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NK 03_2022-Schulenberg

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WWW.NETWORK-KARRIERE.COM <strong>03</strong>.<strong>2022</strong><br />

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EUROPAS GRÖSSTE WIRTSCHAFTSZEITUNG FÜR DEN DIREKTVERTRIEB<br />

Initiative<br />

Nebentätigkeit 20 22<br />

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CORONA-BILANZ:<br />

Es gibt immer eine<br />

Geschichte hinter<br />

der Geschichte<br />

Im Interview: Intensivpfleger Ricardo Lange<br />

Intensiv: Wenn der Ausnahmezustand Alltag ist<br />

Nik Gleim, Centropix Global AG:<br />

Ein Jahr später: CENTROPIX<br />

Health Management.<br />

Dr. Sven Göbel:<br />

Alles gut gemacht:<br />

30 Jahre erfolgreich im<br />

Network-Marketing.<br />

HAKA Vertrieb<br />

Doppelspitze:<br />

Matthias Niefer und<br />

Rafael Seixas bilden die<br />

neue Doppelspitze des<br />

HAKA Direktvertriebs.<br />

Markus Miller:<br />

Identitätsmissbrauch:<br />

Aktuelle Maschen<br />

der Krypto-Betrüger!<br />

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NETWORK-<br />

KARRIERE<br />

VERBINDET


RECHT<br />

25<br />

SCHEINSELBSTSTÄNDIGKEIT IM<br />

DIREKTVERTRIEB UND NETWORK-<br />

MARKETING<br />

Die Einstellung von Mitarbeitern ist<br />

laut der Deutschen Rentenversicherung<br />

ein starkes Indiz für eine selbstständige<br />

Tätigkeit. Wird allerdings allein<br />

durch Einstellung von Mitarbeitern<br />

eine tatsächlich bestehende<br />

Scheinselbstständigkeit umgangen,<br />

ist regelmäßig keine selbstständige<br />

Tätigkeit anzunehmen.<br />

Vermeidung von Scheinselbstständigkeit<br />

durch Gründung einer<br />

Kapitalgesellschaft<br />

Durch Gründung einer Kapitalgesellschaft<br />

können Sie den Verdacht der<br />

Scheinselbstständigkeit regelmäßig<br />

vermeiden. Beliebt sind dabei die<br />

Rechtsformen der GmbH oder der<br />

UG. Auch die Gründung einer Kapitalgesellschaft<br />

bietet allerdings keinen<br />

hundertprozentigen Schutz vor<br />

Schein selbstständigkeit. Daher sollte<br />

man auch bei dem Betrieb eines Geschäfts<br />

möglichst darauf achten, für<br />

mindestens zwei Auftraggeber langfristig<br />

tätigzusein oder dass jedenfalls<br />

keine Wettbewerbsverbotsklausel<br />

im Vertriebsvertrag enthalten ist.<br />

Scheinselbstständige<br />

sind Personen, die im<br />

Rechtsverkehr als Selbstständige<br />

auftreten, tatsächlich aber zu den<br />

abhängig Beschäftigten gem. § 7<br />

Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IV<br />

zählen. Laut einer Studie des Instituts<br />

für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

(IAB) und des Bundesministeriums<br />

für Arbeit und Soziales<br />

gibt es ca. 235.000 Scheinselbstständige<br />

in Deutschland.<br />

Bereits im Jahr 2017 hat die<br />

Deutsche Rentenversicherung<br />

ihre Kriterien zur Feststellung<br />

ob ein Arbeitnehmerverhältnis oder<br />

Selbstständigkeit vorliegt verändert,<br />

sodass auch Scheinselbstständige<br />

als Arbeitnehmer gelten.<br />

Wird der sozialversicherungsrechtliche<br />

Status durch die Deutsche<br />

Rentenversicherung von „selbstständig“<br />

zu „abhängig“ geändert,<br />

hat dies weitreichende sozialrechtliche<br />

und ggf. auch steuerliche<br />

Konsequenzen für die Betroffenen<br />

und den Arbeitgeber bzw. Auftraggeber<br />

und kann sogar strafrechtliche<br />

Folgen nach sich ziehen.<br />

AdobeStock©chokniti<br />

Abgrenzung<br />

der Selbstständigkeit<br />

von der Scheinselbstständigkeit<br />

Ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt,<br />

ist in vielen Fällen nicht leicht<br />

festzustellen. Die selbstständige Tätigkeit<br />

zeichnet sich durch freie Gestaltung,<br />

eine selbstbestimmte Arbeitszeit<br />

und Verfügbarkeit über die<br />

eigene Arbeitskraft aus. Selbstständige<br />

tragen das unternehmerische Risiko<br />

und verfügen zudem über unternehmerische<br />

Entscheidungsfreiheit,<br />

wie z. B. im Hinblick auf Warenbezug,<br />

Einkaufs- und Verkaufspreise oder<br />

die Einstellung von Personal. Eine<br />

Pflicht zur Versicherung in der gesetzlichen<br />

Kranken-, Renten-, Pflege-<br />

und Arbeitslosenversicherung<br />

besteht für Selbstständige nicht.<br />

Scheinselbstständige werden dagegen<br />

zunächst laut Geschäftsbesorgungsvertrag<br />

als selbstständig eingestuft<br />

und beauftragt. Objektiv sind<br />

die Kriterien der Selbstständigkeit jedoch<br />

nicht erfüllt, sondern es liegen<br />

die Merkmale eines Arbeitnehmers<br />

vor. Dabei stützt sich die Rechtsprechung<br />

des Bundesarbeitsgerichts<br />

(BAG) auf die Merkmale der persönlichen<br />

Abhängigkeit, der Weisungsgebundenheit<br />

und der Eingliederung<br />

in die Betriebsorganisation. Unterliegt<br />

der formal Selbstständige zum Beispiel<br />

Weisungen des Auftraggebers<br />

hinsichtlich Zeit, Ort, Inhalt oder Organisation<br />

der Tätigkeit, so wird vom<br />

BAG eine Scheinselbstständigkeit angenommen.<br />

Auch die Tätigkeit für<br />

lediglich einen Auftraggeber oder die<br />

Nutzung von Arbeitsmitteln des Auftraggebers<br />

stellen Indizien für ein abhängiges<br />

Beschäftigungsverhältnis dar.<br />

In den Bereichen Franchise, Direktvertrieb,<br />

Network-Marketing und<br />

Multi-Level-Marketing ist Scheinselbstständigkeit<br />

selten der Fall. Hier<br />

wird die Tätigkeit auf eine Vielzahl<br />

von Auftraggebern gestützt. Die<br />

Merkmale der Selbstständigkeit wie<br />

die freie Gestaltung bezüglich Inhalt,<br />

Organisation, Ort und Zeit der Tätigkeit<br />

sind hier meist erfüllt.<br />

Wenn man hingegen nur für einen<br />

Auftraggeber tätig ist und selbst keine<br />

Angestellten hat, die mehr als 450 Euro<br />

im Monat verdienen, kann man dennoch<br />

als Selbstständiger eingestuft<br />

werden, ist aber verpflichtet, Beiträge<br />

zur gesetzlichen Rentenversicherung<br />

zu leisten. Dies trifft regelmäßig auf<br />

den Strukturvertriebler zu.<br />

So können Sie Scheinselbstständigkeit<br />

verhindern<br />

Die Annahme der Scheinselbstständigkeit<br />

stützt die Deutsche Rentenversicherung<br />

auf verschiedene Indi-<br />

AdobeStock©tierney<br />

zien. Um nicht unter den Verdacht<br />

der Scheinselbstständigkeit zu geraten,<br />

können Sie auf folgende Dinge<br />

achten:<br />

Als Selbstständiger sollten Sie für<br />

mindestens zwei Auftraggeber in jeweils<br />

relevantem Auftragsvolumen<br />

tätig sein. Arbeiten Sie in Ausnahmefällen<br />

nur für einen Auftraggeber,<br />

sollte der Vertrag nur von kurzer Dauer<br />

sein. Eine lange Vertragsdauer<br />

kann das Indiz einer Scheinselbstständigkeit<br />

bekräftigen.<br />

Die Nutzung eigener Arbeitsräume<br />

spricht für die Ausübung einer<br />

selbstständigen Tätigkeit. Das Arbeiten<br />

vor Ort beim Arbeitgeber sollte<br />

daher nur in begrenztem Umfang<br />

stattfinden, wie zum Beispiel zweimal<br />

wöchentlich.<br />

Eines der wichtigsten Indizien zur<br />

Annahme einer selbstständigen Tätigkeit<br />

ist, dass Sie nicht in die Betriebsorganisation<br />

des Auftraggebers<br />

eingegliedert sind. Anhaltspunkte<br />

sind unter anderem die Nutzung<br />

von eigenen Arbeitsmitteln,<br />

keine vom Auftraggeber festgelegten<br />

Arbeitszeiten, keine Pflicht zu<br />

einem regelmäßigen Reporting,<br />

keine Wahrnehmung von Weiterbildungsangeboten<br />

des Auftraggebers<br />

sowie keine Integration in die<br />

betriebliche Urlaubsplanung. Auch<br />

die Regeln des Vertriebsvertrages<br />

können hier helfen, wenn entsprechende<br />

Regelungen dort formuliert<br />

sind.<br />

Folgen der Scheinselbstständigkeit<br />

Bewertet die Deutsche Rentenversicherung<br />

im Rahmen ihrer turnusmäßigen<br />

Prüfung den sozialversicherungsrechtlichen<br />

Status abweichend<br />

von dem Auftraggeber bzw. Arbeitgeber<br />

als abhängig, ist der Arbeitgeber<br />

verpflichtet, die üblichen Anteile zur<br />

Sozialversicherung abzuführen. Dies<br />

kann bis zu vier Jahre rückwirkend<br />

festgelegt werden.<br />

Sofern der Arbeitnehmer von seinem<br />

Arbeitgeber in die Scheinselbstständigkeit<br />

gedrängt wurde, kann er unter<br />

Umständen seinen Arbeitnehmerstatus<br />

einklagen. Das Arbeitsgericht<br />

prüft dann die Gesamtsituation und<br />

kann dem Scheinselbstständigen<br />

den Arbeitnehmerstatus zusprechen,<br />

sodass diesem Kündigungsschutz,<br />

Urlaubsansprüche und Lohnfortzahlungsansprüche<br />

im Krankheitsfall zustehen<br />

sowie die hälftige Zahlung der<br />

Sozialversicherungsbeiträge.<br />

Wie kann ich den sozialrechtlichen<br />

Status feststellen lassen?<br />

In einem sogenannten Statusfeststellungsverfahren<br />

kann gem. § 7a Abs. 1<br />

Satz 1 SGB IV der sozialversicherungsrechtliche<br />

Status des Betroffenen<br />

durch die Deutsche Rentenversicherung<br />

überprüft werden. Sowohl<br />

der Auftraggeber als auch der Erwerbstätige<br />

können die Feststellung<br />

schriftlich oder elektronisch bei der<br />

Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung<br />

beantragen und damit<br />

zusätzliche Sicherheit über ihr<br />

Auftragsverhältnis erhalten.<br />

Quelle: SBS Legal Rechtsanwälte<br />

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