E<strong>IN</strong>E GRUNDSATZERKLÄRUNG AUS DER ARABISCHEN WELT DAS MANIFEST ZUM ARABISCHEN PFERD (TEIL (TEIL I) Zucht Das authentische arabische Pferd der Beduinen ist durch den <strong>Vol</strong>lblutaraber, wie ihn die WAHO definiert, in seiner Existenz bedroht. Das zumindest ist die Ansicht, die die Gründer des „Manifests zum <strong>Arabische</strong>n Pferd“ vertreten. Die Gründe hierzu erläutert Yassir Ghanim, einer der Gründer und aktiver Verfechter des „Manifests“. Obwohl sich diese Grundsatzerklärung an die arabische Welt richtet, stellen wir das Manifest hier vor, um ein tieferes Verständnis für das arabische Pferd als integraler Bestandteil der arabischen Kultur zu vermitteln. 6 © ARABISCHE PFERDE - <strong>IN</strong> <strong>THE</strong> <strong>FOCUS</strong> 1/202! Alle Fotos: Gudrun Waiditschka
Im vergangenen Jahr wurde eine neue internationale Initiative unter dem Namen „Das Manifest zum <strong>Arabische</strong>n Pferd“ („The Arabian Horse Manifesto“) ins Leben gerufen. Eine Gruppe von etwa 30 Gründungsmitgliedern aus der arabischen Welt sowie aus dem Westen hat ein Dokument formuliert, das ihre Haltung zum arabischen Pferd erklärt. Das Ergebnis wurde auf einer speziellen Website im Internet und in einem PDF veröffentlicht (siehe Kasten am Ende des Beitrags). Aber was ist das Besondere an dieser Arbeit? „Unsere Vision ist eine neue Ära des arabischen <strong>Pferde</strong>s, basierend auf der Anerkennung seiner ursprünglichen Qualitäten, dem Verständnis und dem Studium seiner Geschichte, der Achtung seiner kulturellen Werte in diesem Zusammenhang und der Nutzung moderner Wissenschaft bei der Gestaltung der Zukunft der Rasse." Das Manifest repräsentiert die gemeinsame Vision der Gründerväter und das, was ihrer Meinung nach die arabischen und beduinischen Werte rund um die arabische Rasse richtig darstellt, umrahmt von einem modernen Ansatz, der Kultur und Wissenschaft verbindet. Es versucht die kollektive Weisheit der Gemeinschaft und die vielen Erkenntnisse zu nutzen, die man aus mehr als einem Jahrhundert moderner Züchtung gezogen hat. Dieser Zeitraum umfasst ein halbes Jahrhundert offizieller Stutbuchführung sowie das Wirken internationaler Organisationen. Die Entwicklung des Textes dauerte ein ganzes Jahr und wurde unter den Gründern ausführlich diskutiert und auf verschiedenen Blogs, Social-Media-Kanälen und Kongressen öffentlich diskutiert. Die Initiative befasst sich mit den Herausforderungen der Globalisierung und der Kommerzialisierung des arabischen <strong>Pferde</strong>s. Sie würdigt dennoch seinen globalen Wert und seine interkulturelle Rolle. Die Initiative versucht jedoch, die negativen Auswirkungen zu benennen, die zu möglichen Veränderungen weg von der ursprünglichen Identität des arabischen <strong>Pferde</strong>s geführt haben. Eine wichtige Säule dieser Arbeit ist es, die Authentizität und ursprüngliche Identität der Rasse als ein kulturelles Erbe zu bewahren, das im Laufe der Geschichte durch die Traditionen der Araber- und Beduinenstämme Arabiens entstanden ist. WESTLICHE VORHERRSCHAFT Während des letzten Jahrhunderts hat die westliche Welt in fast allen Facetten des arabischen <strong>Pferde</strong>s die Initiative ergriffen. Registrierung, Wettbewerbe, schriftliche Abhandlungen und Forschung wurden hauptsächlich im Westen produziert und definiert und dann auf die arabische Welt ausgedehnt, die zu einem Anhänger dieser neuen und reimportierten Konzepte wurde. Diese Schwerpunktverlagerung von Ost nach West beinhaltete neben positiven Seiten und Folgen auch negative Auswirkungen und Herausforderungen. 1/<strong>2022</strong> - www.in-the-focus.com Ein kurzer Realitätscheck zeigt eine Reihe von Problemen, denen die Rasse gegenübersteht und die derzeit ernsthafte Risiken darstellen. Dazu gehören, unter anderem eine vage Rassedefinition [Anm. d. Red.: die WAHO-Definition], ein sinkendes Verhältnis von Asil-Arabern zu anderen Araber-Populationen, sinkende Registrierungszahlen, geschlossene Stutbücher, der Verlust von Funktionalität und athletischen Eigenschaften, morphologische Veränderungen, Extremzucht und nicht zuletzt eine reduzierte genetische Vielfalt und Vitalität. DIE DREI HAUPTKOMPONENTEN Das Manifest markiert Problemfelder und legt die Grundlagen für die Bewältigung dieser Herausforderungen. Es besteht aus drei Hauptbestandteilen: aus Werten, Prinzipien und aus der Definition. Der erste Abschnitt des Manifests stellt die WERTE dar, die durch die Vorstellungen der Gründungsmitglieder in Bezug auf diese Rasse geprägt wurden und von denen angenommen wird, dass sie die gemeinsamen Werte der gesamten Gemeinschaft widerspiegeln. Sie bilden die Grundlage für den Aufbau von Vereinbarungen und einer gemeinsamen Vision zwischen uns allen. Absteigend vom Allgemeinen zum Speziellen werden die fünf wichtigsten Eigenschaften angegeben: 1. Das arabische Pferd ist ein wertvolles kulturelles Erbe der Menschheit. 2. Das arabische Pferd ist eine der ältesten <strong>Pferde</strong>rassen der Geschichte. 3. Das arabische Pferd genießt einige einzigartige Qualitäten und Eigenschaften. 4. Die ursprüngliche Heimat des arabischen <strong>Pferde</strong>s liegt in den Steppen Arabiens. 5. Das arabische Pferd ist das Produkt der arabischen Beduinenkultur. Der nächste Hauptbestandteil sind die PR<strong>IN</strong>- ZIPIEN. Prinzipien sind praktikable Konzepte, die die Steuerung aller Bemühungen im Zusammenhang mit der Rasse - von der Registrierung bis zum Handel und von Wettbewerben bis zur Forschung - unterstützen. Zwölf Prinzipien werden artikuliert und in vier Kategorien eingeteilt: Identitätsprinzipien: Dazu gehören drei Grundsätze, die das <strong>Arabische</strong> Pferd mit seiner wahren Identität - die aus der arabischen Beduinenkultur stammt - in Verbindung bringen. Diese Grundsätze präsentieren die Konzepte von asil und atiq, die Schlüsselkonzepte im kulturellen Rahmen sind. Einer der drei Grundsätze ist die Kultur: „Jede Definition der arabischen Rasse muss den kulturellen Werten entsprechen, die ihr von ihren ursprünglichen Hütern, den arabischen Beduinenstämmen in Arabien, zugeschrieben wurden. Die Identität eines <strong>Pferde</strong>s als „<strong>Arabische</strong>s Pferd“ basiert auf seiner Authentizität und Reinheit, Begriffe, die beide in den arabischen Begriffen atiq (in früherer Zeit verwendet) und asil (in neuerer Zeit) enthalten sind." Wissensprinzipien: Drei zusätzliche Grundsätze, die die Basis für die Festlegung bilden, 7 ob ein Pferd ein „Araber“ ist, oder nicht. Information und Recherche sind hierzu die wesentlichen Mittel. Qualitätsprinzipien: Zwei Grundsätze, die die Herangehensweise und die hauptsächlichen Gesichtspunkte für die Definition der Rassemerkmale und die Erhaltung ihrer Vielfalt und Reichhaltigkeit festlegen. Erhaltungsprinzipien: Vier Grundsätze, die einen integralen Ansatz zum Erhalt dieser <strong>Pferde</strong> bieten. Dies wird durch die Anwendung moderner Wissenschaft und durch den Aufbau eines kompletten Systems für die gesicherte Identität der Rasse und ihrer Merkmale erreicht. Die dritte Komponente ist die DEF<strong>IN</strong>ITION (mit den entsprechenden Anmerkungen): Die Definition des arabischen <strong>Pferde</strong>s stellte in letzter Zeit eine Herausforderung dar, denn es gibt derzeit keine allgemein anerkannte Definition. Offizielle Definitionen durch bestehende Stutbuchorganisationen sind mehrdeutig und lassen keine eindeutigen Erhaltungsmaßnahmen zu. Einige weitverbreitete informelle Definitionen basieren nur auf dem Phänotyp. Es gab Versuche in verschiedenen Teilen der Welt, hauptsächlich im Westen, Definitionen festzulegen, die dem arabischen und beduinischen Konzept nahe kommen. Die bekanntesten Beispiele sind der Asil Club in Deutschland und Al Khamsa und die Pyramid Society in den USA. Diese Versuche waren teilweise erfolgreich, um das arabische Pferd in seiner ursprünglichen Form zu erhalten. Die <strong>Pferde</strong>, die den Definitionen dieser drei Organisationen entsprechen, die allgemein als „asil“ bezeichnet werden, stellen eine sehr kleine Minderheit dessen dar, was heute als Araber bezeichnet wird. ERHALTUNG IST ERFORDERLICH In den arabischen Ländern werden die "Asilen" aus Unwissenheit oder Gleichgültigkeit ständig mit nicht-asilen <strong>Pferde</strong>n verpaart. Einige arabische Länder haben ihre Asil-Population bereits verloren oder stehen kurz davor, sie für immer zu verlieren, wobei nur noch eine Handvoll Asil-Stuten übrig sind. In einigen großen arabischen Ländern erreicht der Anteil der Nicht-Asilen fast 60 %. Die Wissenschaft hat eine ernst zu nehmende Warnung ausgesprochen. Jüngste genetische Studien, die auf den bereits verfügbaren Kenntnissen über das Englische <strong>Vol</strong>lblut basieren, zeigten bis zu 62 % Englischen <strong>Vol</strong>lblutblutanteil bei einigen weitverbreiteten registrierten Arabern, insbesondere bei denen für den Rennsport (Flachrennen). In einer kürzlich von 19 Forschern unter der Leitung von Dr. Samantha Brooks von der Universität in Florida durchgeführten Studie kommt sie zu dem Schluss: „Wir können in der genetischen Signatur sehen, dass die Kreuzung mit Englischen <strong>Vol</strong>lblütern mehrmals stattfand, und bei einigen <strong>Pferde</strong>n geschah dies über mehrere Generationen hinweg.“ Das Phänomen, so sagt sie, zeigt sich bei vielen, vielen der registrierten sogenannten arabischen Zucht