Die Malteser Zeitung 1/2022
Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Orden und seine Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.
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RELIGIONAKTUELL<br />
WAS KARDINAL KÖNIG MIT DEM<br />
POLNISCHEN KARDINAL WYSZYŃSKI<br />
VERBAND<br />
<strong>Die</strong> kürzlich erfolgte Seligsprechung des polnischen Primas ist ein wunderbarer Anlass, an besondere Begegnungen der<br />
beiden Amtsbrüder zurückzudenken.<br />
Von Annemarie Fenzl<br />
schwierigen Jahren ausstrahlte“, wie König es Jahre<br />
später formulierte.<br />
Kardinal König und Kardinal Wyszyński<br />
In der Mittagszeit des 7. Mai 1957 erreichte Kardinal<br />
König die Nachricht, dass der ihm bis dato persönlich<br />
nicht bekannte polnische Kardinal Stefan Wyszyński soeben<br />
die tschechisch-österreichische Grenze überschritten<br />
hatte. Er befände sich im Schnellzug nach Wien, um<br />
weiter nach Rom zum Papst zu reisen. <strong>Die</strong> Nachricht verbreitete<br />
sich in Windeseile und es stand zu befürchten,<br />
dass der Primas bei seinem Eintreffen von zahlreichen<br />
Journalisten und Reportern belagert werden würde.<br />
Um dem hohen Gast einen solchen Wirbel zu ersparen,<br />
fuhr Kardinal König kurz entschlossen nach Gänserndorf.<br />
Dort stieg er in den Schnellzug, um den Kardinal<br />
einzuladen, die Weiterreise in seinem Auto fortzusetzen.<br />
Später meinte König in seinen Erinnerungen an das erste<br />
Gespräch mit Wyszyński: „Seine äußere Gelassenheit<br />
und innere Zurückhaltung erweckten in mir den Eindruck,<br />
dass er mit seinen Gedanken noch in Warschau<br />
und bei seiner verfolgten Kirche war.“ Doch schon bei<br />
dieser Begegnung sei deutlich gewesen, dass der Kardinal<br />
trotz aller persönlichen Bescheidenheit ein „Leuchtturm“<br />
war, „der immer Hoffnung und Zuversicht in den<br />
Historisches Konklave<br />
Beim historischen Konklave 1978 kam es zu einer weiteren<br />
denkwürdigen Begegnung zwischen König und<br />
Wyszyński. Kurz vor Konklavebeginn hatte König den<br />
Warschauer Kardinal in Rom gefragt, wer denn in seinen<br />
Augen ein Kandidat für die nächste Papstwahl sei. Darauf<br />
habe ihn Wyszyński erstaunt angesehen und gemeint,<br />
er sehe keinen einzigen Kandidaten, von dem man jetzt<br />
schon sagen könnte, er sei „papabile“. Als König entgegnete,<br />
dass Polen vielleicht einen Kandidaten für das kommende<br />
Konklave hätte, habe Wyszyński das auf sich bezogen<br />
und abgewunken. Wenn er nach Rom ginge, wäre<br />
das der größte Triumph für die Kommunisten, die ihn in<br />
Polen loswerden wollten. Als König dann vom Krakauer<br />
Kardinal Karol Wojtyła sprach, meinte Wyszyńksi, dass<br />
dieser doch keine Chancen habe und auch noch etwas<br />
jung sei.<br />
Es kam anders. In dem Moment, als Wojtyła die Wahl<br />
annahm, habe sich König zu Wyszyńksi umgedreht,<br />
der nicht weit von ihm entfernt saß. <strong>Die</strong>ser sei zutiefst<br />
betroffen und gerührt gewesen, als er hörte, dass sein<br />
Landsmann die Wahl annehme, berichtete König später.<br />
Wyszyński war dann einer der ersten Kardinäle, der aufstand<br />
und auf den neugewählten Johannes Paul II. zuging,<br />
um seinen Respekt, seine Freude und seine große<br />
Wertschätzung für ihn zum Ausdruck zu bringen.<br />
Über diesen Moment erinnerte sich König später in seiner<br />
Rede im Polnischen Kulturinstitut: „In dem Augen-<br />
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DIE MALTESER 1/<strong>2022</strong>