Heft 2, Jahrgang 140 - Canisianum
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sind wir dir nichts wert.“ Nicht selten bin ich als<br />
gesellschaftlicher Aufputz, als Adabei gefragt,<br />
manchmal als Werbeträger. Andere Konfliktbereiche<br />
sind gegensätzliche Wertvorstellungen<br />
gegenüber politischen Parteien und<br />
gesellschaftlichen Interessensvertretungen z.<br />
B. im Hinblick auf den Lebensschutz, in<br />
Fragen der Caritas und der Gerechtigkeit.<br />
Nicht gering zu schätzen ist der Kontrast zwischen<br />
der Kirche und der Postmoderne:<br />
Freiheit und Verbindlichkeit, Individualisierung<br />
und Gemeinschaft. Ordnung und Spontaneität.<br />
Beinahe schon klassisch sind die<br />
Pole von Mann und Frau, von Hierarchie und<br />
Communio. Das ganze wird dadurch unübersichtlich,<br />
weil die vordergründigen Auseinandersetzungen<br />
von einem Hinterbühnenspiel<br />
begleitet sind. Eigentlich geht es um<br />
Verletzungen, Kränkungen, Machtkämpfe,<br />
Eros, Neid, Aggression und Gewalt. –<br />
Grenzen meiner Leitung sind theologisch<br />
bedingt durch Gnade und Freiheit. Glaube,<br />
eine lebendige Kirche, der Aufbau von<br />
Gemeinschaft sind nicht machbar und können<br />
auch nicht manipuliert werden. Das Wort von<br />
den „unnützen Knechten“ ist Alltagserfahrung.<br />
Letztlich steht jede Leitung in der Kirche in der<br />
Rolle Johannes des Täufers: er ist Vorläufer<br />
auf Jesus Christus hin und hat die Leute auch<br />
an Jesus abzugeben. Theologische Grenzen<br />
ergeben sich aus der Proexistenz des guten<br />
Hirten, der die Seinen einfach mag, sich auch<br />
mit ihnen identifiziert, und dem Glauben, der<br />
sich nicht dieser Welt anpasst (Röm 13).<br />
Leiten lotet das Feld zwischen Anerkennung<br />
und Kritik, zwischen Einfühlung und Widerstand<br />
aus. Andere Grenzen liegen in den<br />
Zeitressourcen, in der Müdigkeit nach langen<br />
Tagen, im inneren Schweinehund, der nicht<br />
mehr mag, in meinem Typ und Charakter, dem<br />
das Führen nicht in die Wiege gelegt wurde.<br />
40<br />
THEOLOGIE UND KIRCHE<br />
1 Pontifikale. Die Weihe des Bischofs, der<br />
Priester und der Diakone, hg. im Auftrag der<br />
Bischofskonferenzen Deutschlands, Österreichs<br />
und der Schweiz u.a. Trier 1994, 77.<br />
2 Jürgen Habermas spricht hier von der<br />
Kolonisierung der Lebenswelt durch systemische<br />
Intervention. Besondere Bedeutung<br />
kommt hier dem Recht zu, das - als kulturelle<br />
Institution - einerseits die Medien Macht und<br />
Geld lebensweltlich verankern kann, auf der<br />
anderen Seite - als systemisch verfasster<br />
Handlungszusammenhang - auf nicht-kommunikative<br />
Art in die Lebenswelt interveniert.<br />
(Jürgen Habermas, Theorie des kommunikativen<br />
Handeln Bd.2: Zur Kritik der funktionalistischen<br />
Vernunft, Frankfurt a. M. 1981, 522ff.)<br />
3 Vgl. dazu Gisbert Greshake, Erlöst in einer<br />
unerlösten Welt? Mainz 1987, bes. 124.<br />
4 Edward Schillebeeckx, Christus und die<br />
Christen. Die Geschichte einer neuen<br />
Lebenspraxis, Freiburg i. B. 1977, 820f.<br />
5 Vgl. dazu Gisbert Greshake, Erlöst in einer<br />
unerlösten Welt? 104; Karl-Heinz Menke,<br />
Stellvertretung. Schlüsselbegriff christlichen<br />
Lebens und theologische Grundkategorie,<br />
Einsiedeln - Freiburg 1991.<br />
6 Walter Kasper, Die Funktion des Priesters in<br />
der Kirche (1969), in: GuL 42 (1969) 102-116;<br />
ders.., Glaube und Geschichte, Mainz 1970,<br />
379.386.