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277.TIROL - April 2022

Ausgabe 6, April 2022

Ausgabe 6, April 2022

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1

S'GEMEINDEBLATTL,

DIE AMTSTAFEL,

DER BÜRGERMEISTER UND

DER GEMEINDESEKRETÄR

Wie sich Kommunikation, Information und Bürger*innenservice

in den Gemeinden verändert haben

GEMEINDESTRATEGIE

MITEINANDER ENTWICKELN

AUSGABE 6 | APRIL 2022

VIA LIVESTREAM IN DER

ERSTEN REIHE SITZEN


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3

für Tiroler Gemeinden

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Multifunktionsgebäude mit 10 Mietwohnungen, 8 Kindergartengruppen,

2 Kinderkrippengruppen, 2 Gewerbeeinheiten

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Haus der Generationen, Volders

Multifunktionsgebäude mit 13 betreubaren Mietwohnungen,

8 Kindergartengruppen, 4 Kinderkrippengruppen,

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6 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen

Sozialzentrum „Gepflegtes Wohnen“, Mayrhofen

80 Pflegebetten, Räumlichkeiten für Sozialsprengel

und Tagespflege, Zentralgarage für Gemeinde

Kindergarten St. Paulus, Innsbruck

3 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen

Fotos: NHT/2quadr.at, Oss, Pauli, Vandory, Renderwerk

Die GemNova bemüht sich um eine

gendersensible Sprache in all ihren

Texten. Dies umfasst die Ansprache

nicht nur des männlichen und weiblichen

Geschlechts, sondern auch

des dritten Geschlechts. Dies sind

Personen, die sich nicht in das binäre

Geschlechtssystem „männlich“ und

„weiblich“ einordnen lassen (wollen).

Betreubares Wohnen, Haiming

18 betreubare Mietwohnungen

Einsatzzentrum, Schönwies

Einsatzzentrum für die Feuerwehr und Bergrettung

Sozialzentrum „Ankematen“, Kematen

21 betreubare Mietwohnungen, Räumlichkeiten für Lebenshilfe,

Sozialsprengel und Physiotherapie, 1 Arztpraxis

NEUE HEIMAT TIROL: Erste Adresse für Tirols Gemeinden

Nicht nur wenn es um leistbaren Wohnraum für die Tirolerinnen und Tiroler geht, ist die NEUE HEIMAT TIROL

die erste Wahl für die Tiroler Gemeinden. Auch bei der Errichtung von kommunalen Einrichtungen ist sie ein

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Regionalität und Umweltverträglichkeit

sind uns ein Anliegen.

NEUE HEIMAT TIROL Gemeinnützige WohnungsGmbH . Gumppstraße 47 . 6020 Innsbruck . neueheimat.tirol


INHALT

16

MODERNE

BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION

GEMEINDE-

STRATEGIEN

GEMEINSAM

ENTWICKELN

GemNova.inside

06 Mann, war das heuer

schon aufregend...

MODERNE

BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION

tirol.hat Recht

35 Unterstützung

im Vergaberecht

38 Whistleblower

40 Videoüberwachung

tirol.sucht Menschen

74 Der ganz normale Alltag

in der Gemeindeverwaltung

tirol.sportlich und gesund

Immer mehr Gemeinden setzen

bei der Entwicklung von Strategien,

aber auch bei Infrastrukturprojekten

auf die Kraft der Vielen.

08 S'Gemeindeblattl, die

Amtstafel, der Bürgermeister*

und der

Gemeindesekretär*

42 Was für ein Zustand!

tirol.ist schön

76 Die Projektpartner der

„Gesunden Gemeinde

Tirol“...

78 Geh’ weiter, geh’ immer

weiter

28

54

44 Neues Kinderzentrum in

St. Johann und die Drehscheibe

Lans

tirol.bunt und vielfältig

84 Drei Monde in

den Mokassins

14 Via Livestream in der

ersten Reihe sitzen

16 Gemeindestrategie

miteinander entwickeln

tirol.modern und innovativ

86 Atract fliegt jetzt

tirol.denkt weiter

18 Kommunale Aufgaben

effizient und (rechts)sicher

erledigen

20 Qualität macht erfolgreich

und zukunftsfit

52 Matty? Matty was?

54 Nachhaltiges Bauen

tirol.investiert

88 Back to

the green roots

tirol.modern und innovativ

NACHHALTIGES

BAUEN

tirol.Politik

22 Gemeindepolitik

Die Herausforderungen

sind breit gefächert

26 Die Kraft des Neuen

60 Blackout:

Vorsorge-Vorbild Bad Häring

62 Blackout: Trotz eigener

Photovoltaik-Anlage

ohne Strom?

64 Fördermöglichkeiten

richtig nutzen

90 Vorreiter in Sachen

Klimasschutz:

Virgen/Osttirol

tirol.bildet

tirol.Wissen

WIE DIE GEMEINDE

ZU IHREM „KNÖDEL“

KOMMT

Zukunftsfähiges Bauen, „enkeltaugliches“

Bauen, nachhaltiges Bauen – Begriffe, die sich

gerade häufen, im Trend sind, ein Gebäude

auf der Höhe der Zeit erscheinen lassen

wollen. Doch was bedeuten diese Begriffe

wirklich?

tirol.Wissen

tirol.kulturell

92 Chancengerechtigkeit

als Chance für Alle

28 Wie die Gemeinde zu

ihrem „Knödel“ kommt...

tirol.kooperiert

30 Frühjahrsputz in der Natur

32 Gemeinsam für alle

67 Zeit ist relativ

68 Acht lesenswerte Bücher

tirol.mobil

72 Digitales Parken per App

94 Kunterbunte Expertise

GemNova.Menschen

96 я зараз тут

78

tirol.sportlich und gesund

GEH’ WEITER,

GEH’ IMMER

WEITER


6 GemNova.inside

GemNova.inside 7

Mann, war

das heuer

sch0n

aufregend...

Spätestens seit den Stichwahlen sind nun

in allen Tiroler Gemeinden die Verhältnisse

geklärt. Die Wählerin und der Wähler haben

gesprochen. Selbst in Matrei am Brenner, der

jüngsten Gemeinde Tirols, wurde gewählt und

entschieden, wer die Gemeinde die nächsten

sechs Jahre führen soll. Allen gewählten Mandatar*innen

und Bürgermeister*innen wünschen

wir alles Gute!

Nun gut, die Sache mit Matrei am Brenner

hat für uns ja dazu geführt, dass

wir unser Magazin von 279.TIROL in

277.TIROL umbenennen mussten. Wir

hoffen, dass es in den nächsten Jahren

ruhig bleibt, sonst müssen wir uns hier

überhaupt was Neues überlegen.

Nichts Neues aber trotzdem interessant:

Abraham Lincoln, der 16. Präsident der Vereinigten

Staaten, hat mal gesagt: „Der Stimmzettel

ist stärker als die Kugel.“ Trotz teilweiser

martialischer Rhetorik gilt es jetzt, die

Waffen zu begraben und konstruktiv zusammenzuarbeiten.

Zum Wohle der Bürger*innen

der Gemeinde. Für das konstruktive Miteinander

bieten wir übrigens Workshops in unterschiedlichen

Formaten an.

Was bei diesen Wahlen klar erkennbar war:

Die Kommunikation hat sich seit den letzten

Wahlen stark verändert und ist mit den

Wahlen 2016 und 2010 überhaupt nicht mehr

vergleichbar. Kommunikation ist heute vielfältiger,

komplexer und damit wesentlich herausfordernder

geworden. Von Videos, Hybridveranstaltungen,

Social-Media-Beiträgen bis hin

zum Podcast haben die Wahlkämpfer*innen

in diesem Jahr kommunikativ alles gegeben.

Diese Vielfalt an Kommunikation sollte aber

nach den Wahlen nicht stoppen. Die Bürger*innen

sind heute viel anspruchsvoller

als früher, was Kommunikation, Information,

Beteiligung anlangt. Somit wird sie für jede

Gemeinde ein zentrales Thema bleiben, sollte

nicht dem Zufall überlassen werden und

muss daher strategisch geplant werden.

„Moderne Bürger*innen-Kommunikation“

heißt das bei GemNova. Und wir wissen aus

Erfahrung, wie schwierig und aufwendig es

ist, mit all den Kommunikationsmöglichkeiten

erfolgreich am Zahn der Zeit zu bleiben.

Darüber lesen Sie in diesem Magazin mehr.

Das kann und wird auch den Unterschied

in der Zukunft ausmachen. Den Unterschied

zum Beispiel zwischen einem guten

und einem schlechten Projekt. Den Unterschied,

ob sich Bürger*innen wohlfühlen oder

nicht. Den Unterschied, ob sich Bürger*innen

beschweren oder nicht. Aber auch den

Unterschied, wie viel Zeit die Verwaltung in

Kommunikation investieren muss oder nicht.

Ja, das hängt manchmal nur an der Art und

Weise der Kommunikation!

P.S.: Natürlich birgt das obige Zitat von Lincoln

durchaus eine gewisse Ironie in sich: Er

wurde nämlich am 15. April 1865 nicht durch

den Stimmzettel abgewählt, sondern durch

eine Kugel ermordet. Aber das gehört in

unseren Gefilden wohl der Vergangenheit an.

Alois Rathgeb

Niki Kraak


8

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION 9

s'Gemeindeblattl,

die Amtstafel,

der Bürgermeister * und

der Gemeindesekretär *

…oder wie sich Kommunikation,

Information und Bürger*innenservice

in den Gemeinden in

den letzten 30 Jahren verändert

haben.

ZUM AUTOR

ALOIS RATHGEB

Alois Rathgeb ist Gründer und

Geschäftsführer der GemNova.

Im Titel habe ich bewusst geschrieben:

der Bürgermeister*. Vor 30 Jahren hat

es tatsächlich noch keine Bürgermeisterin

in Tirol gegeben. Erst 1994 wurde in

Lienz Helga Machne zur ersten Bürgermeisterin

Tirols gewählt. Zu dieser Zeit

sagte man zum Amtsleiter/zur Amtsleiterin

noch Gemeindesekretär*. Damit

wusste jeder, wer gemeint war. Sogar

in Ranggen, wo die Lisi nachweislich

kein Mann war, war sie doch die Mutter

eines meiner besten Kollegen.

S´Gemeindeblattl, die Amtstafel, der Bürgermeister

und der Gemeindesekretär

waren zu der Zeit wirklich DIE Informationsquellen

der Gemeinde. Wann der Müll

abgeholt wird, stand in der Gemeindezeitung

(eigentlich wusste man das eh).

Wann Sitzung war, erfuhr man offiziell von

der Amtstafel (inoffiziell wusste man es

ja schon aus dem Gasthaus). Wenn man

einen Meldezettel benötigte, ging man

zum Gemeindesekretär und wenn man

ein Anliegen hatte zum Bürgermeister

(oder ins Gasthaus). Alles Sonstige – wer

mit wem im Gemeinderat grad streitet,

wieso der Stall keine Baugenehmigung

bekommen hat (manchmal hat einfach

der Falsche angesucht) und vieles mehr

– wusste man einfach.

Kein E-Government, keine GemeindeApp,

kein Facebook oder gar Video. Keine Servicekarte

und kein offizielles Beschwerdemanagement.

All das ist noch sehr jung und wird vom

Bürger und der Bürgerin erwartet oder

sogar gefordert. Und wie sieht die aktuelle

Entwicklung aus? Eigene App für jedes

und alles, Karte hier und dort, von der Saisonkarte

fürs Schwimmbad bis zur Gutscheinkarte

der regionalen Wirtschaft,

Anwendung diese und jene, vom Bund,

vom Land, von den Gemeinden. Infos über

alle Social-Media-Kanäle, Gemeindezeitung,

Newsletter und mehr. Die vielen

Wünsche und die zahlreichen Möglichkeiten

haben vielfach zu einem Wildwuchs

geführt. Und selbstverständlich gibt und

gab es viele Lieferant*innen von digitalen

Services, die kurzfristig gute Geschäfte

machen bzw. gemacht haben.

Aus der Wirtschaftstheorie kennt man die

Aussage „Angebot schafft Nachfrage“. Das

mag vielfach stimmen, in dem Fall aber

ganz und gar nicht. Vor allem, wenn das

Angebot nicht strukturiert, nicht in sich

greifend und unzusammenhängend ist.

Aber wie schafft man es nun das Ganze

zu entwirren und eine „Moderne Bürger*innen-Kommunikation“

aufzubauen?

Wir haben darüber bereits in anderen

Ausgaben unseres Magazins geschrieben

und verweisen möchten wir hier vor

allem auch auf den „Masterplan Digitalisierung“,

den wir im Auftrag des Landes

Tirol und des Tiroler Gemeindeverbandes

entwickeln durften und welcher in Kürze

veröffentlicht wird.


10 TIROL.DIGITALISIERT MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION

TIROL.DIGITALISIERT 11

Bürger*innen müssen

d0rt erreicht werden,

w0 sie sich am liebsten

(0nline) bewegen.

Beginnen möchte ich mit Grundlagen

einer "Modernen Bürger*innen-Kommunikation“.

Moderne Bürger*innen-Kommunikation

muss immer bidirektional

möglich sein. Der/die Bürger*in muss die

Möglichkeit haben, mit der Gemeinde zu

interagieren. Sei es durch einfache Likes

oder über innovative Chat Bots.

Bürger*innen müssen dort erreicht werden,

wo sie sich am liebsten (online) bewegen.

Gerade das ist heute sehr herausfordernd,

weil es so viele Möglichkeiten gibt.

Der eine nutzt Social Media, die andere

Mail und die Dritte diverse Videokanäle.

Wenige wollen sich aktiv irgendwo Infos

holen. Sie wollen sie dort bekommen, wo

sie sich bewegen. „Headless CMS“ ist

hierbei ein Schlagwort, von dem wir noch

viel hören werden.

Ein wesentlicher Baustein moderner Bürger*innen-Kommunikation

sind saubere

Daten in der Gemeinde. E-Government

oder auch sonstige Serviceleistungen der

Gemeinde funktionieren nur, wenn das

Gegenüber klar identifizierbar ist.

Die Begrifflichkeit des One-Stop-Shop

spielt in dem Zusammenhang eine

wesentliche Rolle. Eine Plattform, eine

Identifikation, alle Leistungen. Das heißt,

man muss Systeme entwickeln, die alle

E-Government-Leistungen, alle sonstigen

Serviceleistungen einer Gemeinde und

alle kommunikativen Leistungen bündeln

und der Bürgerin und dem Bürger zur fügung

Verstellen.

Informationen zu den Bürger*innen werden

dabei nur einmal erfasst und über

verschiedene Kanäle ausgespielt. Sei es

die Gemeinde-Service-Plattform, Social-

Media-Kanäle, die Website, der Newsletter,

die Gemeindezeitung oder das GemeindeTV.

Das heißt, keine mehrfache Datenpflege,

sondern einmal erfassen und multimedial

ausspielen.

Ein physisches Medium – die Bürger*innen-Servicekarte

oder künftig auch

Uhr oder Handy – setzt Leistungen der

Gemeinde reell um. Dieses öffnet den

Schranken beim Müll genauso wie das

Drehkreuz im Schwimmbad oder den

Zugang zum Vereinslokal. Zudem soll

dieses Medium auch mit einer integrierten

Bezahlmöglichkeit ausgestattet sein,

wodurch es zugleich zum Zahlungsmittel

wird. Damit können dem Bürger und der

Bürgerin Guthaben bzw. Gutscheine auf die

jeweiligen Bürger*innenkonten gutgebucht

werden, welche in den Akzeptanzstellen

in der Gemeinde einlösbar sind. Die Bürger*innen

können damit im Ort einkaufen

oder essen gehen, wodurch die regionale

inf0b0x

Grundlagen moderner

Bürger * innen-Kommunikation:

Bidirektional

Zielgenau und individuell

Eindeutig

Daten einmalig erfassen

multimedial ausspielen

One-stop-Shop

Multifunktionsmedium

Bezahlmöglichkeit

Überregional anwendbar

Wertschöpfung gestärkt wird. Last but not

least sollte es ein System sein, welches

überregional anwendbar ist und damit

Kooperationen ermöglicht. Der Bürger und

die Bürgerin sollten, egal wo sie und er

wohnen, die gleiche Plattform nutzen und

das gleiche Medium nutzen können.

Daraus lässt sich eine Vision formulieren,

die in etwa so lauten könnte:

Die Gemeinde erreicht die Bürger*innen

dort, wo sie sich jeweils am wohlsten

fühlen. Sie bietet alle Services und Informationen

gebündelt über eine Gemeinde-Service-Plattform

an und tritt mit der

Bürgerin und dem Bürger in einen Austausch.

Er/sie kann nach dem One-Stop-

Shop-Prinzip mit einer einmaligen Identifikation

diese Leistungen finden und

abrufen. Ein Medium mit Bezahlfunktion

öffnet die physische Welt aller Gemeindeservices.

Alle Services sind überregional

vernetzbar und schaffen so für die Bürgerin

und den Bürger eine Welt, welche

ortsunabhängig erlebbar wird.

Diese Vision stellt für die Gemeinde aber

auch die Bürger*innen eine riesige Winwin-Situation

dar. Die Gemeindeverwaltung

wird stark entlastet, weil zum Beispiel

über die Bürger*innen-Servicekarte

Müllsäcke beim Automaten 24/7 ausgegeben

werden, und die Bürger*innen finden

sich in der Vielfalt der kommunalen

Dienstleistungen zurecht.

Sämtliche Gemeindeservices können

wie in einem Baukastensystem Schritt

für Schritt digital zur Verfügung gestellt

und zugänglich gemacht werden. Dabei

wäre natürlich ein tirolweiter, gemeinsamer

Auf- und Ausbau wesentlich günstiger

als kommunale Einzellösungen. Viele Dinge

sind skalierbar und man muss sie nur

einmal entwickeln. Gemeinden können an

dieses System andocken und modulartig

ihre Serviceleistungen einbinden.

Klingt gut,

ist gut! Aber wie

kÖnnte das in der

Praxis aussehen?


12

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION

13

aus sicht

der gemeinde

Die Gemeinde Immergut i.T. bietet jetzt

schon viele Services für die Bürger*innen

an. Neben einer Müllkarte gibt es die Saisonkarte

für das Schwimmbad und Bürger*innen

erhalten bei Kauf eines Öffi-

Jahrestickets einen 70 Euro Gutschein.

Kommuniziert wird über eine App, die

Website und das Immergut-Blattl. Natürlich

postet die moderne Gemeinde auch

immer wieder was auf Facebook. Nun

möchte die Gemeinde künftig noch einen

Müllsackautomaten aufstellen, älteren

Menschen einen vergünstigten Taxitarif

zur Verfügung stellen, den Besuch im

örtlichen Museum ermöglichen und ein

Buchungssystem inkl. digitalem Schließsystem

für Co-Working-Spaces anbieten.

Auch eine E-Bike-Sharing-Station aufzubauen

wäre cool und diese mit dem Carsharing

zu verbinden. Gemeinsam mit der

heimischen Wirtschaft sollte zudem ein

Gutscheinsystem installiert werden.

Im schlimmsten Fall hätte die Gemeinde

mehr als 10 Apps und eine große

Anzahl an unterschiedlichen Karten,

wenn sie das alles machen würde.

Hier kommt die oben beschriebene Vision

der Gemeinde-Service-Plattform ins

Spiel. Dort kann die Gemeinde andocken.

Der sichere Login ist integriert und die

Gemeinde Immergut kann modulartig ihre

Serviceleistungen digital zur Verfügung

stellen, vom digitalen Gutscheinsystem

über den Zutritt zum Recyclinghof inkl.

automatisierter Verrechnung bis hin zur

Buchungsplattform. In einer modernen

Kommunalsoftware laufen viele dieser

Prozesse vollautomatisch durch, d.h. die

Gemeinde hat nach einmaliger Einrichtung

damit sehr wenig Arbeit. Die wichtigsten

Fragen und Antworten werden über Chat

Bots abgewickelt und den Bürger*innen

werden über ihren Lieblingskanal die neuesten

Infos der Gemeinde zugestellt.

Aus Sicht der Bürgerin und des Bürgers

Georg und Lisi mit ihren drei Kindern, bisher

wohnhaft in einem Nachbarbundesland,

ziehen nach Immergut i. T. Sie melden

sich in der Gemeinde an – vermutlich

schon online – und erhalten wenige Tage

später ihr Willkommens-Paket mit einer

persönlichen Grußkarte der Bürgermeisterin.

Dort finden sie ihre Bürger*innen-Karten.

Alles natürlich datenschutzrechtlich

vollkommen konform. Eh klar.

Sie gehen auf die Gemeinde-Service-

Plattform und suchen ihre neue Gemeinde

Immergut i.T. Dort sehen sie dann alle

Leistungen, welche die Gemeinde anbietet,

also all jene, die wir oben beschrieben

haben. Dort finden sie aber auch das

GemeindeTV und alle sonstigen Medien

einer Gemeinde. So könnte die Welt der

„Modernen Bürger*innen-Kommunikation“

aussehen. Und so weit sind wir davon

nicht entfernt. Was wir dazu benötigen?

Einen Schulterschluss der Tiroler den und ein Bekenntnis zu Bürgernähe,

Gemein-

überregionaler Herangehensweise und

damit niedrigeren Kosten. Das Gute daran?

Wir als GemNova bauen bereits mit

einigen Gemeinden an dieser Welt und

haben einige Module bereits fertiggestellt

und für andere nutzbar gemacht.

LEITARTIKEL

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immergut

ZUTRITT RECYCLINGHOF

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GEMEINDE TV

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sie, das

gelingt?

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Haben Sie noch Bedenken oder Fragen?

Wir kommen gerne in Ihre Gemeinde

oder Ihren Gemeinderat. Dort stellen

wir Ihnen den „Masterplan Digitalisierung“

vor und erarbeiten mit Ihnen

gemeinsam Umsetzungswege für Ihre

Gemeinde. Wenden Sie sich an Ihre

Gemeindebetreuerin / Ihren Gemeindebetreuer

oder auch direkt an mich:

Alois Rathgeb, Geschäftsführer

a.rathgeb@gemnova.at

Tel. 0699 15 74 29 00

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14 MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION

15

VIA LIVESTREAM IN

DER ERSTEN REIHE SITZEN

Die erlebnis.film, ein Tochterunternehmen der GemNova, hat mit seinen Videoproduktionen

einen speziellen Fokus auf die kommunalen Bedürfnisse gelegt. Die Tiroler

Gemeinden werden seit einigen Monaten erfolgreich bei vielen Aufgaben in den Bereichen

Kommunikation und Außendarstellung unterstützt. Ein Flaggschiff-Produkt ist

dabei die Durchführung von komplexen Streaming-Lösungen.

Gemeint sind damit Live-Übertragungen

von Events via Internet. Das heißt,

die gesamte Bevölkerung kann eingebunden

werden, nicht nur das anwesende

Publikum. Um bei Sitzungen

oder Gemeindeversammlungen weder

auf räumlich abwesende Gemeinderät*innen

noch auf die interessierte

Öffentlichkeit verzichten zu müssen,

bietet erlebnis.film rasch umsetzbare,

günstige und unkomplizierte Streaming-Lösungen

in höchster Qualität.

Auch Wahldiskussionen, Diskussionen

im Rahmen von Bürgerbeteiligungsverfahren

und ähnliche Veranstaltungen

lassen sich problemlos mit dieser

umfangreichen Technik durchführen.

Boom bei Hybridveranstaltungen

Hybridveranstaltungen sind derzeit in

aller Munde. Das ist natürlich auch der

Covid19-Situation geschuldet, die sich

als Treiber für derartige moderne Lösungen

erweist. Diesen gehört zweifellos die

Zukunft. „Hochqualitative Livestreams, die

allen rechtlichen Voraussetzungen entsprechen,

sind ein sehr wichtiger Beitrag

für die Zukunft der kommunalen Kommunikation“,

schildert Bernhard Garber. Der

Produktionsverantwortliche bei erlebnis.

film war lange Jahre in gleicher Funktion

beim ORF für Westösterreich und Italien

VON MANFRED SCHIECHTL

zuständig. Nun stellt er seine umfangreiche

Expertise den Tiroler Gemeinden

zur Verfügung:

„Ein wichtiger Punkt

in Sachen Kommunikation auf

Gemeindeebene

wird sein, mit den neuen

technischen Möglichkeiten die

Bürgerinnen und Bürger immer

stärker in das Gemeindegeschehen

einzubinden.“

DEM

EINSATZ

DER AUS-

G EFEILTEN

STREAMING-

LÖSUNG

SETZT

NUR DIE

FANTASIE

GRENZEN.

Datenschutzkonforme

und rechtssichere Übertragungen

Die Streaming-Lösung von erlebnis.

film war zuletzt bei zwei kommunalen

Großereignissen erfolgreich im Einsatz.

Dabei kamen unterschiedliche Module

des umfangreichen Produkts zum Einsatz,

das auf einem modularen Baukastenprinzip

aufgebaut ist. Die Lösung wird

nämlich individuell auf die Bedürfnisse

eines Events zugeschnitten. In Hall in Tirol

begleitete die Mannschaft von erlebnis.

film die Gründungssitzung des Leader-

Vereins Innsbruck-Land. Dabei erfolgte

eine bidirektionale Einbindung für Stimmberechtigte

mit Zutrittscode für Abstimmungen.

Insgesamt 90 Stimmberechtigte,

darunter 56 Bürgermeister*innen, die

zum Großteil wegen der Covid19-Situation

nicht physisch zum Event im Veranstaltungssaal

des Kurhauses Hall in

Tirol anreisten konnten, nutzten diese

Möglichkeit. „Selbstverständlich datenschutzkonform,

um eine rechtlich haltbare

Abstimmung zu garantieren“, so

Garber. Anwesende Bürgermeister*innen

stimmten indes vor Ort ab. Parallel

dazu wurde in einem weiteren Stream die

gesamte Veranstaltung via Internet live

übertragen. Der Bezirkshauptmann von

Innsbruck-Land, Michael Kirchmair, war

mit der Durchführung dieser Hybridveranstaltung

(also vor Ort und via Internet)

sehr zufrieden: „Trotz großer Komplexität

hat technisch alles einwandfrei funktioniert.

Auch die Abstimmung hat perfekt

geklappt.“ Der Event wurde als Mehrkamera-Livestream

(vier Kameras) umgesetzt,

um auch für abwechslungsreiche

Bilder bei der Liveübertragung zu sorgen.

In der Marktgemeinde Zirl wurde für eine

von Denise Neher moderierte Diskussion

aller Listen-Spitzenkandidat*innen für die

Gemeinderatswahlen sogar ein Mehrkamera-Livestream

im Veranstaltungszentrum

B4 durchgeführt. Wesentliche

Punkte bei dieser Umsetzung waren eine

gewünschte umfangreiche grafische Aufbereitung

des Events.

Auch eine eingeblendete

Redezeitbegrenzung

von drei Minuten für die

Diskutant*innen wurde

umgesetzt. Ebenfalls

übernommen hat erlebnis.film

die planerische

Vorbereitung aufgrund

der aktuellen Pandemiesituation.

Inkludiert

war etwa die Erstellung

des Covid19-Präventionskonzepts,

die

Stellung des Covid19-

Beauftragten sowie die

Durchführung der Eingangskontrollen.

Spektakulär

war die Einbindung des amtierenden

Bürgermeisters Thomas Öfner via

Internet in einem „Stream im Stream“,

da dieser zu diesem Zeitpunkt unter Quarantäne

stand:

„Trotz der besonderen

Situation fühlte ich mich aus

dem Homeoffice bestens in

die Live-Diskussion im

Veranstaltungszentrum

B4 eingebunden.“

„Trotz meiner Nicht-Präsenz ist aus meiner

Sicht alles gut abgelaufen.“ Dem

schlossen sich auch alle anderen Protagonist*innen

an. Sie bedankten sich

nach dem Event für die ausgezeichnete

Umsetzung. Auch von Zuseher*innen der

Liveübertragung kam ein gutes Feedback.

Livestreams mit dem gewissen „Extra“

Dem Einsatz der ausgefeilten Streaming-

Lösung setzt nur die Fantasie Grenzen.

Aktuell eingesetzt wird das Produkt von

erlebnis.film beispielsweise auch bei

vielen Sport-Liveübertragungen in Tirol.

Die Vielseitigkeit hat ihren Grund in der

umfangreichen Funktionalität. Möglich

sind beispielsweise auch die Einbindung

einer Chatfunktion, sämtliche Zuschaltungen

wie Grafiken, Abstimmungsergebnisse,

Redezeitanzeigen, Einspieler, Zeitlupe,

Live-Chats und Videokonferenzen, beispielsweise

über Microsoft Teams. Auch

Barrierefreiheit ist ein großes Thema. Ein

Gebärdendolmetscher kann im Bild mitverarbeitet

werden. Eine zusätzliche Visualisierung

zum Livestream auf Großbildleinwänden,

sogar auf unterschiedlichen

Monitoren in einem ganzen Haus, sind

umsetzbar. Außerdem können Livestreams

auf Wunsch mit der Live-U-Technologie

auch Medienanstalten zugänglich

gemacht werden. Und alle, die weder vor

Ort noch via Livestream bei einem Event

dabei sein konnten, haben die Möglichkeit,

dies später über eine Mediathek nachzuholen.


16

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION

17

Gemeindestrategie

miteinander

entwickeln

Immer mehr Gemeinden setzen bei der Entwicklung von Strategien, aber

auch bei Infrastrukturprojekten auf die Kraft der Vielen. Dabei geht es

nicht darum jeden Wunsch zu erfüllen, sondern im strukturierten Rahmen

Ideen, Lösungen und langfristige Ziele zu erarbeiten, die eine kleinere Gruppe

von Menschen vielleicht in dieser Vielfalt nicht hervorgebracht hätte.

Warum soll beispielsweise die Gemeindestrategie

nicht auch unter Beteiligung

der Bürger*innen erarbeitet werden?

Oftmals werden die vielen Expert*innen

(von Web, über Handwerk, bis hin zu Fachleuten

in exotischen Aufgabengebieten…)

vergessen, die im eigenen Ort wohnen

oder arbeiten und mit ihrem Fachwissen

maßgeblich für das Gelingen einer Strategiefindung

und der daraus resultierenden

Maßnahmen beitragen könnten. Die

immer höheren Anforderungen an die

Gemeinden können durch eine bessere

Zusammenarbeit mit den Gemeindebürger*innen

effizienter gelöst werden.

Je größer der Konsens unter den relevanten

Dialoggruppen, desto besser werden

strategische Ziele, Zukunftsvisionen, Neubauprojekte,

Umgestaltungen usw. von

der Gemeinschaft mitgetragen. Denn

Gemeinde sind alle, die in der Gemeinde

wohnen, arbeiten oder einen Großteil

ihrer Zeit dort verbringen. „Das Vertrauen

in die Politik, die Nachvollziehbarkeit von

Entscheidungen auf Gemeindeebene, das

Mitwirken im Heimatort und somit der

Zusammenhalt werden auf wohl eine der

schönsten Arten gestärkt – im Miteinander“,

erklärt Klaus Kandler, Bereichsverantwortlicher

der GemNova Gemeindeund

Verwaltungsentwicklung.

Voraussetzungen für einen erfolgreichen

Prozess sind ein sehr gut strukturierter

Prozessablauf und der individuelle

Zuschnitt auf die jeweilige Gemeinde,

ihre Stärken, Herausforderungen und ihr

Umfeld. Neben einem maßgeschneiderten

Konzept kann die Bevölkerung durch eine

zielgerichtete Kommunikationsstrategie

mobilisiert werden. Der Prozess muss

ZUR AUTORIN

MAG. (FH)

MARTINA RIZZO

Martina Rizzo hat bereits etliche Tiroler

Gemeinden als Prozessbegleiterin in

unterschiedlichsten Prozessen begleitet.

Ihr Expertinnenwissen auch in den Bereichen

Öffentlichkeitsarbeit und Kinderbildung/

-betreuung machen sie zu einer

Hauptansprechpartnerin in Fragen der

Beteiligung.

Kontakt: m.rizzo@gemnova.at

Viele Gemeindeverantwortliche

sind

überrascht, welch

effiziente und wohlüberlegte

Ideen

bereits Kinder im

Volksschulalter hervorbringen.

in der Folge professionell begleitet und

die Ergebnisse umfänglich dokumentiert

werden. Auch externe Expert*innen können

bei Bedarf hinzugezogen werden,

um einen neutralen Blick auf fachlich

anspruchsvolle Themen zu werfen.

„Äußerst spannend und gewinnbringend

ist auch die Beteiligung von Kindern und

Jugendlichen. Viele Gemeindeverantwortliche

sind überrascht, welch effiziente und

wohlüberlegte Ideen bereits Kinder im

Volksschulalter hervorbringen“, berichtet

Martina Rizzo aus dem Team der GemNova

Gemeinde- und Verwaltungsentwicklung

von ihren Erfahrungen. So sollte es bereits

Usus sein, Schüler*innen beim Umbau/

Neubau einer Schule zu befragen, genauso

wie auch Kindergartenkinder dazu befragt

werden können, was sie möchten und was

nicht. Aber erst das Zusammenspiel von

allen Menschen, die sich in den Gebäuden

aufhalten, darin arbeiten oder dieses in

Stand halten, schafft ein rundes Bild. Diese

umfassende Sichtweise bietet Möglichkeiten

der Optimierung und lässt im Endergebnis

einen Ort entstehen, in dem sich

alle wohlfühlen.

Mit einer gemeinsamen Strategie entwickelt

sich die gesamte Gemeinde zu

einem Ort des Miteinanders, der vom

gegenseitigen Respekt, dem gegenseitigen

Verständnis und einer erhöhten

Akzeptanz geprägt ist. Dabei sind Konflikte

ganz normal. Sie können durch gutes

Hinhören, Annehmen sowie eine respektvolle

Moderation aufgenommen und in

eine befruchtende Diskussion aus verschiedenen

Blickwinkeln geleitet werden.

Es lohnt sich, sich neben den klassischen

Prozessen wie Strategieentwicklung,

Gemeindeklausuren und Infrastrukturprojekten

auch bei ungewöhnlicheren

Themen oder Projekten begleiten zu lassen

und sich den extra Mehrwert über die

Beteiligung von Bürger*innen und anderen

Stakeholdern zu holen.

Infobox

Das bringt eine professionelle

Prozessbegleitung einer

Gemeinde kurz zusammengefasst:

• Verbesserung der Zusammenarbeit

durch Einbeziehung aller

relevanten Dialogpartner*innen

und damit breiter Konsens

• Verbesserung der Kommunikation

durch zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit

• Sicherstellung der Erreichung

der gesteckten Ziele

• Entlastung der Gemeindebediensteten

Und das bekommen Sie von uns:

• Auf die Gemeinde maßgeschneidertes

Gesamtkonzept

• Prozess- und Ergebnisdokumentation

• Zielgerichtete Kommunikationsstrategie

• Professionelle Begleitung und

Erarbeitung der Ergebnisse

• Externer Expert*innenblick auf

das Projekt und dessen Ziele

Und das Beste kommt zum

Schluss. Sofern der Prozess gewisse

Voraussetzungen erfüllt (Förderrichtlinien

zur Lokalen Agenda 21),

werden bis zu 75 % der anrechenbaren

Kosten gefördert und auch

Umsetzungsmaßnahmen können

mit bis zu 50 % gefördert werden.

Auch hier unterstützen wir gerne.


18 MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION

19

KOMMUNALE AUFGABEN

EFFIZIENT UND

(RECHTS)SICHER ERLEDIGEN

ZUM AUTOR

MANFRED SCHIECHTL

25 Jahre Medienerfahrung in verschiedensten

Bereichen bei der

Tiroler Tageszeitung und dem

Kurier sind die Basis für seine

umfangreiche Expertise in allen

Kommunikationsbelangen.

Kontakt: m.schiechtl@gemnova.at

Tirols Gemeindeverwaltungen müssen Tag für Tag immer umfangreichere

Aufgaben stemmen. Die heimischen Amtsleiter*innen stehen bei

diesen täglichen Herausforderungen an vorderster Front. Bernhard

Scharmer, Amtsleiter von Tirols drittgrößter Gemeinde Telfs, hat sich

für einen Vortrag beim Kommunalwirtschaftsforum vor einigen Jahren

die Mühe gemacht, all diese Aufgaben zusammenzufassen: „Herausgekommen

ist ein Excel-Blatt mit rund drei Metern Höhe und rund eineinhalb

Metern Breite.“

Der Landesobmann des FLGT, des Fachverbandes

der leitenden Gemeindebediensteten

Tirols, erklärt weiter: „Das

Datenblatt enthält zwischen 1.200 und

1.500 Aufgaben und Produkte, die jede

Gemeinde ständig auf Trab halten.“

Sehr intensiv haben sich auch zwei

ehemalige langjährige Amtsleiter mit

der Thematik beschäftigt. Sie haben

sich die Frage gestellt, wie all diese

Aufgaben kostensparend, effizient und

trotz geringer Personalressourcen in

hoher Qualität erledigt werden können.

Die Rede ist vom Juristen und Verwaltungsexperten

Christian Lechner, 18 Jahre lang

Amtsleiter, Bauamtsleiter und Finanzverwalter

in der Gemeinde Kolsass, und Klaus

Kandler, zuletzt 16 Jahre Amtsleiter bei der

Marktgemeinde Rum und dort in den letzten

fünf Jahren auch Geschäftsführer der

Immobiliengesellschaft sowie Geschäftsführer

des Wohn- und Pflegeheims.

Beide wirken mittlerweile mit ihrem

Wissen weit über ihre ursprünglichen

Gemeinden hinaus. Über die GemNova,

dem Unternehmen der Tiroler Gemeinden,

unterstützen sie all ihre Kolleginnen

und Kollegen in ganz Tirol, wenn es gilt,

mit Lösungen und Methoden zur Effizienzsteigerung

den stetig wachsenden

Herausforderungen Rechnung zu tragen.

Vor allem drei Bereiche haben großes

Entwicklungspotenzial: die Optimierung

von Prozessen als Teil einer Verwaltungsentwicklung,

gepaart mit professionellem

Qualitätsmanagement sowie dem Einsatz

von sinnvoller und echter Digitalisierung.

CHRISTIAN LECHNER: „Ich bin in der

GemNova mittlerweile seit vier Jahren in

verschiedensten Bereichen tätig. Als Jurist

bin ich zuständig für die Datenschutzgrundverordnung

in den Gemeinden und

betreue diese als externer Datenschutzbeauftragter.

Als Verantwortlicher im Bereich

Digitalisierung und Personaldienstleistung

koordiniere ich Gemeindeprojekte.“

KLAUS KANDLER: „ Ich bin ganz frisch

in der GemNova und leite den Bereich

Gemeinde- und Verwaltungsentwicklung.

Mein bisheriger Arbeitgeber, die Marktgemeinde

Rum, ist mit knapp 9.500 Einwohnerinnen

und Einwohnern eine der großen

Gemeinden in Tirol. Ich habe dort sehr

viel mit Organisation und Verwaltung zu

tun gehabt und meinen Fokus entwickelt.

In meinem zukünftigen Berufsweg bei

der GemNova kommt daher das Thema

Verwaltungsentwicklung besonders zum

Tragen.“

LECHNER: „Das Thema Digitalisierung

liegt der GemNova sehr am Herzen. Wieso?

Wir haben gesehen, dass in der Digitalisierung

sehr viel Potenzial liegt, besonders

was die Effizienz der Gemeindearbeit

betrifft. Die Verwendung von Standardregistern

bietet einen Mehrwert sowie

Erleichterungen für die Mitarbeiterinnen

und Mitarbeiter und auch die Bürgerinnen

und Bürger. Zu den Standardregistern

zählen vor allem das Zentrale Melderegister

(ZMR), das Unternehmensregister (UR),

das Adress-Gebäude-Wohnungsregister

(AGWR) und die medienbruchfreie Verwendung

von Daten aus den Bundesplattformen

(z.B. FinanzOnline). Was die daraus

abzuleitende Rechtssicherheit anbelangt,

sind die registerbasierende Eindeutigkeit

der Datensätze und die Umsetzung der

einschlägigen Verfahrensbestimmungen

wie der Bundesabgabenordnung (BAO)

oder des Verwaltungsverfahrensgesetzes

(AVG) beispielhaft zu nennen. Neben der

Digitalisierung eröffnet aber auch eine

schlagkräftige Verwaltungsentwicklung

viele Möglichkeiten. Dabei sind Themen

wie Prozessabläufe, Daten, eine Kostenund

Leistungsrechnung sowie ein durchdachter

Personaleinsatz sehr wesentlich.“

KANDLER: „Das wichtigste Werkzeug

für die Optimierung von Prozessen ist

das Qualitätsmanagement. Dies ist eine

unserer Kernleistungen im Zuge der Verwaltungsentwicklung.

Wie gehen wir dabei

vor? Ausgehend von der Strategie bzw.

den Visionen und Zielen brechen wir alle

Vorgänge herunter auf die Prozesse. Die

RECHTS: Durch ihre

langjährige Tätigkeit in der

Amtsleitung kennen Christian

Lechner und Klaus Kandler

die vielfältigen Aufgaben der

Gemeindeverwaltung ausgesprochen

gut und beraten

nun Gemeinden im Bereich

Verwaltungsentwicklung und

Digitalisierung. (© GemNova)

Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter muss

den Prozess, die Logik dahinter, verstehen.

Man muss wissen, wer verantwortlich ist.

Nur so kann dann die Schnittstelle digital/

analog aus meiner Sicht gut funktionieren.

Ein nächstes wichtiges Produkt, das

wir anbieten, ist die Kosten- und Leistungsrechnung.

Was ist der Hintergrund?

Der kommt oft schon vom Rechnungshof.

Ich habe unlängst einen Bericht des

Landesrechnungshofs zu einer Gemeinde

gelesen, in dem empfohlen wurde, eine

kostenrechnerische Kalkulation durchzuführen

und anhand dieser Berechnungen

festzusetzen. Aus der eigenen Arbeit weiß

ich, dass kostenrechnerische Kalkulationen

in den wenigsten Gemeinden zur

Anwendung gelangen. Es gibt das externe

Rechnungswesen unter Zugrundelegung

der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung

2015 (VRV 2015), aber

das interne Rechnungswesen ist bei den

meisten Gemeinden noch nicht angekommen.

Dabei wollen wir unterstützen und

den Gemeinden weiterhelfen. Wir wollen

das wirklich klein und fein machen,

deshalb vorerst auch nur die Betriebe

gewerblicher Art wie Wasser, Kanal, Abfall,

Kinderbetreuungseinrichtungen sowie

Wohn- und Pflegeheime. Mit einer Kosten-

und Leistungsrechnung können wir

viel mehr Informationen für die Führung

zur Verfügung stellen.“

„WIR HABEN

GESEHEN, DASS IN

DER DIGITALISIERUNG

SEHR VIEL POTENZIAL

LIEGT, BESONDERS

WAS DIE EFFIZIENZ

DER GEMEINDEARBEIT

BETRIFFT.“

CHRISTIAN LECHNER

Doch dies ist noch lange nicht alles,

worin Lechner und Kandler ihre Kolleginnen

und Kollegen unterstützen. Der

dritte wichtige Bereich ist die Prozessbegleitung.

Da geht es viel um Moderation

und die Zukunft. Beispielsweise

um die Frage, wo die Gemeinde hin will.

Lechner und Kandler helfen dabei mit

Visions- und Strategieprozessen. Der

vierte Bereich ist das Thema Personal

und Dienstleistung. Wenn es einmal

brennt, werden den Gemeinden Mitarbeiter*innen

zur Verfügung gestellt,

die kurzzeitig oder mittelfristig aushelfen.

Der fünfte Bereich ist die Lohnverrechnung.

Das ist eine jener Agenden,

die relativ leicht auslagerbar ist,

und die Gemeindeverwaltung dadurch

ungemein entlastet.


20

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION

TIROL.DIGITALISIERT 21

QUALITÄT MACHT ERFOLG-

REICH UND ZUKUNFTSFIT

Status Quo: Gemeinden werden mit immer mehr Aufgaben und Herausforderungen im kommunalen

Umfeld konfrontiert, die es zu bewältigen gilt. Das Leistungsspektrum wird aufgrund der zunehmenden

Komplexität der Rahmenbedingungen (Anzahl der Gesetze, EU-Verordnungen, etc.) umfangreicher

und der Anspruch der Bürger*innen an eine moderne Kommunalverwaltung immer höher. Dabei

kann ein Qualitätsmanagementsystem die Gemeinde unterstützen.

Was ist Qualitätsmanagement

Qualitätsmanagement (QM) umfasst alle

Maßnahmen zur Planung, Steuerung und

Optimierung von Prozessen anhand vorgegebener

Anforderungen. Dabei werden

unterschiedliche Aspekte wie Wirtschaftlichkeit,

Gesetzgebung, Umwelt, Sicherheit

und die Anforderungen der Bürger*innen

berücksichtigt. Das Ziel ist es, die Dienstleistungsqualität

und damit die Zufriedenheit

der Bürger*innen zu verbessern und

gleichzeitig die Effizienz zu steigern. Die

zentrale Funktion übernimmt das Qualitäts-Management-Handbuch

(QMH), in

dem neben der normkonformen Darstellung

der Gemeinde das Organigramm,

die Prozesse samt Prozesslandkarte, Verfahrensanweisungen

sowie die Zuständigkeiten

und weitere Regeln abgebildet sind.

Was bringt die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems

den Gemeinden:

WIE SCHAUT DAS MODELL DER

QUALITÄTSVERBESSERUNG AUS?

PLANEN (PLAN)

IST-ANALYSE MIT

DER FÜHRUNGSEBENE

UMFASSENDE

BESTANDSAUFNAHME

QM-HANDBUCH

Organigramm, Prozesslandkarte,

Checklisten, Verfahrensanweisungen,

Funktionsbeschreibungen

Die Einführung von QM hat den Status

eines Projekts. Für dieses Projekt wird ein

QM-Team gebildet, in dem alle relevanten

Bereiche der Verwaltung vertreten sein

sollten. In der Planungsphase erarbeitet

das QM-Team gemeinsam die Ausgangssituation,

Rahmenbedingungen und Ziele.

Es wird eine Selbstbewertung durchgeführt,

um die Verbesserungspotentiale herauszufiltern.

Die Selbstbewertung macht

die Mitarbeiter*innen mit der Struktur des

QM-Systems vertraut. Sie hinterfragt, wie

die Verantwortlichkeiten geregelt sind und

ob die Prozesse reibungslos laufen.

In der Phase der Durchführung werden

Workshops zu allen zentralen Inhalten

des Qualitätsmanagements durchgeführt,

parallel dazu werden die Prozesse

erfasst. In der Prozesslandkarte werden

die Bezüge der Prozesse untereinander

festgehalten. Die meiste Zeit nimmt die

Dokumentation der Prozesse in Anspruch.

In der Abschlussphase geht das QM in den

Betrieb. Damit startet der kontinuierliche

Verbesserungsprozess, der die Gemeinde

nachhaltig begleiten soll.

Zertifizierung

Der Abschluss des Einführungsprozesses

kann in einer Zertifizierung münden. Eine

akkreditierte Zertifizierungsorganisation

bestätigt die normkonforme Anwendung

des Qualitätsmanagements (ÖNORM EN

ISO 9001). Ein QM-Zertifikat verbessert

die Außendarstellung der Gemeinde und

führt sehr oft auch zu einem zusätzlichen

Motivationsschub für die Mitarbeiter*innen.

Die Zusammengehörigkeit wächst,

da eine externe Organisation bestätigt,

dass die Verwaltung alle Anforderungen

eines anerkannten Qualitätsmanagementsystems

erfüllt. Das tut auch dem

Image gut.

DURCHFÜHREN (DO)

SCHULUNG DER

MITARBEITER*INNEN

DURCHFÜHRUNG DER PROZESSE

ARBEITSHANDELN UND

DOKUMENTATION

ERFASSUNG VON INDIKATOREN

UNSER ANGEBOT

Je nachdem wie intensiv die

Gemeindeführung den Prozess

vorantreibt, ist ein Jahr

ein realistischer Zeitrahmen

für die Einführung eines QM-

Systems, kleinere Gemeinden

benötigen weniger Zeit. Nachdem

die Kommunen meist aufgrund

fehlender Kapazitäten

ein QM-System nicht selbst

einführen können, hat die

GemNova ein spezielles Kommunalpaket

entwickelt, das

sich zur Schaffung von schlanken

und unbürokratischen Systemen

auf das Wesentliche

konzentriert. Sämtliche für den

Aufbau eines QM-Systems

erforderlichen Tätigkeiten

werden von uns durchgeführt,

der zusätzliche Aufwand für

die Mitarbeiter*innen wird auf

ein Minimum reduziert. Unser

Angebot beinhaltet die Erstellung

einer kompletten, normkonformen

Dokumentation,

internes Audit und alle sonst

erforderlichen Maßnahmen bis

zur Zertifizierung.

• Erhöhung der Dienstleistungsqualität

• Erhöhung der Bürger*innenzufriedenheit

• Verbesserung der Außendarstellung

• Entlastung der Mitarbeiter*innen

durch die Verbesserung interner Abläufe

• (Rechts)sicherheit (Risikosenkung)

• Qualitätsbewusstsein der Mitarbeiter*innen

wird geschärft

UMSETZEN (ACT)

UMSETZUNG VON

VERÄNDERUNGEN

TEAMSITZUNGEN

VERÄNDERUNGSPROJEKTE

PRÜFEN (CHECK)

DATENANALYSE UND

ERGEBNISPRÜFUNG

INTERNES AUDIT

MANAGEMENTBEWERTUNG

ZUM AUTOR

DR. KLAUS KANDLER

MBA (MCI)

Klaus Kandler war 16 Jahre lang Amtsleiter

in der Marktgemeinde Rum und

ist Experte in der Gemeinde- und Verwaltungsentwicklung.

Seit Jänner 2022

ist er in der GemNova verantwortlich

für diesen Bereich.

Kontakt: k.kandler@gemnova.at


22 tirol.Politik tirol.Politik

23

GEMEINDEPOLITIK

DIE HERAUSFORDERUNGEN

SIND BREIT GEFÄCHERT

DIE VERWALTUNGS-

KUNST HAT UNGEAHNTE

HÖHEN ERREICHT.

© Land Tirol/Cammerlander

Gemeinderat – das

Parlament der Gemeinde.

Fließendes Wasser, gut ausgebaute

Straßen, Kinderbetreuung, Pflegeheime

– all das und vieles mehr fällt in

den vielseitigen Aufgabenbereich der

Gemeinden. Sie sind außerdem für

öffentliche Sport- und Freizeitanlagen,

eine funktionierende Müllabfuhr

und Kanalisation sowie kulturelle Einrichtungen

zuständig und schaffen

Wohnraum. Darüber hinaus ist im Sinne

der Sicherheit auch die Feuerwehr

eine kommunale Kernaufgabe.

Die eigene Gemeinde ist der unmittelbare

Lebensraum, der Zusammengehörigkeit

und Verbundenheit bedeutet.

Die Politik regelt das Zusammenleben.

Jedoch hat die Bevölkerung im Rahmen

der Bürgermeister*innen- und Gemeinderatswahl

entschieden, wer die Politik

macht. Die enge Partnerschaft von

Land und Gemeinden ist jedenfalls der

Grundstein für eine hohe Lebensqualität

in unserem Land. Das wissen sowohl

die Gemeinden als auch das Land Tirol

– dementsprechend ist auch mir als

Gemeindereferent der persönliche und

laufende Austausch mit den Gemeinden

enorm wichtig.

Die Herausforderungen in der Gemeindepolitik

und für die Bürgermeisterinnen

und Bürgermeister sind breit gefächert.

Eine wesentliche Aufgabe ist es, stets

den aktiven Austausch mit den Bürger*innen

zu suchen und darauf aufbauend

Projekte umzusetzen, die im Sinne

der Bevölkerung sind.

Der Gemeinderat wird in Tirol alle sechs

Jahre direkt gewählt und wirkt wie ein

Parlament in der Gemeinde. Ob langgedient

oder frisch gewählt: Gemeinderät*innen

bringen sich in ihre Gemeinde

ein, sind stark vernetzt und übernehmen

Verantwortung. Sie sind Ansprechpartner*innen

für die Bevölkerung und

haben für deren Anliegen ein offenes

Ohr. Schließlich berichten die Gemeinderätinnen

und -räte gegenüber dem

Gemeinderat und geben Empfehlungen

für Maßnahmen ab, die mit Mehrheitsbeschluss

beschlossen werden. Wer

sich davon ein Bild machen will, darf

als Bürgerin und Bürger bei den meisten

Gemeinderatssitzungen zuhören.

Um die für die Bevölkerung besten Projekte

umzusetzen, arbeiten Gemeinderät*innen

und Bürgermeister*innen eng

zusammen.

Ihr LR Mag. Johannes Tratter

© Julia Moll

Es gilt, schnell

schwimmen zu lernen.

Eine Vielzahl an neuen Bürgermeister*innen

und Gemeinderät*innen

haben nach den Gemeinderatswahlen

2022 ihr Amt angetreten. Sie

haben sich in den kommenden Monaten

und Jahren als gewählte Volksvertretung

den umfangreichen Herausforderungen

zu stellen, die die

Regulierungs- und Ordnungsmanie

des Gesetzgebers für sie bereithält.

Funktionär*innen, die bereits länger

im Amt stehen und wieder gewählt

wurden, können ein Lied davon singen.

Der Respekt der Bevölkerung

gegenüber all jenen Mitbürger*innen,

die sich für politische Ämter

auf Gemeindeebene zur Verfügung

stellen, ist also redlich verdient.

Denn die Verwaltungskunst hat ungeahnte

Höhen erreicht. Und Jahr für Jahr

scheint es weiter nach oben zu gehen.

Das damit einhergehende gesetzliche

Regelwerk ist extrem umfangreich und

mittlerweile äußerst engmaschig. Die

Chance, sich in diesem komplexen Netz

zu verfangen, steigt laufend. Unliebsame

Begegnungen mit den Aufsichtsbehörden

sind leider keine Seltenheit. Um

zu bestehen und nicht unterzugehen –

das betrifft vor allem die Neulinge – gilt

es, schnell schwimmen zu lernen. Wir

sollten daher diesen mutigen Menschen

für ihr unbezahltes, oft auch unbedanktes

Einbringen ihres Engagements in

das Gemeindeleben dankbar sein. Denn

nur so kann dieses in der Art funktionieren,

wie wir alle uns dies wünschen.

Es ist ein steigendes Interesse insbesondere

von jungen Menschen zu spüren,

die sich aktiv in die Gemeindepolitik

einbringen möchten. Das haben auch

die Gemeinderatswahlen 2022 gezeigt.

Ab sofort gilt es – für altgediente wie

auch frischgebackene Gemeindefunktionär*innen

– mit Vollgas ihre Talente

auszuspielen. Wie bereits erwähnt, sind

die anstehenden Aufgaben gewaltig. Ob

Budget, Finanzen, Pflege, Raumordnung,

Kinderbetreuung, auch Sport und Kultur

– das politische Geschehen in jedem

Dorf, in jeder Marktgemeinde oder

Stadt wird in den Gemeinderatssitzungen

bestimmt. Die Arbeit der Gemeinderät*innen

betrifft daher das tägliche

Leben der Bürger*innen in wesentlicher

Form.

Ihr Bgm. Mag. Ernst Schöpf


24

tirol.Wissen

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG

tirol.Wissen 25

Leistbaren

Wohnraum schaffen

EINE HERKULESAUFGABE FÜR GEMEINNÜTZIGE

© GHS / Berger

Wir gratulieren

zum Wahlerfolg!

Wir gratulieren allen Bürgermeister*innen und

Gemeinderät*innen ganz herzlich zur Wahl!

Für die Umsetzung Ihrer Vorhaben in der Gemeinde

wünschen wir Ihnen Weisheit, Ausdauer und breite

Unterstützung von allen Fraktionen!

Gemeinnützige Hauptgenossenschaft

des Siedlerbundes regGenmbH

www.ghs-wohnbau.com

Die GHS ist ein gemeinnütziger Wohnbauträger, der in der vergangenen

70 Jahren über 300 Projekte in mehr als 80 Tiroler Gemeinden erfolgreich

verwirklicht hat. Die Herausforderung leistbaren Wohnraum für Gemeindebürger*innen

im ländlichen und städtischen Raum zu schaffen wird zusehend

schwerer, der Vorstand des Siedlerbundes DI (FH) Mag. (FH) Martin Mimm

und Dr. Peter Heiss hat aber Ansätze dafür parat.

Was sind aus ihrer Sicht die größten

Aufgaben/Herausforderungen für die

GHS in den nächsten Jahren?

HEISS: Das ist mit Sicherheit leistbare

Grundstücke für den geförderten Wohnbau

zu akquirieren. Dazu kommen dann noch

die derzeit hohen Preise für den Bau der

Anlagen selbst, da die Auftragslage für Professionisten

gut ist und dadurch wenig Verhandlungsspielraum

bleibt.

MIMM: Leistbarer und qualitätsvoller

Wohnraum für die Bewohnerinnen und

Bewohner unserer Anlagen ist das Markenzeichen

der GHS. Sowohl der Preis pro m²

Grundfläche als auch die Baukosten pro m²

Wohnnutzfläche sind durch die Vorgaben

der Tiroler Wohnbauförderung "gedeckelt".

Diese Bestimmungen der Wohnbauförderung

garantieren einerseits, dass unsere

Wohnungen günstig bleiben, machen es

aber schwierig, zu förderungswürdigen

Grundstücken zu kommen und/oder nicht

möglich, das Bauvorhaben infolge zu hoher

Baukosten zu starten.

Wie kann diesen Entwicklungen begegnet

werden? Und von wem?

HEISS: Das Land und die Gemeinden müssen

– auch bei schon vorhandenen Bauland

– die bestehenden Instrumente anwenden,

wie z.B. die Vertragsraumordnung, Abgaben

für brach liegende Baugrundstücke

einfordern, Rückwidmung von nicht bebauten

Baugrundstücken sanktionieren, um

die Spekulation von Grund und Boden in

Tirol einzubremsen. Wenn das Zinsniveau in

Europa allenfalls wieder steigt, könnte das

den Trend "statt Sparbuch ins Grundbuch"

zumindest bremsen.

Was kann sich eine Gemeinde bei der

Zusammenarbeit mit der GHS erwarten?

HEISS: Wir haben immer schon versucht

die Gemeinden weitestgehend in die Entwicklung

unserer Projekte einzubeziehen.

Dazu sind Besprechungen auf Augenhöhe

und ein wertschätzendes Miteinander

die grundlegenden Voraussetzungen. Dann

sind beiderseitige Vorstellungen auch in

der Umsetzung möglich. Wir haben noch

kein Projekt gebaut, bei dem wir uns

nicht bereits im Vorfeld mit der jeweiligen

Gemeinde nach deren Bedarf und Vorstellungen

erkundigt haben. Darum passen

auch die Ergebnisse unserer Arbeit. Unsere

Handschlagqualität und die Einhaltung von

Absprachen sind auch die Basis für Folgeprojekt

in den zufriedenen Kommunen.

Klimaverbesserung ist in aller Munde.

Welche baulichen Maßnahmen setzt man

bei der GHS, um dazu beizutragen?

MIMM: Natürlich halten auch wir uns an

den Grundsatz "Raus aus Öl und Gas" und

die Umstellung von fossilen Heizungssystemen

auf klimafreundliche Wärmeversorgung.

Dies wird bei allen Neubauten

durch Einbau von Pelletsheizungen, Hackschnitzelheizungen,

Wärmepumpen, Photovoltaik

und andere moderne Heizsysteme

verwirklicht. Bei unseren Sanierungen

achten wir ebenso auf die Verbessrung

der thermischen und energetischen Eigenschaften

des Gebäudes. Auch hier realisieren

wir Umstellungen auf klimafreundliche

Wärmeversorgung. Wir legen großen Wert

darauf, bei Sanierungen in Abstimmung

und Einklang der Bewohner/Eigentümer

einer Anlage die geplanten Vorhaben

umzusetzen.

Der Bau von Wohnprojekte ist die Kernaufgabe

der GHS, welche baulichen Maßnahmen

gibt es darüber hinaus?

HEISS: Der Bedarf der Gemeinden ist

vielfältig. In der Altersversorgung sind

Projekte für betreubares oder betreutes

Wohnen, die wir kürzlich in Wenns und

Scheffau verwirklicht haben, aktuelle

Themen. Aber auch Alters- und Studentenheime

oder Wohnbauten für Mitarbeiter

von Krankenhäusern – aktuell für das

Schwesternheim in Lienz – entwickeln wir

gemeinsam mit den Gemeinden. Dabei

kombinieren wir Wohnanlagen sinnvoller

Weise auch mit Geschäftsräumlichkeiten

für den Nahversorgungsbereich.

Die Verwaltung der Objekte – wird die

durch die GHS selber vorgenommen?

MIMM: Die Verwaltung unserer Objekte

zählt zu den Kernaufgaben der GHS. Wir

sind sehr stolz drauf, unsere Wohnanlagen

über Jahrzehnte betreuen zu dürfen. Natürlich

wollen wir nicht nur verwalten, sondern

wir kümmern uns intensiv um die Werterhaltung

der Objekte über Jahrzehnte. Dies

gilt sowohl für die Mietobjekte als auch

für Eigentumsobjekte. Unser Know-How

ermöglicht uns die Kunden bzw. Bewohner

in allen Belangen rund ums Wohnen zu

unterstützen. Uns ist auch wichtig, unsere

Qualität weiterzuentwickeln und den

Service für unsere Bewohner zu steigern.

Unser Online-Kundenportal hat uns hier

einen großen Schritt nach vorne gebracht.


26

tirol.Politik tirol.Politik 27

„Ich bin ja ein gebürtiger Thierseer,

hab eigentlich mein ganzes bisheriges

Leben hier verbracht. Und ich möchte

auch nirgendwo anders leben.“ Wenn der

45-jährige Rainer Fankhauser über seine

Gemeinde spricht, kommt er fast ins

Schwärmen. Von 2004 bis 2016 war er

bereits als Gemeinderat politisch aktiv,

bevor er sich dann die vergangenen sechs

Jahre ganz bewusst eine politische Auszeit

genehmigte. „Ich wollte einfach mehr

Zeit für meine Familie, für meine beiden

Kinder haben. Außerdem war ich in dieser

Zeit Fußballtrainer bei den Kindern, auch

Obmann des Fußballvereins.“

© Privat

Rainer

Fankhauser

die kraft

des neuen

In einigen Orten Tirols blieb nach den Gemeinderatswahlen kein

Stein auf dem anderen. In Hall, Schwaz, Völs, Wattens, Wörgl oder

Zams etwa. Wir haben uns weiter umgesehen und stellen eine

Bürgermeisterin und zwei Bürgermeister vor, die neu im Amt sind.

Melanie Zerlauth in Pfunds, Thomas Gschösser in Reith im Alpbachtal,

Rainer Fankhauser in Thiersee.

VON REINHOLD OBLAK

Im Herbst des vergangenen Jahres wurde

Fankhauser dann immer wieder auf

die bevorstehenden Gemeinderatswahlen

angesprochen. Und mitunter recht direkt

gefragt, ob er nicht auch als Bürgermeister

zur Verfügung stehen würde. „Ich habe

mir die Entscheidung wirklich nicht leicht

gemacht, Vor- und Nachteile abgewogen

und mich erst spät, Ende November,

zur Kandidatur entschlossen.“ Mangels

Gegenkandidaten war seine Wahl freilich

zu 100 Prozent sicher.

Dass in Thiersee so viele unterschiedliche

Listen kandidieren, hat auch historische

Gründe, wie der Neo-Bürgermeister

erklärt. „Wir haben hier vier Ortsteile,

jeder Ortsteil tritt mit einer eigenen Liste

an. Das hat nichts mit Parteipolitik zu tun,

sondern mit den ganz speziellen Interessen

des jeweiligen Ortsteiles. Ich selbst

bin mit einer überparteilichen Bürgermeisterliste

angetreten, die bewusst

das Ganze, das Gemeinsame in den Vordergrund

gestellt hat.“ Als größtes, als

wichtigstes Projekt für die nächsten sechs

Jahre nennt Fankhauser die Energiewende.

„Wir haben in der Bevölkerung eine

Umfrage gemacht, da war das Energiethema

on top. Auch mir persönlich ist das

außerordentlich wichtig, jeder Einzelne

muss seinen Beitrag dazu leisten. Hier in

Thiersee denken wir an den Ausbau der

Photovoltaik, an E-Car-Sharing, auch an

den Einsatz von Biomasse.“

Abseits der Politik tritt der neue Bürgermeister

nach wie vor gerne die runde

Kugel. Noch im letzten Jahr kickte der

damals 44-Jährige aushilfsweise in der

Kampfmannschaft des SV Thiersee. Mit

großem Engagement und einigen blauen

Flecken, wie es heißt. Aber gut, auch in

der Politik soll es zuweilen das eine oder

andere Foul geben.

Melanie Zerlauth in Pfunds

„Ja, ich war überrascht. Weil eigentlich

habe ich gedacht, ich werde nach der

Wahl meinen Mitbewerber zum Bürgermeisteramt

gratulieren. Dass ich nun

selbst die neue Bürgermeisterin von

Pfunds bin, freut mich natürlich umso

mehr.“ Was Melanie Zerlauth nicht dazu

sagt: Die Pfundser Bevölkerung hat sie

mit riesengroßem Abstand in ihre neue

Funktion gewählt, außerdem ist sie damit

die erste Bürgermeisterin im ganzen

Bezirk Landeck. Hat ohnehin viel zu lange

gedauert.

© Marin Gspan

Melanie

Zerlauth

Dass Zerlauth nicht nur den eigenen

Kirchturm im Blickwinkel hat, zeigt auch

ihr bisheriges Leben. Nach der Handelsschule

in Landeck zog sie aus privaten

Gründen für zwei Jahre nach Wiener

Neustadt, später arbeitete sie in Scuol

im schweizerischen Engadin. Mittlerweile

ist die 43-Jährige in Pfunds verheiratet,

hat zwei Töchter und ist seit neun Jahren

als Assistentin im örtlichen Kindergarten

beschäftigt. Von 2010 bis 2017

war sie außerdem bereits im Gemeinderat

tätig, zog sich dann allerdings nach

einem schweren Bandscheibenvorfall aus

der Politik zurück.

„Vergangenen Winter haben die Gespräche

begonnen. In unserer Liste wurde hin

und her überlegt, wer als Bürgermeisterkandidat

antreten soll. Immer mehr haben

dann zu mir gesagt: mach´s, mach´s,

mach´s. Meine Antwort: Nein, die wollen

keine Frau. Irgendwann hab ich dann

gesagt, gut, ich mach´s, ihr findet eh niemand

anderen.“ Dass es von der zweiten

Liste in Pfunds noch einen anderen Bürgermeisterkandidaten

gegeben hat, störte

Zerlauth überhaupt nicht.

In den kommenden sechs Jahren will

die neue Bürgermeisterin vor allem im

Sozialbereich ihre Spuren hinterlassen.

Ihre Vision, ihr großes Ziel: ein eigenes

Altersheim in Pfunds. Die Pflege

der Angehörigen, das betreute Wohnen –

alles Themen, die sie sehr stark bewegen.

Vor der Wahl hat sich Zerlauth naturgemäß

genau im Ort umgehört, auch eine

eigene Umfrage „Melanie will´s wissen“

durchgeführt. „Da bin ich der Bevölkerung

natürlich im Wort, deren Anliegen gehören

umgesetzt.“

Und wie verbringt Melanie Zerlauth

eigentlich ihre Freizeit? Natürlich beim

Wandern, beim Skifahren, eh klar. Andererseits:

„Ich hab ein großes Haus, einen

Garten, zwei Kinder. Ich arbeite im Kindergarten,

engagiere mich ehrenamtlich

in verschiedenen Initiativen, jetzt bin ich

auch noch Bürgermeisterin. Viel Freizeit

wird mir da wohl nicht bleiben.“ Ob es bei

ihren männlichen Bürgermeisterkollegen

auch so zugeht?

Thomas Gschösser, Reith im Alpbachtal

Mit Politik ist Thomas Gschösser so

irgendwie ganz selbstverständlich aufgewachsen.

„Mein Opa war schon im

Gemeinderat, aber das ist schon recht

lange her, und mein Papa war Obmann

im Tourismusverband. Da hab ich dann

natürlich schon mitbekommen, worum es

bei uns in Reith so geht. Im Positiven wie

im Negativen.“

2010 – Gschösser ist damals gerade mal

23 Jahre jung – schafft er auf der Bürgermeisterliste

den Einzug in den Gemeinderat.

Zwölf Jahre lang bestimmt er so die

Politik in Reith mit, zuerst als Gemeindevorstand,

dann als Gemeinderat. So

wirklich viel bewegen konnte er als einfacher

Mandatar zwar nicht, sagt er heute,

gleichzeitig habe er aber viel gelernt.

Bei der Listensitzung im November des

Vorjahres dann die politische Gretchenfrage:

Wer soll dem Langzeitbürgermeister

Johann Thaler nachfolgen? „Eigentlich

wollte niemand, doch dann haben immer

mehr in meine Richtung geschaut. Gleichzeitig

hat die andere Liste einen Bürgermeisterkandidaten

aufgestellt. Ich hab

dann einige Nächte drüber geschlafen.

Zum Schluss gab es für mich nur zwei

Optionen: Entweder ich kandidiere als

Bürgermeister oder ich scheide komplett

aus dem Gemeinderat aus.“

Das Ergebnis ist mittlerweile bekannt:

Zwar verlor seine Liste insgesamt zwei

Mandate, gleichzeitig wurde Thomas

Gschösser von der Reither Bevölkerung

recht eindrucksvoll zum Bürgermeister

gewählt. Mit doch recht großem Abstand

zu seinem Mitbewerber. Erklärtes Ziel

des Neo-Bürgermeisters für die nächsten

sechs Jahre: vorhandene Unstimmigkeiten

im Gemeinderat auszuräumen,

das Gemeinsame zu betonen, die vielen

Projekte zügig umzusetzen.

In seiner Freizeit, die nun freilich etwas

schmäler ausfallen wird, ist Gschösser

vor allem sportlich sehr aktiv. Im Sommer

sitzt er abwechselnd am Rennrad oder

am Mountainbike, im Winter ist er viel auf

Skitouren unterwegs. Als staatlich geprüfter

Skilehrer – seinem Vater gehört die

örtliche Skischule - kommt er nur mehr

aushilfsweise zum Einsatz, seine ehrenamtliche

Tätigkeit bei der Feuerwehr will

er indes keinesfalls aufgeben.

Ach ja, Geselligkeit ist dem neuen Reither

Bürgermeister ebenfalls sehr wichtig. „Ich

hab auch in den schwierigen Corona-Zeiten

unsere Gastronomie im Ort immer

wieder besucht und somit auch privat

unterstützt“, erklärt er lächelnd.

© Simon Fischler

Th0mas ..

Gsch0sser


28

tirol.Wissen tirol.Wissen 29

WIE DIE GEMEINDE

ZU IHREM „KNÖDEL“ KOMMT …

Die Arbeit in den Gemeinden ist in den vergangenen Jahrzehnten immer komplexer geworden. Einerseits ist es

die Verrechtlichung unserer Gesellschaft, die viel Spezialwissen erfordert. Andererseits bringt es die Vernetzung

mit Bundes- und Landesregelungen und -finanzierungen mit sich, dass man sich oft erst mühsam ein Bild

davon machen muss, was man als Gemeinde selbst umsetzen kann und wofür es Partner*innen braucht.

Mit dem Nachschlagewerk

„Gemeinde ABC“ haben wir 99

Begriffe definiert, die in der

Gemeindearbeit eine Rolle spielen,

und mit Hintergrundwissen

„aufgeladen“. Der Projektkoordinator

und Mitautor Georg

Keuschnigg erzählt etwas über

die Entstehung des ABC’s und

als kleinen Vorgeschmack gibt es

auch einen Auszug aus dem Buch.

GemNova: Lieber Georg, du bist

Mitautor des Gemeinde ABC‘s

und hast maßgeblich zur Entstehung

dieses Werkes beigetragen.

Wie wurde denn die Idee dazu

geboren?

Die Idee wurde im Rahmen des

Strategieprozesses „ZUKUNFT

GEMEINDE – Agenda 2030“ geboren,

weil die Arbeit in den Gemeinden

extrem vielschichtig ist und

vielfach Bundes- und Landesrecht

zur Anwendung kommen. Das ist

selbst für Profis oft schwierig zu

überblicken. Die Idee ist, den Praktiker*innen

in den Gemeinden eine

leicht verdauliche Erstinformation

zur Verfügung zu stellen.

Inwiefern können diese 99 ausgewählten

Begriffe die Tätigkeit

als Gemeinderätin oder Gemeinderat

erleichtern?

Gemeinderät*innen müssen über

eine Vielzahl von Materien entscheiden,

und es ist einfach ein

Vorteil, wenn man eigenes Wissen

hat. Niemand kann sich überall

auskennen, aber einen groben

Überblick kann man sich erarbeiten.

Und auch das Wissen, wo die

Informationen zu finden sind.

Von A wie AGWR bis Z wie Zersiedelung

wird in diesem Buch

vieles erklärt. Was sind aus

deiner Sicht Begriffe, die alle

Gemeinderät*innen kennen sollten?

Das hängt von den Vorlieben der

Gemeinderät*innen ab. Da es in

den Gemeinden immer auch um

das liebe Geld geht, sollte man

ungefähr wissen, wie die Gemeinde

zu ihrem „Knödel“ kommt. Das wird

in den Begriffen „Finanzausgleich“

und „abgestufter Bevölkerungsschlüssel“

erklärt. Lebensnäher

sind vielleicht die Begriffe, die sich

mit der Daseinsvorsorge befassen,

von der Kinderbildung und -betreuung,

über den öffentlichen Verkehr

bis zur Wasserversorgung.

Interesse?

Sie haben Interesse am

Gemeinde ABC? Schreiben Sie uns eine

Nachricht an office@gemnova.at

VON ANGELIKA RAFETZEDER

?

Bei der Finanzierung meiner

Gemeinde spielt der

abgestufte Bevölkerungsschlüssel

eine große Rolle.

Was bedeutet dieser

Begriff?

Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel

kommt bei

der Verteilung der Erträge

der vom Bund eingehobenen

gemeinschaftlichen Bundesabgaben

auf die einzelnen

Gemeinden (Gemeindeertragsanteile)

zur Anwendung.

Dabei werden die Gemeinden

bevölkerungsmäßig in

vier Größenklassen unterteilt.

Diese Unterteilung

erfolgt auf Basis der Einwohner*innenzahl

einer Gemeinde,

die mit einem gesetzlich

festgelegten Wert multipliziert

wird. Somit bekommen

Gemeinden mit einer größeren

Einwohner*innenzahl

auch mehr Geld pro Einwohner*innen.

?

Wie finanziert sich meine

Gemeinde? Die Finanzkraft

spielt dabei eine große Rolle.

Was bedeutet sie?

Die Finanzkraft einer Gemeinde

wird im Wesentlichen aus der

Summe der eigenen Steuereinnahmen

und der den Gemeinden

zugekommenen Ertragsanteile an

den gemeinschaftlichen Bundesabgaben

ermittelt. Es werden zwei

Varianten unterschieden:

Die Finanzkraft nach § 25 Abs

2 Finanzausgleichsgesetz (FAG)

2017 wird aus dem Aufkommen

an der Grund- und Kommunalsteuer

des zweitvorangegangenen

Jahres ermittelt. Sie wird u.a. der

Aufteilung der Finanzzuweisungen

nach dem Finanzausgleichsgesetz

zugrunde gelegt. Die Finanzkraft

nach § 25 Abs 3 FAG 2017 wird

aus dem Aufkommen an Grundsteuern,

Kommunalsteuer und den

Ertragsanteilen für das zweitvorangegangene

Jahr ermittelt.

Die als Finanzkraft II bezeichnete

Finanzkraft nach § 21 Abs 5 des

Tiroler Mindestsicherungsgesetzes

wird aus der Grundsteuer

auf land- und forstwirtschaftliche

Betriebe, der Grundsteuer auf allgemeine

Grundstücke, einem Teil

der Erträge der Kommunalsteuer

sowie aus Teilen der Abgabenertragsanteile,

jeweils des zweitvorangegangenen

Jahres, ermittelt.

Sie wird u.a. der Ermittlung und

Aufteilung des Kostenbeitrages

der einzelnen Gemeinden an das

Land für die Mindestsicherung,

Grundversorgung, stationäre und

mobile Pflege, Behinderten-, Kinder-

und Jugendhilfe zugrunde

gelegt.

„Bürger*innenbeteiligung“ –

Was ist konkret damit gemeint?

Unter dem Begriff der Bürger*innenbeteiligung bzw. Öffentlichkeitsbeteiligung

versteht man die Möglichkeiten für Bürger*innen,

sich an öffentlichen Planungsprozessen oder an

Verwaltungsverfahren zu beteiligen, aber auch, sich mit ihren

Anliegen direkt an die gewählten Organe (Parlament, Landtag,

Gemeinderat) zu wenden. Bei großen Planungsprozessen,

vor allem im Bereich der überörtlichen Raumordnung und bei

großen Infrastrukturprojekten, welche einer Umweltverträglichkeitsprüfung

unterliegen, ist eine Bürger*innenbeteiligung

zum Teil bereits gesetzlich vorgeschrieben. So sieht z.B. das

Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz die Beteiligung der

Öffentlichkeit an solchen Verfahren ausdrücklich vor. Innerhalb

der Auflagefrist kann jede*r zum Vorhaben und zur

Umweltverträglichkeitserklärung eine schriftliche Stellungnahme

an die Behörde abgeben. Auch das Tiroler Umweltprüfungsgesetz

und das Tiroler Raumordnungsgesetz sehen für

die Ausarbeitung von bestimmten Plänen und Programmen

zwingend eine Beteiligung der Öffentlichkeit vor.

TlROLER

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Spezialkonzept für Feuerwehrfahrzeuge

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?


30 tirol.kooperiert tirol.kooperiert 31

Früh-

jahrsputz in

der Natur

Hier eine Plastikflasche, dort eine Aludose: Achtlos

weggeworfene Abfälle stören das Landschaftsbild

und schaden der Umwelt. In vielen Tiroler Gemeinden

befreien heuer wieder unzählige Freiwillige die Natur

von Müllsünden – eine Aktion, bei der es nur

Gewinner*innen gibt.

Es ist ein sonniger Frühlingstag, der letzte Schnee ist

geschmolzen, die Natur erwacht aus dem Winterschlaf.

Viele Menschen verbringen den Tag im Freien. Grüppchenweise

gehen sie einem beliebten Spazierweg entlang.

Statt den Blick in die Ferne schweifen zu lassen

und die Landschaft zu genießen, haben sie die Augen

jedoch fest auf den Boden vor ihnen gerichtet. Ausgestattet

mit Müllsäcken, Handschuhen und Greifzangen

sind sie auf der Suche nach achtlos weggeworfenen

Abfällen, die sie im Rahmen der Flurreinigungsaktion

einsammeln und entsorgen. Der Frühjahrsputz in der

Natur ist in vielen Tiroler Gemeinden ein Fixpunkt im

Veranstaltungskalender. Die Umwelt und das Gemeinschaftsgefühl

sind die großen Gewinner – und alle

Freiwilligen, die nach so einem Tag mit einem positiven

Gefühl nach Hause gehen.

Littering richtet Schaden an

Littering, also das achtlose Wegwerfen von Abfällen

in der Natur, schadet der Umwelt, beeinträchtigt das

Ortsbild und verursacht hohe Kosten für die Allgemeinheit.

Das Land Tirol spricht von rund 1.000 Tonnen an

Abfällen, die allein entlang des Landesstraßennetzes

BILD:

Die Kampagne „Tirol

klaubt auf!“ der ATM lädt

mit Motiven wie diesem

augenzwinkernd zum

Mitmachen bei der Flurreinigung

ein. (© ATM/

Matthias Betz)

ZUM AUTOR

ABFALLWIRTSCHAFT TIROL MITTE GMBH

Die ATM koordiniert und unterstützt als Umweltserviceorganisation

für die 102 Gemeinden der Bezirke Innsbruck-Land und

Schwaz seit über 20 Jahren Flurreinigungsaktionen in der Region.

Die Kampagne „Tirol klaubt auf!“ schafft Bewusstsein für die

negativen Umweltauswirkungen von Littering.

www.atm-online.at

OBEN:

Die Natur von achtlos weggeworfenen

Abfällen befreien:

Das ist das Ziel einer Flurreinigungsaktion.

(© ATM/Berger)

jedes Jahr beseitigt werden müssen. Im Auftrag der

Abfallwirtschaft Tirol Mitte (ATM) führte die Universität

Innsbruck 2018 eine Analyse des eingesammelten

Abfalls durch: Rund die Hälfte davon sind Wertstoffe,

die bei richtiger Entsorgung umwelt- und kostenschonend

verwertet werden könnten. Stattdessen landen

Plastik- und Glasflaschen oder Getränkedosen häufig

in der Natur. Sie sind eine Gefahr für Wildtiere, können

mit dem Futter aber auch vom Feld in den Stall

gelangen und dort Schaden anrichten. Wind und Wetter

setzen den Abfällen zu, Partikel lösen sich und verunreinigen

die Böden.

Erfolgreiche Freiwilligenaktion

„Man braucht nicht darauf zu warten, dass sich der

Müll und somit das Problem von selbst in Luft auflöst:

Studien zeigen, dass sich eine PET-Flasche je

nach Witterung rund 300 Jahre in der Natur hält. Die

errechnete Verrottungsdauer einer Getränkedose liegt

sogar bei 500 Jahren“, erklärt Alexander Würtenberger,

Leiter der Umwelt- und Abfallberatung bei der ATM.

Seit mehr als zwanzig Jahren unterstützt die ATM

die Gemeinden in den Bezirken Innsbruck-Land und

Schwaz bei der Durchführung von Flurreinigungen.

Der Frühjahrsputz in der Natur ist zu einer riesigen

Freiwilligenaktion geworden, schildert Alexander Würtenberger:

„Teilweise haben wir bis zu 8.000 Teilnehmerinnen

und Teilnehmer in unseren zwei Bezirken

verzeichnet. In den allermeisten der 102 Gemeinden

gehört die Flurreinigung einfach jedes Jahr dazu. Dieses

große Engagement freut uns sehr.“

Das Bewusstsein wächst

Bei den groß angelegten Aktionstagen hilft vielerorts

die ganze Dorfgemeinschaft zusammen: Schulklassen

und Vereine sind genauso dabei wie Vertreter*innen

der Gemeindepolitik und Einzelpersonen, denen die

Umwelt am Herzen liegt. Interessierte Bürger*innen

können sich an die jeweilige Gemeinde wenden – sie

UNTEN:

Gut für die Umwelt, das

Ortsbild und die Gemeinschaft:

In vielen Tiroler

Gemeinden packen alle

mit an, um in der Natur aufzuräumen.

(© ATM/Berger)

kümmert sich meist um die Organisation vor Ort. Für

die ATM ist neben dem Einsammeln der gelitterten

Abfälle vor allem Bewusstseinsbildung ein zentraler

Aspekt der Flurreinigung, erklärt Alexander Würtenberger:

„Wenn man sieht, was alles in der Natur landet,

wird man automatisch sensibler für das Thema. Viele

Freiwillige erzählen ihrem Umfeld davon und nehmen

damit eine wichtige Rolle als Botschafter*innen ein.“

Für Schulen bietet die ATM eigene Workshops an, in

denen die Folgen von Littering kindgerecht vermittelt

werden. Das Angebot wird sehr gerne angenommen

und die Aufklärungsarbeit der letzten Jahrzehnte

zeigt ihre Wirkung. „Das Bewusstsein für die negativen

Auswirkungen von achtlos weggeworfenen Abfällen

wächst. Irgendwann – in einer perfekten Welt – liegt

vielleicht gar kein Müll mehr in der Landschaft. So

weit sind wir aber leider noch nicht“, sagt Alexander

Würtenberger. Auf einen Rückgang der gelitterten

Abfallmenge lässt das angekündigte Pfand auf Einweg-

Getränkeverpackungen hoffen. Das neue Abfallwirtschaftsgesetz

sieht vor, dass in Österreich ab 2025

ein Pfand auf Plastikflaschen und Aludosen eingehoben

wird. Mit der leeren Flasche würde künftig auch der

dafür bezahlte Einsatz im Gras landen – daraus ergibt

sich ein monetärer Anreiz, Getränkeverpackungen ordnungsgemäß

zu entsorgen.

Motivation zum Umweltschutz

Die gemeinschaftliche Flurreinigung in der Gemeinde

ist auch ein unmittelbarer Beitrag zum Umweltschutz

und somit zu einem Thema, das oft als abstrakt gilt.

Mit dem Frühjahrsputz in der Gemeinde wird es auf

eine lokale und greifbare Ebene geholt. Man hat sofort

ein Erfolgserlebnis. Teilnehmerinnen und Teilnehmer

sehen, dass sich ihr Engagement gelohnt hat – die

vollen Müllsäcke und die saubere Landschaft sprechen

für sich. Diese Motivation und das positive Gefühl übertragen

sich bestenfalls auf andere Lebensbereiche und

sorgen für noch mehr Umweltbewusstsein im Alltag.


32

tirol.kooperiert tirol.kooperiert 33

Gemeinsam

Ein Gespräch

mit Mag.a

Christine Salcher,

der Leiterin der

Abteilung Gemeinden

beim Land Tirol.

für alle

Das Land Tirol und die Gemeinden

GemNova: Die Gemeinderats- und Bürgermeister*innenwahlen

2022 haben

eine Reihe neuer Bürgermeister*innen

und Gemeinderät*innen hervorgebracht.

Welche Berührungspunkte haben

die Neugewählten mit der Abteilung

Gemeinden?

Unabhängig davon, ob die Kandidat*innen

schon vor der Wahl im Gemeinderat

vertreten waren oder nicht, bot die

Abteilung Gemeinden Beratung und

Information für Bürger*innen, Kandidat*innen

sowie Mitarbeiter*innen in

Bezug auf die Wahlen an. Bei der Angelobung

der Bürgermeister*innen fand

eine weitere Kontaktaufnahme statt,

da dieser Festakt von unserer Abteilung

mitorganisiert wird. Der Abteilung

Gemeinden ist es ein Anliegen, im persönlichen

Austausch mit den Bürgermeister*innen

zu stehen.

In welcher Form kann die Abteilung

Gemeinden bei der Amtsübernahme

sowie Einarbeitung unterstützen?

Unsere Abteilung steht mit Rat zur Seite,

wenn am Anfang der kommunalen Tätigkeit

Fragen oder Probleme auftauchen. Wir

informieren über rechtliche Grundlagen

ebenso wie über haushaltswirtschaftliche

Fragestellungen. Das Merkblatt für die

Gemeinden Tirols, das monatlich erscheint

und auch auf der Website des Landes Tirol

veröffentlicht wird, bietet eine wichtige

Informationsquelle. Im März erscheint in

Zusammenarbeit mit dem Tiroler Gemeindeverband

und dem Föderalismusinstitut

die neue Ausgabe des Kommentars zur

Tiroler Gemeindeordnung. Darin werden

die gesetzlichen Bestimmungen praxisorientiert

beschrieben.

Für welche Aufgaben ist die Abteilung

Gemeinden zuständig? Welche Leistungen

werden für die Tiroler Gemeinden

erbracht?

Zu den Aufgaben zählen u.a. organisatorische

und finanzielle Angelegenheiten, das

Dienst- und Personalvertretungsrecht, die

Wirtschaftsaufsicht sowie das Reklamationsverfahren

nach dem Meldegesetz.

Das Land Tirol übt gegenüber den Gemeinden

ein Aufsichtsrecht aus, das in der Verfassung

verankert ist. Inhaltlich gilt es darauf

zu achten, dass die Gemeinden die

Gesetze und Verordnungen des Bundes

und des Landes nicht verletzen und ihren

Wirkungsbereich nicht überschreiten. Um

diese Aufgabe erfüllen zu können, sind die

Aufsichtsbehörden berechtigt, sich über die

Gemeinden zu informieren und in Unterlagen

Einsicht zu nehmen. Ein weiterer

Bereich ist die Gebarungsprüfung. Die Aufsichtsbehörden

sind berechtigt, die Gebarung

der Gemeinden auf Sparsamkeit,

Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu

Unsere Aufgaben sind ähnlich

umfangreich wie die der Gemeinden

und haben denselben Fokus: Serviceorientierung

und Bürgernähe.

prüfen sowie die Übereinstimmung mit

den geltenden Vorschriften zu überwachen.

Einen anderen wesentlichen Bereich stellt

die Verordnungsprüfung dar. Verordnungen,

die eine Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich

aus dem Bereich der Landesverwaltung

erlässt, müssen der Landesregierung

bekanntgegeben werden.

Welche Herausforderungen gilt es in der

Arbeit mit den Tiroler Gemeinden zu

meistern?

Unsere Aufgaben sind ähnlich umfangreich

wie die der Gemeinden und haben denselben

Fokus: Serviceorientierung und Bürgernähe.

Es ergeben sich z.B. immer wieder

Fragen zu rechtlichen Bestimmungen oder

der richtigen Berechnung von Gebühren

und Abgaben. In all diesen Fragen können

sich die Gemeinden an uns wenden.

Wie hat sich das komplexe Themenfeld

rund um die Gemeinden aus Ihrer Sicht

über die Jahre verändert?

Die Aufgaben sind vielfältiger geworden.

Fragen zur Raum- bzw. Bauordnung, die

gesamte Infrastruktur für die Bevölkerung

oder die Krisenbewältigung stellen die

Gemeinden vor große Herausforderungen.

Dabei ist immer die Finanzierung der Aufgabenerfüllung

ein zentraler Punkt. Damit

die Lebensqualität und die Chancen für

die Bürger*innen ausgebaut und gesichert

werden können, bedarf es großer Anstrengungen

aller handelnden Akteure, immer

auch unter dem Gesichtspunkt, den sozialen

Zusammenhalt in der Gemeinde zu

stärken und einer Abwanderung gerade

der jungen Menschen entgegenzuwirken.

In 273 Tiroler Gemeinden wurde am

27.02.2022 ein neuer Gemeinderat

gewählt. Die drei Gemeinden Matrei a.

B., Mühlbachl und Pfons haben fusioniert,

wodurch die Wahlen erst am

20.03.2022 stattgefunden haben. In

der Zwischenzeit hat ein Amtsverwalter

die Geschäfte der Gemeinde geführt.

Wann kommt ein Amtsverwalter zum

Einsatz und wie sehen seine Tätigkeiten

aus?

Im konkreten Fall ist der Einsatz eines

Amtsverwalters durch die Vereinigung

der betreffenden Gemeinden zu einer

neuen begründet. Für den Zeitraum zwischen

Wirksamwerden der Vereinigung

bis zur Konstituierung des neu gewählten

Gemeinderates ist ein Amtsverwalter zu

bestellen, der im Namen der Gemeinde

die täglichen Geschäfte führt. Ebenso ist

ein Amtsverwalter einzusetzen, wenn sich

der Gemeinderat vor Ablauf der Funktionsperiode

durch einen Beschluss selbst

aufgelöst hat. Ein weiterer Fall ist die

Auflösung des Gemeinderates durch die

Landesregierung, wenn der Gemeinderat

dauernd beschlussunfähig ist oder eine

ordnungsgemäße Führung der Geschäfte

bzw. die Erfüllung der Aufgaben nicht

mehr gewährleistet ist. Die Tätigkeit des

Amtsverwalters hat sich auf die laufenden

und die unaufschiebbaren Angelegenheiten

zu beschränken.


34 tirol.hat Recht ENTGELTLICHE tirol.kooperiert EINSCHALTUNG 34

tirol.hat Recht 35

VERLÄSSLICHER PARTNER

DER TIROLER GEMEINDEN:

DER MASCHINENRING

Unterstützung

im Vergaberecht

Für die Schneeräumung im Winter genauso wie

für Baumpflege und Grünraumdienstleistungen im

Sommer oder Naturraum-Services das ganze Jahr

über: Der Maschinenring arbeitet seit mehr

als 20 Jahren als verlässlicher Partner für

viele Tiroler Gemeinden.

Die Aufgaben, die Gemeinden erfüllen

müssen, sind mannigfach – Tendenz steigend.

Der Maschinenring kennt die spezifischen

Bedürfnisse der Tiroler Kommunen und steht

mit einem breiten Dienstleistungsangebot

bereit: Ob es darum geht, Straßen und

Wege zur rechten Zeit von Schnee und Eis

zu befreien, Bäume professionell auf Herz

und Nieren zu prüfen, einen Baumkataster

anzulegen, Problembäume zu entnehmen

oder Grünanlagen zu pflegen – bestens

ausgebildete Spezialisten übernehmen die

Aufgaben.

Aber auch im Forstbereich ist der Maschinenring

mit dem Forstservice Tirol geschätzter Dienstleister

und bringt auch Geld in die Gemeindekasse:

Von der Aufforstung über die Pflege bis hin zur

Vor- und Endnutzung bzw. Vermarktung reicht

das landesweite Komplettangebot.

Mit der klimafitten Aufforstung, der

Unkrautbekämpfung mittels Heißschaum oder

den bienenfreundlichen Tiroler Blumenwiesen

setzt der Maschinenring einen Schwerpunkt im

Bereich der Nachhaltigkeit. Dank der Erfahrung

und mit qualifizierten Mitarbeitern aus der

Region bieten die Profis vom Land für Gemeinden

Naturraum-Services und sind da, wenn es darum

geht, Naturgefahren zu begegnen – proaktiv

genauso wie im Schadensfall.

Regionale Wertschöpfung sichern

Aber auch wenn das eigene Personal nicht ausreicht,

ist der Maschinenring als Marktführer

im Bereich Personalleasing die erste Adresse

für Gemeinden: Flexibel einsetzbare Landwirte

oder Fachkräfte, die aus der Region stammen,

werden schnell vermittelt, um die Gemeinde-

Mannschaft zu verstärken.

Mit seinen sechs Geschäftsstellen im ganzen

Land steht das Unternehmen der Tiroler Bauern

in jeder Hinsicht für gelebte Regionalität: Wenn

man auf den Maschinenring setzt, wird Wertschöpfung

in der Region, im Ort geschaffen. Egal

ob es der Landwirt ist, der sich ein Zusatzeinkommen

erwirtschaftet oder der Arbeitnehmer,

der einen sicheren Job findet – sie alle investieren

wiederum in und für ihre lebenswerte

Heimatgemeide.

Infos zu allen

Dienstleistungen & Kontakt zu den

regionalen Maschinenringen:

www.maschinenring.tirol

Wusstest

du, dass der

Maschinenring

über...

7.100

Mitglieder in

Tirol hat?

200

Gemeinden im Jahr

2021 zu seinen

Kunden zählte?

7.000

Bäume im Rahmen

der Baumkontrolle

im Vorjahr

betreut hat?

Die GemNova durfte auch letztes Jahr

zahlreiche öffentliche Auftraggeber,

insbesondere Gemeinden, bei den verschiedensten

Vergabeverfahren begleiten

und dabei ihre Expertise einbringen.

Ziel ist neben der Einhaltung der

rechtlichen Vorgaben auch die Stärkung

des Wettbewerbs.

Die Vielfalt der Beschaffungsvorhaben

und Verfahrensarten zeigt sich anhand

einiger exemplarischer Beispiele von

Ausschreibungen. Diese umfassen insbesondere

diverse Bauausschreibungen

wie gewerksweise Vergaben unter

Berücksichtigung der Los-Regel (Direktvergabe

mit vorheriger Bekanntmachung,

Verhandlungsverfahren, offene Verfahren

etc.) und darüber hinaus Generalplanerleistungen,

aber auch General- und Totalunternehmer-Vergaben.

Zu einem solchen Vergabe-Projekt zählte

beispielsweise der vom Bezirkskrankenhaus

St. Johann in Tirol geplante Umbau

der Zentralküche. Der Auftragswert

befand sich im Oberschwellenbereich

(über den damaligen € 5,35 Mio. netto).

Unter Anwendung der Los-Regel wurde

von der GemNova eine gewerksweise Vergabe

zur Stärkung der Regionalität via

elektronischer Vergabeplattform durchgeführt.

Die Bestbieterkriterien wurden eng

mit Auftraggeber und Fachplanern abgestimmt.

Die besondere Herausforderung

bestand hier in der Umsetzung innerhalb

einer sensiblen Infrastruktur. Dies wurde

(vergabe)rechtlich entsprechend abgebildet,

um den Auftraggeber abzusichern.

Weitere Ausschreibungen betrafen

unter anderem Lieferleistungen, wie die

Beschaffung von (Feuerwehr)fahrzeugen,

Dienstleistungen aus dem Bereich IT für

eine sensible Infrastruktur, Produktion/

Layout, Druck und Versand eines Magazins,

Reinigungsleistungen und andere

Dienstleistungen wie z.B. Laborleistungen.

Auch Restmülltransporte wurden

beschafft. Die Gemeinde Wildschönau

plante z.B. den Auftrag zur Sammlung

von Restmüll im Gemeindegebiet sowie

die anschließende Verbringung zur Übernahmestelle

mehrjährig zu vergeben. Da

der geschätzte Auftragswert im Oberschwellenbereich

(über den damaligen

€ 214.000 netto) angesiedelt war, wurde

ein offenes Verfahren (EU-weit) gewählt.

Die Abwicklung des Verfahrens erfolgte

über die elektronische Vergabeplattform.

Der Zuschlag wurde einem Tiroler Unternehmen

erteilt.

Die Tabelle auf Seite 36/37 veranschaulicht,

ohne ins Detail zu gehen, den Ablauf

der gängigsten Vergabeverfahren. Dabei

sind einige Details zu beachten, die aus

Platzgründen nicht ausgeführt werden

können.

ZU DEN AUTOREN

Mag. a Magdalena Ralser, Mag. Martin

Schonger und Mag. Alexander Sporer

wickeln im Bereich "Infrastruktur &

Recht" insbesondere Vergabeverfahren

ab.

wies0

IST AUSZUSCHREIBEN?

Das Ziel ist die Stärkung des

Wettbewerbs und ein sorgsamer

Umgang mit öffentlichen Geldern

gemäß TGO. Öffentliche Auftraggeber

(z.B. Gemeinden, Gemeindeverbände)

müssen deshalb u.a. das

Bundesvergabegesetz 2018 einhalten.

wann

IST AUSZUSCHREIBEN?

Grundsätzlich sind alle Beschaffungen

– konkret Bau-, Liefer- und

Dienstleistungen – auszuschreiben.

Dabei gibt es einige Ausnahmen.

Eine Direktvergabe darf nur unter

Einhaltung der vergaberechtlichen

Grundsätze erfolgen.

Wie

IST AUSZUSCHREIBEN?

Je nach Auftragswert stehen einerseits

verschiedene Verfahrensarten

zur Verfügung, teilweise muss EUweit

ausgeschrieben werden. Auch

dort mit oder ohne Verhandlungsmöglichkeit.

Andererseits können u.a.

Bauleistungen auch unterschiedlich

vergeben werden: gewerksweise

Vergabe, Generalunternehmer, Totalunternehmer

usw.


36

tirol.kooperiert

tirol.hat Recht tirol.hat Recht 37

ablauf

DIREKTVERGABE

DIREKTVERGABE

MIT VORHERIGER

BEKANNTMACHUNG

VERHANDLUNGS-

VERFAHREN

OHNE VORHERIGE

BEKANNTMACHUNG

VERHANDLUNGS-

VERFAHREN

MIT VORHERIGER

BEKANNTMACHUNG

NICHT OFFENES

VERFAHREN

OHNE VORHERIGE

BEKANNTMACHUNG

NICHT OFFENES

VERFAHREN

MIT VORHERIGER

BEKANNTMACHUNG

OFFENES

VERFAHREN

Aufforderung zur

Angebotslegung

Bekanntmachung

schalten

Aufforderung zur

Angebotslegung

Bekanntmachung

schalten

Aufforderung zur

Angebotslegung

Bekanntmachung

schalten

Bekanntmachung

schalten

Teilnahmefrist

Teilnahmefrist

Bewerbungsunterlagen

versenden

Bewerbungsunterlagen

versenden

Teilnahmeantrag

Teilnahmeantrag

allfällige Eignungsprüfung

Eignungsprüfung

Eignungsprüfung

Eignungsprüfung

Auswahlentscheidung

Auswahlentscheidung

Ausschreibungsunterlagen versenden

Wie unterstützt

die

GemNova

konkret?

ANGEBOTSFRIST

ANGEBOT

ANGEBOTSFRIST

ANGEBOT

• Beratung hinsichtlich aller

möglichen Beschaffungsvorhaben

• Individuelle Beratung in

neutraler Weise hinsichtlich

der möglichen Vergabe

interne Öffnung

Verhandlungen

Angebotsprüfung

Öffnung

Verhandlungsverbot

• Prüfung, ob eine Ausnahme

vom Bundesvergabegesetz

2018 vorliegt

Bestbieterermittlung

• Erarbeitung einer passenden

Lösung je nach Ausgangslage

und Ziel: z.B. mit

einer gewerksweisen Vergabe

gemäß Los-Regel, um die

Regionalität zu stärken

Mitteilung der Zuschlagsentscheidung

STILLHALTEFRIST

• elektronische Vergabe

(zum Teil verpflichtend

einzuhalten!)

AUFTRAG VERGEBEN

AUFTRAG VERGEBEN


38

tirol.hat Recht tirol.hat Recht 39

Whistleblower

Die EU verabschiedete mit

dem Ziel der besseren Durchsetzung

des Unionsrechts die

Richtlinie (EU) 2019/1937 zum

Schutz von Hinweisgebern

(Whistleblower-RL). Während

in Österreich der Bund mit

der Umsetzung säumig ist

und die Europäische Kommission

bereits ein Vertragsverletzungsverfahren

eingeleitet

hat, setzte Tirol die Richtlinie

mit dem Unionsrechtsverstöße-Hinweisgebergesetz

(UVHG) um.

TIROL ALS VORREITER BEIM

HINWEISGEBERSYSTEM

WOZU HINWEISGEBER-

SYSTEME?

Whistleblowing dient dazu, Kenntnis

von Verstößen zu erlangen, um

rechtzeitig auf internes Fehlverhalten

reagieren und Schaden abwenden

zu können. Grundsätzlich sollen mit

Hinweisgebersystemen sowohl europaweite

Mindeststandards als auch

der bisher oft vernachlässigte Schutz

für Hinweisgeber*innen sichergestellt

werden, um mehr Meldungen

über Verstöße gegen Unionsrecht zu

erhalten und aufzuklären. Einerseits

werden betroffene Unternehmen, das

Land und Gemeinden vor große Herausforderungen

bei der Umsetzung

geeigneter Hinweisgebersysteme

gestellt. Andererseits bietet die Einrichtung

von Meldestellen die Chance,

dank rechtzeitiger Information über

Verstöße zeitnah Schaden begrenzen

und öffentliche Skandale vermeiden

zu können, weil Hinweisgeber*innen

regelmäßig vor der Entscheidung stehen,

Meldungen intern oder bei (Strafverfolgungs-)

Behörden abzugeben.

WER MUSS?

Nach dem UVHG sind das Land Tirol,

Gemeinden mit mindestens 10.000

Einwohner*innen, Gemeindeverbände

und durch Landesgesetz eingerichtete

Selbstverwaltungskörper oder

juristische Personen mit mindestens

50 Dienst- bzw. Arbeitnehmer*innen

zur Einrichtung einer internen Meldestelle

verpflichtet. Die externe Meldestelle

ist beim Landesvolksanwalt

eingerichtet. Die Hinweisgebersysteme

sind mit 1. April 2022 wirksam

einzurichten.

WAS MELDEN?

Die Whistleblower-RL bzw. das UVHG

zielt auf Verstöße gegen das Unionsrecht,

insbesondere: öffentliches Auftragswesen;

Finanzdienstleistungen,

Finanzprodukte und Finanzmärkte

sowie Verhinderung von Geldwäsche

und Terrorismusfinanzierung;

Produktsicherheit und –konformität;

Verkehrssicherheit; Umweltschutz;

Strahlenschutz und kerntechnische

Sicherheit; Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit,

Tiergesundheit und

Tierschutz; öffentliche Gesundheit;

Verbraucherschutz; Schutz der Privatsphäre

und personenbezogener Daten

sowie Sicherheit von Netz- und Informationssystemen;

finanzielle Interessen

der Union und Binnenmarktvorschriften.

Ausgenommen sind Vorschriften zum

Schutz von Verschlusssachen oder

der anwaltlichen, notariellen und ärztlichen

Verschwiegenheitspflicht und

von Strafverfahren.

WER KANN MELDEN?

Zugang zum internen Hinweisgebersystem

haben nur aktive oder ehemalige

Dienst- oder Arbeitnehmer*innen,

wenn sie im Zusammenhang mit

ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen

über Verstöße erlangt haben.

Zugang zum externen Hinweisgebersystem

haben alle Personen, die im

Zusammenhang mit ihrer beruflichen

Tätigkeit Informationen über Verstöße

erlangt haben. Dazu zählen u.a.

aktive, ehemalige und künftige Dienstoder

Arbeitnehmer*innen, weiters

Selbstständige, Anteilseigner*innen

und Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane

sowie Freiwillige und

Praktikant*innen.

INTERNE UND EXTERNE

MELDESTELLEN

Das interne Meldesystem kann als

E-Mail-Postfach oder webseitenbasierte

Plattform ausgestaltet werden.

Letztere hat den Vorteil der anonymen

Meldung, sodass die Vertraulichkeit

gewährleistet wird und auch

Hinweisgeber*innen angeregt werden,

Meldungen intern zu erstatten.

Dadurch kann die Meldung intern

bearbeitet und ein möglicher Verstoß

ohne Involvierung Dritter behoben

werden.

Dem Landesvolksanwalt obliegt die

externe Meldestelle für Verstöße

gegen Unionsrecht in Angelegenheiten

der Landesgesetzgebung. Eine

externe Meldung kann nach oder

ohne vorherige Nutzung des internen

Hinweisgebersystems erfolgen.

Hinweisgebersysteme müssen sicher

konzipiert, eingerichtet und betrieben

sein, um die Vertraulichkeit der Identität

des/der Hinweisgeber*in und

anderer in der Meldung erwähnter

Personen zu wahren. Unbefugte dürfen

keinen Zugriff auf die Meldungen

haben; sogar die Möglichkeit

des Zugriffs eines IT-Administrators

/ einer IT-Administratorin verletzt

die Vertraulichkeit. Zur einfacheren

Umsetzung können interne Meldestellen

gemeinsam von Gemeinden oder

von gemeinsamen Behördendiensten

betrieben werden.

MELDUNG EINGELANGT:

WAS NUN?

Nach einer mündlichen oder schriftlichen

Meldung – sofern diese nicht

anonym erfolgte – ist das Einlangen

binnen sieben Tagen an den/

die Hinweisgeber*in zu bestätigen,

zu dokumentieren und zu prüfen

sowie erforderliche Folgemaßnahmen

zu ergreifen und dem/der

Hinweisgeber*in schließlich innerhalb

von drei Monaten darüber eine Rückmeldung

zu erstatten. Bei Bedarf ist

der/die Hinweisgeber*in um Informationen

oder Präzisierung zu ersuchen.

Auch anonyme Meldungen sind zu

dokumentieren und zu prüfen, um

allenfalls entsprechende Folgemaßnahmen

zu ergreifen. Abhängig vom

gemeldeten Sachverhalt besteht

jedenfalls ein zeitlicher Druck zur

raschen Aufarbeitung.

SCHUTZ FÜR

HINWEISGEBER*INNEN

Bei einer personenbezogenen Meldung

sind die DSGVO, das DSG und

arbeitsrechtliche Regelungen einzuhalten,

sodass die Identität der

Person vertraulich bleibt. Auch darf

ein/eine Hinweisgeber*in in keiner

Weise benachteiligt werden, sodass

Repressalien (Suspendierung oder

Entlassung, Mobbing, Versagung einer

Beförderung, negative Leistungsbeurteilung

etc.) bei sonst hohen Verwaltungsstrafen

verboten sind.

ZUM AUTOR

MAG. SEVERIN PLATTNER

RA Mag. Severin Plattner ist Experte

bei Heid & Partner Rechtsanwälte für

Corporate, Immobilienprojekte und

Prozessführung. Er ist Autor und

Vortragender in den Bereichen Baurecht

und Compliance.


40

tirol.hat Recht tirol.hat Recht 41

Illegale Müllablagerungen an Müllsammelstellen

(Recyclinghof, Müllsammelinsel),

Beschädigungen an solchen Einrichtungen

oder anderem öffentlichen Gut und

Verschmutzungen öffentlicher Orte oder

Einrichtungen, die einen unverhältnismäßig

hohen Reinigungs- und Instandhaltungsaufwand

mit sich bringen. Das sind Phänomene,

die immer wieder in kleineren

dörflichen Gemeinschaften auftreten.

Es liegt im Interesse der Gemeinschaft

solchen Verhaltensweisen Einhalt zu

gebieten. Dieses Interesse ist nachvollziehbar

und gerechtfertigt. Als Mittel zur

BILD: Beschädigungen

und Verschmutzungen

öffentlicher Orte

stören nachweislich das

Sicherheitsempfinden.

(© unsplash)

Videoüberwachung

Big Brother und Sicherheitsmaßnahmen vs.

Freiheitsrechte und Persönlichkeitsschutz

Durchsetzung dieses Interesses liegt derzeit

die Videoüberwachung von betroffenen/gefährdeten

Orten sehr hoch im Kurs.

Sie dient der Prävention und zielt auf die

Angst der Täter*innen mittels dieser Überwachung

überführt zu werden.

Die überwiegende Anzahl der Menschen in

unserem Land möchte allerdings in einer

freien demokratischen Zivilgesellschaft

leben, wofür der Schutz persönlicher Freiheitsrechte

essenziell ist und in unser aller

Interesse liegt. Gerade nach den vergangenen

zwei Jahren mit Grundrechtseingriffen

zur Pandemiebekämpfung herrscht wohl

auch Konsens, dass Eingriffe in Grundrechte

nicht leichtfertig stattfinden dürfen.

Sicherheit vs. Freiheitsrechte

Die Abwägung dieser beiden Interessen

(Sicherheit vs. Freiheitsrechte und Persönlichkeitsschutz)

ist auch die juristische

Methode, mit der in jedem Einzelfall

die Zulässigkeit einer Videoüberwachung

geprüft werden muss. Auf eine Waagschale

legt man die Wahrscheinlichkeit eines

Schadenseintritts, abgeleitet von Erfahrungswerten,

die mögliche Schadenshöhe

und die Frage nach anderen Präventionsmaßnahmen

bezüglich Kosten und Effizienz.

Gibt es nämlich weniger eingriffsintensive

Mittel, die wirtschaftlich vertretbar

sind (z.B. Absperrungen), muss auf solche

zurückgegriffen werden.

Hier eine Anmerkung: In allen Fällen, in

denen ich bisher als Datenschutzbeauftragter

mit dieser Thematik befasst war, wurde

von den Gemeindeverantwortlichen als

Tätergruppe für Beschädigungen und Verschmutzungen

von öffentlichen Orten/Einrichtungen

die eigene Dorfjugend benannt.

Für eine mittel- und langfristige Prävention

sollte daher auch an eine zielgerichtete

Jugendarbeit (allenfalls auch gemeindeübergreifend)

gedacht werden.

Die Dauer

der Speicherung

der Bilddaten

darf max.

72 Stunden

betragen. Für eine

längere Speicherung

bräuchte

es gewichtige

nachvollziehbare

Gründe.

Auf eine andere Waagschale wird die Intensität

des Eingriffs gewichtet. Wie schwer

die Intensität zu gewichten ist, hängt von

mehreren Variablen ab: Größe des überwachten

Raums, Widmung des Raums,

Anzahl der durchschnittlich im Raum erfassten

Personen, Dauer des Aufenthalts im

Raum usw. Kleine Anpassungen bei einzelnen

Variablen können dabei gewaltigen

Einfluss auf die Eingriffsintensität haben

(z.B. Videoüberwachung im Recyclinghof

nur außerhalb der Öffnungszeiten). Wenn

regelmäßige Schäden zu erwarten sind

oder ein schwerer Schaden, was jeweils

hohe Kosten bedeutet, so besteht ein großes

Interesse an der Schadensabwehr. Ist

gleichzeitig das Risiko für von der Videoüberwachung

betroffene Personen bzgl. der

Einschränkung ihrer Rechte und Freiheiten

gering, weil z.B. nur relativ wenige Personen

bei widmungsmäßiger Nutzung des überwachten

Raums nur kurz zu unverfänglichen

Tätigkeiten dort sind, dann überwiegt

das Interesse der Schadensabwehr durch

die Überwachung jenes des Schutzes vor

dieser konkreten Überwachung. Rechtlich

ergibt das ein „berechtigtes Interesse“, was

dann auch gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO

(Datenschutz-Grundverordnung) die Rechtsgrundlage

oder den „Erlaubnistatbestand“

für die Videoüberwachung ist.

Der rechtliche Rahmen

Der österreichische Gesetzgeber hat zur

„Bildverarbeitung“ eigene Paragraphen ins

DSG (Datenschutzgesetz) 2018 eingefügt;

nämlich die §§ 12 und 13. Dort verankert

sind deutlich konkretere Regelungen zur

Zulässigkeit sowie formale Vorgaben zur

Umsetzung. Das BVwG (Bundesverwaltungsgericht)

hat dazu entschieden, dass

der österreichische Gesetzgeber hierzu

keine Kompetenz hatte mangels einer Öffnungsklausel

in Art. 6 DSGVO und dass die

Zulässigkeit einer Videoüberwachung nur

nach Art. 5 und 6 DSGVO zu beurteilen ist.

Die österreichische Datenschutzbehörde

hat bereits mitgeteilt, sich an diese Rechtsprechung

zu halten. Der OGH (Oberste

Gerichtshof) hat nach dieser Entscheidung

des BVwG die §§ 12 und 13 DSG 2018 weiter

angewendet, sodass hier eigentlich noch

Unklarheit herrscht, die meines Wissens

nach noch nicht endgültig geklärt ist.

Für die Praxis ist das jedoch zweitrangig.

Die §§ 12 und 13 DSG 2018 legen relativ

hohe Standards fest, sodass der Verantwortliche

für die Videoüberwachung mit der

oben beschriebenen Interessensabwägung

und der Einhaltung der §§ 12 und 13 DSG

2018 rechtlich auf der sicheren Seite steht.

Die Bestimmungen sind also mindestens

als Leitlinie hilfreich und es empfiehlt sich

sie zu beachten.

Bei der konkreten Umsetzung der Videoüberwachung

ist nach dieser Leitlinie zu

beachten, dass die Dauer der Speicherung

der Bilddaten max. 72 Stunden betragen

soll. Für eine längere Speicherung bräuchte

es gewichtige nachvollziehbare Gründe. Die

Videoüberwachung muss gekennzeichnet

werden. Dies wird wohl im Interesse des

Verantwortlichen liegen, schließlich erhofft

man sich Prävention durch Abschreckung.

Dem weiteren Transparenzgedanken dahinter

entsprechend sollte auch eine Datenschutzerklärung

zur Videoüberwachung

zugänglich sein. Diese kann bei der Kennzeichnung

angebracht werden oder man

verweist dort darauf, dass die Datenschutzerklärung

auf der Homepage des Verantwortlichen

zu finden ist.

Schließlich kann es noch sein, dass die

Installation einer Videoüberwachung eine

Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß

Art. 35 DSGVO erforderlich macht. Die beiden

Verordnungen der Datenschutzbehörde

zur Frage, wann es jedenfalls keine Datenschutz-Folgenabschätzung

braucht bzw.

wann es jedenfalls eine braucht, haben im

Ergebnis nur dazu geführt, dass auch hier in

jedem Einzelfall diese Frage geprüft werden

muss. Dabei gibt es Einzelfälle, für welche

die Verordnungen klare und damit schnelle

Antworten liefern, aber es gibt auch Sachverhalte,

bei denen eine ähnliche Abwägung

erfolgen muss, wie die Interessensabwägung

zur Zulässigkeit der Überwachung.

Der technische Fortschritt hat im Bereich

der Videoüberwachung dazu geführt,

dass bessere und billigere Systeme

zur Verfügung stehen, sodass auch für

kleine Bereiche/Einrichtungen mit einem

verhältnismäßigen Aufwand solche

Systeme installiert werden können. Es gibt

in Tirol kompetente Anbieter für solche

Systeme. Bei der Umsetzung sollte jedoch

nicht nur aus rechtlicher Notwendigkeit,

sondern auch aus gesellschaftlicher

Verantwortlichkeit, die Eingriffsintensität

auf das notwendige Mindestmaß

beschränkt bleiben. Insgesamt sind einige

rechtliche Fragen bei der Umsetzung zu

beachten, sodass, weil gerade zu diesem

Thema immer wieder viele Beschwerden

bei der Datenschutzbehörde einlangen,

immer der/die Datenschutzbeauftragte

eingebunden werden sollte, wenn man

eine Videoüberwachung installieren will.

ZUM AUTOR

MAG. NILS RAUCH

Nils Rauch ist seit April 2018 bei der

GemNova als Unternehmensjurist und

als externer Datenschutzbeauftragter

für über 50 Tiroler Gemeinden sowie

für mehrere gemeindenahe Einrichtungen

tätig. Davor sammelte er berufliche

Erfahrungen als Rechtsanwalt und

wissenschaftlicher Mitarbeiter an der

Universität Innsbruck.

ACHTUNG

eoüberwachung


42 tirol.hat Recht tirol.hat Recht 43

Alles aus

einer Hand

ZUM AUTOR

DR. WOLFGANG RAUTH

Wolfgang Rauth ist Leiter des Objekt &

Facility Managements der Bundesimmobiliengesellschaft

in Tirol.

Kontakt: wolfgang.rauth@big.at

Was

für ein

Zustand!

Die GemNova und die Expert*innen der BIG

Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. bieten eine

vertiefte Zustandserfassung und die Planung

von Instandhaltungsmaßnahmen einer Immobilie

an. Damit können Schwachstellen frühzeitig

erkannt und die Wertsteigerung der Immobilie

durch eine optimale Planung in wenigen Schritten

erreicht werden.

Unter der Zustandserfassung und

Maßnahmenplanung versteht man die

objektive, systematische Analyse eines

Gebäudezustandes und die fundierte

Ermittlung des Instandhaltungsbedarfes

der Immobilie.

TGA

VERKEHRSFLÄCHEN

TECHNIKFLÄCHEN

NEBENNUTZFLÄCHEN

Objektzustand

Dabei erfolgt eine objektive und ganzheitliche

Beurteilung des baulichen Zustandes

eines Objektes durch die intelligente

Nutzung statistischer Daten und systemische

Unterstützung auf Basis des sogenannten

epiqr®-Verfahrens. Die Elemente

eines Gebäudes werden typ- und gruppenmäßig

erfasst und die vorgefundenen

Bauteile anhand von objektiven Beschreibungen

vier möglichen Zuständen zugeordnet.

Die Geometrien der Gebäudehülle

und der Räume werden aufgenommen

und dienen AiBATROS® zur automatischen

Berechnung weiterer Massen und

Dimensionen. In einem einzigen Diagramm

können die wesentlichen Mängel

und somit die Verbesserungserfordernisse

rasch abgelesen werden. Auf Grundlage

der Zustandsdaten werden dann auf

Basis von detaillierten Kennwerten abgerechneter

Instandhaltungsmaßnahmen

Standardmaßnahmenpakete ermittelt,

die je Strategie für die Budgetvorschau

der kommenden Jahre herangezogen

werden können.

Die Zustandsbeurteilung und Maßnahmenplanung

erfolgt in höchster Qualität

durch eigens ausgebildetes und zertifiziertes

Personal. Die Daten des Gebäudes

werden je nach Detaillierungsgrad – der

kann in unterschiedlichen Teilbereichen

auch durchaus voneinander abweichen

– dem Prozess der Zustandserfassung

und Maßnahmenplanung zugrunde gelegt.

Auf Basis der konkret erfassten Daten

und der im System hinterlegten, bereits

abgerechneten Projekte können Kostenkennwerte

für die Instandhaltung bzw.

Instandsetzung des Gebäudes vorgenommen

und gegebenenfalls laufend angepasst

werden. Grundsätzlich stehen drei

Planungsstrategien zur Verfügung – von

der Notinstandhaltung über den Werterhalt

bis zur Modernisierung. Je nach

Strategie und Zustandserfassung werden

verschieden hohe Kostengrundlagen

AUSSENANLAGE

GEBÄUDEHÜLLE

HAUPTNUTZFLÄCHE

Für viele Tiroler Gemeinden

ist ein fachgerechtes

und gesetzeskonformes

Gebäudemanagement aufgrund

der ohnehin schon

vielfältigen Aufgaben herausfordernd.

Aus diesem

Grund bieten die Bundesimmobiliengesellschaft

und die GemNova Facility

Management, Service und

Wartung für Gemeindeimmobilien

an.

Bei Interesse steht Ihnen

Mag. Nikolaus Kraak

(n.kraak@gemnova.at) für

Anfragen zur Verfügung.

ermittelt. Die so berechneten Kosten können

dann zur Umsetzung in Jahresbauraten

zerlegt und den finanziellen Möglichkeiten

der Gemeinde angepasst werden.

Nikolaus Kraak, Prokurist bei GemNova,

sieht in diesem Instrument einen klaren

Mehrwert für die Tiroler Gemeinden: „Sie

erhalten rasch, in einheitlicher Form und

klar einen Überblick über den Zustand

der eigenen Gebäude mit der Möglichkeit

einer Gegenüberstellung unterschiedlicher

Instandhaltungsstrategien einschließlich

Maßnahmenpaketen als Basis für die Investitionsentscheidungen.

Das ermöglicht

zudem eine nachvollziehbare Budgeterstellung

mit transparenter Kommunikation.“

Wie die Maßnahmenplanung im Detail

erfolgt und welches Instrument dabei zum

Einsatz kommt, wird in der nächsten Ausgabe

von 277.TIROL berichtet.


44

tirol.ist schön tirol.ist schön 45

NEUES KINDER-

ZENTRUM IN ST. JOHANN

KiM – Kinder im Mittelpunkt. So lautet der Name des neuen

Kinderzentrums in St. Johann. Diese drei Buchstaben

können auch als Willkommensgruß im heimischen Dialekt

verstanden werden – „kim eicha“ – und stehen für sich.

ZUM FOTOGRAFEN

MICHAEL PUTZLOCHER

Michael Putzlocher ist Fotograf und Digital Creator. Sein

Studium absolvierte er an der FH MultiMediaArt in Salzburg.

In Michaels Studio in Telfs und On-Location fertigt

er ausdrucksstarke, positive und wirkungsvolle Porträts

für Menschen, Orte und Unternehmen.


46

tirol.ist schön tirol.ist schön 47

8 Mio

Gesamtinvestment

7

Gruppen

Kindergarten

4

Gruppen

Kinderkrippe

Das KiM in St. Johann ist ein wahres Schmuckkästchen. Seit dem Vorjahr haben hier

die Kinderkrippe mit vier Gruppen sowie der, Kindergarten mit sieben Gruppen ein

neues Zuhause gefunden. In den wärmeren Monaten bieten großzügige Garten- und

Außenspielflächen auch draußen ausreichend Platz für Spiel und Spaß.


48 tirol.ist schön tirol.ist schön 49

DIE DREH-

SCHEIBE LANS

Mit dem Neubau der Volksschule,

des Kindergartens und der Kinderkrippe

setzt die Gemeinde

Lans ein starkes Ausrufezeichen.

Auch, weil es sich im Herzen des

Ortes befindet.

2.000

m 2

Holzfußboden schaffen

Behaglichkeit

11 Mio Gesamtinvestment

Kinder Haus Lans: Der perfekte Platz

für Kinder, großzügig ausgestaltet,

gleichzeitig auf viele kleine Details achtend.

Ein heimeliger Ort zum Wohlfühlen,

zum Spielen, zum Lernen. Kinder sind

die Zukunft unserer Welt


50

tirol.ist schön tirol.bildet 51

Innovative Hygiene.

VERNETZTE DESINFEKTION & HYGIENE

im Waschraum

fürs Gebäude

3.200

G e s a m t n u t z fl ä c h e

m 2

Digitale Spenderdaten

bringen 25 % weniger

Serviceaufwand

und 30 % mehr

Kundenzufriedenheit.

Reinigungslösungen und

VAH-gelistete Desinfektionsmittel

exakt dosieren

für 30 % mehr Zeit und

30 % weniger Ausgaben.

Eine gelungene Verbindung

von Pädagogik, Bauwerk und Ausstattung

Die Idee von Lernclustern: Eine variable Möblierung,

eine zweckdienliche Ausstattung, hohe

Qualität. Kinder sollen spielerisch lernen, ihre

Erfahrungen machen, viele positive Beispiele

sehen. Vor allem aber ganzheitlich gefördert

und gefordert werden.

Mit einer Dosieranlage bis

zu vier Waschmaschinen

versorgen.

Sorgenfrei-sauberes

Geschirr, 24/7/365

mit einer App.

für die Wäsche

in der Küche

3.200 m² Gesamtnutzfläche schaffen

Raum für kuschelige Spielecken

für Kinder. Dabei gilt es immer wieder

auf die Besonderheiten und Vielfalt

unserer Kleinsten Rücksicht zu

nehmen. Leise Stimmen haben den

selben Stellenwert wie die lauten.

DIGITALISIERUNG SCHAFFT

EFFIZIENZ UND NACHHALTIGKEIT

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52

tirol.modern und innovativ tirol.modern und innovativ 53

MATTY?

MATTY WAS?

Wer von Ihnen hat schon mal den Namen „Matty“ gehört? Ja, „Matty“. Und was könnte

sich hinter diesem Namen verbergen? Ich hatte aber so was von keine Ahnung. Wahrscheinlich

wird es Ihnen gleich ergehen. Des Rätsels Lösung? „Matty“ steht für ein Tiroler

Unternehmen, welches erst 2020 gegründet wurde, mittlerweile aber schon höchst

erfolgreich ist. Am besten, Sie lesen gleich weiter.

Aller Anfang ist schwer. „Du, ich hab

diese Woche überhaupt keine Zeit, ich

bin total eingedeckt, lass uns nächste

Woche telefonieren.“ Eine Woche später.

„Du, ich hab diese Woche überhaupt

keine Zeit, ich bin total eingedeckt,

lass uns nächste Woche telefonieren.“

Nein, so nicht, denke ich mir und sage:

„Schade, dann wird´s leider nichts mit

unserer Geschichte.“ Kurzes Schweigen.

„Warte mal, Donnerstag um neun,

da hätte ich eine halbe Stunde Zeit.“

„Tut mir leid, wir brauchen mindestens

eine Stunde – mindestens,“ meine Antwort.

„Ok, die krieg ich wohl auch noch

zusammen. Also Donnerstag um neun.“

Aller Anfang ist schwer. Als ich wie vereinbart

um neun anrufe: „Du, ich sitz gerade

im Auto, bin am Weg ins Büro. Kann ich

dich in zehn Minuten anrufen?“ Eine halbe

Stunde später klappt es dann endlich.

Georg Foidl, der Gründer, Eigentümer und

Geschäftsführer von Matty ruft an, nimmt

sich nunmehr Zeit, über sich und sein

Unternehmen zu erzählen. Am darauffolgenden

Montag sitzen wir uns dann auch

noch persönlich gegenüber, in Innsbruck.

„Über mich magst was wissen? Hör auf,

ich bin doch gar nicht wichtig.“ Deshalb

nur im Schnelldurchgang. Der gebürtige

Waidringer, mittlerweile 30 Jahre jung,

absolvierte seine dreijährige Kochlehre

im Vitalhotel Berghof in Erpfendorf bei

Kirchdorf, um dann in diesem Hotel gleich

als Sous Chef zu beginnen.

Über ein namhaftes Hotel in Fieberbrunn,

„dort war ich sogar Küchenchef“, gelangte

er nach Braz. Braz, werden Sie sich fragen,

wo bitte schön ist denn das? Braz

ist eine Ansammlung weniger Häuser in

der Nähe von Bludenz mit einem renommierten

Haubenlokal und Golfhotel. „Ein

Jahr lang war ich dort als Beilagenkoch

tätig, wobei die Sprache schon wild war.

Anfangs hab ich nicht einmal meinen

Küchenchef verstanden.“ Ja, das Vorarlbergische

ist für all jene, die aus Ländle-

Sicht hinter dem Arlberg wohnen, also

dem Rest Österreichs, tatsächlich nur

schwer verständlich.

„Georg – weißt keinen Koch für mich?“

2019 – die fünf Jahre davor war Georg Foidl

in der IT-Branche tätig, verkaufte Informationssysteme

an Vier- und Fünf-Sterne-

Hotels in der Schweiz und in Österreich.

2019 dann die große Erleuchtung, die

bahnbrechende Idee. „Die Tiroler Hotellerie

ist ja ein Dorf, da kennt jeder jeden.

Immer wieder wurde ich auf das Gleiche

angesprochen: Du, Georg, weißt keinen

Koch für mich, wir bekommen keinen. Da

hab ich dann gedacht, warum bietet denn

niemand den Hotels verschiedene Menüs

an? Da hätten doch beide Seiten etwas

davon.“

Zuvor gab es freilich noch ein kleines

Problem: Die Finanzierung jener Großküche,

die für Hotels an bestimmten Tagen

eine ganze Bandbreite von Menüs frisch

zubereiten und liefern sollte. „Wir haben

dann eine Investorengruppe in Kramsach

gefunden. Denen hat unsere Idee gefallen.

Danach sind wir uns rasch einig geworden.“

Im Jänner 2020 wird Matty gegründet (der

Name steht für „Menus are transported to

BILD: Georg Foidl,

der Kopf von Matty, in

seiner Großküche. Erst

vor wenigen Wochen

wurde das Unternehmen

mit dem Innovationspreis

des Landes

Tirol ausgezeichnet.

(© fancy tree films)

you“), im Dezember

gleichen Jahres wird

die 1,5 Mio. € teure

Großküche in Buch

bei Jenbach eröffnet.

„Das war damals die

modernste Großküche

Österreichs“,

freut sich Foidl auch

noch heute.

Dezember 2020,

Sie erinnern sich

noch? Corona, Jahr

eins. Strenger Lockdown,

fast alles

geschlossen, Ausgehverbote.

„Jetzt

hatten wir eine tolle

Großküche, die freilich

nichts produzieren

konnte, weil

alle Hotels zu hatten.

Wir haben uns

dann überlegt, wie

wir das zum Laufen

kriegen. Na ja, und dann kam die Idee,

gesundes Essen für Beschäftigte aus den

unterschiedlichsten Bereichen zuzubereiten.

Im März 2021 wurden die ersten

Essen für Betriebe ausgeliefert, von der

Drei-Mann-Firma bis hin zu Unternehmen

mit 600 Beschäftigten. Der Start

war endlich geglückt.“

2.000 Essen täglich

Am 19. Mai des Vorjahres durften die

Hotels in Tirol wieder öffnen. Bereits ein

paar Tage später lieferte Matty die ersten

Menüs aus. „Gute Köche waren und sind

nicht so leicht zu bekommen, darum wurden

wir mit offenen Armen empfangen.

Wir stellen den Hotels an zwei bis drei

Tagen die Woche fertige Menüs zur Verfügung,

oder auch nur die Vor-, Hauptoder

Nachspeise. In dieser Zeit können

sie ihren Köchen freigeben, eine geregelte

Arbeitswoche anbieten. Gute Köche sind

immer gefragt, nur bestehen diese zu

Recht auch auf ihre Freizeit. Wenn alles

zusammenpasst, bleiben sie auch längerfristig

im Hotel beschäftigt.“

In der eigenen Großküche in Buch beschäftigt

Foidl mittlerweile zwölf Köche, dazu

vier Personen im Back Office. Personalprobleme

kennt er keine. „Wir zahlen gute

Löhne, weit über dem Kollektivvertrag. Es

gibt durchgehende Arbeitszeiten, keine

Teildienste, keine stundenlangen Leerzeiten.

Außerdem gibt´s bei uns keine Saisonarbeit,

sondern eine Jahresstelle. Das

Gesamtpaket ist einfach sehr attraktiv.“

Die Essenszubereitung

erfolgt bei uns ausschließlich

in Handarbeit.

Da gibt es also keine

Maschinen, die etwa

Knödel machen.

Aktuell werden über zehn Hotels in Tirol

regelmäßig beliefert, dazu kommen noch

knapp sechzig Betriebe, deren Beschäftigte

mit Mahlzeiten versorgt werden. Rund

2.000 Essen werden derzeit täglich frisch

zubereitet, in den nächsten zwei bis drei

Jahren sollen es 10.000 Essen täglich sein.

Was Foidl besonders herausstreicht:

„Die Essenszubereitung erfolgt bei uns

ausschließlich in Handarbeit. Da gibt es

also keine Maschinen, die etwa Knödel

machen.“ Offensichtlich kommt diese Art

der Kooperation, der Essenslieferung in

den Hotels gut an. Das Interesse ist groß,

die Nachfrage steigt. „Das Allermeiste läuft

über Mundpropaganda, über Empfehlungen.

Wir beliefern derzeit ausschließlich

Hotels im Vier-Sterne- und Vier-Sterne-

Plus-Bereich. Da ist gehobene Küche

gefragt, Qualität das zentrale Kriterium.“

Kindergärten und Seniorenheime

Eine weitere Tür wurde kürzlich auch in

Richtung Kindergärten und Seniorenheime

geöffnet. So werden etwa die Kindergärten

in Stams und Aschau mit frisch zubereiteten

Matty-Mahlzeiten beliefert, ebenso wie

Seniorenheime in Münster und anderen

Gemeinden. Dort spielt der Preis natürlich

eine wichtigere Rolle. Foidl´s Credo: „Das

Kind isst unsere Mahlzeiten im Kindergarten,

die Mutter in der Firma, der Papa in

der Werkstatt, der Opa und die Oma im

Seniorenheim. Und wenn die ganze Familie

dann auf Urlaub fährt, kommt das Menü

ebenfalls von uns.“ Klingt gut, setzt freilich

voraus, dass die Familie dann mindestens

in einem Vier-Sterne-Hotel nächtigt. Und

auch die entsprechenden Preise bezahlen

kann.

Für Matty und die Investorengruppe

beginnt sich diese Idee langsam zu rechnen.

Am 31. Dezember 2021 wurde bereits

der Break Even erreicht, auch im Jänner

konnte ein Gewinn erzielt werden. Und das

in diesen herausfordernden Corona Zeiten

– eine wirklich bemerkenswerte Leistung.

Kein Wunder, dass die kurz- und mittelfristigen

Planungen erweitert werden. Expansion

ist angesagt, wenngleich man nicht zu

schnell zu rasch wachsen will.

Wirft man einen kurzen Blick in die Business-Pläne,

so versteht man langsam

auch die Foidl´sche Rastlosigkeit. In naher

Zukunft soll eine zweite Großküche in München

eröffnet werden, danach sollen noch

weitere Großküchen folgen. „Vergangenen

Monat musste ich einem großen Hotel

absagen, einfach weil wir aktuell keine

Kapazitäten mehr haben. Die Nachfrage

ist einfach zu groß.“ Gut, diese „Probleme“

würden sich andere Unternehmen wohl

auch wünschen.

Übrigens: Nach diesen Gesprächen mit

Georg Foidl nehme ich sein „Du, ich hab

diese Woche überhaupt keine Zeit.“ nicht

mehr persönlich. Der Kerl hat offensichtlich

wirklich sehr viel um die Ohren. Bei der

Frage nach seinem Privatleben etwa lacht

er laut auf. „Das ist derzeit echt schwierig.

Ich bin zwar frisch verliebt, hab aber

sehr wenig Zeit. Zum Glück sitzt meine

Freundin in Wien, hat ebenfalls einen herausfordernden

Job, auch nicht so viel Zeit.

Sehen tun wir uns derzeit also vor allem

über Videokonferenzen.“

VON

REINHOLD OBLAK


54 tirol.modern und innovativ

55

Nachhaltiges

Bauen

EINE ANNÄHERUNG

projekt werden bis zu 15 (!) SDG-Ziele angesprochen.

Vom Beginn der konkreten Arbeit

auf EU-Ebene (CEN TC 350) im Jahr 2005

bis zur heute gültigen ÖNORM EN 15643

(2021) wurden umsetzbare Grundlagen für

nachhaltiges Bauen in Österreich entwickelt.

Wie die rechts angeführten Fakten zeigen,

beeinflusst die Bauwirtschaft die globalen

Material- und Energieströme sehr stark. Sie

hat wesentlichen Einfluss auf die Ressourcennutzung

bei der Errichtung (Investition).

Beim Betrieb der Gebäude wird ein noch

viel höherer Mitteleinsatz erforderlich. Und

am Ende der Lebensdauer entsteht ein verhältnismäßig

großer Anteil des weltweiten

Abfalls. Nachhaltiges Bauen, das heißt achtsames

und sinnvolles Entwickeln, Planen,

Bauen, Nutzen, Betreiben, Instandhalten und

Rückbauen, ist ein wirkungsvoller Hebel und

kann einen großen Beitrag zu einer „enkeltauglichen“

Zukunft leisten.

Nachhaltiges Bauen ist per Definition in

drei Bereiche gegliedert, integriert damit

den Blick auf das Gebäude/das Quartier

aus möglichst vielen Richtungen:

die soziokulturelle Nachhaltigkeit

die ökonomische Nachhaltigkeit

die ökologische Nachhaltigkeit

Nachhaltiges Bauen will Bauen ganzheitlich

betrachten. Es umfasst alle Betroffenen

(Stakeholder) inklusive unserem Ökosystem.

Um Handlungsfelder für die drei Bereiche

unterscheiden zu können, wurden jeweils

Schutzziele und Schutzgüter genannt.

~90 %

verbringen wir

in Innenräumen,

Gebäude haben

einen enormen

Einfluss auf uns

11,4 %

Erhöhung des Baupreisindex

Hochbau

im 4. Quartal von

2020 auf 2021

24,1 %

Schutzgüter

1

2

Ökologie Ökonomie Soziokulturelles

natürliche Ressourcen

natürliche Umwelt

natürliche Ressourcen

globale und lokale Umwelt

Kapital/Werte

ökon. Leistungsfähigkeit

menschliche Gesundheit

soz. und kult. Werte

Kapital/Werte Gesundheit

Nutzerzufriedenheit

Funktionalität

kult. Werte

Plus des Energiepreisindex

der

österreichischen

Energieagentur

im Dezember 2021

gegenüber dem

Vorjahr

Zukunftsfähiges Bauen, „enkeltaugliches“ Bauen, nachhaltiges Bauen – Begriffe, die sich gerade häufen, im

Trend sind, ein Gebäude auf der Höhe der Zeit erscheinen lassen wollen. Doch was bedeuten diese Begriffe

wirklich? Auf welchen Grundsätzen beruhen sie? Und wie werden sie nachvollziehbar angewendet? Der

rasche Wandel des Klimas hat die Notwendigkeit des Umdenkens verstärkt und beschleunigt. Nachhaltigkeit

als Gebot der Stunde bietet Alternativen an, zeigt Defizite auf und hat das Ziel, unsere Welt für

nachfolgende Generationen lebenswert zu erhalten.

Der Begriff der Nachhaltigkeit existiert

schon viele Jahre. Er stammt aus der Forstwirtschaft

und wurde im 18 Jhd. von Hans

Carl von Carlowitz erstmals schriftlich formuliert.

Die Entwicklungen seit der Aufklärung

– mit einem zum Teil bis heute ungebrochenen

Glauben an den Fortschritt durch Technik –

führten zu ersten nachdenklichen Stimmen in

den 1960/70er Jahren. Als Beispiele seien hier

die Urbanistin und Schriftstellerin Jane Jacobs

sowie der Bericht „Grenzen des Wachtums“

des Club of Rome aus dem Jahr 1972 genannt.

Weitere Meilensteine sind die Aufnahme des

Gedankens der nachhaltigen Entwicklung in

die Vereinten Nationen mit dem Brundtland-

Bericht 1987 bzw. bei der Rio-Konferenz 1992

(als „Centre for Our Common Future“ reaktiviert).

Nach den im Jahr 2000 beschlossenen Milleniumsentwicklungszielen

(MDGs) sprechen seit

2015 die Vereinten Nationen von den 17 SDGs

(Sustainable Development Goals). Um damit zum

nachhaltigen Bauen zu kommen: Je nach Bau-

Schutzziele

1

2

Schutz der natürlichen Ressourcen

und sparsamer und

schonender Umgang

Effizienzsteigerung

Reduktion von Schadstoffbelastungen/Umwelteinwirkungen

Schutz der Erdatmosphäre,

des Bodens, des Grundwassers

und der Gewässer

Förderung einer umweltverträglichen

Produktion

Schutz der natürlichen

Ressourcen

Schutz des Ökosystems

Lebenszykluskosten senken

Verringerung des Subventionsaufwandes

Schulden verringern

Förderung einer verantwortungsbewussten

Unternehmerschaft

Schaffung nachhaltiger

Konsumgewohnheiten

Schaffung dynamischer

und kooperativer internat.

wirtschaftlicher Rahmenbedingungen

Reduzierung der Lebenszykluskosten

Verbesserung der

Wirtschaftlichkeit

Erhalt von Kapital/Wert

1 = Nachhaltigkeit allgemein, 2 = Nachhaltiges Bauen

Schutz und Förderung

menschlicher Gesundheit

sozialen Zusammenhalt und

Solidarität stärken

kulturelle Werte erhalten

Chancengleichheit

Sicherung von Erwerbsfähigkeit

und Arbeitsplätzen

Armutsbekämpfung

Bildung/Ausbildung

Gleichberechtigung

Integration

Sicherheit/

lebenswertes Umeld

Bewahrung von Gesundheit,

Sicherheit und Behagen

Gewährleistung von

Funktionalität

Sicherung der gestalterischen

und städtebaulichen

Qualität

~

Die klimaschädlichen

CO2-Emissionen,

verursacht

durch den Bausektor,

waren noch

nie so hoch.

2/3

des österreichischen

Abfallaufkommens

verursacht

der Bausektor


56 tirol.modern und innovativ tirol.modern und innovativ

57

Diese Schutzgüter und Schutzziele führen zu

einer großen Anzahl von Handlungsfeldern, beispielhaft

sind in den Factboxes einige genannt.

IM KREISLAUF

ökologische Nachhaltigkeit

Primärenergiebedarf

verwendete Materialien,

Kreislaufwirtschaft

CO2-Emissionen

Ausschluss klimaschädliche

Substanzen

Flächenverbrauch

Ökobilanzierung

Versiegelungsgrad

Lage und Mobilität

FÜR DIE MENSCHEN

soziokulturelle Nachhaltigkeit

Baukultur (kultureller und

eventuell denkmalpflegerischer

Wert)

wohltuende Innen- und

Außenräume

Barrierefreiheit

Behaglichkeit

Innenraumluftqualität

Schallschutz, Akustik

Tageslicht, Kunstlicht

Sicherheit

Handlungsfelder

IM LEBENSZYKLUS

ökonomische Nachhaltigkeit

Planungsqualität

Prozessqualität

Nutzungsflexibilität

Struktur des Baukörpers

Flächeneffizienz

Gebäudeluftdichtheit

Lebenszyklusberechnungen

Energieverbrauchs-

Monitoring

Nachhaltiges

Bauen versucht

die Bedürfnisse,

Wünsche und

Ziele von uns

Menschen sowie

die ökonomischen

und ökologischen

Anforderungen

zusammengefasst

in einem Gebäude

zu verwirklichen.

Es gilt der Anspruch, dass die Zusammenarbeit

in den betroffenen Bereichen frühund

gleichzeitig erfolgen muss. Die Digitalisierung

gibt uns die Möglichkeiten dazu.

Planungen, Erfahrungen und Berechnungen

greifen zur selben Zeit ineinander, um ein

ausgereiftes Projekt bei der Erstellung, beim

Betrieb, bei der Instandhaltung und beim

Rückbau umzusetzen. Ziel ist ein Gebäude

entlang der erwarteten Bedingungen

zu errichten, die dem Menschen guttun,

den Wert hochhalten und der moralischen

Pflicht gegenüber den kommenden Generationen

gerecht werden. Der ganzheitliche

Ansatz erlaubt den notwendigen Überblick,

den steuernden Eingriff in die Prozesse und

die breite Einbeziehung der Betroffenen

zum richtigen Zeitpunkt über den gesamten,

möglichst langen Lebenszyklus.

Nachhaltiges Bauen beginnt mit der allerersten

Idee, lebt vom breiten Miteinander

(integraler Arbeitsprozess) und ist sich

der Verantwortung bewusst, dass ein

Bauwerk in seiner Gesamtheit nur durch

hervorragende Baukultur, durch immense

Flexibilität und durch die Anwendung der

jeweils aktuell gültigen Kenntnisse (über

den gesamten Lebenszyklus) gelingt. Es

betrachtet ab den ersten Schritten der Entwicklung

den Betrieb, die Instandhaltung

und den Rückbau als Teil des Ganzen.

Nachhaltiges Bauen versucht die Bedürfnisse,

Wünsche und Ziele von uns Menschen

sowie die ökonomischen und ökologischen

Anforderungen zusammengefasst

in einem Gebäude zu verwirklichen. Das ist

eine große Herausforderung, aber mit den

heutigen Kenntnissen und Mitteln schaffbar.

Noch dazu mit einem Ergebnis, das

uns und die nachfolgenden Generationen

bereichert, zum Wohlbefinden beiträgt und

nicht zuletzt den Wert hochhält.

Warum bauen wir also nicht schon längst

nur noch nachhaltige Gebäude?

Möglichkeiten zur Umsetzung von NACH-

HALTIGEM Bauen lest ihr in der nächsten

Ausgabe! Bei Fragen stehe ich gerne zur

Verfügung: a.ilmer@gemnova.at

ZUM AUTOR

DI ALOIS ILMER, M.ENG

Alois Ilmer lebt mit seiner Familie in einer Reihenhausanlage

in Holzmassiv-Bauweise in Sistrans, hat

Architektur studiert, viele Jahre als Angestellter und

später Selbständiger im Bereich Entwicklung, Planung

und Umsetzung gearbeitet, immer mit dem Fokus

auf einer umfassenden Betrachtung der Aufgabe

und ein qualitätvolles Ergebnis. In den Jahren 2013

bis 2015 hat er das Masterstudium „Nachhaltiges

Bauen“ absolviert, war einige Jahre an der Universität

Innsbruck als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig und

ist seit März 2020 Projektverantwortlicher bei der

GemNova.

Digitales Parken mit Parkster

Parken mit Parkster heißt für Autofahrer: einfaches und

schnelles Bezahlen ihrer Parkgebühren – bequem, kontaktlos

und sicher am Smartphone. Als Kommunen oder private

Parkplatzbetreiber können Sie dank der Parkster Lösungen die

Kosten Ihrer Parkraumbewirtschaftung nachhaltig senken.

Imagewirksam, bürgerfreundlich und wirtschaftlich

Mit der Parkster App ermöglichen Sie Autofahrern Handy-

Parken ohne Zusatzkosten. So können Sie schnell hohe Nutzungsquoten

beim digitalen Parken erreichen, während Sie

Kosten für Bargeldhandling und Parkraumbewirtschaftung,

beispielsweise für die Wartung und mittelfristig sogar für die

Neuanschaffung von Parkautomaten, einsparen.

Ihre Vorteile im Überblick





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die App-Nutzer für weniger Aufwand und nachhaltige

Einsparungen beim Management Ihrer Parkplätze

Rechnungsstellung und risikofreies Clearing

der digital gelösten Parkscheine durch Parkster

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und Schattwald sind bereits dabei. Sie auch?

Fragen? Wir beraten Sie

gerne: vertrieb@parkster.at

Foto: Adobe Stock / chathuporn


58 tirol.denkt weiter

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG 59

Umrüstung der

Außenbeleuchtung in Weer

LED-Außenbeleuchtung

Die IKB ist der regionale Experte und zudem Marktführer in Tirol

im Bereich Außenbeleuchtung. Wenn Sie eine moderne und wirtschaftliche

Beleuchtung haben wollen, dann ist die IKB der

richtige Partner für Sie.

Unser Produkt

• Straßenbeleuchtungen

• Platzbeleuchtungen

• Sportstättenbeleuchtungen

• Objektanstrahlungen

Unsere Leistungen

• Ist-Analyse

• Beratung mit individueller Planung

• Materialbeschaffung

• Baustellenkoordination

• Errichtung und Inbetriebnahme

• Licht- und elektrotechnische Überprüfung samt Protokoll

• Dokumentation von Leitungen, Schaltstellen, Lichtpunkten

• Fehlermessungen samt Störungsbehebung

• Wartungsarbeiten

• Mithilfe bei der Förderabwicklung

Der Weg zur LED-Außenbeleuchtung

1. 2. 3. 4.

Beratung &

Planung

Unsere Preise

Angebot

Umsetzung

Betriebsphase

Die Kosten richten sich nach Ihren Anforderungen und Wünschen. Sie

erhalten von uns ein entsprechendes Angebot. Gerne unterstützen wir Sie

mit attraktiven Finanzierungsmodellen.

Ihre Vorteile auf

einen Blick

• alles aus einer Hand: von der Planung bis zur

Inbetriebnahme

• höchste Energieeffizienz und niedrige

Energie- und Betriebskosten

• höhere Lichtqualität und hohe

Lebensdauer

• Garantie bis zu 10 Jahren

• Reduktion des CO 2 -Ausstoßes

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Ihrer Bürger/-innen, Gäste, Mitarbeiter/-innen

und Kunden

• rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr ist

unsere Störungsbehebung für Sie erreichbar

Auszug unserer Kunden, die uns ihr Vertrauen

geschenkt haben

• Straßenbeleuchtung: Innsbruck und über 40 Gemeinden

in Tirol

• Platzbeleuchtungen: Sandoz, DEZ, Fachmarktzentrum

Telfs, Gewerbepark Kematen

• Sportstätten: Innsbruck, Hall, Absam

• Objektanstrahlungen: Rauchmehl, Kirche St. Leonhard

Kundl, Kirche St. Jakob Vals

Für eine kostenlose Beratung kontaktieren Sie uns

am besten noch heute – wir freuen uns auf Sie

Martin Angerer

Geschäftsbereich:

Energieservices

0512 502-5234

martin.angerer@ikb.at

www.ikb.at

2016 beauftragte die Gemeinde Weer die

Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB) mit einer

Ist-Analyse und anschließenden Umstellung

der Außenbeleuchtung entlang der

Bundesstraße und am Kathreinweg auf modernste

LED-Technologie.

Bei der Analyse der bestehenden Straßenbeleuchtung

stellte sich heraus, dass die Ausleuchtung der Straße und

der Gehwege nicht der aktuellen Norm entsprach. Für

Gemeinden ist es unabdingbar, diese Norm zu erfüllen,

denn bei Nicht-Erfüllung kann im Falle eines Unfalls den

Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin eine (Mit)-Schuld

treffen.

32 neue LED-Leuchten für die Gemeinde

2017 wurden – im Zuge der Sanierung der Bundesstraße

und des Kathreinwegs – die bestehenden Beleuchtungsmasten

samt veralteter Leuchtmittel entfernt und durch

die IKB neue modernste LED-Leuchten auf „Grashalm-

Masten“ installiert. Zusätzlich zu den 22 bestehenden

Leuchten wurden 10 neue montiert, um die Straße gemäß

Norm ausleuchten zu können.

Damit wurden einerseits die Sicherheit der Bewohnerinnen

und Bewohner in Weer erhöht und gleichzeitig das

Gefahrenpotential durch eine bessere Ausleuchtung der

Schutzwege verringert. Mit den neuen LED-Leuchten werden

Straßen und Plätze gezielt beleuchtet, das Licht wird

genau dorthin gerichtet, wo es gebraucht wird, die Lichtverschmutzung

wird gesenkt und die Anwohnerinnen und

Anwohner werden nicht geblendet.

Durch die Umstellung auf moderne LED-Technik konnten der

Stromverbrauch – trotz Erhöhung der Leuchtenanzahl von

22 auf 32 – für die Außenbeleuchtung und in weiterer Folge

auch die Stromkosten um 22 Prozent reduziert werden.

Kurz und knapp: teilweise Umstellung der Außenbeleuchtung

in der Gemeinde Weer

• Erhöhung der Sicherheit durch

normgerechte Beleuchtung

• Senkung der Stromkosten um 22 Prozent,

obwohl die Anzahl der Leuchten um 45 Prozent

erhöht wurde (22 auf 32 Lichtpunkte)

• Verringerung des Gefahrenpotentials vor

allem auf den Schutzwegen durch eine punktgenaue

Ausleuchtung kritischer Bereiche

• Verringerung der Lichtverschmutzung

durch moderne Leuchtmittel

Modernste LED-Beleuchtung für

Innsbruck und Tiroler Gemeinden

Auch das komplette Innsbrucker Stadtgebiet wurde mit

über 11.000 Lichtpunkten seit dem Beginn der Umrüstung

im Jahr 2015 auf LED-Technologie umgestellt . Der Energieverbrauch

für die Beleuchtung konnte damit um über 50

Prozent reduziert werden. Zudem erstrahlen auch in den

Tiroler Gemeinden Radfeld, Trins, Gschnitz, Kaltenbach,

Völs und einigen weiteren Gemeinden wie Thaur, Mutters

etc. modernste LED-Leuchten von der IKB.

Stand: Februar 2021


60

tirol.investiert tirol.investiert 61

Blackout

VORSORGE-VORBILD BAD HÄRING

Unsere Gesellschaft war noch nie so abhängig von elektrischer Energie wie heute. Das Schreckensszenario

schlechthin ist daher ein Blackout, also ein überregionaler Stromausfall. Immer mehr Tiroler

Gemeinden treffen Vorsorgemaßnahmen, damit die Bevölkerung im Ernstfall nicht mit blanken Händen

dasteht. Erleichtert wird dies mittlerweile auch durch Förderungen des Landes Tirol.

Sehr früh hat man sich in der

Gemeinde Bad Häring dieser

Thematik gestellt. Die Unterländer

haben ihre Blackout-Vorbereitungen

bereits abgeschlossen.

Sie setzen auf eine mobile

Notstrom-Lösung. Ziel ist es,

eine Notfallversorgungsstruktur

für die Bevölkerung aufzubauen.

Einbezogen sind dabei eine Reihe

von Gemeindeeinrichtungen.

Etwa die Schule, der Kindergarten

und das Altenwohnheim. Die Notstromversorgung

kann innerhalb

kürzester Zeit aufgebaut werden

und Stromausfälle von bis zu einer

Woche abfedern. Sollte ein Blackout

länger dauern, kann das mobile

Notstromgerät auch zum Speicher

für die Trinkwasserversorgung des

Ortes verlegt werden. Mit Hilfe des

Notstroms wird der leere Speicher

dann über eine Grundwasserbohrung

wieder aufgefüllt.

Bürgermeister Hermann Ritzer ist

zurecht stolz auf die innovative

Lösung: „Die Gemeinde Bad Häring

befasst sich schon seit längerer

Zeit mit dem Thema Blackout, das

ja immer wieder in den Medien und

der Bevölkerung aufpoppt. Im Zuge

der Sanierung des Gemeindeamtes

haben wir das Thema neu aufgegriffen.

Wir haben uns entschlossen

eine Vorsorge-Lösung bei der

Sanierung umzusetzen. Diese ist

mittlerweile fertig. Wir haben sie

getestet und sie funktioniert hervorragend.

Wir haben nun die großartige

Situation, dass wir – sollte

der Ernstfall eintreten – eine

Woche mit diesem Gerät unter

Volllast durchfahren können. Wir

hoffen natürlich, dass ein Blackout

nicht länger als eine Woche dauert.

So lange haben wir nämlich mit

dem Dieselvorrat vorgesorgt.“ Wer

weitere Tiroler Gemeindelösungen

in der Blackout-Vorsorge kennen

lernen möchte, dem sei die Doku

„Ernstfall Blackout – wenn die

Lichter ausgehen“ empfohlen. In

diesem Video wird auch aufgezeigt,

welche Auswirkungen eine derartige

Krise auf das Bundesland hat.

GemNova begleitet Umsetzung

Die Umsetzung des Projekts in

Bad Häring wurde von der GemNova

begleitet. Beschaffungsexperte

Mario Foidl erklärt den Ablauf:

BILD: Im Untergeschoß

des Gemeindeamtes wird

das mobile Aggregat an

das interne Leitungsnetz

angedockt . (© GemNova)

VON

MANFRED SCHIECHTL

BILD: Das mobile Aggregat

kann auch zum Trinkwasserspeicher

verlegt

werden, um diesen aufzufüllen.

(© GemNova)

INTERALPINE ENERGIE- & UMWELTTAGE

VERSORGUNGS-

SICHERHEIT

IM ALPENRAUM

09.06.2022 / ACHENSEE

Diskussion & Austausch mit Keynotespeakern

wie Dr. Erich Entstrasser, Mag. Ernst Schöpf,

Dr. Axel Friedrich und vielen

weiteren Fachexpert:innen

www.ibi-kompetenz.eu

„Nach Vorgesprächen mit den Verantwortlichen

seitens der Gemeinde

wurden klare Spezifikationen

und Anforderungen für dieses Gerät

definiert. Daraufhin haben wir diverse

Lieferanten und Hersteller kontaktiert.

Resultierend daraus haben

sich mehrere Varianten und Angebote

ergeben. Die Gemeinde Bad

Häring hat sich dann schlussendlich

das am besten geeignetste Aggregat

aussuchen können.“

Für Gemeinden, die ein ähnliches

Vorhaben wie Bad Häring planen,

gibt es seit Anfang dieses Jahres

auch finanzielle Unterstützung

durch das Land Tirol. Für die Förderung

von Blackout-Vorsorgemaßnahmen

zur Aufrechterhaltung der

Infrastruktur von Gemeinden und

Gemeindeverbänden wird nämlich

aus dem Gemeindeausgleichsfonds

im Rahmen eines Blackout-

Programmes für die Jahre 2022 bis

2024 ein Betrag in Höhe von jährlich

1,5 Millionen Euro zur Verfügung

gestellt. Zur Gemeindeinfrastruktur

zählen laut Landesrat Johannes

Tratter beispielsweise Wasserverund

Abwasserentsorgungsanlagen,

Altenwohn-und Pflegeheime, betreutes

Wohnen, Kinderbetreuungseinrichtungen,

Schulen sowie sonstige

gemeindeeigene Gebäude. Fördergegenstand

ist die Anschaffung von

Notstromaggregaten sowie die aufgrund

dieser Anschaffung erforderlichen

baulichen bzw. elektrotechnischen

Maßnahmen. „Die GemNova

unterstützt Gemeinden jederzeit

bei der Umsetzung eines derartigen

komplexen Beschaffungsprojekts“,

so Beschaffungsexperte Foidl.

DIE VERSORGUNGSSICHERHEIT

IST DER DREH- UND ANGELPUNKT

UNSERES GESELLSCHAFTSLEBENS.

Fachexpert:innen und Entscheidungsträger:innen

diskutieren offen über die

anstehenden Herausforderungen des

Energiesektors und präsentieren mögliche

Wege für eine neue Versorgungssicherheit

in den Alpen.

Seien Sie dabei und tauschen Sie sich

aus!

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62

tirol.investiert tirol.investiert 63

BLACKOUT: TROTZ

EIGENER PHOTOVOLTAIK-

ANLAGE OHNE STROM?

Viele Besitzer*innen von Photovoltaik-Anlagen – auch Gemeinden – wähnen sich im Falle eines Blackouts

auf der sicheren Seite. Doch das kann ein Trugschluss sein. Nur unter bestimmten Voraussetzungen ist

ein Blackout mit eigenem durch Sonne erzeugten Strom „überbrückbar“. Ist eine Photovoltaik-Anlage nicht

entsprechend ausgerüstet, so trifft auch die Besitzer*innen einer solchen ein allgemeiner Stromausfall.

OBEN:

Bürgermeister

Martin Mayerl bei der

Arbeit in seinem Mutterkuh-

und Rindermastbetrieb.

(© Tanja Cammmerlander/Martin

Mayerl)

Zur Senkung der Stromkosten und um

etwas unabhängiger vom Stromnetz zu

sein, lassen sich immer mehr Gemeinden,

Eigenheimbesitzer*innen und Gewerbebetriebe

eine Photovoltaik-Anlage montieren.

Solange die Sonne scheint, wird eigener

Strom produziert. Das schont nicht

nur das Geldbörsl, sondern ebenso die

Umwelt. Was viele nicht wissen: Bei einem

Stromausfall im großen Stil stehen selbst

sie im Dunkeln. Denn bei einem Blackout

trennt sich eine Solaranlage unverzüglich

vom Netz, weil sich der in der Regel darin

installierte sogenannte Wechselrichter

abschaltet. Jede Solaranlage ist mit dem

örtlichen Stromnetz verbunden, und so

dient diese automatische Trennung bei

einem Blackout vor allem dem Schutz derjenigen,

die zum Zeitpunkt des Ausfalls an

der Wiederherstellung des Stromnetzes

arbeiten. Erst wenn das Netz wieder einsatzfähig

ist, fängt auch die Solaranlage

wieder an Strom zu produzieren.

LINKS:

Am Wirtschaftsgebäude

wurde eine moderne,

dach-integrierte Photovoltaik-Anlage

installiert,

die Hof und Speicher mit

Energie versorgt.

(© sun.e-solution,

Dölsach)

Mit einem Speicher lässt sich eine

gewisse Zeit überbrücken.

Wurde eine Photovoltaik-Anlage aber schon

im Hinblick auf einen gewissen Grad Autarkie,

also Stromunabhängigkeit, ausgelegt,

kann ein Stromausfall durchaus überbrückt

werden. Voraussetzung dafür ist ein ins

System integrierter Speicher und ein dafür

ausgelegtes Energiemanagement, das sich

bei einem Stromausfall nicht automatisch

abschaltet. Allerdings kann nur der Strom

verwendet werden, der von der Anlage auch

gespeichert wurde. Wie lang die gespeicherte

Energie ausreicht, ist von mehreren

Faktoren abhängig. Entscheidend ist

auf jeden Fall die Kapazität des Speichers.

Dann kommt es darauf an, wie viele und

welche Stromverbraucher mit Energie versorgt

werden müssen. Das kann über ein

intelligentes Energie-Managementsystem

gesteuert werden. Schließlich spielt der

Faktor Zeit eine Rolle: Für wie lange soll

ein Stromausfall überbrückt werden?

Dazu ein Fallbeispiel aus Dölsach / Osttirol:

Bürgermeister Martin Mayerl hat neben

seinem Amt einen Mutterkuh- und Rindermastbetrieb.

Er interessierte sich früh für

Photovoltaik – auch weil sein Hof für diese

Technologie günstig gelegen ist. Bereits

2010 installierte er mit Hilfe von Förderungen

eine 6 KW-Photovoltaik-Anlage am

Wohnhaus seines Hofs. Mittlerweile hat

sich die Investition amortisiert und die

Anlage erzielt nach wie vor optimale Stromerträge.

„Allerdings war ein weiterer Ausbau

der Photovoltaik besonders im Hinblick

auf Speichertechnologie bislang in puncto

Wirtschaftlichkeit und Förderungen relativ

uninteressant. Eine Erweiterung in dieser

Hinsicht hatte ich aber immer im Hinterkopf“,

erzählt der Dölsacher Bürgermeister.

Wie viel Komfort darf es sein?

Vor zwei Jahren ergab sich die Chance,

dieses Vorhaben anzugehen, weil dafür

ein Förderpaket speziell für die Landwirtschaft

aufgelegt wurde. Auch die Möglichkeit,

eine AWS-Prämie zu nutzen, führte

zu dem Entschluss, eine ergänzende

Photovoltaik-Anlage inklusive Speicher

am Wirtschaftsgebäude zu installieren.

Martin Mayerl ließ sich durch einen Photovoltaik-Fachbetrieb

beraten. Da in Osttirol

in den letzten drei Jahren Windbruch und

Schneechaos immer wieder zu längeren

Stromausfällen führten, hatte Mayerl den

Wunsch, die Speicherkapazitäten für eine

Überbrückung dahingehend auszulegen.

Dieser Punkt muss bei der Planung einer

Photovoltaik-Anlage unbedingt berücksichtigt

werden, damit die benötigte Leistung

und entsprechend das komplette System

daraufhin ausgelegt werden kann. „Nicht

nur Eigenheimbesitzerinnen und -besitzern

oder Gewerbetreibenden ist das oft

unbekannt, sondern auch Betreiberinnen

und Betreibern von öffentlichen Anlagen,

wie ich durch die Beratung erfahren habe“,

sagt Bürgermeister Martin Mayerl.

UNSER SYSTEM IST SO AUSGELEGT,

DASS BEI EINEM STROMAUSFALL IN

DER NACHT NOCH 20 % IM SPEICHER

BLEIBEN, DIE FÜR DEN START IN DER

FRÜH REICHEN. MIT ZUNEHMENDEM

TAGESLICHT WIRD OHNEHIN WIEDER

STROM PRODUZIERT.

Dabei ist die Entscheidung zentral, was

abgesichert sein muss und was Komfort

ist. Entsprechend ergeben sich daraus die

Investitionskosten und ihr Verhältnis zum

tatsächlichen Nutzen – die Wirtschaftlichkeit

also. „Für uns war wichtig, bei einem

Stromausfall die Funktion der Heizungsanlage,

der Kühl- und Gefriertruhen und des

Lichts sicherzustellen. Die Absicherung für

den Heukran hingegen haben wir hintenangestellt.

Solche Dinge können wir konventionell

überbrücken. Unser System ist so

ausgelegt, dass bei einem Stromausfall in

der Nacht noch 20 % im Speicher bleiben,

die für den Start in der Früh reichen. Mit

zunehmendem Tageslicht wird ohnehin

wieder Strom produziert“, führt Bürgermeister

Mayerl aus. Seit letztem Juli ist

seine Zusatzanlage in Betrieb und rechnet

sich bereits deutlich – begünstigt durch die

gestiegenen Einspeisungstarife.

Ein Totalausfall ist nur mit Notstromaggregat

zu vermeiden.

Ist jedoch die Energie im Speicher aufgebraucht,

beginnt die Anlage erst zu arbeiten,

wenn entweder Strom über das Netz

wieder verfügbar ist oder die Photovoltaik-

Anlage durch Sonnenenergie wieder Strom

produziert und sich dadurch der Speicher

nach und nach aufladen kann. Hierzu merkt

der Photovoltaik-Fachmann Martin Kollnig

der Dölsacher Firma „sun.e-solution“ an:

„Wesentlich ist dabei die ‚Schwarzstartfähigkeit‘

der Anlage. Darunter versteht man

das Hochfahren eines stromproduzierenden

Systems unabhängig vom Stromnetz.

Ist diese Möglichkeit nicht gegeben, startet

die Anlage nur mit externem Strom

erneut. Was vielen auch nicht bewusst ist:

Photovoltaik-Anlagen in Verbindung mit

einem Speicher sind keine Notstromlösungen

im eigentlichen Sinne. Das wird nur in

Kombination mit einem konventionellen

Notstromaggregat möglich. Sinnvoll ist das

für sensible Bereiche wie Krisenzentren,

Spitäler oder Sicherheitsanlagen.“

Zusammengefasst bedeutet das: Auch

Betreiber*innen einer Photovoltaikanlage

können von einem großflächigen Stromausfall

betroffen sein. Mit genügender Speicherkapazität

lässt sich aber eine gewisse

Zeit überbrücken. Wer auf der sicheren

Seite sein will – wenn es zum Beispiel um

sensible Bereiche geht – sollte ein speicherunterstütztes

Photovoltaiksystem

um ein konventionelles Aggregat ergänzen.

Der tatsächlich notwendige Bedarf

– das Must-have – ist dabei grundsätzlich

zu klären. Das hängt davon ab, ob man

Eigenheimbesitzer*in, Gewerbetreibende*r

oder öffentliche Institution wie eine

Gemeinde ist. Aspekte des Nice-to-have

kommen erst nach der notwendigen

Grundversorgung. Wie viel einem ein solcher

Komfort im Falle eines Blackouts wert

ist, liegt im Auge des Betrachters.

ZUM AUTOR

JAN SCHÄFER

Jan Schäfer ist Experte für Marketing

und Kommunikation. Er unterstützt

seit 2020 die GemNova als Gemeindebetreuer

in Osttirol und war zuletzt

maßgeblich bei der Entstehung des

neuen “Gemeinde ABC‘s” beteiligt.

Kontakt: j.schaefer@gemnova.at


64

tirol.investiert

..

F0rderm0glichkeiten

richtig nutzen ...

..

65

Bei der Finanzierung und Umsetzung von

Projekten sind Gemeinden aufgrund der

oft eingeschränkten finanziellen Mittel

auf Förderungen angewiesen. Förderungen

für Projekte zu erhalten, gestaltet sich

jedoch viel schwieriger, wie auf den ersten

Blick oft angenommen wird. Die Förderlandschaft

wird zudem immer komplexer.

Von der Analyse der Möglichkeiten über

die fachlich richtige Antragstellung und

Prozessabwicklung bis hin zur korrekten

Abrechnung von Förderungen ist es ein

langer Weg. Unzählige Fragen werfen sich

dabei für Gemeinden auf:

Raum zum Wohlfühlen

Ideal als langfristige oder temporäre Raumlösung

(z.B. Kindergärten und Schulen)

Angenehmes Raumklima dank

optimaler Wärmedämmung

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Ist das

Pr0jektv0rhaben

f0rderfähig?

Welche

F0rderqu0te ist

m0glich?

Welche

F0rdergeber

gibt es?

ist die

Gemeinde

antragsberechtigt?

Wie erf0lgt die

richtige Antragstellung,

um den

maximalen Output

zu erzielen?

CTX_Inserat_279.tirol (195x135)_122-rz.indd 1 17.03.22 14:27

Welche

Fristen sind zu

beachten?

Auf all diese Fragen versuchen wir eine Antwort

zu geben und die Gemeinden vollumfänglich

zu unterstützen. Gerade in Zeiten

wie diesen, wo alle Fördermöglichkeiten

maximal ausgeschöpft werden sollen, um

das ohnehin schon angespannte Budget zu

entlasten und um Investitionen tätigen zu

können, ist es essenziell, den Überblick im

Förderdschungel zu bewahren. Ob bei Infrastrukturprojekten,

im Bereich der Digitalisierung

oder in Thematiken rund um Umwelt,

Mobilität und Klima, das

Spektrum an unterschiedlichen

Förderprogrammen auf den

diversen Ebenen (Land, Bund, EU) ist weitreichend.

Zudem entscheiden oft Nuancen

über einen positiven oder negativen Förderbescheid

sowie über die Höhe der Förderung.

Gerne unterstützen wir mit unserer

Erfahrung die Gemeinden dabei, sämtliche

Förderpotentiale bestmöglich zu

nutzen.

Wie erf0lgt die

k0rrekte Abrechnung,

um alle zugesagten

Mittel auch tatsächlich

abh0len zu k0nnen?

K0ntakt

Maximilian Huber, MA

m.huber@gemnova.at

+43 660 296 89 69


66 tirol.sportlich und gesund

66

tirol.kulturell 67

Zeit

Mahlzeit!

Mit Jausengeld.at, dem

intelligenten Essensgutschein.

ist relativ.

AUTOR GABRIEL CASTANEDA

Und ich meine das jetzt nicht im streng wissenschaftlichen Sinn, weil erstens hab‘ ich

von solchen Dingen nicht den blassesten Schimmer und zweitens ist Zeit auch für den

wissenschaftlichen Laien oft relativ. Fünf Minuten Wurzelbehandlung und fünf Minuten

länger schlafen können, sind zwei völlig unterschiedliche Zeitspannen.

www.jausengeld.at

Aber nicht nur da ist Zeit relativ.

Nehmen wir die Zeit, in der

durchschnittliche Minister*innen

in Österreich ihren Dienst verrichten.

Mittlerweile ist ja jeder

Dschungelkönig länger im Amt

und man wünscht sich auf so

manch einem Posten lieber

eine Evelyn Burdecki oder einen

Filip Pavlovic als die amtierenden

Personen. Die Leute in den

Ministerien wechseln mittlerweile

in einer Geschwindigkeit,

dass selbst Menschen die sich

eigentlich für Politik interessieren,

Mühe haben, das aktuelle

Personal der Regierung beim

Namen nennen zu können.

Oder nehmen wir die vergangenen

Wochen des Gemeinderatswahlkampfes.

Es ist diese

relativ kurze Zeit, wo plötzlich

alles möglich scheint. Von der

kinderfreundlichen Wohnanlage

für Jungfamilien über die nagelneue

Feuerwehrhalle inklusive

Fuhrpark und Drohne bis hin zum

Senior*innenbetreuungszentrum

mit integriertem Inklusions-Kindergarten.

Danach folgen nicht

selten relativ lange Zeiträume

der Ernüchterung.

Zeit ist für uns Menschen relativ

und mit zunehmendem Alter

vergeht sie leider oft wie im

Flug. Zumindest so lange man

noch aktiv und gesund am

Leben teilnehmen kann. Und in

jedem Leben geht’s mal auf- und

mal abwärts, es gibt gute und

schlechte Zeiten. Doch unterm

Strich leben wir seit 70 Jahren

in der besten Zeitspanne.

Wir genießen Wohlstand (im

Überfluss), Sicherheit, Reichtum

(ja, wir sind alle reich) und Friede.

Und dann knallt’s plötzlich ganz

dicht vor unserer Haustür und

all das beginnt zu wanken und

wir merken, Zeit ist relativ, aber

der Friede ist es nicht. Friede ist

absolut und absolut unverzichtbar.

Für alle. Denn wie sagte der

große Willy Brandt vollkommen

richtig: „Der Frieden ist nicht

alles, aber alles ist ohne den

Frieden nichts.“

Castañeda

2021

07.04. Kufstein (T)

13.05. Imst (T)

20.05. Pertisau (T)

14.09. Längenfeld (T)

15.09. Breitenwang (T)

16.09. Landeck (T)

17.09. Telfs (T)

21.09. Hohenems (V)

24.09. Hochfilzen (T)

30.09. Salzburg (S)

04.11. Pertisau (T)

www.castaneda.tv


ese

Was fällt Ihnen ein, wenn Sie

Es ist der Stil, die Schreibe,

die wirklich feine

Ganz spontan, drei Begriffe

das Wort „Chanson“ hören?

Feder des Autors, welche

nur. Ja, auch Namen, Interpreten,

Liedtexte. Fragen

dieses Buch besonders

auszeichnen. Außerdem

Sie auch Ihre Freundinnen,

die Herangehensweise,

die vielen Gespräche

Worte werden am häufigsten

Freunde. Und – welche drei

mit Zeitzeug*innen, mit

genannt? Bei mir, in meinem

deren Nachkommen, mit

Freundeskreis sind es...

anderen Beteiligten, die

für zusätzliche Dynamik

Wer dieses Buch in Händen hält, wird gleich merken, wie schwer es ist.

sorgen. Im Zentrum die-

Klar, bei rund 250 großformatigen Seiten. Großartig ist auch das Cover,

ses Werks stehen zwei

ebenso wie der Inhalt, die vielen Fotos. Großes, ganz großes Kino. Eine

Personen: der bekannte

wunderschöne, mit viel Herzblut und wirklich feiner Feder verfasste Tour

und politisch fehlgeleitete

d'Horizon durch und über die Geschichte des Chansons. Dazu Kurzbio-

Dichter Ezra Pound (1885-

grafien über herausragende, höchst unterschiedliche Interpretinnen und

Lois Hechenblaikner ist ein Mahner, ein Wachrüttler,

einer, der mit aller Vehemenz Fehlter,

Mary de Rachewiltz,

Jacques Brel – um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Wer ihre, wer

1972) sowie dessen Toch-

Interpreten. Über Edith Piaf natürlich, über Charles Aznavour, Dalida oder

entwicklungen aufzeigt. Vor allem im Tiroler

mittlerweile auch schon

seine Nase in dieses Buch steckt, wird sie wohl lange nicht mehr herausziehen.

Die Gründe dafür liegen zwischen den beiden Buchdeckeln.

Tourismus. Auch deshalb werden seine Bücher –

zarte 96 Jahre alt. Es war

darunter „Hinter den Bergen“, „Volksmusik“ oder

wohl eine zuweilen recht

„Ischgl“ – von den einen gelobt, von den anderen verdammt. In vorliegendem Werk, fürwahr ein wuchtiges Buch, setzt er sich mit „Besonderhei-

seine

charakterisiert wurden.

knap-

frei-

Anti-

Ver-

„Besonderheiēse

ese

ten“ im schweizerischen Grand Hotel Waldhaus

im Engadin auseinander. Abermals legt er

Finger in offene Wunden, zeigt detailliert auf,

wie Gäste dort seinerzeit bespitzelt, belauscht,

Neben den ausgezeichneten Textbeiträgen –

von Martin Suter oder von Hans Heiss – sind es

vor allem die Karteikarten, die mit ihren

pen Bemerkungen überraschen, abstoßen,

lich auch zum Schmunzeln Anlass geben.

knapēse

seinese

Antiēse

Verēse

68

tirol.kulturell tirol.kulturell 69

388

Seiten

€ 53,46

Edition Patrick Frey

März 2021

Lois

Hechenblaikner:

Olaf Saliè:

Keine Ostergrüße

mehr

Chanson

240

Seiten

€ 50,-

mühsame Spurensuche,

Prestel Verlag

die der Autor hier gekonnt

November 2021

unternommen hat.

Besonders hervorzuhe-

ben sind die Gespräche,

die Begegnungen mit, die

Erinnerungen von Mary de

Rachewiltz, auch die Leich-

Es ist ein beeindruckendes Buch, es sind fürwahr beeindruckende Fotografien, die

tigkeit, mit der diese in

uns hier vorgelegt werden. Knapp 140 Schwarz-Weiß-Aufnahmen, allesamt rund

den Text einfließen. Seite

150 Jahre alt. Es ist eine Zeitreise ins letzte Viertel des 19. Jahrhunderts. Erst kurz

für Seite wird damit eine

davor tuckerte die erste Dampflokomotive über den Brenner, löste damit endgültig

Brücke in die Vergangen-

Edith

die Postkutsche ab, läutete eine neue Zeit ein. Fotografien von Innsbruck, Salzburg,

heit errichtet, über die wir

Hessenberger:

Vorarlberg, Bayern, Südtirol. Bemerkenswert, wie es dort damals ausgesehen hat.

Fotografische

semitische Äußerungen sind darin ebenso zu leichtfüßig wieder in die

Tempi passati. Unwiederbringlich.

Zeitreise durch

finden wie Informationen zu persönlichen Gegenwart zurückkehren.

freiēse

Tirol

hältnissen oder politischen Ansichten. Zu Erich Ein äußerst beeindrucken-

Noch faszinierender sind die Fotografien aus den Stubaier, den Ötztaler Alpen, vom

Neumann, Staatssekretär in Hermann Görings des Buch, wunderschön zu

Arlberg. Unberührte Berglandschaften, gewaltige Gletscher, da und dort mal ein Bret-

Behörde und Teilnehmer an der berüchtigten Helmut Luther:

lesen. Chapeau!

terverschlag. Und heute, wie stellt sich uns dieser Blick heute dar? Dazu bietet die

Wannsee-Konferenz am 20. Jänner 1942, heißt Mary de Rachewiltz

180

Autorin informative, erklärende Texte an, sachlich nüchtern geschrieben, dennoch mit

es etwa: „Hohes Tier im Dritten Reich. Badrutt

Seiten

viel Herzblut versehen. Edith Hessenbergers’s Buch ist ein weiteres Kleinod aus der

hat ihn ins Palace gelotst. – 1945. Das Tier wird

Schriftenreihe der Ötztaler Museen. Lesenswert. Betrachtenswert. Empfehlenswert.

wohl kleiner geworden sein.“

€ 20,46

208

€ 22,62

Studien Verlag

Athesia-Tappeiner Verlag

Dezember 2021

Seiten

Dezember 2021

ACHT LESENS-

WERTE BÜCHER


216

Sarah Biasini:

Seiten

Vorab: Annemarie Schwar-

Die Schönheit

zenbach war gerade mal

des Himmels

€ 20,46

21 Jahre jung, als sie dieses

Buch mit großer Lei-

Haymon Verlag

Manfred Krug:

November 2021

Abgehauen

denschaft schrieb. Noch

Hans Haid:

bemerkenswerter: Sie tat

es kann sein,

dies vor knapp hundert

dass dann die

272

Das

gro-

Jahren, im Jahr 1929, in

schatten kommen

Seiten

ße Unglück

einer Zeit also, die, zumal

von

Kin-

in der Schweiz, nicht als

Ist es tatsächlich ein Roman, den

dern berühmter Eltern ist es, immer

besonders liberal galt.

Hans Haid (1938-2019) hier bruch-

wieder an diesen gemessen, auf diese

Doch Annemarie Schwar-

stückhaft verfasst hat? Ist es nicht

angesprochen zu werden. Andererseits:

zenbach konnte, wollte

vielmehr Ausdruck seines labyrinthhaften

Denkens, seines intensiven

Was für ein bemerkenswertes, faszinierendes,

dieser Kinder öffentlich überhaupt nicht

sie auch bis zu ihrem frü-

Ohne deren Berühmtheit würden einige

nicht aus ihrer Haut – wie

Gefühlslebens? Sind es nicht seine

ja, herausragendes Buch. Über eine Zeit, als es

wahrgenommen werden. Was freilich

hen Tod immer wieder

zuweilen wirren, uns verwirrenden

die DDR noch gab. Über den Riss zwischen der

kein Nachteil sein muss. Sarah Biasini

eindrucksvoll bewiesen

Gedanken, die er hier laut ausgesprochen

und immer wieder aufs Neue

der anderen Seite. Über eine geheim aufgenom-

Buch eindrucksvoll gelungen, aus dem

Nomenklatura auf der einen, den Intellektuellen auf

ist es auf alle Fälle mit vorliegendem

hat.

niedergeschrieben, zusammengesetzt,

also komponiert hat? Ist es

vier nervenaufreibenden Wochen zwischen dem

Warum? Na ja, für die Antwort auf diese

Schwarzenbach:

besonders auffällt: die mitmene,

streng vertrauliche Sitzung. Über die rund

großen Schatten ihrer Mutter zu treten.

Annemarie

Was bei diesem Buch

überhaupt wichtig, ob es ein Roman

19. April und dem 20. Mai 1977. Über das detaillierte

Protokoll eines informellen Stasi-Mitarbeiters,

zu sehen

ne, rationale Sprache, die

Frage empfiehlt es sich, das Buch lesen.

Eine Frau

unter sachliche, nüchter-

oder eine sehr persönliche Erregung,

ein lauter, permanenter Aufschrei

Manfred Krug betreffend. Es ist, als würde man

Eigentlich, so sagt es die Autorin, sind

zuweilen langen Sätze, die

ist? Hans Haid, so viel steht auf alle

den schweren, dicken Vorhang zur Seite schieben

diese knapp 200 Seiten vor allem an ihre

doch im großen Gegensatz

112

Fälle fest, hat mit diesem Buch post

und ins nackte Herz des Systems blicken. Der eine

kleine Tochter gerichtet. Als Erklärung

zum emotionalen Inhalt

mortem ein starkes Ausrufezeichen

oder die andere vielleicht auch in einen Spiegel.

für ihr Leben, ihre Ängste, Verletzlichkeiten,

wohl auch für ihre Suche nach

war dies auch ihre Art, die

Seiten

stehen. Aber gut, vielleicht

gesetzt.

Was dieses Buch ebenfalls auszeichnet, ist die

längst Vergangenem, unwiederbringlich

Verlorenem. Sarah Biasini taucht

Kein & Aber Verlag Ausdrucksweise, um laut

€ 10,29

ihr richtig erscheinende

Romane haben üblicherweise eine

direkte, schnörkellose, ungewohnt offene Sprache.

Handlung, eine solche fehlt hier völlig.

Stattdessen zornige, verzweifelkehrt.

Bemerkenswert auch, wie schonungslos

mit ganz feiner Feder, ungewohnt offen

beziehen, sich Gehör zu

Manfred Krug schreibt, wie er denkt. Und umge-

in ihre Geschichte ein und beschreibt

Mai 2020

und deutlich Stellung zu

te, depressive, kritische, polemische,

offen er den Charakter von Weggefährten und

und selbstkritisch, ihre Beziehungen, ihre

verschaffen. Und ja, sie

nüchterne, zugespitzte, sich wieder-

Begleiterinnen beschreibt. Auch da spricht er

Konflikte, ihr Erwachsenwerden. Natürlich

überhöht sie ihre Eltern, gleichzei-

der, in faszinierender Wei-

hat dies in beeindruckenholende,

heftig herausgeschriebene

Klartext, zuweilen durchaus verbittert und ent-

Eruptionen. Erinnerungen an das alte

täuscht. Wer liest,

tig widersteht sie der Versuchung, den

se gemacht. Chapeau!

Ötztal, an den Dialekt, die Sagen, die

so heißt es, ist für

Voyeurismus wohl vieler zu bedienen.

Bräuche und Sitten. Dann wieder die

die Dummheit verlo-

Ein schönes Buch, auch wenn sie auf den

Nazi-Zeit, das Hermann Göring Haus

ren. Auch deswegen

letzten Seiten doch wieder zu sehr auf

vulgo Martin Busch Hütte, das juden-

sei dieses Buch aus-

ihre berühmte Mutter zurückfällt.

freie Ötztal, das Geheimprojekt Zitter-

drücklich empfohlen.

aal-Stollen. Natürlich die Saligen Fräulein

und die Wally, die harte Arbeit am

192

Hof, die Mutter, Freunde, die tausenden

Schafe. Die letzten beiden Sätze

Seiten

des Buches: „Blase das Himmelslicht

€ 22,62

aus und gehe enk.“ipps

schlafen. Pfiet

€ 12,33

Zsolnay Verlag

Ullstein Verlag

Oktober 2021

EMPFOHLEN VON

September 2003

REINHOLD OBLAK

ipps

70

tirol.kulturell tirol.kulturell 71


72

tirol.mobil tirol.mobil 73

Digitales

Parken per App

Wie Smartphone-basiertes Parken Städte, Gemeinden

und andere Parkraumbewirtschafter beim Parkraummanagement

entlastet.

Wer schon einmal einen Parkschein auf

die klassische Art gelöst hat, kennt‘s:

Geldtasche suchen, möglichst passendes

Kleingeld rauskramen, denn der

Automat rechnet jeden eingeworfenen

Cent in Parkzeit um. Der Blechkiste ist

es egal, dass der/die Autofahrer*in

eigentlich gar nicht so lange stehenbleiben

möchte. Hat man bezahlt, geht

es zurück zum Auto: Tür auf, gedruckter

Parkschein rein, Tür zu – und endlich

erledigen, was eigentlich auf dem

Plan steht. Wenn das länger dauert als

gedacht, heißt es zurück zum Parkplatz

spurten, Geldtasche suchen, … das ganze

Spielchen nochmal von vorn.

Wer den Parkschein dagegen per App löst,

braucht weder Kleingeld noch einen Parkautomat,

sondern nur ein Smartphone.

BILD: Per App lässt sich

der digitale Parkschein

noch direkt im Auto oder

schon auf dem Weg ins

Freizeitvergnügen lösen.

(© Parkster)

Einfach im Auto den Parkplatz in der App

auswählen, gewünschte Parkdauer einstellen,

Kennzeichen eingeben und losparken.

Die App meldet sich per Push-Mitteilung,

wenn die Parkzeit knapp wird. Der Parkschein

kann dann direkt am Smartphone

verlängert werden, ohne dass man zum

Parkplatz zurückgehen muss. Praktisch,

wenn es unterwegs noch ein Kaffee sein

darf oder es im Wartezimmer länger dauert.

Andersherum funktioniert’s genauso:

Ist alles schneller erledigt, kann der digitale

Parkschein vorzeitig beendet werden

und man spart so unnötige Parkgebühren.

Digitales Parken ist deshalb nicht nur bei

Autofahrer*innen beliebt, sondern auch

bei der Parkraumüberwachung. Die Mitarbeiter*innen

können alle digital gelösten

Parkscheine in Echtzeit auf ihren Handgeräten

einsehen. Eine Kennzeicheneingabe

genügt und die Kontroll-Software

verrät, ob ein gültiger digitaler

Parkschein vorliegt.

VORTEILE FÜR KOMMUNEN

UND PRIVATE PARKRAUMBE-

TREIBER

Städte, Gemeinden und andere

Parkraumbewirtschafter sind

durch das digitale Parken mittelfristig

in der Lage, die Neuanschaffungszyklen

ihrer Parkscheinautomaten

zu verlängern.

Weitere Kosteneinsparungen

BILD: Die

Architektur der

Parkster App

ist so flexibel,

dass auch

verschiedene

Parktarife parallel

angeboten

werden können.

(© Parkster)

bringt der digitale Parkschein insbesondere

beim Bargeldhandling. Je mehr Autofahrer*innen

ihre Parkscheine per App lösen,

desto seltener müssen die Automaten

geleert und die schweren Münzkassetten

zum Einzahlen zur Bank gebracht werden,

wo oft Gebühren für die Entgegennahme

der Münzen anfallen. Dies setzt auch personelle

Ressourcen frei, die an anderer

Stelle sinnvoll eingesetzt werden können.

WARUM HIGHTECH-PARKAUTOMATEN

MEIST KEINE ALTERNATIVE SIND

Hohe Anschaffungskosten sowie fehlende

infrastrukturelle Voraussetzungen – etwa

an abgelegenen Standorten – sprechen

häufig gegen die Installation von Parkautomaten.

Auch die Aufrüstung schon

bestehender Münzparkautomaten birgt

oft mehr Risiken als Vorteile. So sind

sie ein beliebtes Ziel von Vandalismus.

Die Gefahr von Diebstahl sollten Parkraumbewirtschafter

nicht unterschätzen.

Gerade Automaten, die über Bauteile

zur Scheinannahme verfügen, sind

beliebt bei Langfingern. Aus einem einfachen

Grund: Scheine sind leichter als

Münzen, es lässt sich also mit wenig Aufwand

eine hohe Beute erzielen. Kaputte

oder beschädigte Geräte verursachen

außerdem hohe Reparaturkosten und

längere Ausfallzeiten. Letztere verärgern

vor allem die Nutzer*innen und es

kommt obendrein zu Einnahmeeinbußen.

ZUSATZKOSTEN – DER KNACKPUNKT

BEIM DIGITALEN PARKEN

„Oft schmälern im Kleingedruckten versteckte

Preisaufschläge und Zusatzkosten

die Akzeptanz- und Nutzungsquote bei digitalen

Parkscheinen. Ist das der Fall, verpuffen

auch die Einsparungen der Parkraumbewirtschafter.

Ganz zu schweigen von

negativen Kommentaren in den sozialen

Medien und unliebsamen Diskussionen in

der Lokalpresse“, erklärt Keven Lehmann,

Vertriebsleiter der Parkster GmbH. „Wir

sind daher überzeugt: Erfolgreiches digitales

Parken gibt es nur ohne Zusatzkosten

für die Autofahrerinnen und Autofahrer.“

Parkster, Anbieter für Handy-Parken in

Deutschland, Österreich und Schweden,

ist seit 2018 auf dem deutschen Markt

aktiv und rollt seine Lösungen seit vergangenem

Jahr in Österreich aus. Kern

des Parkster-Konzepts: Autofahrer*innen

parken mit der Parkster App zum gleichen

Preis wie am Parkautomaten. Wer

möchte, kann darüber hinaus kostenpflichtige

Zusatzservices hinzubuchen wie ein

Familienkonto oder die Unterstützung

eines Klimaschutzprojekts.

PILOTPROJEKT TANNHEIMER TAL MIT

DER APP „PARKSTER“

GemNova startet nun in eine Kooperation

mit Parkster. Martin Schädle, Bürgermeister

von Grän, hat die Zusammenarbeit initiiert.

Er sieht digitales Parken als weiteren

Mosaikstein auf dem Weg zur digitalen

Gemeinde. Geplant ist eine langfristige

Zusammenarbeit mit Parkster, die Pilot-

Phase ist zunächst auf vier Jahre angelegt.

Auch Karina Konrad, Bürgermeisterin der

Gemeinde Jungholz im Bezirk Reutte und

Koordinatorin der vier Planungsverbände

im Außerfern, steht hinter dem Projekt: „In

den vergangenen Wochen hat es in unserer

Region einige Gespräche mit Parkster

gegeben. Das digitale Parken funktioniert

offensichtlich gut. Wir haben uns deshalb

entschieden, hier im Tannheimer Tal ein

Pilotprojekt zu starten. Bisher sind die

Gemeinden Schattwald, Zöblen und Grän

fix dabei. Gut möglich, dass noch die eine

oder andere Gemeinde dazukommt.“

VORBILD IN SACHEN KOOPERATION:

PARKSTER IM OBERALLGÄU

Vergleichbar ist die Kooperation im Tannheimer

Tal mit der im deutschen Oberallgäu.

Bereits seit 2019 besteht dort die

Zusammenarbeit zwischen Parkster und

der OberAllgäu Tourismus Service GmbH

(OATS). Inzwischen haben sich über die

OATS mehr als 15 Gemeinden für den digitalen

Parkschein mit Parkster entschieden,

darunter Immenstadt, Oberstaufen und auf

österreichischer Seite das Kleinwalsertal.

Auch die Oberstdorf Kleinwalsertal Bergbahnen

und das Berg-Naturerlebnis Grasgehren

bieten auf ihren Parkplätzen das

Parken per App an.

INTEGRATION TOURISMUSSPEZIFI-

SCHER LÖSUNGEN

Die Oberstdorf Kleinwalsertal Bergbahnen

und einige weitere Gemeinden im Oberallgäu

ermöglichen auf ihren Parkplätzen

das rabattierte Parken, z. B. für Besitzer*innen

einer Allgäu-Walser-Card oder eines

Bergbahntickets. Auch dies lässt sich in

der Parkster App abbilden. Autofahrer*innen

geben hierfür beim Parkvorgang die

Nummer der Gästekarten, der Saisonkarte

oder des Bergbahntickets in die Parkster

App ein. Über eine Schnittstelle zwischen

Parkster und dem System des Kartenanbieters

wird diese Nummer automatisch

auf ihre Gültigkeit geprüft und daraufhin

der vergünstigte Tarif berechnet.

Erfolgreiches

digitales Parken

gibt es nur ohne

Zusatzkosten

für die Autofahrerinnen

und

Autofahrer.

KEVEN LEHMANN,

VERTRIEBSLEITER DER

PARKSTER GMBH

Über

Parkster

Parkster ist ein innovativer Full-Service-Anbieter

im Bereich „Digitales

Parken“. Das Unternehmen ermöglicht

es Autofahrer*innen, Parkgebühren

mit dem Smartphone minutengenau

und auf Rechnung zu

bezahlen. Parkster entwickelt und

vermarktet Lösungen zur On- und

Off-Street-Parkraumverwaltung für

kommunale und gewerbliche Parkraumbewirtschafter

sowie zur Parkgebührenabrechnung

für Mitarbeiter*innen

in Unternehmen. Parkster

wurde 2010 im schwedischen Lund

gegründet. Parken mit der Parkster

App ist heute in über 370 Städten in

Deutschland und Österreich sowie in

mehr als 200 schwedischen Kommunen

verfügbar.

Kooperation

mit Parkster:

Sonderkonditionen

für alle GemNova-

Partner

Durch die Kooperation mit Parkster

können alle GemNova-Partner die

Parkster-Lösungen zu Sonderkonditionen

nutzen. Bei Fragen zur Kooperation

und zur Einführung von Parkster

in Ihrer Gemeinde stehe ich gerne zur

Verfügung: m.foidl@gemnova.at.

ZUM AUTOR

MARIO FOIDL

Mario Foidl ist seit Mai 2019 bei der

GemNova und Bereichsverantwortlicher

für Mobilität & Beschaffung.

Kontakt: m.foidl@gemnova.at


74

tirol.sucht Menschen tirol.sucht Menschen 75

Der ganz n0rmale

Alltag in der

Gemeindeverwaltung

„Gemeindeverwaltung kann

doch jeder und was macht man

denn schon als Amtsleiter*in?

Kann doch ein jeder lernen.“

So oder so ähnlich klingt es

landauf landab, wenn man

mit Personen spricht, die sich

weniger mit der Gemeinde

auseinandersetzen. Wenn

man dies aber genauer betrachtet,

dann sieht die Sache

schon etwas anders aus – und

vielleicht doch nicht so einfach.

Es braucht Spezialist*innen in

der Verwaltung und das sind

die 277 Amtsleiter*innen,

sowie die Mitarbeiter*innen

im Bauamt, in der Finanzverwaltung,

im Meldewesen und

noch vielen weiteren Bereichen.

ZUM AUTOR

MAG. GEORG HOCHFILZER

Georg Hochfilzer ist seit 2019 bei der

GemNova. Er studierte Politik- und

Rechtswissenschaften und arbeitet seit

2015 täglich mit den Tiroler Gemeinden

zusammen. Er ist Teil des Teams

Digitalisierung & Personaldienstleistung.

Kontakt: g.hochfilzer@gemnova.at

M0ntag

Der Montag beginnt um 07:00

Uhr mit der wöchentlichen

Dienstbesprechung mit den Mitarbeitern

des Gemeindebauhofs.

Ein Wasserschaden am Wochenende,

Straßenschäden und auch

eine Baustelle sind die Kernthemen

der Woche. Gemeinsam

geht man das Programm durch.

Kurz darauf erscheint der Waldaufseher,

welcher ebenfalls ein

Anliegen hat. Die Gemeinde Reith

i.A. verfügt über ein großflächiges

Gemeindegebiet und gemeinsam

mit der Wildbach- und Lawinenverbauung

stehen Arbeiten an.

Eine gute Abstimmung und Koordination

sind dabei essenziell.

Montagnachmittag ist Parteienverkehr

in der Gemeinde. Das

bestehende Team der Verwaltung

wird im Tagesgeschäft unterstützt.

Dies umfasst aktuell neben

einfachen Anfragen zu Genesungszertifikaten

auch Unterstützungsleistungen

im Bürgerservice

oder Anfragen zur anstehenden

Gemeinderatssitzung.

dienstag

Ein Todesfall ereignete sich in der

Nacht. Nach Absprache mit der

Pfarre wurde ein geeigneter Platz

gefunden. Die Gemeinde ist von

der Geburt bis zum Todesfall für

die Bürger*innen zuständig, somit

fällt auch dieser verwaltungstechnische

Aspekt in das Arbeitsfeld

der Gemeinde. Es folgt ein Termin

bzgl. Breitbandinternet. Das Land

Tirol unterstützt den Ausbau, die

Gemeinden fördern den Zugang

durch niedrige Anschlussgebühren.

Die Planung für 2022 wird

mit dem zuständigen Techniker

in der Gemeinde besprochen.

Am Nachmittag stehen Gespräche

mit Mitarbeiterinnen der Kinderbetreuungseinrichtungen

an.

Die Gemeinde bietet im Sommer

Ferienbetreuung an, die Planung

erfolgt jedoch schon jetzt. Es

gilt die Ferienbetreuung von der

Anmeldung bis hin zur Abwicklung

und Abrechnung zu nieren.

koordi-

Mittw0ch

Eine Abstimmung der Gemeindeverwaltung

mit dem Bürgermeister

steht am Programm.

Gemeinsam koordiniert man die

politischen und verwaltungstechnischen

Termine. Goldene Hochzeiten

und auch Geburtenfeiern

stehen wieder an. Im Rahmen

der täglichen Emails ergaben sich

auch Anfragen bzgl. gratis WLAN

und zu diversen Bauprojekten in

der Gemeinde.

Anschließend geht es zu einer

Besprechung über den Hochwasserschutz.

Der Hochwasserschutz

Mittleres Unterinntal zielt

in der Gemeinde Reith i.A. auf die

Ortsteile St. Gertraudi und Weng

ab und schützt eine Vielzahl an

Objekten und auch Flächen im

Falle eines Hochwassers.

BILD: Die Gemeinde

Reith im Alpbachtal mit

ihren 2668 Einwohner*innen

liegt am Eingang des

Alpbachtales auf einem

Plateau über dem Inntal.

(© GemNova/Georg

Hochfilzer)

d0nnerstag

Sitzungstag in der Gemeinde Reith i.A. Alles ist vorbereitet. Tagsüber

folgen wieder Besprechungen. Ein Projekt in der Gemeinde ist die Errichtung

eines neuen Einsatzzentrums, welches Teil eines Großprojektes

wird. Das Bauamt arbeitet derzeit federführend an der Realisierung

dieses Vorhabens.

Zusätzlich steht ein Abstimmungstermin zwischen der Gemeindeverwaltung

und der Heimleitung an. Die Gemeinde betreibt im Gemeindeamt

das Wohn- und Pflegeheim „Marienheim“. Diverse Reparaturarbeiten,

Belegung, Personalthemen – all das findet sich auf der Agenda.

Abends findet die Gemeinderatssitzung statt. Jemand aus der Gemeindeverwaltung

übernimmt das Schreiben des Protokolls und auch die Unterlagen

werden allen bereitgestellt. Allfällige Fragen werden gemeinsam

mit dem Bürgermeister geklärt.

freitag

Letzter Tag der Woche. Das Protokoll

der Gemeinderatssitzung wird

fertiggestellt und mit dem Bürgermeister

besprochen. Zusätzlich

gilt es Förderanträge für Bauvorhaben

vorzubereiten und mit dem

Land Tirol einen KAT-Schaden zu

besprechen. Hierzu wird noch mit

den zuständigen Stellen des Tourismusverbandes

abgestimmt, da

der Schaden touristische Infrastruktur

betrifft. Kurz vor 12:00

Uhr erscheint noch ein Gemeindebürger

mit einer Anfrage zum

Thema Freizeitwohnsitzabgabe.

Der Tag endet.

Auch wenn dies nur einen Bruchteil

der Woche darstellt, zeigt es,

dass die Tätigkeit in der Gemeindeverwaltung

alles umfasst,

auch Dinge, mit denen man nicht

rechnet. Das Tagesgeschäft

erstreckt sich von Abfallfragen,

Bürger*innenanliegen, Emails,

Finanzierungen, Straßenerhaltung,

Wasserleitungen u.v.m.

bis hin zur Zukunftsvorsorge

des Ortes. Es gilt die Gemeinde

als Betrieb zu führen, zukunftsorientiert

und doch immer mit

einem Auge für die Anliegen der

Gemeindebürger*innen Altes zu

erhalten und Neues zu schaffen.

Ein Beruf, der eine Berufung

darstellt, und kein einziger Tag

ist wie der Gestrige. Das sind

meine Eindrücke, welche ich im

Rahmen der Unterstützung der

Gemeindeverwaltung in Reith im

Alpbachtal gewinnen konnte.


76

tirol.sportlich und gesund tirol.sportlich und gesund 77

Die Pr0jektpartner

der Gesunden

Gemeinde Tir0l“...


Die ARGE Gesunde Gemeinde Tirol besteht aus dem avomed, der GemNova und dem Verein

Sicheres Tirol und wurde gegründet, um mit gebündelter Expertise Gemeinden auf dem Weg zur

Gesunden Gemeinde zu begleiten (www.gesunde-gemeinde.tirol).

ESSEN FÜR DIE KNOCHEN

rein vegane Ernährung sehr viel lebensmit-

Osteoporose ist eine Erkrankung der

telbezogenes Wissen voraus. Durch eine

Knochen, bei der es zu einer Abnahme

bunte, abwechslungsreiche Ernährung in

der Knochenmasse und -qualität kommt.

Kombination mit Bewegung kann man das

Dadurch steigt die Gefahr für Knochenbrü-

Osteoporoserisiko senken.

che. Sie entwickelt sich unbemerkt über

Der avomed, ein Verein, der

Jahre, tritt aber meist erst im Alter auf.

Gewichtsbelastende körperliche Aktivitä-

von der Tiroler Ärztekam-

Dabei spielen z. B. die Vererbung, Ernähten

stellen eine wesentliche Voraussetzung

mer gegründet wurde und

rungsgewohnheiten, Bewegungsverhalten

für die Knochengesundheit dar. Besonders

hauptsächlich durch Mittel

und die Sonnenexposition (Vitamin D) eine

zu empfehlen ist gezieltes Krafttraining

des Landes Tirol und der

Rolle.

bzw. Funktionstraining, das abwechselnd

Sozialversicherungsträger

die wichtigsten Muskelgruppen fördert,

(v.a. der ÖGK Tirol) finan-

Das fettlösliche Vitamin D regelt die Cal-

weil Belastung den Knochen stärkt. Frei

ziert wird, setzt gezielte

ciumaufnahme aus dem Darm und fördert

nach dem Motto „use it or lose it“ muss

Angebote in den Berei-

dessen Einbau in die Knochen. Der Körper

der Knochen benutzt werden. Er passt sich

chen Vorsorgemedizin und

kann Vitamin D selbst bilden, wenn unsere

an die an ihn gestellten Anforderungen an.

Gesundheitsförderung wie

Haut ausreichend Sonnenlicht ausgesetzt

z.B. Zahngesundheitsvor-

wird. Wichtigster Baustein für die Knochen

sorge, Diabetesschulungen,

ist das Calcium. Damit das Skelett gesund

Bewegungs- und Ernäh-

und stabil aufgebaut werden kann bzw.

rungsprogramme, Betreuung

damit der altersbedingte Abbau möglichst

chronisch kranker Kinder in

hinausgezögert wird, muss über die Nah-

AUTOR*INNEN:

Bildungseinrichtungen oder

rung täglich genügend Calcium aufgenom-

SIDS-Prophylaxe uvm.

men werden.

Die weitaus besten Calciumlieferanten

sind Milch und Milchprodukte. Empfehlenswert

sind drei Portionen Milch oder Milchprodukte

pro Tag. Eine Portion für einen

Erwachsenen entspricht ca. 200 ml Milch,

MAG. NIKOLAUS GRIESSER

Joghurt oder Topfen sowie ca. 60 g Schnitt-

PROJEKTBETREUER

BEWEGUNGSPROGRAMM

oder Hartkäse. Auch Nüsse und andere

Lebensmittel wie calciumreiche Mineral-

MARIE HANSER, BSC.

wässer, Hülsenfrüchte, Vollkornbrot oder

PROJEKTBETREUERIN

Broccoli liefern Calcium, jedoch setzt eine ERNÄHRUNGSPROGRAMME

... stellen

sich v0r!

Wussten sie,

dass ...

CA. 80.000

80 %

der Unfälle im Haushalt, in der zeit und beim Sport zu verzeichnen

sind (Verkehr 9 %, Arbeit 11 Frei-

%)?

DIE 65.000

Unfälle in Tirol jährlich im Krankenhaus

behandelt werden müssen?

Haushalts-, Freizeit- und

Sportunfälle zu 42 % in der

Freizeit und beim Sport passieren

4 VON 5

und zu 37% im Haushalt?

Unfällen im Haushalt, in der Freizeit

und beim Sport und nicht im Verkehr

oder bei der Arbeit passieren?

Unfälle im Verkehr und bei der

Arbeit im Abnehmen sind, jene

im Haushalt, in der Freizeit und

beim Sport aber zunehmen?

DIE VEREINSSTRATEGIE

ZUR UNFALLVERMEIDUNG:

AUTOR

• Keine neuen Gebote oder Verbote, sondern

auf die Eigenverantwortung setzen

• Bewusstseinsbildung durch Öffentlichkeitsarbeit

über Medien, soziale

Netzwerke, Kurse Messen, usw.

• Verstärkte Zusammenarbeit mit privaten

„Wir geben Tipps, um Tirol

und gesetzlichen Unfallversicherungen sicher zu erleben, und setzen

dabei auf Bewusstseins-

• Aufnahme der Unfallprävention in das bildung, Information und Eigen-

Gesundheitsvorsorgeprogrammes des

verantwortung.“

Landes Tirol

DR. KARL MARK,

• Verstärkte Zusammenarbeit mit den

PRÄSIDENT VEREIN SICHERES

Tiroler Gemeinden

TIROL, BEZIRKSHAUPTMANN A.D.

TIROL SICHER ERLEBEN

Unfälle im Wohn-, Freizeit-

und Verkehrsbereich durch

Bewusstseinsbildung und

Prävention bei Jung und Alt

zu vermeiden, dafür tritt der

Verein SICHERES TIROL

seit 23 Jahren ein.

Die wichtigsten Projekte auf

einen Blick:

• Schulstartpaket: Alle (ca.

8.600) Tiroler Volksschulkinder

bekommen einen

Turnbeutel mit Sicherheitsweste

für den Schulweg,

Sicherheitstools,

Kinderbüchlein „Sicher im

Verkehr“, usw.

• Babysicherheitsbox mit

Sicherheitstools

als

Geschenk von Gemeinden

für die neugeborenen

Gemeindebürger*innen

• StreetBuddy, das

Sicherheitstool

für

die

Aufmerksamkeit

der Autofahrer*innen

gegenüber Kindern im

Straßenverkehr

• Sicheres Wohnen:

Broschüre mit Tipps

zu Stolperfallen und

Sicherheitseinrichtungen

zur Unfallvermeidung

• ARGE Gesunde Gemeinde

Tirol uvm.


78

tirol.sportlich und gesund tirol.sportlich und gesund 79

Geh’

weiter, geh’

immer

weiter

Seit rund 60 Jahren kenne

und korrespondiere ich

mit Kurt Diemberger. Ich

habe vor ihm als großen

Bergsteiger großen Respekt.

Und er ist ja noch

immer kräftig unterwegs.

Wishing Kurt a Very Happy

90th Birthday!

CHRIS BONINGTON

LINKS:

„Gerannt bin ich nie, das

hab ich gerne den anderen

überlassen“, erklärt Kurt.

Den Grund dafür schreibt

er mir gleich auf.

(© GemNova)

Kurt war als Einziger dabei, als mein Vater an

der Chogolisa über die Wächte trat und in den

Abgrund gerissen wurde. Danach hatte er die

schreckliche Mission, meiner Mutter Generl die

letzten Habseligkeiten meines Vaters zu übergeben.

Vor allem die Tagebücher. Seitdem ist er

ihr schicksalhaft verbunden, ist ein guter und

treuer Freund geworden. Wann immer er in Salzburg

weilte, hat er auch meine Mutter besucht

und unterstützt. Respekt zu seinem Leben!

KRIEMHILD BUHL MIT

MUTTER GENERL UND

SCHWESTER SILVIA

Das erste Mal haben wir uns im vorigen Jahrhundert

getroffen. Bei irgendeinem Bergfilmfestival.

In Trient, in Salzburg, in St. Anton am Arlberg, wir

wissen es beide nicht mehr. Seitdem sind wir in

Kontakt geblieben. Ab und zu ein Telefongespräch,

eine E-Mail. Am 16. März feierte Kurt Diemberger

seinen 90. Geburtstag. Er, der Erstbesteiger von

zwei Achttausendern. Ein schöner Grund, in Calderino

bei Bologna dieses Interview zu führen.

Als Bergsteiger bist du Extremsituationen

gewohnt. Wie bist du eigentlich

durch die Corona-Pandemie gekommen?

Zuerst bin ich einfach hineingeschwommen,

hab mir nicht viele Gedanken

gemacht. Dann ließ ich mich sofort drei

Mal impfen. Hier in unserer Gegend, vor

allem auch in Mailand, war es ja am

Anfang besonders schlimm. Mit der Zeit

ist mir dieses Virus dann schon ziemlich

auf die Nerven gegangen. Aber ich war

und bin sehr vorsichtig, passe auf, meide

die Menschen. Dass du hier bist, ist eine

große Ausnahme. Eigentlich mag ich das

nicht. Ich möchte niemanden anstecken,

gleichzeitig gehöre ich mit 90 ohnehin zur

Risikogruppe.

Mit 90 darf man schon einen Rückblick

machen. Was hast du in deinem Leben

falsch, was richtig gemacht?

Das jetzt spontan festzustellen, ist

unmöglich, das kann ich nicht. Ich lass

einfach noch ein paar Jahre vergehen, bis

ich ein abschließendes Urteil fälle. Aber

natürlich hab ich vieles falsch, freilich

auch vieles richtig gemacht. Und ja, es

gab in meinem Leben sehr viele prägende

Momente. War es am K2 wirklich richtig

noch weiterzugehen? Hätten wir früher

umdrehen sollen? Ich weiß es nicht.

Du hast in Wien studiert, hast dann

fünf Jahre als Lehrer in Salzburg unterrichtet.

Du hattest also einen sicheren

Job und bist dennoch in die Berge ausgebrochen.

Warum? Würdest du das

heute auch noch so machen?

(Denkt kurz nach.) Ja, ich würde wohl

wieder Bergführer werden. Weil ich gerne

etwas weitergebe, weil mir die Berge

so viel bedeuten. Eigentlich sind mir die

Berge genau so nahe wie die Menschen.

Dabei geht es mir nicht nur um die Achttausender,

nein, mir geht es um den Berg

an sich. Es gibt da so eine Schwingung,

ein – wie sage ich das bloß – eine Anziehungskraft,

die mich mit dem Berg verbindet.

Heute steige ich nicht mehr auf

Berge, hoffe aber mit meinen Vorträgen

Ich habe Kurt vor einigen Jahren bei einem Vortrag

in Brixen kennengelernt. Da habe ich vor

lauter Lachen fast geweint. Er hat so eine schöne,

so eine packende Art zu erzählen. Ich könnte

ihm da stundenlang zuhören. Er ist schon eine

ganz besondere Persönlichkeit.

TAMARA LUNGER

und Büchern doch noch einiges weitergeben

zu können.

Du bist neben Hermann Buhl der einzige

Mensch, der zwei Achttausender

erstbestiegen hat. 1957 den Broad

Peak, 1960 den Dhaulagiri. Hat das

heute für dich noch eine Bedeutung?

Durchaus. Das waren einmalige Erlebnisse.

Dort zu sein, wo vor dir noch niemand war.

Beinahe in die Seele des Berges hineinschweben

zu dürfen. Diese Gipfel hatten

dort oben eine doppelte Wolke. Sie erschienen

mir wie die Schwünge des Geistes der

Berge. Und diesem Kraftfeld durfte ich bei

meinen Expeditionen immer wieder nahekommen.

Dafür bin ich auch heute noch

sehr dankbar. So etwas vergisst man nicht.

Nach dem Broad Peak wolltest du

mit Hermann Buhl noch die Chogolisa

besteigen. Du gingst zehn, zwanzig

Meter voraus, plötzlich war dein

Gefährte weg. Wächtenbruch. Wie lange

hast du daran noch gekiefelt?

Lange, sehr lange. Ein einziger falscher

Schritt, der zwischen Leben und Tod ent-


80

tirol.sportlich und gesund

81

Was mich am Berg so

fesselt, ist das Unbekannte,

das große Rätsel

hinter einer sich ganz langsam

öffnenden Türe.

scheidet. Hermann war viel erfahrener

als ich, konnte mehr, wusste mehr. Und

dann, ein verhängnisvoller Schritt in die

falsche Richtung, in den Tod. Zum Glück

waren wir nicht angeseilt, sonst wäre

auch ich heute nicht hier. Später hab ich

dann immer nach dem Grund gesucht,

nach einem möglichen Fehler. Aber den

gibt es nicht, weil in solchen Situationen

alles blitzschnell geht. Leben. Oder Tod.

Dazwischen gibt es nichts.

1986 ist dir dann mit Julie Tullis endlich

die Besteigung des K2 gelungen. Mit

einem tragischen Ende.

Julie war mein alpiner Lebensmensch. Insgesamt

sind damals in wenigen Stunden

fünf Menschen am K2 gestorben, nur der

Willi Bauer und ich haben den Weg zurück

ins Basislager geschafft. Ein paar Fingerkuppen

mussten mir danach amputiert werden.

Und es ist dieser eine Satz, ich weiß

nicht mehr, wer ihn mir zugerufen hat, den

ich nie mehr vergessen werde: „Heute Nacht

ist uns die Julie gestorben.“ Meine Julie.

Als ich ganz jung war, hab ich sein Buch „Gipfel

und Gefährten“ gekauft und immer wieder gelesen.

Ich hab´s schön in Nylon eingepackt, damit es ja

nicht kaputt geht. Er war und ist ein ganz Großer,

ein wirkliches Vorbild für mich. Außerdem

ist er ein wirklich kreativer Mensch, mit dem

Fotoapparat, der Filmkamera, der Feder. Ich wünsche

ihm nur das Allerbeste – und mir, dass wir

uns bald mal wieder sehen.

HANS KAMMERLANDER

Dein Stil beim Höhenbergsteigen war

ein völlig anderer als jener von Messner,

Habeler oder Kammerlander. Du

hast gerne lange geschlafen, hast dir

bewusst viel Zeit gelassen, dann auf

den Gipfeln der Achttausender auch

Filme gedreht.

Mein Credo war immer: Wer langsam

geht, geht gut. Gerannt bin ich nie, das hab

ich gern den anderen überlassen. Ich hab

vor allem nach meinem Gespür gehandelt,

war grundsätzlich vorsichtig, hatte auch

sehr viel Glück. Vielleicht lebe ich auch

deshalb noch. Wobei: Beim Abstieg war

ich immer schnell, ich bin ja meist am

Hintern abgerutscht. Weil unten, also im

Basislager, wollte ich immer ganz schnell

sein. Auch des guten Essens wegen.

Reinhold Messner beklagt immer wieder

den Verlust des „traditionellen

Bergsteigens“. Wie siehst du das?

BILD:

„Warte, ich muss dir noch

etwas zeigen“, sagt Kurt.

Und spaziert dann gemütlich

ins Haus, um etwas zu

holen. (© GemNova)

Da hat der Reinhold – und auch andere

– schon recht. Was mich am Berg so fesselt,

ist das Unbekannte, das große Rätsel

hinter einer sich ganz langsam öffnenden

Türe. Als junger Kerl wurde ich „Tiefenschürfer“

genannt, weil ich in der Tiefe,

in der Höhe, vor allem in mir selbst, Neues

entdecken wollte. In den Kletterhallen,

auf den ganzen Normalwegen wird man

genau das nicht finden. Darum hoffe ich,

dass das Pendel wieder zurückschlägt

und die Jungen sich vermehrt auf die

Suche nach dem wirklichen Abenteuer

machen. Es gibt ja noch so viel zu tun.

Aber draußen, in der Natur, in den Bergen.

Seit über 40 Jahren bist du mit Teresa

zusammen, lebst hier in der Nähe von

Bologna in deinen Hügeln. Bist du noch

immer täglich zu Fuß unterwegs?

(Lacht.) Ja, ich gehe jeden Tag bis zur Straße

runter und wieder zurück. Ich nenne das „la

posta“, weil dort unten ist der Postkasten. Ich

schaue immer nach der Post, schließlich will

ich ja wissen, was es Neues gibt. Und dann

gibt es noch etwas, mein tägliches inneres

Mantra: Geh’ weiter, geh’ immer weiter.

Hast du eigentlich nie daran gedacht,

wieder zurück nach Österreich, in die

Berge, zu kommen?

(Lacht.) Ich bin ja immer wieder in Österreich.

Am Ossiachersee in Kärnten hab

ich ein Haus, in Salzburg eine Mietwohnung.

Und viele Vorträge hab ich ja ebenfalls

in Österreich gemacht. Aber die

Hügel von Bologna, du siehst es ja selbst,

haben schon einen ganz besonderen Reiz.

Wenn ich von hier heroben ins Tal schaue,

von einem Hügel zum anderen, ist es fast

so, also würde ich am K2 stehen und über

die Welt blicken. Grenzen haben für mich

ja keine Bedeutung. Erst Corona hat die

Grenzen wieder zugemacht. Nicht nur die

zwischen den Staaten. Leider.

Eine letzte Frage noch. Hast du eigentlich

Angst vor dem Tod?

Nein, warum denn? Es gibt ja keinen Grund

dazu. Warum sollen wir vor etwas Angst

haben, dass doch nicht zu ändern ist?

Kurt wird nicht müde, auch die kühler werdende

Temperatur scheint ihm nicht viel

auszumachen. „Ich glaub, wir können die

Maske jetzt kurz abnehmen“, sagt er dann.

Es ist ruhig hier, hoch über Calderino. Der

Blick geht über die Hügel, da und dort zeigt

Als Kurt „seine“ Achttausender

erstbestieg, war ich 13 bzw.

16 Jahre alt. Hermann Buhl war

ein Freund meines Großvaters,

er war oft bei uns zu Hause und

ich kann mich erinnern, dass er

erzählte, Kurt sei bei seiner

nächsten Expedition zum Broad

Peak dabei. Ich habe sie beneidet!

1967 habe ich meine Bergführerausbildung

gemacht, und

plötzlich war auch der Kurt da.

Als Teilnehmer. Das war einfach

unglaublich: der berühmte Kurt

Diemberger mit mir im gleichen

Bergführerkurs. 1974 haben wir

uns im Makalu Basislager erneut

getroffen, auch lange miteinander

geredet. Und dann halt immer

wieder. Kurt ist eine Legende,

ein Vorbild.

WOLFGANG NAIRZ

sich ein Fels. „Ab und zu sehe ich den jungen

Leuten beim Klettern zu. Schon beeindruckend,

was die können. Aber gut, die

meisten kennen mich ja gar nicht.“ Wir

sitzen gemütlich im Freien, machen es uns

nicht in seinem Haus bequem. „Weil meine

Frauen wollen das nicht, Eintritt verboten,

sozusagen.“ Langsam wird es dunkel, Zeit,

uns zu verabschieden. Leicht fällt es nicht.

Ich gehe durchs schwere Tor, das sich

langsam hinter mir schließt. Noch ein Blick

zurück, Kurt steht vor dem Haus, lächelt,

winkt, ruft noch kurz: „Bis zum nächsten

Mal, pfiat di.“

DAS GESPRÄCH FÜHRTE

REINHOLD OBLAK

Gratulation zu

70 Jahren

traditionellem

Alpinismus

und Storytelling.

REINHOLD MESSNER

Kurt hat nicht nur Alpingeschichte

geschrieben, sondern

diese auch gelebt. Als

er etwa bei der Erstbesteigung

am Broad Peak bereits am

Gipfel war, zum unvergessenen

Hermann Buhl abgestiegen und

dann mit ihm nochmals zurück

zum Gipfel ist. Das zeigt

schon eine ganz besondere

menschliche Größe, Hut ab.

Ich durfte mit Kurt und seiner

Bergpartnerin Julie Tullis

am K2 (1984) und am Nanga

Parbat (1985) das Base Camp

teilen, da kommen wunderschöne

Erinnerungen auf. Alles

Gute Kurt, bleib g´sund.

PETER HABELER

STEVE HOUSE

Der größte Erfolg eines

Bergsteigers, einer Bergsteigerin

ist ein hohes

Alter zu erreichen. In

dieser Hinsicht wünsche

ich mir, deinen Spuren

folgen zu dürfen, Kurt.

Genauso, wie auch andere

deinen Spuren in den Alpen,

im Himalaya, im Karakorum

gefolgt sind. Alles

Gute zum Neunziger!

Mehr

zu Kurt

Diemberger


82 tirol.sportlich und gesund

tirol.bildet 83

Zur Person

Kurt Diemberger

Kurt, du bist Bergsteigerlegende,

Schriftsteller,

Fotograf, Kameramann,

Dokumentarfilmer und vor

allem ein Mann, der träumen

kann. Dein bewegtes

Leben: um die Welt reisen,

immer wieder die „Grenze“

überschreiten, um das

verborgene und unbekannte

Gesicht der Berge kennenzulernen.

Stets mit der

Neugier, zu entdecken, was

auf der anderen Seite ist.

Herzlichen Glückwunsch zu

diesen wunderbaren, so intensiv

gelebten 90 Jahren.

NIVES MEROI

Kurt Diemberger wurde am 16. März 1932

in Villach geboren. Nach der Matura in Salzburg

studierte er an der Hochschule für

Welthandel in Wien Betriebswirtschaft. Mit

den Bergen erstmals in Berührung kam er

als Kristallsucher. Fünf Jahre lang arbeitete

er als Lehrer an der Fremdenverkehrsakademie

in Salzburg, zwischendurch legte er

die Bergführerprüfung ab. Ende der 1960er

Jahre gab er seinen Beruf endgültig auf und

widmete sich nur mehr dem Bergsteigen.

Nach der kontroversiell diskutierten Erstbesteigung

der sogenannten „Schaumrolle“ an

der Königsspitze-Nordwand wurde Hermann

Buhl auf Diemberger aufmerksam und lud

ihn zur Broad Peak Expedition ein. Nach der

Erstbesteigung des Broad Peaks gelang

Diemberger außerdem die Erstbesteigung

des Dhaulagiri. Insgesamt bestieg er sechs

Achttausender. Des Weiteren gelang ihm die

Erstbesteigung des Tirich Mir IV im Alpinstil

oder des Shartse am Lhotse-Nuptse-Kamm.

Gemeinsam mit Julie Tullis gründete Diemberger

das höchste Filmteam der Welt.

Beeindruckende Filme folgten, unter anderem

„K2 – Traum und Schicksal“. Darüber

hinaus verfasste er eine erkleckliche Anzahl

von Büchern. Als knapp 70-Jähriger bestieg

er noch den ca. 6.000 Meter hohen Cotopaxi

in Südamerika. Diemberger lebt mit

seiner Frau Teresa und deren Schwester in

Calderino, über den Hügeln von Bologna. Er

hat zwei Söhne, zwei Töchter sowie zwei

Enkelkinder.

„Kein Alter, kein Geschlecht,

kein Stand, keine Nation ist von

den Vorteilen ausgeschlossen,

welche die Spar-Casse jedem

Einlegenden anbietet.“

Auszug aus der Gründungsurkunde der Sparkassen.

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84

tirol.bunt und vielfältig tirol.bunt und vielfältig 85

Eine indianische Weisheit lautet: „Wandere drei Monde in den Mokassins des anderen und du wirst ihn verstehen

lernen.“ Guter Ansatz, dachte ich mir, und setzte mich in einen Anfängerkurs für Deutsch. Wie ist es

wohl, in einem Land zu leben, in dem man die Sprache nicht versteht. Und wie gelingt es, ebendiese Sprache

möglichst rasch zu erlernen. Ein kleiner Erfahrungsbericht.

Neugierige, ratlose, verunsicherte, ängstliche,

gespannte Gesichter. Sieben Frauen,

neun Männer. Payanda, Shekeba oder

Negina aus Afganistan zum Beispiel. Oder

Hossen, Khaled, gleich drei Mohammads

aus Syrien. Ebenso wie Ebyan, Adna, Zenab

oder Farah aus Somalia. Um nur ein

paar Namen zu nennen. Vor uns steht eine

lächelnde, sympathisch wirkende Frau, Kitty

Kaas, sie wird uns in den nächsten Wochen

Deutsch beibringen. Aufgrund der hohen

Teilnehmer*innenzahl wird der Kurs gesplittet.

Mehr als acht Personen sollten nicht

in einem Kurs sitzen. Wir alle sind nun im

dritten Stock eines Gebäudes gleich gegenüber

dem Innsbrucker Hauptbahnhof versammelt.

In einem mit „Südtirol“ bezeichneten

Raum. Es ist ein Mittwoch, 8.30 Uhr

morgens. Wie all die anderen wohl hierher

gefunden haben? Einige kennen sich

untereinander, flüstern in ihrer Sprache, vielleicht

Farsi, schauen sich immer wieder an,

suchen Geborgenheit, Sicherheit, Nähe.

„Guten Morgen, ich bin Kitty.“ Allgemeines

Schweigen, große Augen, was hat sie

gesagt? Stellen Sie sich bitte einfach vor, in

einem Chinesischkurs zu sitzen. Und es wird

ausschließlich Chinesisch gesprochen. Wie

es Ihnen da wohl geht, wie Sie sich dabei

wohl fühlen? Kitty wiederholt ihre ersten

Worte, sehr langsam, ganz deutlich. „Guten

Morgen, ich bin Kitty.“ Keine Reaktion von

den anderen. Die Spannung, die Unsicherheit

liegen schwer in der Luft, sind förmlich

spürbar, greifbar. Kitty lächelt noch mehr,

versucht eine Verbindung, eine Beziehung

drei M0nde

in den M0kassins

herzustellen. Willkommen im Anfängerkurs

für Deutsch.

Kitty Kaas

Kitty Kaas. Ein Name wie aus einem Hollywood-Film.

Dabei ist sie gar kein Filmstar,

vielmehr eine couragierte Deutschlehrerin.

Geboren und aufgewachsen ist sie in Holland,

direkt an der Küste, an der belgischen

Grenze. Im Alter von 16 Jahren zog sie mit

ihren Eltern nach Tirol, besuchte die Handelsakademie

in Kitzbühel. Über 20 Jahre

war sie dann im Tourismus tätig, konnte

dort auch ihre Sprachkenntnisse – Holländisch,

Deutsch, Französisch, Englisch – entsprechend

anwenden. Anfang 2021 kam sie

schließlich zur GemNova, als Sprachtrainerin,

als Deutschlehrerin. Jetzt sitzt sie also

mitten unter uns, versucht uns die deutsche

Sprache näherzubringen.

Nicht alle können schreiben, lesen.

In ihrem Herkunftsland hatten sie

einfach nicht die Möglichkeit eine

Schule zu besuchen.

Mittlerweile haben wir die Tische im Raum

zu einem großen Kreis zusammengestellt.

Alleine schon diese Tätigkeit hat die Starrheit

gelöst, lächelnde Gesichter überwiegen.

Vor uns liegt ein Blatt Papier, ein Stift. Kitty

schreibt am Whiteboard ihren Vornamen

auf, weist uns mit großer Gestik darauf hin,

selbiges zu tun. Adna versteht es sofort,

nimmt den Stift, schreibt ihren Vornamen

auf das Blatt Papier. Neugierige Blicke, dann

verständnisvolles Nicken. Es raschelt im

Raum, die meisten Blätter weisen nun einen

Namen auf, einige wenige bleiben leer. Der

Grund: Nicht alle können schreiben, lesen.

In ihrem Herkunftsland hatten sie einfach

nicht die Möglichkeit eine Schule zu besuchen.

Auch das ist eine wichtig zu verstehende

Realität.

Man hilft sich gegenseitig, wenige Minuten

später sind alle Zettel beschriftet. „Das ist

auch deswegen wichtig, damit ich die Leute

direkt mit dem Vornamen ansprechen

kann“, erklärt Kitty. Und wir uns untereinander

auch. Wobei ich die ähnlichen Anfangsschwierigkeiten

habe, die Namen meiner

neuen Bekannten richtig auszusprechen,

wie auch umgekehrt. Reinhold – was für ein

komplizierter Name auch, selbst Italiener

haben mit der richtigen Aussprache ihre

Probleme.

Brücke in die Vergangenheit

Kitty hat inmitten aller Tische kleine Gegenstände

deponiert, die sie von zu Hause mitgebracht

hat. Ein Buch, eine Kaffeetasse, ein

Spielzeugauto, ein Stofftier, ein Glas. Nun

fordert sie uns auf, „intuitiv“ (dieses Wort

versteht fast jeder) etwas zu nehmen. Hossen

greift sofort zum Spielzeugauto, streichelt

fast sanft darüber, lächelt und scheint

glücklich. Was ist denn jetzt los, denke ich

mir. Einige Wochen später verstehe ich sein

Verhalten. In seinem Heimatland war er

Automechaniker, mit diesem Spielzeugauto

hat er eine Brücke in die Vergangenheit

gebaut. Und er hat ein vertrautes Thema,

über das er einige Wochen später erzählen

wird können. Mohammad wiederum hat

sich sofort das Buch geschnappt. Auch bei

ihm wird es noch Monate dauern, bis er

seine persönliche Geschichte dazu erzählen

kann. Dass er eben leidenschaftlich gerne

liest, um so in andere Welten eintauchen

zu können. Dass lesende Menschen

in seiner ursprünglichen Heimat nicht allzu

gerne gesehen waren, dass viele Bücher

nicht erhältlich, verboten waren. Und dass

dieses von Kitty mitgebrachte Buch eben

all das wieder in Erinnerung rief. Darum

sein Lächeln.

Mein großes Ziel ist es, diesen

Menschen hier bei der Integration

zu helfen. Mit der Sprache, aber

auch mit dem Selbstverständnis,

gleichberechtigt zu sein

KITTY KAAS

„Kleine Dinge bringen oft eine große Wirkung

mit sich“, erklärt mir Kitty Kaas später.

„Denn das Wichtigste ist, Vertrauen zu

schaffen, auf die anderen zuzugehen, sich

empathisch zu zeigen. Mit Bildern, mit Fotos,

mit Gegenständen erreicht man oft mehr

als mit Worten. Mein großes Ziel ist es, diesen

Menschen hier bei der Integration zu

helfen. Mit der Sprache, aber auch mit dem

Selbstverständnis, gleichberechtigt zu sein.“

Gleichberechtigung

Negina kommt aus Afghanistan, einem

Land, in dem Frauen noch weit, sehr

weit, von jeder Gleichberechtigung entfernt

sind. Heute noch mehr als noch vor

wenigen Monaten. Wenn man sie im Kurs

beobachtet, wird klar, dass sie neugierig,

wissbegierig ist. Gleichzeitig ist sie ruhig,

zurückgezogen, getraut sich nicht, aus sich

herauszugehen. Sie meldet sich nicht zu

Wort, beteiligt sich kaum an auflockernden

Übungen und Spielen. „Negina ist kein Einzelfall“,

sagt Kitty, „viele Frauen sind nach

wie vor in alten Mustern, in ihrer alten Kultur

gefangen. So wie natürlich auch viele

Männer, die ebenfalls erst langsam Gleichberechtigung

verstehen müssen. In unseren

Kursen lernen wir nicht nur Deutsch,

sondern versuchen auch eine Kultur des

Miteinanders, der Gleichwertigkeit

auf allen Ebenen zu

vermitteln. Das ist eine sehr

große Herausforderung – für

alle Beteiligten.“

Auch ich lerne in diesem Kurs

sehr viel. Dass Selbstverständlichkeiten

eben keine Selbstverständlichkeiten

sind, zum

Beispiel. Mohammad etwa,

der zweite mit diesem Namen,

scheint beim Lesen große Probleme

zu haben. Klar, denke

ich mir, er hat in seinem Heimatland

keine Schule besucht.

Ein anderer Kursteilnehmer,

ich hab mir seinen Namen

nicht merken können, sieht

schlichtweg sehr schlecht,

hat auch keine Brille, hat in

seinem Leben noch nie eine

gehabt hätte sich weder eine

Brille, noch einen Arztbesuch leisten können.

Oder ein anderer Teilnehmer: Sein Verhalten

wird wohl etwas mit seinen traumatischen

Verhältnissen in Syrien zu tun haben,

mit dem Krieg, mit den vielen Toten, die er

dort gesehen hat. Wie lautet das indianische

Sprichwort? Genau: „Wandere drei Monde

in den Mokassins des anderen und du wirst

ihn verstehen lernen.“

eine

banane

ein

Kugelschreiber

Adresse? Was ist eine Adresse?

Der erste Kurs – 60 Einheiten á 45 Minuten

– wird diesen Monat abgeschlossen.

Dann folgen Kurs zwei und Kurs drei, ebenfalls

im dritten Stock des großen Gebäudes

gegenüber vom Innsbrucker Hauptbahnhof.

In den vergangenen vier Jahren haben rund

4.000 Menschen einen Deutschkurs bei den

Sprachtrainerinnen und Sprachtrainern der

GemNova absolviert. Eine bemerkenswerte

Zahl, die doch nichts über das jeweilige

Einzelschicksal aussagt. „Nach dem

ersten Kurs sind bereits Minidialoge möglich“,

erzählt mir Kitty. „Wie heiße ich, woher

komme ich, wo wohne ich, wie lautet meine

Telefonnummer. Die Allermeisten wissen

am Anfang ja gar nicht, was eine Adresse

ist. Diese Selbstverständlichkeiten müssen

erst langsam, mitunter auch recht mühsam

ein

glas eine

kaffeetasse

ein

buch

BILD: Ein Glas, eine Kaffeetasse, ein Kugelschreiber,

eine Banane, ein Buch. Deutsche Worte anhand mitgebrachter

Gegenstände lernen ( © GemNova/rawpixels)

gelernt werden.“ Natürlich gibt es innerhalb

der Gruppen zuweilen auch große Unterschiede.

Überspitzt formuliert lernen Junge

schneller als Ältere, auch deswegen, weil

viele Ältere in ihrer alten Heimat keine Möglichkeit

hatten, eine Schule zu besuchen.

Nach einem Jahr, so Kitty Kaas, könnten sich

alle schon recht gut verständigen. Aber gut,

so weit sind wir hier noch lange nicht. In

der heutigen Stunde lernen wir das richtige

Grüßen hier in Tirol. Dass man in der Früh

„Guten Morgen“ sagt, nach einem Behördengang

etwa „Auf Wiedersehen.“ Dass

man sich beim Reden in die Augen schaut,

ja, auch die Frauen, wie Kitty eindrücklich

sagt. Plötzlich zücken drei Teilnehmer ihre

Handy´s, tippen irgendetwas ein. Ich ziehe

abermals die falschen Schlussfolgerungen,

wie ich später von Kitty erfahre. „Nein, die

haben nicht ihre Mails abgerufen. Sie haben

das Wort ‚Auf Wiedersehen‘ in ihr Handy

getippt, um mit Hilfe eines Übersetzungsprogramms

zu erfahren, was das in ihrer

Muttersprache bedeutet.“

VON

REINHOLD OBLAK


86 tirol.bunt und vielfältig tirol.bunt und vielfältig 87

Atract

fliegt jetzt

Die Ausgangslage ist bekannt: Im Tourismus fehlen tausende

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine private Initiative aus Tirol

versucht nun europaweit Lösungen zu finden. „Atract“ ist genossenschaftlich

organisiert und will den eklatanten Personalmangel

in Hotellerie und Gastronomie schrittweise beheben.

Karin Lindner ist das sympathische

Gesicht von „Atract“. Gemeinsam mit

Josef Kirchmair und Alexander Prachensky

stellte sie Ende 2019 das Projekt auf die

Füße, erweckte „Atract“ zum Leben. „Wir

haben bereits viele Vorarbeiten geleistet,

waren voller Tatendrang und Energie, doch

dann kam Corona. In weiterer Folge gab es

Lockdown um Lockdown, Hotels mussten

schließen, Gäste blieben aus, Beschäftigte

wurden entlassen oder in die Kurzarbeit

geschickt.“ Gleichzeitig wurden den Hotels

und Gastronomiebetrieben beträchtliche

Förderungen und Unterstützungen seitens

des Staates gewährt. Was indes allen

Beteiligten fehlte, war eine konkrete Perspektive.

Nahezu zwei Jahre lang. „Klar, das

war eine äußerst schwierige Zeit, doch wir

wollten unser Projekt unbedingt zum Fliegen

bringen“, so Lindner heute.

Die Idee dahinter ist rasch erklärt: „Atract“

ist genossenschaftlich organisiert, Hotels

und Gastronomiebetriebe können beitreten

und nach Unterzeichnung einer Fairnesserklärung

aus einem großen Personalpool

ihre künftigen Beschäftigten aussuchen.

Also etwa Köchinnen, Kellner, Reinigungskräfte,

Küchenpersonal, Rezeptionisten,

Handwerkerinnen usw. Diese wiederum

werden europaweit gesucht, entsprechend

geschult, trainiert, auf den Job vorbereitet.

Oberstes Gebot dabei: Es soll ein faires

Miteinander geben, die unattraktiven

Arbeitsverhältnisse im Tourismus auf vielerlei

Ebenen aufgewertet und interessant

gemacht werden. Fürwahr keine leichte

Aufgabe. Wohl auch deswegen, weil viele

im Tourismus beschäftigte Menschen

mittlerweile in anderen Bereichen ihr Geld

verdienen.

Crew-Scouts

Vor einem knappen Jahr war es dann endlich

so weit: „Atract“ ging in den Echtbetrieb

über, die ersten Tourismusbetriebe

beteiligten sich an der Genossenschaft.

Das Kinderhotel Kröller in Gerlos zum Beispiel,

die Bergbahnen Zauchensee mit vier

Gastronomie- und Hotelbetrieben oder das

Biohotel Grafenast am Pillberg. Zwischenzeitlich

war das Interesse so groß, dass

sogar ein Aufnahmestopp verhängt werden

musste. Der Grund: Im Personalpool von

„Atract“ befanden sich zu wenige künftige

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für

Hotellerie und Gastronomie. Schnee von

gestern: Heute ist der Personalpool mit

rund 100 Personen sehr gut gefüllt. Und

laufend kommen neue dazu.

Mittlerweile sind eigene Crew-Scouts,

die in unterschiedlichen Ländern Europas

leben, für „Atract“ unterwegs. Deren zentrale

Aufgabe: Motivierte Menschen zu finden,

die sich vorstellen können, abermals oder

erstmals im Tourismusbereich zu arbeiten.

Insbesondere aus Ländern mit einer

BILD: Tourismusunternehmen

suchen händeringend

qualifiziertes Personal.

„Atract“ kann ihnen die

entsprechenden Hilfs- und

Fachkräfte zur Verfügung

stellen. (© Atract)

hohen Arbeitslosigkeit oder schlechten

Arbeitsbedingungen. „Eigentlich ist es eine

Win-win-Situation für alle Beteiligten. Wir

bringen diese Leute mit Tourismusunternehmen

zusammen, bereiten sie vorher in

unseren Trainingscamps entsprechend vor,

begleiten sie und achten vor allem auf faire,

wertschätzende Dienstverhältnisse hier in

Österreich, speziell in Tirol“, erklärt Lindner.

Doch aus welchen Ländern kommen nun

die Menschen, die künftig im Tourismusbereich

quer durch Österreich arbeiten wollen?

Die meisten stammen aus Spanien,

Italien, Rumänien. Selbst aus Argentinien,

wo eine große spanische und italienische

Community beheimatet ist, gibt es immer

wieder Anfragen und Bewerbungen. Auch

von ausgewiesenen Fachkräften. Allein im

heurigen Jahr plant „Atract“ acht Trainingscamps

abzuhalten, etwa im Zillertal und

Stubaital. „In diesen Trainingscamps werden

diese Hilfs- und Fachkräfte speziell

geschult. Es gibt Deutschkurse, wir helfen

bei der Integration, für Quereinsteiger

gibt es die Möglichkeit, in Bereichen wie

Küche, Service, Housekeeping usw. hineinzuschnuppern“,

erklärt Lindner. Derzeit laufen

außerdem Gespräche, um einen eigenen

„Atract-Campus“ in Tirol zu errichten.

Deutschkurse vor Ort

Viele Beschäftigte im Tourismus kommen

aus dem nicht deutschsprachigen Ausland.

Gerade deswegen sind Sprachkurse auch

nach dem Jobstart notwendig. Die Landessprache

zu sprechen und zu verstehen,

hilft nicht nur im Job, sondern fördert auch

die soziale Integration. „Wir selbst können

das nicht machen, darum haben wir uns

nach einem Kooperationspartner umgesehen,

der dies kompetent umsetzt und

auch eine langjährige Erfahrung mitbringt“,

so Lindner. So wurde dann die GemNova

Akademie und ihre Deutschtrainerinnen

und -trainer zentraler Teil von „Atract“.

Allein in den vergangenen vier Jahren

absolvierten rund 4.000 Personen die

Deutschkurse der GemNova Akademie.

Diese kamen aus allen Teilen der Welt,

unter anderem aus Ungarn, Afghanistan,

der Slowakei, Syrien, Griechenland, Italien,

Somalia, Tschechien, Polen, Rumänien

usw. Besonders wichtig dabei: Diese

Deutschkurse finden direkt in den Hotels

und Gastronomiebetrieben vor Ort statt,

somit müssen deren Beschäftigte keine

stundenlangen Anfahrtszeiten zu den Kursen

auf sich nehmen.

„Außerdem werden die Kurse und Unterlagen

speziell auf das jeweilige Unternehmen

abgestimmt“, wie Sandra Wimmer von der

GemNova Akademie erklärt. „Da geht es

auch um spezielle Dialektausdrücke, um

bestimmte Begriffe aus den Speisekarten.

So gab es bei den Hotelgästen schon

öfter große Augen, wenn etwa eine dunkelhäutige

Kellnerin eine Speise auf Tirolerisch

erklärt. Da kann es dann schon mal

passieren, dass auch das Trinkgeld etwas

höher ausfällt.“

Langfristig und nachhaltig

Sternschnuppen sind schön anzusehen,

verschwinden aber naturgemäß wieder

rasch, sind nicht von Dauer. Mehr Schein

als Sein, wie so vieles andere auch. „Unsere

Idee ist nachhaltig, somit auch langfristig

angelegt“, sagt Karin Lindner. So

sollen gemeinsam gleich mehrere große

Ziele erreicht werden. Etwa das Image im

Tourismus signifikant zu verbessern. Die

Zukunft der Hotellerie und Gastronomie in

Österreich langfristig zu sichern. Für faire,

ausgewogene, wertschätzende Arbeitsverhältnisse

zu sorgen. Klingt alles ganz

wunderbar, ist freilich nur in kleinen, ganz

konkreten Schritten zu erreichen. Das weiß

selbstverständlich auch die Atract-Gründerin.

„Die Tourismusbranche befindet sich

jetzt nach mehr als zwei Jahren Corona

im Umbruch. Es gilt neue Türen zu öffnen,

neue Arbeitsverhältnisse zu diskutieren,

sich auf Augenhöhe zu begegnen.

Begleitendes Coaching ist gefragt, ebenso

wie ehrliche, saubere, langfristige Dienstverhältnisse.

Nicht nur den Kunden und

Gästen, auch den Mitarbeiterinnen und

Mitarbeitern muss etwas geboten werden.

Unsere Aufgabe dabei ist es, die richtigen

Menschen mit den richtigen Fähigkeiten

für die richtigen Arbeitgeber zu finden, zu

begleiten und zu unterstützen.“

Karin Lindner und ihr Team ist in diesen

Wochen auch deswegen sehr viel unterwegs.

Es gilt Kontakte zu knüpfen, Fragen

zu beantworten, Kooperationen abzuschließen.

Beim Reden, so heißt es, kommen die

Leute zusammen. Oder wie es Lindner

formuliert: „Natürlich muss immer wieder

neu am Zahnrad gedreht werden, um etwa

mehr Gäste zu bekommen. Dabei darf freilich

nicht darauf vergessen werden, dass

sich in diesem Fall auch immer andere

Räder bewegen müssen. Und eine Kette

ist bekannterweise nur so stark, wie deren

schwächstes Glied.“

ZUM AUTOR

MAG. REINHOLD OBLAK

Aufgewachsen in Kärnten studierte er an den

Universitäten Wien und Perugia, Italien. Er war

viele Jahre Journalist, Konzernsprecher, Vorstand

und Aufsichtsrat. Seit 2018 ist er bei der

GemNova für die Unternehmenskommunikation

zuständig.

Kontakt: r.oblak@gemnova.at

Zu

Atract

Gegründet Ende 2019 als

Genossenschaft. Derzeit gehören

ihr rund 40 Hotels und

Gastronomiebetriebe in Tirol

und Salzburg an. In den nächsten

Wochen sollen weitere

Tourismusbetriebe im Süden

Österreichs und in der Stadthotellerie

dazukommen. Erklärtes

Ziel ist es, den offensichtlichen

Personalmangel im Tourismusbereich

zu beheben. Laut Institut

für Höhere Studien müssen

in Österreich bis 2023 rund

60.000 Stellen im Tourismus

neu besetzt werden. Mit den

eigenen Crew-Scouts sowie in

Kooperation mit Tourismusschulen

und Arbeitsämtern werden

europaweit Mitarbeiterinnen

und Mitarbeiter gesucht, die

dann entsprechend vorbereitet

und trainiert werden. Deutschkurse,

Persönlichkeitsschulung,

individuelles Fachtraining inklusive.

Die beteiligten Hotels und

Gastronomiebetriebe verpflichten

sich zu einer wertschätzenden

Unternehmenskultur

und fairen Arbeitsbedingungen.

Oberstes Ziel sind nachhaltige

und langfristige Arbeitsbedingungen

im Tourismus.

www.atract.at


88 tirol.denkt weiter tirol.denkt weiter 89

back t0

the green

r00ts

Wer durch die Innsbrucker Museumstraße

spaziert, kommt in einem Abstand von 150

Metern an vier Filialen gängiger Supermarktketten

vorbei. In jeder einzelnen erstreckt

sich das Angebot von frisch aufgebackenem

Brot, Obst und Gemüse aus aller Welt bis zu

verschiedenen Non-Food-Artikeln. Ein ganzer

Einkauf in einem Laden. Der Gang zum Bäcker

oder Gemüsehändler nebenan wird überflüssig.

In den Regalen reihen sich Plastik an Karton

an Dose – Verpackungen, die oftmals

vermeidbar wären und in Österreich einen

wesentlichen Anteil des Haushaltsmülls

ausmachen. Die Zero Waste Bewegung

sagt diesem Zustand den Kampf an. Sie

sucht alternative Lösungen und zeigt Möglichkeiten

für ein ressourcenschonendes

Konsumverhalten. Der 2018 gegründete

verpackungsfreie Laden „greenroot“ (ebenfalls

in der Museumstraße) bietet ebendies.

Die grüne Wurzel

Der Wunsch, Lebensmittel „so wie früher“

anzubieten, ließ den greenroot-Gründer

und Geschäftsführer Engin Dogan die

Zero Waste Bewegung entdecken. Die

Produkte offen und ohne Verpackung

anzubieten, vermeidet nicht nur Müll,

sondern ermöglicht den Kund*innen auch

die genau benötigte Menge zu erwerben

und beugt so Lebensmittelverschwendung

vor. Eben zurück zu den grünen Wurzeln

(engl. roots) – wie früher im Tante-Emma-

Laden, als unsere Eltern und Großeltern

ihre Lebensmittel in Säcke und Behälter

abfüllten. Ganz ohne Verpackungsmüll.

Gerade Obst und Gemüse bringen

doch ihre eigene Verpackung von Natur

aus mit. Da verwundert es, dass der

BILD: Wie von

Natur erschaffen –

verpackungsfreies

Gemüse aus der Region

(© greenroot )

Mensch dem Apfel oder der Zucchini

eine „zweite“ Verpackung verabreicht,

damit sie im Supermarkt schneller ins

Auge stechen. Eine Verpackung, die es

eigentlich nicht braucht und die unter

Ressourcenaufwand hergestellt und

entsorgt wird. Kritisch betrachtet ist das

reine Ressourcenverschwendung. Die

Verpackungen unterschiedlicher Produkte

summieren sich österreichweit zu jährlich

über 1,4 Millionen Tonnen Verpackungsmüll.

Im Jahr 2018 das altbewährte Tante-

Emma-Konzept in Innsbruck neu umzusetzen,

brachte einige Herausforderungen mit

RECHTS: Engin

Dogan bei der Abfüllung

von Nüssen – natürlich

in Bio- und Fairtrade-

Qualität (© greenroot )

sich. Über manch eine Wurzel wäre man

fast gestolpert, denn es gab keine Anknüpfungspunkte

oder Interessensverbände, die

einem den Weg weisen konnten. Der Zero

Waste Gedanke war im Lebensmittelhandel

noch nicht wieder angekommen. So

steckte Engin Dogan viel Zeit und Energie

in Recherchen und suchte den Dialog mit

Lieferant*innen. Dabei verlor er nie seinen

ganzheitlichen Blick: „Wir lehnen uns nicht

zurück und sagen Zero Waste reicht. Wir

wollen so nachhaltig wie möglich agieren;

Nachhaltigkeit aus verschiedenen Perspektiven

sehen und durchleuchten.“ So sind biologische

Landwirtschaft, Regionalität, faire

Arbeitsbedingungen entlang der gesamten

Lieferkette und ressourcenschonender

Transport nur ein Auszug der Themen,

für die sich der Unternehmer mit seinem

Laden unermüdlich einsetzt.

Denkt an die Kleinen

Doch oftmals werden genau diese Läden,

die mit viel Mühe und Herz geführt werden,

übersehen. Unser Landschaftsbild

ist geprägt von Supermärkten. Das sogenannte

„One-Stop-Shopping“, welches alle

notwendigen Produkte in einem einzelnen

BILD: Von A wie

gedörrter Apfel bis Z

wie Zimtstangen

(© greenroot )

Laden erwerben lassen, ist heutzutage die

bevorzugte Wahl. In Zeiten der Pandemie

und Kontaktbeschränkungen hat diese

Form des Einkaufs einen zusätzlichen Aufschwung

erlebt. Bäckereien, Metzgereien,

Obst- und Gemüsehändler verschwinden

unterdessen immer mehr von der Bildfläche.

In der Stadt ist diese Entwicklung noch

stärker als auf dem Land zu beobachten.

„Ich glaube am Land herrscht noch die

nötige Atmosphäre für kleinere Strukturen.

Man kennt sich, man kann fragen, woher

die Produkte kommen. Die Vertrauensebene

ist größer als in der Stadt. Jede*r Einzelne

kann mit dem eigenen Einkauf einen

Beitrag leisten, lokale Anbieter aufrecht zu

erhalten.“ Die Macht der Konsument*innen

das Angebot zu steuern, dürfe nicht unterschätzt

werden. Einen deutlichen Appell

richtet Engin Dogan auch in Richtung Politik.

Es benötige mehr Engagement für kleine

Betriebe, sowohl in der Bewusstseinsbildung

der Konsument*innen als auch in der

Schaffung von Rahmenbedingungen, die ein

gutes Arbeiten ermöglichen und nicht nur

ein Überleben. Er wünscht sich einen Austausch

auf Augenhöhe. Andernfalls stünden

die Interessen der kleinen Geschäfte

immer im Schatten großer Anbieter.

Schritt für Schritt

Jeder Schritt zählt. Das betont Engin Dogan

immer wieder. So hat er das greenroot zu

dem gemacht, was es heute ist: einem

modernen Zero Waste Shop mit breiter

Produktpalette und einem Zero Waste Café

nebenan. Das Geheimnis dahinter? Sein

Ehrgeiz und die kontinuierliche Weiterentwicklung

ohne Kompromisse. So könne auch

jeder Konsument und jede Konsumentin

Schritt für Schritt das Leben nachhaltiger

gestalten. Es beginne bei kleinen Alltagsentscheidungen:

in der Eisdiele die Waffel statt

green

r00t

... ist ein Zero Waste Shop

im Herzen Innsbrucks.

Kund*innen können die Produkte

in der jeweils benötigten

Menge in eigene Behältnisse

abfüllen. Die Behälter

werden davor gewogen und

das Leergewicht berücksichtigt.

Man bezahlt nur den

Inhalt, keine Verpackung,

keinen Müll. Das Geschäft

steht für nachhaltigen

Konsum und setzt ein Zeichen

für den Klimaschutz.

www.greenroot.at

des Bechers wählen, den Kaffee in Ruhe aus

der Tasse trinken statt im Einweg-To-Go-

Becher und regional und saisonal einkaufen.

So entwickele sich aus dem Kleinen

etwas Großes. „Wenn jede*r ein bisschen

darauf schaut, dann werden wir die Herausforderungen

des Klimawandels gemeinsam

bewältigen. Es hängt von uns Einzelnen ab.

Jede*r trägt mit seinen/ihren Entscheidungen

und Handeln dazu bei.“ So setzt Engin

Dogan beständig seine Schritte und lädt

alle ein mitzugehen.

ZUR AUTORIN

JULIA WOLF, MSC

Julia Wolf ist seit 2019 als Koordinatorin

im GemNova Bildungspool tätig. Ihr

ist es ein Anliegen ihren Beitrag für

den Klimaschutz zu leisten, denn jeder

Schritt zählt.

Kontakt: j.wolf@gemnova.at


Virgen

90

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Vorreiter in Sachen

Klimaschutz

GEMEINDE VIRGEN / OSTTIROL

BILD: Bereits 2005

installierte die Gemeinde

Virgen das „Virger

Mobil“, ein Fahrservice

für die Bürger*innen.

(© Gemeinde Virgen)

DIE GEMEINDE

VIRGEN LIEGT AUF

1.194

IM NATIONALPARK

HOHE TAUERN,

AM FUSSE DER

VENEDIGERGRUPPE

2.215

EINWOHNER*INNEN

m

Im vergangenen Herbst wurde die Gemeinde Virgen in Osttirol bereits zum fünften Mal

als „e5-Gemeinde“ mit der höchsten Auszeichnung „5e“ prämiert und erhielt das dritte

Mal Gold beim „European Energy Award“. Aber Virgen ist schon länger Vorreiter in Sachen

Umweltschutz und Energieeffizienz – in ganz Österreich. Von den Anfängen bis heute war es

ein langer Weg, doch visionäres Denken und Einfallsreichtum machten ihn möglich.

VON JAN SCHÄFER

Noch bevor das „e5-Programm“ zur Förderung

von Gemeinden bei ihrer Energie- und

Klimapolitik ins Leben gerufen wurde, ging

die Gemeinde Virgen die ersten Schritte

in diese Richtung. Bereits in den 1980er

Jahren begannen kreative Virger*innen in

Form von Selbstbaugruppen erste thermische

Solaranlagen zu errichten, was wohl

auch auf die sonnenbegünstigte Lage der

Gemeinde zurückzuführen ist. Um eine

Grundlage und wissenschaftliche Werte

für weitere Überlegungen und Planungen

zu schaffen, wurde 1993 gemeinsam mit

der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie

und Geodynamik) eine Klimastation installiert.

Ein Jahr später führte Virgen als erste

Gemeinde Österreichs eine Förderung für

Solaranlagen ein.

„Das waren alles Vorläufe, bevor wir 1996

dem Projekt ‚Energieautarke Gemeinde‘

der ARGE Alp und dem Klimabündnis

beitraten. Schon ein Jahr darauf bauten

wir unser erstes Wasserkraftwerk am

Virgerbach. Außerdem beschäftigten wir

uns schon zu dieser Zeit mit dem Thema

Biogasanlagen und der Frage, wie man

die biogenen Abfälle der Gemeinde zur

Energiegewinnung nutzen kann“, erinnert

sich Virgens Bürgermeister Dietmar Ruggenthaler,

der seit 1992 im Amt ist.

Wenn Umweltziele auch der Gemeinschaft

zugutekommen

In den darauffolgenden Jahren führten die

Virger*innen eine umfangreiche Energieanalyse

durch. Ehrenamtlich sammelten und

erhoben die Bürger*innen Daten zu jedem

Haus und jedem Gebäude. Die Motivation

für die rege Beteiligung war, dass jeder

herausfinden wollte, wo man den „Schilling“

am geschicktesten einsetzen kann, um

Energie und damit auch Geld zu sparen.

Letztlich führten diese Aktivitäten 1999

zur Beteiligung am „e5-Programm“, das in

jenem Jahr initiiert wurde. „Wenig später

setzten wir uns mit der Straßenbeleuchtung

auseinander, die damals noch mit

Quecksilberdampflampen betrieben wurde.

LED-Leuchten kamen erst langsam auf. So

beschlossen wir auf Natriumdampflampen

umzusteigen. Doch diese waren recht

teuer. Der Gemeindevorarbeiter, Gregor

Stadler, hatte die Idee, diese Leuchtmittel

selbst herzustellen. Nach einigem Tüfteln

und in Zusammenarbeit mit einem regionalen

Elektriker entstand eine Leuchte,

die wir statt der alten Lampen verwenden

konnten. Das war nicht nur ein Beitrag zur

Reduktion des Stromverbrauchs um gute

47 %. Das Licht war für die nachtaktiven

Insekten ebenfalls besser und zudem profitierte

die örtliche Wertschöpfungskette

davon“, erzählt Ruggenthaler. Mit diesem

Projekt, das auch von der Universität Innsbruck

begleitet wurde, gewann die Osttiroler

Gemeinde den „Ford-Award“ und

schaffte es damit auf die Titelseite des

„Wall Street Journal“. Inzwischen stellt Virgen

seine Straßenbeleuchtung sukzessive

auf LED um.

Einen weiteren Meilenstein setzte die

Gemeinde mit der Biomasseförderung

für private Haushalte. Ausgangspunkt war

die fiktive Holzeinschlagszahl von 6.000

m3/p.a. zur Erhaltung eines gesunden

Waldbestands. Holzeinschlag ist wichtig,

denn junge, vitale Bäume tragen zu einer

besseren Schutzfunktion bei und regulieren

den Wasserhaushalt des Waldes

effektiver. Tatsächlich wurden aber nur ca.

2.000 m3 Holz aus dem Wald geholt. Der

Rest verrottete ungenutzt. Daraufhin wurde

durch die Errichtung einer Hackschnitzelanlage

und den Anschluss von privaten

und öffentlichen Gebäuden an das entsprechende

Heizwärmesystem die Nahwärmeversorgung

ausgebaut. Auch diese

umfangreiche Maßnahme wirkte sich

positiv auf mehrere Aspekte aus: Beitrag

für den Wald, Förderung der heimischen

Holzwirtschaft, Reduktion von Heizöl und

Kohlebriketts sowie weitere Steigerung der

regionalen Wertschöpfungskette.

Meilenstein Gemeindemobil Virgen

Parallel dazu wurden zahlreiche öffentliche

und zudem private Gebäude energetisch

saniert und die Installation von

Solaranlagen ausgebaut. Aber auch bei

der Mobilität war Virgen aktiv und hat

eine Vorreiterrolle eingenommen, wie

der Virger Bürgermeister zu berichten

weiß: 2005 erstellten wir eine eigene

Fallstudie zum Thema „Mobilität“. Zwei

Punkte standen dabei im Fokus: Die

generelle Mobilität – gerade bei älteren

Bürger*innen - und der Aspekt „Zweitwagen“.

Aufgrund dieser Analyse entschlossen

wir uns einen Fahrservice

einzurichten. Wir kauften also ein Auto

– damals noch einen Verbrenner, weil die

E-Autos erst im Kommen waren – und

das Gemeindemobil war geboren.“ Hier

mussten einige rechtliche Fragen geklärt

werden: gewerbliche Aspekte oder der

Umgang mit dem Kraftfahrtliniengesetz

– das alles war Neuland. Entsprechende

praktische Lösungen wurden jedoch

gefunden. 2014 stieg Virgen mit dem

Gemeindemobil auf ein E-Auto um. Drei

Jahre später trat die Gemeinde dem Osttiroler

E-Car-Sharing „FLUGS“ bei. Auch

das Thema „Radfahren“ wurde forciert.

Selbstverständlich erfolgte dieser Ausbau

im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherheit

und aller verkehrstechnischen

sowie infrastrukturellen Überlegungen.

Zudem entstanden neben Ladestationen

für E-Autos auch solche für E-Bikes. Um

all diese Umweltthemen und -maßnahmen

ins Bewusstsein der Virger*innen zu rükken,

haben diverse Aktionstage, regelmäßige

Bürger*innenbefragungen und auch

Gesundheitsprojekte beigetragen, denn

Umwelt und Gesundheit sind eng miteinander

verbunden. Letztlich steigert dieses

Zusammenspiel aller Maßnahmen die

Lebensqualität in einer Gemeinde.

Schaut man auf die Anfänge und den langen

Weg der Gemeinde Virgen zurück,

stellt man fest: Es braucht das Mitwirken

und den Weitblick der Bürger*innen und

letztlich auch vom Bürgermeister.

„So etwas kann nie

einer allein schaffen

und es geht

auch nie auf

einen allein

zurück.

Mein persönliches Engagement ist

sicherlich darauf zurückzuführen, dass

ich mich schon früh mit Umweltthemen

befasst und mich fortgebildet habe. Doch

erst wenn man Mitstreiter*innen findet,

mit denen man sich austauschen kann,

kommen die Ideen, die zu Visionen werden.

Und ohne die Beteiligung der Virger

Bürger*innen wären diese Visionen nicht

Realität geworden. Es ging dabei immer

um das Zusammenspiel von Umwelt,

Wirtschaft und Gemeinschaft. Es ist ein

Kreislauf. Der Lohn für unsere gemeinsamen

Anstrengungen sind nicht die Auszeichnungen,

sondern das gute, gesunde

Leben mit Respekt zur Natur in unserer

Gemeinde“, zieht Bürgermeister Dietmar

Ruggenthaler als Fazit.

BILD: Die Gemeinde Virgen ist

aufgrund der sonnigen Lage

prädestiniert für die Nutzung von

Sonnenenergie (© Hannes Berger)

DER NAME „VIRGEN“ STAMMT

AUS DEM SLAWISCHEN UND

BEDEUTET

sonniges

Plätzchen


92

tirol.bildet tirol.bildet 93

ZUR AUTORIN

MAG. NINA

REDLICH-ZIMMER-

MANN, MA ECED

Nina Redlich-Zimmermann

koordiniert den Fachbereich

Elementarbildung im Gem-

Nova Bildungspool und steht

insbesondere für Fragen rund

um das Thema Kinder- und

Sprachenrechte zur Verfügung.

Kontakt:

n.redlich@gemnova.at

Chancengerechtigkeit

als

Chance für ALLe

Der Weg hin zu Bildungschancen führt über die SPRACHE –

was Kinder und Familien brauchen und wie wir sie als Gemeinde

in ihrem Lebensumfeld begleiten können.

Es ist beachtlich zu lesen, dass in den

Wahlprogrammen zu den Gemeinderatsund

Bürgermeister*innenwahlen 2022 in

Tirol vielerorts im Sinne der Chancengerechtigkeit

der Fokus auf die Teilhabe,

das heißt auf die Mitbestimmung und

Mitgestaltung, von Kindern und Jugendlichen

gelegt wurde. Darüber hinaus findet

sich häufig als Zielformulierung für

ein gelingendes Zusammenleben in der

Gemeinde der differenzierte Blick auf die

Vielfalt an Familien und deren Lebenssituationen

sowie individuellen Bedürfnisse.

Gemeinden beweisen damit, dass

sie nicht nur als Träger von Kinderbildungs-

und Betreuungseinrichtungen eine

Schlüsselfunktion beim Schaffen idealer

Rahmenbedingungen für das Gelingen institutioneller

Bildung übernehmen, sondern

als Drehscheibe auch im unmittelbaren

Familien- und Lebensumfeld von

Kindern und Jugendlichen bedürfnisorientierte

Angebote setzen möchten, um so

Bildungschancen für alle zu ermöglichen.

In diesem ersten Beitrag zur dreiteiligen

Reihe zum Thema Chancengerechtigkeit

in der Kinderbildung und -betreuung widmen

wir uns dem ersten Vielfaltsmerkmal,

welches die Heterogenität in unserer heutigen

Gesellschaft als Normalität kennzeichnet:

Mehrsprachigkeit und kulturelle

Vielfalt. Darauf basierend hat jede

Gemeinde, als Lebensmittelpunkt von

Familien, Kindern und Jugendlichen, bzw.

jeder Gemeindeverband die Möglichkeit

zu erheben und einzuschätzen, welchen

Bedürfnissen und Bedarfen das Gemeindenetzwerk,

bestehend aus Vereinen, Bildungsträgern

sowie Sozial- und Gesundheitseinrichtungen,

gerecht werden muss.

Die Vielschichtigkeit an Herausforderungen

im Kontext der Diversität erkennen.

Eine Bürger*innenbefragung, die seitens der

GemNova 2020 tirolweit durchgeführt wurde,

lieferte für den umfassenden Bereich

„Bildung und Betreuung“ für die Zielgruppe

0-18 Jahre qualitative Daten darüber,

welchen Bedarf Familien und Kinder bzw.

Jugendliche aufgrund der Herausforderungen,

die sich für sie im Zusammenhang mit

ihrer mehrsprachigen bzw. interkulturellen

Lebenssituation ergeben, haben. Außerdem

konnten auf Basis einer Inhaltsanalyse

damit zusammenhängende Risiken in

Bezug auf Chancengerechtigkeit sichtbar

gemacht werden.

Was fehlt aus Sicht von Bürger*innen

bzw. Familien aktuell (noch) im Bereich

Bildung und Betreuung von Kindern und

Jugendlichen?

bewusstseinsbildung

Sprachliche Teilhabe für alle

Kinder und Jugendlichen

Bildungsangeb0te

Schnuppertage in Berufen,

internat. Filmabende

Sprachliche

Unterstützung

im Alltag

Sprachbuddys,

Hausübungsbetreuung

F0rderung v0n

Mehrsprachigkeit

..

Alle Erstsprachen einbinden

(Bibliothek, Jugendtreff)

Vorhandenes Praxiswissen aus den

Gemeinden und fachliche Expertise nutzen

und vernetzen. Eine regelmäßige Vernetzungsarbeit

mit und unter Gemeinden

bzw. Planungsverbänden schafft die Möglichkeit,

unterschiedliche wirksame Praxiskonzepte

im Sinne eines Wissensmarktplatzes

miteinander zu teilen. Auf diese Weise

kann von bereits erprobtem Erfahrungswissen

profitiert und das eigene Verantwortungsbewusstsein

hinsichtlich der Chancengerechtigkeit

von Kindern und Jugendlichen

immer wieder aufs Neue geschärft werden.

Durch das Einrichten einer sozialpädagogischen

Koordinationsstelle können

neben dem Bündeln von vorhandener

Fachexpertise und dem Durchführen

von Bedarfserhebungen für den Sozialraum

zielführende Handlungsstrategien

zur Sicherstellung von Chancengerechtigkeit

von Kindern und Jugendlichen

laufend evaluiert und weiterentwickelt

werden. Die folgenden Best-Practice-Ideen

fokussieren die sprachliche und kulturelle

Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in

ihrem alltäglichen Lebensumfeld.

Gelebte interkulturelle Kompetenz. Ehrenamtliche

„Brückenbauer*innen“ sowie die

mobile Jugendarbeit sind wertvolle Ressourcen

für jede Gemeinde. Sie können niederschwellige

Angebote setzen und damit

Barrieren überwinden, z.B. im Aufsuchen

von Familien bzw. Kindern und Jugendlichen

an öffentlichen Plätzen (Spielplatz, Supermarkt,

Arzt etc.) oder zuhause, wo das nötige

Vertrauen, das Familien brauchen, um

für Angebote in der Gemeinde zugänglich

zu werden, hergestellt wird. Diese Form des

Beziehungsaufbaus bildet die Grundlage

einer „Willkommenskultur“.

Vereinsleben als Bildungschance. Vereine

sorgen mit ihren unterschiedlichen

Schwerpunkten für ein aktives Miteinander

und können mit einer Schwerpunktsetzung

im Bereich Kinder- und Jugendarbeit einen

wertvollen Beitrag als interkulturelle Brückenbauer*innen

sowie Sprachbuddys leisten.

Egal, ob bei der Feuerwehr, im Trachtenverein,

Fußballclub oder im Kinder- und

Jugendchor, das Setzen sprachlicher Anreize

gelingt bei jedem gemeinsamen Tun und

öffnet Türen für den interkulturellen Dialog.

Binnendifferenzierung bei Sprachangeboten.

Ein vielfältiges, niederschwelliges

Informations-, Beratungs- und Vernetzungsangebot

für Familien im Rahmen der

Erziehung schafft Vertrauen im Sinne einer

Bildungspartnerschaft auf Augenhöhe und

gibt Sicherheit, dort, wo kulturell-sprachliche

Unsicherheiten vorhanden sind. So können

beispielsweise auf der Homepage Informationsvideos

oder Aushänge in einfacher deutscher

Sprache bzw. in den vorherrschenden

Erstsprachen in der Gemeinde aufbereitet

werden. Auch freiwillige Helfer*innen, die

als Sprachbuddys zur Verfügung stehen,

können die Integration von Menschen mit

anderen Herkunftssprachen durch sprachliche

Unterstützung im Alltag mitgestalten

(z.B.: Begleitung von Erwachsenen bei Amtswegen,

Wohnungssuche etc.).

Bewusstseinsbildung im Sinne der

Chancengerechtigkeit von Kindern und

Jugendlichen. Die Gemeinde übernimmt

als Schnittstelle aller Bildungs- und Kulturträger

eine wichtige Vorbildfunktion, wenn

sie kontinuierliche Sensibilisierungsarbeit

leistet, mit dem Ziel, dass Bildung und

Betreuung von Kindern und Jugendlichen

von allen Mitgestalter*innen innerhalb

einer Gemeinde als verbindlicher Auftrag

wahrgenommen wird. Das Thema

Sprachbildung und Mehrsprachigkeit ist

nicht ausschließlich im Kindergarten bzw.

in der Schule zu verorten, sondern wird

von allen, die mit Kindern und Jugendlichen

arbeiten, als Förderauftrag alltagsintegriert

mitgedacht.

Bildungsübergänge gemeinsam gestalten.

Die bundesweit gesetzlichen sprachdiagnostischen

Testungen am Übergang vom

Kindergarten in die Volksschule schaffen

bei Familien und Kindern mit anderen Erstsprachen

häufig Verunsicherung oder verursachen

sogar massive Ängste vor der

Einschulung. Elementarpädagog*innen

und Lehrpersonen haben die Möglichkeit,

den Bildungsweg von Kindern abseits der

Testverfahren mit pädagogischem Fingerspitzengefühl

und im engen Austausch mit

Familien so zu gestalten, dass der Fokus

auf die sprachlichen Ressourcen und Entwicklungspotenziale

von Kindern gewahrt

bleibt bzw. diese maximal genutzt werden.


94

tirol.bildet tirol.bildet 95

Vor mittlerweile sechs Jahren wurde der GemNova Bildungspool im Auftrag

des Landes Tirol gegründet. Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen,

sich im Detail anzusehen, welch vielfältige Bereiche dort täglich abgedeckt

werden – von Menschen aller Altersgruppen, die aus insgesamt

31 verschiedenen Staaten unserer Erde kommen.

Die grundsätzliche Ausgangslage ist heute

noch die gleiche wie im Jahre 2016.

„Wir verstehen uns vor allem als eine

kompetente Serviceeinrichtung, als jene,

welche die Tiroler Gemeinden bei der

Freizeit- und Ferienbetreuung sowie der

Schulassistenz professionell unterstützen.

Unser gesamtes Team umfasst rund

500 Kolleg*innen, alle sind hochmotiviert

und freuen sich jeden Tag darauf, an den

Pflichtschulen unterstützend und gestaltend

tätig zu sein“, so Manuel Rott vom

GemNova Bildungspool.

Unser Fokus dabei: den Tiroler Pflichtschulen

die entsprechende Anzahl

von Freizeitpädagog*innen und

Schulassistent*innen zur Verfügung zu

stellen. Noch konkreter: Der Bildungspool

übernimmt im Auftrag der Gemeinden

an den Pflichtschulen die Organisation,

Koordination und Durchführung ebendieser

Freizeitbetreuung und Schulassistenz.

Außerdem wird in der Freizeitbetreuung die

Förderabwicklung mit Bund und Land übernommen

und so der administrative Aufwand

für die Gemeinden spürbar reduziert.

RECHTS: Sind Teil des Teams (hinten v.l.n.r.):

Manuel Scheiber, Kathrin Malina, Marlene Froidl,

Marisa Warum, Stephen Neill, Mario Kreutzer und

(vorne v.l.n.r.) Katharina Lentz, Julia Wolf, Mai Nguyen-

Feichtner und Kim Victoria Wegener (© GemNova)

Kunterbunte

expertise

Dynamisch. Engagiert. International.

Was beim großen Team des Bildungspool

gleich ins Auge springt, ist zum einen die

jugendliche Frische und Begeisterung.

„Innerhalb der GemNova nimmt der Bildungspool

einen ganz besonderen Stellenwert

ein“, so GemNova Gründer und

Geschäftsführer Alois Rathgeb. „Das ist

ein dynamisches, engagiertes Team von

Expert*innen. Alle sind mit großer Begeisterung

dabei, man sieht förmlich das

Lachen in ihren Augen.“ Zum anderen ist

da auch noch die Internationalität. Unsere

Kolleg*innen kommen aus insgesamt 31

verschiedenen Staaten der Welt. Von A

wie Ägypten oder Albanien über C wie

Chile, I wie Iran oder Irland, L wie Lettland

oder Luxemburg, M wie Mexiko, S

wie Syrien bis hin zu U wie Ukraine oder

Ungarn. Um nur zwölf der insgesamt 31

Länder zu nennen. Und jeder einzelne

Bildungspool-Mensch bringt damit auch

seine eigene Geschichte, seine eigene

Kultur, seine eigene Persönlichkeit mit.

Rathgeb: „Das ist ein ungeheurer Erfahrungsschatz,

den wir natürlich gerne den

Gemeinden zur Verfügung stellen. Die

Welt ist bunt. Diese Vielfältigkeit bilden

wir im Bildungspool in jeder Hinsicht ab.

Das ist eine weitere ganz große Stärke

von uns.“

Junge Menschen, so wird gesagt, haben

noch viel Feuer in ihren Herzen, sind mit

großer Begeisterung bei ihrer Arbeit,

wollen ein Stück weit auch die Welt verändern.

In Verbindung mit den älteren

Kolleg*innen, die ein gerütteltes Maß an

Erfahrung und Lebensweisheit mitbringen,

ist dies die optimale Kombination. Oder,

um nochmals Manuel Rott zu Wort kommen

zu lassen:

„Wir vom Bildungspool möchten

einen wertvollen Beitrag für

die Gesellschaft leisten, insbesondere

im Kindergarten und

Pflichtschulbereich.“

Dafür brennen wir, darum versuchen wir

Tag für Tag unsere zentralen Werte wie

Wertschätzung, Vertrauen und Verantwortung

mit den Kindern zu teilen.

Wertschätzung

Wie wichtig ein wertschätzender Umgang

ist, zeigt sich unter anderem in der

Schulassistenz. Hier unterstützen die

Schulassistent*innen des Bildungspools

jene Schüler*innen, die mit physischen

oder psychischen Beeinträchtigungen

durchs Leben gehen müssen. Natürlich ist

das eine herausfordernde Aufgabe, aber

man bekommt sehr viel ganz direkt zurück.

Je nach Bedürfnis des Kindes oder eventuell

auftretender gesundheitlicher Probleme

braucht es oftmals auch spezielle ärztliche

Unterweisungen.

Für den Präsidenten des Tiroler Gemeindeverbandes

Ernst Schöpf steht freilich noch

ein anderer Punkt weit oben: der laufende

Ausbau des guten Dienstleistungs- und

Serviceangebots in den Gemeinden. Die

Bürger*innen würden sich dies zu Recht

von ihrer Gemeinde erwarten, so Schöpf.

Zu diesem Angebot zählen selbstverständlich

auch die Freizeitbetreuung und Schulassistenz

sowie die Sprachberatung in

den Kindergärten. „Dabei geht es auch um

Familienfreundlichkeit, um die Vereinbarkeit

von Familie und Beruf. Die Fachleute

des GemNova Bildungspools unterstützen

uns Bürgermeister*innen dabei. Wir sollten

dieses Angebot annehmen und gemeinsam

die Zukunft unserer Kinder mitgestalten“,

so Schöpf.

Stimmen aus

den Gemeinden

„Seit Herbst 2019 gibt es bei uns in Neustift die schulische

Tagesbetreuung. Die Freizeitbetreuung wird seither personell

von der GemNova abgedeckt. Früher, als es bei uns

noch einen Hort gab, waren die Freizeitpädagog*innen direkt

bei der Gemeinde angestellt. Für den Betreuungswechsel

hat man sich aber bewusst entschieden, um auch im Falle

von Krankenständen auf einen größeren ‚Vertretungs-Pool‘

zurückgreifen zu können. Die für die Planung verantwortlichen

Mitarbeiter*innen bei der GemNova sind auch tatsächlich

immer bemüht, personelle Ausfälle nach Möglichkeit zu kompensieren

bzw. nachzubesetzen, auch wenn das in Pandemiezeiten

nicht immer ganz einfach ist. Die Kommunikation

zwischen den Ansprechpartner*innen des Bildungspools und

uns Schulleiter*innen funktioniert jedenfalls ausgezeichnet!“

RAIMUND LEITNER,

SCHULLEITUNG VOLKSSCHULE NEUSTIFT IM STUBAI

„Die Zusammenarbeit mit der für uns zuständigen Mitarbeiterin

in der GemNova ist ausgezeichnet, wir sind im regelmäßigen

Austausch. Ich bin über das GemNova Springersystem

sehr froh. Krankenstandsvertretungen sind dadurch für uns

kein Problem, da bis jetzt im Bedarfsfall immer ein Ersatz

möglich war. Ich möchte mich für die sehr gute Zusammenarbeit

einfach bedanken.“

ROSWITHA SAUGSPIER,

SCHULLEITUNG HANS HENZINGER

SCHULE IN KUFSTEIN

„Wir haben im Sommer 2019 Neuland betreten und erstmals

eine Ferienbetreuung angeboten. Das Interesse war enorm,

sechs Wochen lang wurden rund 30 Kinder im Alter von

sechs bis zehn Jahren intensiv betreut. Und das den ganzen

Tag über – Mittagessen inklusive. Alleine hätten wir das als

Gemeinde nicht geschafft. Das gesamtpädagogische Konzept

der GemNova war einfach hervorragend.“

HANSJÖRG PEER,

BÜRGERMEISTER MUTTERS

K0ntakt

bildungspool@gemnova.at


96

GemNova.Menschen GemNova.Menschen 97

я зараз тут *

BILD: Oksana Duda vor

dem Hauptbahnhof in

Innsbruck. Im Alter von 22

Jahren kam sie nach Tirol,

mittlerweile ist sie hier

verheiratet und fühlt sich

zu Hause. (© GemNova)

„Guten Morgen, ich bin jetzt da.“ Vor einiger Zeit schon haben wir dieses Treffen vereinbart, jetzt steht

Oksana pünktlich um neun Uhr morgens vor der Türe, wartet auf mich. Was für ein offenes, freundliches,

sympathisches Gesicht. Lachende Augen. Oksana Duda ist 26 Jahre jung, stammt aus der Ukraine und ist

bereit, mir ihre Geschichte zu erzählen.

VON REINHOLD OBLAK

Lemberg. Kennen Sie Lemberg? Ja, die

seinerzeitige Hauptstadt Galiziens, die

viertgrößte Stadt der Habsburgermonarchie,

weniger als 800 Kilometer östlich von

Wien gelegen. Wo an den Schulen Deutsch

unterrichtet und gesprochen wurde, wo

viele „österreichische“ Beamtinnen und

Beamte ihren Dienst versahen. Jene Stadt

also, die über eine der größten jüdischen

Gemeinden in der Monarchie verfügte.

Ende des 19. Jahrhunderts, um nur ein

Beispiel zu nennen, gab es in Lemberg

14 Synagogen und 80 Bethäuser. Kurz vor

dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges

lebten dort rund 110.000 Jüdinnen und

Juden. Dann kam die Shoah, der Holocaust

. . .

„Lemberg war für mich immer die schönste

Stadt der Welt, die Familie meines Opas

kommt von dort. Mein Opa hat in der Schule

noch Deutsch gelernt. Auch ich selbst

war immer wieder dort, das letzte Mal erst

im vergangenen Sommer.“ Oksana‘s Augen

strahlen, wenn sie von Lemberg erzählt.

Heute heißt Lemberg freilich Lwiw, ist die

siebtgrößte Stadt der Ukraine und rund 150

Kilometer von Luzk entfernt, jener Stadt im

Westen der Ukraine, in der Oksana geboren

wurde und aufgewachsen ist. „Hier in

Tirol kennt natürlich niemand Luzk, obwohl

Luzk fast doppelt so viele Einwohner wie

Innsbruck hat.“ Gut, die wenigsten wissen

wohl auch, dass die Ukraine nach Russland

der flächenmäßig größte Staat Europas ist.

* ist kyrillisch und bedeutet

vom Ukrainischen

ins Deutsche übersetzt "Ich

bin jetzt da." Mit diesen

Worten begrüßte mich Oksana

um neun Uhr morgens

lächelnd in Innsbruck.

Ins Zentrum der Ukraine

Aufgewachsen ist Oksana in einer Akademikerfamilie,

der Vater hat Geschichte, die

Mutter Steuerrecht studiert. Bildung war

in der Familie Duda sehr wichtig, somit

auch Fremdsprachen, Kultur, andere Sichtweisen.

„Mit dem Englischen hab ich mich

immer recht schwer getan, aber Deutsch

kannte ich ja schon etwas über meinen

Opa. Nachdem meine Eltern beide gearbeitet

haben, bin ich mit 14 ins Internat

gekommen. Dort hat mir eine Lehrerin die

Leidenschaft für die deutsche Sprache vermittelt.

Ich habe acht Stunden die Woche

Deutsch gelernt, in dieser Sprache auch

maturiert.“ Während der Internatszeit gab

es einen dreitägigen Schulausflug nach

Wien. Natürlich nur für jene, deren Eltern

sich dies auch finanziell leisten konnten.

Oksana gehörte zu den Privilegierten,

konnte mitfahren. „Wien hat mich sofort

an Lemberg erinnert. Alles war so sauber,

ganz viel Licht, die schönen Häuser,

die gepflegten Straßen, die ganze Atmosphäre.“

Nach der Matura zieht Oksana

ins Zentrum der Ukraine, nach Kiew, 400

Kilometer östlich von Luzk, um dort Germanistik

und Lehramt Deutsch zu studieren.

„Ich hab in einem Studentenwohnheim

gewohnt, mich unglaublich wohl gefühlt

und bin eigentlich nur einmal im Jahr nach

Hause gefahren. Das war für mich schon

eine sehr beeindruckende Zeit.“ Vier Jahre

später schließt sie ihr Studium in Kiew ab

und . . . begibt sich auf eine große Reise.

Ins Herz der Alpen

Knapp 2.000 Kilometer liegen zwischen

Kiew, der Hauptstadt der Ukraine, und Innsbruck,

dem Herz der Alpen – und noch viel

mehr kulturelle, soziale, politische Unterschiede.

„Mit 22 bin ich nach Innsbruck

gekommen, als Au pair Mädchen. Ich hab

bei einer Familie in der Templstraße auf

ihren kleinen Sohn aufgepasst. Insgesamt

drei Jahre lang. Ich wollte einfach noch

besser Deutsch lernen, eine andere Welt

kennenlernen.“ Womit Oksana freilich nicht

gerechnet hat, war der Tiroler Dialekt. „Das

kann ja nicht Deutsch sein, hab ich mir

zuerst gedacht. Und als Zweites: Welche

Sprache hab ich denn in Kiew eigentlich

studiert? War das wirklich Deutsch? Am

Anfang hab ich etwa überhaupt nicht verstanden,

was man mir eigentlich sagen

will. Zum Glück hab ich mich dann recht

schnell an das Tiroler Deutsch gewöhnt.

Als weitere Fremdsprache sozusagen.“

Die Gastfamilie war überaus nett, zeigte

der jungen Ukrainerin die Sehenswürdigkeiten

der Stadt, des Landes. „Vom Goldenen

Dachl war ich fast etwas enttäuscht, ich

hab es mir viel, viel, viel größer vorgestellt.

Dafür war ich von den Bergen begeistert.

Was für eine gewaltige Landschaft! In der

Ukraine ist der höchste Berg ja gerade mal

zweitausend Meter hoch. Und die Menschen

hier haben viel mehr gelächelt als in

der Ukraine. Das hat mir sofort sehr gefallen.“

Um ihr Deutsch weiter zu perfektionieren,

beginnt Oksana in dieser Zeit ein

zusätzliches Studium der Germanistik an

der Uni Innsbruck. „Ich hab´s aber noch

nicht abgeschlossen“, räumt sie gleich mit

einem schelmischen Augenzwinkern ein.

Am Fuße des Patscherkofels

Das Leben in Tirol gefällt Oksana – die

Pünktlichkeit des öffentlichen Verkehrs, die

gute Infrastruktur, die Berge. „Und es gibt

hier keine Korruption.“ Sie zieht in ein Studentenheim

in Hall, belegt zusätzlich einen

Lehrgang für Freizeitpädagogik. „Ich hab

so viele junge Leute kennengelernt, auch

meinen Freund Philipp. Er ist Tiroler, hat

ebenfalls Germanistik studiert.“ Im Vorjahr

zieht sie dann zu ihm, nach Vill, an den Fuß

des Patscherkofels. „Ich konnte mir früher

überhaupt nicht vorstellen, in so einem

kleinen Dorf zu wohnen. Aber es ist so

wunderschön ruhig, überhaupt nicht fad,

das ist eben Lebensqualität.“

Auf Facebook sieht Oksana dann für sich

eine Jobmöglichkeit: Freizeitpädagogin bei

der GemNova, einem Unternehmen, welches

Menschen aus 31 verschiedenen Nationen

beschäftigt. Sie bewirbt sich, führt

einige Gespräche und wird angestellt. Seit

einem knappen Jahr ist sie nun halbtägig

als Freizeitpädagogin an der Volksschule

in Gries am Brenner tätig, unternimmt mit

einer kleinen Gruppe von drei bis sechs

Kindern die unterschiedlichsten Aktivitäten.

Nachdem sie keinen Führerschein besitzt,

erfolgt die tägliche Anreise von Vill nach

Gries – und zurück – mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Durchaus eine persönliche

Herausforderung, wie sie lächelnd verrät.

Um gleich danach die Begründung nachzureichen.

„Eigentlich bin ich ein bisschen tollpatschig.

Es kann schon passieren, dass ich

in den falschen Zug, in den falschen Bus

einsteige oder dass ich zu einem Termin

am falschen Tag komme. Im Vorjahr wollte

ich etwa mit dem Zug von Innsbruck

nach Wien fahren, um von dort in die Ukraine

zu fliegen. Aufgrund des Hochwassers

war Kufstein überschwemmt, der Zug fuhr

nicht. Ich hab mir also ein Taxi von Innsbruck

nach Salzburg bestellt – das war

um drei Uhr in der Früh gar nicht so einfach

– um dann dort in den Zug einsteigen

zu können. Ich hab dafür 400 € bezahlt,

aber ich wollte eben unbedingt mal wieder

meine Eltern sehen. Seitdem benutze ich

allerdings kein Taxi mehr. Ich kann es mir

einfach nicht mehr leisten.“

„Schlafes Bruder“

Mittlerweile ist Oksana mit Haut und Haaren

in Tirol angekommen, spricht auch

den hiesigen Dialekt. Und sie liest sehr

gerne, sehr viel. Ihr bisher letztes Buch

war „Schlafes Bruder“ vom Vorarlberger

Robert Schneider, ein fürwahr beeindruckender,

höchst erfolgreicher Roman, der

in 36 Sprachen übersetzt wurde. „Ich hab

das Buch natürlich auf Deutsch gelesen.

Aber so ganz einfach war das nicht, weil

Schneider immer wieder vorarlbergische

Dialektworte verwendet hat. Und die hab

ich doch nicht alle sofort verstanden.“ Na

ja, mit dem Vorarlbergischen hätten wohl

auch andere Menschen außerhalb des

Ländles ihre Schwierigkeiten.

Wo sich Oksana Duda in zehn Jahren

sieht? „Ich möchte in Tirol bleiben, die

Ukraine ist mittlerweile mein zweites Heimatland

geworden. Hier in Innsbruck gibt

es eine ukrainische Gemeinde, rund 100

Leute. Viele wandern aus der Ukraine aus,

weil dort die Lebensverhältnisse, auch die

Freiheiten, ganz andere sind. Seit 2014

gibt es im Osten der Ukraine außerdem

Krieg, viele Tote, die Krim ist von Russland

besetzt. Ich hätte außerdem gerne mehr

Stunden als Freizeitpädagogin, ich möchte

mehr arbeiten.“ Kurze Nachdenkpause.

„Vor kurzem haben Philipp und ich ja geheiratet.

Da wird es wohl nicht mehr zehn Jahre

dauern, bis wir auch Eltern werden.“

Dieser Artikel wurde vor dem

Einmarsch Russlands in die

Ukraine verfasst. Auf die

aktuelle Situation wird darum

kein Bezug genommen.


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IMPRESSUM:

Wir

bleiben wir

selbst.

Wir sind davon überzeugt, dass Menschen selbstbestimmt handeln können. Wir erwarten von allen

Kolleg*innen, dass sie Verantwortung übernehmen und ihr Tun darauf ausrichten, einen gesellschaftlichen

Beitrag zu leisten. Wir sind alle gleich, wir unterscheiden nicht nach Funktion und

Verantwortlichkeit und begegnen allen mit Wertschätzung. Wir lieben und leben Vielfalt in all ihren

Farben und bleiben bei unserem Handeln authentisch. Jede Person, die diese Grundsätze mitträgt,

kann innerhalb unseres Rahmens mitgestalten, sich einbringen, eigenverantwortlich und eigenorganisiert

handeln und dabei individuelle Wege wählen.

WIR ALLE SIND GEMEINDE.

Wir

vertrauen

einander.

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Natalie Nagl, MA. Redaktionsschluss:

07.03.2022. Mit „Entgeltliche

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