vorjahr. Die Aufgliederung nach Sparten zeigt, dass die Entwicklung sehr
unterschiedlich ist. Küchenmöbel sind die klaren Gewinner, für Matratzen sieht es weniger gut aus.
2/2022 möbel kultur 69
RELAXMÖBEL
Bei Porta bevorzugen
die Kund:innen unsichtbar
versteckte
und kabellose
Funktionen bei den
Relaxmöbeln.
Fotos: Porta, Knuffmann
Relaxmöbel: Beliebte Allround-Talente
Umsatz-Chancen
für den Handel
Zurücklehnen und entspannen: Dank ausgeklügelter Relaxmöbel war
das für Verbraucher:innen nie einfacher als jetzt. Das Angebot dabei ist
groß. Vom Einstieg bis hin zum High-End-Produkt mit manueller oder
elektronischer Verstellmöglichkeit bietet das Segment dem Handel
zahlreiche Umsatzmöglichkeiten – und das mit steigender Tendenz.
Vorbei die Zeiten, in denen es
nur darum ging, die Beine mit
Hilfe eines Hockers hochzulegen.
Heute ist pure Entspannung
angesagt – mit Möbeln, die nahezu
alles bieten und damit eine Erholung
für den gesamten Körper versprechen.
Angefangen bei flexiblen
Kopf- und Fuß stützen über neigbare
Rückenlehnen sowie Sitztiefenverstellungen
bis hin zu Sitzheizungen oder
Massagefunktionen ist mittlerweile
alles möglich. Immer ausgefeiltere
Entwicklungen, die Verbraucher:innen
noch mehr Wohlfühl-Momente
in den eigenen vier Wänden versprechen,
wecken Begehrlichkeiten.
Denn gerade in Pandemiezeiten soll
das Zuhause als Rückzugsort möglichst
viele Annehmlichkeiten bieten
– Verzicht wird coronabedingt schon
genug geübt. Dem Handel bietet diese
Entwicklung gute Möglichkeiten,
noch mehr Umsätze zu generieren
und sich gleichzeitig als Spezialist
zu profilieren.
„Die Ergebnisse des ,Ikea Life
at Home Reports 2021‘, bei dem
mehr als 34.000 Menschen in 34
Ländern weltweit befragt wurden,
haben gezeigt, dass 60 Prozent der
Teilnehmer:innen das letzte Jahr
genutzt haben, um ihre Wohnsituation
zu optimieren, sodass sie den
neuen Ansprüchen aufgrund der
Corona-Pandemie gerecht werden“,
erklärt Lasse Gerdes, Home Furnishing
Business Leader Living Room
bei Ikea Deutschland. „Ein flexibles
Zuhause, kreative und nachhaltige
Einrichtungslösungen, Raum für
Privatsphäre, aber auch die Aspekte
Komfort, Gemütlichkeit und genügend
Platz für Hobbys und Entspannung
sind heute und in Zukunft
extrem wichtig. Wir erleben daher
eine zunehmende Nachfrage nach
Relaxmöbeln, die hochwertig, flexibel
nutzbar und langlebig sind. Ein
Sofa oder ein Sessel muss heute eben
häufig einerseits mit ausreichenden
Funktionen und hohen Ansprüchen
an Ergonomie als Ort für das
Homeoffice überzeugen, aber auch
nach Feierabend als Wohlfühloase
für Me-Time und Zeit mit der Familie
genügend Komfort bieten.“
72 möbel kultur 2/2022
Die Auswahl an Relaxmöbeln ist
Dank des großen Einfallsreichtums
der Industrie groß. So gibt es für
verschiedene Preisklassen entsprechende
Lösungen. Besonders beliebt
bei den Konsument:innen sind Funktionssessel.
„Hier stellen wir sowohl
eine Entwicklung bei den Absatzmengen
im unteren Preisbereich, als
auch im höherwertigen Preissegment
fest. Die Schere geht da ziemlich weit
auseinander“, erläutert Thomas Behr,
Geschäftsleiter Einkauf/Marketing
bei Möbel Rieger. „Mittlerweile werden
häufig Polsterkommissionen mit
Garnitur und Relaxsessel verkauft.
Liegen und Einzelsofas spielen eine
untergeordnete Rolle.“ Ähnlich sieht
es bei Porta aus: „Sehr stark gefragt
sind Solitär-Sessel“, bestätigt Nelson
Pereira-Joaquim, Einkauf Polstermöbel
bei Porta. „Auch TV-Sessel
sind stark nachgefragt. Unsere Kunden
möchten mit wenig Aufwand
den bestmöglichen Komfort.“ Bei
der Zielgruppe von Ikea wiederum
sind neben den Sitzmöbeln mit
Relaxfunktion auch flexibel nutzbare
Möbelstücke wie Récamieren
sehr beliebt, die an verschiedenen
Positionen einzeln im Raum und für
unterschiedliche Aktivitäten genutzt
werden können.
Knuffmann in Krefeld wurde für die
Präsentation seiner Stressless-Relaxmöbel
gerade mit dem „Stressless Studio
Award“ ausgezeichnet.
Die verschiedenen Zielgruppen
stellen bei der Auswahl ihrer Entspannungsmöbel
auch unterschiedliche
Anforderungen an die Produkte.
Während Personen mittleren
Alters eher Wert auf „Designobjekte“
legten, stünden bei den Best
Agern Bedienbarkeit und Komfort
im Fokus, führt Thomas Behr fort.
Auch die Kund:innen von Porta
erwarten größtmögliche Annehmlichkeiten.
Für sie werde es immer
wichtiger, dass Fuß- und Rückenverstellungen
über getrennte Motoren
erfolgen, resümiert Nelson Pereira-
Joaquim. „Sehr beliebt sind aktuell
TV-Sessel mit separater Nackenverstellung,
Rückenheizung und
einer extra Lendenunterstützung.“
Daneben seien Aufstehhilfen, komplett
ein- und ausklappbare Fußteile,
motorische Kopfteile sowie
Wallfree-Beschläge, bei denen kein
Abstand zur Wand mehr nötig ist,
sehr gefragt. Die tendenziell eher
jüngeren Kund:innen bei Ikea favorisieren
unterdessen neben den elektrischen
Verstellmöglichkeiten eines
Möbels auch Ladefunktionen für
Smartphones.
Mit ihren zahlreichen Optionen
bieten Relaxmöbel allerdings nicht
nur zusätzliche Kaufanreize, auf der
anderen Seite fordern sie auch das
Fachpersonal am PoS. Denn die Verkaufsgespräche
sind anspruchsvoll.
„Es gilt zum einen, die individuellen
Vorstellungen und Ansprüche der
Kund:innen an die Produkte zu klären,
die Vorteile der verschiedenen
Produkte aufzuzeigen und den vielen
Aktivitäten, die im Wohnraum
stattfinden, gerecht zu werden.
Daher ist ein intensives Beratungsgespräch
gerade in diesem Produktbereich
sehr wichtig“, betont Lasse
Gerdes. „Unsere Erfahrungen aus
den Beratungsgesprächen in unseren
Einrichtungshäusern zeigen, dass
gerade die Themen Nachhaltigkeit
und Herkunft der Produkte, aber
auch Möglichkeiten der Individualisierung
und des Komforts immer
mehr an Wichtigkeit gewinnen.“
Und Thomas Behr fügt hinzu:
„Durch die ständig neuen technischen
Entwicklungen muss der
Kunde ausgiebig beraten werden. Oft
lassen sich die Preisunterschiede nur
durch Vorführen der technischen
Funktionen argumentieren.“
Je ausgeklügelter die technischen
Features, desto teurer ist das
Produkt. „Glücklicherweise deckt
unser Sortiment bei Relaxmöbeln
Angebote für jeden Geldbeutel ab.
Dank der großen Auswahl haben wir
die Möglichkeit, beispielsweise auf
eine kabelgebundene oder manuelle
und dadurch preiswertere Lösung
auszuweichen. Anderseits sind die
überzeugten Kunden gerne bereit,
sich ihre Lieblingskomfort-Funktion
auch etwas kosten zu lassen,
da sie sich damit ja auch selbst
belohnen. Für viele Kunden mit
kleinerem Budget ist die Komfortfunktion
wichtiger als die Frage,
ob sie kabelgebunden oder kabellos
funktioniert“, betont Jan Frick,
Abteilungsleitung Wohnen und
Speisen bei Porta.
Ähnliches wird bei Ikea beobachtet:
„Natürlich spielt das Preis-
Leistungs-Verhältnis immer eine
wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung
unserer Kund:innen, so
auch bei Relaxmöbeln. Gerade in
diesem Bereich beobachten wir aber
auch, dass unsere Kund:innen in
Deutschland durchaus bereit sind,
auch mehr Geld zu investieren, um
ein Möbelstück zu finden, das den
individuellen Ansprüchen gerecht
wird“, sagt Lasse Gerdes.
Für einen höheren Preis erwarten
die Kund:innen dann aber auch eine
entsprechende Qualität. „Made in
Germany und verlängerte Garantievereinbarungen
sind unseren
Relaxkunden sehr wichtig“, weiß
Jan Frick. „Viele Kunden möchten
zudem wissen, ob sich bei Reklamationen
auch außerhalb der Gewährleistung
Motor- und Funktionseinheiten
austauschen lassen.“ Lasse
Gerdes beobachtet bei Ikea zudem
ein zunehmendes Interesse an der
Nachhaltigkeit eines Produktes allgemein.
„Die Frage nach der Herkunft
bzw. dem Produktionsstandort
wird unseren Mitarbeitenden beispielsweise
immer häufiger gestellt.
Aber auch Themen wie der Einsatz
chemischer Substanzen, nachhaltige
und recycelte Materialien sowie die
Langlebigkeit eines Möbelstücks
spielen hier eine wichtige Rolle.“
Bei Rieger wird das Thema der
Nachhaltigkeit laut Thomas Behr
aktuell eher aktiv als Verkaufsargument
vom Verkäufer angesprochen.
„Aber die Nachfragen vom Kunden,
auch durch den gezielten Einsatz
in der Außenwerbung, nimmt zu.“
Und damit werden sicherlich auch
bei der Entwicklung der Möbel weiterhin
neue Ansätze ausprobiert, um
die Relaxmöbel im Handel noch
weiter zu pushen.
DORIS SCHMIDT
2/2022 möbel kultur 73
BÜRO
Für alle, die im
Homeoffice gut
und sicher „im
Sattel sitzen“
möchten, ist der
„Capisco 8106“ der
Flokk-Marke Håg
die richtige Wahl.
Zumal der markante
Schreibtischstuhl
online individuell
konfigurierbar ist.
Eine organische
Formen sprache trifft
beim „Bionics“ von
Febrü auf eine ergonomisch
starke Performance.
Zahlreiche
Funktionen fördern
dynamisches Sitzen.
Kurvenreiche Nachhaltigkeits-Heroes sind Handyhalter,
Stiftebox und Co. der „bFriends“-Accessoire-Linie von
Bene. Entworfen vom Londoner Designbüro Pearson
Lloyd, stammen sie allesamt aus dem 3D-Drucker von
Batch.Works und bestehen aus recyceltem Bioplastik.
(Home-)Office: New Work-Favoriten
Alles für die
Büroarbeit 4.0
Die Office-Welt ist heute eine andere als vor Corona. Arbeit
und Ort haben sich endgültig entkoppelt. Zurück ins Büro oder
im Homeoffice bleiben? Diese Frage stellt sich also gar nicht
mehr, sondern nur noch die, wie und wo wir am besten, liebsten
und effizientesten arbeiten. Schon jetzt wollen laut einer
Studie des Münchener Ifo Institutes über die Hälfte aller deutschen
Firmen Homeoffice und mobiles Arbeiten ausbauen.
Tendenz steigend. Die Zeit der Standard-Büros ist definitiv
vorbei. Die Arbeitswelt wird sich auch wegen des Fachkräftemangels
in Bezug auf Tätigkeiten, Tools, Räumlichkeiten und
Ambiente noch stärker an den Wünschen der Mitarbeiter:innen
ausrichten müssen. Das haben die Büromöbel-Hersteller längst
erkannt. Sie bieten bereits für sämtliche Optionen vielseitige
und attraktive Produkte und Lösungen an. Für agiles, hybrides,
gesundheitsbewusstes Arbeiten – im Büro oder wo immer es
sinnvoll und möglich ist.
Foto: Dauphin HumanDesign Group
Da Bewegung den Denkprozess
anregt, ist der Steh-
Sitz-Hocker „To-swift“ der
Dauphin-Marke Trendoffice
immer willkommen.
Optisch enorm
anpassungsfähig
ist der komfortable
„W-Club“-Sessel von
Wagner Living.
76 möbel kultur 2/2022
So kompakt gestaltet, eignet sich
sogar ein gepolsterter Hochlehner
wie der „Hal Lounge Chair“ von
Vitra bestens fürs Homeoffice.
Foto: Flokk
In Nu auf- und nach der Arbeit zusammengefaltet,
ist der „Fold-Up-Workspace“ von
Wilkhahn überall eine praktische Office-Lösung.
Dass sich Funktionalität und Wohnlichkeit
nicht ausschließen, zeigen
„Pisa“-Schreibtisch und „Lui
plus“-Bürodrehstuhl von Team 7.
Schön arbeiten – dafür ist
der „Floater“-Schreibtisch
von Cor prädestiniert. Zwei
Höhen und zwei Breiten,
Tisch- und Ablageplatte
wahlweise in Holz oder
lackiert, dazu Schallschutz,
LED-Beleuchtung,
Kabeldurchlass und
Aufbewahrungslade machen
diesen Solisten mit inneren
Werten zu einer Oase für die
Worklife Balance.
Ein Teambüro muss
heute mehr bieten
als einen Platz
zum Arbeiten: Die
„m.zone“-Serie
von Wiesner Hager
besteht deshalb
aus Elementen
wie Paravents,
Kombinationsund
freistehenden
Möbeln, die flexibel
arrangiert werden
können.
Dynamisch Sitzen: Möglich macht
sie beim „Anteo Alu“ von Köhl eine
automatische Synchron-Mechanik.
Durch sie passt sich der Druck
der flexiblen Rückenlehne ganz
automatisch an das Gewicht des
Nutzers an.
2/2022 möbel kultur 77
www.diomex.de
XCALIBUR –
Brücke zwischen Industrie und Handel
Effizientes
Datenmanagement
Planung im
Verkauf
Variante Möbel
im Onlineshop
Automatisierte Verarbeitung
unterschiedlichster Datenformate
im Möbelhandel. Abgleich von
elektronischen Katalogen mit der
Warenwirtschaft, auch für
hochvariante Produkte. Steuerung
und Optimierung Ihrer
Prozesse mit der Integration von
XcalibuR.
Direkter Zugriff auf alle im System
importierten Herstellerkataloge in
der aktuellen Version. Einfache
Planung varianter Möbelkombinationen
in 2D-, 3D- und AR-Konfiguration.
Checkout-Prozess mit
direkter Übergabe der Bestellungen
an das jeweilige Warenwirtschaftssystem.
Mit dem XcalibuR Webkonfigurator
können auch Endkunden direkt im
Onlineshop auf die Vielzahl an
Konfigurationsmöglichkeiten
zugreifen. Darüber hinaus legt der
Webkonfigurator den Grundstein
für eine Omnichannel-Strategie
auch für hochvariante Produkte im
Möbelhandel.
Diomex.
Immer ein Gespräch wert.
ppa. Oliver Schröder
Leitung Vertrieb
Fon: +49 5731 96891-69 (Zentrale -0)
Mobil: +49 170 7360681
E-Mail: o.schroeder@diomex.de
Diomex Software GmbH & Co. KG
Mindener Str. 22
32547 Bad Oeynhausen