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Magazin-2022-1

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Perspektiven für Jugendliche<br />

Nr. 1 | März <strong>2022</strong><br />

WIE WIR ARBEITEN<br />

Expert*innen für<br />

das eigene Leben<br />

SÜDAFRIKA<br />

Handfeste Hilfe<br />

zur Selbsthilfe<br />

Mit Leser*innen-Umfrage:<br />

Was halten Sie vom <strong>Magazin</strong>?


IN DIESER AUSGABE<br />

Ihre Meinung zählt!<br />

Liebe Leser*innen<br />

Gabriela Wichser<br />

Leiterin Programme terre des hommes schweiz<br />

Ich bin privilegiert. Meine Arbeitgeberin ist familienfreundlich<br />

und daheim packen alle mit an. Allerdings:<br />

Mit der fünften Welle Anfang Jahr wurde es ziemlich<br />

stressig. Positive Klassenpools führten zu Schulausfall<br />

und dann wurden wir daheim auch noch krank. Ich<br />

erlebte einmal mehr: In Krisensituationen bleibt die<br />

Vereinbarkeit von Beruf, Kinderbetreuung und Haushalt<br />

schier unlösbar.<br />

Gleichzeitig wissen wir aus unserer Projektarbeit in<br />

Lateinamerika: Es geht uns so viel besser als den unzähligen<br />

benachteiligten Mädchen und jungen Frauen<br />

in den Grossstädten. Für wenig Lohn sitzen sie – wenn<br />

es die Pandemie-Situation zulässt – stundenlang in<br />

überfüllten Bussen, um Kinder in fremden Haushalten<br />

zu betreuen und Hausarbeit zu verrichten. Damit deren<br />

Mütter ihrem Job nachgehen können.<br />

Sind diese marginalisierten Mädchen und jungen Frauen<br />

nach einem 16-Stunden-Arbeitstag wieder zu Hause,<br />

geht es weiter mit unbezahlter Arbeit. Sie sollen sich um<br />

den eigenen Nachwuchs kümmern und ihren Kindern<br />

ein sicheres Umfeld bieten, das ihnen gute Perspektiven<br />

ermöglicht.<br />

Warum ich Ihnen diese Geschichte erzähle? Es ist noch<br />

ein weiter Weg bis zur Erreichung des Ziels 5 der Agenda<br />

2030, die Geschlechtergleichstellung. Die Ungleichheit<br />

zwischen den Geschlechtern bleibt eines der<br />

grössten Hindernisse für Armutsreduktion und<br />

nachhaltige Entwicklung.<br />

Und auch wenn wir Ihnen in diesem <strong>Magazin</strong> berichten,<br />

wie dieses Ziel nicht ohne Jungs und junge Männer<br />

erreicht werden kann: Mädchen und junge Frauen im<br />

globalen Süden brauchen weiterhin unsere kompromisslose<br />

Unterstützung.<br />

Feministische Grüsse zum Weltfrauentag am 8. März!<br />

> www.terredeshommesschweiz.ch//es-gibt-nur-eine-welt<br />

Viermal im Jahr erhalten Sie das <strong>Magazin</strong><br />

von terre des hommes schweiz.<br />

Was halten Sie von der Zeitschrift?<br />

Ihre Meinung ist uns wichtig. Deshalb<br />

freuen wir uns sehr, wenn Sie bei der<br />

Leser*innen-Umfrage in der Heftmitte<br />

mitmachen.<br />

So einfach geht’s: Sie trennen den ausgefüllten<br />

Fragebogen heraus, stecken<br />

ihn ins beigelegte, für Sie kostenfreie<br />

Kuvert – und ab die Post. Oder Sie helfen<br />

uns Portokosten einsparen und füllen<br />

den Fragebogen online aus.<br />

Einsendeschluss ist der 30. April <strong>2022</strong>.<br />

Herzlichen Dank für Ihre Teilnahme!<br />

Die Redaktion<br />

> www.terredeshommesschweiz.ch/umfrage<br />

INHALT<br />

2 Meinung Zum Weltfrauentag<br />

3 Brasilien Anpacken gegen den Hunger<br />

4 Südafrika Handfeste Hilfe zur Selbsthilfe<br />

8 Leser*innen-Umfrage Fragebogen<br />

11 Interview Eduardo Machado, Brasilien<br />

12 Wie wir arbeiten Expert*innen für das Leben<br />

14 Vegi-Rezept Von Tanja Grandits<br />

15 Veranstaltung Neues Erbrecht<br />

16 Nachgefragt Memory Moyo, Simbabwe<br />

Impressum<br />

Mit Verlosung<br />

magazin terre des hommes schweiz<br />

Ausgabe Nr. 1, März <strong>2022</strong><br />

Laufenstrasse 12, CH-4053 Basel<br />

IBAN CH18 0900 0000 4000 0260 2<br />

Auflage: 27 100 Ex.<br />

5 CHF für 4 Ausgaben im Jahr<br />

Redaktion: Anna Wegelin<br />

Gestaltung: Michèle Minet<br />

Korrektorat: Loredana Engler, Sylvia Valentin<br />

Druck: Gremper AG, Basel/Pratteln<br />

Papier: Amber® Graphic, FSC für Öko-Waldwirtschaft<br />

Titelseite: Zenzele Dlamini (Name geändert) aus Südafrika<br />

hat sich zum Jungbauern in Teilzeit entwickelt.<br />

Foto Hafid Derbal<br />

2 magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 <strong>2022</strong>


AKTUELL<br />

Aktion Lebensmittel-Pakete: Jugendliche der Partnerorganisation Centro SABIÁ setzen<br />

sich für Not leidende Familien ein. Foto Olivia Godoy<br />

Anpacken gegen den Hunger<br />

Brasilien ist im multiplen Krisenmodus,<br />

die Bevölkerung leidet. Fabiana<br />

Kuriki von terre des hommes schweiz<br />

hat unsere lokalen Partner im Nordosten<br />

des Landes besucht. Und ist dort<br />

starken Jugendlichen begegnet.<br />

Endlich. Nach zwei Jahren Reisestopp<br />

wegen der Pandemie konnte ich im November<br />

2021 wieder in mein Heimatland<br />

reisen und die Partnerprojekte in<br />

Brasilien besuchen. Aus der brasilianischen<br />

Presse wusste ich, dass Armut<br />

und Hunger in Brasilien zugenommen<br />

hatten. Trotzdem war ich schockiert<br />

über das trostlose Szenario, das ich vorfand.<br />

An jeder Ecke, unter der Brücke<br />

und im Park waren Gruppen mit 30<br />

bis 50 Menschen, die Zelte, Pappkartons<br />

oder Plastikplanen zur Behausung hatten.<br />

Familien mit Kindern und Jugendlichen<br />

versuchten, auf den Strassen<br />

der Städte ein Mindestmass an Würde<br />

zu bewahren. Solche beängstigenden<br />

Szenen erlebte ich in grossem Ausmass.<br />

Doch während ich einerseits massiven<br />

sozialen Rückschritt feststellte, begegnete<br />

ich gleichzeitig widerstandsfähigen<br />

jungen Menschen. Sie stehen unermüdlich<br />

dafür ein, um diese schlimme<br />

Situation zu beenden. Gemeinsam mit<br />

den Jugendlichen verteilten unsere<br />

Partnerorganisationen im Nordosten<br />

Brasiliens allein in der zweiten Jahreshälfte<br />

2021 rund 11 000 Lebensmittel-<br />

Pakete an Familien, die in extremer Armut<br />

leben. In einem Zyklus, der nachhaltige<br />

Produktion, Kreislaufwirtschaft<br />

und Solidarität umfasst, engagieren<br />

sich junge Menschen für die Bekämpfung<br />

der Folgen der Pandemie in einem<br />

Land, in dem letztlich das politische<br />

Chaos regiert.<br />

In diesem fragilen Kontext lernte ich<br />

willensstarke und mutige afrobrasilianische<br />

Jugendliche kennen, die an von<br />

terre des hommes schweiz unterstützten<br />

Projekten beteiligt sind. Sie setzen<br />

sich in ihren Gemeinden gegen Hunger<br />

und Gewalt ein. Selbst leben sie in den<br />

ärmsten und gewalttätigsten Regionen,<br />

sind oftmals Opfer von Rassismus<br />

und müssen gleichzeitig selbst irgendwie<br />

über die Runden kommen.<br />

Über Demokratie diskutieren<br />

Ich bewundere diese Jugendlichen,<br />

denn sie diskutieren auch über Demokratie<br />

und politische Partizipation für<br />

Veränderung in Brasilien. Manche sind<br />

auch politisch aktiv. Mit viel Energie<br />

und Durchhaltevermögen für verbesserte<br />

soziale Bedingungen in ihrem Umfeld<br />

mobilisieren sie ihre Gemeinschaften,<br />

um gewaltfrei zusammen für ihre<br />

Rechte zu kämpfen.<br />

Eine Jugend mit derart viel Durchhaltevermögen<br />

ist auch deshalb möglich,<br />

weil terre des hommes schweiz an diese<br />

jungen Menschen glaubt und in ihr<br />

Potenzial investiert. Sie zeigen uns jeden<br />

Tag: In einem Land, in dem grosse<br />

soziale Ungerechtigkeit herrscht,<br />

können wir noch viel von ihnen lernen.<br />

Fabiana Kuriki, Projektkoordination Brasilien<br />

> www.terredeshommesschweiz.ch/brasilien<br />

Der afrobrasilianische Journalist und Aktivist<br />

Eduardo Machado im Interview: siehe Seite 11.<br />

20 Jahre imagine<br />

SCHWEIZ Seit bereits 20 Jahren findet<br />

jeweils am ersten Wochenende im Juni<br />

das beliebte Musikfestival von imagine<br />

in Basel statt. Es wird von jungen Menschen<br />

organisiert und durchgeführt.<br />

Auch im Jubiläumsjahr werden etablierte<br />

Künstler*innen und Nachwuchstalente<br />

auf und um den Barfüsserplatz<br />

eine grossartige Stimmung verbreiten.<br />

imagine ist ein Jugendkultur-Projekt<br />

von terre des hommes schweiz. Es<br />

setzt sich mit Themen wie Ausgrenzung,<br />

Gewalt, Diskriminierung, Sexismus<br />

und Rassismus auseinander. Neben<br />

dem Musikfestival werden über<br />

das gesamte Jahr Veranstaltungen und<br />

Workshops durchgeführt, um interessierte<br />

Menschen zu sensibilisieren.<br />

Chiara Düblin, Team imagine<br />

> www.imaginebasel.ch<br />

Agnes Alphoncy, Teenage-Mutter aus<br />

Mwanza. Foto Samuel Rink<br />

Perspektiven für Mädchen<br />

TANSANIA Schwangere Mädchen und<br />

junge Frauen in Tansania dürfen weiterhin<br />

zur Schule gehen. «Das ist ein<br />

Meilenstein für die Bildungschancen<br />

von Teenage-Müttern», sagt Susanne<br />

Furler, Projektkoordinatorin für Tansania<br />

bei terre des hommes schweiz.<br />

Bis anhin wurden Schwangere vom<br />

Schulbesuch ausgeschlossen. Dieses<br />

Verbot ist nun durch Tansanias Regierung<br />

mit Präsidentin Samia Suluhu<br />

Hassan aufgehoben worden. Bis der<br />

neue Beschluss jedoch im ganzen Land<br />

Realität wird, brauche es noch einige<br />

Überzeugungsarbeit, sagt Susanne<br />

Furler. «Umso wichtiger ist jetzt das<br />

Engagement unserer Partnerorganisationen<br />

für das Recht auf Bildung aller<br />

Mädchen in Tansania.» red<br />

> www.terredeshommesschweiz.ch/gesundheit<br />

magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 <strong>2022</strong> 3


THEMA<br />

Handfeste Hilfe zur Selbsthilfe<br />

Eigentlich arbeitet DLALANATHI mit Jugendlichen zum Schutz vor HIV/Aids<br />

und Frühschwangerschaften. Doch dann kam die Pandemie und die Partnerorganisation<br />

von terre des hommes schweiz in Südafrika hat ihr Portfolio<br />

ertragreich erweitert.<br />

Zenzele Dlamini (23, Name geändert) lächelt zufrieden.<br />

Er hat in der Ferne dicke, dunkelgraue<br />

Wolken erblickt. Es ist November und Regenzeit<br />

in Südafrika. Das Wasser wird dem Gemüse in seinem<br />

Garten guttun und es erspart ihm heute das<br />

Giessen der Pflanzen.<br />

Zenzele lebt mit seiner älteren Schwester und drei<br />

jüngeren Geschwistern in Willowfontein, einer halb<br />

ländlichen, halb städtischen Township bei Pietermaritzburg<br />

(s. Landkarte Seite 6), Hauptstadt der<br />

südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal. Die fünf<br />

Geschwister wohnen in einer einfachen Lehmbehausung,<br />

die typisch ist für die Gegend. Fast jeder<br />

Haushalt in der Nachbarschaft hat ein Stück<br />

Land, aber die wenigsten bewirtschaften es. «Wir<br />

haben es verlernt, das Land nutzbar zu machen»,<br />

sagt Zenzele. «Dabei ist das für uns alle möglich.»<br />

Eine Region mit vielen Problemen<br />

11,8 Millionen Menschen oder rund 20 Prozent der<br />

Bevölkerung Südafrikas leben in KwaZulu-Natal,<br />

wo unsere Partnerorganisation DLALANATHI tätig<br />

ist. Hier gibt es besonders viele gesellschaftliche<br />

Herausforderungen.<br />

In Willowfontein, ein typischer Vorort in KwaZulu-Natal,<br />

leben knapp 17 500 Menschen. Über ein<br />

Drittel oder 37 Prozent der Bevölkerung in der<br />

Provinz sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.<br />

Nur knapp die Hälfte der 15- bis 24-Jährigen<br />

besucht die Sekundarschule. Knapp 60 Prozent<br />

der Schüler*innen brechen die Schule vor Beendigung<br />

des letzten, entscheidenden Schuljahres ab.<br />

Armut und Arbeitslosigkeit sowie Alkohol- und<br />

Drogenmissbrauch gehören zum Alltag vieler Familien.<br />

KwaZulu-Natal hat zudem eine der höchsten<br />

HIV-Raten in Südafrika.<br />

Die Chance packen<br />

«Die wiederholten Lockdowns seit März 2020 haben<br />

die Situation für viele Jugendliche zusätzlich<br />

verschärft», sagt Dumisa Zondi, Jugendarbeiter<br />

bei DLALANATHI. Für etliche HIV-positive Jugend-<br />

Freunde und Nachbarn:<br />

Zenzele Dlamini und Luyanda Masinga<br />

helfen sich gegenseitig beim<br />

Bewirtschaften ihres Gemüsegartens.<br />

Fotos Hafid Derbal<br />

4 magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 <strong>2022</strong>


SÜDAFRIKA<br />

liche sei es plötzlich schwierig geworden, an ihre<br />

lebenswichtigen Aids-Medikamente heranzukommen,<br />

erzählt er.<br />

Besonders stark wirkten sich die Mobilitätseinschränkungen<br />

auf den Zugang zu Nahrungsmitteln<br />

aus. Viele junge Menschen aus den Townships,<br />

die unter normalen Umständen als unqualifizierte<br />

Arbeitskräfte in der Stadt wichtiges Geld<br />

Zum Beispiel<br />

Chilischoten: Das<br />

günstige Klima<br />

in KwaZulu-Natal<br />

ermöglicht die<br />

mehrmalige Ernte<br />

im Jahr.<br />

verdienen, verloren kurzerhand ihre Stelle. «Krisen<br />

gehören zu unserer Arbeitswirklichkeit als Organisation»,<br />

sagt Dumisa Zondi. «Unsere Stärke ist<br />

es, trotz dieser Herausforderungen die Chancen<br />

zu packen. Wir suchen nach Lösungen, wo andere<br />

Probleme sehen.»<br />

Einen eigenen Gemüsegarten anlegen<br />

Zenzele und sein bester Freund und Nachbar Luyanda<br />

Masinga (23, Name geändert) waren sofort<br />

begeistert, als Dumisa Zondi von DLALANATHI ihre<br />

Jugendgruppe anregte, Gemüsegärten anzulegen,<br />

um eine Alternative zu finden zur erschwerten<br />

Beschaffung von Lebensmitteln. «Dumisa sagte<br />

uns, wir würden Setzlinge erhalten und einen Zaun<br />

zum Schutz des Gemüses vor Tieren», erzählt Luyanda.<br />

«Zur Vorbereitung machten wir ein Intensivtraining,<br />

damit wir unsere Gärten über die erste<br />

Zeit hinweg ertragreich bewirtschaften konnten.»<br />

«Das Ganze war zwar nicht ganz einfach, aber auch<br />

nicht so kompliziert wie anfangs gedacht», fügt<br />

Zenzele hinzu. Er und Luyanda profitierten vom<br />

gegenseitigen Austausch über den Zaun hinweg,<br />

als sie zur gleichen Zeit ihre Gärten mit Bohnen,<br />

Chilischoten, Mangold und Kohl anlegten – Gemüse,<br />

das sie dank des günstigen Klimas mehrmals<br />

im Jahr ernten können. So haben sie viel voneinander<br />

gelernt. DLALANATHI fördert solche Arbeitsgemeinschaften<br />

unter Gleichaltrigen gezielt.<br />

Hausgärten mit 50 Jugendlichen<br />

Auf die Frage, weshalb er seinen Garten nicht vorher<br />

und von sich aus bepflanzt hat, antwortet Zenzele:<br />

«Früher lebten wir bei unserer Grossmutter.<br />

Sie baute Gemüse an und hielt auch Hühner.» Doch<br />

nach ihrem Tod vor zehn Jahren sei alles bachab<br />

gegangen, erinnert er sich: «Ich wusste nicht, wie<br />

ich das alles anstellen sollte und meine ältere<br />

Schwester musste die Schule abbrechen, um eine<br />

Arbeit in der Stadt zu finden. Sie hätte zwar gewusst,<br />

wie man einen Gemüsegarten hält, fand<br />

jedoch keine Zeit dafür.»<br />

Der Stellenwert eines eigenen Gartens für die<br />

Selbstversorgung ist durch die Lockdowns während<br />

der Pandemie massiv gestiegen. Viele Jugend-<br />

magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 <strong>2022</strong><br />

5


SÜDAFRIKA<br />

Jung und Alt:<br />

Bei unserer Partnerorganisation<br />

DLALANATHI arbeiten die<br />

Generationen Hand in Hand.<br />

Agil sein und auf die Bedürfnisse reagieren<br />

Seit Ausbruch der Pandemie war jedoch für DLA-<br />

LANATHI grosse Flexibilität gefragt. So hat die<br />

Organisation kurzerhand ihr Angebot auf den Bereich<br />

der nachhaltigen Lebensgrundlagen erweitert.<br />

«Diese Flexibilität zeichnet eine lokal verankerte<br />

Organisation wie uns aus», sagt Dumisa<br />

Zondi von DLALANATHI. «Wir haben eine grosse<br />

Nähe zu den Jugendlichen und ihren Gemeinden<br />

und sehen es als unsere Aufgabe, auf ihre veränderten<br />

Bedürfnisse einzugehen.» Das Gemüsegarten-Projekt<br />

hat sich bewährt, das Team der südafrikanischen<br />

Partnerorganisation von terre des<br />

hommes schweiz wird es deshalb auch in Zukunft<br />

als zusätzliche Komponente zum Kerngeschäft in<br />

der Gesundheitsprävention beibehalten.<br />

Selbstversorgung mit Nebeneinkommen<br />

«Den Kohl und die Bohnen verzehren wir fast<br />

ganz allein und sparen so Geld», erklärt Zenzele.<br />

Darüber hinaus verdient der Jungbauer aus der<br />

Township Willowfontein jede Woche 80 bis 150<br />

südafrikanische Rands oder umgerechnet 5 bis 10<br />

Franken, wenn er seine Mangold- und Chilischoten-<br />

Ernte in der Nachbarschaft verkauft. «Unsere Grossmutter<br />

wäre richtig stolz auf mich», sagt Zenzele<br />

Dlamini mit einem zufriedenen Lächeln.<br />

Hafid Derbal, Projektkoordination Südafrika<br />

> www.terredeshommesschweiz.ch/suedafrika<br />

liche, die davor kein Interesse an landwirtschaftlicher<br />

Arbeit gezeigt hatten, konnten vom Mehrwert<br />

solcher Hausgärten überzeugt werden. Bis<br />

anhin hat das Team von DLALANATHI rund 50 Jugendlichen<br />

aus besonders benachteiligten Haushalten<br />

geholfen, eigene Beete anzulegen.<br />

Beitrag an die Agenda 2030<br />

Das Kerngeschäft der südafrikanischen Partnerorganisation<br />

von terre des hommes schweiz liegt<br />

in der Gesundheitsprävention. DLALANATHI arbeitet<br />

seit Jahren mit Jugendlichen in der Arbeit<br />

zu HIV/Aids und Frühschwangerschaften. Die Organisation<br />

zeigt benachteiligten Jugendlichen<br />

auf, wie sie ihre eigenen Ressourcen nutzen können,<br />

um sie für sich selbst und ihre Gemeinden<br />

einzusetzen.<br />

Dadurch leistet DLALANATHI einen wichtigen Beitrag<br />

an die Agenda 2030 beziehungsweise die nachhaltigen<br />

Entwicklungsziele 3, Gesundheit und<br />

Wohlergehen, und 5, Geschlechtergleichheit.<br />

DLALANATHI<br />

Grosse Schere zwischen Arm und Reich<br />

In Südafrika leben knapp 58 Millionen Menschen. Rund ein<br />

Drittel der Bevölkerung ist unter 15 Jahre alt. Mit einem Human<br />

Development Index (HDI) – eine in der internationalen<br />

Zusammenarbeit gängige Messzahl für den Entwicklungsstand<br />

eines Landes – von 0,709 oder Position 114 von 188 (Stand<br />

Dezember 2021) gehört die Wirtschaftsnation auf dem Papier<br />

zwar nicht zu den ärmsten Ländern der Welt. Doch die Schere<br />

zwischen Arm und Reich ist gross: Südafrika hat einen Gini-<br />

Index von 62,5 – dieser misst den Grad der Ungleichheit in<br />

der Einkommensverteilung nach dem häuslichen Pro-Kopf-Einkommen.<br />

Während es einer Minderheit in Südafrika wirtschaftlich<br />

hervorragend geht, leiden 29 Prozent der Gesamtbevölkerung<br />

oder 55 Prozent der 15- bis 24-Jährigen unter der Arbeitslosigkeit.<br />

13 Prozent oder gut ein Fünftel der 15- bis 49-Jährigen<br />

sind gemäss der Organisation Avert HIV-positiv. Auch das Ausmass<br />

an struktureller Gewalt in Südafrika, die vor allem Frauen<br />

und Mädchen trifft, ist überdurchschnittlich hoch im internationalen<br />

Vergleich. Hafid Derbal<br />

6<br />

magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 <strong>2022</strong>


FRAGEBOGEN<br />

UMFRAGE<br />

Weil uns Ihre Meinung wichtig ist.<br />

Mit Verlosung<br />

Einsendeschluss<br />

30. April <strong>2022</strong>


UMFRAGE<br />

Liebe Leser*innen<br />

Mit dem <strong>Magazin</strong> von terre des hommes schweiz wollen wir Ihnen Lesestoff von echtem Mehrwert bieten.<br />

Aber tun wir das auch? Wir wollen, dass Sie in der Zeitschrift blättern, die Artikel lesen und gemeinsam mit uns für die<br />

Perspektiven von Jugendlichen einstehen sowie für gerechte Nord-Süd-Beziehungen. Doch entspricht das <strong>Magazin</strong><br />

Ihren Erwartungen und Bedürfnissen? Und was können wir verbessern?<br />

Um dies herauszufinden und das <strong>Magazin</strong> anhand der gewonnenen Erkenntnisse weiterzuentwickeln, haben wir diesen<br />

Fragebogen zusammengestellt. Gestalten Sie unsere Zeitschrift mit. Verraten Sie uns Ihre Meinung. Und nehmen Sie<br />

sich 7 Minuten Zeit dafür.<br />

Gewinnen Sie ein besonderes Dankeschön!<br />

Wir verlosen unter den Teilnehmenden<br />

10 handsignierte Kochbücher von Tanja<br />

Grandits aus unserem Webshop:<br />

www.terredeshommesschweiz.ch/shop<br />

Vielen Dank, dass Sie an dieser Umfrage<br />

teilnehmen und viel Glück bei der Verlosung!<br />

Entweder den Fragebogen ausfüllen, hier<br />

herauslösen und im für Sie kostenfreien Kuvert<br />

bis 30. April <strong>2022</strong> zurückschicken.<br />

Oder Portokosten einsparen helfen und den<br />

Fragebogen bis 30. April <strong>2022</strong> online ausfüllen:<br />

www.terredeshommesschweiz.ch/umfrage<br />

Hier<br />

herauslösen<br />

PS: Alle <strong>Magazin</strong>-Ausgaben seit 2017 im digitalen PDF-Format finden Sie unter www.terredeshommesschweiz.ch/magazin<br />

1. Wie reagieren Sie, wenn eine neue <strong>Magazin</strong>-Ausgabe bei Ihnen eintrifft? Bitte ankreuzen, mehrere Antworten möglich<br />

Ich freue mich auf die Themen und Geschichten im Heft.<br />

Ich schaue im Inhaltsverzeichnis kurz nach, was mich interessieren könnte.<br />

Ich bin gespannt auf das neue Rezept von Tanja Grandits.<br />

Ich bin neugierig auf die Meinung auf Seite 2.<br />

Es löst keine besondere Reaktion in mir aus.<br />

Ich lege das Heft für später zur Seite.<br />

Ich nehme den Begleitbrief und schaue mir die Spendenbeispiele an.<br />

Es stört mich jedes Mal von Neuem, ungefragt Post zu erhalten.<br />

Ich ärgere mich über ungefragte Spendenaufrufe.<br />

Weitere:<br />

2. Wie finden Sie das <strong>Magazin</strong> ganz allgemein? Bitte Stichworte ins Textfeld schreiben (z. B. informativ, langweilig, egagiert…)<br />

Antwort:<br />

3. Welche Geschichten und Themen im <strong>Magazin</strong> sprechen Sie besonders an? Bitte ankreuzen, mehrere Antworten möglich<br />

Geschichten und Themen zu Afrika<br />

Geschichten und Themen zu Lateinamerika<br />

Geschichten und Themen zur Schweiz<br />

Methoden in unserer Arbeit mit Jugendlichen<br />

Jugendliche im Porträt<br />

Interviews mit Expert*innen<br />

Hintergründe und Standpunkte zu entwicklungspolitischen Themen und Kampagnen (z. B. Konzernverantwortung)<br />

Rezepte<br />

Produktbeschriebe aus unserem Geschenkshop


UMFRAGE<br />

4. Welche Text- und Bildformate gefallen Ihnen besonders gut? Bitte ankreuzen, mehrere Antworten möglich<br />

Längere Hintergrundtexte mit Zitaten Rezepte<br />

Kurznachrichten<br />

Grossformatige Bilder mit wenig Text<br />

Interviews<br />

Meinungsbeiträge (Kommentar, Standpunkt)<br />

Veranstaltungshinweise<br />

Text-Porträts<br />

5. Welches Bild von terre des hommes schweiz vermittelt Ihnen unser <strong>Magazin</strong>?<br />

Antwort:<br />

6. Gefällt Ihnen das Verhältnis Text-Bild im <strong>Magazin</strong>? Bitte nur eine Antwort ankreuzen<br />

Gerade richtig<br />

Zu viel Bild<br />

Zu viel Text<br />

7. Wie beurteilen Sie den Schreibstil im <strong>Magazin</strong>? Bitte nur eine Antwort ankreuzen<br />

Gut verständlich Sehr akademisch Journalistisch Marketingmässig<br />

Begründung:<br />

8. Wie gefällt Ihnen das Aussehen des <strong>Magazin</strong>s? Bitte nur eine Antwort ankreuzen<br />

Sehr gut Okay Nicht gut<br />

Begründung:<br />

9. Wie würden Sie das <strong>Magazin</strong> am liebsten lesen? Bitte ankreuzen, mehrere Antworten möglich<br />

In Papierform Am Computer Auf dem Tablet Auf dem Handy<br />

10. Erhalten Sie das <strong>Magazin</strong> lieber im Papier-Kuvert oder in der Plastik-Folie – sofern die Variante «Foliert»<br />

kostengünstiger und umweltfreundlicher ist? Bitte nur eine Antwort ankreuzen<br />

Im Kuvert<br />

Foliert<br />

11. Haben Sie weitere Anregungen oder Mitteilungen an uns?<br />

Antwort:<br />

Ihre Kontaktdaten (freiwillig)<br />

Vorname/Name<br />

Strasse<br />

PLZ/Ort<br />

Ihre Angaben behandeln wir vertraulich und geben sie nicht an Dritte weiter.<br />

Danke für Ihr Vertrauen. Fragen? Kontakt: info@terredeshommes.ch, 061 338 91 38<br />

E-Mail<br />

Telefon<br />

Geburtsdatum<br />

Geschlecht


UMFRAGE<br />

FRAGEBOGEN<br />

Herzlichen Dank für Ihre Teilnahme!<br />

Foto Jonas Wagner-Mörsdorf


BRASILIEN<br />

«Unser Widerstand ist die Berichterstattung»<br />

Eduardo Machado engagiert sich im<br />

brasilianischen Bundesstaat Bahia für<br />

die Rechte der jungen afrobrasilianischen<br />

Bevölkerung, so auch bei CIPÓ,<br />

der Partnerorganisation von terre des<br />

hommes schweiz. Sein wichtigstes Mittel<br />

ist die Dokumentation der schwarzen<br />

Realität.<br />

Können Sie in wenigen Worten erklären,<br />

was Sie genau tun?<br />

Eduardo Machado: Ich bin Journalist,<br />

Pädagoge und Aktivist der Organisation<br />

CIPÓ (Comunicação Interativa),<br />

die sich für die Rechte der afrobrasilianischen<br />

Bevölkerung einsetzt. Ich helfe<br />

beim Aufbau von Menschenrechtsorganisationen<br />

für die Schwarze Bewegung.<br />

Wie stellt sich die gesellschaftspolitische<br />

Situation in Brasilien für Sie dar?<br />

Die Pandemie trifft die afrobrasilianische<br />

Bevölkerung besonders hart,<br />

einerseits durch die zahlreichen Todes-<br />

und Krankheitsfälle, andererseits<br />

durch die Wirtschaftskrise und den<br />

Hunger. Zudem erleben wir einen Prozess<br />

der politischen Dekonstruktion<br />

und der Rückschläge von Fortschritten,<br />

die wir in den letzten 30 Jahren<br />

erzielt haben, und zunehmende rassistische<br />

Gewalt. Wir haben einen Präsidenten,<br />

der seiner Rolle in keiner<br />

Weise gerecht wird.<br />

Was bedeutet das konkret?<br />

Der Anteil der unabhängigen Medien,<br />

die sich mit dem Thema der afrobrasilianischen<br />

Realität beschäftigen,<br />

ist während der Pandemie stark gestiegen.<br />

Dies ist das Ergebnis unseres<br />

Engagements: Wir berichten über die<br />

existierenden strukturellen Ungerechtigkeiten,<br />

zum Beispiel in der Politik,<br />

der öffentlichen Gesundheit, Wirtschaft<br />

und Umwelt oder des Wohnens.<br />

Das ist unsere Form des Widerstands.<br />

Wie hat sich die Pandemie af Ihre Arbeit<br />

ausgewirkt?<br />

Wir haben eine Zunahme von Polizeiübergriffen<br />

in der Peripherie erlebt, in<br />

denen es die Pandemie-Vorgabe war,<br />

zuhause zu bleiben. Auch unser Projekt<br />

ist betroffen. Es gab den Fall einer<br />

«CIPÓ bricht mit Gewalt, Elend und Unsicherheit in den afrobrasilianischen Territorien»,<br />

sagt der Journalist und Aktivist Eduardo Machado (mit Sonnenbrille) aus Salvador in<br />

Bahia. Foto zVg Eduardo Machado<br />

jungen Frau, die dem Projekt angehörte<br />

und deren Haus überfallen wurde.<br />

Was ist denn die Kernaussage von CIPÓ?<br />

CIPÓ bricht mit dem Stigma der Gewalt,<br />

dem Elend und der Unsicherheit,<br />

das den schwarzen Territorien, den Peripherien,<br />

auferlegt wird. Es geht also<br />

um einen neuen Prozess des Zuhörens,<br />

Sprechens und Erlebens, um diese<br />

Viertel neu wahrzunehmen.<br />

Und wie soll es gelingen, die Lebensbedingungen<br />

der schwarzen Bevölkerung<br />

zu verbessern?<br />

Wenn wir die öffentliche Politik aus<br />

der Perspektive der Jugend hier in<br />

Bahia denken, haben wir es geschafft,<br />

auf staatlicher Ebene Einfluss zu nehmen.<br />

Wir haben es geschafft, öffentliche<br />

Anhörungen abzuhalten und<br />

die Erstellung von Gesetzentwürfen<br />

zu beeinflussen. Wir haben es geschafft,<br />

ein Projekt mit dem Abgeordneten<br />

Ilton Coelho zu realisieren, um<br />

die tödlichen Verbrechen zu untersuchen,<br />

die hier in Bahia geschehen.<br />

Zudem ist es uns gelungen, den Städtischen<br />

Tag der Schwarzen Jugend zu<br />

veranstalten.<br />

Wie viele Leute arbeiten an Ihrem Projekt<br />

und wie alt sind die jungen Menschen?<br />

Bei CIPÓ arbeiten junge Menschen zwischen<br />

15 und 29 Jahren. Heute haben<br />

wir 16 junge Leute und zwei Betreuer*-<br />

innen. Die jungen Menschen, die an den<br />

Projekten teilnehmen, stammen inzwischen<br />

aus ganz Salvador (Hauptstadt<br />

des brasilianischen Bundesstaats<br />

Bahia, Anm. d. Red.). In diesen sieben<br />

Jahren, in denen junge Menschen ausgebildet<br />

wurden, haben bereits rund<br />

75 von ihnen den Ausbildungsprozess<br />

der politischen Interessenvertretung<br />

durchlaufen. Wir erreichen darüber<br />

hinaus die gesamte Hip-Hop-Bewegung<br />

in Salvador, die Obdachlosenbewegung<br />

in Bahia und weitere soziale<br />

Bewegungen.<br />

Interview: Tobias Käufer; Mitarbeit: Ramona Samuel<br />

Tobias Käufer, geboren 1976 in Nordrhein-Westfalen,<br />

ist Lateinamerika-Korrespondent und lebt in<br />

Rio de Janeiro und Bogotá, Kolumbien. Er berichtet<br />

für deutschsprachige Medien in der Schweiz,<br />

Österreich und Deutschland. @KaeuferTobias<br />

Fabiana Kuriki von terre des hommes schweiz über Jugendliche<br />

gegen Hunger in Brasilien: siehe Seite 3.<br />

magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 <strong>2022</strong><br />

11


WIE WIR ARBEITEN<br />

Expert*innen<br />

für das eigene<br />

Leben<br />

Schweizer Hilfswerke stehen unter<br />

Druck. Zu Unrecht. Sylvia Valentin vom<br />

Team Entwicklungspolitik bei terre des<br />

hommes schweiz erklärt unseren Ansatz<br />

in der langfristigen Zusammenarbeit<br />

mit Partnerorganisationen im<br />

globalen Süden anhand von zwei Beispielen.<br />

Entwicklungszusammenarbeit bringt<br />

nichts. Das Geld fliesst in korrupte Systeme,<br />

schafft Abhängigkeiten und<br />

bremst lokale Initiativen. So lautet die<br />

gängige Kritik an der Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Oftmals wird dabei wenig<br />

differenziert und zum Beispiel<br />

nicht unterschieden zwischen kurzfristiger<br />

Katastrophenhilfe und langfristiger<br />

Zusammenarbeit, zwischen<br />

staatlicher Unterstützung und zivilgesellschaftlichen<br />

Organisationen.<br />

terre des hommes schweiz setzt auf die<br />

langfristige Zusammenarbeit und unterstützt<br />

lokale Organisationen. Sie sind<br />

in der Gemeinschaft verankert und ken-<br />

nen die örtlichen Gegebenheiten. Wir<br />

gehen davon aus, dass alle Menschen<br />

die Expert*innen für ihre eigene Situation<br />

sind. Unser Anspruch ist, auf Augenhöhe<br />

mit unseren Partner*innen<br />

zu kommunizieren. Gleichzeitig sind<br />

wir uns bewusst, dass das Abhängigkeitsverhältnis<br />

zwischen Geldgeber*in<br />

und Geldempfänger*in nie gänzlich<br />

verschwindet. Es geht darum, damit<br />

bestmöglich umzugehen. Eine grosse<br />

Gefahr besteht zum Beispiel in «geberorientierten»<br />

Aktivitäten, wie es<br />

im Fachjargon heisst: Organisationen<br />

machen etwas, weil dies von ihren Geldgeber*innen<br />

erwartet wird oder weil<br />

sie denken, es wird so erwartet – obwohl<br />

es nach ihren eigenen Erfahrungen<br />

keinen Sinn macht.<br />

Nachhaltige Landwirtschaft mit NANA<br />

Ein Beispiel hierzu von unserer Partnerorganisation<br />

NANA in Mosambik. Sie<br />

unterstützt Jugendliche dabei, sich<br />

mit nachhaltiger Landwirtschaft ihren<br />

Lebensunterhalt zu erwirtschaften.<br />

Nun wäre es für terre des hommes<br />

schweiz wünschenswert, wenn wir so<br />

schnell wie möglich handfeste Resultate<br />

sehen würden, wie zum Beispiel:<br />

Wie viele Jugendliche bearbeiten wie<br />

viele Felder, welche Produkte werden<br />

mit welchem Gewinn verkauft? Dies<br />

lässt sich einfach aufzeigen, bringt<br />

sichtbare Ergebnisse und ist quantifizierbar.<br />

NANA arbeitet jedoch in einer Gegend,<br />

die von grosser Armut und täglichem<br />

Überlebenskampf geprägt ist.<br />

NANA erklärte uns, dass es für den<br />

längerfristigen Erfolg zunächst notwendig<br />

ist, die Gemeinschaften, mit<br />

denen sie zusammenarbeiten, zu unterstützen<br />

und Vertrauensarbeit zu<br />

leisten.<br />

Es braucht Workshops, in denen die Jugendlichen<br />

ihr Selbstwertgefühl stärken<br />

können. Sie beschäftigen sich dort<br />

auch mit Themen wie Gleichberechtigung<br />

oder Verhütung und erweitern<br />

12 magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 <strong>2022</strong>


Unsere Partnerorganisation NANA in<br />

Mosambik arbeitet in Reflect Clubs<br />

nach Paulo Freire: Alle Menschen in<br />

einer Gruppe sollen sich in den Prozess<br />

einbringen können.<br />

Foto Jonas Wagner-Mörsdorf<br />

ihre Lese- und Schreibkompetenzen.<br />

Die Jugendlichen erfahren Wertschätzung<br />

und Selbstermächtigung. Erst<br />

dann fallen Trainings in Agroökologie<br />

und Produktevermarktung auf<br />

buchstäblich fruchtbaren Boden. Diese<br />

Erklärungen machten für uns Sinn.<br />

Ehrlich kommunizieren<br />

Für nachhaltige Ergebnisse in der Entwicklungszusammenarbeit<br />

braucht es<br />

manchmal etwas Zeit. Und es braucht<br />

eine ehrliche Kommunikation mit den<br />

Projektpartner*innen in den Programmländern<br />

und auch mit unseren Unterstützer*innen<br />

in der Schweiz.<br />

Dass wir auf die Bedürfnisse unserer<br />

Partnerorganisationen eingehen, bedeutet<br />

nicht Willkür. Die Erreichung<br />

der Ziele, die in Dreijahresverträgen<br />

festgehalten sind, werden zweimal jährlich<br />

von unseren Programmkoordinator*innen<br />

überprüft. Dabei müssen wir<br />

flexibel genug sein, um auf veränderte<br />

Rahmenbedingungen einzugehen.<br />

Umweltkatastrophen oder die Corona-Pandemie<br />

verändern die Situation<br />

vor Ort schnell und mitunter grundlegend.<br />

Im Beispiel mit NANA bedeutet Nachhaltigkeit,<br />

dass die Jugendlichen und<br />

ihre lokale Gemeinschaft zunächst in<br />

ihrem Selbstwert- und Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

gestärkt werden. Erst<br />

dann wird die Fachkompetenz zum<br />

Anbau und Verkauf von Agrarprodukten<br />

vermittelt.<br />

In anderen Kontexten schliesst Nachhaltigkeit<br />

mit ein, dass Partnerorganisationen<br />

mit Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

lokale oder sogar nationale<br />

Rahmenbedingungen mitverändern.<br />

In den Jugendgruppen unserer Partnerorganisationen<br />

finden Jugendliche<br />

wie Sindiswa (19, Name geändert) aus<br />

KwaZulu-Natal in Südafrika Halt. Sie haben<br />

oftmals sexuelle Gewalt erfahren. Mit<br />

professionellem Coaching bauen sie sich<br />

wieder eine Zukunft auf. Foto Hafid Derbal<br />

Unser entwicklungspolitisches Engagement<br />

Wenn die Schweiz Waffen nach Brasilien exportiert,<br />

wenn Credit Suisse durch unseriöse Kreditvergaben<br />

Mosambik noch mehr in die Verschuldung treibt,<br />

dann hat das einen Einfluss auf die Lebensrealität<br />

der Jugendlichen in diesen Ländern. Solche Nord-<br />

Süd-Zusammenhänge können und wollen wir nicht<br />

ignorieren.<br />

Und wir wollen auch in der Schweiz nicht wegschauen:<br />

Wenn beispielsweise homosexuelle Jugendliche<br />

diskriminiert werden oder junge Geflüchtete<br />

unter unmenschlichen Bedingungen leben müssen,<br />

dann setzen wir uns für sie ein. Deshalb engagieren<br />

wir uns sozial und entwicklungspolitisch in<br />

der Schweiz. Sylvia Valentin<br />

KATSWE für Rechte von Jugendlichen<br />

Zum Beispiel KATSWE: Unsere Partnerorganisation<br />

in Simbabwe setzt<br />

sich gemeinsam mit Jugendlichen<br />

für deren Rechte ein und sie vermittelt<br />

ihnen auch Kompetenzen, um<br />

selbst politische Arbeit zu machen.<br />

So hat KATSWE erreicht, dass sich<br />

traditionelle Führer im Distrikt Mbire<br />

gegen Kinderehen aussprechen und<br />

dafür gesorgt haben, dass diese Praxis<br />

aufhörte.<br />

Auf nationaler Ebene hat KATSWE einen<br />

juristischen Sieg vor dem Verfassungsgericht<br />

errungen: Die willkürliche<br />

Verhaftung von Frauen und<br />

Mädchen durch die Polizei wurde<br />

verboten. Zuvor war es gängige Praxis<br />

gewesen, dass Frauen verhaftet wurden,<br />

wenn sie nachts in der Stadt unterwegs<br />

waren.<br />

Dies sind zwei von vielen Beispielen,<br />

die uns immer wieder zeigen: Unsere<br />

Art der Entwicklungszusammenarbeit<br />

gemeinsam mit Partner*innen vor Ort<br />

macht einen Unterschied im Leben<br />

zahlloser Jugendlicher.<br />

Sylvia Valentin, Entwicklungspolitische Kampagnen<br />

> www.terredeshommesschweiz.ch/wie-wir-arbeiten<br />

magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 <strong>2022</strong><br />

13


REZEPT<br />

Petersilien-Omelett<br />

«Das Rezept für dieses herzhafte Omelett hat mir meine Assistentin Hilal gezeigt. Sie<br />

wiederum hat es von ihrer türkischen Mutter gelernt. Dass in dem Omelett mehr Petersilie<br />

als Eier enthalten sind, muss genau so sein und macht seine besondere Kraft aus.»<br />

Zutaten<br />

1 Zwiebel, fein gewürfelt<br />

1 EL Olivenöl zum Braten<br />

3 Eier<br />

½ TL Kräutersalz<br />

¼ TL Chiliflocken<br />

50 g Parmesan, gerieben<br />

2 grosse Bund Petersilie (ca. 40 g)<br />

Tanja Grandits<br />

Zubereitung<br />

1. Die Zwiebelwürfel in etwas Öl in der Pfanne glasig dünsten und abkühlen lassen.<br />

2. Die Eier mit Salz, Chiliflocken und Parmesan in einer Schüssel verquirlen.<br />

3. Die Petersilie waschen und die groben Stiele entfernen. Grob schneiden und zusammen mit den Zwiebeln zu der<br />

Eiermischung geben.<br />

4. Olivenöl in einer beschichteten Pfanne erhitzen und das Omelett von beiden Seiten braten.<br />

*Tanja Grandits ist Botschafterin unseres Partnerprojekts EBLI für Teenage-Mütter in Tansania. Das Rezept stammt aus<br />

dem Kochbuch «Tanja vegetarisch».<br />

> www.terredeshommesschweiz.ch/teenage-muetter<br />

Für 60 Franken inklusive Spende:<br />

Das Vegi-Kochbuch von Tanja<br />

Grandits mit ihrer persönlichen<br />

Signatur bestellen und das<br />

Engagement der Spitzenköchin<br />

für EBLI* unterstützen:<br />

www.geschenkspende.ch<br />

Spenden Sie bereits mit einem Dauerauftrag?<br />

Dann bitten wir Sie, Ihren alten Zahlungsauftrag zu stornieren und mit den<br />

Informationen auf dem QR-Einzahlungsschein einen neuen Auftrag zu<br />

erfassen. Alte Daueraufträge können ab 1. Oktober <strong>2022</strong> nicht mehr korrekt<br />

ausgeführt werden.<br />

Weitere Informationen auf www.terredeshommesschweiz.ch<br />

Mit Ihrem Dauerauftrag helfen Sie mit,<br />

administrative Kosten zu reduzieren.<br />

Dadurch wird Ihre Spende noch wirksamer.<br />

Vielen Dank!<br />

Haben Sie Fragen?<br />

Gerne stehen wir Ihnen zur<br />

Verfügung: 061 338 91 38<br />

14 magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 <strong>2022</strong>


ERBSCHAFTSVERANSTALTUNG<br />

Veranstaltung<br />

6. April <strong>2022</strong>, 14.30 Uhr<br />

Hotel Odelya, Basel<br />

Geben Sie Ihre Werte an Ihre Liebsten weiter und schaffen Sie mehr Gerechtigkeit für kommende Generationen. Mit einem Testament<br />

wirken Sie über Ihren Tod hinaus. Foto iStock<br />

Neues Erbrecht – Testament noch aktuell?<br />

Mit dem neuen Erbrecht können Erblasser*innen<br />

über einen grösseren Teil<br />

ihres Nachlasses frei bestimmen. An<br />

unserer Veranstaltung in Basel erfahren<br />

Sie, was sich ändert. Und, wie Sie<br />

Testament, Vorsorgeauftrag und Patient*innen-Verfügung<br />

erstellen.<br />

Denken Sie auch manchmal, Sie sollten<br />

Ihre Angelegenheiten für die Nachkommen<br />

frühzeitig regeln? Und wissen Sie<br />

nicht, wie Sie diese Aufgabe angehen<br />

sollen? Mit diesen Herausforderungen<br />

sind Sie nicht allein. Viele Menschen<br />

wissen nicht, wie sie vorgehen sollen<br />

und welche Dokumente es braucht.<br />

Testamente, Vorsorgeaufträge und Patient*innen-Verfügungen<br />

regeln Ihren<br />

Nachlass. Sie helfen, Missverständnisse<br />

und Streitigkeiten unter Angehörigen<br />

zu vermeiden. Wenn Sie wissen,<br />

was nötig und möglich ist und was<br />

nicht, ist alles viel einfacher und Sie<br />

können Ihren ganz persönlichen Willen<br />

für den Krankheits- und Todesfall<br />

formulieren.<br />

listin Agnes Dormann, worauf es bei<br />

der Begünstigung des überlebenden<br />

Ehegatten beziehungsweise der Ehegattin<br />

oder beim Verfassen eines Testaments<br />

ankommt. Auch die wichtigen<br />

Themen Vorsorgeauftrag und Patient*-<br />

innen-Verfügung kommen zur Sprache.<br />

Unsere Referentin verfügt über langjährige<br />

Erfahrung in Fragen der Nachlassplanung<br />

und der Beratung von Erb*-<br />

innen. Sie beantwortet Ihre Fragen neutral<br />

und unverbindlich und macht Ihnen<br />

Mut zur eigenen Entscheidung.<br />

Fragen zum neuen Erbrecht?<br />

Anfang 2023 tritt in der Schweiz das<br />

neue Erbrecht in Kraft. Die Pflichtteile<br />

für Kinder werden kleiner. Erblasser*innen<br />

können neu über einen<br />

grösseren Anteil ihres Nachlasses frei<br />

bestimmen. Was sich genau ändert, erfahren<br />

Sie an unserer Veranstaltung,<br />

die DeinAdieu für uns organisiert.<br />

Susanne Buri, Verantwortliche Erbschaften<br />

«Erbfolge, Vorsorgeauftrag<br />

und Patient*innen-Verfügung<br />

geregelt – ein gutes Gefühl»<br />

Mittwoch, 6. April <strong>2022</strong><br />

14.30 - 17.00 Uhr<br />

Hotel Odelya, Missionsstrasse 21<br />

4055 Basel<br />

Dr. iur. Agnes Dormann,<br />

Kanzlei Battegay Dürr AG, Basel<br />

Programm<br />

14.30 Uhr Begrüssung, Vortrag<br />

15.45 Uhr Kaffeepause<br />

16.00 Uhr Fragen Teilnehmende<br />

17.00 Uhr Apéro<br />

Sie sind alle herzlich willkommen!<br />

Anmeldung<br />

bitte bis 17. März <strong>2022</strong>:<br />

mit QR-Code oder Link<br />

oder 061 338 91 38<br />

> www.terredeshommesschweiz.ch/veranstaltung<br />

Mit der Spezialistin für Erbrecht<br />

An unserer kostenlosen Veranstaltung<br />

in Basel zeigt ihnen die Erbrechtsspezia-<br />

Lieferbar<br />

ab Juni<br />

Neuen Testament-Ratgeber kostenlos bestellen<br />

www.terredeshommesschweiz.ch/testament oder 061 338 91 38<br />

magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 <strong>2022</strong><br />

15


Foto Hafid Derbal<br />

Foto: Mário Macilau, Fairpicture<br />

«Ich liebe die Arbeit mit Jugendlichen, die Aktivitäten<br />

zum Thema sexuelle und reproduktive Gesundheit<br />

auf die Beine stellen. Was wir tun, macht<br />

einen Unterschied, vor allem für Mädchen. Viele<br />

getrauen sich sonst nicht ins Gesundheitszentrum<br />

für Verhütungsmittel, eine Konsultation oder gar<br />

Medikamente zur Behandlung von sexuell übertragbaren<br />

Krankheiten. Jugendliche, die sich den<br />

Zugang zu Beratung und Gesundheitsdiensten<br />

verschaffen, ermutigen Gleichaltrige, dasselbe zu<br />

tun. Wir schaffen bei unseren Meetings mit Jugendgruppen<br />

Raum für den Austausch zu solchen<br />

Themen und auch zu schwierigen Dingen, zum<br />

Beispiel gesellschaftlich tolerierter Missbrauch.<br />

Wir hinterfragen schädliche soziale<br />

Normen. Mein Job als Jugendarbeiterin<br />

hat auch mein eigenes Selbstbewusstsein<br />

gestärkt. Ich bin<br />

offener und empathischer<br />

geworden.»<br />

Memory Moyo, 22, Simbabwe, Jugendarbeiterin beim Partnerprojekt<br />

KATSWE Sistahood. Siehe auch Seite13.<br />

Mehr zu unserem Arbeitsschwerpunkt für die sexuelle und<br />

reproduktive Gesundheit und Rechte von Jugendlichen:<br />

> www.terredeshommesschweiz.ch/gesundheit<br />

16 magazin terre des hommes schweiz Nr. 1 <strong>2022</strong>

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