277.TIROL - April 2022
Ausgabe 6, April 2022
Ausgabe 6, April 2022
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1
S'GEMEINDEBLATTL,
DIE AMTSTAFEL,
DER BÜRGERMEISTER UND
DER GEMEINDESEKRETÄR
Wie sich Kommunikation, Information und Bürger*innenservice
in den Gemeinden verändert haben
GEMEINDESTRATEGIE
MITEINANDER ENTWICKELN
AUSGABE 6 | APRIL 2022
VIA LIVESTREAM IN DER
ERSTEN REIHE SITZEN
Verlässlicher
2
Partner
3
für Tiroler Gemeinden
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Tratzbergsiedlung, Jenbach
Multifunktionsgebäude mit 10 Mietwohnungen, 8 Kindergartengruppen,
2 Kinderkrippengruppen, 2 Gewerbeeinheiten
Wohn und Pflegeheim Haus Maria, Natters
40 Pflegebetten, 8 Tagesbetreuungsplätze, 14 Einheiten
für betreubares Wohnen, 1 Arztpraxis
Haus der Generationen, Volders
Multifunktionsgebäude mit 13 betreubaren Mietwohnungen,
8 Kindergartengruppen, 4 Kinderkrippengruppen,
Vereinsräumlichkeiten
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6 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen
Sozialzentrum „Gepflegtes Wohnen“, Mayrhofen
80 Pflegebetten, Räumlichkeiten für Sozialsprengel
und Tagespflege, Zentralgarage für Gemeinde
Kindergarten St. Paulus, Innsbruck
3 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen
Fotos: NHT/2quadr.at, Oss, Pauli, Vandory, Renderwerk
Die GemNova bemüht sich um eine
gendersensible Sprache in all ihren
Texten. Dies umfasst die Ansprache
nicht nur des männlichen und weiblichen
Geschlechts, sondern auch
des dritten Geschlechts. Dies sind
Personen, die sich nicht in das binäre
Geschlechtssystem „männlich“ und
„weiblich“ einordnen lassen (wollen).
Betreubares Wohnen, Haiming
18 betreubare Mietwohnungen
Einsatzzentrum, Schönwies
Einsatzzentrum für die Feuerwehr und Bergrettung
Sozialzentrum „Ankematen“, Kematen
21 betreubare Mietwohnungen, Räumlichkeiten für Lebenshilfe,
Sozialsprengel und Physiotherapie, 1 Arztpraxis
NEUE HEIMAT TIROL: Erste Adresse für Tirols Gemeinden
Nicht nur wenn es um leistbaren Wohnraum für die Tirolerinnen und Tiroler geht, ist die NEUE HEIMAT TIROL
die erste Wahl für die Tiroler Gemeinden. Auch bei der Errichtung von kommunalen Einrichtungen ist sie ein
gefragter und verlässlicher Partner.
Regionalität und Umweltverträglichkeit
sind uns ein Anliegen.
NEUE HEIMAT TIROL Gemeinnützige WohnungsGmbH . Gumppstraße 47 . 6020 Innsbruck . neueheimat.tirol
INHALT
16
MODERNE
BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION
GEMEINDE-
STRATEGIEN
GEMEINSAM
ENTWICKELN
GemNova.inside
06 Mann, war das heuer
schon aufregend...
MODERNE
BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION
tirol.hat Recht
35 Unterstützung
im Vergaberecht
38 Whistleblower
40 Videoüberwachung
tirol.sucht Menschen
74 Der ganz normale Alltag
in der Gemeindeverwaltung
tirol.sportlich und gesund
Immer mehr Gemeinden setzen
bei der Entwicklung von Strategien,
aber auch bei Infrastrukturprojekten
auf die Kraft der Vielen.
08 S'Gemeindeblattl, die
Amtstafel, der Bürgermeister*
und der
Gemeindesekretär*
42 Was für ein Zustand!
tirol.ist schön
76 Die Projektpartner der
„Gesunden Gemeinde
Tirol“...
78 Geh’ weiter, geh’ immer
weiter
28
54
44 Neues Kinderzentrum in
St. Johann und die Drehscheibe
Lans
tirol.bunt und vielfältig
84 Drei Monde in
den Mokassins
14 Via Livestream in der
ersten Reihe sitzen
16 Gemeindestrategie
miteinander entwickeln
tirol.modern und innovativ
86 Atract fliegt jetzt
tirol.denkt weiter
18 Kommunale Aufgaben
effizient und (rechts)sicher
erledigen
20 Qualität macht erfolgreich
und zukunftsfit
52 Matty? Matty was?
54 Nachhaltiges Bauen
tirol.investiert
88 Back to
the green roots
tirol.modern und innovativ
NACHHALTIGES
BAUEN
tirol.Politik
22 Gemeindepolitik
Die Herausforderungen
sind breit gefächert
26 Die Kraft des Neuen
60 Blackout:
Vorsorge-Vorbild Bad Häring
62 Blackout: Trotz eigener
Photovoltaik-Anlage
ohne Strom?
64 Fördermöglichkeiten
richtig nutzen
90 Vorreiter in Sachen
Klimasschutz:
Virgen/Osttirol
tirol.bildet
tirol.Wissen
WIE DIE GEMEINDE
ZU IHREM „KNÖDEL“
KOMMT
Zukunftsfähiges Bauen, „enkeltaugliches“
Bauen, nachhaltiges Bauen – Begriffe, die sich
gerade häufen, im Trend sind, ein Gebäude
auf der Höhe der Zeit erscheinen lassen
wollen. Doch was bedeuten diese Begriffe
wirklich?
tirol.Wissen
tirol.kulturell
92 Chancengerechtigkeit
als Chance für Alle
28 Wie die Gemeinde zu
ihrem „Knödel“ kommt...
tirol.kooperiert
30 Frühjahrsputz in der Natur
32 Gemeinsam für alle
67 Zeit ist relativ
68 Acht lesenswerte Bücher
tirol.mobil
72 Digitales Parken per App
94 Kunterbunte Expertise
GemNova.Menschen
96 я зараз тут
78
tirol.sportlich und gesund
GEH’ WEITER,
GEH’ IMMER
WEITER
6 GemNova.inside
GemNova.inside 7
Mann, war
das heuer
sch0n
aufregend...
Spätestens seit den Stichwahlen sind nun
in allen Tiroler Gemeinden die Verhältnisse
geklärt. Die Wählerin und der Wähler haben
gesprochen. Selbst in Matrei am Brenner, der
jüngsten Gemeinde Tirols, wurde gewählt und
entschieden, wer die Gemeinde die nächsten
sechs Jahre führen soll. Allen gewählten Mandatar*innen
und Bürgermeister*innen wünschen
wir alles Gute!
Nun gut, die Sache mit Matrei am Brenner
hat für uns ja dazu geführt, dass
wir unser Magazin von 279.TIROL in
277.TIROL umbenennen mussten. Wir
hoffen, dass es in den nächsten Jahren
ruhig bleibt, sonst müssen wir uns hier
überhaupt was Neues überlegen.
Nichts Neues aber trotzdem interessant:
Abraham Lincoln, der 16. Präsident der Vereinigten
Staaten, hat mal gesagt: „Der Stimmzettel
ist stärker als die Kugel.“ Trotz teilweiser
martialischer Rhetorik gilt es jetzt, die
Waffen zu begraben und konstruktiv zusammenzuarbeiten.
Zum Wohle der Bürger*innen
der Gemeinde. Für das konstruktive Miteinander
bieten wir übrigens Workshops in unterschiedlichen
Formaten an.
Was bei diesen Wahlen klar erkennbar war:
Die Kommunikation hat sich seit den letzten
Wahlen stark verändert und ist mit den
Wahlen 2016 und 2010 überhaupt nicht mehr
vergleichbar. Kommunikation ist heute vielfältiger,
komplexer und damit wesentlich herausfordernder
geworden. Von Videos, Hybridveranstaltungen,
Social-Media-Beiträgen bis hin
zum Podcast haben die Wahlkämpfer*innen
in diesem Jahr kommunikativ alles gegeben.
Diese Vielfalt an Kommunikation sollte aber
nach den Wahlen nicht stoppen. Die Bürger*innen
sind heute viel anspruchsvoller
als früher, was Kommunikation, Information,
Beteiligung anlangt. Somit wird sie für jede
Gemeinde ein zentrales Thema bleiben, sollte
nicht dem Zufall überlassen werden und
muss daher strategisch geplant werden.
„Moderne Bürger*innen-Kommunikation“
heißt das bei GemNova. Und wir wissen aus
Erfahrung, wie schwierig und aufwendig es
ist, mit all den Kommunikationsmöglichkeiten
erfolgreich am Zahn der Zeit zu bleiben.
Darüber lesen Sie in diesem Magazin mehr.
Das kann und wird auch den Unterschied
in der Zukunft ausmachen. Den Unterschied
zum Beispiel zwischen einem guten
und einem schlechten Projekt. Den Unterschied,
ob sich Bürger*innen wohlfühlen oder
nicht. Den Unterschied, ob sich Bürger*innen
beschweren oder nicht. Aber auch den
Unterschied, wie viel Zeit die Verwaltung in
Kommunikation investieren muss oder nicht.
Ja, das hängt manchmal nur an der Art und
Weise der Kommunikation!
P.S.: Natürlich birgt das obige Zitat von Lincoln
durchaus eine gewisse Ironie in sich: Er
wurde nämlich am 15. April 1865 nicht durch
den Stimmzettel abgewählt, sondern durch
eine Kugel ermordet. Aber das gehört in
unseren Gefilden wohl der Vergangenheit an.
Alois Rathgeb
Niki Kraak
8
MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION 9
s'Gemeindeblattl,
die Amtstafel,
der Bürgermeister * und
der Gemeindesekretär *
…oder wie sich Kommunikation,
Information und Bürger*innenservice
in den Gemeinden in
den letzten 30 Jahren verändert
haben.
ZUM AUTOR
ALOIS RATHGEB
Alois Rathgeb ist Gründer und
Geschäftsführer der GemNova.
Im Titel habe ich bewusst geschrieben:
der Bürgermeister*. Vor 30 Jahren hat
es tatsächlich noch keine Bürgermeisterin
in Tirol gegeben. Erst 1994 wurde in
Lienz Helga Machne zur ersten Bürgermeisterin
Tirols gewählt. Zu dieser Zeit
sagte man zum Amtsleiter/zur Amtsleiterin
noch Gemeindesekretär*. Damit
wusste jeder, wer gemeint war. Sogar
in Ranggen, wo die Lisi nachweislich
kein Mann war, war sie doch die Mutter
eines meiner besten Kollegen.
S´Gemeindeblattl, die Amtstafel, der Bürgermeister
und der Gemeindesekretär
waren zu der Zeit wirklich DIE Informationsquellen
der Gemeinde. Wann der Müll
abgeholt wird, stand in der Gemeindezeitung
(eigentlich wusste man das eh).
Wann Sitzung war, erfuhr man offiziell von
der Amtstafel (inoffiziell wusste man es
ja schon aus dem Gasthaus). Wenn man
einen Meldezettel benötigte, ging man
zum Gemeindesekretär und wenn man
ein Anliegen hatte zum Bürgermeister
(oder ins Gasthaus). Alles Sonstige – wer
mit wem im Gemeinderat grad streitet,
wieso der Stall keine Baugenehmigung
bekommen hat (manchmal hat einfach
der Falsche angesucht) und vieles mehr
– wusste man einfach.
Kein E-Government, keine GemeindeApp,
kein Facebook oder gar Video. Keine Servicekarte
und kein offizielles Beschwerdemanagement.
All das ist noch sehr jung und wird vom
Bürger und der Bürgerin erwartet oder
sogar gefordert. Und wie sieht die aktuelle
Entwicklung aus? Eigene App für jedes
und alles, Karte hier und dort, von der Saisonkarte
fürs Schwimmbad bis zur Gutscheinkarte
der regionalen Wirtschaft,
Anwendung diese und jene, vom Bund,
vom Land, von den Gemeinden. Infos über
alle Social-Media-Kanäle, Gemeindezeitung,
Newsletter und mehr. Die vielen
Wünsche und die zahlreichen Möglichkeiten
haben vielfach zu einem Wildwuchs
geführt. Und selbstverständlich gibt und
gab es viele Lieferant*innen von digitalen
Services, die kurzfristig gute Geschäfte
machen bzw. gemacht haben.
Aus der Wirtschaftstheorie kennt man die
Aussage „Angebot schafft Nachfrage“. Das
mag vielfach stimmen, in dem Fall aber
ganz und gar nicht. Vor allem, wenn das
Angebot nicht strukturiert, nicht in sich
greifend und unzusammenhängend ist.
Aber wie schafft man es nun das Ganze
zu entwirren und eine „Moderne Bürger*innen-Kommunikation“
aufzubauen?
Wir haben darüber bereits in anderen
Ausgaben unseres Magazins geschrieben
und verweisen möchten wir hier vor
allem auch auf den „Masterplan Digitalisierung“,
den wir im Auftrag des Landes
Tirol und des Tiroler Gemeindeverbandes
entwickeln durften und welcher in Kürze
veröffentlicht wird.
10 TIROL.DIGITALISIERT MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION
MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION
TIROL.DIGITALISIERT 11
Bürger*innen müssen
d0rt erreicht werden,
w0 sie sich am liebsten
(0nline) bewegen.
Beginnen möchte ich mit Grundlagen
einer "Modernen Bürger*innen-Kommunikation“.
Moderne Bürger*innen-Kommunikation
muss immer bidirektional
möglich sein. Der/die Bürger*in muss die
Möglichkeit haben, mit der Gemeinde zu
interagieren. Sei es durch einfache Likes
oder über innovative Chat Bots.
Bürger*innen müssen dort erreicht werden,
wo sie sich am liebsten (online) bewegen.
Gerade das ist heute sehr herausfordernd,
weil es so viele Möglichkeiten gibt.
Der eine nutzt Social Media, die andere
Mail und die Dritte diverse Videokanäle.
Wenige wollen sich aktiv irgendwo Infos
holen. Sie wollen sie dort bekommen, wo
sie sich bewegen. „Headless CMS“ ist
hierbei ein Schlagwort, von dem wir noch
viel hören werden.
Ein wesentlicher Baustein moderner Bürger*innen-Kommunikation
sind saubere
Daten in der Gemeinde. E-Government
oder auch sonstige Serviceleistungen der
Gemeinde funktionieren nur, wenn das
Gegenüber klar identifizierbar ist.
Die Begrifflichkeit des One-Stop-Shop
spielt in dem Zusammenhang eine
wesentliche Rolle. Eine Plattform, eine
Identifikation, alle Leistungen. Das heißt,
man muss Systeme entwickeln, die alle
E-Government-Leistungen, alle sonstigen
Serviceleistungen einer Gemeinde und
alle kommunikativen Leistungen bündeln
und der Bürgerin und dem Bürger zur fügung
Verstellen.
Informationen zu den Bürger*innen werden
dabei nur einmal erfasst und über
verschiedene Kanäle ausgespielt. Sei es
die Gemeinde-Service-Plattform, Social-
Media-Kanäle, die Website, der Newsletter,
die Gemeindezeitung oder das GemeindeTV.
Das heißt, keine mehrfache Datenpflege,
sondern einmal erfassen und multimedial
ausspielen.
Ein physisches Medium – die Bürger*innen-Servicekarte
oder künftig auch
Uhr oder Handy – setzt Leistungen der
Gemeinde reell um. Dieses öffnet den
Schranken beim Müll genauso wie das
Drehkreuz im Schwimmbad oder den
Zugang zum Vereinslokal. Zudem soll
dieses Medium auch mit einer integrierten
Bezahlmöglichkeit ausgestattet sein,
wodurch es zugleich zum Zahlungsmittel
wird. Damit können dem Bürger und der
Bürgerin Guthaben bzw. Gutscheine auf die
jeweiligen Bürger*innenkonten gutgebucht
werden, welche in den Akzeptanzstellen
in der Gemeinde einlösbar sind. Die Bürger*innen
können damit im Ort einkaufen
oder essen gehen, wodurch die regionale
inf0b0x
Grundlagen moderner
Bürger * innen-Kommunikation:
Bidirektional
Zielgenau und individuell
Eindeutig
Daten einmalig erfassen
multimedial ausspielen
One-stop-Shop
Multifunktionsmedium
Bezahlmöglichkeit
Überregional anwendbar
Wertschöpfung gestärkt wird. Last but not
least sollte es ein System sein, welches
überregional anwendbar ist und damit
Kooperationen ermöglicht. Der Bürger und
die Bürgerin sollten, egal wo sie und er
wohnen, die gleiche Plattform nutzen und
das gleiche Medium nutzen können.
Daraus lässt sich eine Vision formulieren,
die in etwa so lauten könnte:
Die Gemeinde erreicht die Bürger*innen
dort, wo sie sich jeweils am wohlsten
fühlen. Sie bietet alle Services und Informationen
gebündelt über eine Gemeinde-Service-Plattform
an und tritt mit der
Bürgerin und dem Bürger in einen Austausch.
Er/sie kann nach dem One-Stop-
Shop-Prinzip mit einer einmaligen Identifikation
diese Leistungen finden und
abrufen. Ein Medium mit Bezahlfunktion
öffnet die physische Welt aller Gemeindeservices.
Alle Services sind überregional
vernetzbar und schaffen so für die Bürgerin
und den Bürger eine Welt, welche
ortsunabhängig erlebbar wird.
Diese Vision stellt für die Gemeinde aber
auch die Bürger*innen eine riesige Winwin-Situation
dar. Die Gemeindeverwaltung
wird stark entlastet, weil zum Beispiel
über die Bürger*innen-Servicekarte
Müllsäcke beim Automaten 24/7 ausgegeben
werden, und die Bürger*innen finden
sich in der Vielfalt der kommunalen
Dienstleistungen zurecht.
Sämtliche Gemeindeservices können
wie in einem Baukastensystem Schritt
für Schritt digital zur Verfügung gestellt
und zugänglich gemacht werden. Dabei
wäre natürlich ein tirolweiter, gemeinsamer
Auf- und Ausbau wesentlich günstiger
als kommunale Einzellösungen. Viele Dinge
sind skalierbar und man muss sie nur
einmal entwickeln. Gemeinden können an
dieses System andocken und modulartig
ihre Serviceleistungen einbinden.
Klingt gut,
ist gut! Aber wie
kÖnnte das in der
Praxis aussehen?
12
MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION
MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION
13
aus sicht
der gemeinde
Die Gemeinde Immergut i.T. bietet jetzt
schon viele Services für die Bürger*innen
an. Neben einer Müllkarte gibt es die Saisonkarte
für das Schwimmbad und Bürger*innen
erhalten bei Kauf eines Öffi-
Jahrestickets einen 70 Euro Gutschein.
Kommuniziert wird über eine App, die
Website und das Immergut-Blattl. Natürlich
postet die moderne Gemeinde auch
immer wieder was auf Facebook. Nun
möchte die Gemeinde künftig noch einen
Müllsackautomaten aufstellen, älteren
Menschen einen vergünstigten Taxitarif
zur Verfügung stellen, den Besuch im
örtlichen Museum ermöglichen und ein
Buchungssystem inkl. digitalem Schließsystem
für Co-Working-Spaces anbieten.
Auch eine E-Bike-Sharing-Station aufzubauen
wäre cool und diese mit dem Carsharing
zu verbinden. Gemeinsam mit der
heimischen Wirtschaft sollte zudem ein
Gutscheinsystem installiert werden.
Im schlimmsten Fall hätte die Gemeinde
mehr als 10 Apps und eine große
Anzahl an unterschiedlichen Karten,
wenn sie das alles machen würde.
Hier kommt die oben beschriebene Vision
der Gemeinde-Service-Plattform ins
Spiel. Dort kann die Gemeinde andocken.
Der sichere Login ist integriert und die
Gemeinde Immergut kann modulartig ihre
Serviceleistungen digital zur Verfügung
stellen, vom digitalen Gutscheinsystem
über den Zutritt zum Recyclinghof inkl.
automatisierter Verrechnung bis hin zur
Buchungsplattform. In einer modernen
Kommunalsoftware laufen viele dieser
Prozesse vollautomatisch durch, d.h. die
Gemeinde hat nach einmaliger Einrichtung
damit sehr wenig Arbeit. Die wichtigsten
Fragen und Antworten werden über Chat
Bots abgewickelt und den Bürger*innen
werden über ihren Lieblingskanal die neuesten
Infos der Gemeinde zugestellt.
Aus Sicht der Bürgerin und des Bürgers
Georg und Lisi mit ihren drei Kindern, bisher
wohnhaft in einem Nachbarbundesland,
ziehen nach Immergut i. T. Sie melden
sich in der Gemeinde an – vermutlich
schon online – und erhalten wenige Tage
später ihr Willkommens-Paket mit einer
persönlichen Grußkarte der Bürgermeisterin.
Dort finden sie ihre Bürger*innen-Karten.
Alles natürlich datenschutzrechtlich
vollkommen konform. Eh klar.
Sie gehen auf die Gemeinde-Service-
Plattform und suchen ihre neue Gemeinde
Immergut i.T. Dort sehen sie dann alle
Leistungen, welche die Gemeinde anbietet,
also all jene, die wir oben beschrieben
haben. Dort finden sie aber auch das
GemeindeTV und alle sonstigen Medien
einer Gemeinde. So könnte die Welt der
„Modernen Bürger*innen-Kommunikation“
aussehen. Und so weit sind wir davon
nicht entfernt. Was wir dazu benötigen?
Einen Schulterschluss der Tiroler den und ein Bekenntnis zu Bürgernähe,
Gemein-
überregionaler Herangehensweise und
damit niedrigeren Kosten. Das Gute daran?
Wir als GemNova bauen bereits mit
einigen Gemeinden an dieser Welt und
haben einige Module bereits fertiggestellt
und für andere nutzbar gemacht.
LEITARTIKEL
gemeinde
immergut
ZUTRITT RECYCLINGHOF
E-CAR-SHARING
GEMEINDE TV
E-GOVERNMENT
glauben
sie, das
gelingt?
gemeinde
bergluft
Haben Sie noch Bedenken oder Fragen?
Wir kommen gerne in Ihre Gemeinde
oder Ihren Gemeinderat. Dort stellen
wir Ihnen den „Masterplan Digitalisierung“
vor und erarbeiten mit Ihnen
gemeinsam Umsetzungswege für Ihre
Gemeinde. Wenden Sie sich an Ihre
Gemeindebetreuerin / Ihren Gemeindebetreuer
oder auch direkt an mich:
Alois Rathgeb, Geschäftsführer
a.rathgeb@gemnova.at
Tel. 0699 15 74 29 00
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14 MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION
15
VIA LIVESTREAM IN
DER ERSTEN REIHE SITZEN
Die erlebnis.film, ein Tochterunternehmen der GemNova, hat mit seinen Videoproduktionen
einen speziellen Fokus auf die kommunalen Bedürfnisse gelegt. Die Tiroler
Gemeinden werden seit einigen Monaten erfolgreich bei vielen Aufgaben in den Bereichen
Kommunikation und Außendarstellung unterstützt. Ein Flaggschiff-Produkt ist
dabei die Durchführung von komplexen Streaming-Lösungen.
Gemeint sind damit Live-Übertragungen
von Events via Internet. Das heißt,
die gesamte Bevölkerung kann eingebunden
werden, nicht nur das anwesende
Publikum. Um bei Sitzungen
oder Gemeindeversammlungen weder
auf räumlich abwesende Gemeinderät*innen
noch auf die interessierte
Öffentlichkeit verzichten zu müssen,
bietet erlebnis.film rasch umsetzbare,
günstige und unkomplizierte Streaming-Lösungen
in höchster Qualität.
Auch Wahldiskussionen, Diskussionen
im Rahmen von Bürgerbeteiligungsverfahren
und ähnliche Veranstaltungen
lassen sich problemlos mit dieser
umfangreichen Technik durchführen.
Boom bei Hybridveranstaltungen
Hybridveranstaltungen sind derzeit in
aller Munde. Das ist natürlich auch der
Covid19-Situation geschuldet, die sich
als Treiber für derartige moderne Lösungen
erweist. Diesen gehört zweifellos die
Zukunft. „Hochqualitative Livestreams, die
allen rechtlichen Voraussetzungen entsprechen,
sind ein sehr wichtiger Beitrag
für die Zukunft der kommunalen Kommunikation“,
schildert Bernhard Garber. Der
Produktionsverantwortliche bei erlebnis.
film war lange Jahre in gleicher Funktion
beim ORF für Westösterreich und Italien
VON MANFRED SCHIECHTL
zuständig. Nun stellt er seine umfangreiche
Expertise den Tiroler Gemeinden
zur Verfügung:
„Ein wichtiger Punkt
in Sachen Kommunikation auf
Gemeindeebene
wird sein, mit den neuen
technischen Möglichkeiten die
Bürgerinnen und Bürger immer
stärker in das Gemeindegeschehen
einzubinden.“
DEM
EINSATZ
DER AUS-
G EFEILTEN
STREAMING-
LÖSUNG
SETZT
NUR DIE
FANTASIE
GRENZEN.
Datenschutzkonforme
und rechtssichere Übertragungen
Die Streaming-Lösung von erlebnis.
film war zuletzt bei zwei kommunalen
Großereignissen erfolgreich im Einsatz.
Dabei kamen unterschiedliche Module
des umfangreichen Produkts zum Einsatz,
das auf einem modularen Baukastenprinzip
aufgebaut ist. Die Lösung wird
nämlich individuell auf die Bedürfnisse
eines Events zugeschnitten. In Hall in Tirol
begleitete die Mannschaft von erlebnis.
film die Gründungssitzung des Leader-
Vereins Innsbruck-Land. Dabei erfolgte
eine bidirektionale Einbindung für Stimmberechtigte
mit Zutrittscode für Abstimmungen.
Insgesamt 90 Stimmberechtigte,
darunter 56 Bürgermeister*innen, die
zum Großteil wegen der Covid19-Situation
nicht physisch zum Event im Veranstaltungssaal
des Kurhauses Hall in
Tirol anreisten konnten, nutzten diese
Möglichkeit. „Selbstverständlich datenschutzkonform,
um eine rechtlich haltbare
Abstimmung zu garantieren“, so
Garber. Anwesende Bürgermeister*innen
stimmten indes vor Ort ab. Parallel
dazu wurde in einem weiteren Stream die
gesamte Veranstaltung via Internet live
übertragen. Der Bezirkshauptmann von
Innsbruck-Land, Michael Kirchmair, war
mit der Durchführung dieser Hybridveranstaltung
(also vor Ort und via Internet)
sehr zufrieden: „Trotz großer Komplexität
hat technisch alles einwandfrei funktioniert.
Auch die Abstimmung hat perfekt
geklappt.“ Der Event wurde als Mehrkamera-Livestream
(vier Kameras) umgesetzt,
um auch für abwechslungsreiche
Bilder bei der Liveübertragung zu sorgen.
In der Marktgemeinde Zirl wurde für eine
von Denise Neher moderierte Diskussion
aller Listen-Spitzenkandidat*innen für die
Gemeinderatswahlen sogar ein Mehrkamera-Livestream
im Veranstaltungszentrum
B4 durchgeführt. Wesentliche
Punkte bei dieser Umsetzung waren eine
gewünschte umfangreiche grafische Aufbereitung
des Events.
Auch eine eingeblendete
Redezeitbegrenzung
von drei Minuten für die
Diskutant*innen wurde
umgesetzt. Ebenfalls
übernommen hat erlebnis.film
die planerische
Vorbereitung aufgrund
der aktuellen Pandemiesituation.
Inkludiert
war etwa die Erstellung
des Covid19-Präventionskonzepts,
die
Stellung des Covid19-
Beauftragten sowie die
Durchführung der Eingangskontrollen.
Spektakulär
war die Einbindung des amtierenden
Bürgermeisters Thomas Öfner via
Internet in einem „Stream im Stream“,
da dieser zu diesem Zeitpunkt unter Quarantäne
stand:
„Trotz der besonderen
Situation fühlte ich mich aus
dem Homeoffice bestens in
die Live-Diskussion im
Veranstaltungszentrum
B4 eingebunden.“
„Trotz meiner Nicht-Präsenz ist aus meiner
Sicht alles gut abgelaufen.“ Dem
schlossen sich auch alle anderen Protagonist*innen
an. Sie bedankten sich
nach dem Event für die ausgezeichnete
Umsetzung. Auch von Zuseher*innen der
Liveübertragung kam ein gutes Feedback.
Livestreams mit dem gewissen „Extra“
Dem Einsatz der ausgefeilten Streaming-
Lösung setzt nur die Fantasie Grenzen.
Aktuell eingesetzt wird das Produkt von
erlebnis.film beispielsweise auch bei
vielen Sport-Liveübertragungen in Tirol.
Die Vielseitigkeit hat ihren Grund in der
umfangreichen Funktionalität. Möglich
sind beispielsweise auch die Einbindung
einer Chatfunktion, sämtliche Zuschaltungen
wie Grafiken, Abstimmungsergebnisse,
Redezeitanzeigen, Einspieler, Zeitlupe,
Live-Chats und Videokonferenzen, beispielsweise
über Microsoft Teams. Auch
Barrierefreiheit ist ein großes Thema. Ein
Gebärdendolmetscher kann im Bild mitverarbeitet
werden. Eine zusätzliche Visualisierung
zum Livestream auf Großbildleinwänden,
sogar auf unterschiedlichen
Monitoren in einem ganzen Haus, sind
umsetzbar. Außerdem können Livestreams
auf Wunsch mit der Live-U-Technologie
auch Medienanstalten zugänglich
gemacht werden. Und alle, die weder vor
Ort noch via Livestream bei einem Event
dabei sein konnten, haben die Möglichkeit,
dies später über eine Mediathek nachzuholen.
16
MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION
MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION
17
Gemeindestrategie
miteinander
entwickeln
Immer mehr Gemeinden setzen bei der Entwicklung von Strategien, aber
auch bei Infrastrukturprojekten auf die Kraft der Vielen. Dabei geht es
nicht darum jeden Wunsch zu erfüllen, sondern im strukturierten Rahmen
Ideen, Lösungen und langfristige Ziele zu erarbeiten, die eine kleinere Gruppe
von Menschen vielleicht in dieser Vielfalt nicht hervorgebracht hätte.
Warum soll beispielsweise die Gemeindestrategie
nicht auch unter Beteiligung
der Bürger*innen erarbeitet werden?
Oftmals werden die vielen Expert*innen
(von Web, über Handwerk, bis hin zu Fachleuten
in exotischen Aufgabengebieten…)
vergessen, die im eigenen Ort wohnen
oder arbeiten und mit ihrem Fachwissen
maßgeblich für das Gelingen einer Strategiefindung
und der daraus resultierenden
Maßnahmen beitragen könnten. Die
immer höheren Anforderungen an die
Gemeinden können durch eine bessere
Zusammenarbeit mit den Gemeindebürger*innen
effizienter gelöst werden.
Je größer der Konsens unter den relevanten
Dialoggruppen, desto besser werden
strategische Ziele, Zukunftsvisionen, Neubauprojekte,
Umgestaltungen usw. von
der Gemeinschaft mitgetragen. Denn
Gemeinde sind alle, die in der Gemeinde
wohnen, arbeiten oder einen Großteil
ihrer Zeit dort verbringen. „Das Vertrauen
in die Politik, die Nachvollziehbarkeit von
Entscheidungen auf Gemeindeebene, das
Mitwirken im Heimatort und somit der
Zusammenhalt werden auf wohl eine der
schönsten Arten gestärkt – im Miteinander“,
erklärt Klaus Kandler, Bereichsverantwortlicher
der GemNova Gemeindeund
Verwaltungsentwicklung.
Voraussetzungen für einen erfolgreichen
Prozess sind ein sehr gut strukturierter
Prozessablauf und der individuelle
Zuschnitt auf die jeweilige Gemeinde,
ihre Stärken, Herausforderungen und ihr
Umfeld. Neben einem maßgeschneiderten
Konzept kann die Bevölkerung durch eine
zielgerichtete Kommunikationsstrategie
mobilisiert werden. Der Prozess muss
ZUR AUTORIN
MAG. (FH)
MARTINA RIZZO
Martina Rizzo hat bereits etliche Tiroler
Gemeinden als Prozessbegleiterin in
unterschiedlichsten Prozessen begleitet.
Ihr Expertinnenwissen auch in den Bereichen
Öffentlichkeitsarbeit und Kinderbildung/
-betreuung machen sie zu einer
Hauptansprechpartnerin in Fragen der
Beteiligung.
Kontakt: m.rizzo@gemnova.at
Viele Gemeindeverantwortliche
sind
überrascht, welch
effiziente und wohlüberlegte
Ideen
bereits Kinder im
Volksschulalter hervorbringen.
in der Folge professionell begleitet und
die Ergebnisse umfänglich dokumentiert
werden. Auch externe Expert*innen können
bei Bedarf hinzugezogen werden,
um einen neutralen Blick auf fachlich
anspruchsvolle Themen zu werfen.
„Äußerst spannend und gewinnbringend
ist auch die Beteiligung von Kindern und
Jugendlichen. Viele Gemeindeverantwortliche
sind überrascht, welch effiziente und
wohlüberlegte Ideen bereits Kinder im
Volksschulalter hervorbringen“, berichtet
Martina Rizzo aus dem Team der GemNova
Gemeinde- und Verwaltungsentwicklung
von ihren Erfahrungen. So sollte es bereits
Usus sein, Schüler*innen beim Umbau/
Neubau einer Schule zu befragen, genauso
wie auch Kindergartenkinder dazu befragt
werden können, was sie möchten und was
nicht. Aber erst das Zusammenspiel von
allen Menschen, die sich in den Gebäuden
aufhalten, darin arbeiten oder dieses in
Stand halten, schafft ein rundes Bild. Diese
umfassende Sichtweise bietet Möglichkeiten
der Optimierung und lässt im Endergebnis
einen Ort entstehen, in dem sich
alle wohlfühlen.
Mit einer gemeinsamen Strategie entwickelt
sich die gesamte Gemeinde zu
einem Ort des Miteinanders, der vom
gegenseitigen Respekt, dem gegenseitigen
Verständnis und einer erhöhten
Akzeptanz geprägt ist. Dabei sind Konflikte
ganz normal. Sie können durch gutes
Hinhören, Annehmen sowie eine respektvolle
Moderation aufgenommen und in
eine befruchtende Diskussion aus verschiedenen
Blickwinkeln geleitet werden.
Es lohnt sich, sich neben den klassischen
Prozessen wie Strategieentwicklung,
Gemeindeklausuren und Infrastrukturprojekten
auch bei ungewöhnlicheren
Themen oder Projekten begleiten zu lassen
und sich den extra Mehrwert über die
Beteiligung von Bürger*innen und anderen
Stakeholdern zu holen.
Infobox
Das bringt eine professionelle
Prozessbegleitung einer
Gemeinde kurz zusammengefasst:
• Verbesserung der Zusammenarbeit
durch Einbeziehung aller
relevanten Dialogpartner*innen
und damit breiter Konsens
• Verbesserung der Kommunikation
durch zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit
• Sicherstellung der Erreichung
der gesteckten Ziele
• Entlastung der Gemeindebediensteten
Und das bekommen Sie von uns:
• Auf die Gemeinde maßgeschneidertes
Gesamtkonzept
• Prozess- und Ergebnisdokumentation
• Zielgerichtete Kommunikationsstrategie
• Professionelle Begleitung und
Erarbeitung der Ergebnisse
• Externer Expert*innenblick auf
das Projekt und dessen Ziele
Und das Beste kommt zum
Schluss. Sofern der Prozess gewisse
Voraussetzungen erfüllt (Förderrichtlinien
zur Lokalen Agenda 21),
werden bis zu 75 % der anrechenbaren
Kosten gefördert und auch
Umsetzungsmaßnahmen können
mit bis zu 50 % gefördert werden.
Auch hier unterstützen wir gerne.
18 MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION
MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION
19
KOMMUNALE AUFGABEN
EFFIZIENT UND
(RECHTS)SICHER ERLEDIGEN
ZUM AUTOR
MANFRED SCHIECHTL
25 Jahre Medienerfahrung in verschiedensten
Bereichen bei der
Tiroler Tageszeitung und dem
Kurier sind die Basis für seine
umfangreiche Expertise in allen
Kommunikationsbelangen.
Kontakt: m.schiechtl@gemnova.at
Tirols Gemeindeverwaltungen müssen Tag für Tag immer umfangreichere
Aufgaben stemmen. Die heimischen Amtsleiter*innen stehen bei
diesen täglichen Herausforderungen an vorderster Front. Bernhard
Scharmer, Amtsleiter von Tirols drittgrößter Gemeinde Telfs, hat sich
für einen Vortrag beim Kommunalwirtschaftsforum vor einigen Jahren
die Mühe gemacht, all diese Aufgaben zusammenzufassen: „Herausgekommen
ist ein Excel-Blatt mit rund drei Metern Höhe und rund eineinhalb
Metern Breite.“
Der Landesobmann des FLGT, des Fachverbandes
der leitenden Gemeindebediensteten
Tirols, erklärt weiter: „Das
Datenblatt enthält zwischen 1.200 und
1.500 Aufgaben und Produkte, die jede
Gemeinde ständig auf Trab halten.“
Sehr intensiv haben sich auch zwei
ehemalige langjährige Amtsleiter mit
der Thematik beschäftigt. Sie haben
sich die Frage gestellt, wie all diese
Aufgaben kostensparend, effizient und
trotz geringer Personalressourcen in
hoher Qualität erledigt werden können.
Die Rede ist vom Juristen und Verwaltungsexperten
Christian Lechner, 18 Jahre lang
Amtsleiter, Bauamtsleiter und Finanzverwalter
in der Gemeinde Kolsass, und Klaus
Kandler, zuletzt 16 Jahre Amtsleiter bei der
Marktgemeinde Rum und dort in den letzten
fünf Jahren auch Geschäftsführer der
Immobiliengesellschaft sowie Geschäftsführer
des Wohn- und Pflegeheims.
Beide wirken mittlerweile mit ihrem
Wissen weit über ihre ursprünglichen
Gemeinden hinaus. Über die GemNova,
dem Unternehmen der Tiroler Gemeinden,
unterstützen sie all ihre Kolleginnen
und Kollegen in ganz Tirol, wenn es gilt,
mit Lösungen und Methoden zur Effizienzsteigerung
den stetig wachsenden
Herausforderungen Rechnung zu tragen.
Vor allem drei Bereiche haben großes
Entwicklungspotenzial: die Optimierung
von Prozessen als Teil einer Verwaltungsentwicklung,
gepaart mit professionellem
Qualitätsmanagement sowie dem Einsatz
von sinnvoller und echter Digitalisierung.
CHRISTIAN LECHNER: „Ich bin in der
GemNova mittlerweile seit vier Jahren in
verschiedensten Bereichen tätig. Als Jurist
bin ich zuständig für die Datenschutzgrundverordnung
in den Gemeinden und
betreue diese als externer Datenschutzbeauftragter.
Als Verantwortlicher im Bereich
Digitalisierung und Personaldienstleistung
koordiniere ich Gemeindeprojekte.“
KLAUS KANDLER: „ Ich bin ganz frisch
in der GemNova und leite den Bereich
Gemeinde- und Verwaltungsentwicklung.
Mein bisheriger Arbeitgeber, die Marktgemeinde
Rum, ist mit knapp 9.500 Einwohnerinnen
und Einwohnern eine der großen
Gemeinden in Tirol. Ich habe dort sehr
viel mit Organisation und Verwaltung zu
tun gehabt und meinen Fokus entwickelt.
In meinem zukünftigen Berufsweg bei
der GemNova kommt daher das Thema
Verwaltungsentwicklung besonders zum
Tragen.“
LECHNER: „Das Thema Digitalisierung
liegt der GemNova sehr am Herzen. Wieso?
Wir haben gesehen, dass in der Digitalisierung
sehr viel Potenzial liegt, besonders
was die Effizienz der Gemeindearbeit
betrifft. Die Verwendung von Standardregistern
bietet einen Mehrwert sowie
Erleichterungen für die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter und auch die Bürgerinnen
und Bürger. Zu den Standardregistern
zählen vor allem das Zentrale Melderegister
(ZMR), das Unternehmensregister (UR),
das Adress-Gebäude-Wohnungsregister
(AGWR) und die medienbruchfreie Verwendung
von Daten aus den Bundesplattformen
(z.B. FinanzOnline). Was die daraus
abzuleitende Rechtssicherheit anbelangt,
sind die registerbasierende Eindeutigkeit
der Datensätze und die Umsetzung der
einschlägigen Verfahrensbestimmungen
wie der Bundesabgabenordnung (BAO)
oder des Verwaltungsverfahrensgesetzes
(AVG) beispielhaft zu nennen. Neben der
Digitalisierung eröffnet aber auch eine
schlagkräftige Verwaltungsentwicklung
viele Möglichkeiten. Dabei sind Themen
wie Prozessabläufe, Daten, eine Kostenund
Leistungsrechnung sowie ein durchdachter
Personaleinsatz sehr wesentlich.“
KANDLER: „Das wichtigste Werkzeug
für die Optimierung von Prozessen ist
das Qualitätsmanagement. Dies ist eine
unserer Kernleistungen im Zuge der Verwaltungsentwicklung.
Wie gehen wir dabei
vor? Ausgehend von der Strategie bzw.
den Visionen und Zielen brechen wir alle
Vorgänge herunter auf die Prozesse. Die
RECHTS: Durch ihre
langjährige Tätigkeit in der
Amtsleitung kennen Christian
Lechner und Klaus Kandler
die vielfältigen Aufgaben der
Gemeindeverwaltung ausgesprochen
gut und beraten
nun Gemeinden im Bereich
Verwaltungsentwicklung und
Digitalisierung. (© GemNova)
Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter muss
den Prozess, die Logik dahinter, verstehen.
Man muss wissen, wer verantwortlich ist.
Nur so kann dann die Schnittstelle digital/
analog aus meiner Sicht gut funktionieren.
Ein nächstes wichtiges Produkt, das
wir anbieten, ist die Kosten- und Leistungsrechnung.
Was ist der Hintergrund?
Der kommt oft schon vom Rechnungshof.
Ich habe unlängst einen Bericht des
Landesrechnungshofs zu einer Gemeinde
gelesen, in dem empfohlen wurde, eine
kostenrechnerische Kalkulation durchzuführen
und anhand dieser Berechnungen
festzusetzen. Aus der eigenen Arbeit weiß
ich, dass kostenrechnerische Kalkulationen
in den wenigsten Gemeinden zur
Anwendung gelangen. Es gibt das externe
Rechnungswesen unter Zugrundelegung
der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung
2015 (VRV 2015), aber
das interne Rechnungswesen ist bei den
meisten Gemeinden noch nicht angekommen.
Dabei wollen wir unterstützen und
den Gemeinden weiterhelfen. Wir wollen
das wirklich klein und fein machen,
deshalb vorerst auch nur die Betriebe
gewerblicher Art wie Wasser, Kanal, Abfall,
Kinderbetreuungseinrichtungen sowie
Wohn- und Pflegeheime. Mit einer Kosten-
und Leistungsrechnung können wir
viel mehr Informationen für die Führung
zur Verfügung stellen.“
„WIR HABEN
GESEHEN, DASS IN
DER DIGITALISIERUNG
SEHR VIEL POTENZIAL
LIEGT, BESONDERS
WAS DIE EFFIZIENZ
DER GEMEINDEARBEIT
BETRIFFT.“
CHRISTIAN LECHNER
Doch dies ist noch lange nicht alles,
worin Lechner und Kandler ihre Kolleginnen
und Kollegen unterstützen. Der
dritte wichtige Bereich ist die Prozessbegleitung.
Da geht es viel um Moderation
und die Zukunft. Beispielsweise
um die Frage, wo die Gemeinde hin will.
Lechner und Kandler helfen dabei mit
Visions- und Strategieprozessen. Der
vierte Bereich ist das Thema Personal
und Dienstleistung. Wenn es einmal
brennt, werden den Gemeinden Mitarbeiter*innen
zur Verfügung gestellt,
die kurzzeitig oder mittelfristig aushelfen.
Der fünfte Bereich ist die Lohnverrechnung.
Das ist eine jener Agenden,
die relativ leicht auslagerbar ist,
und die Gemeindeverwaltung dadurch
ungemein entlastet.
20
MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION
TIROL.DIGITALISIERT 21
QUALITÄT MACHT ERFOLG-
REICH UND ZUKUNFTSFIT
Status Quo: Gemeinden werden mit immer mehr Aufgaben und Herausforderungen im kommunalen
Umfeld konfrontiert, die es zu bewältigen gilt. Das Leistungsspektrum wird aufgrund der zunehmenden
Komplexität der Rahmenbedingungen (Anzahl der Gesetze, EU-Verordnungen, etc.) umfangreicher
und der Anspruch der Bürger*innen an eine moderne Kommunalverwaltung immer höher. Dabei
kann ein Qualitätsmanagementsystem die Gemeinde unterstützen.
Was ist Qualitätsmanagement
Qualitätsmanagement (QM) umfasst alle
Maßnahmen zur Planung, Steuerung und
Optimierung von Prozessen anhand vorgegebener
Anforderungen. Dabei werden
unterschiedliche Aspekte wie Wirtschaftlichkeit,
Gesetzgebung, Umwelt, Sicherheit
und die Anforderungen der Bürger*innen
berücksichtigt. Das Ziel ist es, die Dienstleistungsqualität
und damit die Zufriedenheit
der Bürger*innen zu verbessern und
gleichzeitig die Effizienz zu steigern. Die
zentrale Funktion übernimmt das Qualitäts-Management-Handbuch
(QMH), in
dem neben der normkonformen Darstellung
der Gemeinde das Organigramm,
die Prozesse samt Prozesslandkarte, Verfahrensanweisungen
sowie die Zuständigkeiten
und weitere Regeln abgebildet sind.
Was bringt die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems
den Gemeinden:
WIE SCHAUT DAS MODELL DER
QUALITÄTSVERBESSERUNG AUS?
PLANEN (PLAN)
IST-ANALYSE MIT
DER FÜHRUNGSEBENE
UMFASSENDE
BESTANDSAUFNAHME
QM-HANDBUCH
Organigramm, Prozesslandkarte,
Checklisten, Verfahrensanweisungen,
Funktionsbeschreibungen
Die Einführung von QM hat den Status
eines Projekts. Für dieses Projekt wird ein
QM-Team gebildet, in dem alle relevanten
Bereiche der Verwaltung vertreten sein
sollten. In der Planungsphase erarbeitet
das QM-Team gemeinsam die Ausgangssituation,
Rahmenbedingungen und Ziele.
Es wird eine Selbstbewertung durchgeführt,
um die Verbesserungspotentiale herauszufiltern.
Die Selbstbewertung macht
die Mitarbeiter*innen mit der Struktur des
QM-Systems vertraut. Sie hinterfragt, wie
die Verantwortlichkeiten geregelt sind und
ob die Prozesse reibungslos laufen.
In der Phase der Durchführung werden
Workshops zu allen zentralen Inhalten
des Qualitätsmanagements durchgeführt,
parallel dazu werden die Prozesse
erfasst. In der Prozesslandkarte werden
die Bezüge der Prozesse untereinander
festgehalten. Die meiste Zeit nimmt die
Dokumentation der Prozesse in Anspruch.
In der Abschlussphase geht das QM in den
Betrieb. Damit startet der kontinuierliche
Verbesserungsprozess, der die Gemeinde
nachhaltig begleiten soll.
Zertifizierung
Der Abschluss des Einführungsprozesses
kann in einer Zertifizierung münden. Eine
akkreditierte Zertifizierungsorganisation
bestätigt die normkonforme Anwendung
des Qualitätsmanagements (ÖNORM EN
ISO 9001). Ein QM-Zertifikat verbessert
die Außendarstellung der Gemeinde und
führt sehr oft auch zu einem zusätzlichen
Motivationsschub für die Mitarbeiter*innen.
Die Zusammengehörigkeit wächst,
da eine externe Organisation bestätigt,
dass die Verwaltung alle Anforderungen
eines anerkannten Qualitätsmanagementsystems
erfüllt. Das tut auch dem
Image gut.
DURCHFÜHREN (DO)
SCHULUNG DER
MITARBEITER*INNEN
DURCHFÜHRUNG DER PROZESSE
ARBEITSHANDELN UND
DOKUMENTATION
ERFASSUNG VON INDIKATOREN
UNSER ANGEBOT
Je nachdem wie intensiv die
Gemeindeführung den Prozess
vorantreibt, ist ein Jahr
ein realistischer Zeitrahmen
für die Einführung eines QM-
Systems, kleinere Gemeinden
benötigen weniger Zeit. Nachdem
die Kommunen meist aufgrund
fehlender Kapazitäten
ein QM-System nicht selbst
einführen können, hat die
GemNova ein spezielles Kommunalpaket
entwickelt, das
sich zur Schaffung von schlanken
und unbürokratischen Systemen
auf das Wesentliche
konzentriert. Sämtliche für den
Aufbau eines QM-Systems
erforderlichen Tätigkeiten
werden von uns durchgeführt,
der zusätzliche Aufwand für
die Mitarbeiter*innen wird auf
ein Minimum reduziert. Unser
Angebot beinhaltet die Erstellung
einer kompletten, normkonformen
Dokumentation,
internes Audit und alle sonst
erforderlichen Maßnahmen bis
zur Zertifizierung.
• Erhöhung der Dienstleistungsqualität
• Erhöhung der Bürger*innenzufriedenheit
• Verbesserung der Außendarstellung
• Entlastung der Mitarbeiter*innen
durch die Verbesserung interner Abläufe
• (Rechts)sicherheit (Risikosenkung)
• Qualitätsbewusstsein der Mitarbeiter*innen
wird geschärft
UMSETZEN (ACT)
UMSETZUNG VON
VERÄNDERUNGEN
TEAMSITZUNGEN
VERÄNDERUNGSPROJEKTE
PRÜFEN (CHECK)
DATENANALYSE UND
ERGEBNISPRÜFUNG
INTERNES AUDIT
MANAGEMENTBEWERTUNG
ZUM AUTOR
DR. KLAUS KANDLER
MBA (MCI)
Klaus Kandler war 16 Jahre lang Amtsleiter
in der Marktgemeinde Rum und
ist Experte in der Gemeinde- und Verwaltungsentwicklung.
Seit Jänner 2022
ist er in der GemNova verantwortlich
für diesen Bereich.
Kontakt: k.kandler@gemnova.at
22 tirol.Politik tirol.Politik
23
GEMEINDEPOLITIK
DIE HERAUSFORDERUNGEN
SIND BREIT GEFÄCHERT
DIE VERWALTUNGS-
KUNST HAT UNGEAHNTE
HÖHEN ERREICHT.
© Land Tirol/Cammerlander
Gemeinderat – das
Parlament der Gemeinde.
Fließendes Wasser, gut ausgebaute
Straßen, Kinderbetreuung, Pflegeheime
– all das und vieles mehr fällt in
den vielseitigen Aufgabenbereich der
Gemeinden. Sie sind außerdem für
öffentliche Sport- und Freizeitanlagen,
eine funktionierende Müllabfuhr
und Kanalisation sowie kulturelle Einrichtungen
zuständig und schaffen
Wohnraum. Darüber hinaus ist im Sinne
der Sicherheit auch die Feuerwehr
eine kommunale Kernaufgabe.
Die eigene Gemeinde ist der unmittelbare
Lebensraum, der Zusammengehörigkeit
und Verbundenheit bedeutet.
Die Politik regelt das Zusammenleben.
Jedoch hat die Bevölkerung im Rahmen
der Bürgermeister*innen- und Gemeinderatswahl
entschieden, wer die Politik
macht. Die enge Partnerschaft von
Land und Gemeinden ist jedenfalls der
Grundstein für eine hohe Lebensqualität
in unserem Land. Das wissen sowohl
die Gemeinden als auch das Land Tirol
– dementsprechend ist auch mir als
Gemeindereferent der persönliche und
laufende Austausch mit den Gemeinden
enorm wichtig.
Die Herausforderungen in der Gemeindepolitik
und für die Bürgermeisterinnen
und Bürgermeister sind breit gefächert.
Eine wesentliche Aufgabe ist es, stets
den aktiven Austausch mit den Bürger*innen
zu suchen und darauf aufbauend
Projekte umzusetzen, die im Sinne
der Bevölkerung sind.
Der Gemeinderat wird in Tirol alle sechs
Jahre direkt gewählt und wirkt wie ein
Parlament in der Gemeinde. Ob langgedient
oder frisch gewählt: Gemeinderät*innen
bringen sich in ihre Gemeinde
ein, sind stark vernetzt und übernehmen
Verantwortung. Sie sind Ansprechpartner*innen
für die Bevölkerung und
haben für deren Anliegen ein offenes
Ohr. Schließlich berichten die Gemeinderätinnen
und -räte gegenüber dem
Gemeinderat und geben Empfehlungen
für Maßnahmen ab, die mit Mehrheitsbeschluss
beschlossen werden. Wer
sich davon ein Bild machen will, darf
als Bürgerin und Bürger bei den meisten
Gemeinderatssitzungen zuhören.
Um die für die Bevölkerung besten Projekte
umzusetzen, arbeiten Gemeinderät*innen
und Bürgermeister*innen eng
zusammen.
Ihr LR Mag. Johannes Tratter
© Julia Moll
Es gilt, schnell
schwimmen zu lernen.
Eine Vielzahl an neuen Bürgermeister*innen
und Gemeinderät*innen
haben nach den Gemeinderatswahlen
2022 ihr Amt angetreten. Sie
haben sich in den kommenden Monaten
und Jahren als gewählte Volksvertretung
den umfangreichen Herausforderungen
zu stellen, die die
Regulierungs- und Ordnungsmanie
des Gesetzgebers für sie bereithält.
Funktionär*innen, die bereits länger
im Amt stehen und wieder gewählt
wurden, können ein Lied davon singen.
Der Respekt der Bevölkerung
gegenüber all jenen Mitbürger*innen,
die sich für politische Ämter
auf Gemeindeebene zur Verfügung
stellen, ist also redlich verdient.
Denn die Verwaltungskunst hat ungeahnte
Höhen erreicht. Und Jahr für Jahr
scheint es weiter nach oben zu gehen.
Das damit einhergehende gesetzliche
Regelwerk ist extrem umfangreich und
mittlerweile äußerst engmaschig. Die
Chance, sich in diesem komplexen Netz
zu verfangen, steigt laufend. Unliebsame
Begegnungen mit den Aufsichtsbehörden
sind leider keine Seltenheit. Um
zu bestehen und nicht unterzugehen –
das betrifft vor allem die Neulinge – gilt
es, schnell schwimmen zu lernen. Wir
sollten daher diesen mutigen Menschen
für ihr unbezahltes, oft auch unbedanktes
Einbringen ihres Engagements in
das Gemeindeleben dankbar sein. Denn
nur so kann dieses in der Art funktionieren,
wie wir alle uns dies wünschen.
Es ist ein steigendes Interesse insbesondere
von jungen Menschen zu spüren,
die sich aktiv in die Gemeindepolitik
einbringen möchten. Das haben auch
die Gemeinderatswahlen 2022 gezeigt.
Ab sofort gilt es – für altgediente wie
auch frischgebackene Gemeindefunktionär*innen
– mit Vollgas ihre Talente
auszuspielen. Wie bereits erwähnt, sind
die anstehenden Aufgaben gewaltig. Ob
Budget, Finanzen, Pflege, Raumordnung,
Kinderbetreuung, auch Sport und Kultur
– das politische Geschehen in jedem
Dorf, in jeder Marktgemeinde oder
Stadt wird in den Gemeinderatssitzungen
bestimmt. Die Arbeit der Gemeinderät*innen
betrifft daher das tägliche
Leben der Bürger*innen in wesentlicher
Form.
Ihr Bgm. Mag. Ernst Schöpf
24
tirol.Wissen
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG
tirol.Wissen 25
Leistbaren
Wohnraum schaffen
EINE HERKULESAUFGABE FÜR GEMEINNÜTZIGE
© GHS / Berger
Wir gratulieren
zum Wahlerfolg!
Wir gratulieren allen Bürgermeister*innen und
Gemeinderät*innen ganz herzlich zur Wahl!
Für die Umsetzung Ihrer Vorhaben in der Gemeinde
wünschen wir Ihnen Weisheit, Ausdauer und breite
Unterstützung von allen Fraktionen!
Gemeinnützige Hauptgenossenschaft
des Siedlerbundes regGenmbH
www.ghs-wohnbau.com
Die GHS ist ein gemeinnütziger Wohnbauträger, der in der vergangenen
70 Jahren über 300 Projekte in mehr als 80 Tiroler Gemeinden erfolgreich
verwirklicht hat. Die Herausforderung leistbaren Wohnraum für Gemeindebürger*innen
im ländlichen und städtischen Raum zu schaffen wird zusehend
schwerer, der Vorstand des Siedlerbundes DI (FH) Mag. (FH) Martin Mimm
und Dr. Peter Heiss hat aber Ansätze dafür parat.
Was sind aus ihrer Sicht die größten
Aufgaben/Herausforderungen für die
GHS in den nächsten Jahren?
HEISS: Das ist mit Sicherheit leistbare
Grundstücke für den geförderten Wohnbau
zu akquirieren. Dazu kommen dann noch
die derzeit hohen Preise für den Bau der
Anlagen selbst, da die Auftragslage für Professionisten
gut ist und dadurch wenig Verhandlungsspielraum
bleibt.
MIMM: Leistbarer und qualitätsvoller
Wohnraum für die Bewohnerinnen und
Bewohner unserer Anlagen ist das Markenzeichen
der GHS. Sowohl der Preis pro m²
Grundfläche als auch die Baukosten pro m²
Wohnnutzfläche sind durch die Vorgaben
der Tiroler Wohnbauförderung "gedeckelt".
Diese Bestimmungen der Wohnbauförderung
garantieren einerseits, dass unsere
Wohnungen günstig bleiben, machen es
aber schwierig, zu förderungswürdigen
Grundstücken zu kommen und/oder nicht
möglich, das Bauvorhaben infolge zu hoher
Baukosten zu starten.
Wie kann diesen Entwicklungen begegnet
werden? Und von wem?
HEISS: Das Land und die Gemeinden müssen
– auch bei schon vorhandenen Bauland
– die bestehenden Instrumente anwenden,
wie z.B. die Vertragsraumordnung, Abgaben
für brach liegende Baugrundstücke
einfordern, Rückwidmung von nicht bebauten
Baugrundstücken sanktionieren, um
die Spekulation von Grund und Boden in
Tirol einzubremsen. Wenn das Zinsniveau in
Europa allenfalls wieder steigt, könnte das
den Trend "statt Sparbuch ins Grundbuch"
zumindest bremsen.
Was kann sich eine Gemeinde bei der
Zusammenarbeit mit der GHS erwarten?
HEISS: Wir haben immer schon versucht
die Gemeinden weitestgehend in die Entwicklung
unserer Projekte einzubeziehen.
Dazu sind Besprechungen auf Augenhöhe
und ein wertschätzendes Miteinander
die grundlegenden Voraussetzungen. Dann
sind beiderseitige Vorstellungen auch in
der Umsetzung möglich. Wir haben noch
kein Projekt gebaut, bei dem wir uns
nicht bereits im Vorfeld mit der jeweiligen
Gemeinde nach deren Bedarf und Vorstellungen
erkundigt haben. Darum passen
auch die Ergebnisse unserer Arbeit. Unsere
Handschlagqualität und die Einhaltung von
Absprachen sind auch die Basis für Folgeprojekt
in den zufriedenen Kommunen.
Klimaverbesserung ist in aller Munde.
Welche baulichen Maßnahmen setzt man
bei der GHS, um dazu beizutragen?
MIMM: Natürlich halten auch wir uns an
den Grundsatz "Raus aus Öl und Gas" und
die Umstellung von fossilen Heizungssystemen
auf klimafreundliche Wärmeversorgung.
Dies wird bei allen Neubauten
durch Einbau von Pelletsheizungen, Hackschnitzelheizungen,
Wärmepumpen, Photovoltaik
und andere moderne Heizsysteme
verwirklicht. Bei unseren Sanierungen
achten wir ebenso auf die Verbessrung
der thermischen und energetischen Eigenschaften
des Gebäudes. Auch hier realisieren
wir Umstellungen auf klimafreundliche
Wärmeversorgung. Wir legen großen Wert
darauf, bei Sanierungen in Abstimmung
und Einklang der Bewohner/Eigentümer
einer Anlage die geplanten Vorhaben
umzusetzen.
Der Bau von Wohnprojekte ist die Kernaufgabe
der GHS, welche baulichen Maßnahmen
gibt es darüber hinaus?
HEISS: Der Bedarf der Gemeinden ist
vielfältig. In der Altersversorgung sind
Projekte für betreubares oder betreutes
Wohnen, die wir kürzlich in Wenns und
Scheffau verwirklicht haben, aktuelle
Themen. Aber auch Alters- und Studentenheime
oder Wohnbauten für Mitarbeiter
von Krankenhäusern – aktuell für das
Schwesternheim in Lienz – entwickeln wir
gemeinsam mit den Gemeinden. Dabei
kombinieren wir Wohnanlagen sinnvoller
Weise auch mit Geschäftsräumlichkeiten
für den Nahversorgungsbereich.
Die Verwaltung der Objekte – wird die
durch die GHS selber vorgenommen?
MIMM: Die Verwaltung unserer Objekte
zählt zu den Kernaufgaben der GHS. Wir
sind sehr stolz drauf, unsere Wohnanlagen
über Jahrzehnte betreuen zu dürfen. Natürlich
wollen wir nicht nur verwalten, sondern
wir kümmern uns intensiv um die Werterhaltung
der Objekte über Jahrzehnte. Dies
gilt sowohl für die Mietobjekte als auch
für Eigentumsobjekte. Unser Know-How
ermöglicht uns die Kunden bzw. Bewohner
in allen Belangen rund ums Wohnen zu
unterstützen. Uns ist auch wichtig, unsere
Qualität weiterzuentwickeln und den
Service für unsere Bewohner zu steigern.
Unser Online-Kundenportal hat uns hier
einen großen Schritt nach vorne gebracht.
26
tirol.Politik tirol.Politik 27
„Ich bin ja ein gebürtiger Thierseer,
hab eigentlich mein ganzes bisheriges
Leben hier verbracht. Und ich möchte
auch nirgendwo anders leben.“ Wenn der
45-jährige Rainer Fankhauser über seine
Gemeinde spricht, kommt er fast ins
Schwärmen. Von 2004 bis 2016 war er
bereits als Gemeinderat politisch aktiv,
bevor er sich dann die vergangenen sechs
Jahre ganz bewusst eine politische Auszeit
genehmigte. „Ich wollte einfach mehr
Zeit für meine Familie, für meine beiden
Kinder haben. Außerdem war ich in dieser
Zeit Fußballtrainer bei den Kindern, auch
Obmann des Fußballvereins.“
© Privat
Rainer
Fankhauser
die kraft
des neuen
In einigen Orten Tirols blieb nach den Gemeinderatswahlen kein
Stein auf dem anderen. In Hall, Schwaz, Völs, Wattens, Wörgl oder
Zams etwa. Wir haben uns weiter umgesehen und stellen eine
Bürgermeisterin und zwei Bürgermeister vor, die neu im Amt sind.
Melanie Zerlauth in Pfunds, Thomas Gschösser in Reith im Alpbachtal,
Rainer Fankhauser in Thiersee.
VON REINHOLD OBLAK
Im Herbst des vergangenen Jahres wurde
Fankhauser dann immer wieder auf
die bevorstehenden Gemeinderatswahlen
angesprochen. Und mitunter recht direkt
gefragt, ob er nicht auch als Bürgermeister
zur Verfügung stehen würde. „Ich habe
mir die Entscheidung wirklich nicht leicht
gemacht, Vor- und Nachteile abgewogen
und mich erst spät, Ende November,
zur Kandidatur entschlossen.“ Mangels
Gegenkandidaten war seine Wahl freilich
zu 100 Prozent sicher.
Dass in Thiersee so viele unterschiedliche
Listen kandidieren, hat auch historische
Gründe, wie der Neo-Bürgermeister
erklärt. „Wir haben hier vier Ortsteile,
jeder Ortsteil tritt mit einer eigenen Liste
an. Das hat nichts mit Parteipolitik zu tun,
sondern mit den ganz speziellen Interessen
des jeweiligen Ortsteiles. Ich selbst
bin mit einer überparteilichen Bürgermeisterliste
angetreten, die bewusst
das Ganze, das Gemeinsame in den Vordergrund
gestellt hat.“ Als größtes, als
wichtigstes Projekt für die nächsten sechs
Jahre nennt Fankhauser die Energiewende.
„Wir haben in der Bevölkerung eine
Umfrage gemacht, da war das Energiethema
on top. Auch mir persönlich ist das
außerordentlich wichtig, jeder Einzelne
muss seinen Beitrag dazu leisten. Hier in
Thiersee denken wir an den Ausbau der
Photovoltaik, an E-Car-Sharing, auch an
den Einsatz von Biomasse.“
Abseits der Politik tritt der neue Bürgermeister
nach wie vor gerne die runde
Kugel. Noch im letzten Jahr kickte der
damals 44-Jährige aushilfsweise in der
Kampfmannschaft des SV Thiersee. Mit
großem Engagement und einigen blauen
Flecken, wie es heißt. Aber gut, auch in
der Politik soll es zuweilen das eine oder
andere Foul geben.
Melanie Zerlauth in Pfunds
„Ja, ich war überrascht. Weil eigentlich
habe ich gedacht, ich werde nach der
Wahl meinen Mitbewerber zum Bürgermeisteramt
gratulieren. Dass ich nun
selbst die neue Bürgermeisterin von
Pfunds bin, freut mich natürlich umso
mehr.“ Was Melanie Zerlauth nicht dazu
sagt: Die Pfundser Bevölkerung hat sie
mit riesengroßem Abstand in ihre neue
Funktion gewählt, außerdem ist sie damit
die erste Bürgermeisterin im ganzen
Bezirk Landeck. Hat ohnehin viel zu lange
gedauert.
© Marin Gspan
Melanie
Zerlauth
Dass Zerlauth nicht nur den eigenen
Kirchturm im Blickwinkel hat, zeigt auch
ihr bisheriges Leben. Nach der Handelsschule
in Landeck zog sie aus privaten
Gründen für zwei Jahre nach Wiener
Neustadt, später arbeitete sie in Scuol
im schweizerischen Engadin. Mittlerweile
ist die 43-Jährige in Pfunds verheiratet,
hat zwei Töchter und ist seit neun Jahren
als Assistentin im örtlichen Kindergarten
beschäftigt. Von 2010 bis 2017
war sie außerdem bereits im Gemeinderat
tätig, zog sich dann allerdings nach
einem schweren Bandscheibenvorfall aus
der Politik zurück.
„Vergangenen Winter haben die Gespräche
begonnen. In unserer Liste wurde hin
und her überlegt, wer als Bürgermeisterkandidat
antreten soll. Immer mehr haben
dann zu mir gesagt: mach´s, mach´s,
mach´s. Meine Antwort: Nein, die wollen
keine Frau. Irgendwann hab ich dann
gesagt, gut, ich mach´s, ihr findet eh niemand
anderen.“ Dass es von der zweiten
Liste in Pfunds noch einen anderen Bürgermeisterkandidaten
gegeben hat, störte
Zerlauth überhaupt nicht.
In den kommenden sechs Jahren will
die neue Bürgermeisterin vor allem im
Sozialbereich ihre Spuren hinterlassen.
Ihre Vision, ihr großes Ziel: ein eigenes
Altersheim in Pfunds. Die Pflege
der Angehörigen, das betreute Wohnen –
alles Themen, die sie sehr stark bewegen.
Vor der Wahl hat sich Zerlauth naturgemäß
genau im Ort umgehört, auch eine
eigene Umfrage „Melanie will´s wissen“
durchgeführt. „Da bin ich der Bevölkerung
natürlich im Wort, deren Anliegen gehören
umgesetzt.“
Und wie verbringt Melanie Zerlauth
eigentlich ihre Freizeit? Natürlich beim
Wandern, beim Skifahren, eh klar. Andererseits:
„Ich hab ein großes Haus, einen
Garten, zwei Kinder. Ich arbeite im Kindergarten,
engagiere mich ehrenamtlich
in verschiedenen Initiativen, jetzt bin ich
auch noch Bürgermeisterin. Viel Freizeit
wird mir da wohl nicht bleiben.“ Ob es bei
ihren männlichen Bürgermeisterkollegen
auch so zugeht?
Thomas Gschösser, Reith im Alpbachtal
Mit Politik ist Thomas Gschösser so
irgendwie ganz selbstverständlich aufgewachsen.
„Mein Opa war schon im
Gemeinderat, aber das ist schon recht
lange her, und mein Papa war Obmann
im Tourismusverband. Da hab ich dann
natürlich schon mitbekommen, worum es
bei uns in Reith so geht. Im Positiven wie
im Negativen.“
2010 – Gschösser ist damals gerade mal
23 Jahre jung – schafft er auf der Bürgermeisterliste
den Einzug in den Gemeinderat.
Zwölf Jahre lang bestimmt er so die
Politik in Reith mit, zuerst als Gemeindevorstand,
dann als Gemeinderat. So
wirklich viel bewegen konnte er als einfacher
Mandatar zwar nicht, sagt er heute,
gleichzeitig habe er aber viel gelernt.
Bei der Listensitzung im November des
Vorjahres dann die politische Gretchenfrage:
Wer soll dem Langzeitbürgermeister
Johann Thaler nachfolgen? „Eigentlich
wollte niemand, doch dann haben immer
mehr in meine Richtung geschaut. Gleichzeitig
hat die andere Liste einen Bürgermeisterkandidaten
aufgestellt. Ich hab
dann einige Nächte drüber geschlafen.
Zum Schluss gab es für mich nur zwei
Optionen: Entweder ich kandidiere als
Bürgermeister oder ich scheide komplett
aus dem Gemeinderat aus.“
Das Ergebnis ist mittlerweile bekannt:
Zwar verlor seine Liste insgesamt zwei
Mandate, gleichzeitig wurde Thomas
Gschösser von der Reither Bevölkerung
recht eindrucksvoll zum Bürgermeister
gewählt. Mit doch recht großem Abstand
zu seinem Mitbewerber. Erklärtes Ziel
des Neo-Bürgermeisters für die nächsten
sechs Jahre: vorhandene Unstimmigkeiten
im Gemeinderat auszuräumen,
das Gemeinsame zu betonen, die vielen
Projekte zügig umzusetzen.
In seiner Freizeit, die nun freilich etwas
schmäler ausfallen wird, ist Gschösser
vor allem sportlich sehr aktiv. Im Sommer
sitzt er abwechselnd am Rennrad oder
am Mountainbike, im Winter ist er viel auf
Skitouren unterwegs. Als staatlich geprüfter
Skilehrer – seinem Vater gehört die
örtliche Skischule - kommt er nur mehr
aushilfsweise zum Einsatz, seine ehrenamtliche
Tätigkeit bei der Feuerwehr will
er indes keinesfalls aufgeben.
Ach ja, Geselligkeit ist dem neuen Reither
Bürgermeister ebenfalls sehr wichtig. „Ich
hab auch in den schwierigen Corona-Zeiten
unsere Gastronomie im Ort immer
wieder besucht und somit auch privat
unterstützt“, erklärt er lächelnd.
© Simon Fischler
Th0mas ..
Gsch0sser
28
tirol.Wissen tirol.Wissen 29
WIE DIE GEMEINDE
ZU IHREM „KNÖDEL“ KOMMT …
Die Arbeit in den Gemeinden ist in den vergangenen Jahrzehnten immer komplexer geworden. Einerseits ist es
die Verrechtlichung unserer Gesellschaft, die viel Spezialwissen erfordert. Andererseits bringt es die Vernetzung
mit Bundes- und Landesregelungen und -finanzierungen mit sich, dass man sich oft erst mühsam ein Bild
davon machen muss, was man als Gemeinde selbst umsetzen kann und wofür es Partner*innen braucht.
Mit dem Nachschlagewerk
„Gemeinde ABC“ haben wir 99
Begriffe definiert, die in der
Gemeindearbeit eine Rolle spielen,
und mit Hintergrundwissen
„aufgeladen“. Der Projektkoordinator
und Mitautor Georg
Keuschnigg erzählt etwas über
die Entstehung des ABC’s und
als kleinen Vorgeschmack gibt es
auch einen Auszug aus dem Buch.
GemNova: Lieber Georg, du bist
Mitautor des Gemeinde ABC‘s
und hast maßgeblich zur Entstehung
dieses Werkes beigetragen.
Wie wurde denn die Idee dazu
geboren?
Die Idee wurde im Rahmen des
Strategieprozesses „ZUKUNFT
GEMEINDE – Agenda 2030“ geboren,
weil die Arbeit in den Gemeinden
extrem vielschichtig ist und
vielfach Bundes- und Landesrecht
zur Anwendung kommen. Das ist
selbst für Profis oft schwierig zu
überblicken. Die Idee ist, den Praktiker*innen
in den Gemeinden eine
leicht verdauliche Erstinformation
zur Verfügung zu stellen.
Inwiefern können diese 99 ausgewählten
Begriffe die Tätigkeit
als Gemeinderätin oder Gemeinderat
erleichtern?
Gemeinderät*innen müssen über
eine Vielzahl von Materien entscheiden,
und es ist einfach ein
Vorteil, wenn man eigenes Wissen
hat. Niemand kann sich überall
auskennen, aber einen groben
Überblick kann man sich erarbeiten.
Und auch das Wissen, wo die
Informationen zu finden sind.
Von A wie AGWR bis Z wie Zersiedelung
wird in diesem Buch
vieles erklärt. Was sind aus
deiner Sicht Begriffe, die alle
Gemeinderät*innen kennen sollten?
Das hängt von den Vorlieben der
Gemeinderät*innen ab. Da es in
den Gemeinden immer auch um
das liebe Geld geht, sollte man
ungefähr wissen, wie die Gemeinde
zu ihrem „Knödel“ kommt. Das wird
in den Begriffen „Finanzausgleich“
und „abgestufter Bevölkerungsschlüssel“
erklärt. Lebensnäher
sind vielleicht die Begriffe, die sich
mit der Daseinsvorsorge befassen,
von der Kinderbildung und -betreuung,
über den öffentlichen Verkehr
bis zur Wasserversorgung.
Interesse?
Sie haben Interesse am
Gemeinde ABC? Schreiben Sie uns eine
Nachricht an office@gemnova.at
VON ANGELIKA RAFETZEDER
?
Bei der Finanzierung meiner
Gemeinde spielt der
abgestufte Bevölkerungsschlüssel
eine große Rolle.
Was bedeutet dieser
Begriff?
Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel
kommt bei
der Verteilung der Erträge
der vom Bund eingehobenen
gemeinschaftlichen Bundesabgaben
auf die einzelnen
Gemeinden (Gemeindeertragsanteile)
zur Anwendung.
Dabei werden die Gemeinden
bevölkerungsmäßig in
vier Größenklassen unterteilt.
Diese Unterteilung
erfolgt auf Basis der Einwohner*innenzahl
einer Gemeinde,
die mit einem gesetzlich
festgelegten Wert multipliziert
wird. Somit bekommen
Gemeinden mit einer größeren
Einwohner*innenzahl
auch mehr Geld pro Einwohner*innen.
?
Wie finanziert sich meine
Gemeinde? Die Finanzkraft
spielt dabei eine große Rolle.
Was bedeutet sie?
Die Finanzkraft einer Gemeinde
wird im Wesentlichen aus der
Summe der eigenen Steuereinnahmen
und der den Gemeinden
zugekommenen Ertragsanteile an
den gemeinschaftlichen Bundesabgaben
ermittelt. Es werden zwei
Varianten unterschieden:
Die Finanzkraft nach § 25 Abs
2 Finanzausgleichsgesetz (FAG)
2017 wird aus dem Aufkommen
an der Grund- und Kommunalsteuer
des zweitvorangegangenen
Jahres ermittelt. Sie wird u.a. der
Aufteilung der Finanzzuweisungen
nach dem Finanzausgleichsgesetz
zugrunde gelegt. Die Finanzkraft
nach § 25 Abs 3 FAG 2017 wird
aus dem Aufkommen an Grundsteuern,
Kommunalsteuer und den
Ertragsanteilen für das zweitvorangegangene
Jahr ermittelt.
Die als Finanzkraft II bezeichnete
Finanzkraft nach § 21 Abs 5 des
Tiroler Mindestsicherungsgesetzes
wird aus der Grundsteuer
auf land- und forstwirtschaftliche
Betriebe, der Grundsteuer auf allgemeine
Grundstücke, einem Teil
der Erträge der Kommunalsteuer
sowie aus Teilen der Abgabenertragsanteile,
jeweils des zweitvorangegangenen
Jahres, ermittelt.
Sie wird u.a. der Ermittlung und
Aufteilung des Kostenbeitrages
der einzelnen Gemeinden an das
Land für die Mindestsicherung,
Grundversorgung, stationäre und
mobile Pflege, Behinderten-, Kinder-
und Jugendhilfe zugrunde
gelegt.
„Bürger*innenbeteiligung“ –
Was ist konkret damit gemeint?
Unter dem Begriff der Bürger*innenbeteiligung bzw. Öffentlichkeitsbeteiligung
versteht man die Möglichkeiten für Bürger*innen,
sich an öffentlichen Planungsprozessen oder an
Verwaltungsverfahren zu beteiligen, aber auch, sich mit ihren
Anliegen direkt an die gewählten Organe (Parlament, Landtag,
Gemeinderat) zu wenden. Bei großen Planungsprozessen,
vor allem im Bereich der überörtlichen Raumordnung und bei
großen Infrastrukturprojekten, welche einer Umweltverträglichkeitsprüfung
unterliegen, ist eine Bürger*innenbeteiligung
zum Teil bereits gesetzlich vorgeschrieben. So sieht z.B. das
Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz die Beteiligung der
Öffentlichkeit an solchen Verfahren ausdrücklich vor. Innerhalb
der Auflagefrist kann jede*r zum Vorhaben und zur
Umweltverträglichkeitserklärung eine schriftliche Stellungnahme
an die Behörde abgeben. Auch das Tiroler Umweltprüfungsgesetz
und das Tiroler Raumordnungsgesetz sehen für
die Ausarbeitung von bestimmten Plänen und Programmen
zwingend eine Beteiligung der Öffentlichkeit vor.
TlROLER
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30 tirol.kooperiert tirol.kooperiert 31
Früh-
jahrsputz in
der Natur
Hier eine Plastikflasche, dort eine Aludose: Achtlos
weggeworfene Abfälle stören das Landschaftsbild
und schaden der Umwelt. In vielen Tiroler Gemeinden
befreien heuer wieder unzählige Freiwillige die Natur
von Müllsünden – eine Aktion, bei der es nur
Gewinner*innen gibt.
Es ist ein sonniger Frühlingstag, der letzte Schnee ist
geschmolzen, die Natur erwacht aus dem Winterschlaf.
Viele Menschen verbringen den Tag im Freien. Grüppchenweise
gehen sie einem beliebten Spazierweg entlang.
Statt den Blick in die Ferne schweifen zu lassen
und die Landschaft zu genießen, haben sie die Augen
jedoch fest auf den Boden vor ihnen gerichtet. Ausgestattet
mit Müllsäcken, Handschuhen und Greifzangen
sind sie auf der Suche nach achtlos weggeworfenen
Abfällen, die sie im Rahmen der Flurreinigungsaktion
einsammeln und entsorgen. Der Frühjahrsputz in der
Natur ist in vielen Tiroler Gemeinden ein Fixpunkt im
Veranstaltungskalender. Die Umwelt und das Gemeinschaftsgefühl
sind die großen Gewinner – und alle
Freiwilligen, die nach so einem Tag mit einem positiven
Gefühl nach Hause gehen.
Littering richtet Schaden an
Littering, also das achtlose Wegwerfen von Abfällen
in der Natur, schadet der Umwelt, beeinträchtigt das
Ortsbild und verursacht hohe Kosten für die Allgemeinheit.
Das Land Tirol spricht von rund 1.000 Tonnen an
Abfällen, die allein entlang des Landesstraßennetzes
BILD:
Die Kampagne „Tirol
klaubt auf!“ der ATM lädt
mit Motiven wie diesem
augenzwinkernd zum
Mitmachen bei der Flurreinigung
ein. (© ATM/
Matthias Betz)
ZUM AUTOR
ABFALLWIRTSCHAFT TIROL MITTE GMBH
Die ATM koordiniert und unterstützt als Umweltserviceorganisation
für die 102 Gemeinden der Bezirke Innsbruck-Land und
Schwaz seit über 20 Jahren Flurreinigungsaktionen in der Region.
Die Kampagne „Tirol klaubt auf!“ schafft Bewusstsein für die
negativen Umweltauswirkungen von Littering.
www.atm-online.at
OBEN:
Die Natur von achtlos weggeworfenen
Abfällen befreien:
Das ist das Ziel einer Flurreinigungsaktion.
(© ATM/Berger)
jedes Jahr beseitigt werden müssen. Im Auftrag der
Abfallwirtschaft Tirol Mitte (ATM) führte die Universität
Innsbruck 2018 eine Analyse des eingesammelten
Abfalls durch: Rund die Hälfte davon sind Wertstoffe,
die bei richtiger Entsorgung umwelt- und kostenschonend
verwertet werden könnten. Stattdessen landen
Plastik- und Glasflaschen oder Getränkedosen häufig
in der Natur. Sie sind eine Gefahr für Wildtiere, können
mit dem Futter aber auch vom Feld in den Stall
gelangen und dort Schaden anrichten. Wind und Wetter
setzen den Abfällen zu, Partikel lösen sich und verunreinigen
die Böden.
Erfolgreiche Freiwilligenaktion
„Man braucht nicht darauf zu warten, dass sich der
Müll und somit das Problem von selbst in Luft auflöst:
Studien zeigen, dass sich eine PET-Flasche je
nach Witterung rund 300 Jahre in der Natur hält. Die
errechnete Verrottungsdauer einer Getränkedose liegt
sogar bei 500 Jahren“, erklärt Alexander Würtenberger,
Leiter der Umwelt- und Abfallberatung bei der ATM.
Seit mehr als zwanzig Jahren unterstützt die ATM
die Gemeinden in den Bezirken Innsbruck-Land und
Schwaz bei der Durchführung von Flurreinigungen.
Der Frühjahrsputz in der Natur ist zu einer riesigen
Freiwilligenaktion geworden, schildert Alexander Würtenberger:
„Teilweise haben wir bis zu 8.000 Teilnehmerinnen
und Teilnehmer in unseren zwei Bezirken
verzeichnet. In den allermeisten der 102 Gemeinden
gehört die Flurreinigung einfach jedes Jahr dazu. Dieses
große Engagement freut uns sehr.“
Das Bewusstsein wächst
Bei den groß angelegten Aktionstagen hilft vielerorts
die ganze Dorfgemeinschaft zusammen: Schulklassen
und Vereine sind genauso dabei wie Vertreter*innen
der Gemeindepolitik und Einzelpersonen, denen die
Umwelt am Herzen liegt. Interessierte Bürger*innen
können sich an die jeweilige Gemeinde wenden – sie
UNTEN:
Gut für die Umwelt, das
Ortsbild und die Gemeinschaft:
In vielen Tiroler
Gemeinden packen alle
mit an, um in der Natur aufzuräumen.
(© ATM/Berger)
kümmert sich meist um die Organisation vor Ort. Für
die ATM ist neben dem Einsammeln der gelitterten
Abfälle vor allem Bewusstseinsbildung ein zentraler
Aspekt der Flurreinigung, erklärt Alexander Würtenberger:
„Wenn man sieht, was alles in der Natur landet,
wird man automatisch sensibler für das Thema. Viele
Freiwillige erzählen ihrem Umfeld davon und nehmen
damit eine wichtige Rolle als Botschafter*innen ein.“
Für Schulen bietet die ATM eigene Workshops an, in
denen die Folgen von Littering kindgerecht vermittelt
werden. Das Angebot wird sehr gerne angenommen
und die Aufklärungsarbeit der letzten Jahrzehnte
zeigt ihre Wirkung. „Das Bewusstsein für die negativen
Auswirkungen von achtlos weggeworfenen Abfällen
wächst. Irgendwann – in einer perfekten Welt – liegt
vielleicht gar kein Müll mehr in der Landschaft. So
weit sind wir aber leider noch nicht“, sagt Alexander
Würtenberger. Auf einen Rückgang der gelitterten
Abfallmenge lässt das angekündigte Pfand auf Einweg-
Getränkeverpackungen hoffen. Das neue Abfallwirtschaftsgesetz
sieht vor, dass in Österreich ab 2025
ein Pfand auf Plastikflaschen und Aludosen eingehoben
wird. Mit der leeren Flasche würde künftig auch der
dafür bezahlte Einsatz im Gras landen – daraus ergibt
sich ein monetärer Anreiz, Getränkeverpackungen ordnungsgemäß
zu entsorgen.
Motivation zum Umweltschutz
Die gemeinschaftliche Flurreinigung in der Gemeinde
ist auch ein unmittelbarer Beitrag zum Umweltschutz
und somit zu einem Thema, das oft als abstrakt gilt.
Mit dem Frühjahrsputz in der Gemeinde wird es auf
eine lokale und greifbare Ebene geholt. Man hat sofort
ein Erfolgserlebnis. Teilnehmerinnen und Teilnehmer
sehen, dass sich ihr Engagement gelohnt hat – die
vollen Müllsäcke und die saubere Landschaft sprechen
für sich. Diese Motivation und das positive Gefühl übertragen
sich bestenfalls auf andere Lebensbereiche und
sorgen für noch mehr Umweltbewusstsein im Alltag.
32
tirol.kooperiert tirol.kooperiert 33
Gemeinsam
Ein Gespräch
mit Mag.a
Christine Salcher,
der Leiterin der
Abteilung Gemeinden
beim Land Tirol.
für alle
Das Land Tirol und die Gemeinden
GemNova: Die Gemeinderats- und Bürgermeister*innenwahlen
2022 haben
eine Reihe neuer Bürgermeister*innen
und Gemeinderät*innen hervorgebracht.
Welche Berührungspunkte haben
die Neugewählten mit der Abteilung
Gemeinden?
Unabhängig davon, ob die Kandidat*innen
schon vor der Wahl im Gemeinderat
vertreten waren oder nicht, bot die
Abteilung Gemeinden Beratung und
Information für Bürger*innen, Kandidat*innen
sowie Mitarbeiter*innen in
Bezug auf die Wahlen an. Bei der Angelobung
der Bürgermeister*innen fand
eine weitere Kontaktaufnahme statt,
da dieser Festakt von unserer Abteilung
mitorganisiert wird. Der Abteilung
Gemeinden ist es ein Anliegen, im persönlichen
Austausch mit den Bürgermeister*innen
zu stehen.
In welcher Form kann die Abteilung
Gemeinden bei der Amtsübernahme
sowie Einarbeitung unterstützen?
Unsere Abteilung steht mit Rat zur Seite,
wenn am Anfang der kommunalen Tätigkeit
Fragen oder Probleme auftauchen. Wir
informieren über rechtliche Grundlagen
ebenso wie über haushaltswirtschaftliche
Fragestellungen. Das Merkblatt für die
Gemeinden Tirols, das monatlich erscheint
und auch auf der Website des Landes Tirol
veröffentlicht wird, bietet eine wichtige
Informationsquelle. Im März erscheint in
Zusammenarbeit mit dem Tiroler Gemeindeverband
und dem Föderalismusinstitut
die neue Ausgabe des Kommentars zur
Tiroler Gemeindeordnung. Darin werden
die gesetzlichen Bestimmungen praxisorientiert
beschrieben.
Für welche Aufgaben ist die Abteilung
Gemeinden zuständig? Welche Leistungen
werden für die Tiroler Gemeinden
erbracht?
Zu den Aufgaben zählen u.a. organisatorische
und finanzielle Angelegenheiten, das
Dienst- und Personalvertretungsrecht, die
Wirtschaftsaufsicht sowie das Reklamationsverfahren
nach dem Meldegesetz.
Das Land Tirol übt gegenüber den Gemeinden
ein Aufsichtsrecht aus, das in der Verfassung
verankert ist. Inhaltlich gilt es darauf
zu achten, dass die Gemeinden die
Gesetze und Verordnungen des Bundes
und des Landes nicht verletzen und ihren
Wirkungsbereich nicht überschreiten. Um
diese Aufgabe erfüllen zu können, sind die
Aufsichtsbehörden berechtigt, sich über die
Gemeinden zu informieren und in Unterlagen
Einsicht zu nehmen. Ein weiterer
Bereich ist die Gebarungsprüfung. Die Aufsichtsbehörden
sind berechtigt, die Gebarung
der Gemeinden auf Sparsamkeit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu
Unsere Aufgaben sind ähnlich
umfangreich wie die der Gemeinden
und haben denselben Fokus: Serviceorientierung
und Bürgernähe.
prüfen sowie die Übereinstimmung mit
den geltenden Vorschriften zu überwachen.
Einen anderen wesentlichen Bereich stellt
die Verordnungsprüfung dar. Verordnungen,
die eine Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich
aus dem Bereich der Landesverwaltung
erlässt, müssen der Landesregierung
bekanntgegeben werden.
Welche Herausforderungen gilt es in der
Arbeit mit den Tiroler Gemeinden zu
meistern?
Unsere Aufgaben sind ähnlich umfangreich
wie die der Gemeinden und haben denselben
Fokus: Serviceorientierung und Bürgernähe.
Es ergeben sich z.B. immer wieder
Fragen zu rechtlichen Bestimmungen oder
der richtigen Berechnung von Gebühren
und Abgaben. In all diesen Fragen können
sich die Gemeinden an uns wenden.
Wie hat sich das komplexe Themenfeld
rund um die Gemeinden aus Ihrer Sicht
über die Jahre verändert?
Die Aufgaben sind vielfältiger geworden.
Fragen zur Raum- bzw. Bauordnung, die
gesamte Infrastruktur für die Bevölkerung
oder die Krisenbewältigung stellen die
Gemeinden vor große Herausforderungen.
Dabei ist immer die Finanzierung der Aufgabenerfüllung
ein zentraler Punkt. Damit
die Lebensqualität und die Chancen für
die Bürger*innen ausgebaut und gesichert
werden können, bedarf es großer Anstrengungen
aller handelnden Akteure, immer
auch unter dem Gesichtspunkt, den sozialen
Zusammenhalt in der Gemeinde zu
stärken und einer Abwanderung gerade
der jungen Menschen entgegenzuwirken.
In 273 Tiroler Gemeinden wurde am
27.02.2022 ein neuer Gemeinderat
gewählt. Die drei Gemeinden Matrei a.
B., Mühlbachl und Pfons haben fusioniert,
wodurch die Wahlen erst am
20.03.2022 stattgefunden haben. In
der Zwischenzeit hat ein Amtsverwalter
die Geschäfte der Gemeinde geführt.
Wann kommt ein Amtsverwalter zum
Einsatz und wie sehen seine Tätigkeiten
aus?
Im konkreten Fall ist der Einsatz eines
Amtsverwalters durch die Vereinigung
der betreffenden Gemeinden zu einer
neuen begründet. Für den Zeitraum zwischen
Wirksamwerden der Vereinigung
bis zur Konstituierung des neu gewählten
Gemeinderates ist ein Amtsverwalter zu
bestellen, der im Namen der Gemeinde
die täglichen Geschäfte führt. Ebenso ist
ein Amtsverwalter einzusetzen, wenn sich
der Gemeinderat vor Ablauf der Funktionsperiode
durch einen Beschluss selbst
aufgelöst hat. Ein weiterer Fall ist die
Auflösung des Gemeinderates durch die
Landesregierung, wenn der Gemeinderat
dauernd beschlussunfähig ist oder eine
ordnungsgemäße Führung der Geschäfte
bzw. die Erfüllung der Aufgaben nicht
mehr gewährleistet ist. Die Tätigkeit des
Amtsverwalters hat sich auf die laufenden
und die unaufschiebbaren Angelegenheiten
zu beschränken.
34 tirol.hat Recht ENTGELTLICHE tirol.kooperiert EINSCHALTUNG 34
tirol.hat Recht 35
VERLÄSSLICHER PARTNER
DER TIROLER GEMEINDEN:
DER MASCHINENRING
Unterstützung
im Vergaberecht
Für die Schneeräumung im Winter genauso wie
für Baumpflege und Grünraumdienstleistungen im
Sommer oder Naturraum-Services das ganze Jahr
über: Der Maschinenring arbeitet seit mehr
als 20 Jahren als verlässlicher Partner für
viele Tiroler Gemeinden.
Die Aufgaben, die Gemeinden erfüllen
müssen, sind mannigfach – Tendenz steigend.
Der Maschinenring kennt die spezifischen
Bedürfnisse der Tiroler Kommunen und steht
mit einem breiten Dienstleistungsangebot
bereit: Ob es darum geht, Straßen und
Wege zur rechten Zeit von Schnee und Eis
zu befreien, Bäume professionell auf Herz
und Nieren zu prüfen, einen Baumkataster
anzulegen, Problembäume zu entnehmen
oder Grünanlagen zu pflegen – bestens
ausgebildete Spezialisten übernehmen die
Aufgaben.
Aber auch im Forstbereich ist der Maschinenring
mit dem Forstservice Tirol geschätzter Dienstleister
und bringt auch Geld in die Gemeindekasse:
Von der Aufforstung über die Pflege bis hin zur
Vor- und Endnutzung bzw. Vermarktung reicht
das landesweite Komplettangebot.
Mit der klimafitten Aufforstung, der
Unkrautbekämpfung mittels Heißschaum oder
den bienenfreundlichen Tiroler Blumenwiesen
setzt der Maschinenring einen Schwerpunkt im
Bereich der Nachhaltigkeit. Dank der Erfahrung
und mit qualifizierten Mitarbeitern aus der
Region bieten die Profis vom Land für Gemeinden
Naturraum-Services und sind da, wenn es darum
geht, Naturgefahren zu begegnen – proaktiv
genauso wie im Schadensfall.
Regionale Wertschöpfung sichern
Aber auch wenn das eigene Personal nicht ausreicht,
ist der Maschinenring als Marktführer
im Bereich Personalleasing die erste Adresse
für Gemeinden: Flexibel einsetzbare Landwirte
oder Fachkräfte, die aus der Region stammen,
werden schnell vermittelt, um die Gemeinde-
Mannschaft zu verstärken.
Mit seinen sechs Geschäftsstellen im ganzen
Land steht das Unternehmen der Tiroler Bauern
in jeder Hinsicht für gelebte Regionalität: Wenn
man auf den Maschinenring setzt, wird Wertschöpfung
in der Region, im Ort geschaffen. Egal
ob es der Landwirt ist, der sich ein Zusatzeinkommen
erwirtschaftet oder der Arbeitnehmer,
der einen sicheren Job findet – sie alle investieren
wiederum in und für ihre lebenswerte
Heimatgemeide.
Infos zu allen
Dienstleistungen & Kontakt zu den
regionalen Maschinenringen:
www.maschinenring.tirol
Wusstest
du, dass der
Maschinenring
über...
7.100
Mitglieder in
Tirol hat?
200
Gemeinden im Jahr
2021 zu seinen
Kunden zählte?
7.000
Bäume im Rahmen
der Baumkontrolle
im Vorjahr
betreut hat?
Die GemNova durfte auch letztes Jahr
zahlreiche öffentliche Auftraggeber,
insbesondere Gemeinden, bei den verschiedensten
Vergabeverfahren begleiten
und dabei ihre Expertise einbringen.
Ziel ist neben der Einhaltung der
rechtlichen Vorgaben auch die Stärkung
des Wettbewerbs.
Die Vielfalt der Beschaffungsvorhaben
und Verfahrensarten zeigt sich anhand
einiger exemplarischer Beispiele von
Ausschreibungen. Diese umfassen insbesondere
diverse Bauausschreibungen
wie gewerksweise Vergaben unter
Berücksichtigung der Los-Regel (Direktvergabe
mit vorheriger Bekanntmachung,
Verhandlungsverfahren, offene Verfahren
etc.) und darüber hinaus Generalplanerleistungen,
aber auch General- und Totalunternehmer-Vergaben.
Zu einem solchen Vergabe-Projekt zählte
beispielsweise der vom Bezirkskrankenhaus
St. Johann in Tirol geplante Umbau
der Zentralküche. Der Auftragswert
befand sich im Oberschwellenbereich
(über den damaligen € 5,35 Mio. netto).
Unter Anwendung der Los-Regel wurde
von der GemNova eine gewerksweise Vergabe
zur Stärkung der Regionalität via
elektronischer Vergabeplattform durchgeführt.
Die Bestbieterkriterien wurden eng
mit Auftraggeber und Fachplanern abgestimmt.
Die besondere Herausforderung
bestand hier in der Umsetzung innerhalb
einer sensiblen Infrastruktur. Dies wurde
(vergabe)rechtlich entsprechend abgebildet,
um den Auftraggeber abzusichern.
Weitere Ausschreibungen betrafen
unter anderem Lieferleistungen, wie die
Beschaffung von (Feuerwehr)fahrzeugen,
Dienstleistungen aus dem Bereich IT für
eine sensible Infrastruktur, Produktion/
Layout, Druck und Versand eines Magazins,
Reinigungsleistungen und andere
Dienstleistungen wie z.B. Laborleistungen.
Auch Restmülltransporte wurden
beschafft. Die Gemeinde Wildschönau
plante z.B. den Auftrag zur Sammlung
von Restmüll im Gemeindegebiet sowie
die anschließende Verbringung zur Übernahmestelle
mehrjährig zu vergeben. Da
der geschätzte Auftragswert im Oberschwellenbereich
(über den damaligen
€ 214.000 netto) angesiedelt war, wurde
ein offenes Verfahren (EU-weit) gewählt.
Die Abwicklung des Verfahrens erfolgte
über die elektronische Vergabeplattform.
Der Zuschlag wurde einem Tiroler Unternehmen
erteilt.
Die Tabelle auf Seite 36/37 veranschaulicht,
ohne ins Detail zu gehen, den Ablauf
der gängigsten Vergabeverfahren. Dabei
sind einige Details zu beachten, die aus
Platzgründen nicht ausgeführt werden
können.
ZU DEN AUTOREN
Mag. a Magdalena Ralser, Mag. Martin
Schonger und Mag. Alexander Sporer
wickeln im Bereich "Infrastruktur &
Recht" insbesondere Vergabeverfahren
ab.
wies0
IST AUSZUSCHREIBEN?
Das Ziel ist die Stärkung des
Wettbewerbs und ein sorgsamer
Umgang mit öffentlichen Geldern
gemäß TGO. Öffentliche Auftraggeber
(z.B. Gemeinden, Gemeindeverbände)
müssen deshalb u.a. das
Bundesvergabegesetz 2018 einhalten.
wann
IST AUSZUSCHREIBEN?
Grundsätzlich sind alle Beschaffungen
– konkret Bau-, Liefer- und
Dienstleistungen – auszuschreiben.
Dabei gibt es einige Ausnahmen.
Eine Direktvergabe darf nur unter
Einhaltung der vergaberechtlichen
Grundsätze erfolgen.
Wie
IST AUSZUSCHREIBEN?
Je nach Auftragswert stehen einerseits
verschiedene Verfahrensarten
zur Verfügung, teilweise muss EUweit
ausgeschrieben werden. Auch
dort mit oder ohne Verhandlungsmöglichkeit.
Andererseits können u.a.
Bauleistungen auch unterschiedlich
vergeben werden: gewerksweise
Vergabe, Generalunternehmer, Totalunternehmer
usw.
36
tirol.kooperiert
tirol.hat Recht tirol.hat Recht 37
ablauf
DIREKTVERGABE
DIREKTVERGABE
MIT VORHERIGER
BEKANNTMACHUNG
VERHANDLUNGS-
VERFAHREN
OHNE VORHERIGE
BEKANNTMACHUNG
VERHANDLUNGS-
VERFAHREN
MIT VORHERIGER
BEKANNTMACHUNG
NICHT OFFENES
VERFAHREN
OHNE VORHERIGE
BEKANNTMACHUNG
NICHT OFFENES
VERFAHREN
MIT VORHERIGER
BEKANNTMACHUNG
OFFENES
VERFAHREN
Aufforderung zur
Angebotslegung
Bekanntmachung
schalten
Aufforderung zur
Angebotslegung
Bekanntmachung
schalten
Aufforderung zur
Angebotslegung
Bekanntmachung
schalten
Bekanntmachung
schalten
Teilnahmefrist
Teilnahmefrist
Bewerbungsunterlagen
versenden
Bewerbungsunterlagen
versenden
Teilnahmeantrag
Teilnahmeantrag
allfällige Eignungsprüfung
Eignungsprüfung
Eignungsprüfung
Eignungsprüfung
Auswahlentscheidung
Auswahlentscheidung
Ausschreibungsunterlagen versenden
Wie unterstützt
die
GemNova
konkret?
ANGEBOTSFRIST
ANGEBOT
ANGEBOTSFRIST
ANGEBOT
• Beratung hinsichtlich aller
möglichen Beschaffungsvorhaben
• Individuelle Beratung in
neutraler Weise hinsichtlich
der möglichen Vergabe
interne Öffnung
Verhandlungen
Angebotsprüfung
Öffnung
Verhandlungsverbot
• Prüfung, ob eine Ausnahme
vom Bundesvergabegesetz
2018 vorliegt
Bestbieterermittlung
• Erarbeitung einer passenden
Lösung je nach Ausgangslage
und Ziel: z.B. mit
einer gewerksweisen Vergabe
gemäß Los-Regel, um die
Regionalität zu stärken
Mitteilung der Zuschlagsentscheidung
STILLHALTEFRIST
• elektronische Vergabe
(zum Teil verpflichtend
einzuhalten!)
AUFTRAG VERGEBEN
AUFTRAG VERGEBEN
38
tirol.hat Recht tirol.hat Recht 39
Whistleblower
Die EU verabschiedete mit
dem Ziel der besseren Durchsetzung
des Unionsrechts die
Richtlinie (EU) 2019/1937 zum
Schutz von Hinweisgebern
(Whistleblower-RL). Während
in Österreich der Bund mit
der Umsetzung säumig ist
und die Europäische Kommission
bereits ein Vertragsverletzungsverfahren
eingeleitet
hat, setzte Tirol die Richtlinie
mit dem Unionsrechtsverstöße-Hinweisgebergesetz
(UVHG) um.
TIROL ALS VORREITER BEIM
HINWEISGEBERSYSTEM
WOZU HINWEISGEBER-
SYSTEME?
Whistleblowing dient dazu, Kenntnis
von Verstößen zu erlangen, um
rechtzeitig auf internes Fehlverhalten
reagieren und Schaden abwenden
zu können. Grundsätzlich sollen mit
Hinweisgebersystemen sowohl europaweite
Mindeststandards als auch
der bisher oft vernachlässigte Schutz
für Hinweisgeber*innen sichergestellt
werden, um mehr Meldungen
über Verstöße gegen Unionsrecht zu
erhalten und aufzuklären. Einerseits
werden betroffene Unternehmen, das
Land und Gemeinden vor große Herausforderungen
bei der Umsetzung
geeigneter Hinweisgebersysteme
gestellt. Andererseits bietet die Einrichtung
von Meldestellen die Chance,
dank rechtzeitiger Information über
Verstöße zeitnah Schaden begrenzen
und öffentliche Skandale vermeiden
zu können, weil Hinweisgeber*innen
regelmäßig vor der Entscheidung stehen,
Meldungen intern oder bei (Strafverfolgungs-)
Behörden abzugeben.
WER MUSS?
Nach dem UVHG sind das Land Tirol,
Gemeinden mit mindestens 10.000
Einwohner*innen, Gemeindeverbände
und durch Landesgesetz eingerichtete
Selbstverwaltungskörper oder
juristische Personen mit mindestens
50 Dienst- bzw. Arbeitnehmer*innen
zur Einrichtung einer internen Meldestelle
verpflichtet. Die externe Meldestelle
ist beim Landesvolksanwalt
eingerichtet. Die Hinweisgebersysteme
sind mit 1. April 2022 wirksam
einzurichten.
WAS MELDEN?
Die Whistleblower-RL bzw. das UVHG
zielt auf Verstöße gegen das Unionsrecht,
insbesondere: öffentliches Auftragswesen;
Finanzdienstleistungen,
Finanzprodukte und Finanzmärkte
sowie Verhinderung von Geldwäsche
und Terrorismusfinanzierung;
Produktsicherheit und –konformität;
Verkehrssicherheit; Umweltschutz;
Strahlenschutz und kerntechnische
Sicherheit; Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit,
Tiergesundheit und
Tierschutz; öffentliche Gesundheit;
Verbraucherschutz; Schutz der Privatsphäre
und personenbezogener Daten
sowie Sicherheit von Netz- und Informationssystemen;
finanzielle Interessen
der Union und Binnenmarktvorschriften.
Ausgenommen sind Vorschriften zum
Schutz von Verschlusssachen oder
der anwaltlichen, notariellen und ärztlichen
Verschwiegenheitspflicht und
von Strafverfahren.
WER KANN MELDEN?
Zugang zum internen Hinweisgebersystem
haben nur aktive oder ehemalige
Dienst- oder Arbeitnehmer*innen,
wenn sie im Zusammenhang mit
ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen
über Verstöße erlangt haben.
Zugang zum externen Hinweisgebersystem
haben alle Personen, die im
Zusammenhang mit ihrer beruflichen
Tätigkeit Informationen über Verstöße
erlangt haben. Dazu zählen u.a.
aktive, ehemalige und künftige Dienstoder
Arbeitnehmer*innen, weiters
Selbstständige, Anteilseigner*innen
und Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane
sowie Freiwillige und
Praktikant*innen.
INTERNE UND EXTERNE
MELDESTELLEN
Das interne Meldesystem kann als
E-Mail-Postfach oder webseitenbasierte
Plattform ausgestaltet werden.
Letztere hat den Vorteil der anonymen
Meldung, sodass die Vertraulichkeit
gewährleistet wird und auch
Hinweisgeber*innen angeregt werden,
Meldungen intern zu erstatten.
Dadurch kann die Meldung intern
bearbeitet und ein möglicher Verstoß
ohne Involvierung Dritter behoben
werden.
Dem Landesvolksanwalt obliegt die
externe Meldestelle für Verstöße
gegen Unionsrecht in Angelegenheiten
der Landesgesetzgebung. Eine
externe Meldung kann nach oder
ohne vorherige Nutzung des internen
Hinweisgebersystems erfolgen.
Hinweisgebersysteme müssen sicher
konzipiert, eingerichtet und betrieben
sein, um die Vertraulichkeit der Identität
des/der Hinweisgeber*in und
anderer in der Meldung erwähnter
Personen zu wahren. Unbefugte dürfen
keinen Zugriff auf die Meldungen
haben; sogar die Möglichkeit
des Zugriffs eines IT-Administrators
/ einer IT-Administratorin verletzt
die Vertraulichkeit. Zur einfacheren
Umsetzung können interne Meldestellen
gemeinsam von Gemeinden oder
von gemeinsamen Behördendiensten
betrieben werden.
MELDUNG EINGELANGT:
WAS NUN?
Nach einer mündlichen oder schriftlichen
Meldung – sofern diese nicht
anonym erfolgte – ist das Einlangen
binnen sieben Tagen an den/
die Hinweisgeber*in zu bestätigen,
zu dokumentieren und zu prüfen
sowie erforderliche Folgemaßnahmen
zu ergreifen und dem/der
Hinweisgeber*in schließlich innerhalb
von drei Monaten darüber eine Rückmeldung
zu erstatten. Bei Bedarf ist
der/die Hinweisgeber*in um Informationen
oder Präzisierung zu ersuchen.
Auch anonyme Meldungen sind zu
dokumentieren und zu prüfen, um
allenfalls entsprechende Folgemaßnahmen
zu ergreifen. Abhängig vom
gemeldeten Sachverhalt besteht
jedenfalls ein zeitlicher Druck zur
raschen Aufarbeitung.
SCHUTZ FÜR
HINWEISGEBER*INNEN
Bei einer personenbezogenen Meldung
sind die DSGVO, das DSG und
arbeitsrechtliche Regelungen einzuhalten,
sodass die Identität der
Person vertraulich bleibt. Auch darf
ein/eine Hinweisgeber*in in keiner
Weise benachteiligt werden, sodass
Repressalien (Suspendierung oder
Entlassung, Mobbing, Versagung einer
Beförderung, negative Leistungsbeurteilung
etc.) bei sonst hohen Verwaltungsstrafen
verboten sind.
ZUM AUTOR
MAG. SEVERIN PLATTNER
RA Mag. Severin Plattner ist Experte
bei Heid & Partner Rechtsanwälte für
Corporate, Immobilienprojekte und
Prozessführung. Er ist Autor und
Vortragender in den Bereichen Baurecht
und Compliance.
40
tirol.hat Recht tirol.hat Recht 41
Illegale Müllablagerungen an Müllsammelstellen
(Recyclinghof, Müllsammelinsel),
Beschädigungen an solchen Einrichtungen
oder anderem öffentlichen Gut und
Verschmutzungen öffentlicher Orte oder
Einrichtungen, die einen unverhältnismäßig
hohen Reinigungs- und Instandhaltungsaufwand
mit sich bringen. Das sind Phänomene,
die immer wieder in kleineren
dörflichen Gemeinschaften auftreten.
Es liegt im Interesse der Gemeinschaft
solchen Verhaltensweisen Einhalt zu
gebieten. Dieses Interesse ist nachvollziehbar
und gerechtfertigt. Als Mittel zur
BILD: Beschädigungen
und Verschmutzungen
öffentlicher Orte
stören nachweislich das
Sicherheitsempfinden.
(© unsplash)
Videoüberwachung
Big Brother und Sicherheitsmaßnahmen vs.
Freiheitsrechte und Persönlichkeitsschutz
Durchsetzung dieses Interesses liegt derzeit
die Videoüberwachung von betroffenen/gefährdeten
Orten sehr hoch im Kurs.
Sie dient der Prävention und zielt auf die
Angst der Täter*innen mittels dieser Überwachung
überführt zu werden.
Die überwiegende Anzahl der Menschen in
unserem Land möchte allerdings in einer
freien demokratischen Zivilgesellschaft
leben, wofür der Schutz persönlicher Freiheitsrechte
essenziell ist und in unser aller
Interesse liegt. Gerade nach den vergangenen
zwei Jahren mit Grundrechtseingriffen
zur Pandemiebekämpfung herrscht wohl
auch Konsens, dass Eingriffe in Grundrechte
nicht leichtfertig stattfinden dürfen.
Sicherheit vs. Freiheitsrechte
Die Abwägung dieser beiden Interessen
(Sicherheit vs. Freiheitsrechte und Persönlichkeitsschutz)
ist auch die juristische
Methode, mit der in jedem Einzelfall
die Zulässigkeit einer Videoüberwachung
geprüft werden muss. Auf eine Waagschale
legt man die Wahrscheinlichkeit eines
Schadenseintritts, abgeleitet von Erfahrungswerten,
die mögliche Schadenshöhe
und die Frage nach anderen Präventionsmaßnahmen
bezüglich Kosten und Effizienz.
Gibt es nämlich weniger eingriffsintensive
Mittel, die wirtschaftlich vertretbar
sind (z.B. Absperrungen), muss auf solche
zurückgegriffen werden.
Hier eine Anmerkung: In allen Fällen, in
denen ich bisher als Datenschutzbeauftragter
mit dieser Thematik befasst war, wurde
von den Gemeindeverantwortlichen als
Tätergruppe für Beschädigungen und Verschmutzungen
von öffentlichen Orten/Einrichtungen
die eigene Dorfjugend benannt.
Für eine mittel- und langfristige Prävention
sollte daher auch an eine zielgerichtete
Jugendarbeit (allenfalls auch gemeindeübergreifend)
gedacht werden.
Die Dauer
der Speicherung
der Bilddaten
darf max.
72 Stunden
betragen. Für eine
längere Speicherung
bräuchte
es gewichtige
nachvollziehbare
Gründe.
Auf eine andere Waagschale wird die Intensität
des Eingriffs gewichtet. Wie schwer
die Intensität zu gewichten ist, hängt von
mehreren Variablen ab: Größe des überwachten
Raums, Widmung des Raums,
Anzahl der durchschnittlich im Raum erfassten
Personen, Dauer des Aufenthalts im
Raum usw. Kleine Anpassungen bei einzelnen
Variablen können dabei gewaltigen
Einfluss auf die Eingriffsintensität haben
(z.B. Videoüberwachung im Recyclinghof
nur außerhalb der Öffnungszeiten). Wenn
regelmäßige Schäden zu erwarten sind
oder ein schwerer Schaden, was jeweils
hohe Kosten bedeutet, so besteht ein großes
Interesse an der Schadensabwehr. Ist
gleichzeitig das Risiko für von der Videoüberwachung
betroffene Personen bzgl. der
Einschränkung ihrer Rechte und Freiheiten
gering, weil z.B. nur relativ wenige Personen
bei widmungsmäßiger Nutzung des überwachten
Raums nur kurz zu unverfänglichen
Tätigkeiten dort sind, dann überwiegt
das Interesse der Schadensabwehr durch
die Überwachung jenes des Schutzes vor
dieser konkreten Überwachung. Rechtlich
ergibt das ein „berechtigtes Interesse“, was
dann auch gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO
(Datenschutz-Grundverordnung) die Rechtsgrundlage
oder den „Erlaubnistatbestand“
für die Videoüberwachung ist.
Der rechtliche Rahmen
Der österreichische Gesetzgeber hat zur
„Bildverarbeitung“ eigene Paragraphen ins
DSG (Datenschutzgesetz) 2018 eingefügt;
nämlich die §§ 12 und 13. Dort verankert
sind deutlich konkretere Regelungen zur
Zulässigkeit sowie formale Vorgaben zur
Umsetzung. Das BVwG (Bundesverwaltungsgericht)
hat dazu entschieden, dass
der österreichische Gesetzgeber hierzu
keine Kompetenz hatte mangels einer Öffnungsklausel
in Art. 6 DSGVO und dass die
Zulässigkeit einer Videoüberwachung nur
nach Art. 5 und 6 DSGVO zu beurteilen ist.
Die österreichische Datenschutzbehörde
hat bereits mitgeteilt, sich an diese Rechtsprechung
zu halten. Der OGH (Oberste
Gerichtshof) hat nach dieser Entscheidung
des BVwG die §§ 12 und 13 DSG 2018 weiter
angewendet, sodass hier eigentlich noch
Unklarheit herrscht, die meines Wissens
nach noch nicht endgültig geklärt ist.
Für die Praxis ist das jedoch zweitrangig.
Die §§ 12 und 13 DSG 2018 legen relativ
hohe Standards fest, sodass der Verantwortliche
für die Videoüberwachung mit der
oben beschriebenen Interessensabwägung
und der Einhaltung der §§ 12 und 13 DSG
2018 rechtlich auf der sicheren Seite steht.
Die Bestimmungen sind also mindestens
als Leitlinie hilfreich und es empfiehlt sich
sie zu beachten.
Bei der konkreten Umsetzung der Videoüberwachung
ist nach dieser Leitlinie zu
beachten, dass die Dauer der Speicherung
der Bilddaten max. 72 Stunden betragen
soll. Für eine längere Speicherung bräuchte
es gewichtige nachvollziehbare Gründe. Die
Videoüberwachung muss gekennzeichnet
werden. Dies wird wohl im Interesse des
Verantwortlichen liegen, schließlich erhofft
man sich Prävention durch Abschreckung.
Dem weiteren Transparenzgedanken dahinter
entsprechend sollte auch eine Datenschutzerklärung
zur Videoüberwachung
zugänglich sein. Diese kann bei der Kennzeichnung
angebracht werden oder man
verweist dort darauf, dass die Datenschutzerklärung
auf der Homepage des Verantwortlichen
zu finden ist.
Schließlich kann es noch sein, dass die
Installation einer Videoüberwachung eine
Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß
Art. 35 DSGVO erforderlich macht. Die beiden
Verordnungen der Datenschutzbehörde
zur Frage, wann es jedenfalls keine Datenschutz-Folgenabschätzung
braucht bzw.
wann es jedenfalls eine braucht, haben im
Ergebnis nur dazu geführt, dass auch hier in
jedem Einzelfall diese Frage geprüft werden
muss. Dabei gibt es Einzelfälle, für welche
die Verordnungen klare und damit schnelle
Antworten liefern, aber es gibt auch Sachverhalte,
bei denen eine ähnliche Abwägung
erfolgen muss, wie die Interessensabwägung
zur Zulässigkeit der Überwachung.
Der technische Fortschritt hat im Bereich
der Videoüberwachung dazu geführt,
dass bessere und billigere Systeme
zur Verfügung stehen, sodass auch für
kleine Bereiche/Einrichtungen mit einem
verhältnismäßigen Aufwand solche
Systeme installiert werden können. Es gibt
in Tirol kompetente Anbieter für solche
Systeme. Bei der Umsetzung sollte jedoch
nicht nur aus rechtlicher Notwendigkeit,
sondern auch aus gesellschaftlicher
Verantwortlichkeit, die Eingriffsintensität
auf das notwendige Mindestmaß
beschränkt bleiben. Insgesamt sind einige
rechtliche Fragen bei der Umsetzung zu
beachten, sodass, weil gerade zu diesem
Thema immer wieder viele Beschwerden
bei der Datenschutzbehörde einlangen,
immer der/die Datenschutzbeauftragte
eingebunden werden sollte, wenn man
eine Videoüberwachung installieren will.
ZUM AUTOR
MAG. NILS RAUCH
Nils Rauch ist seit April 2018 bei der
GemNova als Unternehmensjurist und
als externer Datenschutzbeauftragter
für über 50 Tiroler Gemeinden sowie
für mehrere gemeindenahe Einrichtungen
tätig. Davor sammelte er berufliche
Erfahrungen als Rechtsanwalt und
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der
Universität Innsbruck.
ACHTUNG
eoüberwachung
42 tirol.hat Recht tirol.hat Recht 43
Alles aus
einer Hand
ZUM AUTOR
DR. WOLFGANG RAUTH
Wolfgang Rauth ist Leiter des Objekt &
Facility Managements der Bundesimmobiliengesellschaft
in Tirol.
Kontakt: wolfgang.rauth@big.at
Was
für ein
Zustand!
Die GemNova und die Expert*innen der BIG
Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. bieten eine
vertiefte Zustandserfassung und die Planung
von Instandhaltungsmaßnahmen einer Immobilie
an. Damit können Schwachstellen frühzeitig
erkannt und die Wertsteigerung der Immobilie
durch eine optimale Planung in wenigen Schritten
erreicht werden.
Unter der Zustandserfassung und
Maßnahmenplanung versteht man die
objektive, systematische Analyse eines
Gebäudezustandes und die fundierte
Ermittlung des Instandhaltungsbedarfes
der Immobilie.
TGA
VERKEHRSFLÄCHEN
TECHNIKFLÄCHEN
NEBENNUTZFLÄCHEN
Objektzustand
Dabei erfolgt eine objektive und ganzheitliche
Beurteilung des baulichen Zustandes
eines Objektes durch die intelligente
Nutzung statistischer Daten und systemische
Unterstützung auf Basis des sogenannten
epiqr®-Verfahrens. Die Elemente
eines Gebäudes werden typ- und gruppenmäßig
erfasst und die vorgefundenen
Bauteile anhand von objektiven Beschreibungen
vier möglichen Zuständen zugeordnet.
Die Geometrien der Gebäudehülle
und der Räume werden aufgenommen
und dienen AiBATROS® zur automatischen
Berechnung weiterer Massen und
Dimensionen. In einem einzigen Diagramm
können die wesentlichen Mängel
und somit die Verbesserungserfordernisse
rasch abgelesen werden. Auf Grundlage
der Zustandsdaten werden dann auf
Basis von detaillierten Kennwerten abgerechneter
Instandhaltungsmaßnahmen
Standardmaßnahmenpakete ermittelt,
die je Strategie für die Budgetvorschau
der kommenden Jahre herangezogen
werden können.
Die Zustandsbeurteilung und Maßnahmenplanung
erfolgt in höchster Qualität
durch eigens ausgebildetes und zertifiziertes
Personal. Die Daten des Gebäudes
werden je nach Detaillierungsgrad – der
kann in unterschiedlichen Teilbereichen
auch durchaus voneinander abweichen
– dem Prozess der Zustandserfassung
und Maßnahmenplanung zugrunde gelegt.
Auf Basis der konkret erfassten Daten
und der im System hinterlegten, bereits
abgerechneten Projekte können Kostenkennwerte
für die Instandhaltung bzw.
Instandsetzung des Gebäudes vorgenommen
und gegebenenfalls laufend angepasst
werden. Grundsätzlich stehen drei
Planungsstrategien zur Verfügung – von
der Notinstandhaltung über den Werterhalt
bis zur Modernisierung. Je nach
Strategie und Zustandserfassung werden
verschieden hohe Kostengrundlagen
AUSSENANLAGE
GEBÄUDEHÜLLE
HAUPTNUTZFLÄCHE
Für viele Tiroler Gemeinden
ist ein fachgerechtes
und gesetzeskonformes
Gebäudemanagement aufgrund
der ohnehin schon
vielfältigen Aufgaben herausfordernd.
Aus diesem
Grund bieten die Bundesimmobiliengesellschaft
und die GemNova Facility
Management, Service und
Wartung für Gemeindeimmobilien
an.
Bei Interesse steht Ihnen
Mag. Nikolaus Kraak
(n.kraak@gemnova.at) für
Anfragen zur Verfügung.
ermittelt. Die so berechneten Kosten können
dann zur Umsetzung in Jahresbauraten
zerlegt und den finanziellen Möglichkeiten
der Gemeinde angepasst werden.
Nikolaus Kraak, Prokurist bei GemNova,
sieht in diesem Instrument einen klaren
Mehrwert für die Tiroler Gemeinden: „Sie
erhalten rasch, in einheitlicher Form und
klar einen Überblick über den Zustand
der eigenen Gebäude mit der Möglichkeit
einer Gegenüberstellung unterschiedlicher
Instandhaltungsstrategien einschließlich
Maßnahmenpaketen als Basis für die Investitionsentscheidungen.
Das ermöglicht
zudem eine nachvollziehbare Budgeterstellung
mit transparenter Kommunikation.“
Wie die Maßnahmenplanung im Detail
erfolgt und welches Instrument dabei zum
Einsatz kommt, wird in der nächsten Ausgabe
von 277.TIROL berichtet.
44
tirol.ist schön tirol.ist schön 45
NEUES KINDER-
ZENTRUM IN ST. JOHANN
KiM – Kinder im Mittelpunkt. So lautet der Name des neuen
Kinderzentrums in St. Johann. Diese drei Buchstaben
können auch als Willkommensgruß im heimischen Dialekt
verstanden werden – „kim eicha“ – und stehen für sich.
ZUM FOTOGRAFEN
MICHAEL PUTZLOCHER
Michael Putzlocher ist Fotograf und Digital Creator. Sein
Studium absolvierte er an der FH MultiMediaArt in Salzburg.
In Michaels Studio in Telfs und On-Location fertigt
er ausdrucksstarke, positive und wirkungsvolle Porträts
für Menschen, Orte und Unternehmen.
46
tirol.ist schön tirol.ist schön 47
8 Mio
Gesamtinvestment
7
Gruppen
Kindergarten
4
Gruppen
Kinderkrippe
Das KiM in St. Johann ist ein wahres Schmuckkästchen. Seit dem Vorjahr haben hier
die Kinderkrippe mit vier Gruppen sowie der, Kindergarten mit sieben Gruppen ein
neues Zuhause gefunden. In den wärmeren Monaten bieten großzügige Garten- und
Außenspielflächen auch draußen ausreichend Platz für Spiel und Spaß.
48 tirol.ist schön tirol.ist schön 49
DIE DREH-
SCHEIBE LANS
Mit dem Neubau der Volksschule,
des Kindergartens und der Kinderkrippe
setzt die Gemeinde
Lans ein starkes Ausrufezeichen.
Auch, weil es sich im Herzen des
Ortes befindet.
2.000
m 2
Holzfußboden schaffen
Behaglichkeit
11 Mio Gesamtinvestment
Kinder Haus Lans: Der perfekte Platz
für Kinder, großzügig ausgestaltet,
gleichzeitig auf viele kleine Details achtend.
Ein heimeliger Ort zum Wohlfühlen,
zum Spielen, zum Lernen. Kinder sind
die Zukunft unserer Welt
50
tirol.ist schön tirol.bildet 51
Innovative Hygiene.
VERNETZTE DESINFEKTION & HYGIENE
im Waschraum
fürs Gebäude
3.200
G e s a m t n u t z fl ä c h e
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Digitale Spenderdaten
bringen 25 % weniger
Serviceaufwand
und 30 % mehr
Kundenzufriedenheit.
Reinigungslösungen und
VAH-gelistete Desinfektionsmittel
exakt dosieren
für 30 % mehr Zeit und
30 % weniger Ausgaben.
Eine gelungene Verbindung
von Pädagogik, Bauwerk und Ausstattung
Die Idee von Lernclustern: Eine variable Möblierung,
eine zweckdienliche Ausstattung, hohe
Qualität. Kinder sollen spielerisch lernen, ihre
Erfahrungen machen, viele positive Beispiele
sehen. Vor allem aber ganzheitlich gefördert
und gefordert werden.
Mit einer Dosieranlage bis
zu vier Waschmaschinen
versorgen.
Sorgenfrei-sauberes
Geschirr, 24/7/365
mit einer App.
für die Wäsche
in der Küche
3.200 m² Gesamtnutzfläche schaffen
Raum für kuschelige Spielecken
für Kinder. Dabei gilt es immer wieder
auf die Besonderheiten und Vielfalt
unserer Kleinsten Rücksicht zu
nehmen. Leise Stimmen haben den
selben Stellenwert wie die lauten.
DIGITALISIERUNG SCHAFFT
EFFIZIENZ UND NACHHALTIGKEIT
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52
tirol.modern und innovativ tirol.modern und innovativ 53
MATTY?
MATTY WAS?
Wer von Ihnen hat schon mal den Namen „Matty“ gehört? Ja, „Matty“. Und was könnte
sich hinter diesem Namen verbergen? Ich hatte aber so was von keine Ahnung. Wahrscheinlich
wird es Ihnen gleich ergehen. Des Rätsels Lösung? „Matty“ steht für ein Tiroler
Unternehmen, welches erst 2020 gegründet wurde, mittlerweile aber schon höchst
erfolgreich ist. Am besten, Sie lesen gleich weiter.
Aller Anfang ist schwer. „Du, ich hab
diese Woche überhaupt keine Zeit, ich
bin total eingedeckt, lass uns nächste
Woche telefonieren.“ Eine Woche später.
„Du, ich hab diese Woche überhaupt
keine Zeit, ich bin total eingedeckt,
lass uns nächste Woche telefonieren.“
Nein, so nicht, denke ich mir und sage:
„Schade, dann wird´s leider nichts mit
unserer Geschichte.“ Kurzes Schweigen.
„Warte mal, Donnerstag um neun,
da hätte ich eine halbe Stunde Zeit.“
„Tut mir leid, wir brauchen mindestens
eine Stunde – mindestens,“ meine Antwort.
„Ok, die krieg ich wohl auch noch
zusammen. Also Donnerstag um neun.“
Aller Anfang ist schwer. Als ich wie vereinbart
um neun anrufe: „Du, ich sitz gerade
im Auto, bin am Weg ins Büro. Kann ich
dich in zehn Minuten anrufen?“ Eine halbe
Stunde später klappt es dann endlich.
Georg Foidl, der Gründer, Eigentümer und
Geschäftsführer von Matty ruft an, nimmt
sich nunmehr Zeit, über sich und sein
Unternehmen zu erzählen. Am darauffolgenden
Montag sitzen wir uns dann auch
noch persönlich gegenüber, in Innsbruck.
„Über mich magst was wissen? Hör auf,
ich bin doch gar nicht wichtig.“ Deshalb
nur im Schnelldurchgang. Der gebürtige
Waidringer, mittlerweile 30 Jahre jung,
absolvierte seine dreijährige Kochlehre
im Vitalhotel Berghof in Erpfendorf bei
Kirchdorf, um dann in diesem Hotel gleich
als Sous Chef zu beginnen.
Über ein namhaftes Hotel in Fieberbrunn,
„dort war ich sogar Küchenchef“, gelangte
er nach Braz. Braz, werden Sie sich fragen,
wo bitte schön ist denn das? Braz
ist eine Ansammlung weniger Häuser in
der Nähe von Bludenz mit einem renommierten
Haubenlokal und Golfhotel. „Ein
Jahr lang war ich dort als Beilagenkoch
tätig, wobei die Sprache schon wild war.
Anfangs hab ich nicht einmal meinen
Küchenchef verstanden.“ Ja, das Vorarlbergische
ist für all jene, die aus Ländle-
Sicht hinter dem Arlberg wohnen, also
dem Rest Österreichs, tatsächlich nur
schwer verständlich.
„Georg – weißt keinen Koch für mich?“
2019 – die fünf Jahre davor war Georg Foidl
in der IT-Branche tätig, verkaufte Informationssysteme
an Vier- und Fünf-Sterne-
Hotels in der Schweiz und in Österreich.
2019 dann die große Erleuchtung, die
bahnbrechende Idee. „Die Tiroler Hotellerie
ist ja ein Dorf, da kennt jeder jeden.
Immer wieder wurde ich auf das Gleiche
angesprochen: Du, Georg, weißt keinen
Koch für mich, wir bekommen keinen. Da
hab ich dann gedacht, warum bietet denn
niemand den Hotels verschiedene Menüs
an? Da hätten doch beide Seiten etwas
davon.“
Zuvor gab es freilich noch ein kleines
Problem: Die Finanzierung jener Großküche,
die für Hotels an bestimmten Tagen
eine ganze Bandbreite von Menüs frisch
zubereiten und liefern sollte. „Wir haben
dann eine Investorengruppe in Kramsach
gefunden. Denen hat unsere Idee gefallen.
Danach sind wir uns rasch einig geworden.“
Im Jänner 2020 wird Matty gegründet (der
Name steht für „Menus are transported to
BILD: Georg Foidl,
der Kopf von Matty, in
seiner Großküche. Erst
vor wenigen Wochen
wurde das Unternehmen
mit dem Innovationspreis
des Landes
Tirol ausgezeichnet.
(© fancy tree films)
you“), im Dezember
gleichen Jahres wird
die 1,5 Mio. € teure
Großküche in Buch
bei Jenbach eröffnet.
„Das war damals die
modernste Großküche
Österreichs“,
freut sich Foidl auch
noch heute.
Dezember 2020,
Sie erinnern sich
noch? Corona, Jahr
eins. Strenger Lockdown,
fast alles
geschlossen, Ausgehverbote.
„Jetzt
hatten wir eine tolle
Großküche, die freilich
nichts produzieren
konnte, weil
alle Hotels zu hatten.
Wir haben uns
dann überlegt, wie
wir das zum Laufen
kriegen. Na ja, und dann kam die Idee,
gesundes Essen für Beschäftigte aus den
unterschiedlichsten Bereichen zuzubereiten.
Im März 2021 wurden die ersten
Essen für Betriebe ausgeliefert, von der
Drei-Mann-Firma bis hin zu Unternehmen
mit 600 Beschäftigten. Der Start
war endlich geglückt.“
2.000 Essen täglich
Am 19. Mai des Vorjahres durften die
Hotels in Tirol wieder öffnen. Bereits ein
paar Tage später lieferte Matty die ersten
Menüs aus. „Gute Köche waren und sind
nicht so leicht zu bekommen, darum wurden
wir mit offenen Armen empfangen.
Wir stellen den Hotels an zwei bis drei
Tagen die Woche fertige Menüs zur Verfügung,
oder auch nur die Vor-, Hauptoder
Nachspeise. In dieser Zeit können
sie ihren Köchen freigeben, eine geregelte
Arbeitswoche anbieten. Gute Köche sind
immer gefragt, nur bestehen diese zu
Recht auch auf ihre Freizeit. Wenn alles
zusammenpasst, bleiben sie auch längerfristig
im Hotel beschäftigt.“
In der eigenen Großküche in Buch beschäftigt
Foidl mittlerweile zwölf Köche, dazu
vier Personen im Back Office. Personalprobleme
kennt er keine. „Wir zahlen gute
Löhne, weit über dem Kollektivvertrag. Es
gibt durchgehende Arbeitszeiten, keine
Teildienste, keine stundenlangen Leerzeiten.
Außerdem gibt´s bei uns keine Saisonarbeit,
sondern eine Jahresstelle. Das
Gesamtpaket ist einfach sehr attraktiv.“
Die Essenszubereitung
erfolgt bei uns ausschließlich
in Handarbeit.
Da gibt es also keine
Maschinen, die etwa
Knödel machen.
Aktuell werden über zehn Hotels in Tirol
regelmäßig beliefert, dazu kommen noch
knapp sechzig Betriebe, deren Beschäftigte
mit Mahlzeiten versorgt werden. Rund
2.000 Essen werden derzeit täglich frisch
zubereitet, in den nächsten zwei bis drei
Jahren sollen es 10.000 Essen täglich sein.
Was Foidl besonders herausstreicht:
„Die Essenszubereitung erfolgt bei uns
ausschließlich in Handarbeit. Da gibt es
also keine Maschinen, die etwa Knödel
machen.“ Offensichtlich kommt diese Art
der Kooperation, der Essenslieferung in
den Hotels gut an. Das Interesse ist groß,
die Nachfrage steigt. „Das Allermeiste läuft
über Mundpropaganda, über Empfehlungen.
Wir beliefern derzeit ausschließlich
Hotels im Vier-Sterne- und Vier-Sterne-
Plus-Bereich. Da ist gehobene Küche
gefragt, Qualität das zentrale Kriterium.“
Kindergärten und Seniorenheime
Eine weitere Tür wurde kürzlich auch in
Richtung Kindergärten und Seniorenheime
geöffnet. So werden etwa die Kindergärten
in Stams und Aschau mit frisch zubereiteten
Matty-Mahlzeiten beliefert, ebenso wie
Seniorenheime in Münster und anderen
Gemeinden. Dort spielt der Preis natürlich
eine wichtigere Rolle. Foidl´s Credo: „Das
Kind isst unsere Mahlzeiten im Kindergarten,
die Mutter in der Firma, der Papa in
der Werkstatt, der Opa und die Oma im
Seniorenheim. Und wenn die ganze Familie
dann auf Urlaub fährt, kommt das Menü
ebenfalls von uns.“ Klingt gut, setzt freilich
voraus, dass die Familie dann mindestens
in einem Vier-Sterne-Hotel nächtigt. Und
auch die entsprechenden Preise bezahlen
kann.
Für Matty und die Investorengruppe
beginnt sich diese Idee langsam zu rechnen.
Am 31. Dezember 2021 wurde bereits
der Break Even erreicht, auch im Jänner
konnte ein Gewinn erzielt werden. Und das
in diesen herausfordernden Corona Zeiten
– eine wirklich bemerkenswerte Leistung.
Kein Wunder, dass die kurz- und mittelfristigen
Planungen erweitert werden. Expansion
ist angesagt, wenngleich man nicht zu
schnell zu rasch wachsen will.
Wirft man einen kurzen Blick in die Business-Pläne,
so versteht man langsam
auch die Foidl´sche Rastlosigkeit. In naher
Zukunft soll eine zweite Großküche in München
eröffnet werden, danach sollen noch
weitere Großküchen folgen. „Vergangenen
Monat musste ich einem großen Hotel
absagen, einfach weil wir aktuell keine
Kapazitäten mehr haben. Die Nachfrage
ist einfach zu groß.“ Gut, diese „Probleme“
würden sich andere Unternehmen wohl
auch wünschen.
Übrigens: Nach diesen Gesprächen mit
Georg Foidl nehme ich sein „Du, ich hab
diese Woche überhaupt keine Zeit.“ nicht
mehr persönlich. Der Kerl hat offensichtlich
wirklich sehr viel um die Ohren. Bei der
Frage nach seinem Privatleben etwa lacht
er laut auf. „Das ist derzeit echt schwierig.
Ich bin zwar frisch verliebt, hab aber
sehr wenig Zeit. Zum Glück sitzt meine
Freundin in Wien, hat ebenfalls einen herausfordernden
Job, auch nicht so viel Zeit.
Sehen tun wir uns derzeit also vor allem
über Videokonferenzen.“
VON
REINHOLD OBLAK
54 tirol.modern und innovativ
55
Nachhaltiges
Bauen
EINE ANNÄHERUNG
projekt werden bis zu 15 (!) SDG-Ziele angesprochen.
Vom Beginn der konkreten Arbeit
auf EU-Ebene (CEN TC 350) im Jahr 2005
bis zur heute gültigen ÖNORM EN 15643
(2021) wurden umsetzbare Grundlagen für
nachhaltiges Bauen in Österreich entwickelt.
Wie die rechts angeführten Fakten zeigen,
beeinflusst die Bauwirtschaft die globalen
Material- und Energieströme sehr stark. Sie
hat wesentlichen Einfluss auf die Ressourcennutzung
bei der Errichtung (Investition).
Beim Betrieb der Gebäude wird ein noch
viel höherer Mitteleinsatz erforderlich. Und
am Ende der Lebensdauer entsteht ein verhältnismäßig
großer Anteil des weltweiten
Abfalls. Nachhaltiges Bauen, das heißt achtsames
und sinnvolles Entwickeln, Planen,
Bauen, Nutzen, Betreiben, Instandhalten und
Rückbauen, ist ein wirkungsvoller Hebel und
kann einen großen Beitrag zu einer „enkeltauglichen“
Zukunft leisten.
Nachhaltiges Bauen ist per Definition in
drei Bereiche gegliedert, integriert damit
den Blick auf das Gebäude/das Quartier
aus möglichst vielen Richtungen:
die soziokulturelle Nachhaltigkeit
die ökonomische Nachhaltigkeit
die ökologische Nachhaltigkeit
Nachhaltiges Bauen will Bauen ganzheitlich
betrachten. Es umfasst alle Betroffenen
(Stakeholder) inklusive unserem Ökosystem.
Um Handlungsfelder für die drei Bereiche
unterscheiden zu können, wurden jeweils
Schutzziele und Schutzgüter genannt.
~90 %
verbringen wir
in Innenräumen,
Gebäude haben
einen enormen
Einfluss auf uns
11,4 %
Erhöhung des Baupreisindex
Hochbau
im 4. Quartal von
2020 auf 2021
24,1 %
Schutzgüter
1
2
Ökologie Ökonomie Soziokulturelles
natürliche Ressourcen
natürliche Umwelt
natürliche Ressourcen
globale und lokale Umwelt
Kapital/Werte
ökon. Leistungsfähigkeit
menschliche Gesundheit
soz. und kult. Werte
Kapital/Werte Gesundheit
Nutzerzufriedenheit
Funktionalität
kult. Werte
Plus des Energiepreisindex
der
österreichischen
Energieagentur
im Dezember 2021
gegenüber dem
Vorjahr
Zukunftsfähiges Bauen, „enkeltaugliches“ Bauen, nachhaltiges Bauen – Begriffe, die sich gerade häufen, im
Trend sind, ein Gebäude auf der Höhe der Zeit erscheinen lassen wollen. Doch was bedeuten diese Begriffe
wirklich? Auf welchen Grundsätzen beruhen sie? Und wie werden sie nachvollziehbar angewendet? Der
rasche Wandel des Klimas hat die Notwendigkeit des Umdenkens verstärkt und beschleunigt. Nachhaltigkeit
als Gebot der Stunde bietet Alternativen an, zeigt Defizite auf und hat das Ziel, unsere Welt für
nachfolgende Generationen lebenswert zu erhalten.
Der Begriff der Nachhaltigkeit existiert
schon viele Jahre. Er stammt aus der Forstwirtschaft
und wurde im 18 Jhd. von Hans
Carl von Carlowitz erstmals schriftlich formuliert.
Die Entwicklungen seit der Aufklärung
– mit einem zum Teil bis heute ungebrochenen
Glauben an den Fortschritt durch Technik –
führten zu ersten nachdenklichen Stimmen in
den 1960/70er Jahren. Als Beispiele seien hier
die Urbanistin und Schriftstellerin Jane Jacobs
sowie der Bericht „Grenzen des Wachtums“
des Club of Rome aus dem Jahr 1972 genannt.
Weitere Meilensteine sind die Aufnahme des
Gedankens der nachhaltigen Entwicklung in
die Vereinten Nationen mit dem Brundtland-
Bericht 1987 bzw. bei der Rio-Konferenz 1992
(als „Centre for Our Common Future“ reaktiviert).
Nach den im Jahr 2000 beschlossenen Milleniumsentwicklungszielen
(MDGs) sprechen seit
2015 die Vereinten Nationen von den 17 SDGs
(Sustainable Development Goals). Um damit zum
nachhaltigen Bauen zu kommen: Je nach Bau-
Schutzziele
1
2
Schutz der natürlichen Ressourcen
und sparsamer und
schonender Umgang
Effizienzsteigerung
Reduktion von Schadstoffbelastungen/Umwelteinwirkungen
Schutz der Erdatmosphäre,
des Bodens, des Grundwassers
und der Gewässer
Förderung einer umweltverträglichen
Produktion
Schutz der natürlichen
Ressourcen
Schutz des Ökosystems
Lebenszykluskosten senken
Verringerung des Subventionsaufwandes
Schulden verringern
Förderung einer verantwortungsbewussten
Unternehmerschaft
Schaffung nachhaltiger
Konsumgewohnheiten
Schaffung dynamischer
und kooperativer internat.
wirtschaftlicher Rahmenbedingungen
Reduzierung der Lebenszykluskosten
Verbesserung der
Wirtschaftlichkeit
Erhalt von Kapital/Wert
1 = Nachhaltigkeit allgemein, 2 = Nachhaltiges Bauen
Schutz und Förderung
menschlicher Gesundheit
sozialen Zusammenhalt und
Solidarität stärken
kulturelle Werte erhalten
Chancengleichheit
Sicherung von Erwerbsfähigkeit
und Arbeitsplätzen
Armutsbekämpfung
Bildung/Ausbildung
Gleichberechtigung
Integration
Sicherheit/
lebenswertes Umeld
Bewahrung von Gesundheit,
Sicherheit und Behagen
Gewährleistung von
Funktionalität
Sicherung der gestalterischen
und städtebaulichen
Qualität
~
Die klimaschädlichen
CO2-Emissionen,
verursacht
durch den Bausektor,
waren noch
nie so hoch.
2/3
des österreichischen
Abfallaufkommens
verursacht
der Bausektor
56 tirol.modern und innovativ tirol.modern und innovativ
57
Diese Schutzgüter und Schutzziele führen zu
einer großen Anzahl von Handlungsfeldern, beispielhaft
sind in den Factboxes einige genannt.
IM KREISLAUF
ökologische Nachhaltigkeit
Primärenergiebedarf
verwendete Materialien,
Kreislaufwirtschaft
CO2-Emissionen
Ausschluss klimaschädliche
Substanzen
Flächenverbrauch
Ökobilanzierung
Versiegelungsgrad
Lage und Mobilität
FÜR DIE MENSCHEN
soziokulturelle Nachhaltigkeit
Baukultur (kultureller und
eventuell denkmalpflegerischer
Wert)
wohltuende Innen- und
Außenräume
Barrierefreiheit
Behaglichkeit
Innenraumluftqualität
Schallschutz, Akustik
Tageslicht, Kunstlicht
Sicherheit
Handlungsfelder
IM LEBENSZYKLUS
ökonomische Nachhaltigkeit
Planungsqualität
Prozessqualität
Nutzungsflexibilität
Struktur des Baukörpers
Flächeneffizienz
Gebäudeluftdichtheit
Lebenszyklusberechnungen
Energieverbrauchs-
Monitoring
Nachhaltiges
Bauen versucht
die Bedürfnisse,
Wünsche und
Ziele von uns
Menschen sowie
die ökonomischen
und ökologischen
Anforderungen
zusammengefasst
in einem Gebäude
zu verwirklichen.
Es gilt der Anspruch, dass die Zusammenarbeit
in den betroffenen Bereichen frühund
gleichzeitig erfolgen muss. Die Digitalisierung
gibt uns die Möglichkeiten dazu.
Planungen, Erfahrungen und Berechnungen
greifen zur selben Zeit ineinander, um ein
ausgereiftes Projekt bei der Erstellung, beim
Betrieb, bei der Instandhaltung und beim
Rückbau umzusetzen. Ziel ist ein Gebäude
entlang der erwarteten Bedingungen
zu errichten, die dem Menschen guttun,
den Wert hochhalten und der moralischen
Pflicht gegenüber den kommenden Generationen
gerecht werden. Der ganzheitliche
Ansatz erlaubt den notwendigen Überblick,
den steuernden Eingriff in die Prozesse und
die breite Einbeziehung der Betroffenen
zum richtigen Zeitpunkt über den gesamten,
möglichst langen Lebenszyklus.
Nachhaltiges Bauen beginnt mit der allerersten
Idee, lebt vom breiten Miteinander
(integraler Arbeitsprozess) und ist sich
der Verantwortung bewusst, dass ein
Bauwerk in seiner Gesamtheit nur durch
hervorragende Baukultur, durch immense
Flexibilität und durch die Anwendung der
jeweils aktuell gültigen Kenntnisse (über
den gesamten Lebenszyklus) gelingt. Es
betrachtet ab den ersten Schritten der Entwicklung
den Betrieb, die Instandhaltung
und den Rückbau als Teil des Ganzen.
Nachhaltiges Bauen versucht die Bedürfnisse,
Wünsche und Ziele von uns Menschen
sowie die ökonomischen und ökologischen
Anforderungen zusammengefasst
in einem Gebäude zu verwirklichen. Das ist
eine große Herausforderung, aber mit den
heutigen Kenntnissen und Mitteln schaffbar.
Noch dazu mit einem Ergebnis, das
uns und die nachfolgenden Generationen
bereichert, zum Wohlbefinden beiträgt und
nicht zuletzt den Wert hochhält.
Warum bauen wir also nicht schon längst
nur noch nachhaltige Gebäude?
Möglichkeiten zur Umsetzung von NACH-
HALTIGEM Bauen lest ihr in der nächsten
Ausgabe! Bei Fragen stehe ich gerne zur
Verfügung: a.ilmer@gemnova.at
ZUM AUTOR
DI ALOIS ILMER, M.ENG
Alois Ilmer lebt mit seiner Familie in einer Reihenhausanlage
in Holzmassiv-Bauweise in Sistrans, hat
Architektur studiert, viele Jahre als Angestellter und
später Selbständiger im Bereich Entwicklung, Planung
und Umsetzung gearbeitet, immer mit dem Fokus
auf einer umfassenden Betrachtung der Aufgabe
und ein qualitätvolles Ergebnis. In den Jahren 2013
bis 2015 hat er das Masterstudium „Nachhaltiges
Bauen“ absolviert, war einige Jahre an der Universität
Innsbruck als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig und
ist seit März 2020 Projektverantwortlicher bei der
GemNova.
Digitales Parken mit Parkster
Parken mit Parkster heißt für Autofahrer: einfaches und
schnelles Bezahlen ihrer Parkgebühren – bequem, kontaktlos
und sicher am Smartphone. Als Kommunen oder private
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beispielsweise für die Wartung und mittelfristig sogar für die
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Fragen? Wir beraten Sie
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Foto: Adobe Stock / chathuporn
58 tirol.denkt weiter
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG 59
Umrüstung der
Außenbeleuchtung in Weer
LED-Außenbeleuchtung
Die IKB ist der regionale Experte und zudem Marktführer in Tirol
im Bereich Außenbeleuchtung. Wenn Sie eine moderne und wirtschaftliche
Beleuchtung haben wollen, dann ist die IKB der
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Unsere Leistungen
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Martin Angerer
Geschäftsbereich:
Energieservices
0512 502-5234
martin.angerer@ikb.at
www.ikb.at
2016 beauftragte die Gemeinde Weer die
Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB) mit einer
Ist-Analyse und anschließenden Umstellung
der Außenbeleuchtung entlang der
Bundesstraße und am Kathreinweg auf modernste
LED-Technologie.
Bei der Analyse der bestehenden Straßenbeleuchtung
stellte sich heraus, dass die Ausleuchtung der Straße und
der Gehwege nicht der aktuellen Norm entsprach. Für
Gemeinden ist es unabdingbar, diese Norm zu erfüllen,
denn bei Nicht-Erfüllung kann im Falle eines Unfalls den
Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin eine (Mit)-Schuld
treffen.
32 neue LED-Leuchten für die Gemeinde
2017 wurden – im Zuge der Sanierung der Bundesstraße
und des Kathreinwegs – die bestehenden Beleuchtungsmasten
samt veralteter Leuchtmittel entfernt und durch
die IKB neue modernste LED-Leuchten auf „Grashalm-
Masten“ installiert. Zusätzlich zu den 22 bestehenden
Leuchten wurden 10 neue montiert, um die Straße gemäß
Norm ausleuchten zu können.
Damit wurden einerseits die Sicherheit der Bewohnerinnen
und Bewohner in Weer erhöht und gleichzeitig das
Gefahrenpotential durch eine bessere Ausleuchtung der
Schutzwege verringert. Mit den neuen LED-Leuchten werden
Straßen und Plätze gezielt beleuchtet, das Licht wird
genau dorthin gerichtet, wo es gebraucht wird, die Lichtverschmutzung
wird gesenkt und die Anwohnerinnen und
Anwohner werden nicht geblendet.
Durch die Umstellung auf moderne LED-Technik konnten der
Stromverbrauch – trotz Erhöhung der Leuchtenanzahl von
22 auf 32 – für die Außenbeleuchtung und in weiterer Folge
auch die Stromkosten um 22 Prozent reduziert werden.
Kurz und knapp: teilweise Umstellung der Außenbeleuchtung
in der Gemeinde Weer
• Erhöhung der Sicherheit durch
normgerechte Beleuchtung
• Senkung der Stromkosten um 22 Prozent,
obwohl die Anzahl der Leuchten um 45 Prozent
erhöht wurde (22 auf 32 Lichtpunkte)
• Verringerung des Gefahrenpotentials vor
allem auf den Schutzwegen durch eine punktgenaue
Ausleuchtung kritischer Bereiche
• Verringerung der Lichtverschmutzung
durch moderne Leuchtmittel
Modernste LED-Beleuchtung für
Innsbruck und Tiroler Gemeinden
Auch das komplette Innsbrucker Stadtgebiet wurde mit
über 11.000 Lichtpunkten seit dem Beginn der Umrüstung
im Jahr 2015 auf LED-Technologie umgestellt . Der Energieverbrauch
für die Beleuchtung konnte damit um über 50
Prozent reduziert werden. Zudem erstrahlen auch in den
Tiroler Gemeinden Radfeld, Trins, Gschnitz, Kaltenbach,
Völs und einigen weiteren Gemeinden wie Thaur, Mutters
etc. modernste LED-Leuchten von der IKB.
Stand: Februar 2021
60
tirol.investiert tirol.investiert 61
Blackout
VORSORGE-VORBILD BAD HÄRING
Unsere Gesellschaft war noch nie so abhängig von elektrischer Energie wie heute. Das Schreckensszenario
schlechthin ist daher ein Blackout, also ein überregionaler Stromausfall. Immer mehr Tiroler
Gemeinden treffen Vorsorgemaßnahmen, damit die Bevölkerung im Ernstfall nicht mit blanken Händen
dasteht. Erleichtert wird dies mittlerweile auch durch Förderungen des Landes Tirol.
Sehr früh hat man sich in der
Gemeinde Bad Häring dieser
Thematik gestellt. Die Unterländer
haben ihre Blackout-Vorbereitungen
bereits abgeschlossen.
Sie setzen auf eine mobile
Notstrom-Lösung. Ziel ist es,
eine Notfallversorgungsstruktur
für die Bevölkerung aufzubauen.
Einbezogen sind dabei eine Reihe
von Gemeindeeinrichtungen.
Etwa die Schule, der Kindergarten
und das Altenwohnheim. Die Notstromversorgung
kann innerhalb
kürzester Zeit aufgebaut werden
und Stromausfälle von bis zu einer
Woche abfedern. Sollte ein Blackout
länger dauern, kann das mobile
Notstromgerät auch zum Speicher
für die Trinkwasserversorgung des
Ortes verlegt werden. Mit Hilfe des
Notstroms wird der leere Speicher
dann über eine Grundwasserbohrung
wieder aufgefüllt.
Bürgermeister Hermann Ritzer ist
zurecht stolz auf die innovative
Lösung: „Die Gemeinde Bad Häring
befasst sich schon seit längerer
Zeit mit dem Thema Blackout, das
ja immer wieder in den Medien und
der Bevölkerung aufpoppt. Im Zuge
der Sanierung des Gemeindeamtes
haben wir das Thema neu aufgegriffen.
Wir haben uns entschlossen
eine Vorsorge-Lösung bei der
Sanierung umzusetzen. Diese ist
mittlerweile fertig. Wir haben sie
getestet und sie funktioniert hervorragend.
Wir haben nun die großartige
Situation, dass wir – sollte
der Ernstfall eintreten – eine
Woche mit diesem Gerät unter
Volllast durchfahren können. Wir
hoffen natürlich, dass ein Blackout
nicht länger als eine Woche dauert.
So lange haben wir nämlich mit
dem Dieselvorrat vorgesorgt.“ Wer
weitere Tiroler Gemeindelösungen
in der Blackout-Vorsorge kennen
lernen möchte, dem sei die Doku
„Ernstfall Blackout – wenn die
Lichter ausgehen“ empfohlen. In
diesem Video wird auch aufgezeigt,
welche Auswirkungen eine derartige
Krise auf das Bundesland hat.
GemNova begleitet Umsetzung
Die Umsetzung des Projekts in
Bad Häring wurde von der GemNova
begleitet. Beschaffungsexperte
Mario Foidl erklärt den Ablauf:
BILD: Im Untergeschoß
des Gemeindeamtes wird
das mobile Aggregat an
das interne Leitungsnetz
angedockt . (© GemNova)
VON
MANFRED SCHIECHTL
BILD: Das mobile Aggregat
kann auch zum Trinkwasserspeicher
verlegt
werden, um diesen aufzufüllen.
(© GemNova)
INTERALPINE ENERGIE- & UMWELTTAGE
VERSORGUNGS-
SICHERHEIT
IM ALPENRAUM
09.06.2022 / ACHENSEE
Diskussion & Austausch mit Keynotespeakern
wie Dr. Erich Entstrasser, Mag. Ernst Schöpf,
Dr. Axel Friedrich und vielen
weiteren Fachexpert:innen
www.ibi-kompetenz.eu
„Nach Vorgesprächen mit den Verantwortlichen
seitens der Gemeinde
wurden klare Spezifikationen
und Anforderungen für dieses Gerät
definiert. Daraufhin haben wir diverse
Lieferanten und Hersteller kontaktiert.
Resultierend daraus haben
sich mehrere Varianten und Angebote
ergeben. Die Gemeinde Bad
Häring hat sich dann schlussendlich
das am besten geeignetste Aggregat
aussuchen können.“
Für Gemeinden, die ein ähnliches
Vorhaben wie Bad Häring planen,
gibt es seit Anfang dieses Jahres
auch finanzielle Unterstützung
durch das Land Tirol. Für die Förderung
von Blackout-Vorsorgemaßnahmen
zur Aufrechterhaltung der
Infrastruktur von Gemeinden und
Gemeindeverbänden wird nämlich
aus dem Gemeindeausgleichsfonds
im Rahmen eines Blackout-
Programmes für die Jahre 2022 bis
2024 ein Betrag in Höhe von jährlich
1,5 Millionen Euro zur Verfügung
gestellt. Zur Gemeindeinfrastruktur
zählen laut Landesrat Johannes
Tratter beispielsweise Wasserverund
Abwasserentsorgungsanlagen,
Altenwohn-und Pflegeheime, betreutes
Wohnen, Kinderbetreuungseinrichtungen,
Schulen sowie sonstige
gemeindeeigene Gebäude. Fördergegenstand
ist die Anschaffung von
Notstromaggregaten sowie die aufgrund
dieser Anschaffung erforderlichen
baulichen bzw. elektrotechnischen
Maßnahmen. „Die GemNova
unterstützt Gemeinden jederzeit
bei der Umsetzung eines derartigen
komplexen Beschaffungsprojekts“,
so Beschaffungsexperte Foidl.
DIE VERSORGUNGSSICHERHEIT
IST DER DREH- UND ANGELPUNKT
UNSERES GESELLSCHAFTSLEBENS.
Fachexpert:innen und Entscheidungsträger:innen
diskutieren offen über die
anstehenden Herausforderungen des
Energiesektors und präsentieren mögliche
Wege für eine neue Versorgungssicherheit
in den Alpen.
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62
tirol.investiert tirol.investiert 63
BLACKOUT: TROTZ
EIGENER PHOTOVOLTAIK-
ANLAGE OHNE STROM?
Viele Besitzer*innen von Photovoltaik-Anlagen – auch Gemeinden – wähnen sich im Falle eines Blackouts
auf der sicheren Seite. Doch das kann ein Trugschluss sein. Nur unter bestimmten Voraussetzungen ist
ein Blackout mit eigenem durch Sonne erzeugten Strom „überbrückbar“. Ist eine Photovoltaik-Anlage nicht
entsprechend ausgerüstet, so trifft auch die Besitzer*innen einer solchen ein allgemeiner Stromausfall.
OBEN:
Bürgermeister
Martin Mayerl bei der
Arbeit in seinem Mutterkuh-
und Rindermastbetrieb.
(© Tanja Cammmerlander/Martin
Mayerl)
Zur Senkung der Stromkosten und um
etwas unabhängiger vom Stromnetz zu
sein, lassen sich immer mehr Gemeinden,
Eigenheimbesitzer*innen und Gewerbebetriebe
eine Photovoltaik-Anlage montieren.
Solange die Sonne scheint, wird eigener
Strom produziert. Das schont nicht
nur das Geldbörsl, sondern ebenso die
Umwelt. Was viele nicht wissen: Bei einem
Stromausfall im großen Stil stehen selbst
sie im Dunkeln. Denn bei einem Blackout
trennt sich eine Solaranlage unverzüglich
vom Netz, weil sich der in der Regel darin
installierte sogenannte Wechselrichter
abschaltet. Jede Solaranlage ist mit dem
örtlichen Stromnetz verbunden, und so
dient diese automatische Trennung bei
einem Blackout vor allem dem Schutz derjenigen,
die zum Zeitpunkt des Ausfalls an
der Wiederherstellung des Stromnetzes
arbeiten. Erst wenn das Netz wieder einsatzfähig
ist, fängt auch die Solaranlage
wieder an Strom zu produzieren.
LINKS:
Am Wirtschaftsgebäude
wurde eine moderne,
dach-integrierte Photovoltaik-Anlage
installiert,
die Hof und Speicher mit
Energie versorgt.
(© sun.e-solution,
Dölsach)
Mit einem Speicher lässt sich eine
gewisse Zeit überbrücken.
Wurde eine Photovoltaik-Anlage aber schon
im Hinblick auf einen gewissen Grad Autarkie,
also Stromunabhängigkeit, ausgelegt,
kann ein Stromausfall durchaus überbrückt
werden. Voraussetzung dafür ist ein ins
System integrierter Speicher und ein dafür
ausgelegtes Energiemanagement, das sich
bei einem Stromausfall nicht automatisch
abschaltet. Allerdings kann nur der Strom
verwendet werden, der von der Anlage auch
gespeichert wurde. Wie lang die gespeicherte
Energie ausreicht, ist von mehreren
Faktoren abhängig. Entscheidend ist
auf jeden Fall die Kapazität des Speichers.
Dann kommt es darauf an, wie viele und
welche Stromverbraucher mit Energie versorgt
werden müssen. Das kann über ein
intelligentes Energie-Managementsystem
gesteuert werden. Schließlich spielt der
Faktor Zeit eine Rolle: Für wie lange soll
ein Stromausfall überbrückt werden?
Dazu ein Fallbeispiel aus Dölsach / Osttirol:
Bürgermeister Martin Mayerl hat neben
seinem Amt einen Mutterkuh- und Rindermastbetrieb.
Er interessierte sich früh für
Photovoltaik – auch weil sein Hof für diese
Technologie günstig gelegen ist. Bereits
2010 installierte er mit Hilfe von Förderungen
eine 6 KW-Photovoltaik-Anlage am
Wohnhaus seines Hofs. Mittlerweile hat
sich die Investition amortisiert und die
Anlage erzielt nach wie vor optimale Stromerträge.
„Allerdings war ein weiterer Ausbau
der Photovoltaik besonders im Hinblick
auf Speichertechnologie bislang in puncto
Wirtschaftlichkeit und Förderungen relativ
uninteressant. Eine Erweiterung in dieser
Hinsicht hatte ich aber immer im Hinterkopf“,
erzählt der Dölsacher Bürgermeister.
Wie viel Komfort darf es sein?
Vor zwei Jahren ergab sich die Chance,
dieses Vorhaben anzugehen, weil dafür
ein Förderpaket speziell für die Landwirtschaft
aufgelegt wurde. Auch die Möglichkeit,
eine AWS-Prämie zu nutzen, führte
zu dem Entschluss, eine ergänzende
Photovoltaik-Anlage inklusive Speicher
am Wirtschaftsgebäude zu installieren.
Martin Mayerl ließ sich durch einen Photovoltaik-Fachbetrieb
beraten. Da in Osttirol
in den letzten drei Jahren Windbruch und
Schneechaos immer wieder zu längeren
Stromausfällen führten, hatte Mayerl den
Wunsch, die Speicherkapazitäten für eine
Überbrückung dahingehend auszulegen.
Dieser Punkt muss bei der Planung einer
Photovoltaik-Anlage unbedingt berücksichtigt
werden, damit die benötigte Leistung
und entsprechend das komplette System
daraufhin ausgelegt werden kann. „Nicht
nur Eigenheimbesitzerinnen und -besitzern
oder Gewerbetreibenden ist das oft
unbekannt, sondern auch Betreiberinnen
und Betreibern von öffentlichen Anlagen,
wie ich durch die Beratung erfahren habe“,
sagt Bürgermeister Martin Mayerl.
UNSER SYSTEM IST SO AUSGELEGT,
DASS BEI EINEM STROMAUSFALL IN
DER NACHT NOCH 20 % IM SPEICHER
BLEIBEN, DIE FÜR DEN START IN DER
FRÜH REICHEN. MIT ZUNEHMENDEM
TAGESLICHT WIRD OHNEHIN WIEDER
STROM PRODUZIERT.
Dabei ist die Entscheidung zentral, was
abgesichert sein muss und was Komfort
ist. Entsprechend ergeben sich daraus die
Investitionskosten und ihr Verhältnis zum
tatsächlichen Nutzen – die Wirtschaftlichkeit
also. „Für uns war wichtig, bei einem
Stromausfall die Funktion der Heizungsanlage,
der Kühl- und Gefriertruhen und des
Lichts sicherzustellen. Die Absicherung für
den Heukran hingegen haben wir hintenangestellt.
Solche Dinge können wir konventionell
überbrücken. Unser System ist so
ausgelegt, dass bei einem Stromausfall in
der Nacht noch 20 % im Speicher bleiben,
die für den Start in der Früh reichen. Mit
zunehmendem Tageslicht wird ohnehin
wieder Strom produziert“, führt Bürgermeister
Mayerl aus. Seit letztem Juli ist
seine Zusatzanlage in Betrieb und rechnet
sich bereits deutlich – begünstigt durch die
gestiegenen Einspeisungstarife.
Ein Totalausfall ist nur mit Notstromaggregat
zu vermeiden.
Ist jedoch die Energie im Speicher aufgebraucht,
beginnt die Anlage erst zu arbeiten,
wenn entweder Strom über das Netz
wieder verfügbar ist oder die Photovoltaik-
Anlage durch Sonnenenergie wieder Strom
produziert und sich dadurch der Speicher
nach und nach aufladen kann. Hierzu merkt
der Photovoltaik-Fachmann Martin Kollnig
der Dölsacher Firma „sun.e-solution“ an:
„Wesentlich ist dabei die ‚Schwarzstartfähigkeit‘
der Anlage. Darunter versteht man
das Hochfahren eines stromproduzierenden
Systems unabhängig vom Stromnetz.
Ist diese Möglichkeit nicht gegeben, startet
die Anlage nur mit externem Strom
erneut. Was vielen auch nicht bewusst ist:
Photovoltaik-Anlagen in Verbindung mit
einem Speicher sind keine Notstromlösungen
im eigentlichen Sinne. Das wird nur in
Kombination mit einem konventionellen
Notstromaggregat möglich. Sinnvoll ist das
für sensible Bereiche wie Krisenzentren,
Spitäler oder Sicherheitsanlagen.“
Zusammengefasst bedeutet das: Auch
Betreiber*innen einer Photovoltaikanlage
können von einem großflächigen Stromausfall
betroffen sein. Mit genügender Speicherkapazität
lässt sich aber eine gewisse
Zeit überbrücken. Wer auf der sicheren
Seite sein will – wenn es zum Beispiel um
sensible Bereiche geht – sollte ein speicherunterstütztes
Photovoltaiksystem
um ein konventionelles Aggregat ergänzen.
Der tatsächlich notwendige Bedarf
– das Must-have – ist dabei grundsätzlich
zu klären. Das hängt davon ab, ob man
Eigenheimbesitzer*in, Gewerbetreibende*r
oder öffentliche Institution wie eine
Gemeinde ist. Aspekte des Nice-to-have
kommen erst nach der notwendigen
Grundversorgung. Wie viel einem ein solcher
Komfort im Falle eines Blackouts wert
ist, liegt im Auge des Betrachters.
ZUM AUTOR
JAN SCHÄFER
Jan Schäfer ist Experte für Marketing
und Kommunikation. Er unterstützt
seit 2020 die GemNova als Gemeindebetreuer
in Osttirol und war zuletzt
maßgeblich bei der Entstehung des
neuen “Gemeinde ABC‘s” beteiligt.
Kontakt: j.schaefer@gemnova.at
64
tirol.investiert
..
F0rderm0glichkeiten
richtig nutzen ...
..
65
Bei der Finanzierung und Umsetzung von
Projekten sind Gemeinden aufgrund der
oft eingeschränkten finanziellen Mittel
auf Förderungen angewiesen. Förderungen
für Projekte zu erhalten, gestaltet sich
jedoch viel schwieriger, wie auf den ersten
Blick oft angenommen wird. Die Förderlandschaft
wird zudem immer komplexer.
Von der Analyse der Möglichkeiten über
die fachlich richtige Antragstellung und
Prozessabwicklung bis hin zur korrekten
Abrechnung von Förderungen ist es ein
langer Weg. Unzählige Fragen werfen sich
dabei für Gemeinden auf:
Raum zum Wohlfühlen
Ideal als langfristige oder temporäre Raumlösung
(z.B. Kindergärten und Schulen)
Angenehmes Raumklima dank
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Ist das
Pr0jektv0rhaben
f0rderfähig?
Welche
F0rderqu0te ist
m0glich?
Welche
F0rdergeber
gibt es?
ist die
Gemeinde
antragsberechtigt?
Wie erf0lgt die
richtige Antragstellung,
um den
maximalen Output
zu erzielen?
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Welche
Fristen sind zu
beachten?
Auf all diese Fragen versuchen wir eine Antwort
zu geben und die Gemeinden vollumfänglich
zu unterstützen. Gerade in Zeiten
wie diesen, wo alle Fördermöglichkeiten
maximal ausgeschöpft werden sollen, um
das ohnehin schon angespannte Budget zu
entlasten und um Investitionen tätigen zu
können, ist es essenziell, den Überblick im
Förderdschungel zu bewahren. Ob bei Infrastrukturprojekten,
im Bereich der Digitalisierung
oder in Thematiken rund um Umwelt,
Mobilität und Klima, das
Spektrum an unterschiedlichen
Förderprogrammen auf den
diversen Ebenen (Land, Bund, EU) ist weitreichend.
Zudem entscheiden oft Nuancen
über einen positiven oder negativen Förderbescheid
sowie über die Höhe der Förderung.
Gerne unterstützen wir mit unserer
Erfahrung die Gemeinden dabei, sämtliche
Förderpotentiale bestmöglich zu
nutzen.
Wie erf0lgt die
k0rrekte Abrechnung,
um alle zugesagten
Mittel auch tatsächlich
abh0len zu k0nnen?
K0ntakt
Maximilian Huber, MA
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66 tirol.sportlich und gesund
66
tirol.kulturell 67
Zeit
Mahlzeit!
Mit Jausengeld.at, dem
intelligenten Essensgutschein.
ist relativ.
AUTOR GABRIEL CASTANEDA
Und ich meine das jetzt nicht im streng wissenschaftlichen Sinn, weil erstens hab‘ ich
von solchen Dingen nicht den blassesten Schimmer und zweitens ist Zeit auch für den
wissenschaftlichen Laien oft relativ. Fünf Minuten Wurzelbehandlung und fünf Minuten
länger schlafen können, sind zwei völlig unterschiedliche Zeitspannen.
www.jausengeld.at
Aber nicht nur da ist Zeit relativ.
Nehmen wir die Zeit, in der
durchschnittliche Minister*innen
in Österreich ihren Dienst verrichten.
Mittlerweile ist ja jeder
Dschungelkönig länger im Amt
und man wünscht sich auf so
manch einem Posten lieber
eine Evelyn Burdecki oder einen
Filip Pavlovic als die amtierenden
Personen. Die Leute in den
Ministerien wechseln mittlerweile
in einer Geschwindigkeit,
dass selbst Menschen die sich
eigentlich für Politik interessieren,
Mühe haben, das aktuelle
Personal der Regierung beim
Namen nennen zu können.
Oder nehmen wir die vergangenen
Wochen des Gemeinderatswahlkampfes.
Es ist diese
relativ kurze Zeit, wo plötzlich
alles möglich scheint. Von der
kinderfreundlichen Wohnanlage
für Jungfamilien über die nagelneue
Feuerwehrhalle inklusive
Fuhrpark und Drohne bis hin zum
Senior*innenbetreuungszentrum
mit integriertem Inklusions-Kindergarten.
Danach folgen nicht
selten relativ lange Zeiträume
der Ernüchterung.
Zeit ist für uns Menschen relativ
und mit zunehmendem Alter
vergeht sie leider oft wie im
Flug. Zumindest so lange man
noch aktiv und gesund am
Leben teilnehmen kann. Und in
jedem Leben geht’s mal auf- und
mal abwärts, es gibt gute und
schlechte Zeiten. Doch unterm
Strich leben wir seit 70 Jahren
in der besten Zeitspanne.
Wir genießen Wohlstand (im
Überfluss), Sicherheit, Reichtum
(ja, wir sind alle reich) und Friede.
Und dann knallt’s plötzlich ganz
dicht vor unserer Haustür und
all das beginnt zu wanken und
wir merken, Zeit ist relativ, aber
der Friede ist es nicht. Friede ist
absolut und absolut unverzichtbar.
Für alle. Denn wie sagte der
große Willy Brandt vollkommen
richtig: „Der Frieden ist nicht
alles, aber alles ist ohne den
Frieden nichts.“
Castañeda
2021
07.04. Kufstein (T)
13.05. Imst (T)
20.05. Pertisau (T)
14.09. Längenfeld (T)
15.09. Breitenwang (T)
16.09. Landeck (T)
17.09. Telfs (T)
21.09. Hohenems (V)
24.09. Hochfilzen (T)
30.09. Salzburg (S)
04.11. Pertisau (T)
www.castaneda.tv
ese
Was fällt Ihnen ein, wenn Sie
Es ist der Stil, die Schreibe,
die wirklich feine
Ganz spontan, drei Begriffe
das Wort „Chanson“ hören?
Feder des Autors, welche
nur. Ja, auch Namen, Interpreten,
Liedtexte. Fragen
dieses Buch besonders
auszeichnen. Außerdem
Sie auch Ihre Freundinnen,
die Herangehensweise,
die vielen Gespräche
Worte werden am häufigsten
Freunde. Und – welche drei
mit Zeitzeug*innen, mit
genannt? Bei mir, in meinem
deren Nachkommen, mit
Freundeskreis sind es...
anderen Beteiligten, die
für zusätzliche Dynamik
Wer dieses Buch in Händen hält, wird gleich merken, wie schwer es ist.
sorgen. Im Zentrum die-
Klar, bei rund 250 großformatigen Seiten. Großartig ist auch das Cover,
ses Werks stehen zwei
ebenso wie der Inhalt, die vielen Fotos. Großes, ganz großes Kino. Eine
Personen: der bekannte
wunderschöne, mit viel Herzblut und wirklich feiner Feder verfasste Tour
und politisch fehlgeleitete
d'Horizon durch und über die Geschichte des Chansons. Dazu Kurzbio-
Dichter Ezra Pound (1885-
grafien über herausragende, höchst unterschiedliche Interpretinnen und
Lois Hechenblaikner ist ein Mahner, ein Wachrüttler,
einer, der mit aller Vehemenz Fehlter,
Mary de Rachewiltz,
Jacques Brel – um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Wer ihre, wer
1972) sowie dessen Toch-
Interpreten. Über Edith Piaf natürlich, über Charles Aznavour, Dalida oder
entwicklungen aufzeigt. Vor allem im Tiroler
mittlerweile auch schon
seine Nase in dieses Buch steckt, wird sie wohl lange nicht mehr herausziehen.
Die Gründe dafür liegen zwischen den beiden Buchdeckeln.
Tourismus. Auch deshalb werden seine Bücher –
zarte 96 Jahre alt. Es war
darunter „Hinter den Bergen“, „Volksmusik“ oder
wohl eine zuweilen recht
„Ischgl“ – von den einen gelobt, von den anderen verdammt. In vorliegendem Werk, fürwahr ein wuchtiges Buch, setzt er sich mit „Besonderhei-
seine
charakterisiert wurden.
knap-
frei-
Anti-
Ver-
„Besonderheiēse
ese
ten“ im schweizerischen Grand Hotel Waldhaus
im Engadin auseinander. Abermals legt er
Finger in offene Wunden, zeigt detailliert auf,
wie Gäste dort seinerzeit bespitzelt, belauscht,
Neben den ausgezeichneten Textbeiträgen –
von Martin Suter oder von Hans Heiss – sind es
vor allem die Karteikarten, die mit ihren
pen Bemerkungen überraschen, abstoßen,
lich auch zum Schmunzeln Anlass geben.
knapēse
seinese
Antiēse
Verēse
68
tirol.kulturell tirol.kulturell 69
388
Seiten
€ 53,46
Edition Patrick Frey
März 2021
Lois
Hechenblaikner:
Olaf Saliè:
Keine Ostergrüße
mehr
Chanson
240
Seiten
€ 50,-
mühsame Spurensuche,
Prestel Verlag
die der Autor hier gekonnt
November 2021
unternommen hat.
Besonders hervorzuhe-
ben sind die Gespräche,
die Begegnungen mit, die
Erinnerungen von Mary de
Rachewiltz, auch die Leich-
Es ist ein beeindruckendes Buch, es sind fürwahr beeindruckende Fotografien, die
tigkeit, mit der diese in
uns hier vorgelegt werden. Knapp 140 Schwarz-Weiß-Aufnahmen, allesamt rund
den Text einfließen. Seite
150 Jahre alt. Es ist eine Zeitreise ins letzte Viertel des 19. Jahrhunderts. Erst kurz
für Seite wird damit eine
davor tuckerte die erste Dampflokomotive über den Brenner, löste damit endgültig
Brücke in die Vergangen-
Edith
die Postkutsche ab, läutete eine neue Zeit ein. Fotografien von Innsbruck, Salzburg,
heit errichtet, über die wir
Hessenberger:
Vorarlberg, Bayern, Südtirol. Bemerkenswert, wie es dort damals ausgesehen hat.
Fotografische
semitische Äußerungen sind darin ebenso zu leichtfüßig wieder in die
Tempi passati. Unwiederbringlich.
Zeitreise durch
finden wie Informationen zu persönlichen Gegenwart zurückkehren.
freiēse
Tirol
hältnissen oder politischen Ansichten. Zu Erich Ein äußerst beeindrucken-
Noch faszinierender sind die Fotografien aus den Stubaier, den Ötztaler Alpen, vom
Neumann, Staatssekretär in Hermann Görings des Buch, wunderschön zu
Arlberg. Unberührte Berglandschaften, gewaltige Gletscher, da und dort mal ein Bret-
Behörde und Teilnehmer an der berüchtigten Helmut Luther:
lesen. Chapeau!
terverschlag. Und heute, wie stellt sich uns dieser Blick heute dar? Dazu bietet die
Wannsee-Konferenz am 20. Jänner 1942, heißt Mary de Rachewiltz
180
Autorin informative, erklärende Texte an, sachlich nüchtern geschrieben, dennoch mit
es etwa: „Hohes Tier im Dritten Reich. Badrutt
Seiten
viel Herzblut versehen. Edith Hessenbergers’s Buch ist ein weiteres Kleinod aus der
hat ihn ins Palace gelotst. – 1945. Das Tier wird
Schriftenreihe der Ötztaler Museen. Lesenswert. Betrachtenswert. Empfehlenswert.
wohl kleiner geworden sein.“
€ 20,46
208
€ 22,62
Studien Verlag
Athesia-Tappeiner Verlag
Dezember 2021
Seiten
Dezember 2021
ACHT LESENS-
WERTE BÜCHER
216
Sarah Biasini:
Seiten
Vorab: Annemarie Schwar-
Die Schönheit
zenbach war gerade mal
des Himmels
€ 20,46
21 Jahre jung, als sie dieses
Buch mit großer Lei-
Haymon Verlag
Manfred Krug:
November 2021
Abgehauen
denschaft schrieb. Noch
Hans Haid:
bemerkenswerter: Sie tat
es kann sein,
dies vor knapp hundert
dass dann die
272
Das
gro-
Jahren, im Jahr 1929, in
schatten kommen
Seiten
ße Unglück
einer Zeit also, die, zumal
von
Kin-
in der Schweiz, nicht als
Ist es tatsächlich ein Roman, den
dern berühmter Eltern ist es, immer
besonders liberal galt.
Hans Haid (1938-2019) hier bruch-
wieder an diesen gemessen, auf diese
Doch Annemarie Schwar-
stückhaft verfasst hat? Ist es nicht
angesprochen zu werden. Andererseits:
zenbach konnte, wollte
vielmehr Ausdruck seines labyrinthhaften
Denkens, seines intensiven
Was für ein bemerkenswertes, faszinierendes,
dieser Kinder öffentlich überhaupt nicht
sie auch bis zu ihrem frü-
Ohne deren Berühmtheit würden einige
nicht aus ihrer Haut – wie
Gefühlslebens? Sind es nicht seine
ja, herausragendes Buch. Über eine Zeit, als es
wahrgenommen werden. Was freilich
hen Tod immer wieder
zuweilen wirren, uns verwirrenden
die DDR noch gab. Über den Riss zwischen der
kein Nachteil sein muss. Sarah Biasini
eindrucksvoll bewiesen
Gedanken, die er hier laut ausgesprochen
und immer wieder aufs Neue
der anderen Seite. Über eine geheim aufgenom-
Buch eindrucksvoll gelungen, aus dem
Nomenklatura auf der einen, den Intellektuellen auf
ist es auf alle Fälle mit vorliegendem
hat.
niedergeschrieben, zusammengesetzt,
also komponiert hat? Ist es
vier nervenaufreibenden Wochen zwischen dem
Warum? Na ja, für die Antwort auf diese
Schwarzenbach:
besonders auffällt: die mitmene,
streng vertrauliche Sitzung. Über die rund
großen Schatten ihrer Mutter zu treten.
Annemarie
Was bei diesem Buch
überhaupt wichtig, ob es ein Roman
19. April und dem 20. Mai 1977. Über das detaillierte
Protokoll eines informellen Stasi-Mitarbeiters,
zu sehen
ne, rationale Sprache, die
Frage empfiehlt es sich, das Buch lesen.
Eine Frau
unter sachliche, nüchter-
oder eine sehr persönliche Erregung,
ein lauter, permanenter Aufschrei
Manfred Krug betreffend. Es ist, als würde man
Eigentlich, so sagt es die Autorin, sind
zuweilen langen Sätze, die
ist? Hans Haid, so viel steht auf alle
den schweren, dicken Vorhang zur Seite schieben
diese knapp 200 Seiten vor allem an ihre
doch im großen Gegensatz
112
Fälle fest, hat mit diesem Buch post
und ins nackte Herz des Systems blicken. Der eine
kleine Tochter gerichtet. Als Erklärung
zum emotionalen Inhalt
mortem ein starkes Ausrufezeichen
oder die andere vielleicht auch in einen Spiegel.
für ihr Leben, ihre Ängste, Verletzlichkeiten,
wohl auch für ihre Suche nach
war dies auch ihre Art, die
Seiten
stehen. Aber gut, vielleicht
gesetzt.
Was dieses Buch ebenfalls auszeichnet, ist die
längst Vergangenem, unwiederbringlich
Verlorenem. Sarah Biasini taucht
Kein & Aber Verlag Ausdrucksweise, um laut
€ 10,29
ihr richtig erscheinende
Romane haben üblicherweise eine
direkte, schnörkellose, ungewohnt offene Sprache.
Handlung, eine solche fehlt hier völlig.
Stattdessen zornige, verzweifelkehrt.
Bemerkenswert auch, wie schonungslos
mit ganz feiner Feder, ungewohnt offen
beziehen, sich Gehör zu
Manfred Krug schreibt, wie er denkt. Und umge-
in ihre Geschichte ein und beschreibt
Mai 2020
und deutlich Stellung zu
te, depressive, kritische, polemische,
offen er den Charakter von Weggefährten und
und selbstkritisch, ihre Beziehungen, ihre
verschaffen. Und ja, sie
nüchterne, zugespitzte, sich wieder-
Begleiterinnen beschreibt. Auch da spricht er
Konflikte, ihr Erwachsenwerden. Natürlich
überhöht sie ihre Eltern, gleichzei-
der, in faszinierender Wei-
hat dies in beeindruckenholende,
heftig herausgeschriebene
Klartext, zuweilen durchaus verbittert und ent-
Eruptionen. Erinnerungen an das alte
täuscht. Wer liest,
tig widersteht sie der Versuchung, den
se gemacht. Chapeau!
Ötztal, an den Dialekt, die Sagen, die
so heißt es, ist für
Voyeurismus wohl vieler zu bedienen.
Bräuche und Sitten. Dann wieder die
die Dummheit verlo-
Ein schönes Buch, auch wenn sie auf den
Nazi-Zeit, das Hermann Göring Haus
ren. Auch deswegen
letzten Seiten doch wieder zu sehr auf
vulgo Martin Busch Hütte, das juden-
sei dieses Buch aus-
ihre berühmte Mutter zurückfällt.
freie Ötztal, das Geheimprojekt Zitter-
drücklich empfohlen.
aal-Stollen. Natürlich die Saligen Fräulein
und die Wally, die harte Arbeit am
192
Hof, die Mutter, Freunde, die tausenden
Schafe. Die letzten beiden Sätze
Seiten
des Buches: „Blase das Himmelslicht
€ 22,62
aus und gehe enk.“ipps
schlafen. Pfiet
€ 12,33
Zsolnay Verlag
Ullstein Verlag
Oktober 2021
EMPFOHLEN VON
September 2003
REINHOLD OBLAK
ipps
70
tirol.kulturell tirol.kulturell 71
72
tirol.mobil tirol.mobil 73
Digitales
Parken per App
Wie Smartphone-basiertes Parken Städte, Gemeinden
und andere Parkraumbewirtschafter beim Parkraummanagement
entlastet.
Wer schon einmal einen Parkschein auf
die klassische Art gelöst hat, kennt‘s:
Geldtasche suchen, möglichst passendes
Kleingeld rauskramen, denn der
Automat rechnet jeden eingeworfenen
Cent in Parkzeit um. Der Blechkiste ist
es egal, dass der/die Autofahrer*in
eigentlich gar nicht so lange stehenbleiben
möchte. Hat man bezahlt, geht
es zurück zum Auto: Tür auf, gedruckter
Parkschein rein, Tür zu – und endlich
erledigen, was eigentlich auf dem
Plan steht. Wenn das länger dauert als
gedacht, heißt es zurück zum Parkplatz
spurten, Geldtasche suchen, … das ganze
Spielchen nochmal von vorn.
Wer den Parkschein dagegen per App löst,
braucht weder Kleingeld noch einen Parkautomat,
sondern nur ein Smartphone.
BILD: Per App lässt sich
der digitale Parkschein
noch direkt im Auto oder
schon auf dem Weg ins
Freizeitvergnügen lösen.
(© Parkster)
Einfach im Auto den Parkplatz in der App
auswählen, gewünschte Parkdauer einstellen,
Kennzeichen eingeben und losparken.
Die App meldet sich per Push-Mitteilung,
wenn die Parkzeit knapp wird. Der Parkschein
kann dann direkt am Smartphone
verlängert werden, ohne dass man zum
Parkplatz zurückgehen muss. Praktisch,
wenn es unterwegs noch ein Kaffee sein
darf oder es im Wartezimmer länger dauert.
Andersherum funktioniert’s genauso:
Ist alles schneller erledigt, kann der digitale
Parkschein vorzeitig beendet werden
und man spart so unnötige Parkgebühren.
Digitales Parken ist deshalb nicht nur bei
Autofahrer*innen beliebt, sondern auch
bei der Parkraumüberwachung. Die Mitarbeiter*innen
können alle digital gelösten
Parkscheine in Echtzeit auf ihren Handgeräten
einsehen. Eine Kennzeicheneingabe
genügt und die Kontroll-Software
verrät, ob ein gültiger digitaler
Parkschein vorliegt.
VORTEILE FÜR KOMMUNEN
UND PRIVATE PARKRAUMBE-
TREIBER
Städte, Gemeinden und andere
Parkraumbewirtschafter sind
durch das digitale Parken mittelfristig
in der Lage, die Neuanschaffungszyklen
ihrer Parkscheinautomaten
zu verlängern.
Weitere Kosteneinsparungen
BILD: Die
Architektur der
Parkster App
ist so flexibel,
dass auch
verschiedene
Parktarife parallel
angeboten
werden können.
(© Parkster)
bringt der digitale Parkschein insbesondere
beim Bargeldhandling. Je mehr Autofahrer*innen
ihre Parkscheine per App lösen,
desto seltener müssen die Automaten
geleert und die schweren Münzkassetten
zum Einzahlen zur Bank gebracht werden,
wo oft Gebühren für die Entgegennahme
der Münzen anfallen. Dies setzt auch personelle
Ressourcen frei, die an anderer
Stelle sinnvoll eingesetzt werden können.
WARUM HIGHTECH-PARKAUTOMATEN
MEIST KEINE ALTERNATIVE SIND
Hohe Anschaffungskosten sowie fehlende
infrastrukturelle Voraussetzungen – etwa
an abgelegenen Standorten – sprechen
häufig gegen die Installation von Parkautomaten.
Auch die Aufrüstung schon
bestehender Münzparkautomaten birgt
oft mehr Risiken als Vorteile. So sind
sie ein beliebtes Ziel von Vandalismus.
Die Gefahr von Diebstahl sollten Parkraumbewirtschafter
nicht unterschätzen.
Gerade Automaten, die über Bauteile
zur Scheinannahme verfügen, sind
beliebt bei Langfingern. Aus einem einfachen
Grund: Scheine sind leichter als
Münzen, es lässt sich also mit wenig Aufwand
eine hohe Beute erzielen. Kaputte
oder beschädigte Geräte verursachen
außerdem hohe Reparaturkosten und
längere Ausfallzeiten. Letztere verärgern
vor allem die Nutzer*innen und es
kommt obendrein zu Einnahmeeinbußen.
ZUSATZKOSTEN – DER KNACKPUNKT
BEIM DIGITALEN PARKEN
„Oft schmälern im Kleingedruckten versteckte
Preisaufschläge und Zusatzkosten
die Akzeptanz- und Nutzungsquote bei digitalen
Parkscheinen. Ist das der Fall, verpuffen
auch die Einsparungen der Parkraumbewirtschafter.
Ganz zu schweigen von
negativen Kommentaren in den sozialen
Medien und unliebsamen Diskussionen in
der Lokalpresse“, erklärt Keven Lehmann,
Vertriebsleiter der Parkster GmbH. „Wir
sind daher überzeugt: Erfolgreiches digitales
Parken gibt es nur ohne Zusatzkosten
für die Autofahrerinnen und Autofahrer.“
Parkster, Anbieter für Handy-Parken in
Deutschland, Österreich und Schweden,
ist seit 2018 auf dem deutschen Markt
aktiv und rollt seine Lösungen seit vergangenem
Jahr in Österreich aus. Kern
des Parkster-Konzepts: Autofahrer*innen
parken mit der Parkster App zum gleichen
Preis wie am Parkautomaten. Wer
möchte, kann darüber hinaus kostenpflichtige
Zusatzservices hinzubuchen wie ein
Familienkonto oder die Unterstützung
eines Klimaschutzprojekts.
PILOTPROJEKT TANNHEIMER TAL MIT
DER APP „PARKSTER“
GemNova startet nun in eine Kooperation
mit Parkster. Martin Schädle, Bürgermeister
von Grän, hat die Zusammenarbeit initiiert.
Er sieht digitales Parken als weiteren
Mosaikstein auf dem Weg zur digitalen
Gemeinde. Geplant ist eine langfristige
Zusammenarbeit mit Parkster, die Pilot-
Phase ist zunächst auf vier Jahre angelegt.
Auch Karina Konrad, Bürgermeisterin der
Gemeinde Jungholz im Bezirk Reutte und
Koordinatorin der vier Planungsverbände
im Außerfern, steht hinter dem Projekt: „In
den vergangenen Wochen hat es in unserer
Region einige Gespräche mit Parkster
gegeben. Das digitale Parken funktioniert
offensichtlich gut. Wir haben uns deshalb
entschieden, hier im Tannheimer Tal ein
Pilotprojekt zu starten. Bisher sind die
Gemeinden Schattwald, Zöblen und Grän
fix dabei. Gut möglich, dass noch die eine
oder andere Gemeinde dazukommt.“
VORBILD IN SACHEN KOOPERATION:
PARKSTER IM OBERALLGÄU
Vergleichbar ist die Kooperation im Tannheimer
Tal mit der im deutschen Oberallgäu.
Bereits seit 2019 besteht dort die
Zusammenarbeit zwischen Parkster und
der OberAllgäu Tourismus Service GmbH
(OATS). Inzwischen haben sich über die
OATS mehr als 15 Gemeinden für den digitalen
Parkschein mit Parkster entschieden,
darunter Immenstadt, Oberstaufen und auf
österreichischer Seite das Kleinwalsertal.
Auch die Oberstdorf Kleinwalsertal Bergbahnen
und das Berg-Naturerlebnis Grasgehren
bieten auf ihren Parkplätzen das
Parken per App an.
INTEGRATION TOURISMUSSPEZIFI-
SCHER LÖSUNGEN
Die Oberstdorf Kleinwalsertal Bergbahnen
und einige weitere Gemeinden im Oberallgäu
ermöglichen auf ihren Parkplätzen
das rabattierte Parken, z. B. für Besitzer*innen
einer Allgäu-Walser-Card oder eines
Bergbahntickets. Auch dies lässt sich in
der Parkster App abbilden. Autofahrer*innen
geben hierfür beim Parkvorgang die
Nummer der Gästekarten, der Saisonkarte
oder des Bergbahntickets in die Parkster
App ein. Über eine Schnittstelle zwischen
Parkster und dem System des Kartenanbieters
wird diese Nummer automatisch
auf ihre Gültigkeit geprüft und daraufhin
der vergünstigte Tarif berechnet.
Erfolgreiches
digitales Parken
gibt es nur ohne
Zusatzkosten
für die Autofahrerinnen
und
Autofahrer.
KEVEN LEHMANN,
VERTRIEBSLEITER DER
PARKSTER GMBH
Über
Parkster
Parkster ist ein innovativer Full-Service-Anbieter
im Bereich „Digitales
Parken“. Das Unternehmen ermöglicht
es Autofahrer*innen, Parkgebühren
mit dem Smartphone minutengenau
und auf Rechnung zu
bezahlen. Parkster entwickelt und
vermarktet Lösungen zur On- und
Off-Street-Parkraumverwaltung für
kommunale und gewerbliche Parkraumbewirtschafter
sowie zur Parkgebührenabrechnung
für Mitarbeiter*innen
in Unternehmen. Parkster
wurde 2010 im schwedischen Lund
gegründet. Parken mit der Parkster
App ist heute in über 370 Städten in
Deutschland und Österreich sowie in
mehr als 200 schwedischen Kommunen
verfügbar.
Kooperation
mit Parkster:
Sonderkonditionen
für alle GemNova-
Partner
Durch die Kooperation mit Parkster
können alle GemNova-Partner die
Parkster-Lösungen zu Sonderkonditionen
nutzen. Bei Fragen zur Kooperation
und zur Einführung von Parkster
in Ihrer Gemeinde stehe ich gerne zur
Verfügung: m.foidl@gemnova.at.
ZUM AUTOR
MARIO FOIDL
Mario Foidl ist seit Mai 2019 bei der
GemNova und Bereichsverantwortlicher
für Mobilität & Beschaffung.
Kontakt: m.foidl@gemnova.at
74
tirol.sucht Menschen tirol.sucht Menschen 75
Der ganz n0rmale
Alltag in der
Gemeindeverwaltung
„Gemeindeverwaltung kann
doch jeder und was macht man
denn schon als Amtsleiter*in?
Kann doch ein jeder lernen.“
So oder so ähnlich klingt es
landauf landab, wenn man
mit Personen spricht, die sich
weniger mit der Gemeinde
auseinandersetzen. Wenn
man dies aber genauer betrachtet,
dann sieht die Sache
schon etwas anders aus – und
vielleicht doch nicht so einfach.
Es braucht Spezialist*innen in
der Verwaltung und das sind
die 277 Amtsleiter*innen,
sowie die Mitarbeiter*innen
im Bauamt, in der Finanzverwaltung,
im Meldewesen und
noch vielen weiteren Bereichen.
ZUM AUTOR
MAG. GEORG HOCHFILZER
Georg Hochfilzer ist seit 2019 bei der
GemNova. Er studierte Politik- und
Rechtswissenschaften und arbeitet seit
2015 täglich mit den Tiroler Gemeinden
zusammen. Er ist Teil des Teams
Digitalisierung & Personaldienstleistung.
Kontakt: g.hochfilzer@gemnova.at
M0ntag
Der Montag beginnt um 07:00
Uhr mit der wöchentlichen
Dienstbesprechung mit den Mitarbeitern
des Gemeindebauhofs.
Ein Wasserschaden am Wochenende,
Straßenschäden und auch
eine Baustelle sind die Kernthemen
der Woche. Gemeinsam
geht man das Programm durch.
Kurz darauf erscheint der Waldaufseher,
welcher ebenfalls ein
Anliegen hat. Die Gemeinde Reith
i.A. verfügt über ein großflächiges
Gemeindegebiet und gemeinsam
mit der Wildbach- und Lawinenverbauung
stehen Arbeiten an.
Eine gute Abstimmung und Koordination
sind dabei essenziell.
Montagnachmittag ist Parteienverkehr
in der Gemeinde. Das
bestehende Team der Verwaltung
wird im Tagesgeschäft unterstützt.
Dies umfasst aktuell neben
einfachen Anfragen zu Genesungszertifikaten
auch Unterstützungsleistungen
im Bürgerservice
oder Anfragen zur anstehenden
Gemeinderatssitzung.
dienstag
Ein Todesfall ereignete sich in der
Nacht. Nach Absprache mit der
Pfarre wurde ein geeigneter Platz
gefunden. Die Gemeinde ist von
der Geburt bis zum Todesfall für
die Bürger*innen zuständig, somit
fällt auch dieser verwaltungstechnische
Aspekt in das Arbeitsfeld
der Gemeinde. Es folgt ein Termin
bzgl. Breitbandinternet. Das Land
Tirol unterstützt den Ausbau, die
Gemeinden fördern den Zugang
durch niedrige Anschlussgebühren.
Die Planung für 2022 wird
mit dem zuständigen Techniker
in der Gemeinde besprochen.
Am Nachmittag stehen Gespräche
mit Mitarbeiterinnen der Kinderbetreuungseinrichtungen
an.
Die Gemeinde bietet im Sommer
Ferienbetreuung an, die Planung
erfolgt jedoch schon jetzt. Es
gilt die Ferienbetreuung von der
Anmeldung bis hin zur Abwicklung
und Abrechnung zu nieren.
koordi-
Mittw0ch
Eine Abstimmung der Gemeindeverwaltung
mit dem Bürgermeister
steht am Programm.
Gemeinsam koordiniert man die
politischen und verwaltungstechnischen
Termine. Goldene Hochzeiten
und auch Geburtenfeiern
stehen wieder an. Im Rahmen
der täglichen Emails ergaben sich
auch Anfragen bzgl. gratis WLAN
und zu diversen Bauprojekten in
der Gemeinde.
Anschließend geht es zu einer
Besprechung über den Hochwasserschutz.
Der Hochwasserschutz
Mittleres Unterinntal zielt
in der Gemeinde Reith i.A. auf die
Ortsteile St. Gertraudi und Weng
ab und schützt eine Vielzahl an
Objekten und auch Flächen im
Falle eines Hochwassers.
BILD: Die Gemeinde
Reith im Alpbachtal mit
ihren 2668 Einwohner*innen
liegt am Eingang des
Alpbachtales auf einem
Plateau über dem Inntal.
(© GemNova/Georg
Hochfilzer)
d0nnerstag
Sitzungstag in der Gemeinde Reith i.A. Alles ist vorbereitet. Tagsüber
folgen wieder Besprechungen. Ein Projekt in der Gemeinde ist die Errichtung
eines neuen Einsatzzentrums, welches Teil eines Großprojektes
wird. Das Bauamt arbeitet derzeit federführend an der Realisierung
dieses Vorhabens.
Zusätzlich steht ein Abstimmungstermin zwischen der Gemeindeverwaltung
und der Heimleitung an. Die Gemeinde betreibt im Gemeindeamt
das Wohn- und Pflegeheim „Marienheim“. Diverse Reparaturarbeiten,
Belegung, Personalthemen – all das findet sich auf der Agenda.
Abends findet die Gemeinderatssitzung statt. Jemand aus der Gemeindeverwaltung
übernimmt das Schreiben des Protokolls und auch die Unterlagen
werden allen bereitgestellt. Allfällige Fragen werden gemeinsam
mit dem Bürgermeister geklärt.
freitag
Letzter Tag der Woche. Das Protokoll
der Gemeinderatssitzung wird
fertiggestellt und mit dem Bürgermeister
besprochen. Zusätzlich
gilt es Förderanträge für Bauvorhaben
vorzubereiten und mit dem
Land Tirol einen KAT-Schaden zu
besprechen. Hierzu wird noch mit
den zuständigen Stellen des Tourismusverbandes
abgestimmt, da
der Schaden touristische Infrastruktur
betrifft. Kurz vor 12:00
Uhr erscheint noch ein Gemeindebürger
mit einer Anfrage zum
Thema Freizeitwohnsitzabgabe.
Der Tag endet.
Auch wenn dies nur einen Bruchteil
der Woche darstellt, zeigt es,
dass die Tätigkeit in der Gemeindeverwaltung
alles umfasst,
auch Dinge, mit denen man nicht
rechnet. Das Tagesgeschäft
erstreckt sich von Abfallfragen,
Bürger*innenanliegen, Emails,
Finanzierungen, Straßenerhaltung,
Wasserleitungen u.v.m.
bis hin zur Zukunftsvorsorge
des Ortes. Es gilt die Gemeinde
als Betrieb zu führen, zukunftsorientiert
und doch immer mit
einem Auge für die Anliegen der
Gemeindebürger*innen Altes zu
erhalten und Neues zu schaffen.
Ein Beruf, der eine Berufung
darstellt, und kein einziger Tag
ist wie der Gestrige. Das sind
meine Eindrücke, welche ich im
Rahmen der Unterstützung der
Gemeindeverwaltung in Reith im
Alpbachtal gewinnen konnte.
76
tirol.sportlich und gesund tirol.sportlich und gesund 77
Die Pr0jektpartner
der Gesunden
Gemeinde Tir0l“...
“
Die ARGE Gesunde Gemeinde Tirol besteht aus dem avomed, der GemNova und dem Verein
Sicheres Tirol und wurde gegründet, um mit gebündelter Expertise Gemeinden auf dem Weg zur
Gesunden Gemeinde zu begleiten (www.gesunde-gemeinde.tirol).
ESSEN FÜR DIE KNOCHEN
rein vegane Ernährung sehr viel lebensmit-
Osteoporose ist eine Erkrankung der
telbezogenes Wissen voraus. Durch eine
Knochen, bei der es zu einer Abnahme
bunte, abwechslungsreiche Ernährung in
der Knochenmasse und -qualität kommt.
Kombination mit Bewegung kann man das
Dadurch steigt die Gefahr für Knochenbrü-
Osteoporoserisiko senken.
che. Sie entwickelt sich unbemerkt über
Der avomed, ein Verein, der
Jahre, tritt aber meist erst im Alter auf.
Gewichtsbelastende körperliche Aktivitä-
von der Tiroler Ärztekam-
Dabei spielen z. B. die Vererbung, Ernähten
stellen eine wesentliche Voraussetzung
mer gegründet wurde und
rungsgewohnheiten, Bewegungsverhalten
für die Knochengesundheit dar. Besonders
hauptsächlich durch Mittel
und die Sonnenexposition (Vitamin D) eine
zu empfehlen ist gezieltes Krafttraining
des Landes Tirol und der
Rolle.
bzw. Funktionstraining, das abwechselnd
Sozialversicherungsträger
die wichtigsten Muskelgruppen fördert,
(v.a. der ÖGK Tirol) finan-
Das fettlösliche Vitamin D regelt die Cal-
weil Belastung den Knochen stärkt. Frei
ziert wird, setzt gezielte
ciumaufnahme aus dem Darm und fördert
nach dem Motto „use it or lose it“ muss
Angebote in den Berei-
dessen Einbau in die Knochen. Der Körper
der Knochen benutzt werden. Er passt sich
chen Vorsorgemedizin und
kann Vitamin D selbst bilden, wenn unsere
an die an ihn gestellten Anforderungen an.
Gesundheitsförderung wie
Haut ausreichend Sonnenlicht ausgesetzt
z.B. Zahngesundheitsvor-
wird. Wichtigster Baustein für die Knochen
sorge, Diabetesschulungen,
ist das Calcium. Damit das Skelett gesund
Bewegungs- und Ernäh-
und stabil aufgebaut werden kann bzw.
rungsprogramme, Betreuung
damit der altersbedingte Abbau möglichst
chronisch kranker Kinder in
hinausgezögert wird, muss über die Nah-
AUTOR*INNEN:
Bildungseinrichtungen oder
rung täglich genügend Calcium aufgenom-
SIDS-Prophylaxe uvm.
men werden.
Die weitaus besten Calciumlieferanten
sind Milch und Milchprodukte. Empfehlenswert
sind drei Portionen Milch oder Milchprodukte
pro Tag. Eine Portion für einen
Erwachsenen entspricht ca. 200 ml Milch,
MAG. NIKOLAUS GRIESSER
Joghurt oder Topfen sowie ca. 60 g Schnitt-
PROJEKTBETREUER
BEWEGUNGSPROGRAMM
oder Hartkäse. Auch Nüsse und andere
Lebensmittel wie calciumreiche Mineral-
MARIE HANSER, BSC.
wässer, Hülsenfrüchte, Vollkornbrot oder
PROJEKTBETREUERIN
Broccoli liefern Calcium, jedoch setzt eine ERNÄHRUNGSPROGRAMME
... stellen
sich v0r!
Wussten sie,
dass ...
CA. 80.000
80 %
der Unfälle im Haushalt, in der zeit und beim Sport zu verzeichnen
sind (Verkehr 9 %, Arbeit 11 Frei-
%)?
DIE 65.000
Unfälle in Tirol jährlich im Krankenhaus
behandelt werden müssen?
Haushalts-, Freizeit- und
Sportunfälle zu 42 % in der
Freizeit und beim Sport passieren
4 VON 5
und zu 37% im Haushalt?
Unfällen im Haushalt, in der Freizeit
und beim Sport und nicht im Verkehr
oder bei der Arbeit passieren?
Unfälle im Verkehr und bei der
Arbeit im Abnehmen sind, jene
im Haushalt, in der Freizeit und
beim Sport aber zunehmen?
DIE VEREINSSTRATEGIE
ZUR UNFALLVERMEIDUNG:
AUTOR
• Keine neuen Gebote oder Verbote, sondern
auf die Eigenverantwortung setzen
• Bewusstseinsbildung durch Öffentlichkeitsarbeit
über Medien, soziale
Netzwerke, Kurse Messen, usw.
• Verstärkte Zusammenarbeit mit privaten
„Wir geben Tipps, um Tirol
und gesetzlichen Unfallversicherungen sicher zu erleben, und setzen
dabei auf Bewusstseins-
• Aufnahme der Unfallprävention in das bildung, Information und Eigen-
Gesundheitsvorsorgeprogrammes des
verantwortung.“
Landes Tirol
DR. KARL MARK,
• Verstärkte Zusammenarbeit mit den
PRÄSIDENT VEREIN SICHERES
Tiroler Gemeinden
TIROL, BEZIRKSHAUPTMANN A.D.
TIROL SICHER ERLEBEN
Unfälle im Wohn-, Freizeit-
und Verkehrsbereich durch
Bewusstseinsbildung und
Prävention bei Jung und Alt
zu vermeiden, dafür tritt der
Verein SICHERES TIROL
seit 23 Jahren ein.
Die wichtigsten Projekte auf
einen Blick:
• Schulstartpaket: Alle (ca.
8.600) Tiroler Volksschulkinder
bekommen einen
Turnbeutel mit Sicherheitsweste
für den Schulweg,
Sicherheitstools,
Kinderbüchlein „Sicher im
Verkehr“, usw.
• Babysicherheitsbox mit
Sicherheitstools
als
Geschenk von Gemeinden
für die neugeborenen
Gemeindebürger*innen
• StreetBuddy, das
Sicherheitstool
für
die
Aufmerksamkeit
der Autofahrer*innen
gegenüber Kindern im
Straßenverkehr
• Sicheres Wohnen:
Broschüre mit Tipps
zu Stolperfallen und
Sicherheitseinrichtungen
zur Unfallvermeidung
• ARGE Gesunde Gemeinde
Tirol uvm.
78
tirol.sportlich und gesund tirol.sportlich und gesund 79
Geh’
weiter, geh’
immer
weiter
Seit rund 60 Jahren kenne
und korrespondiere ich
mit Kurt Diemberger. Ich
habe vor ihm als großen
Bergsteiger großen Respekt.
Und er ist ja noch
immer kräftig unterwegs.
Wishing Kurt a Very Happy
90th Birthday!
CHRIS BONINGTON
LINKS:
„Gerannt bin ich nie, das
hab ich gerne den anderen
überlassen“, erklärt Kurt.
Den Grund dafür schreibt
er mir gleich auf.
(© GemNova)
Kurt war als Einziger dabei, als mein Vater an
der Chogolisa über die Wächte trat und in den
Abgrund gerissen wurde. Danach hatte er die
schreckliche Mission, meiner Mutter Generl die
letzten Habseligkeiten meines Vaters zu übergeben.
Vor allem die Tagebücher. Seitdem ist er
ihr schicksalhaft verbunden, ist ein guter und
treuer Freund geworden. Wann immer er in Salzburg
weilte, hat er auch meine Mutter besucht
und unterstützt. Respekt zu seinem Leben!
KRIEMHILD BUHL MIT
MUTTER GENERL UND
SCHWESTER SILVIA
Das erste Mal haben wir uns im vorigen Jahrhundert
getroffen. Bei irgendeinem Bergfilmfestival.
In Trient, in Salzburg, in St. Anton am Arlberg, wir
wissen es beide nicht mehr. Seitdem sind wir in
Kontakt geblieben. Ab und zu ein Telefongespräch,
eine E-Mail. Am 16. März feierte Kurt Diemberger
seinen 90. Geburtstag. Er, der Erstbesteiger von
zwei Achttausendern. Ein schöner Grund, in Calderino
bei Bologna dieses Interview zu führen.
Als Bergsteiger bist du Extremsituationen
gewohnt. Wie bist du eigentlich
durch die Corona-Pandemie gekommen?
Zuerst bin ich einfach hineingeschwommen,
hab mir nicht viele Gedanken
gemacht. Dann ließ ich mich sofort drei
Mal impfen. Hier in unserer Gegend, vor
allem auch in Mailand, war es ja am
Anfang besonders schlimm. Mit der Zeit
ist mir dieses Virus dann schon ziemlich
auf die Nerven gegangen. Aber ich war
und bin sehr vorsichtig, passe auf, meide
die Menschen. Dass du hier bist, ist eine
große Ausnahme. Eigentlich mag ich das
nicht. Ich möchte niemanden anstecken,
gleichzeitig gehöre ich mit 90 ohnehin zur
Risikogruppe.
Mit 90 darf man schon einen Rückblick
machen. Was hast du in deinem Leben
falsch, was richtig gemacht?
Das jetzt spontan festzustellen, ist
unmöglich, das kann ich nicht. Ich lass
einfach noch ein paar Jahre vergehen, bis
ich ein abschließendes Urteil fälle. Aber
natürlich hab ich vieles falsch, freilich
auch vieles richtig gemacht. Und ja, es
gab in meinem Leben sehr viele prägende
Momente. War es am K2 wirklich richtig
noch weiterzugehen? Hätten wir früher
umdrehen sollen? Ich weiß es nicht.
Du hast in Wien studiert, hast dann
fünf Jahre als Lehrer in Salzburg unterrichtet.
Du hattest also einen sicheren
Job und bist dennoch in die Berge ausgebrochen.
Warum? Würdest du das
heute auch noch so machen?
(Denkt kurz nach.) Ja, ich würde wohl
wieder Bergführer werden. Weil ich gerne
etwas weitergebe, weil mir die Berge
so viel bedeuten. Eigentlich sind mir die
Berge genau so nahe wie die Menschen.
Dabei geht es mir nicht nur um die Achttausender,
nein, mir geht es um den Berg
an sich. Es gibt da so eine Schwingung,
ein – wie sage ich das bloß – eine Anziehungskraft,
die mich mit dem Berg verbindet.
Heute steige ich nicht mehr auf
Berge, hoffe aber mit meinen Vorträgen
Ich habe Kurt vor einigen Jahren bei einem Vortrag
in Brixen kennengelernt. Da habe ich vor
lauter Lachen fast geweint. Er hat so eine schöne,
so eine packende Art zu erzählen. Ich könnte
ihm da stundenlang zuhören. Er ist schon eine
ganz besondere Persönlichkeit.
TAMARA LUNGER
und Büchern doch noch einiges weitergeben
zu können.
Du bist neben Hermann Buhl der einzige
Mensch, der zwei Achttausender
erstbestiegen hat. 1957 den Broad
Peak, 1960 den Dhaulagiri. Hat das
heute für dich noch eine Bedeutung?
Durchaus. Das waren einmalige Erlebnisse.
Dort zu sein, wo vor dir noch niemand war.
Beinahe in die Seele des Berges hineinschweben
zu dürfen. Diese Gipfel hatten
dort oben eine doppelte Wolke. Sie erschienen
mir wie die Schwünge des Geistes der
Berge. Und diesem Kraftfeld durfte ich bei
meinen Expeditionen immer wieder nahekommen.
Dafür bin ich auch heute noch
sehr dankbar. So etwas vergisst man nicht.
Nach dem Broad Peak wolltest du
mit Hermann Buhl noch die Chogolisa
besteigen. Du gingst zehn, zwanzig
Meter voraus, plötzlich war dein
Gefährte weg. Wächtenbruch. Wie lange
hast du daran noch gekiefelt?
Lange, sehr lange. Ein einziger falscher
Schritt, der zwischen Leben und Tod ent-
80
tirol.sportlich und gesund
81
Was mich am Berg so
fesselt, ist das Unbekannte,
das große Rätsel
hinter einer sich ganz langsam
öffnenden Türe.
scheidet. Hermann war viel erfahrener
als ich, konnte mehr, wusste mehr. Und
dann, ein verhängnisvoller Schritt in die
falsche Richtung, in den Tod. Zum Glück
waren wir nicht angeseilt, sonst wäre
auch ich heute nicht hier. Später hab ich
dann immer nach dem Grund gesucht,
nach einem möglichen Fehler. Aber den
gibt es nicht, weil in solchen Situationen
alles blitzschnell geht. Leben. Oder Tod.
Dazwischen gibt es nichts.
1986 ist dir dann mit Julie Tullis endlich
die Besteigung des K2 gelungen. Mit
einem tragischen Ende.
Julie war mein alpiner Lebensmensch. Insgesamt
sind damals in wenigen Stunden
fünf Menschen am K2 gestorben, nur der
Willi Bauer und ich haben den Weg zurück
ins Basislager geschafft. Ein paar Fingerkuppen
mussten mir danach amputiert werden.
Und es ist dieser eine Satz, ich weiß
nicht mehr, wer ihn mir zugerufen hat, den
ich nie mehr vergessen werde: „Heute Nacht
ist uns die Julie gestorben.“ Meine Julie.
Als ich ganz jung war, hab ich sein Buch „Gipfel
und Gefährten“ gekauft und immer wieder gelesen.
Ich hab´s schön in Nylon eingepackt, damit es ja
nicht kaputt geht. Er war und ist ein ganz Großer,
ein wirkliches Vorbild für mich. Außerdem
ist er ein wirklich kreativer Mensch, mit dem
Fotoapparat, der Filmkamera, der Feder. Ich wünsche
ihm nur das Allerbeste – und mir, dass wir
uns bald mal wieder sehen.
HANS KAMMERLANDER
Dein Stil beim Höhenbergsteigen war
ein völlig anderer als jener von Messner,
Habeler oder Kammerlander. Du
hast gerne lange geschlafen, hast dir
bewusst viel Zeit gelassen, dann auf
den Gipfeln der Achttausender auch
Filme gedreht.
Mein Credo war immer: Wer langsam
geht, geht gut. Gerannt bin ich nie, das hab
ich gern den anderen überlassen. Ich hab
vor allem nach meinem Gespür gehandelt,
war grundsätzlich vorsichtig, hatte auch
sehr viel Glück. Vielleicht lebe ich auch
deshalb noch. Wobei: Beim Abstieg war
ich immer schnell, ich bin ja meist am
Hintern abgerutscht. Weil unten, also im
Basislager, wollte ich immer ganz schnell
sein. Auch des guten Essens wegen.
Reinhold Messner beklagt immer wieder
den Verlust des „traditionellen
Bergsteigens“. Wie siehst du das?
BILD:
„Warte, ich muss dir noch
etwas zeigen“, sagt Kurt.
Und spaziert dann gemütlich
ins Haus, um etwas zu
holen. (© GemNova)
Da hat der Reinhold – und auch andere
– schon recht. Was mich am Berg so fesselt,
ist das Unbekannte, das große Rätsel
hinter einer sich ganz langsam öffnenden
Türe. Als junger Kerl wurde ich „Tiefenschürfer“
genannt, weil ich in der Tiefe,
in der Höhe, vor allem in mir selbst, Neues
entdecken wollte. In den Kletterhallen,
auf den ganzen Normalwegen wird man
genau das nicht finden. Darum hoffe ich,
dass das Pendel wieder zurückschlägt
und die Jungen sich vermehrt auf die
Suche nach dem wirklichen Abenteuer
machen. Es gibt ja noch so viel zu tun.
Aber draußen, in der Natur, in den Bergen.
Seit über 40 Jahren bist du mit Teresa
zusammen, lebst hier in der Nähe von
Bologna in deinen Hügeln. Bist du noch
immer täglich zu Fuß unterwegs?
(Lacht.) Ja, ich gehe jeden Tag bis zur Straße
runter und wieder zurück. Ich nenne das „la
posta“, weil dort unten ist der Postkasten. Ich
schaue immer nach der Post, schließlich will
ich ja wissen, was es Neues gibt. Und dann
gibt es noch etwas, mein tägliches inneres
Mantra: Geh’ weiter, geh’ immer weiter.
Hast du eigentlich nie daran gedacht,
wieder zurück nach Österreich, in die
Berge, zu kommen?
(Lacht.) Ich bin ja immer wieder in Österreich.
Am Ossiachersee in Kärnten hab
ich ein Haus, in Salzburg eine Mietwohnung.
Und viele Vorträge hab ich ja ebenfalls
in Österreich gemacht. Aber die
Hügel von Bologna, du siehst es ja selbst,
haben schon einen ganz besonderen Reiz.
Wenn ich von hier heroben ins Tal schaue,
von einem Hügel zum anderen, ist es fast
so, also würde ich am K2 stehen und über
die Welt blicken. Grenzen haben für mich
ja keine Bedeutung. Erst Corona hat die
Grenzen wieder zugemacht. Nicht nur die
zwischen den Staaten. Leider.
Eine letzte Frage noch. Hast du eigentlich
Angst vor dem Tod?
Nein, warum denn? Es gibt ja keinen Grund
dazu. Warum sollen wir vor etwas Angst
haben, dass doch nicht zu ändern ist?
Kurt wird nicht müde, auch die kühler werdende
Temperatur scheint ihm nicht viel
auszumachen. „Ich glaub, wir können die
Maske jetzt kurz abnehmen“, sagt er dann.
Es ist ruhig hier, hoch über Calderino. Der
Blick geht über die Hügel, da und dort zeigt
Als Kurt „seine“ Achttausender
erstbestieg, war ich 13 bzw.
16 Jahre alt. Hermann Buhl war
ein Freund meines Großvaters,
er war oft bei uns zu Hause und
ich kann mich erinnern, dass er
erzählte, Kurt sei bei seiner
nächsten Expedition zum Broad
Peak dabei. Ich habe sie beneidet!
1967 habe ich meine Bergführerausbildung
gemacht, und
plötzlich war auch der Kurt da.
Als Teilnehmer. Das war einfach
unglaublich: der berühmte Kurt
Diemberger mit mir im gleichen
Bergführerkurs. 1974 haben wir
uns im Makalu Basislager erneut
getroffen, auch lange miteinander
geredet. Und dann halt immer
wieder. Kurt ist eine Legende,
ein Vorbild.
WOLFGANG NAIRZ
sich ein Fels. „Ab und zu sehe ich den jungen
Leuten beim Klettern zu. Schon beeindruckend,
was die können. Aber gut, die
meisten kennen mich ja gar nicht.“ Wir
sitzen gemütlich im Freien, machen es uns
nicht in seinem Haus bequem. „Weil meine
Frauen wollen das nicht, Eintritt verboten,
sozusagen.“ Langsam wird es dunkel, Zeit,
uns zu verabschieden. Leicht fällt es nicht.
Ich gehe durchs schwere Tor, das sich
langsam hinter mir schließt. Noch ein Blick
zurück, Kurt steht vor dem Haus, lächelt,
winkt, ruft noch kurz: „Bis zum nächsten
Mal, pfiat di.“
DAS GESPRÄCH FÜHRTE
REINHOLD OBLAK
Gratulation zu
70 Jahren
traditionellem
Alpinismus
und Storytelling.
REINHOLD MESSNER
Kurt hat nicht nur Alpingeschichte
geschrieben, sondern
diese auch gelebt. Als
er etwa bei der Erstbesteigung
am Broad Peak bereits am
Gipfel war, zum unvergessenen
Hermann Buhl abgestiegen und
dann mit ihm nochmals zurück
zum Gipfel ist. Das zeigt
schon eine ganz besondere
menschliche Größe, Hut ab.
Ich durfte mit Kurt und seiner
Bergpartnerin Julie Tullis
am K2 (1984) und am Nanga
Parbat (1985) das Base Camp
teilen, da kommen wunderschöne
Erinnerungen auf. Alles
Gute Kurt, bleib g´sund.
PETER HABELER
STEVE HOUSE
Der größte Erfolg eines
Bergsteigers, einer Bergsteigerin
ist ein hohes
Alter zu erreichen. In
dieser Hinsicht wünsche
ich mir, deinen Spuren
folgen zu dürfen, Kurt.
Genauso, wie auch andere
deinen Spuren in den Alpen,
im Himalaya, im Karakorum
gefolgt sind. Alles
Gute zum Neunziger!
Mehr
zu Kurt
Diemberger
82 tirol.sportlich und gesund
tirol.bildet 83
Zur Person
Kurt Diemberger
Kurt, du bist Bergsteigerlegende,
Schriftsteller,
Fotograf, Kameramann,
Dokumentarfilmer und vor
allem ein Mann, der träumen
kann. Dein bewegtes
Leben: um die Welt reisen,
immer wieder die „Grenze“
überschreiten, um das
verborgene und unbekannte
Gesicht der Berge kennenzulernen.
Stets mit der
Neugier, zu entdecken, was
auf der anderen Seite ist.
Herzlichen Glückwunsch zu
diesen wunderbaren, so intensiv
gelebten 90 Jahren.
NIVES MEROI
Kurt Diemberger wurde am 16. März 1932
in Villach geboren. Nach der Matura in Salzburg
studierte er an der Hochschule für
Welthandel in Wien Betriebswirtschaft. Mit
den Bergen erstmals in Berührung kam er
als Kristallsucher. Fünf Jahre lang arbeitete
er als Lehrer an der Fremdenverkehrsakademie
in Salzburg, zwischendurch legte er
die Bergführerprüfung ab. Ende der 1960er
Jahre gab er seinen Beruf endgültig auf und
widmete sich nur mehr dem Bergsteigen.
Nach der kontroversiell diskutierten Erstbesteigung
der sogenannten „Schaumrolle“ an
der Königsspitze-Nordwand wurde Hermann
Buhl auf Diemberger aufmerksam und lud
ihn zur Broad Peak Expedition ein. Nach der
Erstbesteigung des Broad Peaks gelang
Diemberger außerdem die Erstbesteigung
des Dhaulagiri. Insgesamt bestieg er sechs
Achttausender. Des Weiteren gelang ihm die
Erstbesteigung des Tirich Mir IV im Alpinstil
oder des Shartse am Lhotse-Nuptse-Kamm.
Gemeinsam mit Julie Tullis gründete Diemberger
das höchste Filmteam der Welt.
Beeindruckende Filme folgten, unter anderem
„K2 – Traum und Schicksal“. Darüber
hinaus verfasste er eine erkleckliche Anzahl
von Büchern. Als knapp 70-Jähriger bestieg
er noch den ca. 6.000 Meter hohen Cotopaxi
in Südamerika. Diemberger lebt mit
seiner Frau Teresa und deren Schwester in
Calderino, über den Hügeln von Bologna. Er
hat zwei Söhne, zwei Töchter sowie zwei
Enkelkinder.
„Kein Alter, kein Geschlecht,
kein Stand, keine Nation ist von
den Vorteilen ausgeschlossen,
welche die Spar-Casse jedem
Einlegenden anbietet.“
Auszug aus der Gründungsurkunde der Sparkassen.
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tirol.bunt und vielfältig tirol.bunt und vielfältig 85
Eine indianische Weisheit lautet: „Wandere drei Monde in den Mokassins des anderen und du wirst ihn verstehen
lernen.“ Guter Ansatz, dachte ich mir, und setzte mich in einen Anfängerkurs für Deutsch. Wie ist es
wohl, in einem Land zu leben, in dem man die Sprache nicht versteht. Und wie gelingt es, ebendiese Sprache
möglichst rasch zu erlernen. Ein kleiner Erfahrungsbericht.
Neugierige, ratlose, verunsicherte, ängstliche,
gespannte Gesichter. Sieben Frauen,
neun Männer. Payanda, Shekeba oder
Negina aus Afganistan zum Beispiel. Oder
Hossen, Khaled, gleich drei Mohammads
aus Syrien. Ebenso wie Ebyan, Adna, Zenab
oder Farah aus Somalia. Um nur ein
paar Namen zu nennen. Vor uns steht eine
lächelnde, sympathisch wirkende Frau, Kitty
Kaas, sie wird uns in den nächsten Wochen
Deutsch beibringen. Aufgrund der hohen
Teilnehmer*innenzahl wird der Kurs gesplittet.
Mehr als acht Personen sollten nicht
in einem Kurs sitzen. Wir alle sind nun im
dritten Stock eines Gebäudes gleich gegenüber
dem Innsbrucker Hauptbahnhof versammelt.
In einem mit „Südtirol“ bezeichneten
Raum. Es ist ein Mittwoch, 8.30 Uhr
morgens. Wie all die anderen wohl hierher
gefunden haben? Einige kennen sich
untereinander, flüstern in ihrer Sprache, vielleicht
Farsi, schauen sich immer wieder an,
suchen Geborgenheit, Sicherheit, Nähe.
„Guten Morgen, ich bin Kitty.“ Allgemeines
Schweigen, große Augen, was hat sie
gesagt? Stellen Sie sich bitte einfach vor, in
einem Chinesischkurs zu sitzen. Und es wird
ausschließlich Chinesisch gesprochen. Wie
es Ihnen da wohl geht, wie Sie sich dabei
wohl fühlen? Kitty wiederholt ihre ersten
Worte, sehr langsam, ganz deutlich. „Guten
Morgen, ich bin Kitty.“ Keine Reaktion von
den anderen. Die Spannung, die Unsicherheit
liegen schwer in der Luft, sind förmlich
spürbar, greifbar. Kitty lächelt noch mehr,
versucht eine Verbindung, eine Beziehung
drei M0nde
in den M0kassins
herzustellen. Willkommen im Anfängerkurs
für Deutsch.
Kitty Kaas
Kitty Kaas. Ein Name wie aus einem Hollywood-Film.
Dabei ist sie gar kein Filmstar,
vielmehr eine couragierte Deutschlehrerin.
Geboren und aufgewachsen ist sie in Holland,
direkt an der Küste, an der belgischen
Grenze. Im Alter von 16 Jahren zog sie mit
ihren Eltern nach Tirol, besuchte die Handelsakademie
in Kitzbühel. Über 20 Jahre
war sie dann im Tourismus tätig, konnte
dort auch ihre Sprachkenntnisse – Holländisch,
Deutsch, Französisch, Englisch – entsprechend
anwenden. Anfang 2021 kam sie
schließlich zur GemNova, als Sprachtrainerin,
als Deutschlehrerin. Jetzt sitzt sie also
mitten unter uns, versucht uns die deutsche
Sprache näherzubringen.
Nicht alle können schreiben, lesen.
In ihrem Herkunftsland hatten sie
einfach nicht die Möglichkeit eine
Schule zu besuchen.
Mittlerweile haben wir die Tische im Raum
zu einem großen Kreis zusammengestellt.
Alleine schon diese Tätigkeit hat die Starrheit
gelöst, lächelnde Gesichter überwiegen.
Vor uns liegt ein Blatt Papier, ein Stift. Kitty
schreibt am Whiteboard ihren Vornamen
auf, weist uns mit großer Gestik darauf hin,
selbiges zu tun. Adna versteht es sofort,
nimmt den Stift, schreibt ihren Vornamen
auf das Blatt Papier. Neugierige Blicke, dann
verständnisvolles Nicken. Es raschelt im
Raum, die meisten Blätter weisen nun einen
Namen auf, einige wenige bleiben leer. Der
Grund: Nicht alle können schreiben, lesen.
In ihrem Herkunftsland hatten sie einfach
nicht die Möglichkeit eine Schule zu besuchen.
Auch das ist eine wichtig zu verstehende
Realität.
Man hilft sich gegenseitig, wenige Minuten
später sind alle Zettel beschriftet. „Das ist
auch deswegen wichtig, damit ich die Leute
direkt mit dem Vornamen ansprechen
kann“, erklärt Kitty. Und wir uns untereinander
auch. Wobei ich die ähnlichen Anfangsschwierigkeiten
habe, die Namen meiner
neuen Bekannten richtig auszusprechen,
wie auch umgekehrt. Reinhold – was für ein
komplizierter Name auch, selbst Italiener
haben mit der richtigen Aussprache ihre
Probleme.
Brücke in die Vergangenheit
Kitty hat inmitten aller Tische kleine Gegenstände
deponiert, die sie von zu Hause mitgebracht
hat. Ein Buch, eine Kaffeetasse, ein
Spielzeugauto, ein Stofftier, ein Glas. Nun
fordert sie uns auf, „intuitiv“ (dieses Wort
versteht fast jeder) etwas zu nehmen. Hossen
greift sofort zum Spielzeugauto, streichelt
fast sanft darüber, lächelt und scheint
glücklich. Was ist denn jetzt los, denke ich
mir. Einige Wochen später verstehe ich sein
Verhalten. In seinem Heimatland war er
Automechaniker, mit diesem Spielzeugauto
hat er eine Brücke in die Vergangenheit
gebaut. Und er hat ein vertrautes Thema,
über das er einige Wochen später erzählen
wird können. Mohammad wiederum hat
sich sofort das Buch geschnappt. Auch bei
ihm wird es noch Monate dauern, bis er
seine persönliche Geschichte dazu erzählen
kann. Dass er eben leidenschaftlich gerne
liest, um so in andere Welten eintauchen
zu können. Dass lesende Menschen
in seiner ursprünglichen Heimat nicht allzu
gerne gesehen waren, dass viele Bücher
nicht erhältlich, verboten waren. Und dass
dieses von Kitty mitgebrachte Buch eben
all das wieder in Erinnerung rief. Darum
sein Lächeln.
Mein großes Ziel ist es, diesen
Menschen hier bei der Integration
zu helfen. Mit der Sprache, aber
auch mit dem Selbstverständnis,
gleichberechtigt zu sein
KITTY KAAS
„Kleine Dinge bringen oft eine große Wirkung
mit sich“, erklärt mir Kitty Kaas später.
„Denn das Wichtigste ist, Vertrauen zu
schaffen, auf die anderen zuzugehen, sich
empathisch zu zeigen. Mit Bildern, mit Fotos,
mit Gegenständen erreicht man oft mehr
als mit Worten. Mein großes Ziel ist es, diesen
Menschen hier bei der Integration zu
helfen. Mit der Sprache, aber auch mit dem
Selbstverständnis, gleichberechtigt zu sein.“
Gleichberechtigung
Negina kommt aus Afghanistan, einem
Land, in dem Frauen noch weit, sehr
weit, von jeder Gleichberechtigung entfernt
sind. Heute noch mehr als noch vor
wenigen Monaten. Wenn man sie im Kurs
beobachtet, wird klar, dass sie neugierig,
wissbegierig ist. Gleichzeitig ist sie ruhig,
zurückgezogen, getraut sich nicht, aus sich
herauszugehen. Sie meldet sich nicht zu
Wort, beteiligt sich kaum an auflockernden
Übungen und Spielen. „Negina ist kein Einzelfall“,
sagt Kitty, „viele Frauen sind nach
wie vor in alten Mustern, in ihrer alten Kultur
gefangen. So wie natürlich auch viele
Männer, die ebenfalls erst langsam Gleichberechtigung
verstehen müssen. In unseren
Kursen lernen wir nicht nur Deutsch,
sondern versuchen auch eine Kultur des
Miteinanders, der Gleichwertigkeit
auf allen Ebenen zu
vermitteln. Das ist eine sehr
große Herausforderung – für
alle Beteiligten.“
Auch ich lerne in diesem Kurs
sehr viel. Dass Selbstverständlichkeiten
eben keine Selbstverständlichkeiten
sind, zum
Beispiel. Mohammad etwa,
der zweite mit diesem Namen,
scheint beim Lesen große Probleme
zu haben. Klar, denke
ich mir, er hat in seinem Heimatland
keine Schule besucht.
Ein anderer Kursteilnehmer,
ich hab mir seinen Namen
nicht merken können, sieht
schlichtweg sehr schlecht,
hat auch keine Brille, hat in
seinem Leben noch nie eine
gehabt hätte sich weder eine
Brille, noch einen Arztbesuch leisten können.
Oder ein anderer Teilnehmer: Sein Verhalten
wird wohl etwas mit seinen traumatischen
Verhältnissen in Syrien zu tun haben,
mit dem Krieg, mit den vielen Toten, die er
dort gesehen hat. Wie lautet das indianische
Sprichwort? Genau: „Wandere drei Monde
in den Mokassins des anderen und du wirst
ihn verstehen lernen.“
eine
banane
ein
Kugelschreiber
Adresse? Was ist eine Adresse?
Der erste Kurs – 60 Einheiten á 45 Minuten
– wird diesen Monat abgeschlossen.
Dann folgen Kurs zwei und Kurs drei, ebenfalls
im dritten Stock des großen Gebäudes
gegenüber vom Innsbrucker Hauptbahnhof.
In den vergangenen vier Jahren haben rund
4.000 Menschen einen Deutschkurs bei den
Sprachtrainerinnen und Sprachtrainern der
GemNova absolviert. Eine bemerkenswerte
Zahl, die doch nichts über das jeweilige
Einzelschicksal aussagt. „Nach dem
ersten Kurs sind bereits Minidialoge möglich“,
erzählt mir Kitty. „Wie heiße ich, woher
komme ich, wo wohne ich, wie lautet meine
Telefonnummer. Die Allermeisten wissen
am Anfang ja gar nicht, was eine Adresse
ist. Diese Selbstverständlichkeiten müssen
erst langsam, mitunter auch recht mühsam
ein
glas eine
kaffeetasse
ein
buch
BILD: Ein Glas, eine Kaffeetasse, ein Kugelschreiber,
eine Banane, ein Buch. Deutsche Worte anhand mitgebrachter
Gegenstände lernen ( © GemNova/rawpixels)
gelernt werden.“ Natürlich gibt es innerhalb
der Gruppen zuweilen auch große Unterschiede.
Überspitzt formuliert lernen Junge
schneller als Ältere, auch deswegen, weil
viele Ältere in ihrer alten Heimat keine Möglichkeit
hatten, eine Schule zu besuchen.
Nach einem Jahr, so Kitty Kaas, könnten sich
alle schon recht gut verständigen. Aber gut,
so weit sind wir hier noch lange nicht. In
der heutigen Stunde lernen wir das richtige
Grüßen hier in Tirol. Dass man in der Früh
„Guten Morgen“ sagt, nach einem Behördengang
etwa „Auf Wiedersehen.“ Dass
man sich beim Reden in die Augen schaut,
ja, auch die Frauen, wie Kitty eindrücklich
sagt. Plötzlich zücken drei Teilnehmer ihre
Handy´s, tippen irgendetwas ein. Ich ziehe
abermals die falschen Schlussfolgerungen,
wie ich später von Kitty erfahre. „Nein, die
haben nicht ihre Mails abgerufen. Sie haben
das Wort ‚Auf Wiedersehen‘ in ihr Handy
getippt, um mit Hilfe eines Übersetzungsprogramms
zu erfahren, was das in ihrer
Muttersprache bedeutet.“
VON
REINHOLD OBLAK
86 tirol.bunt und vielfältig tirol.bunt und vielfältig 87
Atract
fliegt jetzt
Die Ausgangslage ist bekannt: Im Tourismus fehlen tausende
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine private Initiative aus Tirol
versucht nun europaweit Lösungen zu finden. „Atract“ ist genossenschaftlich
organisiert und will den eklatanten Personalmangel
in Hotellerie und Gastronomie schrittweise beheben.
Karin Lindner ist das sympathische
Gesicht von „Atract“. Gemeinsam mit
Josef Kirchmair und Alexander Prachensky
stellte sie Ende 2019 das Projekt auf die
Füße, erweckte „Atract“ zum Leben. „Wir
haben bereits viele Vorarbeiten geleistet,
waren voller Tatendrang und Energie, doch
dann kam Corona. In weiterer Folge gab es
Lockdown um Lockdown, Hotels mussten
schließen, Gäste blieben aus, Beschäftigte
wurden entlassen oder in die Kurzarbeit
geschickt.“ Gleichzeitig wurden den Hotels
und Gastronomiebetrieben beträchtliche
Förderungen und Unterstützungen seitens
des Staates gewährt. Was indes allen
Beteiligten fehlte, war eine konkrete Perspektive.
Nahezu zwei Jahre lang. „Klar, das
war eine äußerst schwierige Zeit, doch wir
wollten unser Projekt unbedingt zum Fliegen
bringen“, so Lindner heute.
Die Idee dahinter ist rasch erklärt: „Atract“
ist genossenschaftlich organisiert, Hotels
und Gastronomiebetriebe können beitreten
und nach Unterzeichnung einer Fairnesserklärung
aus einem großen Personalpool
ihre künftigen Beschäftigten aussuchen.
Also etwa Köchinnen, Kellner, Reinigungskräfte,
Küchenpersonal, Rezeptionisten,
Handwerkerinnen usw. Diese wiederum
werden europaweit gesucht, entsprechend
geschult, trainiert, auf den Job vorbereitet.
Oberstes Gebot dabei: Es soll ein faires
Miteinander geben, die unattraktiven
Arbeitsverhältnisse im Tourismus auf vielerlei
Ebenen aufgewertet und interessant
gemacht werden. Fürwahr keine leichte
Aufgabe. Wohl auch deswegen, weil viele
im Tourismus beschäftigte Menschen
mittlerweile in anderen Bereichen ihr Geld
verdienen.
Crew-Scouts
Vor einem knappen Jahr war es dann endlich
so weit: „Atract“ ging in den Echtbetrieb
über, die ersten Tourismusbetriebe
beteiligten sich an der Genossenschaft.
Das Kinderhotel Kröller in Gerlos zum Beispiel,
die Bergbahnen Zauchensee mit vier
Gastronomie- und Hotelbetrieben oder das
Biohotel Grafenast am Pillberg. Zwischenzeitlich
war das Interesse so groß, dass
sogar ein Aufnahmestopp verhängt werden
musste. Der Grund: Im Personalpool von
„Atract“ befanden sich zu wenige künftige
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für
Hotellerie und Gastronomie. Schnee von
gestern: Heute ist der Personalpool mit
rund 100 Personen sehr gut gefüllt. Und
laufend kommen neue dazu.
Mittlerweile sind eigene Crew-Scouts,
die in unterschiedlichen Ländern Europas
leben, für „Atract“ unterwegs. Deren zentrale
Aufgabe: Motivierte Menschen zu finden,
die sich vorstellen können, abermals oder
erstmals im Tourismusbereich zu arbeiten.
Insbesondere aus Ländern mit einer
BILD: Tourismusunternehmen
suchen händeringend
qualifiziertes Personal.
„Atract“ kann ihnen die
entsprechenden Hilfs- und
Fachkräfte zur Verfügung
stellen. (© Atract)
hohen Arbeitslosigkeit oder schlechten
Arbeitsbedingungen. „Eigentlich ist es eine
Win-win-Situation für alle Beteiligten. Wir
bringen diese Leute mit Tourismusunternehmen
zusammen, bereiten sie vorher in
unseren Trainingscamps entsprechend vor,
begleiten sie und achten vor allem auf faire,
wertschätzende Dienstverhältnisse hier in
Österreich, speziell in Tirol“, erklärt Lindner.
Doch aus welchen Ländern kommen nun
die Menschen, die künftig im Tourismusbereich
quer durch Österreich arbeiten wollen?
Die meisten stammen aus Spanien,
Italien, Rumänien. Selbst aus Argentinien,
wo eine große spanische und italienische
Community beheimatet ist, gibt es immer
wieder Anfragen und Bewerbungen. Auch
von ausgewiesenen Fachkräften. Allein im
heurigen Jahr plant „Atract“ acht Trainingscamps
abzuhalten, etwa im Zillertal und
Stubaital. „In diesen Trainingscamps werden
diese Hilfs- und Fachkräfte speziell
geschult. Es gibt Deutschkurse, wir helfen
bei der Integration, für Quereinsteiger
gibt es die Möglichkeit, in Bereichen wie
Küche, Service, Housekeeping usw. hineinzuschnuppern“,
erklärt Lindner. Derzeit laufen
außerdem Gespräche, um einen eigenen
„Atract-Campus“ in Tirol zu errichten.
Deutschkurse vor Ort
Viele Beschäftigte im Tourismus kommen
aus dem nicht deutschsprachigen Ausland.
Gerade deswegen sind Sprachkurse auch
nach dem Jobstart notwendig. Die Landessprache
zu sprechen und zu verstehen,
hilft nicht nur im Job, sondern fördert auch
die soziale Integration. „Wir selbst können
das nicht machen, darum haben wir uns
nach einem Kooperationspartner umgesehen,
der dies kompetent umsetzt und
auch eine langjährige Erfahrung mitbringt“,
so Lindner. So wurde dann die GemNova
Akademie und ihre Deutschtrainerinnen
und -trainer zentraler Teil von „Atract“.
Allein in den vergangenen vier Jahren
absolvierten rund 4.000 Personen die
Deutschkurse der GemNova Akademie.
Diese kamen aus allen Teilen der Welt,
unter anderem aus Ungarn, Afghanistan,
der Slowakei, Syrien, Griechenland, Italien,
Somalia, Tschechien, Polen, Rumänien
usw. Besonders wichtig dabei: Diese
Deutschkurse finden direkt in den Hotels
und Gastronomiebetrieben vor Ort statt,
somit müssen deren Beschäftigte keine
stundenlangen Anfahrtszeiten zu den Kursen
auf sich nehmen.
„Außerdem werden die Kurse und Unterlagen
speziell auf das jeweilige Unternehmen
abgestimmt“, wie Sandra Wimmer von der
GemNova Akademie erklärt. „Da geht es
auch um spezielle Dialektausdrücke, um
bestimmte Begriffe aus den Speisekarten.
So gab es bei den Hotelgästen schon
öfter große Augen, wenn etwa eine dunkelhäutige
Kellnerin eine Speise auf Tirolerisch
erklärt. Da kann es dann schon mal
passieren, dass auch das Trinkgeld etwas
höher ausfällt.“
Langfristig und nachhaltig
Sternschnuppen sind schön anzusehen,
verschwinden aber naturgemäß wieder
rasch, sind nicht von Dauer. Mehr Schein
als Sein, wie so vieles andere auch. „Unsere
Idee ist nachhaltig, somit auch langfristig
angelegt“, sagt Karin Lindner. So
sollen gemeinsam gleich mehrere große
Ziele erreicht werden. Etwa das Image im
Tourismus signifikant zu verbessern. Die
Zukunft der Hotellerie und Gastronomie in
Österreich langfristig zu sichern. Für faire,
ausgewogene, wertschätzende Arbeitsverhältnisse
zu sorgen. Klingt alles ganz
wunderbar, ist freilich nur in kleinen, ganz
konkreten Schritten zu erreichen. Das weiß
selbstverständlich auch die Atract-Gründerin.
„Die Tourismusbranche befindet sich
jetzt nach mehr als zwei Jahren Corona
im Umbruch. Es gilt neue Türen zu öffnen,
neue Arbeitsverhältnisse zu diskutieren,
sich auf Augenhöhe zu begegnen.
Begleitendes Coaching ist gefragt, ebenso
wie ehrliche, saubere, langfristige Dienstverhältnisse.
Nicht nur den Kunden und
Gästen, auch den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern muss etwas geboten werden.
Unsere Aufgabe dabei ist es, die richtigen
Menschen mit den richtigen Fähigkeiten
für die richtigen Arbeitgeber zu finden, zu
begleiten und zu unterstützen.“
Karin Lindner und ihr Team ist in diesen
Wochen auch deswegen sehr viel unterwegs.
Es gilt Kontakte zu knüpfen, Fragen
zu beantworten, Kooperationen abzuschließen.
Beim Reden, so heißt es, kommen die
Leute zusammen. Oder wie es Lindner
formuliert: „Natürlich muss immer wieder
neu am Zahnrad gedreht werden, um etwa
mehr Gäste zu bekommen. Dabei darf freilich
nicht darauf vergessen werden, dass
sich in diesem Fall auch immer andere
Räder bewegen müssen. Und eine Kette
ist bekannterweise nur so stark, wie deren
schwächstes Glied.“
ZUM AUTOR
MAG. REINHOLD OBLAK
Aufgewachsen in Kärnten studierte er an den
Universitäten Wien und Perugia, Italien. Er war
viele Jahre Journalist, Konzernsprecher, Vorstand
und Aufsichtsrat. Seit 2018 ist er bei der
GemNova für die Unternehmenskommunikation
zuständig.
Kontakt: r.oblak@gemnova.at
Zu
Atract
Gegründet Ende 2019 als
Genossenschaft. Derzeit gehören
ihr rund 40 Hotels und
Gastronomiebetriebe in Tirol
und Salzburg an. In den nächsten
Wochen sollen weitere
Tourismusbetriebe im Süden
Österreichs und in der Stadthotellerie
dazukommen. Erklärtes
Ziel ist es, den offensichtlichen
Personalmangel im Tourismusbereich
zu beheben. Laut Institut
für Höhere Studien müssen
in Österreich bis 2023 rund
60.000 Stellen im Tourismus
neu besetzt werden. Mit den
eigenen Crew-Scouts sowie in
Kooperation mit Tourismusschulen
und Arbeitsämtern werden
europaweit Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter gesucht, die
dann entsprechend vorbereitet
und trainiert werden. Deutschkurse,
Persönlichkeitsschulung,
individuelles Fachtraining inklusive.
Die beteiligten Hotels und
Gastronomiebetriebe verpflichten
sich zu einer wertschätzenden
Unternehmenskultur
und fairen Arbeitsbedingungen.
Oberstes Ziel sind nachhaltige
und langfristige Arbeitsbedingungen
im Tourismus.
www.atract.at
88 tirol.denkt weiter tirol.denkt weiter 89
back t0
the green
r00ts
Wer durch die Innsbrucker Museumstraße
spaziert, kommt in einem Abstand von 150
Metern an vier Filialen gängiger Supermarktketten
vorbei. In jeder einzelnen erstreckt
sich das Angebot von frisch aufgebackenem
Brot, Obst und Gemüse aus aller Welt bis zu
verschiedenen Non-Food-Artikeln. Ein ganzer
Einkauf in einem Laden. Der Gang zum Bäcker
oder Gemüsehändler nebenan wird überflüssig.
In den Regalen reihen sich Plastik an Karton
an Dose – Verpackungen, die oftmals
vermeidbar wären und in Österreich einen
wesentlichen Anteil des Haushaltsmülls
ausmachen. Die Zero Waste Bewegung
sagt diesem Zustand den Kampf an. Sie
sucht alternative Lösungen und zeigt Möglichkeiten
für ein ressourcenschonendes
Konsumverhalten. Der 2018 gegründete
verpackungsfreie Laden „greenroot“ (ebenfalls
in der Museumstraße) bietet ebendies.
Die grüne Wurzel
Der Wunsch, Lebensmittel „so wie früher“
anzubieten, ließ den greenroot-Gründer
und Geschäftsführer Engin Dogan die
Zero Waste Bewegung entdecken. Die
Produkte offen und ohne Verpackung
anzubieten, vermeidet nicht nur Müll,
sondern ermöglicht den Kund*innen auch
die genau benötigte Menge zu erwerben
und beugt so Lebensmittelverschwendung
vor. Eben zurück zu den grünen Wurzeln
(engl. roots) – wie früher im Tante-Emma-
Laden, als unsere Eltern und Großeltern
ihre Lebensmittel in Säcke und Behälter
abfüllten. Ganz ohne Verpackungsmüll.
Gerade Obst und Gemüse bringen
doch ihre eigene Verpackung von Natur
aus mit. Da verwundert es, dass der
BILD: Wie von
Natur erschaffen –
verpackungsfreies
Gemüse aus der Region
(© greenroot )
Mensch dem Apfel oder der Zucchini
eine „zweite“ Verpackung verabreicht,
damit sie im Supermarkt schneller ins
Auge stechen. Eine Verpackung, die es
eigentlich nicht braucht und die unter
Ressourcenaufwand hergestellt und
entsorgt wird. Kritisch betrachtet ist das
reine Ressourcenverschwendung. Die
Verpackungen unterschiedlicher Produkte
summieren sich österreichweit zu jährlich
über 1,4 Millionen Tonnen Verpackungsmüll.
Im Jahr 2018 das altbewährte Tante-
Emma-Konzept in Innsbruck neu umzusetzen,
brachte einige Herausforderungen mit
RECHTS: Engin
Dogan bei der Abfüllung
von Nüssen – natürlich
in Bio- und Fairtrade-
Qualität (© greenroot )
sich. Über manch eine Wurzel wäre man
fast gestolpert, denn es gab keine Anknüpfungspunkte
oder Interessensverbände, die
einem den Weg weisen konnten. Der Zero
Waste Gedanke war im Lebensmittelhandel
noch nicht wieder angekommen. So
steckte Engin Dogan viel Zeit und Energie
in Recherchen und suchte den Dialog mit
Lieferant*innen. Dabei verlor er nie seinen
ganzheitlichen Blick: „Wir lehnen uns nicht
zurück und sagen Zero Waste reicht. Wir
wollen so nachhaltig wie möglich agieren;
Nachhaltigkeit aus verschiedenen Perspektiven
sehen und durchleuchten.“ So sind biologische
Landwirtschaft, Regionalität, faire
Arbeitsbedingungen entlang der gesamten
Lieferkette und ressourcenschonender
Transport nur ein Auszug der Themen,
für die sich der Unternehmer mit seinem
Laden unermüdlich einsetzt.
Denkt an die Kleinen
Doch oftmals werden genau diese Läden,
die mit viel Mühe und Herz geführt werden,
übersehen. Unser Landschaftsbild
ist geprägt von Supermärkten. Das sogenannte
„One-Stop-Shopping“, welches alle
notwendigen Produkte in einem einzelnen
BILD: Von A wie
gedörrter Apfel bis Z
wie Zimtstangen
(© greenroot )
Laden erwerben lassen, ist heutzutage die
bevorzugte Wahl. In Zeiten der Pandemie
und Kontaktbeschränkungen hat diese
Form des Einkaufs einen zusätzlichen Aufschwung
erlebt. Bäckereien, Metzgereien,
Obst- und Gemüsehändler verschwinden
unterdessen immer mehr von der Bildfläche.
In der Stadt ist diese Entwicklung noch
stärker als auf dem Land zu beobachten.
„Ich glaube am Land herrscht noch die
nötige Atmosphäre für kleinere Strukturen.
Man kennt sich, man kann fragen, woher
die Produkte kommen. Die Vertrauensebene
ist größer als in der Stadt. Jede*r Einzelne
kann mit dem eigenen Einkauf einen
Beitrag leisten, lokale Anbieter aufrecht zu
erhalten.“ Die Macht der Konsument*innen
das Angebot zu steuern, dürfe nicht unterschätzt
werden. Einen deutlichen Appell
richtet Engin Dogan auch in Richtung Politik.
Es benötige mehr Engagement für kleine
Betriebe, sowohl in der Bewusstseinsbildung
der Konsument*innen als auch in der
Schaffung von Rahmenbedingungen, die ein
gutes Arbeiten ermöglichen und nicht nur
ein Überleben. Er wünscht sich einen Austausch
auf Augenhöhe. Andernfalls stünden
die Interessen der kleinen Geschäfte
immer im Schatten großer Anbieter.
Schritt für Schritt
Jeder Schritt zählt. Das betont Engin Dogan
immer wieder. So hat er das greenroot zu
dem gemacht, was es heute ist: einem
modernen Zero Waste Shop mit breiter
Produktpalette und einem Zero Waste Café
nebenan. Das Geheimnis dahinter? Sein
Ehrgeiz und die kontinuierliche Weiterentwicklung
ohne Kompromisse. So könne auch
jeder Konsument und jede Konsumentin
Schritt für Schritt das Leben nachhaltiger
gestalten. Es beginne bei kleinen Alltagsentscheidungen:
in der Eisdiele die Waffel statt
green
r00t
... ist ein Zero Waste Shop
im Herzen Innsbrucks.
Kund*innen können die Produkte
in der jeweils benötigten
Menge in eigene Behältnisse
abfüllen. Die Behälter
werden davor gewogen und
das Leergewicht berücksichtigt.
Man bezahlt nur den
Inhalt, keine Verpackung,
keinen Müll. Das Geschäft
steht für nachhaltigen
Konsum und setzt ein Zeichen
für den Klimaschutz.
www.greenroot.at
des Bechers wählen, den Kaffee in Ruhe aus
der Tasse trinken statt im Einweg-To-Go-
Becher und regional und saisonal einkaufen.
So entwickele sich aus dem Kleinen
etwas Großes. „Wenn jede*r ein bisschen
darauf schaut, dann werden wir die Herausforderungen
des Klimawandels gemeinsam
bewältigen. Es hängt von uns Einzelnen ab.
Jede*r trägt mit seinen/ihren Entscheidungen
und Handeln dazu bei.“ So setzt Engin
Dogan beständig seine Schritte und lädt
alle ein mitzugehen.
ZUR AUTORIN
JULIA WOLF, MSC
Julia Wolf ist seit 2019 als Koordinatorin
im GemNova Bildungspool tätig. Ihr
ist es ein Anliegen ihren Beitrag für
den Klimaschutz zu leisten, denn jeder
Schritt zählt.
Kontakt: j.wolf@gemnova.at
Virgen
90
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Vorreiter in Sachen
Klimaschutz
GEMEINDE VIRGEN / OSTTIROL
BILD: Bereits 2005
installierte die Gemeinde
Virgen das „Virger
Mobil“, ein Fahrservice
für die Bürger*innen.
(© Gemeinde Virgen)
DIE GEMEINDE
VIRGEN LIEGT AUF
1.194
IM NATIONALPARK
HOHE TAUERN,
AM FUSSE DER
VENEDIGERGRUPPE
2.215
EINWOHNER*INNEN
m
Im vergangenen Herbst wurde die Gemeinde Virgen in Osttirol bereits zum fünften Mal
als „e5-Gemeinde“ mit der höchsten Auszeichnung „5e“ prämiert und erhielt das dritte
Mal Gold beim „European Energy Award“. Aber Virgen ist schon länger Vorreiter in Sachen
Umweltschutz und Energieeffizienz – in ganz Österreich. Von den Anfängen bis heute war es
ein langer Weg, doch visionäres Denken und Einfallsreichtum machten ihn möglich.
VON JAN SCHÄFER
Noch bevor das „e5-Programm“ zur Förderung
von Gemeinden bei ihrer Energie- und
Klimapolitik ins Leben gerufen wurde, ging
die Gemeinde Virgen die ersten Schritte
in diese Richtung. Bereits in den 1980er
Jahren begannen kreative Virger*innen in
Form von Selbstbaugruppen erste thermische
Solaranlagen zu errichten, was wohl
auch auf die sonnenbegünstigte Lage der
Gemeinde zurückzuführen ist. Um eine
Grundlage und wissenschaftliche Werte
für weitere Überlegungen und Planungen
zu schaffen, wurde 1993 gemeinsam mit
der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie
und Geodynamik) eine Klimastation installiert.
Ein Jahr später führte Virgen als erste
Gemeinde Österreichs eine Förderung für
Solaranlagen ein.
„Das waren alles Vorläufe, bevor wir 1996
dem Projekt ‚Energieautarke Gemeinde‘
der ARGE Alp und dem Klimabündnis
beitraten. Schon ein Jahr darauf bauten
wir unser erstes Wasserkraftwerk am
Virgerbach. Außerdem beschäftigten wir
uns schon zu dieser Zeit mit dem Thema
Biogasanlagen und der Frage, wie man
die biogenen Abfälle der Gemeinde zur
Energiegewinnung nutzen kann“, erinnert
sich Virgens Bürgermeister Dietmar Ruggenthaler,
der seit 1992 im Amt ist.
Wenn Umweltziele auch der Gemeinschaft
zugutekommen
In den darauffolgenden Jahren führten die
Virger*innen eine umfangreiche Energieanalyse
durch. Ehrenamtlich sammelten und
erhoben die Bürger*innen Daten zu jedem
Haus und jedem Gebäude. Die Motivation
für die rege Beteiligung war, dass jeder
herausfinden wollte, wo man den „Schilling“
am geschicktesten einsetzen kann, um
Energie und damit auch Geld zu sparen.
Letztlich führten diese Aktivitäten 1999
zur Beteiligung am „e5-Programm“, das in
jenem Jahr initiiert wurde. „Wenig später
setzten wir uns mit der Straßenbeleuchtung
auseinander, die damals noch mit
Quecksilberdampflampen betrieben wurde.
LED-Leuchten kamen erst langsam auf. So
beschlossen wir auf Natriumdampflampen
umzusteigen. Doch diese waren recht
teuer. Der Gemeindevorarbeiter, Gregor
Stadler, hatte die Idee, diese Leuchtmittel
selbst herzustellen. Nach einigem Tüfteln
und in Zusammenarbeit mit einem regionalen
Elektriker entstand eine Leuchte,
die wir statt der alten Lampen verwenden
konnten. Das war nicht nur ein Beitrag zur
Reduktion des Stromverbrauchs um gute
47 %. Das Licht war für die nachtaktiven
Insekten ebenfalls besser und zudem profitierte
die örtliche Wertschöpfungskette
davon“, erzählt Ruggenthaler. Mit diesem
Projekt, das auch von der Universität Innsbruck
begleitet wurde, gewann die Osttiroler
Gemeinde den „Ford-Award“ und
schaffte es damit auf die Titelseite des
„Wall Street Journal“. Inzwischen stellt Virgen
seine Straßenbeleuchtung sukzessive
auf LED um.
Einen weiteren Meilenstein setzte die
Gemeinde mit der Biomasseförderung
für private Haushalte. Ausgangspunkt war
die fiktive Holzeinschlagszahl von 6.000
m3/p.a. zur Erhaltung eines gesunden
Waldbestands. Holzeinschlag ist wichtig,
denn junge, vitale Bäume tragen zu einer
besseren Schutzfunktion bei und regulieren
den Wasserhaushalt des Waldes
effektiver. Tatsächlich wurden aber nur ca.
2.000 m3 Holz aus dem Wald geholt. Der
Rest verrottete ungenutzt. Daraufhin wurde
durch die Errichtung einer Hackschnitzelanlage
und den Anschluss von privaten
und öffentlichen Gebäuden an das entsprechende
Heizwärmesystem die Nahwärmeversorgung
ausgebaut. Auch diese
umfangreiche Maßnahme wirkte sich
positiv auf mehrere Aspekte aus: Beitrag
für den Wald, Förderung der heimischen
Holzwirtschaft, Reduktion von Heizöl und
Kohlebriketts sowie weitere Steigerung der
regionalen Wertschöpfungskette.
Meilenstein Gemeindemobil Virgen
Parallel dazu wurden zahlreiche öffentliche
und zudem private Gebäude energetisch
saniert und die Installation von
Solaranlagen ausgebaut. Aber auch bei
der Mobilität war Virgen aktiv und hat
eine Vorreiterrolle eingenommen, wie
der Virger Bürgermeister zu berichten
weiß: 2005 erstellten wir eine eigene
Fallstudie zum Thema „Mobilität“. Zwei
Punkte standen dabei im Fokus: Die
generelle Mobilität – gerade bei älteren
Bürger*innen - und der Aspekt „Zweitwagen“.
Aufgrund dieser Analyse entschlossen
wir uns einen Fahrservice
einzurichten. Wir kauften also ein Auto
– damals noch einen Verbrenner, weil die
E-Autos erst im Kommen waren – und
das Gemeindemobil war geboren.“ Hier
mussten einige rechtliche Fragen geklärt
werden: gewerbliche Aspekte oder der
Umgang mit dem Kraftfahrtliniengesetz
– das alles war Neuland. Entsprechende
praktische Lösungen wurden jedoch
gefunden. 2014 stieg Virgen mit dem
Gemeindemobil auf ein E-Auto um. Drei
Jahre später trat die Gemeinde dem Osttiroler
E-Car-Sharing „FLUGS“ bei. Auch
das Thema „Radfahren“ wurde forciert.
Selbstverständlich erfolgte dieser Ausbau
im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherheit
und aller verkehrstechnischen
sowie infrastrukturellen Überlegungen.
Zudem entstanden neben Ladestationen
für E-Autos auch solche für E-Bikes. Um
all diese Umweltthemen und -maßnahmen
ins Bewusstsein der Virger*innen zu rükken,
haben diverse Aktionstage, regelmäßige
Bürger*innenbefragungen und auch
Gesundheitsprojekte beigetragen, denn
Umwelt und Gesundheit sind eng miteinander
verbunden. Letztlich steigert dieses
Zusammenspiel aller Maßnahmen die
Lebensqualität in einer Gemeinde.
Schaut man auf die Anfänge und den langen
Weg der Gemeinde Virgen zurück,
stellt man fest: Es braucht das Mitwirken
und den Weitblick der Bürger*innen und
letztlich auch vom Bürgermeister.
„So etwas kann nie
einer allein schaffen
und es geht
auch nie auf
einen allein
zurück.
Mein persönliches Engagement ist
sicherlich darauf zurückzuführen, dass
ich mich schon früh mit Umweltthemen
befasst und mich fortgebildet habe. Doch
erst wenn man Mitstreiter*innen findet,
mit denen man sich austauschen kann,
kommen die Ideen, die zu Visionen werden.
Und ohne die Beteiligung der Virger
Bürger*innen wären diese Visionen nicht
Realität geworden. Es ging dabei immer
um das Zusammenspiel von Umwelt,
Wirtschaft und Gemeinschaft. Es ist ein
Kreislauf. Der Lohn für unsere gemeinsamen
Anstrengungen sind nicht die Auszeichnungen,
sondern das gute, gesunde
Leben mit Respekt zur Natur in unserer
Gemeinde“, zieht Bürgermeister Dietmar
Ruggenthaler als Fazit.
BILD: Die Gemeinde Virgen ist
aufgrund der sonnigen Lage
prädestiniert für die Nutzung von
Sonnenenergie (© Hannes Berger)
DER NAME „VIRGEN“ STAMMT
AUS DEM SLAWISCHEN UND
BEDEUTET
sonniges
Plätzchen
92
tirol.bildet tirol.bildet 93
ZUR AUTORIN
MAG. NINA
REDLICH-ZIMMER-
MANN, MA ECED
Nina Redlich-Zimmermann
koordiniert den Fachbereich
Elementarbildung im Gem-
Nova Bildungspool und steht
insbesondere für Fragen rund
um das Thema Kinder- und
Sprachenrechte zur Verfügung.
Kontakt:
n.redlich@gemnova.at
Chancengerechtigkeit
als
Chance für ALLe
Der Weg hin zu Bildungschancen führt über die SPRACHE –
was Kinder und Familien brauchen und wie wir sie als Gemeinde
in ihrem Lebensumfeld begleiten können.
Es ist beachtlich zu lesen, dass in den
Wahlprogrammen zu den Gemeinderatsund
Bürgermeister*innenwahlen 2022 in
Tirol vielerorts im Sinne der Chancengerechtigkeit
der Fokus auf die Teilhabe,
das heißt auf die Mitbestimmung und
Mitgestaltung, von Kindern und Jugendlichen
gelegt wurde. Darüber hinaus findet
sich häufig als Zielformulierung für
ein gelingendes Zusammenleben in der
Gemeinde der differenzierte Blick auf die
Vielfalt an Familien und deren Lebenssituationen
sowie individuellen Bedürfnisse.
Gemeinden beweisen damit, dass
sie nicht nur als Träger von Kinderbildungs-
und Betreuungseinrichtungen eine
Schlüsselfunktion beim Schaffen idealer
Rahmenbedingungen für das Gelingen institutioneller
Bildung übernehmen, sondern
als Drehscheibe auch im unmittelbaren
Familien- und Lebensumfeld von
Kindern und Jugendlichen bedürfnisorientierte
Angebote setzen möchten, um so
Bildungschancen für alle zu ermöglichen.
In diesem ersten Beitrag zur dreiteiligen
Reihe zum Thema Chancengerechtigkeit
in der Kinderbildung und -betreuung widmen
wir uns dem ersten Vielfaltsmerkmal,
welches die Heterogenität in unserer heutigen
Gesellschaft als Normalität kennzeichnet:
Mehrsprachigkeit und kulturelle
Vielfalt. Darauf basierend hat jede
Gemeinde, als Lebensmittelpunkt von
Familien, Kindern und Jugendlichen, bzw.
jeder Gemeindeverband die Möglichkeit
zu erheben und einzuschätzen, welchen
Bedürfnissen und Bedarfen das Gemeindenetzwerk,
bestehend aus Vereinen, Bildungsträgern
sowie Sozial- und Gesundheitseinrichtungen,
gerecht werden muss.
Die Vielschichtigkeit an Herausforderungen
im Kontext der Diversität erkennen.
Eine Bürger*innenbefragung, die seitens der
GemNova 2020 tirolweit durchgeführt wurde,
lieferte für den umfassenden Bereich
„Bildung und Betreuung“ für die Zielgruppe
0-18 Jahre qualitative Daten darüber,
welchen Bedarf Familien und Kinder bzw.
Jugendliche aufgrund der Herausforderungen,
die sich für sie im Zusammenhang mit
ihrer mehrsprachigen bzw. interkulturellen
Lebenssituation ergeben, haben. Außerdem
konnten auf Basis einer Inhaltsanalyse
damit zusammenhängende Risiken in
Bezug auf Chancengerechtigkeit sichtbar
gemacht werden.
Was fehlt aus Sicht von Bürger*innen
bzw. Familien aktuell (noch) im Bereich
Bildung und Betreuung von Kindern und
Jugendlichen?
bewusstseinsbildung
Sprachliche Teilhabe für alle
Kinder und Jugendlichen
Bildungsangeb0te
Schnuppertage in Berufen,
internat. Filmabende
Sprachliche
Unterstützung
im Alltag
Sprachbuddys,
Hausübungsbetreuung
F0rderung v0n
Mehrsprachigkeit
..
Alle Erstsprachen einbinden
(Bibliothek, Jugendtreff)
Vorhandenes Praxiswissen aus den
Gemeinden und fachliche Expertise nutzen
und vernetzen. Eine regelmäßige Vernetzungsarbeit
mit und unter Gemeinden
bzw. Planungsverbänden schafft die Möglichkeit,
unterschiedliche wirksame Praxiskonzepte
im Sinne eines Wissensmarktplatzes
miteinander zu teilen. Auf diese Weise
kann von bereits erprobtem Erfahrungswissen
profitiert und das eigene Verantwortungsbewusstsein
hinsichtlich der Chancengerechtigkeit
von Kindern und Jugendlichen
immer wieder aufs Neue geschärft werden.
Durch das Einrichten einer sozialpädagogischen
Koordinationsstelle können
neben dem Bündeln von vorhandener
Fachexpertise und dem Durchführen
von Bedarfserhebungen für den Sozialraum
zielführende Handlungsstrategien
zur Sicherstellung von Chancengerechtigkeit
von Kindern und Jugendlichen
laufend evaluiert und weiterentwickelt
werden. Die folgenden Best-Practice-Ideen
fokussieren die sprachliche und kulturelle
Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in
ihrem alltäglichen Lebensumfeld.
Gelebte interkulturelle Kompetenz. Ehrenamtliche
„Brückenbauer*innen“ sowie die
mobile Jugendarbeit sind wertvolle Ressourcen
für jede Gemeinde. Sie können niederschwellige
Angebote setzen und damit
Barrieren überwinden, z.B. im Aufsuchen
von Familien bzw. Kindern und Jugendlichen
an öffentlichen Plätzen (Spielplatz, Supermarkt,
Arzt etc.) oder zuhause, wo das nötige
Vertrauen, das Familien brauchen, um
für Angebote in der Gemeinde zugänglich
zu werden, hergestellt wird. Diese Form des
Beziehungsaufbaus bildet die Grundlage
einer „Willkommenskultur“.
Vereinsleben als Bildungschance. Vereine
sorgen mit ihren unterschiedlichen
Schwerpunkten für ein aktives Miteinander
und können mit einer Schwerpunktsetzung
im Bereich Kinder- und Jugendarbeit einen
wertvollen Beitrag als interkulturelle Brückenbauer*innen
sowie Sprachbuddys leisten.
Egal, ob bei der Feuerwehr, im Trachtenverein,
Fußballclub oder im Kinder- und
Jugendchor, das Setzen sprachlicher Anreize
gelingt bei jedem gemeinsamen Tun und
öffnet Türen für den interkulturellen Dialog.
Binnendifferenzierung bei Sprachangeboten.
Ein vielfältiges, niederschwelliges
Informations-, Beratungs- und Vernetzungsangebot
für Familien im Rahmen der
Erziehung schafft Vertrauen im Sinne einer
Bildungspartnerschaft auf Augenhöhe und
gibt Sicherheit, dort, wo kulturell-sprachliche
Unsicherheiten vorhanden sind. So können
beispielsweise auf der Homepage Informationsvideos
oder Aushänge in einfacher deutscher
Sprache bzw. in den vorherrschenden
Erstsprachen in der Gemeinde aufbereitet
werden. Auch freiwillige Helfer*innen, die
als Sprachbuddys zur Verfügung stehen,
können die Integration von Menschen mit
anderen Herkunftssprachen durch sprachliche
Unterstützung im Alltag mitgestalten
(z.B.: Begleitung von Erwachsenen bei Amtswegen,
Wohnungssuche etc.).
Bewusstseinsbildung im Sinne der
Chancengerechtigkeit von Kindern und
Jugendlichen. Die Gemeinde übernimmt
als Schnittstelle aller Bildungs- und Kulturträger
eine wichtige Vorbildfunktion, wenn
sie kontinuierliche Sensibilisierungsarbeit
leistet, mit dem Ziel, dass Bildung und
Betreuung von Kindern und Jugendlichen
von allen Mitgestalter*innen innerhalb
einer Gemeinde als verbindlicher Auftrag
wahrgenommen wird. Das Thema
Sprachbildung und Mehrsprachigkeit ist
nicht ausschließlich im Kindergarten bzw.
in der Schule zu verorten, sondern wird
von allen, die mit Kindern und Jugendlichen
arbeiten, als Förderauftrag alltagsintegriert
mitgedacht.
Bildungsübergänge gemeinsam gestalten.
Die bundesweit gesetzlichen sprachdiagnostischen
Testungen am Übergang vom
Kindergarten in die Volksschule schaffen
bei Familien und Kindern mit anderen Erstsprachen
häufig Verunsicherung oder verursachen
sogar massive Ängste vor der
Einschulung. Elementarpädagog*innen
und Lehrpersonen haben die Möglichkeit,
den Bildungsweg von Kindern abseits der
Testverfahren mit pädagogischem Fingerspitzengefühl
und im engen Austausch mit
Familien so zu gestalten, dass der Fokus
auf die sprachlichen Ressourcen und Entwicklungspotenziale
von Kindern gewahrt
bleibt bzw. diese maximal genutzt werden.
94
tirol.bildet tirol.bildet 95
Vor mittlerweile sechs Jahren wurde der GemNova Bildungspool im Auftrag
des Landes Tirol gegründet. Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen,
sich im Detail anzusehen, welch vielfältige Bereiche dort täglich abgedeckt
werden – von Menschen aller Altersgruppen, die aus insgesamt
31 verschiedenen Staaten unserer Erde kommen.
Die grundsätzliche Ausgangslage ist heute
noch die gleiche wie im Jahre 2016.
„Wir verstehen uns vor allem als eine
kompetente Serviceeinrichtung, als jene,
welche die Tiroler Gemeinden bei der
Freizeit- und Ferienbetreuung sowie der
Schulassistenz professionell unterstützen.
Unser gesamtes Team umfasst rund
500 Kolleg*innen, alle sind hochmotiviert
und freuen sich jeden Tag darauf, an den
Pflichtschulen unterstützend und gestaltend
tätig zu sein“, so Manuel Rott vom
GemNova Bildungspool.
Unser Fokus dabei: den Tiroler Pflichtschulen
die entsprechende Anzahl
von Freizeitpädagog*innen und
Schulassistent*innen zur Verfügung zu
stellen. Noch konkreter: Der Bildungspool
übernimmt im Auftrag der Gemeinden
an den Pflichtschulen die Organisation,
Koordination und Durchführung ebendieser
Freizeitbetreuung und Schulassistenz.
Außerdem wird in der Freizeitbetreuung die
Förderabwicklung mit Bund und Land übernommen
und so der administrative Aufwand
für die Gemeinden spürbar reduziert.
RECHTS: Sind Teil des Teams (hinten v.l.n.r.):
Manuel Scheiber, Kathrin Malina, Marlene Froidl,
Marisa Warum, Stephen Neill, Mario Kreutzer und
(vorne v.l.n.r.) Katharina Lentz, Julia Wolf, Mai Nguyen-
Feichtner und Kim Victoria Wegener (© GemNova)
Kunterbunte
expertise
Dynamisch. Engagiert. International.
Was beim großen Team des Bildungspool
gleich ins Auge springt, ist zum einen die
jugendliche Frische und Begeisterung.
„Innerhalb der GemNova nimmt der Bildungspool
einen ganz besonderen Stellenwert
ein“, so GemNova Gründer und
Geschäftsführer Alois Rathgeb. „Das ist
ein dynamisches, engagiertes Team von
Expert*innen. Alle sind mit großer Begeisterung
dabei, man sieht förmlich das
Lachen in ihren Augen.“ Zum anderen ist
da auch noch die Internationalität. Unsere
Kolleg*innen kommen aus insgesamt 31
verschiedenen Staaten der Welt. Von A
wie Ägypten oder Albanien über C wie
Chile, I wie Iran oder Irland, L wie Lettland
oder Luxemburg, M wie Mexiko, S
wie Syrien bis hin zu U wie Ukraine oder
Ungarn. Um nur zwölf der insgesamt 31
Länder zu nennen. Und jeder einzelne
Bildungspool-Mensch bringt damit auch
seine eigene Geschichte, seine eigene
Kultur, seine eigene Persönlichkeit mit.
Rathgeb: „Das ist ein ungeheurer Erfahrungsschatz,
den wir natürlich gerne den
Gemeinden zur Verfügung stellen. Die
Welt ist bunt. Diese Vielfältigkeit bilden
wir im Bildungspool in jeder Hinsicht ab.
Das ist eine weitere ganz große Stärke
von uns.“
Junge Menschen, so wird gesagt, haben
noch viel Feuer in ihren Herzen, sind mit
großer Begeisterung bei ihrer Arbeit,
wollen ein Stück weit auch die Welt verändern.
In Verbindung mit den älteren
Kolleg*innen, die ein gerütteltes Maß an
Erfahrung und Lebensweisheit mitbringen,
ist dies die optimale Kombination. Oder,
um nochmals Manuel Rott zu Wort kommen
zu lassen:
„Wir vom Bildungspool möchten
einen wertvollen Beitrag für
die Gesellschaft leisten, insbesondere
im Kindergarten und
Pflichtschulbereich.“
Dafür brennen wir, darum versuchen wir
Tag für Tag unsere zentralen Werte wie
Wertschätzung, Vertrauen und Verantwortung
mit den Kindern zu teilen.
Wertschätzung
Wie wichtig ein wertschätzender Umgang
ist, zeigt sich unter anderem in der
Schulassistenz. Hier unterstützen die
Schulassistent*innen des Bildungspools
jene Schüler*innen, die mit physischen
oder psychischen Beeinträchtigungen
durchs Leben gehen müssen. Natürlich ist
das eine herausfordernde Aufgabe, aber
man bekommt sehr viel ganz direkt zurück.
Je nach Bedürfnis des Kindes oder eventuell
auftretender gesundheitlicher Probleme
braucht es oftmals auch spezielle ärztliche
Unterweisungen.
Für den Präsidenten des Tiroler Gemeindeverbandes
Ernst Schöpf steht freilich noch
ein anderer Punkt weit oben: der laufende
Ausbau des guten Dienstleistungs- und
Serviceangebots in den Gemeinden. Die
Bürger*innen würden sich dies zu Recht
von ihrer Gemeinde erwarten, so Schöpf.
Zu diesem Angebot zählen selbstverständlich
auch die Freizeitbetreuung und Schulassistenz
sowie die Sprachberatung in
den Kindergärten. „Dabei geht es auch um
Familienfreundlichkeit, um die Vereinbarkeit
von Familie und Beruf. Die Fachleute
des GemNova Bildungspools unterstützen
uns Bürgermeister*innen dabei. Wir sollten
dieses Angebot annehmen und gemeinsam
die Zukunft unserer Kinder mitgestalten“,
so Schöpf.
Stimmen aus
den Gemeinden
„Seit Herbst 2019 gibt es bei uns in Neustift die schulische
Tagesbetreuung. Die Freizeitbetreuung wird seither personell
von der GemNova abgedeckt. Früher, als es bei uns
noch einen Hort gab, waren die Freizeitpädagog*innen direkt
bei der Gemeinde angestellt. Für den Betreuungswechsel
hat man sich aber bewusst entschieden, um auch im Falle
von Krankenständen auf einen größeren ‚Vertretungs-Pool‘
zurückgreifen zu können. Die für die Planung verantwortlichen
Mitarbeiter*innen bei der GemNova sind auch tatsächlich
immer bemüht, personelle Ausfälle nach Möglichkeit zu kompensieren
bzw. nachzubesetzen, auch wenn das in Pandemiezeiten
nicht immer ganz einfach ist. Die Kommunikation
zwischen den Ansprechpartner*innen des Bildungspools und
uns Schulleiter*innen funktioniert jedenfalls ausgezeichnet!“
RAIMUND LEITNER,
SCHULLEITUNG VOLKSSCHULE NEUSTIFT IM STUBAI
„Die Zusammenarbeit mit der für uns zuständigen Mitarbeiterin
in der GemNova ist ausgezeichnet, wir sind im regelmäßigen
Austausch. Ich bin über das GemNova Springersystem
sehr froh. Krankenstandsvertretungen sind dadurch für uns
kein Problem, da bis jetzt im Bedarfsfall immer ein Ersatz
möglich war. Ich möchte mich für die sehr gute Zusammenarbeit
einfach bedanken.“
ROSWITHA SAUGSPIER,
SCHULLEITUNG HANS HENZINGER
SCHULE IN KUFSTEIN
„Wir haben im Sommer 2019 Neuland betreten und erstmals
eine Ferienbetreuung angeboten. Das Interesse war enorm,
sechs Wochen lang wurden rund 30 Kinder im Alter von
sechs bis zehn Jahren intensiv betreut. Und das den ganzen
Tag über – Mittagessen inklusive. Alleine hätten wir das als
Gemeinde nicht geschafft. Das gesamtpädagogische Konzept
der GemNova war einfach hervorragend.“
HANSJÖRG PEER,
BÜRGERMEISTER MUTTERS
K0ntakt
bildungspool@gemnova.at
96
GemNova.Menschen GemNova.Menschen 97
я зараз тут *
BILD: Oksana Duda vor
dem Hauptbahnhof in
Innsbruck. Im Alter von 22
Jahren kam sie nach Tirol,
mittlerweile ist sie hier
verheiratet und fühlt sich
zu Hause. (© GemNova)
„Guten Morgen, ich bin jetzt da.“ Vor einiger Zeit schon haben wir dieses Treffen vereinbart, jetzt steht
Oksana pünktlich um neun Uhr morgens vor der Türe, wartet auf mich. Was für ein offenes, freundliches,
sympathisches Gesicht. Lachende Augen. Oksana Duda ist 26 Jahre jung, stammt aus der Ukraine und ist
bereit, mir ihre Geschichte zu erzählen.
VON REINHOLD OBLAK
Lemberg. Kennen Sie Lemberg? Ja, die
seinerzeitige Hauptstadt Galiziens, die
viertgrößte Stadt der Habsburgermonarchie,
weniger als 800 Kilometer östlich von
Wien gelegen. Wo an den Schulen Deutsch
unterrichtet und gesprochen wurde, wo
viele „österreichische“ Beamtinnen und
Beamte ihren Dienst versahen. Jene Stadt
also, die über eine der größten jüdischen
Gemeinden in der Monarchie verfügte.
Ende des 19. Jahrhunderts, um nur ein
Beispiel zu nennen, gab es in Lemberg
14 Synagogen und 80 Bethäuser. Kurz vor
dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges
lebten dort rund 110.000 Jüdinnen und
Juden. Dann kam die Shoah, der Holocaust
. . .
„Lemberg war für mich immer die schönste
Stadt der Welt, die Familie meines Opas
kommt von dort. Mein Opa hat in der Schule
noch Deutsch gelernt. Auch ich selbst
war immer wieder dort, das letzte Mal erst
im vergangenen Sommer.“ Oksana‘s Augen
strahlen, wenn sie von Lemberg erzählt.
Heute heißt Lemberg freilich Lwiw, ist die
siebtgrößte Stadt der Ukraine und rund 150
Kilometer von Luzk entfernt, jener Stadt im
Westen der Ukraine, in der Oksana geboren
wurde und aufgewachsen ist. „Hier in
Tirol kennt natürlich niemand Luzk, obwohl
Luzk fast doppelt so viele Einwohner wie
Innsbruck hat.“ Gut, die wenigsten wissen
wohl auch, dass die Ukraine nach Russland
der flächenmäßig größte Staat Europas ist.
* ist kyrillisch und bedeutet
vom Ukrainischen
ins Deutsche übersetzt "Ich
bin jetzt da." Mit diesen
Worten begrüßte mich Oksana
um neun Uhr morgens
lächelnd in Innsbruck.
Ins Zentrum der Ukraine
Aufgewachsen ist Oksana in einer Akademikerfamilie,
der Vater hat Geschichte, die
Mutter Steuerrecht studiert. Bildung war
in der Familie Duda sehr wichtig, somit
auch Fremdsprachen, Kultur, andere Sichtweisen.
„Mit dem Englischen hab ich mich
immer recht schwer getan, aber Deutsch
kannte ich ja schon etwas über meinen
Opa. Nachdem meine Eltern beide gearbeitet
haben, bin ich mit 14 ins Internat
gekommen. Dort hat mir eine Lehrerin die
Leidenschaft für die deutsche Sprache vermittelt.
Ich habe acht Stunden die Woche
Deutsch gelernt, in dieser Sprache auch
maturiert.“ Während der Internatszeit gab
es einen dreitägigen Schulausflug nach
Wien. Natürlich nur für jene, deren Eltern
sich dies auch finanziell leisten konnten.
Oksana gehörte zu den Privilegierten,
konnte mitfahren. „Wien hat mich sofort
an Lemberg erinnert. Alles war so sauber,
ganz viel Licht, die schönen Häuser,
die gepflegten Straßen, die ganze Atmosphäre.“
Nach der Matura zieht Oksana
ins Zentrum der Ukraine, nach Kiew, 400
Kilometer östlich von Luzk, um dort Germanistik
und Lehramt Deutsch zu studieren.
„Ich hab in einem Studentenwohnheim
gewohnt, mich unglaublich wohl gefühlt
und bin eigentlich nur einmal im Jahr nach
Hause gefahren. Das war für mich schon
eine sehr beeindruckende Zeit.“ Vier Jahre
später schließt sie ihr Studium in Kiew ab
und . . . begibt sich auf eine große Reise.
Ins Herz der Alpen
Knapp 2.000 Kilometer liegen zwischen
Kiew, der Hauptstadt der Ukraine, und Innsbruck,
dem Herz der Alpen – und noch viel
mehr kulturelle, soziale, politische Unterschiede.
„Mit 22 bin ich nach Innsbruck
gekommen, als Au pair Mädchen. Ich hab
bei einer Familie in der Templstraße auf
ihren kleinen Sohn aufgepasst. Insgesamt
drei Jahre lang. Ich wollte einfach noch
besser Deutsch lernen, eine andere Welt
kennenlernen.“ Womit Oksana freilich nicht
gerechnet hat, war der Tiroler Dialekt. „Das
kann ja nicht Deutsch sein, hab ich mir
zuerst gedacht. Und als Zweites: Welche
Sprache hab ich denn in Kiew eigentlich
studiert? War das wirklich Deutsch? Am
Anfang hab ich etwa überhaupt nicht verstanden,
was man mir eigentlich sagen
will. Zum Glück hab ich mich dann recht
schnell an das Tiroler Deutsch gewöhnt.
Als weitere Fremdsprache sozusagen.“
Die Gastfamilie war überaus nett, zeigte
der jungen Ukrainerin die Sehenswürdigkeiten
der Stadt, des Landes. „Vom Goldenen
Dachl war ich fast etwas enttäuscht, ich
hab es mir viel, viel, viel größer vorgestellt.
Dafür war ich von den Bergen begeistert.
Was für eine gewaltige Landschaft! In der
Ukraine ist der höchste Berg ja gerade mal
zweitausend Meter hoch. Und die Menschen
hier haben viel mehr gelächelt als in
der Ukraine. Das hat mir sofort sehr gefallen.“
Um ihr Deutsch weiter zu perfektionieren,
beginnt Oksana in dieser Zeit ein
zusätzliches Studium der Germanistik an
der Uni Innsbruck. „Ich hab´s aber noch
nicht abgeschlossen“, räumt sie gleich mit
einem schelmischen Augenzwinkern ein.
Am Fuße des Patscherkofels
Das Leben in Tirol gefällt Oksana – die
Pünktlichkeit des öffentlichen Verkehrs, die
gute Infrastruktur, die Berge. „Und es gibt
hier keine Korruption.“ Sie zieht in ein Studentenheim
in Hall, belegt zusätzlich einen
Lehrgang für Freizeitpädagogik. „Ich hab
so viele junge Leute kennengelernt, auch
meinen Freund Philipp. Er ist Tiroler, hat
ebenfalls Germanistik studiert.“ Im Vorjahr
zieht sie dann zu ihm, nach Vill, an den Fuß
des Patscherkofels. „Ich konnte mir früher
überhaupt nicht vorstellen, in so einem
kleinen Dorf zu wohnen. Aber es ist so
wunderschön ruhig, überhaupt nicht fad,
das ist eben Lebensqualität.“
Auf Facebook sieht Oksana dann für sich
eine Jobmöglichkeit: Freizeitpädagogin bei
der GemNova, einem Unternehmen, welches
Menschen aus 31 verschiedenen Nationen
beschäftigt. Sie bewirbt sich, führt
einige Gespräche und wird angestellt. Seit
einem knappen Jahr ist sie nun halbtägig
als Freizeitpädagogin an der Volksschule
in Gries am Brenner tätig, unternimmt mit
einer kleinen Gruppe von drei bis sechs
Kindern die unterschiedlichsten Aktivitäten.
Nachdem sie keinen Führerschein besitzt,
erfolgt die tägliche Anreise von Vill nach
Gries – und zurück – mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Durchaus eine persönliche
Herausforderung, wie sie lächelnd verrät.
Um gleich danach die Begründung nachzureichen.
„Eigentlich bin ich ein bisschen tollpatschig.
Es kann schon passieren, dass ich
in den falschen Zug, in den falschen Bus
einsteige oder dass ich zu einem Termin
am falschen Tag komme. Im Vorjahr wollte
ich etwa mit dem Zug von Innsbruck
nach Wien fahren, um von dort in die Ukraine
zu fliegen. Aufgrund des Hochwassers
war Kufstein überschwemmt, der Zug fuhr
nicht. Ich hab mir also ein Taxi von Innsbruck
nach Salzburg bestellt – das war
um drei Uhr in der Früh gar nicht so einfach
– um dann dort in den Zug einsteigen
zu können. Ich hab dafür 400 € bezahlt,
aber ich wollte eben unbedingt mal wieder
meine Eltern sehen. Seitdem benutze ich
allerdings kein Taxi mehr. Ich kann es mir
einfach nicht mehr leisten.“
„Schlafes Bruder“
Mittlerweile ist Oksana mit Haut und Haaren
in Tirol angekommen, spricht auch
den hiesigen Dialekt. Und sie liest sehr
gerne, sehr viel. Ihr bisher letztes Buch
war „Schlafes Bruder“ vom Vorarlberger
Robert Schneider, ein fürwahr beeindruckender,
höchst erfolgreicher Roman, der
in 36 Sprachen übersetzt wurde. „Ich hab
das Buch natürlich auf Deutsch gelesen.
Aber so ganz einfach war das nicht, weil
Schneider immer wieder vorarlbergische
Dialektworte verwendet hat. Und die hab
ich doch nicht alle sofort verstanden.“ Na
ja, mit dem Vorarlbergischen hätten wohl
auch andere Menschen außerhalb des
Ländles ihre Schwierigkeiten.
Wo sich Oksana Duda in zehn Jahren
sieht? „Ich möchte in Tirol bleiben, die
Ukraine ist mittlerweile mein zweites Heimatland
geworden. Hier in Innsbruck gibt
es eine ukrainische Gemeinde, rund 100
Leute. Viele wandern aus der Ukraine aus,
weil dort die Lebensverhältnisse, auch die
Freiheiten, ganz andere sind. Seit 2014
gibt es im Osten der Ukraine außerdem
Krieg, viele Tote, die Krim ist von Russland
besetzt. Ich hätte außerdem gerne mehr
Stunden als Freizeitpädagogin, ich möchte
mehr arbeiten.“ Kurze Nachdenkpause.
„Vor kurzem haben Philipp und ich ja geheiratet.
Da wird es wohl nicht mehr zehn Jahre
dauern, bis wir auch Eltern werden.“
Dieser Artikel wurde vor dem
Einmarsch Russlands in die
Ukraine verfasst. Auf die
aktuelle Situation wird darum
kein Bezug genommen.
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IMPRESSUM:
Wir
bleiben wir
selbst.
Wir sind davon überzeugt, dass Menschen selbstbestimmt handeln können. Wir erwarten von allen
Kolleg*innen, dass sie Verantwortung übernehmen und ihr Tun darauf ausrichten, einen gesellschaftlichen
Beitrag zu leisten. Wir sind alle gleich, wir unterscheiden nicht nach Funktion und
Verantwortlichkeit und begegnen allen mit Wertschätzung. Wir lieben und leben Vielfalt in all ihren
Farben und bleiben bei unserem Handeln authentisch. Jede Person, die diese Grundsätze mitträgt,
kann innerhalb unseres Rahmens mitgestalten, sich einbringen, eigenverantwortlich und eigenorganisiert
handeln und dabei individuelle Wege wählen.
WIR ALLE SIND GEMEINDE.
Wir
vertrauen
einander.
Herausgeber, Medieninhaber
und Verleger: GemNova Dienstleistungs
GmbH | Adamgasse 7a,
A-6020 Innsbruck, office@gemnova.
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Anzeigenverkauf: Mag. Bernhard
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Konzept & Gestaltung: Mitspieler
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Natalie Nagl, MA. Redaktionsschluss:
07.03.2022. Mit „Entgeltliche
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