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atw - International Journal for Nuclear Power | 03.2022

Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information. www.nucmag.com

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nucmag.com<br />

2022<br />

3<br />

ISSN · 1431-5254<br />

32.50 €<br />

Die Deutsche Energiepolitik<br />

nach dem 24. Februar 2022<br />

Perspektiven der<br />

Energieversorgung in<br />

Deutschland<br />

<strong>Nuclear</strong> Threat Resulting from<br />

Russian Military Occupation of<br />

Chornobyl Exclusion Zone<br />

Programmvorschau


3Bis die Welt zusammenfällt<br />

<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Liebe Leserinnen und Leser, der seit dem 24. Februar 2022 tobende Krieg in der Ukraine hat zu vielerlei strategischen Neubestimmungen<br />

geführt, im Rahmen der NATO hinsichtlich der Truppenstationierungen an ihrer Ostflanke und der möglichen Aufnahme von Schweden<br />

und Finnland als Mitgliedern, in der EU im Blick auf die Finanzierung von Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet und eine möglichst<br />

schnelle Aufnahme der Ukraine als Mitglied sowie in Deutschland etwa in Bezug auf ein Sondervermögen zur Ausrüstung der Bundeswehr in<br />

Höhe von 100 Milliarden Euro neben dem Bundeshaushalt und die auch von den Grünen unterstützte, sogar vehement ge<strong>for</strong>derte Lieferung<br />

von Waffen in ein Kriegsgebiet.<br />

EDITORIAL<br />

Auch in der Energiepolitik Deutschlands und der EU ist die von<br />

Bundeskanzler Scholz verkündete Zeitenwende deutlich spürbar,<br />

mit dem Ziel der Europäischen Kommission, die EU bis 2027 von<br />

Energieträgern aus Russland unabhängig zu machen, einer seit<br />

Wochen andauernden Diskussion über ein Embargo russischer Energielieferungen<br />

sowie der Bereitschaft der Bundesregierung, den<br />

Fahrplan für den Kohleausstieg für eine noch unbestimmte Zeit und<br />

in unbestimmtem Umfang auszusetzen. Für einen kurzen Augenblick<br />

rückte sogar die Möglichkeit in den Blick, auch die Kernenergie<br />

zur Energiesicherung in einer Krisensituation für einige Zeit weiter<br />

zu nutzen. Während aber in der Außen-, Sicherheits-, Verteidigungs-,<br />

Rüstungs-, und sogar Energiepolitik die heiligen Kühe wie<br />

am Fließband geschlachtet wurden, hat man beim Thema Kernenergie<br />

schnell, innerhalb von Tagen die ideologischen Reihen in der<br />

Regierung geschlossen. Stand der Abfassung dieses Editorials<br />

erscheint es nun kaum mehr denkbar, dass auch nur eine kleine<br />

Änderung am Kernenergieausstiegsfahrplan von 2011 vorgenommen<br />

wird, so dass wir damit rechnen dürfen, in der Halbzeit des<br />

kommenden Winters die letzten 4 Gigawatt Kernkraftkapazität zu<br />

verlieren und sich die Betreiber von Kohlekraftwerken freuen dürfen,<br />

ab 2023 neben einer unbestimmten aber erheblichen Menge an<br />

Stromerzeugung mit Erdgas auch die rund 33 TWh Strom aus Kernenergie<br />

ersetzen zu dürfen, die von den letzten drei Anlagen in<br />

diesem Jahr noch produziert werden dürften. Zu diesem Thema<br />

findet sich mehr in einem eigenen Dossier in dieser Ausgabe.<br />

Gänzlich anders reagiert man energiepolitisch auf den Krieg und<br />

das Problem der Abhängigkeit von Russland im Vereinigten Königreich,<br />

wo eine neue Energiesicherheitsstrategie insbesondere für den<br />

Ausbau der Kernenergie nun sehr deutliche Impulse setzen soll, um<br />

langfristig die Versorgungssicherheit des Vereinigten Königreiches<br />

zu gewährleisten. Auch in Südkorea hat der gewählte Präsident Yoon<br />

Suk-yeol angekündigt, wegen der hohen Strompreise und zur<br />

CO 2 -Einsparung die Kernenergieausstiegspolitik seines noch amtierenden<br />

Vorgängers zu revidieren.<br />

Ein anderes direkt durch den Krieg in der Ukraine aufgeworfenes<br />

Thema findet ebenfalls seinen Widerhall in dieser Ausgabe, der russische<br />

Angriff auf Kernkraftwerke und kerntechnische Einrichtungen<br />

in der Ukraine. Auch diese Handlungen gegen den Standort Tschernobyl,<br />

das Kernkraftwerk Saporischschja, zwei Abfalllager für radioaktive<br />

Reststoffe und einen unterkritischen Reaktor zur Forschung<br />

und Isotopenherstellung qualifizieren sich als völkerrechtswidrige<br />

Kriegsverbrechen. Waren auch die Ziele nicht so ausgewählt bzw.<br />

das Maß an Gewalt nicht so bemessen, ernsthaften Schaden in<br />

größerer Dimension zu verursachen, bleiben es doch Handlungen<br />

von großer Verantwortungslosigkeit, die den internationalen Prinzipien<br />

der nuklearen Sicherheit Hohn sprechen. Dies wiegt umso<br />

schwerer, als Russland nicht nur eine Kernwaffenmacht, sondern<br />

eine führende Nation in der Kerntechnik insgesamt ist, mit großer<br />

Erfahrung und Kompetenz.<br />

Jenseits des alle Aufmerksamkeit absorbierenden Realitätsschocks<br />

in Osteuropa, aber doch damit verbunden, zeigt sich, dass<br />

einer der großen Hoffnungsträger der Energiewende, die Windkraft,<br />

in wirtschaftlich schwieriges Fahrwasser zu geraten droht. Auf dem<br />

großen Branchentreffen WindEurope 2022 beklagten große<br />

Hersteller, dass der finanzielle Druck der Auktionierungsverfahren<br />

in Verbindung mit höheren Rohstoff- und Logistikkosten, die durch<br />

den Krieg noch verschärft wurden, zu Verlusten führt, die auf Dauer<br />

nicht tragbar sind und es der Branche unmöglich machen, die europäischen<br />

Ausbauziele zu erfüllen. Dies bezieht sich insbesondere auf<br />

das Ziel der EU, in ihrem Plan RE<strong>Power</strong>EU zur Erlangung von Energieunabhängigkeit<br />

von Russland die Windkraftkapazität in der EU<br />

bis 2030 von 190 auf 480 GW zu steigern. Ein Branchenvertreter<br />

machte darauf aufmerksam, dass die Komponenten für Windkraftanlagen<br />

zu 85 % aus China stammten und insoweit die Gefahr<br />

bestehe, die Energieunabhängigkeit Europas mit einer Lieferkettenabhängigkeit<br />

erreichen zu wollen.<br />

Schließlich sei noch erwähnt, dass in der deutschen Bevölkerung<br />

anders als in der Bundesregierung der Ukraine-Krieg tatsächlich zu<br />

einem gewissen Umdenken hinsichtlich der Kernenergie geführt hat.<br />

In einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach haben auf<br />

die Frage, ob die Laufzeiten der Kernkraftwerke in Deutschland über<br />

2022 hinaus verlängert werden, oder man die letzten Kernkraftwerke<br />

dieses Jahr planmäßig abschalten sollte, im Februar 42 % der<br />

Befragten für das Abschalten und 35 % für die Verlängerung plädiert.<br />

Im März gab es auf dieselbe Frage dann 57 % Zustimmung für eine<br />

Verlängerung und nur noch 25 % sprachen sich für die pünktliche<br />

Abschaltung aus. Das zeigt nicht nur, dass die Bevölkerung durchaus<br />

vernünftig ist – es haben sich auch 57 % der Befragten gegen ein<br />

schnelles Energieembargo gegen Russland ausgesprochen – sondern<br />

auch, dass die Kernenergie eben nicht so unbedingt abgelehnt wird,<br />

wie es oft dargestellt wird.<br />

Nicolas Wendler<br />

– Chefredakteur –<br />

Editorial<br />

Bis die Welt zusammenfällt


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

4<br />

CONTENTS<br />

Ausgabe 3<br />

2022<br />

Mai<br />

Inhalt<br />

Editorial<br />

Bis die Welt zusammenfällt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3<br />

Did you know? 5<br />

Seminarprogramm INFORUM Mai 2022. . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

Kalender 8<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Die Deutsche Energiepolitik nach dem 24. Februar 2022 . . . . . . . .9<br />

Martin Neumann<br />

Update on U.S. <strong>Nuclear</strong> Energy Policy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

Edward Kee<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland . . . . . . . . . 15<br />

Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich<br />

Environment and Safety<br />

<strong>Nuclear</strong> Threat Resulting from Russian Military Occupation<br />

of Chornobyl Exclusion Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

Anatolii V. Nosovskyi, Vyacheslav M. Shestopalov, Iurii Shybetskyi, Jürgen Krone<br />

KERNTECHNIK 2022<br />

Programmvorschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

Wäre ein Gesetz zur Laufzeitverlängerung rechtlich möglich? . . . 34<br />

Christian Raetzke<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation<br />

Dossier: Debatte über den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken<br />

zur Energiesicherung im Zusammenhang mit dem<br />

Krieg in der Ukraine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />

KTG – Fachinfo. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

News . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

Cover:<br />

Reaktordruckbehälter KKI2 beim Entladen während<br />

der Revision 2021 (© PreussenElektra GmbH)<br />

Vor 66 Jahren<br />

<strong>International</strong>e Kern<strong>for</strong>schung und Atomwirtschaft . . . . . . . . . . 72<br />

KTG Inside . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

Inhalt


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Did you know?<br />

Die neue Britische Energiesicherheitsstrategie – 24 GW Kernenergie für die<br />

Versorgungssicherheit<br />

Wie in Deutschland hat auch in Großbritannien der Krieg<br />

in der Ukraine einen starken Einfluss auf die energiepolitische<br />

Diskussion und führte dazu, dass neben dem<br />

klimapolitischen Ziel der Beendigung der Nutzung fossiler<br />

Energierohstoffe auch und dringend das Ende des<br />

Imports von Energierohstoffen und -produkten aus Russland<br />

zu einem strategischen Ziel wurde. Darum hat die<br />

britische Regierung am 7. April 2022 neben den bestehenden<br />

energiepolitischen Strategiepapieren aus 2021<br />

Ten point plan <strong>for</strong> a green industrial revolution“ und „Net<br />

zero strategy“, die „British energy security strategy“ veröffentlicht.<br />

Mit Hilfe der Strategie, die sämtliche heutigen Energietechniken<br />

und Energieverwendungen sowie Effizienzmaßnahmen<br />

umfasst, sollen bis 2030 100 Milliarden<br />

Pfund private Investitionen in grüne und saubere Technologien<br />

mobilisiert werden. Ähnlich wie im „Osterpaket“<br />

des Bundeswirtschaftsministeriums gehört zur Strategie<br />

auch der beschleunigte Ausbau von erneuerbaren Energien,<br />

der Abbau von regulatorischen Hemmnissen und<br />

die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren in<br />

diesem Bereich. Als Ziele sind etwa der Ausbau der<br />

offshore Windkraft auf bis zu 50 GW installierte Leistung<br />

bis 2030 oder die Verfünffachung der installierten Solarleistung<br />

von 14 auf 70 GW bis 2035 vorgesehen. Übergeordnete<br />

Zielsetzung ist es, bis 2030 zu 95 % CO 2 -armen<br />

Strom zu erzeugen und den Stromsektor bis 2035 vollständig<br />

zu dekarbonisieren, soweit die Versorgungssicherheit<br />

gewährleistet ist.<br />

Im großen Unterschied zu Deutschland spielt in der britischen<br />

Energiestrategie aber auch die Kernenergie eine<br />

große Rolle, die nach dem durchwachsenen Erfolg der<br />

Wiederbelebung der Kernenergie in Großbritannien im<br />

vergangenen Jahrzehnt nun vehement angeschoben<br />

werden soll. In dem Strategiepapier wird beklagt, dass<br />

sukzessive Regierungen die notwendigen Investitionen in<br />

die britische Kernenergie nicht getätigt hätten und es<br />

wird angekündigt, dass diese jahrzehntelange Kurzsichtigkeit<br />

und das Unterinvestment nun mit einem massiven<br />

Investitionsprogramm korrigiert werden und auch zur<br />

Kostensenkung in den kommenden 30 Jahren in großem<br />

Maßstab investiert werden solle. Begründet wird dies<br />

damit, dass die Kernenergie die einzige großskalige Technologie<br />

sei, die CO 2 -arm und verlässlich auch dann Strom<br />

produzieren könne, wenn der Wind nicht wehe und die<br />

Sonne nicht scheine. Es wird dabei herausgestellt, dass<br />

auf gleicher Fläche ein Kernkraftwerk 100 Mal soviel<br />

Strom erzeugen könne wie eine Solaranlage und dass nur<br />

mit der Kernenergie eine ausreichende Grundlastversorgung<br />

gewährleistet werden könne.<br />

Zunächst wird auf bereits erfolgte Maßnahmen im<br />

Rahmen des Zehn-Punkte-Programms hingewiesen. Im<br />

Bereich der Kernenergie sind das die Bereitstellung von<br />

1,7 Milliarden Pfund um eine Investitionsentscheidung<br />

für ein weiteres Neubauprojekt bis 2024 herbei zu führen,<br />

die Bereitstellung von 100 Millionen Pfund, um das<br />

Projekt Sizewell C voranzubringen, 210 Millionen Pfund,<br />

um die Entwicklung eines britischen SMR mit Rolls Royce<br />

voranzubringen und 120 Millionen Pfund für den Future<br />

<strong>Nuclear</strong> Enabling Fund, mit dessen Hilfe Markteintrittsbarrieren<br />

für neue Reaktortypen überwunden werden<br />

sollen.<br />

Die Zielvorgabe für die Kernenergie in der British energy<br />

security strategy ist nun bis 2050 ein Aufbau von<br />

DID YOU EDITORIAL KNOW? 5<br />

Kernenergie: Großartige britische Kernenergie mit ehrgeizigen Zielen, Erfahrung und projektbezogener Unterstützung verwirklichen<br />

Schlüsselvorhaben Ziel Ende 2022 Ziel 2023 Ziel 2024 Ziel 2030 Ziel 2050<br />

Bis zu 8 Reaktoren<br />

über die nächste<br />

Projektserie<br />

voranbringen<br />

Das Great British<br />

<strong>Nuclear</strong> Vehicle<br />

(GBN) soll<br />

bestimmt sein und<br />

<br />

<br />

Bis zu 8 Rektoren<br />

sollen sich in einem<br />

<strong>for</strong>tgeschrittenen<br />

Stadium befinden<br />

<br />

<br />

<br />

Bis 2050 24 GW<br />

installierte<br />

Leistung erreichen,<br />

um 25 % des<br />

Strombedarfs zu<br />

decken<br />

Beginn der<br />

Eruierung des<br />

Great British<br />

<strong>Nuclear</strong><br />

Development<br />

Vehicle ab dem<br />

kommenden<br />

Monat (Mai 2022)<br />

aufgebaut werden<br />

Die Finanzierung<br />

des Future <strong>Nuclear</strong><br />

Enabling Fund soll<br />

stehen<br />

Der Auswahl<br />

prozess für<br />

weitere<br />

Kernenergieprojekte<br />

soll<br />

begonnen<br />

werden<br />

Bis 2024 soll die<br />

abschließende<br />

Investitionsentscheidung<br />

für<br />

ein Kernenergie-<br />

Neubauprojekt<br />

getroffen sein<br />

Bis zu 24 GW<br />

installierte Kernenergieleistung<br />

für<br />

bis zu 25 % des<br />

Strombedarfs<br />

Für weitere<br />

In<strong>for</strong>mationen<br />

kontaktieren Sie bitte:<br />

Nicolas Wendler<br />

KernD<br />

Berliner Straße 88A<br />

13467 Berlin<br />

Germany<br />

E-mail: presse@<br />

KernD.de<br />

www.KernD.de<br />

Did you know?


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

DID YOU EDITORIAL KNOW? 6<br />

insgesamt bis zu 24 GW installierter Leistung Kernenergie<br />

– einschließlich der 7 GW der Projekte Hinkley Point C und<br />

Sizewell C. Damit sollen in 2050 bis zu 25 Prozent des –<br />

gestiegenen – Strombedarfs mit Kernenergie gedeckt<br />

werden, statt ca. 15 % heute und rund 20 % bis vor einigen<br />

Jahren. Diese Zielvorgabe ist eine deutliche Abweichung<br />

nach oben im Vergleich zu den beiden anderen Dokumenten,<br />

in denen die Kernenergie eher stiefmütterlich behandelt<br />

wurde und es keine wirklichen vorwärtsgerichteten<br />

Ambitionen in diesem Bereich gab. Konkret sollen bis<br />

2024 die Investitionsentscheidung für ein zusätzliches<br />

Projekt fallen, bis 2030 dann für zwei weitere. Dabei gilt<br />

jeweils die Bedingung der Kostengünstigkeit und des<br />

Vorliegens der er<strong>for</strong>derlichen Genehmigungen. Es soll<br />

neue Anlagen an insgesamt acht Standorten geben und<br />

das Tempo des Ausbaus der Kernenergie soll von aktuell<br />

einer neuen Anlage pro Jahrzehnt in der Tendenz auf einen<br />

neuen Reaktor pro Jahr beschleunigt werden.<br />

Eine weitere Maßnahme ist die Etablierung des Great<br />

British <strong>Nuclear</strong> Vehicle als Körperschaft in Kooperation mit<br />

der Industrie, die die Umsetzung der Projekte in jeder<br />

Phase unterstützen und eine stabile Pipeline nuklearer<br />

Projekte ermöglichen soll. Der Auswahlprozess für<br />

unterstützungswürdige Projekte soll bereits 2023 beginnen<br />

und die Projekte sollen finanziell unterstütz oder ggf.<br />

mit staatlichen Finanzmitteln versehen werden. Bei<br />

Aufrechterhaltung eines hohen Niveaus nuklearer Sicherheit<br />

sollen Genehmigungsprozesse gestrafft und die An<strong>for</strong>derungen<br />

bereinigt werden.<br />

In der Energiesicherheitsstrategie wird auch das Thema<br />

Wasserstoffwirtschaft behandelt. Die Produktionskapazität<br />

soll bei 10 GW liegen, davon die Hälfte mittels Elektrolyse.<br />

Bis 2025 soll es im Vereinigten Königreich Elektrolyseure<br />

mit einer Produktionskapazität von 1 GW in Betrieb<br />

oder in Bau geben. Als Energiequelle für Wasserstoff ist<br />

auch Kernenergie möglich.<br />

Die britische Regierung strebt bei der Entwicklung von<br />

kleinen modularen Reaktoren auch internationale<br />

Partnerschaften an und möchte die Kompetenz in Sachen<br />

Urananreicherung und Brennelementfertigung in eine<br />

internationale strategische Kooperation zur Erlangung von<br />

Energieunabhängigkeit von Russland einbringen. Auf der<br />

vorherigen Seite finden Sie die wesentlichen Meilensteine<br />

der Energiesicherheitsstrategie für die Kernenergie in<br />

tabellarischer Form.<br />

Advertisement<br />

9 - 10 JUNE 2022, VIRTUAL CONFERENCE<br />

SAFETY IN NUCLEAR POWER PLANTS 2022<br />

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until 18th<br />

March 2022<br />

Welcoming leaders and decision-makers from the nuclear industry, responsible <strong>for</strong> the management of<br />

nuclear fuel, assessment of safety standards, design, operation & maintenance and safety engineering to<br />

discuss ongoing challenges, trends and build business relationships through productive networking and<br />

knowledge-sharing.<br />

SPEAKERS:<br />

EDF<br />

Exelon<br />

Vattenfall<br />

Slovenské<br />

Elektrárne<br />

SD "South Ukraine<br />

NPP"<br />

Fermi Energia<br />

TOPICS:<br />

• Issues Human Per<strong>for</strong>mance<br />

• Issues Affecting Construction Speed & the Quality of NPPs<br />

• Improving Operational Per<strong>for</strong>mance & Effects of Operating Experience<br />

• Safety Culture - Driving Safety Behaviors<br />

• Application of Automated Configuration Management Systems in Crisis<br />

Management<br />

• Enhancing Security in NPPs<br />

• Future of NPPs & Further Advancements of <strong>Nuclear</strong> Safety<br />

"We promise the longest average minutes<br />

of direct peer-to-peer networking!"<br />

Register<br />

Now<br />

www.prosperoevents.com<br />

+420 255 719 045 | info@prosperoevents.com<br />

Did you know?


Kommunikation und<br />

Training für Kerntechnik<br />

SEMINARPROGRAMM | MAI 2022<br />

Dual-Use-Re<strong>for</strong>m und Exportkontrolle kerntechnischer<br />

Produkte und Dienstleistungen<br />

TERMIN 10. MAI 2022<br />

PREIS 398,– € zzgl. gesetzl. USt.<br />

WEBINAR<br />

Referent<br />

RA Kay Höft M.A. (BWL)<br />

Rechtsanwalt der Kanzlei für<br />

Außenwirtschaftsrecht, Hamburg<br />

Grundlagenschulung: Einführung in die Kern- und Entsorgungstechnik<br />

TERMIN 18. - 20. MAI 2022<br />

PREIS 1.398,– € zzgl. gesetzl. USt.<br />

WEBINAR<br />

Referent<br />

Dipl.-Ing. Christoph Leichmann<br />

ENGIE Deutschland GmbH<br />

English <strong>for</strong> the <strong>Nuclear</strong> Industry<br />

TERMIN 19.-20. MAI 2022<br />

PREIS 898,– € zzgl. gesetzl. USt.<br />

Referentin<br />

Angela Lloyd<br />

Language trainer (English Native Speaker)<br />

ORT<br />

BERLIN<br />

Atomrecht – Was Sie wissen müssen<br />

TERMIN 25. MAI 2022<br />

PREIS 625,– € zzgl. gesetzl. USt.<br />

WEBINAR<br />

Referenten Akos Frank LL. M. (SULS Boston)<br />

Experte für Handelsrecht,<br />

Group Senior Legal Counsel, NKT A/S<br />

Dr. Christian Raetzke<br />

Rechtsanwalt, Leipzig<br />

Für weitere In<strong>for</strong>mationen besuchen Sie unsere Website<br />

www.kernd.de/kernd/seminare<br />

Anfragen und Anmeldungen: seminare@kernd.de


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Kalender<br />

CALENDAR 8<br />

2022<br />

04.05. – 06.05.2022<br />

NUWCEM 2022 – 4th <strong>International</strong><br />

Symposium on Cement-Based Materials <strong>for</strong><br />

<strong>Nuclear</strong> Wastes.<br />

SFEN, Avignon, France<br />

www.new.sfen.org<br />

08.06. – 09.06.2022<br />

Virtual Conference<br />

<strong>Nuclear</strong> Innovation Conference 2022.<br />

NRG<br />

www.nuclearinnovationconference.eu<br />

10.07. – 15.07.2022<br />

SMiRT 26 – 26th <strong>International</strong> Conference<br />

on Structural Mechanics in Reactor Technology.<br />

German Society <strong>for</strong> Non-Destructive Testing,<br />

Berlin/Potsdam, Germany<br />

www.smirt26.com<br />

15.05. – 20.05.2022<br />

PHYSOR 2022 – <strong>International</strong> Conference<br />

on Physics of Reactors 2022.<br />

ANS, Pittsburgh, PA, USA,<br />

www.ans.org<br />

DECOM 2022.<br />

cvent, Shropshire, UK<br />

web-eur.cvent.com<br />

20.07.2022<br />

18.05. – 20.05.2022<br />

<strong>International</strong> <strong>Power</strong> Summit 2022.<br />

Progressive Media <strong>International</strong>, Berlin, Germany<br />

registration.pmi-live.com/tc-events/international-power-summit-2022/<br />

08.06. – 09.06.2022<br />

<strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plants - IV. Expo & VIII. Summit.<br />

inppes Expo, Istanbul, Turkey<br />

www.nuclearpowerplantsexpo.com<br />

04.09. – 09.09.2022<br />

NUTHOS-13 – 13th <strong>International</strong> Topical<br />

Meeting on <strong>Nuclear</strong> Reactor Thermal<br />

Hydraulics, Operation and Safety.<br />

ANS, Taichung, Taiwan<br />

www.ans.org<br />

18.05. – 20.05.2022<br />

4th CORDEL Regional Workshop –<br />

Harmonization to support the operation<br />

and new build of NPPs including SMR.<br />

World <strong>Nuclear</strong> Association, Lyon, France<br />

events.<strong>for</strong>atom.org<br />

22.05. – 25.05.2022<br />

NURER 2022 – 7th <strong>International</strong> Conference<br />

on <strong>Nuclear</strong> and Renewable Energy Resources.<br />

ANS, Ankara, Turkey,<br />

www.ans.org<br />

Postponed TBD<br />

IYNC - <strong>International</strong> Youth <strong>Nuclear</strong> Congress.<br />

IYNC<br />

iync2022.org<br />

09.06. – 10.06.2022<br />

Virtual Conference<br />

Safety in <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plants 2022.<br />

Prospero Events<br />

www.prosperoevents.com<br />

07.09. – 09.09.2022<br />

World <strong>Nuclear</strong> Association Symposium.<br />

WNA, London, UK<br />

www.wna-symposium.org<br />

03.10. – 06.10.2022<br />

G4SR-4 - 4th <strong>International</strong> Conference on<br />

Generation IV and Small Reactors.<br />

Canadian <strong>Nuclear</strong> Society, Toronto, Canada<br />

www.g4sr.org<br />

09.10. – 13.10.2022<br />

TopFuel 2022 - Light Water Reactor Fuel<br />

Per<strong>for</strong>mance Conference.<br />

ANS, Raleigh, NC, USA<br />

www.ans.org/meetings/topfuel2022<br />

30.05. – 03.06.2022<br />

FISA 2022 – EURADWASTE ’22.<br />

European Commission, Lyon, France<br />

events.<strong>for</strong>atom.org<br />

21.06. – 22.06.2022<br />

KERNTECHNIK 2022.<br />

KernD and KTG, Leipzig, Germany<br />

www.kerntechnik.com<br />

06.06. – 07.06.2022<br />

<strong>Nuclear</strong> Journey to 2050.<br />

FORATOM, Helsinki, Finland<br />

events.<strong>for</strong>atom.org/nuclear-europe-2022<br />

06.06. – 10.06.2022<br />

RRFM - European Research Reactor Conference.<br />

ENS, Budapest, Hungary<br />

ens.eventsair.com/research-reactorconference-2022<br />

04.07. – 06.07.2022<br />

DAEF 2022 - Conference on Key Topics in Deep<br />

Geological Disposal.<br />

KIT, Cologne, Germany<br />

www.daef2022.org<br />

06.07. – 08.07.2022<br />

GLOBAL 2022 – <strong>International</strong> Conference<br />

on <strong>Nuclear</strong> Fuel Cycle<br />

SFEN, Reims, France,<br />

www.new.sfen.org<br />

15.11. – 16.11.2022<br />

12th <strong>International</strong> Symposium<br />

Release of Radioactive Materials | Provisions <strong>for</strong><br />

Clearance and Exemption.<br />

TÜV Nord, Frankfurt, Germany<br />

www.tuev-nord.de<br />

07.06. – 09.06.2022<br />

Hybrid<br />

Nordic <strong>Nuclear</strong> Forum.<br />

Fin<strong>Nuclear</strong>, Helsinki, Finland<br />

nordicnuclear<strong>for</strong>um.fi<br />

15.11. – 17.11.2022<br />

ICOND 2022.<br />

Aachen Institute <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Training, Aachen,<br />

Germany<br />

www.icond.de<br />

This is not a full list and may be subject to change.<br />

Calendar


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Die Deutsche Energiepolitik nach dem<br />

24. Februar 2022<br />

Prof. Dr. Ing. Martin Neumann<br />

Vieles was vor dem 24. Februar als Maßstab in der deutschen Energiepolitik galt, muss in Anbetracht der<br />

aktuellen geopolitischen Lage neu bewertet werden. Die Szenarien des Ausstiegs aus der Braunkohleverstromung<br />

– idealerweise bis 2030 – und die Abschaltung der letzten noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke<br />

– alles Makulatur? Klar ist, der Krieg Putins in der Ukraine offenbart, dass eine Neuausrichtung der<br />

Energiepolitik nun zügiger er<strong>for</strong>derlich ist – es müssen vor allem viele bisher sicher geglaubte Wege verlassen<br />

werden. Eine stärker werteorientierte Ausrichtung unserer Energiepolitik ist eine der großen Heraus<strong>for</strong>derungen.<br />

Die Rohstoffe dieser Welt liegen zum großen Teil<br />

nicht unter dem Boden demokratischer Staaten,<br />

ihre Verteilung hat sich durch den Krieg gegen die<br />

Ukraine nicht verändert. Hinzukommt, dass<br />

Deutschland bisher nicht autark war und es auch in<br />

Zukunft nicht sein wird. Deutschland wird also<br />

auch in Zukunft regelmäßig zu rund 70 % auf Energieimporte<br />

angewiesen sein. Durch Putins Krieg<br />

gegen die Ukraine hat sich diese Situation nicht<br />

verändert. Mindestens genauso wichtig wie die<br />

Absicherung unserer Energieversorgung ist die<br />

Rückkehr zu einem Dialog auf Augenhöhe.<br />

Die Sanktionen gegen Russland sind zurzeit wahrscheinlich<br />

zumindest teilweise wirksam. Aber zu<br />

oft zeigt sich bei Sanktionen – wie am Beispiel<br />

Nordkorea, Venezuela oder Iran –, dass diese nicht<br />

zu den erhofften Ergebnissen führen. Nur als wirtschaftlich<br />

starkes Land kann Deutschland in der EU<br />

maßgeblich zu Sicherheit und Stabilität in Europa<br />

und der Welt beitragen. Voraussetzung für wirtschaftliche<br />

Stärke ist eine bezahlbare und sichere<br />

Energieversorgung.<br />

– Energieimporten zu verringern. Wieviel Energie<br />

lässt schon dadurch einsparen, wenn eine Heizungsanlage<br />

richtig eingestellt wird. Beim sogenannten<br />

hydraulischen Abgleich einer Heizungsanlage kann<br />

bis zu 40 % der Energie eingespart werden, ohne<br />

dass es zu Kom<strong>for</strong>teinbußen kommt. Und das auch<br />

noch für relativ wenig Geld. Aber auch im Umgang<br />

mit Heizungsanlagen fehlt es beim Nutzer oft an<br />

einfachen, aber notwendigen In<strong>for</strong>mationen. Wenn<br />

ich in Deutschland ein Bügeleisen kaufe, bekomme<br />

ich eine umfangreiche Gebrauchsanweisung –<br />

warum nicht als Mieter oder Eigentümer eine angemessene<br />

In<strong>for</strong>mation zum Umgang mit der<br />

Heizungsanlage. Die Palette sinnvoller Maßnahmen<br />

lässt sich deutlich verlängern.<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 9<br />

Die Kooperation mit Russland bzgl. der Energieversorgung<br />

war auch für uns sehr vorteilhaft und ist<br />

nicht der Grund des aktuellen Konfliktes. Der Krieg<br />

in der Ukraine verändert aber (fast) alles und offenbart<br />

Fehler und politische Fehleinschätzungen der<br />

Vergangenheit bei der Struktur, Gestaltung und<br />

Entwicklung des nationalen Energiemix. Versorgungssicherheit,<br />

Verfügbarkeit, bezahlbare Kosten<br />

und Wirtschaftlichkeit sowie die Verminderung der<br />

Treibhausgasemissionen, können und müssen<br />

durch echte Technologieoffenheit in der Energieversorgung<br />

und breite Diversifikation beim Energieträgerimport<br />

erreicht werden.<br />

Es sind Entscheidungen zu treffen, um die Abhängigkeit<br />

von – insbesondere russischen<br />

| Abb. 1<br />

Primärenergieverbrauch nach Energieträgern (* vorläufige Angaben).<br />

(Quelle: AG Energiebilanzen)<br />

Der Primärenergieverbrauch Deutschlands betrug 2021 12.193* Petajoule.<br />

Rund 70 % des Primärenergiebedarfs muss Deutschland durch Importe decken (Stand 2020).<br />

Wie geht es weiter, wenn Russland tatsächlich die<br />

Lieferung einstellt, weil nicht mit Rubel bezahlt<br />

wird? Oder einfach andere Dinge passieren, die<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Die Deutsche Energiepolitik nach dem 24. Februar 2022 ı Prof. Dr. Ing. Martin Neumann


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Primärenergieimporte<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 10<br />

Energieträger Importquote 2020*<br />

momentan nicht für möglich gehalten werden? Der<br />

Blick auf konkrete Zahlen zeigt die Zusammenhänge<br />

klar und deutlich: Die bisherigen deutschen<br />

Importe aus Russland lagen 2021 für Steinkohle bei<br />

50 %, bei Mineralöl bei fast 50 % und bei Erdgas bei<br />

55 %. Auch bei Uran war Russland für die EU mit<br />

rund 20 % ein wichtiger Lieferant.<br />

Wenn wir jetzt wissen, dass große Mengen von nur<br />

einem Lieferanten große Probleme schaffen<br />

können, dann lohnt sich immer darüber nachzudenken,<br />

Importquoten aus einer Bezugsquelle zu<br />

Anteil des Energieträgers<br />

am Primärenergieverbrauch 2020<br />

Anteil des Energieträgers<br />

an der Bruttostromerzeugung 2020<br />

Braunkohle -2,2 % 8,0 % 16,0 %<br />

Steinkohle 100,0 % 7,5 % 11,3 %<br />

Uran 100,0 % 5,9 % 11,3 %<br />

Mineralöl 98,0 % 34,3 % 16,1 %<br />

Erdgas** 94,4 % 26,5 % 0,8 %<br />

Erneuerbare Energien*** 0,8 % 16,5 % 43,9 %<br />

* Anteil des Primärenergieverbrauchs, der nicht durch Gewinnung im Inland gedeckt ist. (Eine negative Angabe bedeutet,<br />

dass im Inland vom jeweiligen Energieträger mehr gewonnen als verbraucht wurde. Der Überschuss wurde entweder<br />

exportiert oder den Vorräten hinzugefügt.)<br />

** Importquote für Naturgase (Erdgas, Erdölgas, Grubengas)<br />

*** Importiert werden Anteile der Energieträger "feste biogene Stoffe" (darunter Holzkohle),<br />

"flüssige biogene Stoffe" und "Biokraftstoffe"<br />

| Abb. 2<br />

Primärenergieimporte.<br />

Quelle: Umweltbundesamt, Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik<br />

(AGEE-Stat) und auf Basis von: AG Energiebilanzen, Auswertungstabellen<br />

zur Energiebilanz für die Bundesrepublik Deutschland 1990 bis 2020, Stand<br />

09/2021; AG Energiebilanzen, Bruttostromerzeugung in Deutschland von<br />

1990 bis 2020 nach Energieträgern, Stand 02/2021<br />

begrenzen. Ich habe zuletzt Diskussionen erlebt –<br />

sind es nun 10 oder 20 – vielleicht sogar 30 % von<br />

einem Lieferanten? Wichtig bleiben die Fragen, wer<br />

liefert und ist der Lieferant zuverlässig?<br />

Erdgas ist der Energieträger, der für Industrie und<br />

Haushalte, für Prozesswärme aber auch für Gebäudeheizung<br />

und vieles andere eine besondere Bedeutung<br />

hat. Sind wir doch alle bisher davon ausgegangen,<br />

dass Erdgas als Brücke zur Grundlastfähigkeit<br />

alternativer Energien dienen wird. Als Brücke<br />

zu modernen Wasserstofftechnologien. War es<br />

| Abb. 3<br />

Strommix 2021 - Stromerzeugung in Deutschland [Netto].<br />

(Quelle: STROM-REPORT.de)<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Die Deutsche Energiepolitik nach dem 24. Februar 2022 ı Prof. Dr. Ing. Martin Neumann


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Naivität, Fahrlässigkeit oder einfach nur Politikversagen?<br />

Russland hat immer, auch in Zeiten des<br />

kalten Krieges, zuverlässig geliefert sagen viele, die<br />

die jetzige Situation bis zum 24. Februar nicht für<br />

möglich gehalten haben.<br />

Brauchen wir jetzt nicht eine Inventur der real<br />

verfügbaren Energieträger auf der einen Seite und<br />

des Energiebedarfs von Wirtschaft und Verbrauchern<br />

auf der anderen Seite? Viel spannender ist<br />

deshalb die Frage wo in den Haushalten, aber auch<br />

in der Industrie Erdgas in der Anwendung bei Fernwärme,<br />

in der Industrie und im Stromsektor wirtschaftlich<br />

sinnvoll reduziert werden kann. Wie<br />

stellt sich nun die aktuelle Situation konkret dar?<br />

Parallel zum Ausbau der Erneuerbaren Energien<br />

sollen u. a. alle deutschen Kohlekraftwerke planmäßig<br />

bis spätestens 2038 stillgelegt werden. Im<br />

Koalitionsvertrag der Ampelregierung ist die Rede<br />

von einem Ausstieg – idealerweise – bereits 2030.<br />

Im Moment ist aber kaum etwas ideal. Zur Gewährleistung<br />

der Versorgungssicherheit ist der Ausbau<br />

von wetterunabhängigen Gaskraftwerken vorgesehen,<br />

die langfristig mit Biogas und/oder Wasserstoff,<br />

übergangsweise aber auch mit Erdgas (mit/<br />

ohne CCS) betrieben werden sollen.<br />

Sollten Biogas, Wasserstoff und Erdgas oder die<br />

er<strong>for</strong>derlichen Kraftwerkskapazitäten nicht rechtzeitig<br />

in ausreichender Menge zur Verfügung<br />

stehen, ist ein vorübergehender Weiterbetrieb von<br />

Kohlekraftwerken einzuleiten. Hierzu ist rechtzeitig<br />

und regelmäßig eine Überprüfung zuverlässiger<br />

Brennstoffversorgung vorzunehmen.<br />

denkbar. Um auch künftig über genügend<br />

Planungszeit zu verfügen, wäre der Ausbau der<br />

Kapazität der Gasspeicher mit einer Reichweite<br />

von z. B. einem Jahr denkbar.<br />

Wärmeversorgung von Haushalten und<br />

Industrie<br />

Während eine Umstellung der Stromversorgung,<br />

ob der ohnehin stattfindenden Energiewende<br />

relativ einfach möglich scheint, ist eine Umstellung<br />

der sehr kleinteiligen und maßgeschneiderten<br />

Wärmeversorgung nur langfristig zu realisieren.<br />

Ca. 50 % des Wohnungsbestandes wird vor Ort mit<br />

Erdgas und etwa 25 % mit Heizöl beheizt.<br />

Für eine Umstellung wäre in der Regel ein neuer<br />

Kessel oder eine Therme zu installieren. Dieser<br />

Prozess betrifft Haus- und Wohnungsbesitzer, die<br />

durch geeignete Maßnahmen, unterstützt werden<br />

sollten, um den Erdgasverbrauch zu reduzieren und<br />

die Effizienz insgesamt zu steigern. Dazu gehört<br />

u. a. eine objektbezogene und ganzheitliche Energieberatung.<br />

Wesentlich ist, dass in jedem Fall<br />

Investitionssicherheit gewährleistet wird.<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 11<br />

Gaskraftwerke<br />

Kurz- und mittelfristig sind bisher wegen der relativ<br />

geringen CO2-Emissionen Gaskraftwerke als Substitution<br />

von Kohle- und Kernkraftwerken vorgesehen.<br />

Langfristig mit dem Aufbau einer ausreichenden<br />

und zuverlässigen Wasserstoffinfrastruktur<br />

sollen Gaskraftwerke komplementär zur<br />

volatilen Stromerzeugung durch Photovoltaik- und<br />

Windkraftanlagen betrieben werden. Im Ausbauzustand<br />

wäre also eine Versorgung mit Wasserstoff<br />

oder Biogas sicherzustellen. Kurz- und mittelfristig<br />

sollte eine diversifizierte Beschaffung organisiert<br />

werden. Aus Kostengründen ist ein Bezug über<br />

Pipeline vorteilhaft. Aus Sicht der Versorgungssicherheit<br />

sollte der schon diskutierte direkte Zugang<br />

zu LNG zügig umgesetzt werden. Der Bau und<br />

Betrieb von Schiffsterminals in Deutschland, aber<br />

auch der Zugang und die Nutzung von LNG-<br />

Terminals im Ausland, eventuell mit Anbindung<br />

per Pipeline stellen eine Alternative dar. Parallel<br />

wäre ein Ausbau von Lieferungen aus Norwegen<br />

| Abb. 4<br />

Beheizungsstruktur des Wohnungsbestandes in Deutschland 2021.<br />

(Quelle: BDEW)<br />

Deutschland braucht mindestens 2.700 TWh für<br />

die nationale Gesamtenergieversorgung. Davon<br />

sind ca. 20 % Strom – die restlichen 80 % kommen<br />

für Gebäude, Wärme und Kälte, aber auch Verkehr<br />

und Landwirtschaft zur Anwendung. Argumentiert<br />

wird, dass der Ausbau alternativer Energien<br />

schneller erfolgen muss. Das ist im Ansatz ein<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Die Deutsche Energiepolitik nach dem 24. Februar 2022 ı Prof. Dr. Ing. Martin Neumann


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

10.05.2021 Folie 1 SP-V/Ba<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 12<br />

Installierte Leistung und Erzeugung 2020*<br />

Gesamte Elektrizitätswirtschaft<br />

Wind auf See<br />

Wind an Land<br />

Photovoltaik<br />

Biomasse und<br />

sonst. Erneuerbare Energien<br />

sonstige konv. Energieträger<br />

Erdgas<br />

Steinkohle<br />

Braunkohle<br />

Kernenergie<br />

Wasserkraft<br />

Quellen: Destatis, BDEW; Stand 04/2021<br />

24,0%<br />

4,2%<br />

4,8%<br />

13,4%<br />

10,7%<br />

9,2%<br />

3,6%<br />

| Abb. 5<br />

Elektrizitätswirtschaft – Installierte Leistung und Erzeugung 2020*.<br />

(Quellen: Bestatis, BDEW)<br />

richtiger Weg. Aber was wird sich jetzt ändern bzw.<br />

was müsste sich ändern und ist es damit tatsächlich<br />

getan? Das Problem der Dunkelflauten ist damit<br />

nicht gelöst. Orientiert man sich an den Berichten<br />

der Vergangenheit, dann sind wir auch schon in den<br />

vergangenen Monaten gefährlich nah an den Punkt<br />

gelangt, an dem das Licht plötzlich ausgehen kann.<br />

Damit das nicht passiert, muss verantwortliche<br />

Politik alle bisherigen Ausstiegsszenarien zügig<br />

und ergebnisoffen unter den Aspekten Versorgungssicherheit,<br />

Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit<br />

überprüfen und für einen Weiterbetrieb<br />

abwägen. Wichtig sind dabei nicht nur die über das<br />

gesamte Jahr insgesamt gelieferten Energiemengen<br />

– die sogenannten bilanziellen Energiemengen -<br />

sondern vor allem die zu jeder Zeit lieferbaren<br />

Energiemengen aus wetterabhängigen – den sogenannten<br />

volatilen – und den konventionellen Energieanlagen.<br />

Der Wechsel hin zu einem verstärkten Wasserstoffeinsatz<br />

braucht grundsätzlich sehr viel Strom – und<br />

deshalb die Unterstützung durch Klimaschutzverträge.<br />

Strom muss preiswert sein und deshalb von<br />

staatlichen Preisbestandteilen befreit werden. Es<br />

lohnt auch der Blick auf die Gesetze, die im Zuge<br />

der Energiewende beschlossen wurden. Was muss<br />

aktualisiert, vielfach aber auch novelliert werden?<br />

Manchmal würde es schon reichen, diese Gesetze<br />

einfacher und verständlicher zu machen. Das<br />

beginnt schon bei der Eigenstromversorgung wo<br />

man vieles für den Nutzer wirtschaftlicher und<br />

anwendungsfreundlicher machen könnte.<br />

3,4% 5,0%<br />

24,2% 19,1%<br />

Installierte Leistung**<br />

224,7 GW (netto)<br />

9,3%<br />

8,6%<br />

3,8%<br />

16,6%<br />

7,2%<br />

15,7%<br />

11,3%<br />

2,5% 3,4%<br />

Stromerzeugung<br />

539,4 TWh (netto)<br />

*vorläufig **ohne Einspeiseleistung von Stromspeichern<br />

Die 2022 als letzte am Netz verbliebenen drei Kernkraftwerke<br />

(KKE Emsland, GKN-2 Neckarwestheim<br />

und KKI-2 Isar) haben eine Leistung von<br />

zusammen ca. 4,3 GW und können ca. 34 TWh<br />

Strom p.a. erzeugen. Die Ende 2021 vom Netz<br />

genommenen Kernkraftwerke (Grohnde, Gundremmingen<br />

C, Brokdorf) hatten eine Leistung von<br />

zusammen ca. 4,1 GW. In vielen Diskussion geht es<br />

nun um die Frage eines befristeten Weiterbetriebs<br />

über 2022 hinaus. Hierzu müssten aber auch<br />

Personal zumindest teilweise reaktiviert und neu<br />

rekrutiert und neue Brennelemente beschafft<br />

werden. Zur politischen Entscheidung für oder<br />

gegen einen lückenlosen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke<br />

müssen somit eine Reihe von Fragen<br />

schnell geklärt werden. Für einen Weiterbetrieb<br />

spricht die schnelle und sichere Verfügbarkeit von<br />

weitgehend treibhausgasfreier Erzeugung von<br />

Strom in relevanten Mengen.<br />

Die schwerwiegenden Veränderungen der weltpolitischen<br />

Rahmenbedingungen er<strong>for</strong>dern deshalb<br />

schnelle Entscheidungen ohne Denkverbote.<br />

Wesentlich bleibt, dass alle einheimischen Energieträger<br />

und Technologien, die klimaneutral sind,<br />

wichtig für die Grundlast als Teil der Gesamtlösung<br />

und damit für die Versorgungssicherheit bleiben.<br />

Das betrifft u. a. Biomasse, Geothermie und<br />

Abwärme.<br />

Energieeffizienz spielt in allen Betrachtungen eine<br />

entscheidende Rolle. In einer umfangreichen<br />

Studie wurde festgestellt, dass deutschlandweit ca.<br />

80 % der Heizungsanlagen im Bestand, zwei- bis<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Die Deutsche Energiepolitik nach dem 24. Februar 2022 ı Prof. Dr. Ing. Martin Neumann


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

dreimal größer in der Leistung ausgelegt sind, als<br />

eigentlich nach der Heizlast notwendig wäre. Mit<br />

Blick auf den resultierenden Energieumsatz ist es<br />

wesentlich, ob die Heizungsanlage auf 10 kW oder<br />

eben 20 kW ausgelegt ist. Die Praxis liefert dafür<br />

ausreichend Beispiele.<br />

Energie dann zu nutzen, wenn diese gerade ausreichend<br />

vorhanden ist, wird auch Flexibilität<br />

genannt. Das kann durch Anreizsysteme oder in<br />

gekoppelten Systemen funktionieren. Das dafür<br />

notwendige komplexe Management funktioniert<br />

nicht manuell, sondern muss als Teil eines digital<br />

organisierten Systems funktionieren.<br />

Es gehört zu den Irrungen in der deutschen Energiepolitik<br />

sich in bilanziellen Betrachtungen buchstäblich<br />

zu sonnen, denn „Überschüsse“ entstehen<br />

zu Zeiten, in denen das Angebot die Nachfrage<br />

deutlich übersteigt und mangels Alternativen<br />

Stromexporte notwendig werden. Klar, warum das<br />

so ist. Wenn Energie über Windräder oder<br />

PV-Anlagen in Strom umgewandelt wird und nicht<br />

ausreichend Netze oder Speicher vorhanden sind,<br />

passiert so etwas schon mal.<br />

Energieversorgung braucht eine auskömmliche<br />

Finanzierung, braucht aber vor allem Investitionen<br />

und Zeit. Und da alles sehr komplex ist,<br />

sollte der Gesamtprozess ab so<strong>for</strong>t von einen<br />

Expertengremium zielorientiert begleitet<br />

werden.<br />

Autor<br />

Prof. Dr. Ing. Martin Neumann MdB a.D.<br />

ehem. Sprecher für Energiepolitik der FDP Bundestagsfraktion<br />

prof.m.neumann@web.de<br />

Prof. Dr. Ing. Martin Neumann studierte Maschinenbau an der TU Dresden und<br />

promovierte anschließend an der Hochschule Cottbus. Von 2017 bis 2021 war er<br />

Mitglied des 19. Deutschen Bundestages - Sprecher für Energiepolitik sowie 2009<br />

bis 2013 Mitglied des 17. Deutschen Bundestags- Sprecher für Forschungspolitik.<br />

In 2007 war er Mitglied der Arbeitsgruppe „Klimawandel“ beim Ministerium für<br />

Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt und hält seit 1999 die<br />

Professur für Technische Gebäudeausrüstung (TGA) an der Hochschule<br />

Magdeburg-Stendal.<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 13<br />

Dies offenbart eine weitere – schon lange bekannte<br />

– Schwäche deutscher Energiepolitik. Es fehlt<br />

grundsätzlich die systemische Integration oder<br />

einfacher gesagt, Strom der produziert wird, muss<br />

direkt über Leitungen zum Verbraucher oder es<br />

müssen brauchbare Speicher her. Und daran<br />

mangelt es. Aber nicht nur dort. Eine wichtige Frage<br />

in diesem Zusammenhang ist auch die nach der<br />

Verantwortlichkeit für die nationale Versorgungssicherheit.<br />

Hier braucht es eine klare Struktur und<br />

klare Handlungsoptionen für die praktische Umsetzung.<br />

Damit können Verbraucher sicher mit Energie<br />

versorgt werden aber auch bezahlbare Preise durch<br />

Marktwirtschaft und Wettbewerb ermöglich<br />

werden.<br />

Bleibt die Frage, wer die Kabel in die Erde legt, die<br />

vielen PV-Anlagen anschließt und in Betrieb<br />

nimmt. Fachkräfte fehlen überall – es fehlt aber<br />

gerade hier an guten Ideen um verstärkt Fachkräfte<br />

für die Energiewende zu gewinnen. Wenn für die<br />

Anwendung bzw. Umsetzung wichtiger Gesetze<br />

Juristen beteiligt werden müssen und Bauteile in<br />

einem System – die noch einwandfrei und sicher<br />

funktionieren – einfach ausgetauscht werden<br />

müssen, nur weil es so in der Norm steht, wird klar,<br />

wo weitere Probleme liegen.<br />

Und eines wird jetzt noch deutlicher: Der umfangreiche<br />

Prozess der Trans<strong>for</strong>mation der<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Die Deutsche Energiepolitik nach dem 24. Februar 2022 ı Prof. Dr. Ing. Martin Neumann


Die Technische Universität München betreibt mit der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) in Garching bei<br />

München eine der leistungsfähigsten und modernsten Neutronenquellen weltweit. Als Serviceeinrichtung für die Wissenschaft und<br />

Dienstleister für die Industrie nehmen wir eine Spitzenstellung im Bereich der Forschung mit Neutronen und deren technischer<br />

Nutzung ein.<br />

Zur Unterstützung des Betriebs unserer Anlage ist zum ehest möglichen Zeitpunkt in Vollzeit (40,1h/Woche) die Stelle<br />

Fachbereichsleiter (m/w/d) Reaktorbetrieb<br />

zu besetzen.<br />

Ihr Aufgabengebiet<br />

Als Fachbereichsleiter Reaktorbetrieb sind Sie für einen Fachbereich von mehr als 30 Mitarbeiter*innen zuständig, der sich in die<br />

Teilbereiche Reaktorschichtpersonal, Maschinentechnik, Fachkundeerhalte sowie Wiederkehrende Prüfungen und Wartungskoordination<br />

gliedert.<br />

Zu Ihrem zukünftigen Verantwortungs- bzw. Aufgabenbereich gehören:<br />

• der sichere Betrieb des Reaktors, auch der sekundären Quellen, gemäß Betriebsplan<br />

• die Einhaltung von Auflagen und Vorschriften zum Betrieb des Reaktors inkl. dem vorbeugenden Brandschutz<br />

• die Wartung und Instandhaltung der Anlage<br />

• der Betrieb und die Instandhaltung der für den Reaktorbetrieb er<strong>for</strong>derlichen konventionellen Anlagen<br />

• die Aktualisierung des Betriebshandbuches<br />

• die Kommunikation mit Behörden und Sachverständigen<br />

• die Sicherstellung und der Erhalt der er<strong>for</strong>derlichen Fachkunde des Personals in Zusammenarbeit mit dem/der Ausbildungsleiter/in<br />

An<strong>for</strong>derungsprofil<br />

• Sie verfügen über ein abgeschlossenes Hochschulstudium (Dipl. Ing. Univ., Master Univ. oder Promotion) im<br />

ingenieurwissenschaftlichen oder naturwissenschaftlichen Bereich.<br />

• Sie begeistert die Zusammenarbeit mit Kollegen aus einem breitgefächerten technischen Umfeld bei der Findung und Umsetzung<br />

konstruktiver technischer Problemlösungen.<br />

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• Wir erwarten eine engagierte und selbstständige Arbeitsweise sowie hohe Zuverlässigkeit, Flexibilität und eine ausgeprägte<br />

Bereitschaft, sich in neue Fragestellungen einzuarbeiten.<br />

• Idealerweise verfügen Sie bereits über Führungserfahrung.<br />

• Vorkenntnisse und/oder Berufserfahrung im kerntechnischen Bereich sind von Vorteil aber nicht unabdingbar.<br />

Der hohe Sicherheitsstandard unserer Einrichtung er<strong>for</strong>dert die atomrechtliche Zuverlässigkeit der Beschäftigten. Dazu werden<br />

entsprechende Überprüfungen durchgeführt. Die Aufgaben beinhalten auch den Zugang zu Strahlenschutzbereichen.<br />

Unser Angebot<br />

Wir bieten Ihnen, neben anderen Vorzügen, flexible Arbeitszeiten, 30 Urlaubstage pro Jahr sowie eine betriebliche Altersvorsorge (VBL).<br />

Als Mitarbeiter*in des FRM II können Sie von vielen weiteren Angeboten der TUM profitieren, wie<br />

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Die Stelle wird nach TV-L vergütet und ist zunächst auf 2 Jahre befristet. Schwerbehinderte werden bei im Wesentlichen gleicher Eignung<br />

bevorzugt eingestellt. Die TUM strebt eine Erhöhung des Frauenanteils an. Bewerbungen von Frauen werden daher ausdrücklich begrüßt.<br />

Kontakt<br />

Wir freuen uns auf Ihre aussagekräftige Bewerbung über unser Portal https://karriere.frm2.tum.de bis zum 05.06.2022<br />

Dort finden Sie auch weitere Stellenanzeigen.<br />

Technische Universität München<br />

Forschungsneutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II)<br />

Personalbüro<br />

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D-85748 Garching<br />

Tel: +49 89 289 13815<br />

www.mlz-garching.de<br />

www.frm2.tum.de<br />

Im Rahmen Ihrer Bewerbung um eine Stelle an der Technischen Universität München (TUM) übermitteln Sie personenbezogene Daten. Beachten Sie bitte hierzu unsere<br />

Datenschutzhinweise gemäß Art. 13 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zur Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen Ihrer Bewerbung.<br />

Durch die Übermittlung Ihrer Bewerbung bestätigen Sie, dass Sie die Datenschutzhinweise (https://www.tum.de/spezialseiten/datenschutz/) der TUM zur Kenntnis<br />

genommen haben.


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Perspektiven der Energieversorgung in<br />

Deutschland<br />

Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich<br />

Im Jahr 2021 betrug der gesamte Primärenergieverbrauch in Deutschland 12.265 Petajoule (PJ). Dies entspricht<br />

418,5 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE). Zu den besonderen Kennzeichen der<br />

deutschen Energieversorgung gehört die hohe Importabhängigkeit. 2021 mussten 71 % des Energiebedarfs<br />

durch Einfuhren gedeckt werden. Der Anteil heimischer Energien an der Bedarfsdeckung hat sich in den<br />

Abb. 1: vergangenen Energiegewinnung Jahrzehnten in Deutschland – trotz des 1990 starken bis 2021 Ausbaus der erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung –<br />

in Mio. t SKE<br />

von 42 % im Jahr 1990 auf 29 % im Jahr 2021 vermindert.<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

212,4<br />

129,4<br />

141,8<br />

1990 2000 2010 2020 2021<br />

| Abb. 1<br />

Energiegewinnung in Deutschland 1990 bis 2021 (in Mio. t SKE)<br />

(Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB), September 2021 und eigene<br />

Schätzung für 2021)<br />

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB), September 2021 und eigene Schätzung für 2021<br />

115,9 121,1<br />

Sonstige<br />

Energien<br />

Erneuerbare<br />

Energien<br />

Erdgas<br />

Mineralöl<br />

Braunkohle<br />

Steinkohle<br />

So war die inländische Gewinnung an Steinkohle,<br />

die 1990 noch rund 71 Mio. t SKE betragen hatte,<br />

Ende 2018 vollständig eingestellt worden. Der<br />

Abbau von Braunkohle hat sich in dem genannten<br />

Zeitraum um 63 % verringert. Zugleich ging in den<br />

vergangenen Jahrzehnten auch die inländische<br />

Förderung von Erdöl und Erdgas aufgrund der<br />

zunehmenden Erschöpfung von Altfeldern und<br />

Lagerstätten zurück, und zwar um 71 % bei Erdgas<br />

und um 51 % bei Rohöl – jeweils im Vergleich zu<br />

1990. Im Unterschied zur Entwicklung bei den<br />

fossilen Energieträgern hat sich die Nutzung<br />

erneuerbarer Energien bis 2021 im Vergleich zum<br />

Stand des Jahres 1990 verzehnfacht (Tab. 1 und<br />

Abb. 1). Seit dem Jahr 2015 haben die erneuerbaren<br />

Energien die Braunkohle als zuvor wichtigste<br />

heimische Energiequelle abgelöst. Das erklärt sich<br />

vor allem durch die starken Zuwächse bei Wind und<br />

Photovoltaik.<br />

Energieträger 1990 2000 2010 2021<br />

Energiegewinnung im Inland in Mio. t SKE<br />

Steinkohle<br />

Braunkohle<br />

Mineralöl<br />

Erdgas/Erdölgas<br />

Erneuerbare Energien<br />

Sonstige Energien<br />

71,3<br />

107,2<br />

5,3<br />

19,2<br />

6,8<br />

2,5<br />

34,5<br />

52,1<br />

4,5<br />

21,8<br />

14,2<br />

2,2<br />

| Tab. 1<br />

Energiegewinnung und Primärenergieverbrauch in Deutschland.<br />

13,2<br />

52,4<br />

3,6<br />

15,4<br />

48,5<br />

8,7<br />

0,0<br />

39,3<br />

2,6<br />

5,6<br />

66,3<br />

7,3<br />

Summe 212,4 129,4 141,8 121,1<br />

Primärenergieverbrauch in Mio. t SKE<br />

Steinkohle<br />

Braunkohle<br />

Mineralöl<br />

Erdgas/Erdölgas<br />

Erneuerbare Energien<br />

Kernenergie<br />

Sonstige Energien<br />

78,7<br />

109,2<br />

178,4<br />

78,2<br />

6,7<br />

56,9<br />

0,5<br />

69,0<br />

52,9<br />

187,6<br />

101,9<br />

14,2<br />

63,2<br />

2,6<br />

58,5<br />

51,6<br />

159,8<br />

108,2<br />

48,2<br />

52,3<br />

6,5<br />

35,6<br />

38,5<br />

135,1<br />

112,2<br />

66,4<br />

25,7<br />

5,0<br />

Summe 508,6 491,4 485,1 418,5<br />

(Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen: Auswertungstabellen zur Energiebilanz Deutschland<br />

(September 2021) sowie Energieverbrauch in Deutschland im Jahr 2021. Berlin, März 2022)<br />

Fläche des Landes:<br />

357.000 km²<br />

Bevölkerung: 83 Millionen<br />

Bruttoinlandsprodukt 2021:<br />

3.567 Mrd. €<br />

Ranking nach globaler<br />

Wirtschaftsleistung:<br />

Nr. 4 hinter USA, China<br />

und Japan<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 15<br />

Braunkohle wird in Deutschland noch in zehn Tagebauen<br />

– verteilt auf drei Reviere – abgebaut. Die<br />

vergleichsweise geringe Erdgas- und Erdölförderung<br />

konzentriert sich insbesondere auf den Norden<br />

der Bundesrepublik Deutschland (Abb. 2). Windanlagen<br />

sind – aufgrund der dort günstigeren Windverhältnisse<br />

– vor allem im Norden Deutschlands<br />

(onshore und offshore) installiert, während die<br />

Stand: Februar 2022<br />

| Abb. 2<br />

Schwerpunkte der Energiegewinnung.<br />

(Quelle: H.-W. Schiffer, Energiemarkt Deutschland)<br />

Solarenergie stärker im Süden als im Norden ausgebaut<br />

worden ist.<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 16<br />

Starker Anstieg der Energie-<br />

Importabhängigkeit Deutschlands<br />

Im Zeitraum 1990 bis 2021 haben sich die Nettoimporte<br />

an Erdgas um rund 67 % auf 100 Mio. t SKE<br />

erhöht. Die Nettoimporte an Steinkohlen waren<br />

von 6,1 Mio. t SKE im Jahr 1990 auf 54,8 Mio. t SKE<br />

im Jahr 2016 gestiegen und sind in der Folge auf<br />

35,2 Mio. t SKE im Jahr 2021 zurückgegangen. Die<br />

Nettoimporte an Mineralölen sind seit Mitte der<br />

1990er Jahre gesunken. Sie betrugen 2021 rund<br />

133 Mio. t SKE. Das waren 23 % weniger als 1990.<br />

Für Kernenergie wird in den Statistiken der Arbeitsgemeinschaft<br />

Energiebilanzen für 2021 ein Nettoimport<br />

von 25,7 Mio. t SKE ausgewiesen. Das<br />

entspricht knapp der Hälfte des Vergleichswertes<br />

von 1990. In internationalen Statistiken, etwa der<br />

<strong>International</strong> Energy Agency, wird die in verschiedenen<br />

Ländern genutzte Kernenergie dort den<br />

heimischen Energien zugerechnet, auch wenn das<br />

Uran importiert werden muss. Das wird damit<br />

begründet, dass der Kernenergie angesichts der in<br />

den einzelnen Ländern vorgehaltenen Brennstoffvorräte<br />

mit mehrjähriger Reichweite praktisch der<br />

gleiche Stellenwert in Bezug auf Versorgungssicherheit<br />

beizumessen ist wie heimischen Energien.<br />

Wenn man diese Praxis auch für Deutschland<br />

anwendet, würde sich die für 2021 berechnete<br />

Energie-Importabhängigkeit auf 65 % verringern.<br />

Mit der Stilllegung der letzten drei noch verbliebenen<br />

Kernkraftwerke zum Jahresende 2022 existieren<br />

ab 2023 in Deutschland aber keine Anlagen<br />

auf Basis dieser Technologie mehr, die einen Beitrag<br />

zur Versorgungsicherheit leisten könnten.<br />

„Für die Verletzbarkeit der deutschen Volkswirtschaft<br />

gegenüber Energiekrisen spielt die Verfügbarkeit und<br />

die damit verbundene Möglichkeit einer heimischen<br />

Gewinnung und Nutzung von Energierohstoffen eine<br />

wichtige Rolle. Grundsätzlich senkt eine höhere<br />

Inlandsgewinnung die Einfuhrabhängigkeit und<br />

reduziert damit die Gefahr von Angebotsstörungen<br />

oder -unterbrechungen sowie das Preisrisiko für die<br />

heimische Wirtschaft.“ 1<br />

Neben der Höhe der Importabhängigkeit spielen<br />

auch der Grad an Diversifizierung der Bezugsquellen,<br />

das Maß an Sicherheit, das die Lieferländer<br />

bei der Bereitstellung von Öl, Erdgas und Kohle<br />

bieten, sowie der Konzentrationsgrad der<br />

Vorkommen, aus denen die internationalen Märkte<br />

bedient werden, eine wichtige Rolle für die Beurteilung<br />

der Sicherheit der Versorgung mit<br />

Energie-Rohstoffen. Ebenso können liquide Großhandelsmärkte<br />

zu einer Erhöhung der Versorgungssicherheit<br />

führen: der Ausfall eines Lieferanten<br />

kann dann unproblematisch durch neue Lieferbeziehungen<br />

ersetzt werden. Insbesondere Energieträger,<br />

die verschifft werden können, z. B. Erdöl<br />

oder Flüssigerdgas (LNG 2 ), bieten hier besondere<br />

Vorteile.<br />

Zu den bedeutendsten Energie-Rohstofflieferanten<br />

der Bundesrepublik Deutschland zählten 2021<br />

Russland, Norwegen, USA, Kasachstan, Großbritannien,<br />

Niederlande, Australien und Kolumbien.<br />

Russland steht bei Rohöl, Erdgas und Steinkohle<br />

auf Platz 1 der für Deutschland wichtigsten Energie-<br />

Rohstofflieferanten. Aus Norwegen bezieht<br />

Deutschland Rohöl und Erdgas, aus den USA Steinkohle<br />

und Erdöl. Schwerpunkt der Lieferungen aus<br />

Großbritannien ist Erdöl, im Falle der Niederlande<br />

ist es Erdgas. Aus Kasachstan führt Deutschland<br />

Rohöl ein. Australien und Kolumbien waren 2021 –<br />

nach Russland und USA – die wichtigsten Steinkohle-Lieferanten<br />

(Abb. 3).<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Russland<br />

Norwegen<br />

Angaben in Mio. t SKE<br />

Erdöl Erdgas Steinkohle<br />

USA<br />

Kasachstan Großbritannien<br />

Niederlande Australien Kolumbien<br />

| Abb. 3<br />

Energie-Rohstofflieferanten Deutschlands 2021.<br />

(Quelle: H.-W. Schiffer; Datenquellen: Rohöl: Basis BAFA; Erdgas: Bruegel, Preparing <strong>for</strong> the<br />

first winter without Russian gas, 28. Februar 2022; Steinkohle: Statistisches Bundesamt)<br />

Abb. 4: Energie-Importabhängigkeit Deutschlands im<br />

Jahre 2021<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

135,1 Mio. t<br />

SKE<br />

98%<br />

112,2 Mio. t<br />

SKE<br />

95%<br />

66,4 Mio. t<br />

SKE<br />

100%<br />

2% 5%<br />

Öl Erdgas Erneuerbare<br />

Energien<br />

Importabhängigkeit gesamt:<br />

Inland 29 %<br />

Importe 71 %<br />

38,5 Mio. t<br />

SKE<br />

100%<br />

35,6 Mio. t<br />

SKE<br />

100%<br />

25,7 Mio. t<br />

SKE<br />

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen 03/2022 (Prozentzahlen als Anteile der Inlandsförderung am jeweiligen Primärenergieverbrauch<br />

errechnet); einschließlich Sonstiger Energien, wie o. a. Außenhandelssaldo Strom, von 5,0 Mio. t SKE ergibt sich der gesamte<br />

Primärenergieverbrauch von 418,5 Mio. t SKE.<br />

| Abb. 4<br />

Nettoimporte<br />

Inlandsförderung<br />

Braunkohle Steinkohle Kernenergie<br />

Energie-Importabhängigkeit Deutschlands im Jahre 2021.<br />

(Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen 03/2022 (Prozentzahlen als Anteile der<br />

Inlandsförderung am jeweiligen Primärenergieverbrauch errechnet); einschließlich<br />

Sonstiger Energien, wie o. a. Außenhandelssaldo Strom, von 5,0 Mio. t SKE ergibt sich<br />

der gesamte Primärenergieverbrauch von 418,5 Mio. t SKE.<br />

1 Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (2020): Energieverbrauch in Deutschland im Jahr 2019. Berlin/Bergheim, März 2020<br />

2 LNG = liquefied natural gas<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Eine mit 98 % überproportional hohe Abhängigkeit<br />

von Lieferungen aus dem Ausland besteht bei Mineralöl,<br />

dem nach wie vor mengenmäßig wichtigsten<br />

Energieträger. Bei Erdgas belief sich der Einfuhranteil<br />

2021 auf 95 %. Bei Steinkohle ist Deutschland<br />

zu 100 % auf Importe angewiesen. Demgegenüber<br />

sind Braunkohle sowie Wasser, Windkraft, Solarenergie,<br />

Bio-Energie und Geothermie praktisch in<br />

vollem Umfang der Inlandsgewinnung zuzurechnen<br />

(Abb. 4).<br />

Mangelnde Diversifizierung der<br />

Energieimporte nach Herkunftsländern<br />

Bei der Einschätzung der Sicherheit der Versorgung<br />

durch die Herkunftsländer für Öl, Erdgas und<br />

Steinkohle bestehen deutliche Unterschiede. So<br />

konzentrieren sich die weltweiten Vorkommen an<br />

Erdöl und Erdgas stark auf die sogenannte strategische<br />

Ellipse (Abb. 5). Dazu gehören – neben<br />

verschiedenen Staaten Eurasiens, darunter Russland<br />

– insbesondere Länder des Mittleren Ostens.<br />

Im Unterschied dazu sind die Vorkommen an<br />

Abb. 5: Weltweite Verteilung der Reserven* an Erdöl und<br />

Erdgas<br />

(Mrd. t SKE)<br />

Erdöl<br />

Nordamerika<br />

20<br />

51<br />

Sonstiges<br />

Mittel- und<br />

Südamerika<br />

insgesamt:<br />

Venezuela<br />

7<br />

Afrika<br />

350 Mrd. t SKE<br />

Erdgas insgesamt: 267 Mrd. t SKE<br />

68<br />

3<br />

5<br />

21<br />

24<br />

Europa<br />

3 3<br />

| Abb. 5<br />

Weltweite Verteilung der Reserven* an Erdöl und Erdgas (Mrd. t SKE).<br />

Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), BGR Energiestudie<br />

2021, Hannover, Februar 2022<br />

Abb. 6: Weltweite Verteilung der Kohlereserven<br />

in Mrd. t SKE<br />

Naher<br />

Osten<br />

161<br />

GUS<br />

88**<br />

29<br />

„Strategische Ellipse“<br />

62 % der weltweiten<br />

Erdöl- und Erdgasreserven<br />

Austral-Asien<br />

9<br />

21<br />

Australien<br />

* einschließlich nicht-konventionelle Reserven<br />

** davon 62 Mrd. t SKE Russland<br />

Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), BGR Energiestudie 2021, Hannover, Februar 2022<br />

104<br />

Bild 5<br />

Steinkohlen weltweit breit gestreut. Sie lagern zum<br />

größeren Teil in politisch stabilen Regionen, wie<br />

Nordamerika und im Raum Asien/Pazifik (Abb. 6).<br />

Die Versorgung Deutschlands mit Rohöl erfolgte<br />

2021 aus insgesamt 30 Staaten. Die fünf wichtigsten<br />

Lieferländer waren Russland, USA,<br />

Kasachstan, Norwegen und Großbritannien. Auf<br />

Russland entfielen 34 % der Rohöleinfuhren. 17 %<br />

der importierten Rohölmengen stammten aus<br />

OPEC-Mitgliedstaaten. 3<br />

In den letzten drei Jahrzehnten<br />

hat sich der Anteil der OPEC an der Rohölversorgung<br />

Deutschland, der 1990 noch bei 41 %<br />

gelegen hatte, zwar verringert. Im Gegenzug haben<br />

die Lieferungen aus Russland ein verstärktes<br />

Gewicht bekommen.<br />

Bei der Versorgung des deutschen Marktes mit<br />

Erdgas dominieren zwei Staaten. Das sind Russland<br />

und Norwegen. Eine besonders starke Position hat<br />

Russland inzwischen erreicht. Die Lieferungen aus<br />

Russland waren im Jahr 2021 mit 55 % an den<br />

Erdgaseinfuhren bzw. 52 % am Gesamtaufkommen<br />

(einschließlich Inlandsförderung) beteiligt. Auf<br />

Norwegen entfielen 30 % des Aufkommens. Die<br />

Lieferungen aus den Niederlanden haben sich in<br />

den vergangenen Jahren deutlich vermindert –<br />

zugunsten eines wachsenden Anteils von Russland.<br />

2021 lag der Anteil der Niederlande am Erdgasaufkommen<br />

Deutschlands bei 8 %. Neben den aus<br />

diesen Herkunftsländern per Pipeline nach<br />

Deutschland gelieferten Erdgasmengen entfielen<br />

etwa 5 % auf LNG-Mengen, die über Terminals in<br />

den Niederlanden und in Belgien angelandet und<br />

von dort über das bestehende Pipelinenetz nach<br />

Deutschland verbracht wurden. Innerhalb der<br />

vergangenen zehn Jahre hat sich der Anteil der<br />

Lieferungen Abb. 7: Erdgasaufkommen aus Russland stark zur Versorgung vergrößert. in (Abb. Deutschland 7)<br />

nach der Herkunft 2011 und 2021 im Vergleich<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 17<br />

13<br />

192<br />

Braunkohle<br />

Steinkohle<br />

1<br />

Mittel- und<br />

Südamerika<br />

8<br />

Europa<br />

23* 24<br />

1<br />

Afrika<br />

12<br />

**<br />

46 GUS<br />

114***<br />

Indien 2<br />

87<br />

2<br />

sonstiges<br />

Asien<br />

2<br />

VR<br />

China<br />

111<br />

insgesamt: 766 Mrd. t SKE<br />

davon Steinkohle: 642 Mrd. t SKE<br />

Braunkohle: 124 Mrd. t SKE<br />

4<br />

Indonesien<br />

7<br />

20<br />

Australien<br />

24<br />

68<br />

3 1<br />

Neuseeland<br />

2011<br />

DK/GB/Sonstige<br />

Nordamerika<br />

6%<br />

13%<br />

Inlandsförderung<br />

22%<br />

Niederlande<br />

27%<br />

Norwegen<br />

Russland<br />

32%<br />

2021<br />

Inlandsförderung<br />

Niederlande<br />

5%<br />

8% 5% LNG<br />

Norwegen<br />

30%<br />

Russland<br />

52%<br />

* davon 11 Mrd. t SKE Deutschland *** darunter 54 % Russland, 24 %, Ukraine und 19 % Kasachstan<br />

** davon 45 Mrd. t SKE Russland und 1 Mrd. t SKE Ukraine<br />

Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), BGR Energiestudie 2021, Hannover, Februar 2022<br />

Bild 6<br />

Quelle: BAFA und eigene Schätzung<br />

Bild 7<br />

| Abb. 6<br />

Weltweite Verteilung der Kohlereserven (Mrd. t SKE).<br />

(Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), BGR Energiestudie<br />

2021, Hannover, Februar 2022)<br />

| Abb. 7<br />

Erdgasaufkommen zur Versorgung in Deutschland nach der Herkunft 2011 und 2021<br />

im Vergleich.<br />

(Quelle: BAFA und eigene Schätzung)<br />

3 Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (2020): RohölINFO Dezember 2021 (Rohölimporte). Eschborn, 2022<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


Abb. 8: Deutsche Steinkohlenimporte 2021<br />

<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Kraftwerkskohle: 25,8 Mio t Kokskohle: 11,9 Mio t<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 18<br />

Kolumbien<br />

9%<br />

USA 13%<br />

Südafrika<br />

4%<br />

Sonstige<br />

4%<br />

Russland 70%<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt, Außenhandelsstatistik, März 2022<br />

| Abb. 8<br />

Deutsche Steinkohlenimporte 2021.<br />

(Quelle: Statistisches Bundesamt, Außenhandelsstatistik, März 2022)<br />

Bei Steinkohle stellt sich die Importstruktur nach<br />

Lieferländern differenziert dar – abhängig von der<br />

Kohlenart. Knapp zwei Drittel der Einfuhren<br />

entfallen auf Kraftwerkskohle. In diesem Markt<br />

hält Russland mit 70 % einen dominierenden<br />

Anteil. Im Unterschied dazu handelt es sich bei den<br />

wichtigsten Lieferanten von Kokskohle um Australien<br />

und USA. Russland steht bei dieser – bevorzugt<br />

in der Stahlindustrie genutzten Kohlenart – an<br />

dritter Stelle in der Rangliste der für Deutschland<br />

wichtigsten Herkunftsländer (Abb. 8). An den<br />

gesamten Steinkohlen-Einfuhren Deutschlands im<br />

Jahr 2021 waren die Lieferungen aus Russland mit<br />

50 % beteiligt.<br />

Außenwirtschaftliche Energierechnung<br />

Deutschlands<br />

2021 wurden Energieträger im Wert von<br />

104,9 Mrd. € nach Deutschland importiert. Dies<br />

entspricht 8,7 % gemessen an den gesamten<br />

Australien<br />

45%<br />

Kanada<br />

11%<br />

Russland<br />

12%<br />

USA 31%<br />

Einschließlich Anthrazit, Briketts und Koks beliefen sich die Gesamteinfuhren an Steinkohle<br />

2021 auf 41,1 Mio. t.<br />

Energieträger 1990 2000 2010 2021<br />

Saldo aus Importen und Exporten in Mrd. €<br />

Kohle<br />

Erdgas<br />

Erdöl<br />

Uran<br />

Strom<br />

- 0,3<br />

3,5<br />

15,8<br />

0,2<br />

0,0<br />

1,3<br />

7,7<br />

29,6<br />

0,1<br />

0,0<br />

4,5<br />

20,2<br />

50,5<br />

0,8<br />

- 1,1<br />

| Tab. 2<br />

Außenwirtschaftliche Energierechnung der Bundesrepublik Deutschland.<br />

4,7<br />

28,3<br />

37,9<br />

- 0,2<br />

- 2,2<br />

Insgesamt 19,2 38,7 74,9 68,4<br />

Warenimporten der Bundesrepublik Deutschland<br />

von 1.202,2 Mrd. € im Jahr 2021. Abzüglich der<br />

Energieexporte in Höhe von 36,5 Mrd. € belief sich<br />

die Energierechnung Deutschlands (netto) auf<br />

68,4 Mrd. €. Dies stellt mehr als eine Verdreifachung<br />

im Vergleich zum Jahr 1990 dar (Tab. 2). Im<br />

Jahr 2022 könnte die Netto-Energierechnung<br />

Deutschlands erstmals die 100 Mrd. €-Marke überschreiten.<br />

Die Entwicklung der außenwirtschaftlichen Energierechnung<br />

wird – neben der Menge und der<br />

Struktur der eingeführten Energieträger – vor<br />

allem durch die Preise auf den internationalen<br />

Märkten bestimmt. Rohöl kommt unverändert eine<br />

Leitfunktion zu (Abb. 9). Neben den in US$<br />

notierten Weltmarktpreisen spielt die Entwicklung<br />

des Wechselkurses des € im Vergleich zum US$ eine<br />

wichtige Rolle für die Höhe der Importpreise für<br />

Energierohstoffe. Die Entwicklung der Einfuhrpreise<br />

für Rohöl, Erdgas und Steinkohle – umgerechnet<br />

auf einen einheitlichen Heizwert und<br />

ausgedrückt in € – ist für den Zeitraum 1990 bis<br />

Anfang 2022 in Abb. 10 ausgewiesen.<br />

Energie-Importabhängigkeit im<br />

internationalen Vergleich<br />

Sonstige 1%<br />

Im internationalen Vergleich gehört Deutschland<br />

zu der Gruppe von Staaten, die durch einen<br />

geringen Selbstversorgungsgrad, also durch eine<br />

hohe Abhängigkeit von Importen, gekennzeichnet<br />

sind. Bei einem Vergleich innerhalb der<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Abb. 9: Entwicklung Rohölpreis<br />

in USD/Barrel<br />

Abb. 10: Entwicklung ausgewählter Primärenergiepreise<br />

frei deutsche Grenze<br />

| Abb. 9<br />

Entwicklung Rohölpreis (in USD/Barrel).<br />

(Quelle: EIA und MWV)<br />

€/t SKE<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Iranische<br />

Revolution<br />

Yom Kippur Krieg<br />

OPEC-Embargo<br />

Krieg Iran-<br />

Irak<br />

Überfall Irak<br />

auf Kuwait<br />

Offizieller Preis für Saudi Arabian Light (bis 1973/74)<br />

Rohöl<br />

Unruhen in Venezuela<br />

Militäraktionen im Irak<br />

Erdgas<br />

Unruhen in Nord-afrika/Naher Osten<br />

Verstärkte Nachfrage Finanz-investoren<br />

auf Rohstoffmärkten<br />

Schwache Nachfrage<br />

bei hohem Angebot<br />

Konflikt Libanon/Israel;<br />

Pipeline-Leckagen Alaska<br />

Hurrikans im Golf von Mexiko<br />

Lieferstörungen Irak/Nigeria<br />

Nachfrageanstieg, insb. China<br />

Finanz- und Wirtschaftskrise:<br />

Abschwächung Nachfrage<br />

Krisen in<br />

Venezuela und<br />

Libyen<br />

Net-Back-Preise<br />

Überangebot u.a. wegen<br />

0<br />

eingeführt Asien-Krise Bedarf < Angebot Rezession<br />

Nachfrageeinbruch Corona<br />

Jan 70 Jan 75 Jan 80 Jan 85 Jan 90 Jan 95 Jan 00 Jan 05 Jan 10 Jan 15 Jan 20<br />

Durchschnittlicher Weltmarktpreis für Rohöl (fob)<br />

Steinkohle<br />

(Kraftwerkskohle)<br />

Einmarsch Russland<br />

in die Ukraine<br />

Produktionskürzungen<br />

OPEC<br />

bei robuster<br />

Nachfrage<br />

Preiskrieg zwischen<br />

Saudi Arabien und<br />

Russland sowie<br />

Nachfrageeinbruch<br />

wegen Corona-Krise<br />

Bild 1<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 19<br />

| Quelle: Abb. 10 Statistisches Bundesamt: Rohöl und Erdgas; Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sowie VDKi: Steinkohle<br />

Entwicklung ausgewählter Primärenergiepreise frei deutsche Grenze.<br />

(Quelle: Statistisches Bundesamt: Rohöl und Erdgas; Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sowie VDKi: Steinkohle)<br />

G20, also zwischen den zwanzig weltweit wirtschaftsstärksten<br />

Staaten bzw. Staatenverbünden,<br />

stellt sich die Situation wie folgt dar: 4<br />

p Der Kategorie mit einem geringen Selbstversorgungsgrad<br />

(Anteil der heimischen Energien<br />

geringer als ein Drittel gemessen am Primärenergieverbrauch)<br />

sind Italien, Türkei, Japan,<br />

Südkorea sowie Deutschland zuzuordnen. Allerdings<br />

weist beispielsweise Japan eine deutlich<br />

breitere Diversifizierung als Deutschland sowohl<br />

hinsichtlich der genutzten Energietechnologien<br />

als auch in Bezug auf die Herkunftsländer für<br />

die Energieimporte auf. Der Anteil Russlands an<br />

den Energiebezügen Japans liegt mit 4 % bei Öl,<br />

9 % bei Gas und 12 % bei Kohle deutlich unter<br />

den für Deutschland genannten Werten.<br />

p Einen Selbstversorgungsgrad zwischen 50 und<br />

90 % weisen Frankreich – dort wegen des hohen<br />

Anteils der Kernenergie – sowie Großbritannien,<br />

Indien, China, Mexiko und Argentinien auf.<br />

Auch die EU-27 liegt mit einem Anteil inländischer<br />

Förderung (einschließlich Kernenergie)<br />

am Primärenergieverbrauch von 55 % in dieser<br />

Spannweite.<br />

4 <strong>International</strong> Energy Agency (2021): World Energy Balances. Paris, 2021<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 20<br />

p In den USA und in Brasilien entspricht die<br />

inländische Erzeugung in Summe praktisch der<br />

Höhe des Verbrauchs. Seit 1953 waren die USA<br />

Netto-Importeur von Energie. Die Versorgung<br />

über die Weltmärkte, die mit Öl insbesondere<br />

aus dem Mittleren Osten gespeist wurde, spielte<br />

eine essentielle Rolle. Diese Abhängigkeit ist<br />

Vergangenheit. Im Zuge der stark gewachsenen<br />

und weiter steigenden Öl- und Gasförderung<br />

sind die USA seit 2020 zum Netto-Exporteur<br />

von Energie geworden. 5<br />

p Nettoexporteure aus dem Kreis der G20 sind<br />

Kanada, Australien, Indonesien, Russland und<br />

Saudi-Arabien. Auch in Südafrika übersteigt<br />

die Förderung den Verbrauch des Landes. Eine<br />

Netto-Exportbilanz weist Australien insbesondere<br />

bei Steinkohle und daneben bei Erdgas<br />

auf. Bei Kanada sind es Erdöl und Erdgas sowie<br />

außerdem – wenn auch in deutlich geringerem<br />

Umfang – Steinkohle. Die USA sind bei Steinkohle<br />

und inzwischen zusätzlich bei Erdgas<br />

Netto-Exportland. Indonesien exportiert insbesondere<br />

Kohle und daneben auch Erdgas.<br />

Südafrika ist zwar stark von Öl- und Erdgasimporten<br />

abhängig; allerdings übersteigt die<br />

Gewinnung an Steinkohle die Nachfrage im<br />

eigenen Land deutlich. Per Saldo ist die heimische<br />

Energieproduktion in etwa so hoch wie<br />

der gesamte Energieverbrauch des Landes.<br />

Russland ist Nettoexporteur von Öl, Erdgas und<br />

Steinkohle. Saudi-Arabien exportiert drei<br />

Viertel der geförderten Erdölmengen. 6<br />

Mit der Beendigung der Nutzung der Kernenergie<br />

Ende 2022 und dem schrittweisen<br />

Ausstieg aus der Kohleverstromung bis spätestens<br />

Ende 2038 wird sich die Abhängigkeit<br />

Deutschlands von Energieimporten künftig<br />

weiter vergrößern, zumal die inländische Ölund<br />

Erdgasförderung voraussichtlich noch<br />

weiter abnehmen. Zwar wird sich der Beitrag der<br />

erneuerbaren Energien, die 2021 mit 16 % an<br />

der Deckung des Primärenergieverbrauchs in<br />

Deutschland beteiligt waren, weiter erhöhen.<br />

Der Anstieg wird insbesondere durch den <strong>for</strong>tgesetzten<br />

Ausbau von Wind- und Solaranlagen<br />

bewirkt. Diese sich abzeichnende Entwicklung<br />

macht aufgrund der fluktuierenden Darbietung<br />

dieser erneuerbaren Energie<strong>for</strong>men die<br />

verstärkte Nutzung von Speichermöglichkeiten<br />

er<strong>for</strong>derlich.<br />

Unverzichtbarkeit von Erdgas als kurzund<br />

mittelfristige Brücke<br />

Die Bedeutung von Erdgas zur Energieversorgung<br />

in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahrzehnten<br />

kontinuierlich erhöht. War dessen Beitrag<br />

1973 noch auf 8,7 % begrenzt, so kletterte der<br />

Anteil bis 1990 auf 15,4 %, lag im Jahr 2000 bei<br />

20,7 % und im Jahr 2010 bei 22,3 % und erreichte<br />

2021, gemessen am Primärenergieverbrauch,<br />

26,8 %. Damit hat sich Erdgas zum zweitwichtigsten<br />

Energieträger in Deutschland entwickelt.<br />

Mineralöl steht trotz der verzeichneten Einbußen<br />

an erster Stelle. Die erneuerbaren Energien halten<br />

inzwischen den dritten Rang. 7<br />

Erdgas wird in Deutschland vor allem energetisch<br />

genutzt (Abb. 11). Haupteinsatzbereich ist die<br />

Erzeugung von Wärme. Hierzu wird Erdgas in<br />

privaten Haushalten, im Sektor Gewerbe/Handel/<br />

Dienstleistungen (GHD) sowie in der Industrie<br />

genutzt. Eine weitere energetische Nutzung von<br />

Erdgas stellt dessen Umwandlung in Strom und<br />

Fernwärme dar. Im Verkehrssektor kommt Erdgas<br />

lediglich eine Nischenfunktion zu.<br />

Die Industrie (Bergbau und Verarbeitendes<br />

Gewerbe) ist in Deutschland der Sektor mit der<br />

stärksten Erdgas-Nachfrage. 2021 waren dies<br />

372,5 TWh entsprechend einem Anteil von 37,2 %<br />

am gesamten Erdgasabsatz von 1.001,0 TWh. Mehr<br />

als ein Viertel der energetischen Nutzung von<br />

Erdgas in der Industrie entfällt auf die Chemie, vor<br />

allem auf die Grundstoffchemie. Gemessen an der<br />

Höhe des Verbrauchs folgen die Branchen Ernährung,<br />

Papier, Metallerzeugung, Glas und Keramik,<br />

Verarbeitung von Steinen und Erden, NE-Metalle/<br />

Gießereien, Metallbearbeitung, Fahrzeugbau sowie<br />

Maschinenbau.<br />

In der Industrie dient die energetische Nutzung von<br />

Energie vor allem der Bereitstellung von Prozesswärme.<br />

Auf diesen Anwendungsbereich entfielen<br />

2020 rund 86,5 % des gesamten Endenergieverbrauchs<br />

der Industrie. Raumwärme- und Warmwasserbereitung<br />

machten zusammen 10,8 % aus.<br />

Für mechanische Energie wurden 2,7 % benötigt.<br />

Vor allem in der Chemischen Industrie hat neben<br />

der energetischen auch die stoffliche Verwendung<br />

von Erdgas Relevanz. Etwa 30 % des von der Chemischen<br />

Industrie genutzten Erdgases dienen diesem<br />

Zweck. Beispiele sind die Gewinnung von<br />

5 Energy In<strong>for</strong>mation Administration (2022): Annual Energy Outlook 2022. Washington DC, 2022<br />

6 BP (2021): BP Statistical Review of World Energy. London, July 2021<br />

7 Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen: Auswertungstabellen zur Energiebilanz Deutschland. Stand: September 2021 sowie Jahresbericht 2021, März 2022<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


Abb. 11: Energetische Nutzung von Erdgas in den<br />

<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Kundengruppen. Die Anwendung in den Wärmebereichen<br />

dominiert.<br />

Mechanische<br />

Energie 3%<br />

Quelle: bdew und AG Energiebilanzen<br />

| Abb. 11<br />

Energetische Nutzung von Erdgas in den Kundengruppen. Die Anwendung in den Wärmebereichen dominiert.<br />

(Quelle: bdew und AG Energiebilanzen)<br />

Ammoniak (zur weiteren Herstellung von Düngemitteln),<br />

von Methanol (als Grundstoff zur Essigsäureherstellung<br />

und Biodieselproduktion) oder<br />

zur Herstellung von Wasserstoff.<br />

Der Erdgasverbrauch der privaten Haushalte belief<br />

sich 2021 auf 312,1 TWh. In diesem Sektor dient<br />

Erdgas vornehmlich der Wohnungsbeheizung. Seit<br />

Anfang der 1990er Jahre hat Erdgas das Heizöl als<br />

wichtigste Energiequelle für die Wohnungsbeheizung<br />

abgelöst. 49,5 % des Wohnungsbestandes in<br />

Deutschland wurden 2021 mit Erdgas beheizt.<br />

Inzwischen ist Heizöl nur noch in 25 % des<br />

Wohnungsbestandes die primäre Heizenergie. Es<br />

folgen Fernwärme mit 14 %, Strom- und Elektro-<br />

Wärmepumpen mit jeweils knapp 3 % und sonstige<br />

Energien, wie Holz, Holzpellets, sonstige Biomasse,<br />

und Kohleprodukte, mit 6 %.<br />

Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre (2012 bis<br />

2021) lag der Erdgas-Verbrauch der privaten Haushalte<br />

relativ stabil bei rund 300 TWh pro Jahr.<br />

Schwankungen um diesen Durchschnittswert<br />

erklären sich vor allem durch die jeweiligen Temperaturverhältnisse<br />

in den einzelnen Heizperioden.<br />

2020 entfielen 83,8 % des Endenergieverbrauchs<br />

an Erdgas im privaten Haushaltssektor auf die<br />

Deckung der Raumwärme. 15,4 % dienten der<br />

Warmwasser-Bereitung und 0,9 % sind dem Anwendungsbereich<br />

Mechanische Energie zuzurechnen.<br />

Prozesswärme 1%<br />

Warmwasser 5%<br />

Prozesswärme 12%<br />

Klimatisierung 1%<br />

Bei Wohnungs-Neubauten ist der Anteil von Erdgas<br />

zugunsten von Strom (vornehmlich Elektro-<br />

Wärmepumpen) seit 2015 zurückgegangen. Er lag<br />

2020 aber mit einem Anteil von einem Drittel<br />

immer noch fast gleichauf mit Elektro-Wärmepumpen.<br />

Im Jahr 2021 ist der Anteil der Elektro-<br />

Wärmepumpen bei den neu zum Bau genehmigten<br />

Wohnungen auf 43,6 % gestiegen 8 . Erdgas war mit<br />

26,2 % gleichwohl noch die zweitwichtigste Energiequelle<br />

bei den neu zum Bau genehmigten<br />

Wohnungen. Das bedeutet, dass sich die absolute<br />

Zahl der primär mit Erdgas beheizten Wohnungen<br />

auch in den kommenden Jahren noch weiter<br />

erhöhen wird. Auch bei Fortsetzung der Verbesserung<br />

der Effizienz von Heizsystemen und der energetischen<br />

Sanierung von Gebäuden wird Erdgas<br />

somit in den bevorstehenden Jahren im Haushaltssektor<br />

noch in gegenwärtiger Größenordnung<br />

nachgefragt werden.<br />

Im GHD-Sektor wurden 2021 rund 127,3 TWh<br />

Erdgas verbraucht. Auch in diesem Sektor dient<br />

Erdgas vornehmlich der Deckung des Bedarfs an<br />

Raumwärme. 2020 9 macht der Anteil der Anwendung<br />

für die Raumwärme 81 % aus. Auf Warmwasserbereitung<br />

entfielen 6 %. Prozesswärme kam auf<br />

12 %. Für Klimakälte und Prozesskälte wurde ein<br />

Anteil von 1 % ausgewiesen. Die Anwendung<br />

Mechanische Energie war mit lediglich 0,3 % am<br />

Erdgasverbrauch dieses Sektors beteiligt.<br />

Bild 2<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 21<br />

8 bdew, Entwicklung der Beheizungsstruktur im Wohnungsneubau: 10-Jahre-Rückblick bis heute, 17. März 2022<br />

9 Die Zahlen für 2021 lagen noch nicht vor.<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 22<br />

Gas<br />

Strom<br />

Gasanschluss<br />

Neu<br />

GuD<br />

„Brownfield“<br />

oGT/Gasmotor<br />

„Brownfield“<br />

2022 2023 2024 2025 2026 2027<br />

Fortgeschrittene<br />

Planung Kraftwerk<br />

führt zu<br />

erkennbarem<br />

Planungsbedarf<br />

auf der Gasseite.<br />

Bebauungsplan<br />

EPC<br />

BImSch<br />

G etc.<br />

Bebauungsplan<br />

EP<br />

C<br />

Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan):<br />

BImSch<br />

G etc.<br />

Instrument Bebauungsplan der Raumplanung in Deutschland (verbindlicher (Lang<strong>for</strong>m: Bauleitplan): Gesetz zum Schutz Instrument vor schädlichen der Raumplanung in Deutschland<br />

oGT: offenes Gasturbinen-Kraftwerk<br />

EPC: Engineering, EPC: Procurement Engineering, and Construction, Procurement Umwelteinwirkungen and Construction, durch Luftverunreinigungen, kurz EPC, (zu Deutsch: Detail-Planung<br />

kurz EPC, (zu Deutsch: Detail-Planung und Kontrolle, und Kontrolle,<br />

Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge)<br />

Beschaffungswesen, Ausführung der Bau- und Montagearbeiten)<br />

Beschaffungswesen, Ausführung der Bau- FID: Final Investment Decision (endgültige<br />

BImSchG: Bundes-Immissionsschutzgesetz (Lang<strong>for</strong>m: Gesetz zum Schutz vor schädlichen<br />

Montagearbeiten)<br />

Investitionsentscheidung)<br />

Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und<br />

| Abb. 12<br />

ähnliche Vorgänge)<br />

Typischer Zeitplan für ein gasbefeuertes Kraftwerk.<br />

FID: Final Investment Decision (endgültige Investitionsentscheidung)<br />

GuD: Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerk<br />

Demgegenüber oGT: hält offenes mechanische Gasturbinen-Kraftwerk<br />

Energie im der Stromerzeugung auf Basis von Erdgas (2020:<br />

Verkehrssektor einen Anteil von 100 % am Erdgasverbrauch.<br />

Allerdings ist der Einsatz von Erdgas im<br />

16,5 %).<br />

Verkehrssektor mit 2,0 TWh im Jahr 2021 sehr Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD-Anlagen)<br />

gering. 2021 hat der Bestand an Fahrzeugen, die erzielen unter allen fossil befeuerten Kraftwerksarten<br />

die höchsten Wirkungsgrade. Inzwischen<br />

mit komprimiertem Erdgas (CNG) bzw. mit verflüssigtem<br />

Erdgas (LNG) angetrieben werden, in werden bei Neubau-Anlagen Wirkungsgrade von<br />

Deutschland erstmals die Marke von 100.000 überschritten.<br />

Die gut 80.000 mit Erdgas betriebenen Erzeugung von Strom und Wärme (KWK-Anlagen)<br />

60 % und mehr erreicht. In Anlagen mit zeitgleicher<br />

Pkw machen mehr als 80 % des Gesamtbestandes werden sogar Wirkungsgrade von mehr als 80 %<br />

dieser Fahrzeugkategorie aus.<br />

realisiert. Ein weiterer Vorteil von GuD-Anlagen<br />

besteht in der vergleichsweise kurzen Anfahrzeit<br />

dieses Kraftwerkstyps sowie in der großen Flexibilität,<br />

auf Laständerungen schnell zu reagieren. Diese<br />

Anwendungsvorteile gewinnen mit <strong>for</strong>tgesetztem<br />

Ausbau von Anlagen auf Basis Wind und Sonne mit<br />

fluktuierender Einspeisung von Strom zunehmend<br />

an Bedeutung.<br />

Zur Stromerzeugung (einschließlich BHKW, aber<br />

ohne Industriekraftwerke gerechnet) wurden in<br />

Deutschland 2021 rund 91,1 TWh Erdgas eingesetzt.<br />

Im Verlauf der vergangenen zehn Jahre war<br />

folgende Entwicklung zu verzeichnen: Die zur<br />

Stromerzeugung eingesetzten Erdgasmengen<br />

waren von 2010 bis 2015 um fast ein Drittel<br />

gesunken. In der Folge war allerdings bis 2020 ein<br />

Wiederanstieg zu verzeichnen. 2020 lag der Erdgaseinsatz<br />

zur Stromerzeugung um mehr als 50 % über<br />

dem vergleichbaren Stand des Jahres 2015 und<br />

überschritt damit das Niveau des Jahres 2010.<br />

Entscheidende Gründe waren die in der zweiten<br />

Hälfte des vergangenen Jahrzehnts gesunkenen<br />

Erdgaspreise und die gestiegenen Notierungen für<br />

CO 2 -Emissionszertifikate. Damit konnten Gaskraftwerke<br />

erhebliche Anteile von Kohleverstromung<br />

verdrängen. Angesichts der 2021 stark gestiegenen<br />

Erdgaspreise kehrte sich diese Entwicklung allerdings<br />

wieder um. So basierten 2021 rund 15,3 %<br />

Planfeststellungsverfahren<br />

(zwei bis drei Jahre)<br />

Genehmi<br />

-gung<br />

Genehmi<br />

-gung<br />

FID<br />

BImSchG: Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />

Bau<br />

Bau der Pipeline<br />

(ca. 1 Jahr)<br />

Bau<br />

Inbetriebnahme<br />

GuD: Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerk<br />

Inbetriebnahme<br />

Daneben kann Erdgas in Gasturbinen in Strom<br />

umgewandelt werden. Durch den Verzicht auf<br />

Dampfturbinen brauchen diese Anlagen weder Kühltürme<br />

noch aufwändige Anlagen zur Rauchgasreinigung,<br />

da bei Verbrennung im Unterschied zu anderen<br />

fossilen Brennstoffen kaum Asche frei-gesetzt wird.<br />

Die Anlagen haben zudem den Vorteil, dass sie in<br />

relativ kurzer Zeit errichtet werden können und die<br />

Herstellungsinvestitionen im Vergleich zu Dampfkraftwerken<br />

mit vergleichbarer Leistung deutlich<br />

geringer sind. Der Nachteil dieser Anlagen ist der im<br />

Vergleich zu GuD-Kraftwerken deutlich niedrigere<br />

Wirkungsgrad, der mit höheren spezifischen<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


Der 10-Punkte-Plan der IEA<br />

<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Keine neuen Gaslieferverträge<br />

mit Russland<br />

Ersetzen russischer<br />

Lieferungen durch Gas<br />

aus alternativen Quellen<br />

Einführung von<br />

Mindestspeicherverpflichtungen<br />

Beschleunigung neuer<br />

Wind- und Solarprojekte<br />

| Abb. 13<br />

Der 10-Punkte-Plan der IEA.<br />

Quelle: (Quelle: Basierend auf IEA, IEA, März März 2022) 2022<br />

Brennstoff- und CO 2 -Zertifikate-Kosten verbunden<br />

ist. Allerdings hat dieser Nachteil nicht in allen<br />

Anwendungsfällen ein hohes Gewicht: für Anlagen,<br />

die nur sehr wenige Betriebsstunden im Jahr<br />

aufweisen z. B. als Netzreserve steht der beträchtliche<br />

Mehraufwand einer GuD-Anlage in keinem<br />

guten Verhältnis zur Nutzung der einfacheren<br />

Gasturbine.<br />

Quelle: Basierend auf IEA, März 2022<br />

Zur Fernwärme-/Kälteversorgung (einschließlich<br />

BHKW) wurden 2021 rund 94,1 TWh Erdgas eingesetzt.<br />

Dies erfolgt zu etwa zwei Drittel in Heizkraftwerken<br />

mit Wirkungsgraden über 80 %. Erdgas ist<br />

der dominante Energieträger zur Versorgung mit<br />

Fernwärme. An der Beheizung des Wohnungsbestandes<br />

in Deutschland ist die Fernwärme – wie<br />

erwähnt – mit 14 % beteiligt.<br />

Perspektivisch wird Erdgas bei der Verstromung<br />

wichtiger werden. Die im Jahr 2030 notwendige<br />

steuerbare Leistung beläuft sich nach den Analysen<br />

des EWI auf 71 GW. Im Falle eines Ausstiegs aus der<br />

Kohleverstromung bis 2030 müsste bis 2030 ein<br />

Nettozubau von 23 GW wasserstofffähiger Gaskraftwerke<br />

erfolgen. Neben der gegenwärtig installierten<br />

Gas-Leistung von 31,7 GW werden vom EWI 8 GW<br />

Leistung auf Basis Biomasse, 5 GW auf Basis Wasserkraft<br />

und 3 GW auf Basis sonstiger konventioneller<br />

Energien ausgewiesen. Der mit einem Zubau von<br />

23 GW wasserstofffähiger Gaskraftwerkskapazität<br />

gewährleisteten steuerbaren Leistung von insgesamt<br />

71 GW stünde eine Nachfragespitze von 95 GW im<br />

Jahr 2030 gegenüber. 10<br />

Dies wurde mittlerweile auch von der Politik erkannt.<br />

Die Umsetzung eines beschleunigten Kohleausstiegs<br />

und die Einhaltung der verschärften Klimaziele<br />

er<strong>for</strong>dert laut Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis<br />

90/DIE GRÜNEN und FDP – neben dem massiven<br />

Ausbau der erneuerbaren Energien – „die Errichtung<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

Beschleunigte Verbesserung<br />

der Energieeffizienz in<br />

Gebäuden und<br />

in der Industrie<br />

Beschleunigter Ersatz<br />

von Gaskesseln durch<br />

Wärmepumpen<br />

Kurzfristige Maßnahmen,<br />

um schutzbedürftige<br />

Verbraucher vor hohen<br />

Preisen zu schützen<br />

Maximierung der<br />

Stromerzeugung aus<br />

vorhandenen, abschaltbaren,<br />

emissionsarmer Quellen<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

Vorübergehende<br />

Thermostateinstellung<br />

durch die Verbraucher<br />

Diversifizierung und<br />

Dekarbonisierung der<br />

Flexibilitätsquellen<br />

des Stromsystems<br />

Der 10-Punkte-Plan der IEA für<br />

die Europäische Union<br />

vom März 2022<br />

moderner Gaskraftwerke, um den im Laufe der<br />

nächsten Jahre steigenden Strom- und Energiebedarf<br />

zu wettbewerbsfähigen Preisen zu decken.“ Zur<br />

Gewährleistung dieses Ausbaus bedarf es ausreichender<br />

Investitionsanreize, damit ein marktgetriebener<br />

Prozess von Planung, Genehmigung und Bau<br />

entsprechender Anlagen in Gang kommt. Es bestehen<br />

allerdings Zweifel, dass dies über das gegenwärtig in<br />

Deutschland bestehende Marktdesign erreicht<br />

werden kann. 11<br />

Angesichts der vergleichsweise geringen zu erwartenden<br />

Jahresvolllaststunden ist unter alleiniger<br />

Berücksichtigung von Erlösen auf dem Energy-Only-<br />

Markt die Wirtschaftlichkeit entsprechender Investitionen<br />

voraussichtlich nicht gegeben, selbst wenn<br />

Preisspitzen in besonderen Knappheitssituationen<br />

auftreten. Hinzu kommt das unsichere regulatorische<br />

Umfeld. Aktuell ist nicht klar, ob und unter<br />

welchen Bedingungen Investitionen in Gas Infrastruktur<br />

als nachhaltige Investments klassifiziert<br />

werden können. Hinzu kommen weitere Unsicherheiten<br />

in Bezug auf die zukünftige Verfügbarkeit von<br />

grünen Gasen oder Wasserstoff.<br />

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit für eine wettbewerblich<br />

organisierte Steuerung des Ausbaus gesicherter<br />

Leistung auf Basis Gas mittels eines Kapazitätsmarktes.<br />

Zur Sicherstellung der Errichtung einer<br />

als ausreichend angesehenen Leistung auf Gasbasis<br />

bis 2030 sind die Weichen für eine Neugestaltung des<br />

Strommarkt-Designs bereits 2022 zu stellen.<br />

Planung, Genehmigungsverfahren und Bau von<br />

Gaskraftwerken er<strong>for</strong>dern nämlich einen Zeitrahmen<br />

von mindestens sechs Jahren (Abb. 12). Dies<br />

gilt im optimalen Fall, der nicht durch Verzögerungen<br />

beeinträchtigt ist. Dabei sind Gaskraftwerke<br />

auch wesentlich, um die saisonalen Schwankungen<br />

bei der Stromnachfrage zwischen Sommer und<br />

Winter bzw. längere, bis zu überjährlichen<br />

9<br />

10<br />

Bild 14<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 23<br />

10 EWI (2021): Auswirkungen des Koalitionsvertrags auf den Stromsektor 2030. Köln, 6.12.2021. URL: https://www.ewi.uni-koeln.de/de/publikationen/auswirkungendes-koalitionsvertrags-auf-den-stromsektor-2030/<br />

11 Energate messenger (2021)<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


dem 10-Punkte-Plan der IEA<br />

<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 24<br />

| Abb. 14<br />

Veränderung der Erdgasimporte in die EU nach dem 10-Punkte-Plan der IEA (in Mrd. Kubikmeter).<br />

(Quelle: Basierend auf IEA, März 2022)<br />

Schwankungen im Grünstromangebot zu kompensieren.<br />

Die Perspektiven für Gasimporte<br />

in<br />

Quelle:<br />

die<br />

Basierend<br />

EU<br />

auf IEA, März 2022<br />

Die <strong>International</strong> Energy Agency (IEA) 12 adressierte<br />

kürzlich in einem 10-Punkte-Plan, wie die Europäische<br />

Union ihre Abhängigkeit von Gasimporten aus<br />

Russland reduzieren kann. Dabei wird kein so<strong>for</strong>tiger<br />

Ausstieg aus der Nutzung von Erdgas vorgeschlagen,<br />

sondern ein möglichst rascher Wechsel bei<br />

den Bezugsquellen, die effizientere Nutzung von<br />

Erdgas und den Beibehalt existenter bzw. den<br />

<strong>for</strong>cierten Zubau klimaneutraler Stromerzeugung.<br />

(Abb. 13)<br />

Nach Schätzungen der IEA kann sich durch die<br />

Umsetzung der genannten zehn Maßnahmen, die<br />

Importabhängigkeit der EU deutlich verringern. Im<br />

Jahr 2021 importierte die Europäische Union im<br />

Durchschnitt mehr als 380 Millionen Kubikmeter<br />

(mcm) Gas pro Tag über Pipelines aus Russland, was<br />

etwa 140 Milliarden Kubikmeter (bcm) für das<br />

gesamte Jahr entspricht. Darüber hinaus wurden<br />

rund 15 Mrd. Kubikmeter in Form von verflüssigtem<br />

Erdgas (LNG) geliefert. Die insgesamt 155 Mrd.<br />

Kubikmeter, die aus Russland importiert wurden,<br />

machten im Jahr 2021 rund 45 % der Gaseinfuhren<br />

der EU und fast 40 % ihres gesamten Gasverbrauchs<br />

aus.<br />

Eine Reihe von Maßnahmen könnte dazu führen,<br />

dass der jährliche Bedarf der EU an russischen<br />

Gasimporten innerhalb eines Jahres um mehr als 50<br />

Mrd. Kubikmeter sinkt - eine Reduzierung um mehr<br />

als ein Drittel. Diese Zahlen berücksichtigen die<br />

Notwendigkeit einer zusätzlichen Auffüllung der<br />

europäischen Gasspeicher im Jahr 2022. Weitere<br />

Maßnahmen würden sogar die Importe um mehr als<br />

80 Mrd. Kubikmeter senken, aber zu einer<br />

verlangsamten Reduktion der Treibhausgasemissionen<br />

führen.<br />

Bis 2030 laufen Lieferverträge mit Gazprom im<br />

Volumen von rund 40 Mrd. Kubikmeter aus, womit<br />

sich für die Gasunternehmen in der EU die Möglichkeit<br />

eröffnet, nach alternativen Gaslieferanten zu<br />

suchen.<br />

Die installierten LNG-Importkapazitäten würden<br />

eine Erhöhung der Importe um etwa 60 Mrd. Kubikmeter<br />

erlauben. Das ist allerdings eine rein technische<br />

Betrachtung. In Anbetracht der starken Nachfrage<br />

nach LNG, welche schon 2021 weltweit zu<br />

beobachten war, ist eine kurzfristige Anhebung der<br />

Importmengen um 20 Mrd. Kubikmeter realistisch.<br />

Andere europäische Pipelines können rund 10 Mrd.<br />

Kubikmeter zusätzlich liefern.<br />

Eine wichtige Möglichkeit ist auch die Reduzierung<br />

der Methanleckagen aus europäischen Pipelines. Die<br />

IEA schätzt das Volumen auf rund 2,5 Mrd. Kubikmeter<br />

jährlich ein. Eine kurzfristige Steigerung von<br />

Bioerdgas wird von der IEA nicht erwartet, da die<br />

Vorlaufzeit der dazu nötigen Projekte dem entgegensteht.<br />

Gelingt es, den Zubau an erneuerbaren Energien aus<br />

PV und Wind zu beschleunigen, rechnet die IEA mit<br />

einem Zuwachs der Strommenge um 35 TWh für die<br />

EU. Umgerechnet würde diese eine geringere<br />

Gasnachfrage um 6 Mrd. Kubikmeter bedeuten.<br />

Durch die verlängerte Nutzung von Kernkraftwerken<br />

(20 TWh) und die intensivere Nutzung von Biomasseverstromung<br />

(50 TWh) würden nochmals 13 Mrd.<br />

Kubikmeter Erdgas weniger verbraucht werden.Der<br />

Ersatz von Gasheizungen durch Elektrowärmepumpen<br />

würde zu rund 2 Mrd. Kubikmeter niedrigerem<br />

Gasverbrauch in einem Jahr führen. Zum gleichen<br />

Betrag würde die Umsetzung von<br />

12 <strong>International</strong> Energy Agency (2022): A 10-Point Plan to Reduce the European Union’s Reliance on Russian Natural Gas. Paris (3 March 2022)<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Energieeffizienzmaßnahmen führen. In beiden<br />

Fällen sind jedoch Vorlaufzeiten und der kurzfristig<br />

hohe Bedarf an Handwerkern eine ernstzunehmende<br />

Hürde. Überraschend hoch ist der Hebel durch niedrigere<br />

Heiztemperaturen: Ein Senken der Thermostate<br />

in Gebäuden um lediglich 1° C würde zu einer<br />

Nachfragesenkung um 10 Mrd. Kubikmeter führen.<br />

Insgesamt können also die Gasimporte für Europa<br />

deutlich gesenkt werden – ein Verzicht darauf ist<br />

aber kurzfristig nicht möglich (Abb. 14). Damit<br />

verbunden ist also die Aufgabe für Gasimporteure,<br />

mit neuen Gaslieferanten für Europa und für<br />

Deutschland Verträge auszuhandeln. Hier spielt<br />

Flüssigerdgas eine entscheidende Rolle: die Abhängigkeit<br />

von einzelnen Lieferantenländern wird<br />

hiermit drastisch reduziert, da man Zugriff auf die<br />

global aktiven Anbieter hat. Allerdings ist bedingt<br />

durch Verflüssigung, Transport, Regasifizierung mit<br />

höheren Preisen als für Pipelinegas zu rechnen.<br />

Erschwerend kommt hinzu, dass der globale Wettbewerb<br />

um LNG intensiver ist, da vor allem Teilnehmer<br />

aus den asiatischen Märkten starke Nachfrager sind.<br />

Insgesamt bestehen 13<br />

in der EU-28 rund 212 Mrd.<br />

Kubikmeter Importkapazitäten für Erdgas. Eine<br />

Erweiterung dieser Kapazitäten um die er<strong>for</strong>derlichen<br />

50 bis 100 Mrd. Kubikmeter entspricht also<br />

einer Steigerung zwischen 25 % und 50 %. GIE stellte<br />

jedoch auch 2019 fest, dass sich LNG-Terminals mit<br />

einer Gesamtkapazität von 109 Mrd. Kubikmeter in<br />

der Planung befinden. Es ist nicht anzunehmen, dass<br />

alle Projekte realisiert werden – allerdings können in<br />

Anbetracht der aktuellen Lage auch weitere Projekte<br />

hinzukommen und die Realisierungswahrscheinlichkeit<br />

der bisherigen Pläne deutlich erhöhen.<br />

Bau von LNG-Terminals in Deutschland<br />

In Deutschland gibt es bereits seit Jahren Diskussionen<br />

um den Bau von LNG-Terminals an den drei<br />

Standorten Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Stade.<br />

Die Investitionsentscheidung wurde jedoch aufgrund<br />

der günstigen Bezugsbedingungen von Pipelineerdgas<br />

aus Russland, Norwegen und den Niederlanden<br />

bisher sehr zögerlich entschieden. Das hat<br />

sich nun geändert. Die Umsetzung einer etwaigen<br />

Investitionsentscheidung wird allerdings etwas<br />

dauern. Die Anträge für Brunsbüttel wurden Mitte<br />

2021 gestellt, eine Genehmigung durch das Wirtschaftsministerium<br />

Schleswig-Holstein wird frühestens<br />

im Herbst 2023 erwartet. Sofern diese Genehmigung<br />

nicht durch Klagen in der Umsetzung verzögert<br />

wird, kann bei einer Bauzeit von rund drei<br />

Jahren mit einer Inbetriebnahme im Jahr 2026<br />

gerechnet werden. Die geplante Kapazität beträgt<br />

rund 8 Mrd. Kubikmeter. Das Jahr 2026 wird auch<br />

für Stade genannt (12 Mrd. Kubikmeter). Das Projekt<br />

in Wilhelmshaven war schon recht <strong>for</strong>tgeschritten,<br />

bis die Investition zunächst gestoppt wurde – daher<br />

kann bei einer Wiederaufnahme des Projekts sogar<br />

mit einer Inbetriebnahme im Jahr 2025 gerechnet<br />

werden (bis zu 10 Mrd. Kubikmeter). Inzwischen gibt<br />

es sogar zunehmend Bestrebungen, die Genehmigungsverfahren<br />

schneller ablaufen zu lassen, damit<br />

die Inbetriebnahme der LNG-Terminals zu einem<br />

früheren Zeitpunkt stattfindet. In der Zwischenzeit<br />

kann Deutschland auf bestehende LNG-Terminals<br />

innerhalb Europas zugreifen und über das dichte<br />

europäische Pipelinenetz das regasifizierte Erdgas<br />

importieren. Durch die in Deutschland vorhandenen<br />

Gasspeicher kann der Importbedarf verstetigt<br />

werden, wodurch saisonale Schwankungen kompensiert<br />

werden können.<br />

Die IEA betont die Rolle von Gasspeichern und<br />

schlägt Mindestspeicherverpflichtungen vor, um die<br />

Widerstandsfähigkeit der Gasmärkte zu stärken. Die<br />

Bundesregierung plant aktuell (Stand Ende März<br />

2022), im April ein Gesetz zu beschließen, bei<br />

welchem Mindestfüllstände für die deutschen<br />

Gasspeicher vorgeschrieben werden. Demnach<br />

sollen die Füllstände zum 1. August bei 65 % liegen,<br />

zum 1. Oktober bei 80 % und zum 1. Dezember bei<br />

90 %. Anfallende Kosten werden dann über die Netzentgelte<br />

auf die Gasverbraucher umgelegt.<br />

Der globale Markt für Flüssigerdgas (LNG)<br />

Flüssigerdgas (LNG) spielt schon seit Jahrzehnten<br />

eine wichtige Rolle in der weltweiten Erdgasversorgung.<br />

Eine erste Anwendung erfolgte bereits 1940 in<br />

Cleveland, Ohio, zur Speicherung von Erdgas auf<br />

möglichst kleinem Raum („peak shaving“). Die erste<br />

experimentelle LNG-Fracht erreichte 1959 Canvey<br />

Island in Großbritannien, und nur fünf Jahre später,<br />

d. h. 1964, versorgten die staatlichen Erdgasförderunternehmen<br />

von Algerien und später Libyen die<br />

europäischen Länder Frankreich (ab 1972), Großbritannien<br />

(ab 1984), Italien (ab 1971) und Spanien (ab<br />

1969) mit LNG. Der erste LNG-Import nach Japan<br />

begann 1969. Die ersten Importe nach Südkorea<br />

erfolgten 1974, nach Taiwan 1990. Australien<br />

begann 1991 mit dem Export von LNG und Trinidad<br />

und Tobago 1999.<br />

Der große Durchbruch für LNG erfolgte Mitte des<br />

ersten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts als Folge der<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 25<br />

13 Gas Infrastructure Europe GIE, LNG Map 2019, May 2019<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


Abb. 15: LNG Importeure und ihre Quellen<br />

<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Europa<br />

Japan<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 26<br />

China<br />

| Quelle: Abb. 15 BP Statistical Review of World Energy 2021<br />

LNG-Importeure und ihre Quellen (in Mrd. Kubikmeter).<br />

(Quelle: BP Statistical Review of World Energy 2021)<br />

Schiefergas-Revolution in den USA. Die starke Veränderung<br />

des Gleichgewichts zwischen Angebot und<br />

Nachfrage in den USA führten zu einem starken Interesse<br />

von US-Firmen an Gas-Exporten. Parallel dazu<br />

exportieren auch die Gasförderländer am Golf<br />

verstärkt LNG. In beiden Fällen war Asien der interessante<br />

Zielmarkt, da hier die Gasnachfrage sehr<br />

stark wuchs. Den Vorsprung Asiens bei LNG-<br />

Importen kann man Abb. 15 entnehmen: hier wird<br />

deutlich, dass alleine die drei Länder China, Japan<br />

und Südkorea bei den LNG-Importen Europa deutlich<br />

überflügeln. Trotz der jetzigen Sondersituation,<br />

dass Pipelineimporte nach Europa durch LNG<br />

kompensiert werden müssen, kann davon ausgegangen<br />

werden, dass die Gasnachfrage in Asien das<br />

europäische Nachfragewachstum in den Schatten<br />

stellen werden – sofern also nicht auch Exportkapazitäten<br />

für LNG stark ausgebaut werden, ist nicht mit<br />

sinkenden LNG-Preisen zu rechnen.<br />

Der große Vorteil von LNG im Unterschied zu<br />

leitungsgebundenem Gas ist die Angebotsvielfalt:<br />

LNG kann aus einer Reihe von Exportländern geliefert<br />

werden, so dass es zu keiner Abhängigkeit von<br />

einem einzelnen Lieferantenland führen kann. Das<br />

kann u.U. auch eine Rolle für zukünftige Wasserstoffimporte<br />

spielen: Importe per Schiff können hier<br />

als die flexiblere und damit attraktivere Lösung<br />

gesehen werden. Bei LNG hat man aktuell die Wahl<br />

zwischen 20 Exportländern (Abb. 16), wobei die drei<br />

größten Exporteure Australien, Katar und die USA<br />

einen Marktanteil von zusammen über 55 % haben.<br />

Südkorea<br />

Zum Verschiffen des LNG stehen knapp 650 Schiffe<br />

zur Verfügung.<br />

Moderne Technologie erlaubt sogar weitergehende<br />

Flexibilisierungsmöglichkeiten: die Prelude von<br />

Shell ist ein Floating LNG-Schiff (FLNG), d. h. das<br />

Schiff ermöglicht die Erdgasförderung auf dem Meer,<br />

die Verflüssigung und Speicherung auf dem Schiff.<br />

Frachtschiffe können dann von der Prelude mit LNG<br />

beladen werden. Analog gibt es auch FSRU, Floating<br />

Storage and Regasification Units. Das sind schwimmende<br />

LNG-Terminals mit integrierter Regasifizierung.<br />

Diese Form des Anlandeterminals kann z. B.<br />

eingesetzt werden, bis ein landgestütztes LNG-<br />

Terminal fertiggestellt worden ist.<br />

Der inzwischen recht liquide LNG-Markt führt seit<br />

einigen Jahren zu zunehmenden Preisgleichheiten<br />

weltweit – allerdings immer unter Einbezug der<br />

Transportkosten, die natürlich stark von der Länge<br />

des zurückzulegenden Frachtweges abhängen. Die<br />

typischen Kosten für eine LNG-Fracht an einem<br />

Anlandehafen bestehen aus den relevanten Marktpreisen<br />

für Erdgas am Verladehafen (z. B. Henry Hub<br />

für die LNG hubs Sabine Pass oder Cameron), die<br />

Transportkosten des Erdgases zum Verladehafen,<br />

Kosten für Verflüssigung des Erdgases und der<br />

Schiffsbeladung, die Frachtkosten, Treibstoffkosten,<br />

„boil off“ (Verluste während des Transportes),<br />

etwaige Kanalgebühren (z. B. Panama-Kanal für<br />

Exporte von der Ostküste der USA nach Asien) und<br />

die Regasifizierungskosten. Der intensivere Handel<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


Abb. 16: Übersicht zum globalen LNG-Markt<br />

<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Nachfrageseite<br />

43 Importländer 20 Exportländer<br />

| Abb. 16<br />

Übersicht zum globalen LNG-Markt.<br />

1 MTPA 1 MTPA = million tonnes tonnes per per annum annum . . . . . . . . 1 million tonnes LNG = 48.0279467 bcf<br />

1 million (Quelle: tonnes GIIGNL GROUPE LNG = INTERNATIONAL 48.0279467 bcf DES IMPORTATEURS DE GAZ NATUREL LIQUÉFIÉ https://giignl.org , Annual Report 2021)<br />

mit LNG weltweit hat zu einer Parallelisierung der<br />

Preise an den Großhandelsmärkten für Erdgas<br />

geführt. In Folge wird der europäische Gashandel<br />

noch stärker als bisher auf globale Gaspreisentwicklungen<br />

reagieren. Im letzten Jahr war dies (sogar<br />

noch gedämpft) der Fall, als viele asiatische Länder<br />

ihre leeren Gasspeicher nach einem kalten Winter<br />

auffüllten und in Erwartung eines weiteren kalten<br />

Winters sehr rasch sehr hohe Mengen auf dem Weltmarkt<br />

kauften. Eine Sonderrolle spielt hier Japan, da<br />

die weggefallende nukleare Stromerzeugung durch<br />

Gaskraftwerke ersetzt wurde – und damit die Nachfrage<br />

nach LNG sowie die Zahlungsbereitschaft sehr<br />

hoch ist.<br />

Teilweise können die LNG-Importe – ausreichende<br />

Regasifizierungskapazitäten vorausgesetzt – auch<br />

Gasspeicher partiell unterstützen, da saisonale<br />

Schwankungen mit erhöhten LNG-Importen beantworten<br />

werden können. Ebenso können LNG-Schiffe<br />

auch als schwimmender Gasspeicher genutzt<br />

werden, wenn man bereit ist die Chartergebühren<br />

für den benötigten Zeitraum zu zahlen.<br />

Die Perspektive für Wasserstoffimporte<br />

Der globale Handel mit LNG kann in vielerlei Hinsicht<br />

als Vorläufer eines globalen Handels mit Wasserstoff<br />

oder mit Energieträgern auf Basis von neutral produziertem<br />

Wasserstoff. Experten sehen aktuell nicht<br />

nur Wasserstoff als möglichen Energieträger für<br />

Exporte, sondern ebenso synthetisches Methan,<br />

Methanol, Ammoniak oder andere synthetische<br />

Treib- und Brennstoffe. Diese „synfuels“ werden mit<br />

Angebotsseite<br />

947 MTPA 1 Regasifizierungskapazität insgesamt 454 MTPA Verflüssigungskapazität insgesamt<br />

71% der globalen LNG-Nachfrage kommt aus Asien 41% der globalen Lieferungen aus dem pazifischen<br />

Becken<br />

Die größten 5 Importländer:<br />

• Japan (74,43 MTPA; 20,9%)<br />

• China (68,91 MTPA; 19,3%)<br />

• Südkorea (40,81 MTPA; 11,5%)<br />

• Indien (26,63 MTPA; 7,5%)<br />

• Taiwan (17,76 MTPA; 5,0%)<br />

Die größten 5 Exportländer:<br />

• Australien (77,77 MTPA; 21,8%)<br />

• Katar (77,13 MTPA; 21,7%)<br />

• USA (44,76 MTPA; 12,6%)<br />

• Malaysia (23,85 MTPA; 6,7%)<br />

• Nigeria (20,55 MTPA; 5,8%)<br />

LNG Tankerflotte: 642 Frachtschiffe mit 95.2 Million Kubikmeter Transportkapazität<br />

• Gesamtes Importvolumen: 356,1 MTPA (354,7 MT in 2019; 313 MT in 2018)<br />

• Typische Vertragsdauer der lang- und mittelfristigen Verträge 11,7 Jahre<br />

• Importierte Mengen auf Basis eines Spot- oder Kurzfristvertrages (≤ 4 years): 40% des gesamten LNG-<br />

Handelsvolumens<br />

klimaneutral erzeugtem Wasserstoff erzeugt. Sie<br />

können entweder Vorteile beim Transport bieten<br />

und/oder bei ihrer Nutzung. Synthetisches Methan<br />

beispielsweise kann als Erdgasersatz dienen – das<br />

hat den Vorteil, dass Transport- und Verteilnetze für<br />

Erdgas weiter genutzt werden können, ebenso die<br />

erdgasbetriebenen Heizungen. Allerdings muss zur<br />

Herstellung von synthetischem Methan ein Kreislauf<br />

mit eingefangenem CO 2 eingerichtet werden, was zu<br />

einem relevanten Kostenblock führt. Wasserstoff<br />

oder Ammoniak würden keine direkten CO 2 -Emissionen<br />

hervorrufen, ihr Transport ist aber wegen der<br />

extrem niedrigen Temperaturen für flüssigen<br />

Wasserstoff oder der Toxizität von Ammoniak mit<br />

anderen Heraus<strong>for</strong>derungen zurechtkommen muss.<br />

Quelle: GIIGNL GROUPE INTERNATIONAL DES IMPORTATEURS DE GAZ NATUREL LIQUÉFIÉ https://giignl.org , Annual Report 2021<br />

Vorliegenden Schätzungen zufolge wird 2050<br />

weniger als ein Drittel der im Inland für alle Einsatzzwecke<br />

benötigten Mengen an Wasserstoff aus inländischen<br />

Elektrolyse-Anlagen kommen können 14 .<br />

Gemäß Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/DIE<br />

GRÜNEN und FDP aus November 2021 soll in<br />

Deutschland bis 2030 eine Elektrolyse-Kapazität von<br />

10 GW errichtet werden. Damit könnten ca. 0,8 Mio.<br />

Tonnen Wasserstoff auf Basis von erneuerbar<br />

erzeugtem Strom produziert werden. Bei knapp drei<br />

Viertel wird Deutschland auf Importe angewiesen<br />

sein. Die Nationale Wasserstoff-Strategie trägt dieser<br />

Tatsache Rechnung. 15 <strong>International</strong>e Partnerschaften<br />

zur Realisierung entsprechender Vorhaben können<br />

dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. 16 Aktuelle<br />

Gespräche zum Thema LNG-Importe beinhalten<br />

daher nahezu immer einen Bezug zu Wasserstoffimporten.<br />

Global werden sich dabei aller Voraussicht<br />

nach Regionen bilden, die vor allem synthetische<br />

Bild 13<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 27<br />

14 La Revue de l´Énergie, octobre 2021, Decarbonised hydrogen imports into the European Union: challenges and opportunities<br />

15 Die Bundesregierung (2020)<br />

16 Ludwig-Bölkow-Systemtechnik und Weltenergierat – Deutschland (2020)<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 28<br />

Treibstoffe importieren werden und exportierende<br />

Regionen 17 . Dies ist bedingt durch die Gestehungskosten<br />

für erneuerbare Energien und vor allem die zu<br />

erwartenden Volllaststunden. Die Produktionskosten<br />

für Wasserstoff sinken sehr stark, wenn die<br />

Elektrolyseure nahezu rund um die Uhr mit klimaneutralem<br />

Strom betrieben werden können. Eine<br />

sehr sporadische Auslastung der Wasserstoffproduktion<br />

für nur wenige hundert Stunden im Jahr führt<br />

jedoch zu sehr hohen Produktionskosten, so dass<br />

Importe ökonomisch attraktiver werden.<br />

Ausblick<br />

Der Krieg in der Ukraine hat einen gewaltigen<br />

Einfluss auf die Versorgung mit Energierohstoffen<br />

Deutschland und Europas. Er verstärkt erheblich die<br />

Notwendigkeit zur Diversifizierung der Energie-<br />

Rohstoffbezüge.<br />

Perspektivisch sind darüber hinaus drei weitere<br />

Punkte für eine sichere Energieversorgung von<br />

Bedeutung.<br />

Erstens: Der Ausbau erneuerbarer Energien und der<br />

Zubau an benötigten Kurzfristspeichern führen zu<br />

einem großen Bedarf an nicht-fossilen Rohstoffen.<br />

Russland steht bei den seltenen Erden weltweit zwar<br />

nur für 1 % der Produktion, aber 18 % der Reserven,<br />

China für 60 % der Produktion und 37 % der Reserven.<br />

18 Die Abkehr von fossilen Rohstoffen führt daher<br />

zu einer geringeren Abhängigkeit von Öl-, Kohle- und<br />

Erdgasimporten – erhöht dafür aber die Abhängigkeit<br />

bei Importen anderer Rohstoffe. Darauf wurde<br />

schon mehrfach hingewiesen. 19 Importe sind dabei<br />

keineswegs generell negativ zu bewerten, es sollte<br />

jedoch darauf geachtet werden, dass die Quellen<br />

ausreichend diversifiziert sind.<br />

Zweitens: Der zeitliche Druck, Lösungen zu liefern,<br />

ist deutlich gewachsen. Neben einem beschleunigten<br />

Ausbau erneuerbarer Energien eröffnen sich hier<br />

wachsende Möglichkeiten für den Import von<br />

Wasserstoff und Wasserstoffderivaten. Dieser Import<br />

kann dabei – ggf. nach erfolgter Ertüchtigung – auf<br />

wesentliche Teile der existenten Erdgasinfrastruktur<br />

zurückgreifen. Damit stellen erdgasbasierte<br />

Lösungen wie z. B. LNG-Importe oder H2-ready<br />

Gaskraftwerke kein „lock-in“ von Emissionen dar,<br />

sondern sind Bestandteile einer zukünftigen Wasserstoffwelt.<br />

Drittens: Langfristig bietet die Herstellung von<br />

Wasserstoff und von synthetischen Brenn- und<br />

Kraftstoffen aus erneuerbar erzeugtem Strom, die<br />

<strong>Power</strong>-to-X (PtX)-Technologie, eine Option für die<br />

Langzeitspeicherung. Die Bereitstellung von Wasserstoff<br />

und von synthetischen Brenn- und Kraftstoffen<br />

dürfte aber ganz überwiegend durch Lieferungen<br />

aus dem Ausland erfolgen. So herrschen dafür<br />

beispielsweise in Nordafrika oder im Mittleren Osten<br />

deutlich günstigere Bedingungen als in Deutschland.<br />

Die Importquote bei der Energieversorgung wird<br />

also künftig – auch im Falle einer erfolgreichen<br />

Umsetzung der PtX-Strategie – kaum gedämpft<br />

werden. Die PtX-Technologie bietet andererseits aber<br />

vielversprechende Optionen zur Realisierung von<br />

Sektorenkopplung und stellt damit durch den indirekten<br />

Einsatz von erneuerbaren Energien über den<br />

Umweg Wasserstoff einen wichtigen Beitrag zur<br />

Dekarbonisierung der Energieversorgung dar. Für<br />

die Sicherheit der Stromversorgung dürfte damit auf<br />

absehbare Zeit jedoch noch kein größerer Beitrag<br />

resultieren.<br />

Autoren<br />

Prof. Dr. Hans-Wilhelm Schiffer<br />

Lehrbeauftragter der RWTH Aachen, Deutschland<br />

HWSchiffer@t-online.de<br />

Prof. Dr. Hans-Wilhelm Schiffer ist Mitglied des Studienausschusses des World<br />

Energy Council, London und Gastdozent für Energiewirtschaft an der RWTH<br />

Aachen.<br />

Prof. Dr. Schiffer studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Köln und<br />

an der Pennsylvania State University. Seine berufliche Laufbahn begann er als<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Energiewirtschaft der Universität<br />

Köln. Anschließend arbeitete er als Beamter im Bundeswirtschaftsministerium,<br />

unter anderem beim britischen Energieministerium und im<br />

Bundesumweltministerium in Bonn, und anschließend für den RWE-Konzern in<br />

Essen. Er ist Autor des im November 2018 bei Springer Vieweg erschienenen<br />

Standardwerks Energiemarkt Deutschland.<br />

Prof. Dr. Stefan Ulreich<br />

Professor für Energiewirtschaft,<br />

Hochschule Biberach, Deutschland<br />

ulreich@hochschule-bc.de<br />

Prof. Dr. Stefan Ulreich lehrt Energiewirtschaft an der Hochschule Biberach mit den<br />

Schwerpunkten Rohstoffhandel, Risikomanagement, Energiepolitik und<br />

Digitalisierung. Stefan Ulreich studierte Theoretische Physik an der Ludwig-<br />

Maximilians-Universität in München. Seine Karriere startete er bei Dresdner<br />

Kleinwort Benson im Investment Banking. Danach arbeitete er für den E.ON-<br />

Konzern als Energiehändler und Originator, in der Energiepolitik und in der<br />

Energiestrategieabteilung. Stefan Ulreich leitet die Task Force Renewables der<br />

European Federation of Energy Traders (EFET) und ist im World Energy Council<br />

aktiv.<br />

17 Ram M., Galimova T., Bogdanov D., Fasihi M., Gulagi A., Breyer C., Micheli M., Crone K. (2020). <strong>Power</strong>fuels in a Renewable Energy World - Global volumes, costs, and<br />

trading 2030 to 2050. LUT University and Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena). Lappeenranta, Berlin<br />

18 U.S. Geological Survey, Mineral Commodity Summaries, January 2022<br />

19 IEA, The Role of Critical Minerals in Clean Energy Transitions, May 2021; acatech, Rohstoffe für die Energiewende, Februar 2017<br />

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Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

PROGRAMMVORSCHAU<br />

29<br />

Montag, 20. Juni 2022 Dienstag, 21. Juni 2022 Mittwoch, 22. Juni 2022<br />

p Gremientag KernD/KTG<br />

09:00–16:45 Uhr<br />

p Mitgliederversammlung KTG<br />

17:00–18:30 Uhr<br />

p Get Together<br />

18:30–21:00 Uhr<br />

p Industrieausstellung<br />

p Plenarvorträge<br />

p Vorträge zu „Special Topics“<br />

p Technical Sessions<br />

p Young Scientists Workshop<br />

p Poster Session<br />

p Gesellschaftsabend<br />

in der Industrieausstellung<br />

p Industrieausstellung<br />

p Plenarvorträge<br />

p Vorträge zu „Special Topics“<br />

p Technical Sessions<br />

p Young Scientists Workshop<br />

p Poster Session<br />

p Preisverleihungen<br />

KERNTECHNIK 2022<br />

KEY NOTES<br />

Dienstag, 21. Juni 2022<br />

Dr. Guido Knott<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

der PreussenElektra<br />

09:20–09:50 Uhr | PreussenElektra – Vom Betreiber zum<br />

Rückbauer<br />

Tomáš Ehler<br />

Deputy Minister of Industry and Trade and<br />

Head of the <strong>Nuclear</strong> Energy Section at the<br />

Czech Embassy in the Federal Republic of Germany<br />

09:50–10:20 Uhr | Entwicklung der Kernenergie in<br />

Tschechien und Zusammenarbeit CZ–DE<br />

Prof. Dr. Christian Linsmeier<br />

Director IEK-4 Plasma Physics<br />

bei Forschungszentrum Jülich<br />

11:00–11:30 Uhr | Status quo der Kernfusion<br />

Herbert Saurugg<br />

Präsident der Österreichischen Gesellschaft<br />

für Krisenvorsorge<br />

11:30-12:00 Uhr | Energieversorgung nach dem Ausstieg –<br />

ganz ohne Kernenergie?<br />

Mittwoch, 22. Juni 2022<br />

Lukas Aebi<br />

Geschäftsführer Nuklear<strong>for</strong>um Schweiz<br />

13:30–14:00 Uhr | Status quo und aktuelle Ziele<br />

der Schweizer Atomwirtschaft<br />

Peter Berben<br />

Head of Decommissioning and Radioactive<br />

Waste Management at ENGIE Corporate<br />

14:00–14:30 Uhr | Status on ENGIE’s Belgian nuclear power<br />

plant decommissioning<br />

Prof. Dr. Bruno Merk<br />

Royal Academy of Engineering Chair<br />

in Emerging Technologies, University of Liverpool<br />

14:30–15:00 Uhr | The current situation of nuclear new build<br />

and nuclear technologies in the UK<br />

Myrto Tripathi<br />

President and founder of „Voix du <strong>Nuclear</strong>“<br />

15:30–16:00 Uhr | The future of nuclear in France<br />

Dr. James Conca<br />

Trustee at Herbert M. Parker Foundation<br />

16:00–16:30 Uhr | The Status of the U.S. <strong>Nuclear</strong> Waste<br />

Disposal Program<br />

SPECIAL TOPICS<br />

Dienstag, 21. Juni 2022<br />

Dr. Chris Breuer<br />

Communications & PR Manager URENCO Germany<br />

14:45–15:05 Uhr | Auf der Suche nach Liebe und Likes –<br />

Die Kernenergie zwischen gesellschaftlicher<br />

und politischer Debatte, Sozialen Medien<br />

und der konkreten Öffentlichkeitsarbeit vor Ort<br />

Dr. Jörg Aign<br />

Geschäftsführer TÜV Nord EnSys<br />

14:45–15:05 Uhr | Kohleausstieg, Klimawandel,<br />

Sektorkopplung – braucht Klimaschutz die Kerntechnik?<br />

Ulf Kutscher TBC<br />

Commercial Director Orano<br />

15:50–16:10 Uhr | The new French Initiative on <strong>Nuclear</strong><br />

<strong>Power</strong> and Orano's Contribution<br />

Dr. Björn Peters<br />

Chief Financial Officer Dual Fluid Energy<br />

15:50–16:10 Uhr | <strong>International</strong>e Energiewende –<br />

nur mit striktem Design-to-Cost Ansatz<br />

Mittwoch, 22. Juni 2022<br />

Dirk Ebert<br />

Director Spare Parts at Westinghouse Electric Germany<br />

11:00–11:20 Uhr | Data Analytics <strong>for</strong> Managing Obsolescence<br />

Dr. Christian Reiter<br />

Leiter der Reaktorphysik am FRM II, TU München<br />

11:00–11:20 Uhr | TUM Center <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Safety and<br />

Innovation<br />

Jari Makkonen<br />

Head of Sales and Marketing, Posiva Solutions<br />

11:20–11:40 Uhr | Trial Run of Final Disposal<br />

Dr. Konrad Linnemann<br />

Bundesanstalt für Material<strong>for</strong>schung und -prüfung<br />

11:20–11:40 Uhr | New SCO-III Regulations to Ship Large<br />

Objects as Surface Contaminated Objects<br />

SPECIAL GUEST<br />

Dienstag, 21. Juni 2022<br />

Daniel D. Eckert<br />

Finanzredakteur „Die Welt“<br />

18:15–19:00 Uhr | Die Zukunft des Geldes. Dollar, Euro, Yuan,<br />

Bitcoin – oder doch Gold? Welches wird die Weltwährung<br />

des 21. Jahrhunderts? Wie Rekordschulden, Negativzins und<br />

Kryptorevolution die Ordnung des Geldes auf den Kopf stellen<br />

KERNTECHNIK 2022<br />

Programmvorschau


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

TECHNICAL SESSIONS<br />

30<br />

Kompetenz und<br />

Sicherheit<br />

<strong>International</strong>e Trends<br />

und Entwicklungen<br />

Rückbau und<br />

Abfallbehandlung<br />

Zwischen- und<br />

Endlagerung<br />

KERNTECHNIK 2022<br />

PROGRAMMAUSSCHUSS<br />

Dr. Jens Schröder (Vorsitzender)<br />

GNS Gesellschaft für Nuklear-Service<br />

Frank Apel<br />

Kraftanlagen Heidelberg<br />

Erik Baumann<br />

Framatome<br />

Florian Gremme<br />

RWE Technology <strong>International</strong><br />

Dr. Sebastian Hahn<br />

PreussenElektra<br />

Dr. Christian Müller-Dehn<br />

PreussenElektra<br />

Tatiana Salnikova<br />

Framatome<br />

Dr. Angelika Bohnstedt<br />

Karlsruher Institut für Technologie<br />

Dr. Martin Brandauer<br />

OECD <strong>Nuclear</strong> Energy Agency<br />

Dr. Chris Breuer<br />

Urenco Deutschland<br />

Prof. Dr. Ron Dagan<br />

Karlsruher Institut für Technologie<br />

Eckehard Göring<br />

EDL Anlagenbau Gesellschaft<br />

Dr. Thorsten Hollands<br />

Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit<br />

Michael Köbl<br />

GNS Gesellschaft für Nuklear-Service<br />

Prof. Dr. Marco K. Koch<br />

Ruhr-Universität Bochum<br />

Andreas Loeb<br />

Siempelkamp NIS Ingenieurgesellschaft<br />

Thomas Mull<br />

Framatome<br />

Dr. Andreas Schaffrath<br />

Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit<br />

Dr. Norbert Schröder<br />

Steag Energy Services<br />

Thomas Seipolt<br />

NUKEM Technologies Engineering Services<br />

Dr. Anke Traichel<br />

EWN Entsorgungswerk für Nuklearanlagen<br />

Dr. Walter Tromm<br />

Karlsruher Institut für Technologie<br />

TECHNICAL SESSIONS<br />

Dienstag, 21. Juni 2022<br />

13:30-13:45 Dr. Kai Kosowski PreussenElektra<br />

Zyklusverlängerung der Konvoi-Druckwasserreaktoren durch Streckbetrieb<br />

– An<strong>for</strong>derungen und Erfahrungen aus Sicht des Betreibers<br />

13:45-14:00 Kevin Lamshöft Universität Magdeburg<br />

Resilience against and detection of in<strong>for</strong>mation hiding in nuclear<br />

instrumentation and control systems within the scope of NSS 17-T<br />

14:00-14:15 Joachim Herb Gesellschaft für Reaktorsicherheit<br />

Recommendations <strong>for</strong> core monitoring to enhance the detection and<br />

discrimination of anomalies by neutron noise measurements<br />

14:15-14:30 Dr. Burkhard Kleibömer URENCO Deutschland<br />

Dritte Sicherheitsüberprüfung der Urananreicherungsanlage Gronau<br />

14:30-14:45 Zhi Yang Gesellschaft für Reaktorsicherheit<br />

CFD Simulations on an Up-Scaled Experiment and Determination of the Heat<br />

Transfer Coefficient <strong>for</strong> High Rayleigh Number Natural Convection in Water<br />

16:10-16:25 Sebastian Buchholz Gesellschaft für Reaktorsicherheit<br />

VASiL – A joint project to cover innovative concepts to remove residual heat in<br />

LW-SMR in simulations using AC2<br />

16:25-16:40 Dr. Christoph Hartmann Westinghouse Electric Germany<br />

Long-Term Containment Cooling System using Water Turbine Driven Pump<br />

16:40-16:55 David Lauer KSB<br />

Research & Development <strong>for</strong> Primary Pumps <strong>for</strong> Generation IV Reactor<br />

Concepts<br />

16:55-17:10 Dr. Götz Ruprecht Dual Fluid Energy<br />

Neue Entwicklungen bei der Dual Fluid Technologie<br />

17:10-17:25 Dr. Jonathan Sappl Gesellschaft für Reaktorsicherheit<br />

Implementation of FeCrAl cladding models in fuel rod code TESPA-ROD<br />

Peter Hippauf Siempelkamp NIS Ingenieurgesellschaft<br />

Stilllegungskosten für Kernkraftwerke im internationalen Vergleich<br />

Cihan Cantay TÜV NORD EnSys<br />

Bewertung der Einwirkungen von Explosionsdruckwellen unter<br />

Berücksichtigung standortspezifischer Gegebenheiten und den<br />

Besonderheiten von Methan-Gaswolken<br />

Rüdiger König QENIQ Advisory Energieprojekte<br />

Site Decommissioning and Re-Use critical <strong>for</strong> Energy Transition: new<br />

concepts<br />

Bastian Degner Brenk Systemplanung<br />

Freigabe von schwer zugänglichen Strukturen am Beispiel der äußeren SHB<br />

Einspannstelle im Kernkraftwerk Stade<br />

Birte Froebus KIT - Karlsruher Institut für Technologie<br />

Mobiles Anbaugerät zur automatisierten Rissüberfräsung<br />

Dr. Henning Hartmann GNS Gesellschaft für Nuklear-Service<br />

Fertigung von CASTOR® Behältern – Serienfertigung für Deutschland und<br />

kundenspezifische Lösungen für ausländische Kunden<br />

Dr. Marcus Seidl PreussenElektra<br />

Status of the EURAD research program activities on improving source term<br />

predictions <strong>for</strong> spent nuclear fuel<br />

Dr. Daniel Nahm Gesellschaft für Reaktorsicherheit<br />

Extending the GRS dry storage simulation chain to analyse BWR storage cask<br />

inventory<br />

Dr. Vera Derya WTI<br />

Betrachtungen zur Aktivitätsrückhaltung als alternativer Nachweisweg bei<br />

Bauartprüfungen für das Endlager Konrad<br />

Dr. Michael Herm KIT - Karlsruher Institut für Technologie<br />

Mobility of radionuclides in SNF in view of extended dry interim storage<br />

KERNTECHNIK 2022<br />

Programmvorschau


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

PROGRAMMVORSCHAU<br />

31<br />

TECHNICAL SESSIONS<br />

Mittwoch, 22. Juni 2022<br />

09:00-09:15 Prof. Dr. Bruno Merk University of Liverpool<br />

iMAGINE – A Breakthrough Technology <strong>for</strong> a Successful Future of <strong>Nuclear</strong><br />

09:15-09:30 Guillaume Hemery Framatome<br />

Early Launch of Validation via an Evolving Engineering Simulator (ELVEES)<br />

Maik Stuke BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung<br />

Forschung im Bereich der Zwischenlagerung - Das Forschungsprogramm<br />

der BGZ<br />

Alexander Tönnes WTI<br />

Validierung von CFD-Methoden zur Berechnung der sicheren Wärmeabfuhr<br />

aus der Behälterlagerhalle H des ZWILAG anhand von Temperaturmessungen<br />

KERNTECHNIK 2022<br />

09:30-09:45 Marcus Will pro-beam<br />

Serienmäßiges Elektronenstrahlschweißen von Großbauteilen aus<br />

dickwandigem CrNi-Stahl am Beispiel des <strong>International</strong> Thermonuclear<br />

Experimental Reactor ITER<br />

09:45-10:00 Dr. Arkady Serikov KIT – Karlsruher Institut für Technologie<br />

Radiation Environment inside the IFMIF-DONES Target Interface Room<br />

10:00-10:15 Sabrina Gil-Pascual Kraftanlagen Heidelberg<br />

Hydrogen Fusion and the Importance of Thermal Energy Storage Systems -<br />

Development of the DEMO Balance of Plant<br />

10:15-10:30 Stelios Michaelides KIT – Karlsruher Institut für Technologie<br />

Boiling Crisis Experiments under Oscillation Flow<br />

11:40-11:55 Dr. Christoph Bratfisch Ruhr-Universität Bochum<br />

Analyse der AC²-Kondensationsmodellbasis anhand von Simulationen der<br />

PPP-Versuchsanlage<br />

11:55-12:10 Johannes Hoffrichter Ruhr-Universität Bochum<br />

Validation of AC 2 – COCOSYS regarding light gas stratification build-up and<br />

dissolutiaon in an atmosphere containing carbon dioxide<br />

12:10-12:25 Dr. Fabrizio Gabrielli KIT – Karlsruher Institut für Technologie<br />

Impact of Realistic Fuel Inventories on the Radiological Consequences of a<br />

Severe Accident Scenario in a Generic KONVOI Plant by means of the ASTEC Code<br />

12:25-12:40 Miriam Müer Ruhr-Universität Bochum<br />

Analysis of severe accident scenarios in the primary circuit of a generic<br />

pressurized water reactor in the frame of plant calculations <strong>for</strong> evaluating<br />

the program system AC<br />

Dr. Thomas Fischer GNS Gesellschaft für Nuklear-Service<br />

Rückführung von HAW-Glaskokillen aus Sellafield mit dem Behälter<br />

CASTOR®HAW28M und radiologische Prüfungen<br />

Mark Linssen BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung<br />

Die BGZ und ihr Auftrag – Schritt für Schritt zum autarken Zwischenlager<br />

Frank Querfurth Framatome<br />

Robotergestütze Sortierung radioaktiver Abfälle zwecks Volumenoptimierter<br />

Konditionierung: VIRERO<br />

Mikael Gustafsson Uniper <strong>Nuclear</strong> D&D<br />

Decommissioning of NPPs & research reactors incl. licensing & legal aspects<br />

Strategy of Uniper’s Swedish D&D program proven success by first years of<br />

dismantling experience<br />

Rainer Slametschka NUKEM Technologies Engineering Services<br />

Pyrohydrolysis of bituminised waste drums<br />

Dr. Dominic Krupp Safetec Entsorgungs- und Sicherheitstechnik<br />

Gebäudefreigabe 2.0<br />

Teemu Seitomaa Fortum <strong>Power</strong> and Heat Oy<br />

Dismantling and waste management planning <strong>for</strong> FiR 1 decommissioning<br />

Alena Wernke KIT – Karlsruher Institut für Technologie<br />

Automatisierung der Kontaminationsmessung im Rückbauprozess<br />

kerntechnischer Anlagen<br />

POSTER SESSION<br />

Dienstag, 21. Juni 12:45–13:30 Uhr und 17:30–18:15 Uhr sowie Mittwoch, 22. Juni 2022 13:15–13:45 Uhr<br />

Dr. Marina Sokcic-Kostic<br />

NUKEM Technologies Engineering Services<br />

Measurement Systems <strong>for</strong> Nuciear Fuel Cycle<br />

Dr. Laurent Coquard<br />

Framatome<br />

Non-destructive verification of the material characterization<br />

of radioactive waste packages with QUANTOM®<br />

Peter Stängle<br />

RODIAS<br />

OPTIRA – Optimierung komplexer Planungsvorhaben mit<br />

Hilfe mathematischer Methoden<br />

Hauke Rathjen<br />

PreussenElektra<br />

A Citizen Initiative – „PRO Kernenergie”<br />

Josef Schindler<br />

Framatome<br />

Cybersecurity Risk Management During all<br />

NPP Lifecycle Phases<br />

Mika Milan<br />

ÚJV Řež<br />

Recyclable decontamination medium <strong>for</strong><br />

decommissioning of nuclear facilities<br />

Mika Milan<br />

ÚJV Řež<br />

Long Term Storage of Spent <strong>Nuclear</strong> Fuel<br />

and Radioactive Waste<br />

KERNTECHNIK 2022<br />

Programmvorschau


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

PROGRAMMVORSCHAU<br />

32<br />

KERNTECHNIK 2022<br />

YOUNG SCIENTISTS WORKSHOP<br />

We welcome 17 Young Scientists with interesting lectures on nuclear research and innovation.<br />

The three best papers will receive a competence award sponsored by<br />

YOUNG SCIENTISTS WORKSHOP JURY<br />

Dr. Katharina Stummeyer<br />

Head of Project Management Agency Gesellschaft<br />

für Anlagen- und Reaktorsicherheit<br />

Prof. Dr. Jörg Starflinger<br />

Head of the Institute of <strong>Nuclear</strong> Technology and<br />

Energy Systems, University of Stuttgart<br />

Prof. Dr. Marco K. Koch<br />

Head of Plant Simulation and Safety Group, Faculty of<br />

Mechanical Engineering, Ruhr-Universität Bochum<br />

Matthias Daichendt<br />

Head of Engineering<br />

Kraftanlagen Heidelberg<br />

YOUNG SCIENTISTS WORKSHOP<br />

Dienstag, 21. Juni 2022 Mittwoch, 22. Juni 2022<br />

13:30-13:45 Sergio Iván Cáceres Castro Universität Stuttgart<br />

Experimental investigation on the startup behavior of a straight<br />

two-phase closed thermosyphon bundle <strong>for</strong> passive heat transfer<br />

from spent fuel pools<br />

13:45-14:00 Sinem Çevikalp Usta Universität Magdeburg<br />

Validation of ATHLET <strong>for</strong> bayonet heat exchangers with natural<br />

convection heat transfer<br />

14:00-14:15 Muhammad Chaudhry KIT Karlsruher Institut für Technologie<br />

Treatment of radioactive secondary waste from waterjet abrasive<br />

suspension cutting using separation techniques<br />

14:15-14:30 Eduard Diaz-Pescador Helmholtz-Zentrum Dresden – Rossendorf<br />

NuScale SMR 3-D modelling and analysis of boron dilution<br />

transient with system code ATHLET in the framework of McSAFER<br />

14:30-14:45 Lars Heibges Technische Universität Kaiserslautern<br />

Analytical methods <strong>for</strong> simulation of hard projectile impact on<br />

rein<strong>for</strong>ced concrete structures<br />

14:45-15:00 Lukas Helm Technische Universität Kaiserslautern<br />

Self-centering ring spring dampers <strong>for</strong> seismic design of steel<br />

frames<br />

15:50-16:05 Maximilian Hoffmann Ruhr-Universität Bochum<br />

Influence analysis of selected concrete properties and the<br />

heating capacity on the heat transfer coefficient between<br />

concrete and melt using the BETA experiments with COCOSYS<br />

16:05-16:20 Marc Kirsch Universität Stuttgart<br />

Experimental investigation on the long-term operational behaviour<br />

of two-phase closed thermosyphon bundles <strong>for</strong> passive heat<br />

transfer from spent fuel pools under normal, abnormal, and accident<br />

conditions<br />

09:00-09:15 Julia Krieger Ruhr-Universität Bochum<br />

Simulation of the OSU-MASLWR test facility with the system<br />

code AC 2<br />

09:15-09:30 Florian Krist Ruhr-Universität Bochum<br />

Analysis of the AC² model basis <strong>for</strong> mapping the fission product<br />

release using simulations of the Phébus FPT1 and FPT3 integral<br />

tests<br />

09:30-09:45 Silvia lo Muzio Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit<br />

Simulation of CEFR Neutronic Start-up Tests with FENNECS<br />

and Coupled Pin-by-pin FENNECS/ATHLET Model of a CEFR<br />

Subassembly<br />

09:45-10:00 Ina Münch Technische Universität Kaiserslautern<br />

Nonlinear dynamic calculation of impact tests on induced<br />

vibrations: IRIS-3<br />

10:00-10:15 Michael Pfau KIT – Karlsruher Institut für Technologie<br />

Development of a universally applicable internal pipe separation<br />

system <strong>for</strong> hard-to-reach (contaminated) areas (RoTre)<br />

10:15-10:30 Eric Rentschler KIT – Karlsruher Institut für Technologie<br />

Development of a mobile, automated, optical inspection system<br />

<strong>for</strong> radioactive drums<br />

11:00-11:15 Nelson Felipe Rincón-Soto Universität Stuttgart<br />

Assessment and validation of ATHLET-Code <strong>for</strong> simulating<br />

residual heat removal via a two-phase large-scale loop<br />

thermosyphon<br />

11:15-11:30 René Vennemann Ruhr-Universität Bochum<br />

Simulation of pool scrubbing experiments per<strong>for</strong>med in the<br />

large-scale SAAB facility<br />

11:30-11:45 Shanyao Zhang KIT Karlsruher Institut für Technologie<br />

Comparison of per<strong>for</strong>mance parameters of the prototypes<br />

<strong>for</strong> a dry-mechanical decontamination of corners, edges and<br />

imperfections in nuclear facilities<br />

KERNTECHNIK 2022<br />

Programmvorschau


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

33<br />

PARTNER, AUSSTELLER, SPONSOREN UND MEDIENPARTNER<br />

Ingenieurgesellschaft für wissenschaftlich<br />

technischen Umweltschutz<br />

Atkins Energy Germany GmbH<br />

<strong>atw</strong> – <strong>International</strong> <strong>Journal</strong> <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

August Alborn GmbH & Co. KG<br />

Brenk Systemplanung GmbH<br />

Framatome GmbH<br />

GNS Gesellschaft für Nuklear-Service mbH<br />

INFORUM Verlags- und Verwaltungsgesellschaft mbH<br />

KernD – Kerntechnik Deutschland e. V.<br />

Kraftanlagen Heidelberg GmbH<br />

Krantz GmbH<br />

KTG – Kerntechnische Gesellschaft e. V.<br />

NUKEM Technologies Engineering Services GmbH<br />

Steag Energy Services GmbH<br />

Studsvik GmbH & Co. KG<br />

TÜV Nord Ensys GmbH & Co. KG<br />

URENCO Deutschland GmbH<br />

Westinghouse Electric Germany GmbH<br />

Women in <strong>Nuclear</strong> Germany e. V. (WiN)<br />

KERNTECHNIK 2022<br />

Czech Partners<br />

Association of <strong>Nuclear</strong> Veterans (CZ)<br />

CE Industries, AG<br />

CVUT – Czech Technical University in Prague<br />

Embassy of the Czech Republic in Berlin<br />

Chemcomex, AG<br />

ÚJV Rež, AG<br />

21.–22. Juni 2022<br />

HYPERION Hotel, Leipzig<br />

Branchentreff, Ausstellung, Wissenschaftsdiskurs,<br />

Young Scientists Workshop und Networking Platt<strong>for</strong>m<br />

Sichern Sie sich jetzt Ihr Ticket!<br />

KERNTECHNIK 2022<br />

Programmvorschau


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Wäre ein Gesetz zur Laufzeitverlängerung rechtlich möglich?<br />

SPOTLIGHT ON NUCLEAR LAW 34<br />

Christian Raetzke<br />

Die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöste Versorgungskrise hat die Diskussion<br />

um eine Verlängerung der Laufzeiten der noch laufenden drei Konvoi-Anlagen und auch der drei weiteren<br />

Ende 2021 abgeschalteten Reaktoren wieder aufleben lassen. Minister Habeck hatte eine entsprechende<br />

Prüfung angekündigt; am 7. März legte sein Ministerium gemeinsam mit dem Umweltministerium ein<br />

Papier „Prüfung des Weiterbetriebs von Atomkraftwerken aufgrund des Ukraine-Kriegs“ 1<br />

vor, das von<br />

einem solchen Vorhaben abrät.<br />

Wie eine Laufzeitverlängerung gesetzestechnisch<br />

zu machen wäre, ist klar. Der Gesetzgeber müsste<br />

die in § 7 Abs. 1a Satz 1 AtG für die betreffenden<br />

Anlagen festgelegten Enddaten umstellen (z. B. für<br />

die Konvoi-Anlagen auf „31. Dezember 2027“) und<br />

die Strommengen in Anlage 3 zum AtG<br />

entsprechend erhöhen – oder die Strommengen,<br />

die heute nur noch historisch zu erklären sind, ab<br />

2023 ganz abschaffen. Möglicherweise sind noch<br />

ein paar Folgeänderungen nötig. Das gesamte<br />

AtG-Änderungsgesetz würde aber auf eine Seite<br />

passen.<br />

Eine Neuerteilung von Genehmigungen wäre nicht<br />

er<strong>for</strong>derlich. Bei den drei Konvoi-Anlagen ist das<br />

offensichtlich: sie verfügen ja noch über<br />

ungeschmälerte Betriebsgenehmigungen. Aber<br />

auch bei den schon abgeschalteten Anlagen ist die<br />

Betriebsgenehmigung noch vorhanden; nach<br />

§ 7 Abs. 1a AtG ist mit Ablauf des 31. Dezember<br />

2021 lediglich die „Berechtigung zum<br />

Leistungsbetrieb“ erloschen. Damit ist keine einzige<br />

konkrete Regelung der Betriebsgenehmigung<br />

aufgehoben worden; sie hat nur für den<br />

Leistungsbetrieb zur Stromerzeugung ihre<br />

Gestattungswirkung verloren. Wird die<br />

Gestattungswirkung per Gesetz wiederhergestellt,<br />

ist die Genehmigung wieder vollständig gültig.<br />

Wäre ein solches Gesetz denn verfassungsgemäß<br />

mit Blick auf den grundrechtlich garantierten<br />

Schutz von Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2<br />

Satz 1 GG)? Die klare Antwort lautet: ja. Das BVerfG<br />

hat schon 1978 im Kalkar-Beschluss entschieden,<br />

der Gesetzgeber durfte die Kernenergie (damals<br />

sogar: unbefristet) zulassen, da er mit der „nach<br />

dem Stand von Wissenschaft und Technik<br />

er<strong>for</strong>derlichen Vorsorge gegen Schäden“ in § 7 AtG<br />

eine Genehmigungsvoraussetzung geschaffen hat,<br />

die höchste An<strong>for</strong>derungen stellt und den Eintritt<br />

von Schäden praktisch ausschließt; das noch<br />

verbleibende Restrisiko ist grundsätzlich<br />

hinzunehmen. Diese Wertung hat das BVerfG bis<br />

heute beibehalten. Auch der Ausstiegsgesetzgeber<br />

von 2002 und 2011 hat nicht die Schadensvorsorge<br />

in Frage gestellt, sondern eine politische<br />

Entscheidung zur zeitlichen Begrenzung des<br />

Restrisikos getroffen.<br />

Wenn der Prüfvermerk der beiden Ministerien<br />

nahelegt, die bestehenden Kernkraftwerke<br />

gewährleisteten für einen Weiterbetrieb diese<br />

Schadensvorsorge nicht (mehr), weil sie nicht dem<br />

„EPR-Standard“ entsprächen, so geht das fehl. Der<br />

„EPR-Standard“ (keine einschneidenden<br />

Katastrophenschutzmaßnahmen außerhalb der<br />

Anlage) ist seit den 1990er Jahren Stand von<br />

Wissenschaft und Technik – aber für Neuanlagen,<br />

nicht für bestehende Anlagen. Diese gewährleisten<br />

durch Maßnahmen auf der Sicherheitsebene 4<br />

einen fast so hohen Schutz; das verbleibende Delta<br />

ist verfassungsrechtlich zulässig. An der<br />

Gewährleistung der Schadensvorsorge ändert auch<br />

der Umstand nichts, dass die Periodische<br />

Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) für vier der sechs<br />

Anlagen – zulässigerweise (§ 19a Abs. 2 AtG) –<br />

bereits länger als zehn Jahre zurückliegt. Hier<br />

würde man eine Lösung finden können, etwa eine<br />

auf die begrenzte Zusatzlaufzeit zugeschnittene<br />

Nachholung der PSÜ.<br />

Aus allen diesen Gründen wäre eine<br />

Laufzeitverlängerung um ein paar Jahre rechtlich<br />

zulässig. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt. Bisher<br />

sprach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG bei der<br />

gesetzgeberischen Abwägung immer nur gegen die<br />

Kernenergie. Spätestens seit dem Klimabeschluss<br />

des BVerfG von 2021 ist jedoch klar: der Staat muss<br />

Leben und Gesundheit auch dadurch schützen, dass<br />

er Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreift.<br />

Und da leistet die Kernenergie unstreitig einen<br />

positiven Beitrag. Insofern fällt das Gewicht des<br />

Grundrechts nunmehr, bildlich gesprochen, in<br />

beide Waagschalen.<br />

Muss der Gesetzgeber sonstige An<strong>for</strong>derungen<br />

beachten? Im Prüfvermerk wird argumentiert, ein<br />

laufzeitverlängerndes Gesetz käme für die<br />

1 https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/P-R/pruefvermerk-laufzeitverlaengerung-atomkraftwerke.html<br />

Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

Wäre ein Gesetz zur Laufzeitverlängerung rechtlich möglich? ı Christian Raetzke


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Advertisement<br />

abgeschalteten Anlagen einer „Neugenehmigung“<br />

gleich und der Gesetzgeber müsse daher genehmigungstypische<br />

Verfahrensschritte – etwa Sachverhaltsermittlung<br />

oder Anhörungen – durchlaufen.<br />

Das trifft nicht zu. Der Gesetzgeber übernimmt<br />

nicht die Rolle der Genehmigungsbehörde. Er hat<br />

die Laufzeiten 2002/2011 begrenzt und nun verlängert<br />

er sie wieder etwas. Die Genehmigungen sind<br />

(siehe oben) noch vorhanden. Deshalb reicht ein<br />

„normales“ Gesetzgebungsverfahren, das recht<br />

schnell über die Bühne gehen könnte.<br />

Aber muss man nicht wenigstens – wie vom Prüfvermerk<br />

ins Spiel gebracht – eine Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

(UVP) durchführen? Das ist nicht<br />

der Fall: bei einer Laufzeitverlängerung bedarf es<br />

nur dann einer UVP, wenn sie mit erheblichen<br />

Baumaßnahmen verbunden ist. Das hat der Europäische<br />

Gerichtshof (EuGH) 2019 im Fall der belgischen<br />

Reaktoren Doel 1 und 2, die nach Erreichen<br />

der Design-Laufzeit von 40 Jahren mit umfangreichen<br />

Baumaßnahmen für weitere zehn Jahre<br />

ertüchtigt wurden, entsprechend entschieden. Auf<br />

die hier in Rede stehenden sechs deutschen Kernkraftwerke<br />

trifft das nicht zu. Sie haben die<br />

Betriebszeit von 40 Jahren noch lange nicht<br />

erreicht. Signifikante Nachrüstungen sind nicht<br />

er<strong>for</strong>derlich. Der Fall, dass ein Land Reaktorlaufzeiten<br />

aus politischen Erwägungen heraus erst<br />

verkürzt hat und sie nun wieder etwas verlängert,<br />

dabei aber innerhalb der technischen Lebensdauer<br />

bleibt, wäre in Europa einmalig. Eine UVP ist<br />

hierfür nicht er<strong>for</strong>derlich.<br />

Fazit: Ein Gesetz zur Laufzeitverlängerung – wenn<br />

denn die politische Willensbildung in diese<br />

Richtung ginge – ist möglich und könnte zügig<br />

verabschiedet werden.<br />

Autor<br />

Christian Raetzke<br />

Rechtsanwalt<br />

christian.raetzke@conlar.de<br />

12 th<br />

<strong>International</strong><br />

Symposium<br />

Release of Radioactive<br />

Materials Provisions <strong>for</strong><br />

Clearance and Exemption<br />

15 th – 16 th Nov. 2022<br />

Crowne Plaza Congress<br />

Hotel Frankfurt, Germany<br />

The new IAEA Safety Guide<br />

DS500 on the “Application of<br />

the concept of clearance” is in<br />

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SPOTLIGHT ON NUCLEAR LAW 35<br />

Dr. Christian Raetzke ist Rechtsanwalt und seit über 20 Jahren im Atom- und<br />

Strahlenschutzrecht tätig. Von 1999 bis 2011 arbeitete er für die E.ON Kernkraft<br />

(heute Preussenelektra) in Hannover. 2011 ließ er sich als Rechtsanwalt mit<br />

eigener Kanzlei in Leipzig nieder. Er veröffentlicht regelmäßig<br />

rechtswissenschaftliche Beiträge und ist Dozent auf Seminaren und an<br />

internationalen Fortbildungseinrichtungen zum Atom- und Strahlenschutzrecht.


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

ENVIRONMENT AND SAFETY 36<br />

<strong>Nuclear</strong> Threat Resulting from<br />

Russian Military Occupation<br />

of Chornobyl Exclusion Zone<br />

Anatolii V. Nosovskyi, Vyacheslav M. Shestopalov, Iurii Shybetskyi, Jürgen Krone<br />

The paper provides an overview and assessment of major nuclear threats arising from Russian military occupation<br />

of the Chornobyl Exclusion Zone (ChEZ). After an overview on the ChEZ nuclear facilities and on<br />

its accumulated radioactive waste and spent nuclear fuel (SNF), the paper presents a record of relevant<br />

events and corresponding incidents since February 24, 2022. Next, the paper provides an assessment of the<br />

resulting major nuclear threats that cannot be limited to ChEZ or Ukraine and its directly neighbouring<br />

countries. Finally, the conclusion identifies and specifies how the Russian Federation and its military <strong>for</strong>ces<br />

have violated the basic principles of international law and nuclear safety and security.<br />

Introduction<br />

In the early morning of February 24, 2022, following<br />

Russian Federation President Putin’s order to attack<br />

Ukraine, Russian military <strong>for</strong>ces fired missiles on<br />

cities and military targets attacking the country<br />

from three sides, in the south from the earlier occupied<br />

Crimea, in the east from southwestern Russia,<br />

and in the north from Belarus. In a clear attempt at<br />

misleading the world, the Russian Federation trivialized<br />

its war in Ukraine by naming it a “Special<br />

Operation” [1]. Furthermore, the Russian Duma<br />

passed a law criminalizing any other description of<br />

the unprovoked invasion of Ukraine by Russian<br />

military <strong>for</strong>ces.<br />

Violating basic principles of international law and<br />

of nuclear safety and security, Russian military<br />

<strong>for</strong>ces entered from Belarus directly into the<br />

bordering Chornobyl Exclusion Zone (ChEZ), with<br />

the intent of using the ChEZ as a staging ground<br />

and bridgehead <strong>for</strong> attacking the Ukrainian capital,<br />

Kyiv, from the north. About 12 hours after their<br />

initial missile and air strikes on Ukraine (5 p.m.<br />

local time), Russian <strong>for</strong>ces occupied all of the<br />

nuclear facilities within ChEZ.<br />

The paper provides an overview and assessment of<br />

major nuclear threats arising from Russian military<br />

occupation of the ChEZ. After an overview on the<br />

ChEZ nuclear facilities and on its accumulated<br />

radioactive waste and spent nuclear fuel (SNF), the<br />

paper presents a record of relevant events and<br />

corresponding incidents since the invasion began<br />

on February 24, 2022. Next, the paper provides an<br />

assessment of the resulting major nuclear threats<br />

that cannot be limited to ChEZ or Ukraine and its<br />

directly neighbouring countries. Finally, the conclusion<br />

identifies and specifies how Russia and its military<br />

<strong>for</strong>ces have violated the basic principles of<br />

international law and nuclear safety and security.<br />

Overview on <strong>Nuclear</strong> Facilities at<br />

ChEZ and Accumulated Radioactive<br />

Waste and Spent <strong>Nuclear</strong> Fuel<br />

The ChEZ was established, after the accident on<br />

April 26, 1986 at the fourth reactor unit of Chornobyl<br />

<strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plant (ChNPP) to protect<br />

people from the threats and legacies of the accident<br />

and <strong>for</strong> managing them as safely as possible. The<br />

current ChEZ conditions are strictly regulated by<br />

law, which prohibits permanent resident population<br />

inside ChEZ and limits any activity to managing<br />

the reactor accident legacies safely [2].<br />

The ChEZ is divided by an outer 30-kilometer (km)<br />

perimeter and an inner 10-km perimeter. Entrance<br />

to both is strictly limited and subject to special radiation<br />

protection regulations. All nuclear facilities,<br />

as well as major site contaminations, radioactive<br />

waste and spent nuclear fuel (SNF) accumulations<br />

are located within the 10 km-perimeter.<br />

The accident released and distributed a large quantity<br />

of radioactive materials over the surrounding<br />

territory, although the majority of the materials<br />

remains inside the damaged reactor unit 4 above<br />

that the “Shelter Object” was built, and within the<br />

local area (the Shelter Object site) that surrounds<br />

the ruined unit at the ChNPP site territory.<br />

It should be mentioned that nuclide composition of<br />

these radioactive wastes to the first approximation<br />

corresponds to the nuclide composition of irradiated<br />

nuclear fuel of RBMK-1000 reactors with<br />

average burnup of 11,000 megawatts (MW)*day/<br />

ton (t). At that the ratio of activities of gamma and<br />

beta emitting nuclides to alpha emitting nuclides is<br />

approximately 100 to 1 [3]. Table 1 provides an<br />

overview on the released activity of main radionuclides<br />

and Figure 1 provides an overview on radioactive<br />

site contamination inside the ChEZ.<br />

Environment and Safety<br />

<strong>Nuclear</strong> Threat Resulting from Russian Military Occupation of Chornobyl Exclusion Zone ı Anatolii V. Nosovskyi, Vyacheslav M. Shestopalov, Iurii Shybetskyi, Jürgen Krone


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Tab 1. Activity of main radionuclides inside damaged Unit 4 between April 26<br />

and May 6, 1986 and part of the released activity by May 6, 1986.<br />

Nuclide<br />

Activity inside unit four [10 15 Bq]<br />

April 26, 1986 May 6, 1986<br />

Released activity<br />

by May 6, 1986<br />

133<br />

Хe 185 1.665 up to 100%<br />

85m<br />

Кг 5.6 — up to 100%<br />

85<br />

Кг — 33.30 up to 100%<br />

131<br />

I 167 270 20%<br />

132<br />

Те 148 48 15%<br />

134<br />

Cs 5.6 18.5 10%<br />

137<br />

Cs 11 37 13%<br />

99<br />

Мo 17 111 2.3%<br />

95<br />

Zг 17 141 3.2%<br />

103<br />

Ru 22 118 2.9%<br />

106<br />

Ru 7 59 2.9%<br />

140<br />

Ba 19 159 5.6%<br />

141<br />

Ce 15 104 2.3%<br />

144<br />

Се 17 89 2.8%<br />

89<br />

Sr 9 81 4%<br />

90<br />

Sr 0.56 8.14 4%<br />

238<br />

Pu 0.004 0.030 3%<br />

| Tab. 1<br />

Activity of main radionuclides inside damaged Unit 4 between April 26 and May 6,<br />

1986 and part of the released activity by May 6, 1986.<br />

Tab. 2. Radioactive waste volumes inside and at the Shelter Object site.<br />

Waste<br />

composition<br />

Liquid Waste<br />

Fuel-containing<br />

materials<br />

Containers with<br />

HLW behind the<br />

pioneer walls<br />

Constructional<br />

materials and<br />

structures<br />

Metal materials<br />

Concurrent nonmetal<br />

materials<br />

Non-metal<br />

materials<br />

Waste characteristics<br />

Inside Shelter Object<br />

Free water in Shelter rooms<br />

Pieces of the core and lava-like<br />

fuel containing materials<br />

Pieces of the core and other<br />

high-level materials<br />

Concrete, concrete plates and<br />

units<br />

Metal equipment and metal<br />

structures<br />

Filling material, serpentinite,<br />

construction wastes<br />

Burnable waste<br />

Compactable waste<br />

Shelter Object Site<br />

Ground (crushed stone, sand,<br />

gravel)<br />

Waste<br />

category<br />

Waste Amount<br />

(m³)<br />

LLW 2,500<br />

ILW 500<br />

| Tab. 2<br />

Radioactive waste volumes inside the Shelter Object and at Shelter Object site.<br />

LLW = low-level radioactive waste ILW = intermediate-level radioactive waste<br />

HLW = high-level radioactive waste<br />

Most recently, in April of 2019, a team of experts led<br />

by the National Centre <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Robotics (NCNR)<br />

spent two weeks surveying the ChEZ. Using LIDAR<br />

technology to measure the landscape and gamma-ray<br />

spectrometers <strong>for</strong> radiation levels, the team flew<br />

unmanned aerial vehicles (UAVs) in patterns,<br />

mapping about 15 square kilometres within the<br />

zone. At the most contaminated location within the<br />

Exclusion Zone, Rudyy Lis (Red Forest), measured<br />

gamma dose rates reached 0.1 to 10.0 mSv/h. [4]<br />

Just directly be<strong>for</strong>e submitting this paper, details<br />

(t)<br />

HLW 3,000<br />

HLW 1,700<br />

L/ILW 300,000<br />

HLW 90,000<br />

L/ILW 20,000<br />

HLW 22,000<br />

HLW 9,000<br />

L/ILW<br />

200<br />

5,000<br />

LLW 137,000<br />

ILW 2,000<br />

HLW 600<br />

Metal materials Metal structures LLW 1,440<br />

| Fig. 1<br />

137 CS Site contamination inside Chornobyl Exclusion Zone as of 2007.<br />

became public that Russian soldiers had been<br />

ordered to dig trenches in contaminated areas of the<br />

ChEZ [5].<br />

Radiological calculations per<strong>for</strong>med within the<br />

safety analyses of the Buriakivka repository<br />

confirmed the dose rate due to inhalation of<br />

radioactive aerosols of a bulldozer driver that<br />

compacts contaminated soils would exceed the<br />

expected gamma dose rate more than by an order of<br />

magnitude [6].<br />

In the case of trench digging the ratio between both<br />

dose rates can be significantly higher due to the<br />

higher exposure by radioactively contaminated dust<br />

and small SNF particles. Thus, at locations within<br />

the Red Forest doses significantly higher than 1<br />

mSv/h or even 100 mSv/h could have been received.<br />

According to unconfirmed press releases, new<br />

trenches were found in the Red Forest as well and<br />

several tens of Russian soldiers have been directed<br />

from ChEZ to a radiological hospital in Gomel<br />

(Belarus) <strong>for</strong> treating their radiation symptoms [7].<br />

Due to the relatively dry weather conditions, several<br />

tens of hours exposure to dust in highly contaminated<br />

areas could have been sufficient <strong>for</strong> receiving a total<br />

dose of 250 mSv or more from which deterministic<br />

radiation syndromes have been observed in the past.<br />

By 2005, the total activity that remained at the<br />

Shelter Object had been assessed at<br />

4.17 × 10 17 becquerel (Bq). Corresponding waste<br />

volumes vary (according to different estimations) –<br />

from 530 to 1,730 thousand cubic meters (m³). Table<br />

2 provides an overview of these volumes.<br />

The aging and hastily constructed original shelter,<br />

i.e., the Shelter Object, above reactor Unit 4 raised<br />

serious structural instability and radionuclide<br />

release concerns. Thus, a new, unique shelter, the<br />

New Safe Confinement, financed by numerous<br />

sponsor countries was completed and operationally<br />

ENVIRONMENT AND SAFETY 37<br />

Environment and Safety<br />

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Tab. 3.<br />

Major radioactive waste dumps inside ChEZ.<br />

ENVIRONMENT AND SAFETY 38<br />

Waste<br />

Category<br />

Low,<br />

intermediate<br />

and high<br />

level<br />

Low and<br />

intermediate<br />

level<br />

Waste Dump<br />

Volume<br />

(m³)<br />

Weight<br />

(t)<br />

Rudyy Lis 50,0000 250,000<br />

Pischane plato 57,300 91,700<br />

Naftobaza 102,000 181,000<br />

Yaniv Station 30,000 15,000<br />

Stara Budbaza 171,000 316,000<br />

Nova Budbaza 150,000 70,000<br />

Kopachi 110,000 90,000<br />

Pripiyat 16,000 11,000<br />

Waste Nature<br />

Stones, metal<br />

scrap, ground,<br />

wood<br />

Solid waste,<br />

sand<br />

Stones, metal<br />

scrap, ground,<br />

wood<br />

Stones, metal<br />

scrap, ground,<br />

wood<br />

Rein<strong>for</strong>ced<br />

concrete, metal<br />

structures<br />

Rein<strong>for</strong>ced<br />

concrete, metal<br />

structures<br />

Wood,<br />

household<br />

rubbish and<br />

constructional<br />

wastes<br />

Rein<strong>for</strong>ced<br />

concrete<br />

structures,<br />

stones, metal<br />

scrap<br />

Activity<br />

(10 12 Bq)<br />

374<br />

6.8<br />

40<br />

37<br />

1,100<br />

185<br />

33.3<br />

25.9<br />

Chystohalivka 160,000 150,000<br />

Equipment,<br />

transport<br />

facilities, etc.<br />

3.7<br />

| Fig. 2<br />

Destroyed reactor building of Unit 4 with indications of storage places <strong>for</strong> HLW<br />

containers.<br />

commissioned in 2020. This new structure was<br />

constructed and moved over the original shelter to<br />

provide safe containment and conditions over the<br />

next one hundred year to support the required<br />

decommissioning activities <strong>for</strong> this nuclear legacy<br />

site.<br />

A considerable quantity of radioactive substances is<br />

contained in the ChNPP cooling pond (see background<br />

of Figure 2). Based on their low mobility,<br />

the radionuclides were localized in sludge deposits<br />

under a massive water layer, which served as<br />

powerful barrier preventing atmospheric release.<br />

However, after the shutdown of the last power unit,<br />

the recharge of the cooling pond was turned off, as<br />

a result of which the water level in the pond<br />

dropped. This led to the exposure of radioactively<br />

contaminated areas of the cooling pond, which in<br />

turn increased the risk of wind-driven transfer of<br />

radioactive contamination. In 2002, cooling pond<br />

| Fig. 3<br />

New Safe Confinement <strong>for</strong> safe containment of the destroyed reactor unit 4.<br />

| Tab. 3<br />

Major radioactive waste dumps inside ChEZ.<br />

sludge deposit concentrations were estimated to be<br />

(16 ±3) × 10 13 Bq <strong>for</strong> 137 Cs, (2.4 ±0.9) × 10 13 Bq <strong>for</strong><br />

90 Sr, and (5.3 ±1.9) × 10 11 Bq <strong>for</strong> Pu [3].<br />

In addition to the tremendous number of radionuclides<br />

contaminating the surrounding area accumulated<br />

in soils, groundwater, and vegetation,<br />

there is approximately 2,000,000 m³ of radioactive<br />

waste resulting from early intervention and decontamination<br />

activities. This waste is stored in<br />

numerous waste dumps and three engineered<br />

storage facilities that are well below state of the art.<br />

An overview is provided in Tables 3 and 4 and<br />

Figures 4 – 6 [8].<br />

Following international agreements, operation of<br />

reactor Units 1 through 3 were terminated and<br />

await decommissioning. From all three power<br />

units, nuclear fuel has been unloaded and moved to<br />

Tab. 4.<br />

Waste<br />

Category<br />

Intermediate<br />

and high<br />

level, longlived<br />

Low and<br />

Intermediate<br />

level, longlived<br />

Low and<br />

intermediate<br />

level, shortlived<br />

Engineered radioactive waste storages inside ChEZ.<br />

Waste<br />

Storage<br />

Pidlisnyi<br />

3 rd line of<br />

ChNPP<br />

Volume<br />

(m³)<br />

Weight<br />

(t)<br />

7,040 14,080<br />

| Tab. 4<br />

Engineered radioactive waste storages inside ChEZ.<br />

Waste Nature<br />

Metal, wood,<br />

waste<br />

Activity<br />

(10 12 Bq)<br />

1.0<br />

3,960 7,920 Reactor pieces 2,500<br />

26,200 41900<br />

Buryakivka 554,000 1,048,600<br />

Ground, metal<br />

scrap (partially in<br />

containers)<br />

Ground, scrap<br />

metal, concrete,<br />

equipment in<br />

containers,<br />

transport facilities<br />

391<br />

2,460<br />

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| Fig. 4<br />

Sections of Pidlisny Waste Storage with ILW.<br />

| Fig. 5<br />

Stylized cross section of radioactive waste storage 3rd Line of ChNPP.<br />

“compacted scheme” that included using the<br />

reserve compartment.<br />

Each RBMK-1000 SNF assembly consists of two fuel<br />

bundles settled vertically on a central rod. A bundle<br />

consists of 18 fuel elements, each of which is<br />

3,640 to 3,644 mm long and a 13.57 to 13.9 mm<br />

external diameter and a nominal cladding thickness<br />

of 0.975 mm.<br />

ENVIRONMENT AND SAFETY 39<br />

| Fig. 6<br />

Trench-type near surface repository Buriakivka.<br />

the wet/pool type Spent <strong>Nuclear</strong> Fuel Storage<br />

Facility 1 (SNFSF-1), located at ChNPP site. Based<br />

on its original design capacity, SNFSF-1, commissioned<br />

in 1986, can store most but not all of the<br />

Activity of 21,297 main SNF radionuclides assemblies in with RBMK-1000 a total heavy SNF assemblies metal at initial<br />

enrichment equivalent of 2.4% of and 2,415 burnup t. There<strong>for</strong>e, of 24 MWt·day/kg a technical U, solution<br />

from was the adopted, reactor. and its safety was justified, to<br />

20 years after<br />

reloading<br />

allow storage placement of the SNF according to a<br />

Radionuclide<br />

Activity [Bq]<br />

85<br />

Кr 5.80 × 10 12<br />

90<br />

Sr 7.82 × 10 13<br />

90<br />

Y 7.82 × 10 13<br />

134<br />

Cs 2.01 × 10 11<br />

137<br />

Cs 1.11 × 10 14<br />

137m<br />

Ba 1.05 × 10 14<br />

154<br />

Eu 1.17 × 10 12<br />

155<br />

Eu 1.89 × 10 11<br />

238<br />

Pu 1.65 × 10 12<br />

239<br />

Pu 3.43 × 10 11<br />

240<br />

Pu 9.64 × 10 11<br />

241<br />

Pu 5.64 × 10 13<br />

241<br />

Am 3.19 × 10 12<br />

244<br />

Cm 9.87 × 10 11<br />

The ChNPP used standard fuel assemblies with<br />

235 U with initial enrichments of 1.8 ± 0.05%, 2.0 ±<br />

0.05%, and 2.4 ± 0.05%. Spent fuel plutonium<br />

concentration produces 4 kg/t of uranium. Table 5<br />

provides the main radionuclide activities 20 years<br />

after reloading from the reactor <strong>for</strong> an initial<br />

enrichment of 2.4% and burnup of 24 MWt·day/<br />

kg U.<br />

Recently, the internationally financed dry storage<br />

facility SNFSF-2 was commissioned to replace<br />

SNFSF-1 at the end of its designed lifetime in 2026.<br />

In 2021, SNFSF-2 became operational and reloading<br />

SNF from SNFSF-1 into the concrete modules of<br />

SNFSF-2 began.<br />

Although the design, construction, and commissioning<br />

of several dedicated facilities <strong>for</strong> safely<br />

managing and disposing this radioactive waste and<br />

SNF is ongoing, due to significant delays, practically<br />

all waste and SNF remains in existing facilities.<br />

| Tab. 5<br />

Activity of main radionuclides in RBMK-1000 SNF assemblies at initial enrichment<br />

of 2.4% and burnup of 24 MWt·day/kg U, 20 years after reloading from the reactor.<br />

| Fig. 7<br />

Pool-type Spent <strong>Nuclear</strong> Fuel Storage Facility 1 (SNFSF-1) at ChNPP.<br />

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ENVIRONMENT AND SAFETY 40<br />

Location<br />

Chamber 3, Row 2<br />

Chamber 3, Row 4<br />

Hot cell В<br />

Hot cell С<br />

Radiation protection box<br />

Chamber 18, Row 7<br />

Chamber 18, Row 8<br />

Chamber 18, Cell 01/К<br />

Chamber 18, Cell 04/К<br />

Chamber 18, Cell 10/К<br />

Chamber 18, Cell 06/І<br />

Chamber 18, Cell 01/А<br />

Chamber 18, Cell 12/К<br />

Chamber 18, Cell 06/К<br />

| Fig. 8<br />

Dry SNF storage SNFSF-2 at Chornobyl NPP.<br />

| Fig. 9<br />

Central Storage <strong>for</strong> Spent Sealed Sources.<br />

Furthermore, two Ukrainian-wide centralized<br />

storage facilities have been commissioned in the<br />

ChEZ – the central storage <strong>for</strong> WWER-1000 SNF<br />

built in cooperation with the United States of<br />

America (USA) and the central storage <strong>for</strong> spent<br />

sealed sources (see Figure 9), built in cooperation<br />

with United Kingdom (UK). Approximately 24,000<br />

spent sealed sources have been loaded at the central<br />

storage facility so far (see Table 6), whereas SNF<br />

from WWER-1000 reactors has yet to be delivered<br />

to the ChEZ. It was planned that the first spent<br />

nuclear fuel from Ukrainian nuclear power plants<br />

(NPP) would be loaded into a centralized storage<br />

facility in April 2022.<br />

Main<br />

Radionuclides<br />

Pieces<br />

Activity (Bq)<br />

60<br />

Cо 58 5.75 E+13<br />

239<br />

Pu 19100 3.53 Е+09<br />

60<br />

Cо 16 1.22 E+09<br />

241<br />

Am<br />

226<br />

Ra<br />

60<br />

Cо<br />

2<br />

4<br />

1<br />

239<br />

Pu 1,272<br />

9.60 Е+06<br />

3.23 Е+07<br />

1.062 Е+10<br />

239<br />

Pu + Ве 24 4.497 Е+11<br />

238<br />

Pu + Ве 509 5.708 Е+12<br />

137<br />

Cs 198 3.19 Е+12<br />

137<br />

Cs 388 6,45 Е+12<br />

60<br />

Cо 14 1.88 Е+12<br />

137<br />

Cs 43 5.19 Е+13<br />

90<br />

Sr + 90 Y 70 3.1 5E+10<br />

60<br />

Cо 179 1.3 2Е+10<br />

137<br />

Cs 552 8.697 Е+12<br />

Stored sources in total 22,430 1.36 Е+14<br />

Free storage places 19,100<br />

| Tab. 6<br />

Inventory of the Central Storage <strong>for</strong> Spent Sealed Sources by June 30, 2021.<br />

Record of Major Events and Corresponding<br />

Incidents at ChEZ since<br />

February 24, 2022<br />

The following record summarizes primarily the<br />

in<strong>for</strong>mation published by the State <strong>Nuclear</strong> Regulatory<br />

Inspectorate (SNRIU) at its website [9].<br />

Thursday, February 24, 2022<br />

5:00 a.m. The State Agency of Ukraine <strong>for</strong> the<br />

Management of the Exclusion Zone (SAUMEZ)<br />

orders the rapid evacuation of all nonessential<br />

employees from the ChEZ. SAUMEZ directed the<br />

National Guard of Ukraine military staff that were<br />

on duty protecting ChNPP nuclear facilities and on<br />

duty employees at these facilities to remain at their<br />

duty stations to continue per<strong>for</strong>ming essential<br />

tasks, recognizing but taking into account the enormous<br />

threat to these workers safety, health, and<br />

lives.<br />

5:00 p.m. The Russian military takes control of all<br />

nuclear facilities and captures all Ukrainian staff<br />

remaining within the ChEZ. Their mobile phones<br />

were confiscated and the guard staff disarmed.<br />

9:30 p.m. SNRIU in<strong>for</strong>ms the <strong>International</strong> Atomic<br />

Energy Agency (IAEA) that it had lost control of all<br />

nuclear ChEZ facilities.<br />

Friday, February 25, 2022<br />

Numerous SAUEMZ radiation monitoring stations<br />

identify unusual high radiation levels up to 7.6<br />

higher normal values (see Figure 10) obviously<br />

caused by military activities. Subsequently<br />

monitoring station access was lost and remains<br />

unrecoverable.<br />

Sunday, March 6, 2022<br />

Several Shelter Object neutron detectors are lost<br />

and cannot be repaired, thereby, adversely affecting<br />

reliable control of potential criticality conditions.<br />

Wednesday, March 9, 2022<br />

11:11 a.m. The ChNPP 750 kilovolt (kV) power line<br />

is disabled, and electric power is lost at all facilities.<br />

The power line cannot be repaired due to shelling.<br />

Available diesel generators are activated to provide<br />

emergency power to safety-relevant equipment but<br />

these are designed <strong>for</strong> only 48 hours of continuous<br />

operation.<br />

Friday, March 11, 2022<br />

Forest fires break out in the central and western<br />

parts of the ChEZ and continue uncontrolled until<br />

March 18, 2022. During this time the Russian military<br />

prevented access of firefighting personal to the<br />

fires.<br />

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<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

ENVIRONMENT AND SAFETY 41<br />

| Fig. 10<br />

Status of gamma radiation monitoring levels at ChEZ February 25, 2022.<br />

Monday, March 14, 2022<br />

Electric power is restored due to completed repair<br />

works at 5:45 p.m. All diesel generators are shut<br />

down.<br />

Sunday, March 20, 2022<br />

After 24 days, the Russian military finally allows 48<br />

volunteers to replace 104 of the extremely<br />

exhausted employees who had remained on shift at<br />

their ChNPP duty stations since 24 February 2022.<br />

However, the larger day shift personnel, including<br />

the repair staff, did not return to ChNPP after its<br />

evacuation February 24th, 2022.<br />

Thursday, March 31, 2022<br />

At about 8:00 p.m., the Russian occupiers left the<br />

ChNNP territory. The radiation conditions at the<br />

site and the parameters of the equipment controlled<br />

by the operational personnel are within the limits<br />

set by the relevant technological regulations of<br />

nuclear installations. However, the day shift,<br />

including repair and contractor personnel have not<br />

been able to return to the site. The SNRIU started<br />

analyzing the possibility of resuming regulatory<br />

control over the state of nuclear and radiation safety<br />

and of nuclear materials at the ChNPP site and the<br />

Exclusion Zone.<br />

Assessment of the Resulting Major<br />

<strong>Nuclear</strong> Threats<br />

By occupying the ChEZ by its military, Russian<br />

President Putin caused and risked purposely and<br />

recklessly high nuclear threats, caused by:<br />

p Inappropriate working conditions and staffing<br />

p Loss of electric power<br />

p Forest fires<br />

p Shelling and explosions.<br />

The following sections provide a first assessment of<br />

the resulting major nuclear threats.<br />

Inappropriate working conditions and staffing<br />

Starting on February 24, the remaining ChNNP<br />

staff was taken as hostage and <strong>for</strong>ced to work under<br />

the close supervision of armed Russian soldiers.<br />

Operational personnel constantly worked under<br />

conditions of occupation, ensuring nuclear and<br />

radiation safety of all elements and systems of the<br />

nuclear facilities. The psychological state of the<br />

workers who were taken hostage deteriorated daily,<br />

with every hour of being under the constant supervision<br />

of the occupiers without mobile communications,<br />

which were confiscated by the Russian military<br />

in the first days of the occupation.<br />

Throughout the stressful and difficult conditions at<br />

the ChNPP, its staff demonstrated a high level of<br />

solidarity and responsible attitude in per<strong>for</strong>ming<br />

their duties. It is very difficult to be in conditions of<br />

total control by the occupier and the available in<strong>for</strong>mation<br />

about the plans of the Russian military to<br />

arrange a terrorist attack at the ChNPP.<br />

These undue working conditions could have led to<br />

major mistakes and, consequently, to serious incidents<br />

or accidents. Moreover, the significantly<br />

reduced staffing and impossibility of calling <strong>for</strong><br />

help by other specialized staff made it impossible to<br />

respond to arising repair needs and to implement<br />

emergency response measures. Altogether, it has to<br />

Environment and Safety<br />

<strong>Nuclear</strong> Threat Resulting from Russian Military Occupation of Chornobyl Exclusion Zone ı Anatolii V. Nosovskyi, Vyacheslav M. Shestopalov, Iurii Shybetskyi, Jürgen Krone


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

ENVIRONMENT AND SAFETY 42<br />

Location<br />

Fire<br />

Square<br />

[km²]<br />

Average Activity<br />

[кBq/m 2 ]<br />

137<br />

Cs<br />

March 11<br />

90<br />

Sr<br />

Concerned Inventory<br />

[Bq]<br />

137<br />

Cs<br />

Stechanka 0.7 36 11.0 2.7E+10 8.0E+09<br />

Poliske 0.8 540 8.6 4.3E+11 6.9E+09<br />

Bober 8.5 1,400 5.7 1.2E+13 4.8E+10<br />

Pukhove 3.8 950 4.1 3.6E+12 1.6E+10<br />

March 16<br />

Korolivka 2.0 160 2.6 3.3E+11 5.2E+09<br />

Poliske 2.9 420 8.1 1.2E+12 2.4E+10<br />

Kotovske 2.4 460 5.4 1.1E+12 1.3E+10<br />

Rudnya-<br />

Grezlyanska<br />

March 17<br />

90<br />

Sr<br />

5.0 390 10.6 2.0E+09 5.33E+07<br />

March 18<br />

Tarasi 2.3 310 7.0 7.1E+08 1.6E+07<br />

Rudnya-<br />

Grezlyanska<br />

0.9 350 11.9 3.0E+08 1.0E+07<br />

Khristinivka 4.9 312 8.1 1.5E+09 4.0E+07<br />

| Tab. 7<br />

137 Cs and 90 Sr inventories concerned by <strong>for</strong>est fires March 11 – 18, 2022.<br />

be considered as great luck that such did not occur<br />

as far as known so far.<br />

Loss of electric power<br />

In the case of complete loss of electric power, the<br />

staff lose the ability to control the Chornobyl NPP<br />

nuclear facilities safety parameters, in particular<br />

the radiation state of both spent nuclear fuel storage<br />

facilities and the SNFSF-1 spent fuel pool water<br />

level and temperature. Moreover, fires cannot be<br />

identified, alarms cannot be raised, water cannot<br />

be added to maintain sufficient water levels, and<br />

permanent cleaning of the spent fuel pool water<br />

stops. Also, the ventilation systems will fail with no<br />

possibility to take compensatory measures. Thus,<br />

explosive hydrogen concentrations may be <strong>for</strong>med<br />

due to the radiolysis reaction.<br />

For the Shelter object, a blackout will cause the loss<br />

of control over the parameters characterizing the<br />

state of nuclear and radiation safety, as well as the<br />

state of unstable structures. Additionally, under a<br />

blackout scenario the operation of the ventilation<br />

systems, which are important <strong>for</strong> safety, and the<br />

integrated control system will cease. In particular<br />

the neutron absorber injection system would cease<br />

to function. Ventilation system interruptions can<br />

cause the New Safe Confinement to lose its negative<br />

pressure, which could result in the release of<br />

gaseous radionuclides. In this situation radioactive<br />

aerosols can neither be captured, monitored, nor<br />

retained by HEPA filters.<br />

Because of the loss of electric power at the ChNPP<br />

nuclear facilities and the limited capabilities of the<br />

stressed and exhausted operational personnel, the<br />

control of the safety parameters at the facilities<br />

cannot be guaranteed. Consequently, impacting the<br />

ability of the staff to effectively respond to both<br />

potential internal and external emergency events.<br />

This inability of the staff to effectively respond to<br />

these events could lead to severe radiation consequences.<br />

Thankfully, additional diesel reserves at ChNPP<br />

and reliable functioning of the diesel generators<br />

electric power was not completely lost, although<br />

the external electric power supply was interrupted<br />

<strong>for</strong> almost 125 hours from March 9 – 14, 2022.<br />

Forest fires<br />

Due to high soil and vegetation contamination,<br />

<strong>for</strong>est fires are a permeant safety concern at ChEZ.<br />

Thus, the State Specialized Enterprise (SSE)<br />

Ecocenter operates a dedicated radiation monitoring<br />

system <strong>for</strong> directing firefighting and monitoring<br />

fire-related radionuclide distribution inside<br />

the ChEZ.<br />

However, <strong>for</strong> unknown reasons, the system service<br />

terminated several hours after the Russian occupation<br />

making atmospheric radioactive pollution data<br />

unavailable and making it impossible to adequately<br />

respond to threats of the deteriorating radiation<br />

situation inside the ChEZ. Even worse, the military<br />

occupation conditions eliminated firefighting<br />

ef<strong>for</strong>ts. It is uncertain when these capabilities can<br />

be fully restored.<br />

Forest fires in the cold season are an atypical<br />

phenomenon <strong>for</strong> the ChEZ, but there was a high<br />

probability of the intensity <strong>for</strong>est fires exceeding<br />

such limits in the spring and summer that could<br />

lead (in the absence of any firefighting measures)<br />

practically to completely burning the radioactively<br />

contaminated <strong>for</strong>ests in ChEZ. Such a total destruction<br />

by fire could accordingly lead to a significant<br />

deterioration of the radiation situation in Ukraine<br />

and possibly throughout Europe.<br />

According to the website of the Fire In<strong>for</strong>mation <strong>for</strong><br />

Resource Management System (FIRMS) [10], fire<br />

areas in the period from March 11 to 18, 2022 were<br />

observed mainly in the western and central parts of<br />

the ChEZ. On March 11, 2022, the main fire areas<br />

were recorded near settlements of Poliske,<br />

Stechanka, Bober, and Pukhove. From March 12 to<br />

15, no major fires were recorded. On March 16,<br />

<strong>for</strong>est fires resumed in the Poliske - Kotovske<br />

district, and broke out near the village of Korolivka.<br />

On March 17, a fire in the Poliske region spread<br />

northeast to the village of Rudnya-Grezlyanska and<br />

continued the next day. In addition, new cells have<br />

emerged in the area of village Tarasy and in the<br />

radioactively contaminated area outside the ChEZ<br />

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ENVIRONMENT AND SAFETY 43<br />

| Fig. 11<br />

Average daily 137 Cs activity concentration [µBq/m³] in the surface air layer resulting from combustion products <strong>for</strong> certain days from March 11 to 18, 2022.<br />

near the village of Novomoskovsk. Table 7 summarizes<br />

the concerned areas and 137 Cs and 90 Sr inventories.<br />

The Department of Radiation Ecology of the ISP<br />

NPP of the National Academy of Sciences of Ukraine<br />

prepared a preliminary assessment of the spread of<br />

137 Cs using additional input from the Weather<br />

Research and Forecasting (WRF) Model. Figure 11<br />

presents the model calculation results.<br />

During the first half of March 11, radioactive distribution<br />

drifted to the southwest and, by the end of<br />

the day, to the southeast and it was possible it would<br />

reach Moldova, Romania, and Black Sea via the<br />

central and southern of Ukraine.<br />

The calculated average daily 137 Cs activity could<br />

reach 1 mBq /m³ at up to 150-200 km from the<br />

ChEZ. On March 16, the transfer direction changed<br />

to west and north-western Ukraine polluting the<br />

territory of Belarus, and subsequently transferring<br />

to the Baltic Sea. From March 17-18, the distribution<br />

continued west.<br />

According to the FIRMS homepage on March 19,<br />

2022, fires continued within the ChEZ (near Rudnya-Grezlyanska<br />

and Tarasy / Vlodimirovka /<br />

October), as well as in the radioactively contaminated<br />

area outside the Exclusion Zone near the<br />

village Khristinivka, Zhytomyr region. A new intensive<br />

fire center was <strong>for</strong>med in the 10-km zone of the<br />

CHNPP near the villages of Tilsty Les and Buda in<br />

an area with high levels of 137 Cs and 90 Sr pollution.<br />

Further spread of fire was recorded almost in the<br />

same areas March 20 to 21. In addition, less intense<br />

fires occurred in the southwestern part of the Exclusion<br />

Zone and in the Zhytomyr region near the<br />

boundaries of the zone.<br />

During March 26, 2022, only a small fire near<br />

Poliskex was recorded and fires resumed near the<br />

Shelter Object on March 27. The cessation of rain<br />

showers in the late afternoon and evening of March<br />

27 led to more intense fires in this area the next day.<br />

A new fire was also recorded in the “Rudyy Lis”<br />

approximately 2.5 – 4 km west of the ChNPP. The<br />

following day the burning stopped in this area, but<br />

fires continued in the Tarasov and in the Naroditsky<br />

regions. The resumption of heavy rainfall in the<br />

evening of March 29 led to an almost complete<br />

cessation of fires March 30 – 31, 2022.<br />

According to the Institute <strong>for</strong> Safety Problems of<br />

<strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plants (ISP NPP) modelling results,<br />

combustion products were transferred in the<br />

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ENVIRONMENT AND SAFETY 44<br />

southeast direction on March 27, and March 28 – 29<br />

in the east. The daily average activity concentration<br />

of 137 Cs in surface air reached outside ChEZ up to<br />

200 – 500 μBq/m 3 on March 28, but March 27 and<br />

29 it did not exceed 10 μBq/m 3 . From March 30 –<br />

31, when Russian soldiers left, practically no additional<br />

radioactive surface air contamination within<br />

the territory of Ukraine was observed as a result of<br />

fires in ChEZ.<br />

Although all modelling results suggest the<br />

Ukrainian regulatory limit <strong>for</strong> 137 Cs air pollutions of<br />

0.800 mBq/m³ have not been exceeded, significantly<br />

more undue consequences could have<br />

occurred particularly due to the reasons mentioned<br />

earlier, as well as in the case of fires affecting waste<br />

dumps and/or waste storages. In the worst case,<br />

<strong>for</strong>est fires could directly impact the nuclear facilities<br />

at ChNPP which could result in practically<br />

unpredictable consequences.<br />

Shelling and Explosions<br />

Considering the nuclear threats of military battles<br />

near nuclear facilities and trusting basic international<br />

conventions and common sense, the<br />

Ukrainian armed <strong>for</strong>ces headquarters was not<br />

prepared to defend the ChEZ territory against the<br />

Russian invaders and ordered Ukrainian defence<br />

personnel to stand down and not respond with military<br />

<strong>for</strong>ce. Shelling and explosions at ChEZ were<br />

most likely prevented thanks to this precaution.<br />

However, satellite images confirmed that Russian<br />

military <strong>for</strong>ces, several hundred at a minimum,<br />

brought significant amounts of ammunition into<br />

ChEZ which under the military operation and<br />

resulting occupation of the territory could have led<br />

to severe explosive damage affecting, in worst<br />

cases, the nuclear facilities.<br />

Neither the New Safe Confinement nor the original<br />

Shelter Object, containing the damaged fourth<br />

reactor, nor other ChEZ nuclear facilities are hardened<br />

against military attack or <strong>for</strong> that matter<br />

designed to withstand an aircraft crash or similar<br />

accident.<br />

Significant radioactive releases, similar to those<br />

after the 1986 accident, could occur from the<br />

instantaneous loss of negative pressure within<br />

either of the shelters due to shelling, explosions, or<br />

another event, such as an aircraft crash. Moreover,<br />

broken parts could fall on the original shelter and<br />

cause its collapse due to its limited stability.<br />

Irrespective of high fissile materials amounts, criticality<br />

accidents are excluded reliably by ensuring<br />

sufficient spacing between SNF assemblies.<br />

However, in the case of shelling or explosions, this<br />

condition cannot be guaranteed which could result<br />

in an unplanned configuration/spacing of the<br />

assemblies with unpredictable consequences. If the<br />

SNFSF-1 or SNFSF-2 storage facilities are affected<br />

by explosive events from artillery shelling or missile<br />

strikes, the consequences might even exceed the<br />

those of the original reactor unit four accident, as<br />

the inventory of fissile materials in these facilities is<br />

several orders of magnitude higher.<br />

Finally, as mentioned previously, the long-lasting<br />

electrical power loss could result in a concentration<br />

increase of radiolysis gases and possible explosions<br />

at the SNFSF-1 wet/pool-type storage.<br />

Conclusions<br />

<strong>Nuclear</strong> power plants and other nuclear facilities of<br />

Ukraine are <strong>for</strong> peaceful use of nuclear energy and,<br />

in accordance with Article 56 of the Additional<br />

Protocol to the Geneva Conventions of 12 August<br />

1949 on the Protection of Victims of <strong>International</strong><br />

Armed Conflict (Protocol I) of 8 June 1977, they are<br />

not intended <strong>for</strong> hostilities and must not be attacked<br />

[11].<br />

Furthermore, the Russian Federation’s military<br />

actions in ChEZ are in direct violation of treaty<br />

agreements. Specifically, Article 7 of the Convention<br />

on the Physical Protection of <strong>Nuclear</strong> Material,<br />

as amended (hereafter referred to as “the Convention”)<br />

[12], which herein states:<br />

The intentional commission of:<br />

...<br />

(e) an act directed against a nuclear facility, or an act<br />

interfering with the operation of a nuclear facility,<br />

where the offender intentionally causes, or where he<br />

knows that the act is likely to cause, death or serious<br />

injury to any person or substantial damage to property<br />

or to the environment by exposure to radiation or<br />

release of radioactive substances, unless the act is<br />

undertaken in con<strong>for</strong>mity with the national law of<br />

the State Party in the territory of which the nuclear<br />

facility is situated;<br />

...and...<br />

(j) an act of any person who organizes or directs<br />

others to commit an offence described in sub-paragraphs<br />

(a) to (h);<br />

...<br />

shall be made a punishable offence by each State<br />

Party under its national law.<br />

The Convention, to which the Russian Federation is<br />

signatory, entered into <strong>for</strong>ce in February 1987. and<br />

its subsequent Amendment in May 2016. The<br />

Convention and its amendment are seen as<br />

“…crucial milestones in the development of the international<br />

legal framework <strong>for</strong> nuclear security, as they<br />

remain the only internationally legally binding<br />

undertakings in the area of physical protection of<br />

Environment and Safety<br />

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<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

nuclear material and of nuclear facilities used <strong>for</strong><br />

peaceful purposes.”<br />

The military occupation of the ChEZ, the holding<br />

hostage of the staff, the disruption of power lines<br />

and loss of power to the facilities within the ChEZ,<br />

the destruction of the radiation monitoring<br />

network, the hinderance of access of emergency<br />

response firefighting personnel are all clear violations<br />

of the Convention. The aggressive actions,<br />

ordered by the Russian President, have at a<br />

minimum resulted in substantive damage to the<br />

environment and injury to human health, and<br />

potentially may contribute to the premature death<br />

of individuals.<br />

Considering the continuing attacks from the<br />

Russian <strong>for</strong>ces on Ukraine, IAEA Director General<br />

(DG) Grossi outlined the following seven indispensable<br />

pillars of nuclear safety and security at an<br />

IAEA Board of Governors meeting on March 2 [13].<br />

p The physical integrity of the facilities – whether it<br />

is the reactors, fuel ponds, or radioactive waste<br />

stores – must be maintained;<br />

p All safety and security systems and equipment<br />

must be fully functional at all times;<br />

p The operating staff must be able to fulfil their<br />

safety and security duties and have the capacity<br />

to make decisions free of undue pressure;<br />

p There must be secure off-site power supply from<br />

the grid <strong>for</strong> all nuclear sites;<br />

p There must be uninterrupted logistical supply<br />

chains and transportation to and from the sites;<br />

p There must be effective on-site and off-site radiation<br />

monitoring systems and emergency<br />

preparedness and response measures; and<br />

p There must be reliable communications with the<br />

regulator and others.<br />

Specific to ChNPP and the waste storages and<br />

supporting facilities and infrastructure within the<br />

ChEZ, it can be seen from the discussion presented<br />

in this paper that the Russian military <strong>for</strong>ces have<br />

violated each of the seven pillars outlined by DG<br />

Grossi.<br />

It is important to note that already in the night from<br />

March 3 to 4, Russian <strong>for</strong>ces shelled and attacked<br />

the Zaporizhzhya <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plant (ZNPP),<br />

setting fire to a training facility on the power plant’s<br />

grounds, not only a clear violation of these pillars<br />

but of the above-mentioned conventions, as well.<br />

The Russian Federation, as a signatory to these<br />

conventions, there<strong>for</strong>e, is obligated to charge,<br />

punishable by their law, the responsible individuals<br />

who ordered and instigated in their capacities at<br />

highest state duties the occupation of the ChEZ and<br />

attacks on other Ukrainian nuclear facilities, which<br />

resulted in the a<strong>for</strong>ementioned violations. Failure<br />

of the Russian Federation to pursue appropriate<br />

charges as <strong>for</strong>eseen under the treaty would be a<br />

clear violation of their obligations under the<br />

Convention in intent and act and cannot be tolerated<br />

by the international community.<br />

The highest-ranking representatives of the Russian<br />

Federation willfully and recklessly accepted and<br />

ignored the high risk of unpredictable nuclear accidents<br />

and the potential <strong>for</strong> catastrophic consequences<br />

to the population in many European countries.<br />

While it is extremely <strong>for</strong>tunate that such accidents<br />

have not already occurred, due to other <strong>for</strong>tuitous<br />

circumstances, such actions remain completely<br />

inexcusable.<br />

Moreover, the criminal behavior of the highest-ranking<br />

representatives of Russian Federation<br />

and their willful violation of international conventions<br />

ratified by the Russian Federation raises the<br />

urgent question of how much longer the international<br />

community can tolerate their official position,<br />

which is to blame other <strong>for</strong> their own criminal<br />

actions. The Russian Federation’s repeated misrepresentations<br />

and abuse of privileges, entrusted to<br />

them by international organizations, such as IAEA<br />

and the United Nations, cannot be tolerated and<br />

appropriate actions are required by the international<br />

community to address these abuses.<br />

Acknowledgement<br />

We would also very much like to thank Mr Terry<br />

Tetreault who assisted with editing the manuscript<br />

on very short notice, as well as other contributors<br />

who are not explicitly mentioned.<br />

References<br />

[1] United Nations General Assembly Resolution ES‐11/1 adopted on 2 March 2022 at the eleventh<br />

emergency special session of the United Nations General Assembly.<br />

[2] Law of Ukraine “On legal regime of territories affected by radioactive contamination result of<br />

the Chornobyl nuclear power plant.”<br />

[3] TACIS PROJECT – U4.03/04 Development of the National Strategy and Concept <strong>for</strong> State<br />

Program <strong>for</strong> Radioactive Waste Management in Ukraine (Part 1), including a Strategy <strong>for</strong><br />

NNEGC Energoatom Radwaste Management (Part 2) (WMS-UA), TECHNICAL REPORT Task 1.1<br />

Current situation of the legal matters and available institutional framework in the radioactive<br />

waste management in Ukraine, DBE TECHNOLOGY GmbH, Peine, October 2006.<br />

[4] https://chernobylx.com/the-red-<strong>for</strong>est-the-most-radioactive-outdoor-environment-on-theplanet/<br />

[5] https://www.unian.ua/ecology/chaes-rashisti-ne-tilki-rili-okopi-v-rudomu-lisi-a-y-tam-zhilivideo<br />

11775091.html?fbclid=IwAR0ICQrke3ah_czAIhz3h9HQbovxKCGjhdYnOoGtT8Ta2umq3EVitCCUl50<br />

[6] INSC PROJECT – U4.01/08-B Improvement of the infrastructure <strong>for</strong> radioactive waste<br />

management in the Chernobyl Exclusion Zone. Phase I: Safety assessment TASK REPORT 5.2<br />

PRELIMINARY SAFETY ASSESSMENT REPORT FOR THE EXTENDED BURYAKOVKA DISPOSAL<br />

FACILITY, DBE TECHNOLOGY GmbH, Peine, June 2012<br />

[7] https://telegraf.com.ua/ukraina/2022-04-01/5701140-budut-pit-chay-i-svetitsya-ot-radostiokkupanty-poluchili-obluchenie-na-chaes-no-raduyutsya-chto-nagrabili-posudy<br />

[8] INSC PROJECT – U4.01/09 B Disposal Concepts <strong>for</strong> Radioactive Waste in Ukraine, Technical<br />

Report Task 2, DBE TECHNOLOGY GmbH, Peine, October 2013.<br />

[9] https://snriu.gov.ua/timeline?&type=posts&category_id=15<br />

[10] https://firms.modaps.eosdis.nasa.gov/<br />

[11] Protocol Additional to the Geneva Conventions of 12 August 1949, and relating to the<br />

Protection of Victims of <strong>International</strong> Armed Conflicts (Protocol 1)<br />

[12] INFCIRC/274/Rev.1/Mod. 1 (Corrected) Date:18 October 2021.<br />

[13] https://www.iaea.org/newscenter/pressreleases/iaea-director-general-grossis-initiative-totravel-to-ukrain<br />

[14] https://www.iaea.org/newscenter/statements/iaea-director-generals-introductory-statementto-the-board-of-governors-7-march-2022<br />

ENVIRONMENT AND SAFETY 45<br />

Environment and Safety<br />

<strong>Nuclear</strong> Threat Resulting from Russian Military Occupation of Chornobyl Exclusion Zone ı Anatolii V. Nosovskyi, Vyacheslav M. Shestopalov, Iurii Shybetskyi, Jürgen Krone


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Authors<br />

ENVIRONMENT AND SAFETY 46<br />

Anatolii V. Nosovskyi<br />

Member, Academy of Science of Ukraine<br />

Director, Academy of Science of Ukraine Institute of<br />

Safety Problems of <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plants<br />

Anatoly Nosovsky, born in 1954, graduated from the Polytechnic Institute in<br />

Leningrad. Nosovsky researched nuclear submarine radiation protection <strong>for</strong> the I.<br />

Kurchatov branch of the Institute of Atomic Energy in Sosnovy Bor. In 1986, he<br />

ensured employee radiation safety during the construction of the Chornobyl<br />

nuclear power plant (ChNPP) shelter facility and associated restoration ef<strong>for</strong>ts.<br />

In 1988, he served as the ChNPP Deputy Chief Engineer and later as the Deputy<br />

General Director <strong>for</strong> Radiation Protection. After decommissioning ChNPP, he was<br />

the deputy director <strong>for</strong> science at State Scientific and Technical Center <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong><br />

and Radiation Safety in Slavutich. In 2004, he was a department head and, since<br />

2015, a director at the National Academy of Sciences of Ukraine Institute <strong>for</strong><br />

Safety Problems of <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plants.<br />

Nosovsky’s <strong>for</strong>mer positions and awards include: Doctor of Technical Sciences,<br />

Professor of the Department of <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plants and Engineering Thermal<br />

Physics, Academician of the National Academy of Sciences of Ukraine, Honorary<br />

Worker of the <strong>Nuclear</strong> Energy of Ukraine, Laureate of the State Prize of Ukraine in<br />

Science and Technology, Member of the National Commission <strong>for</strong> Radiation<br />

Protection of the Population of Ukraine, Member of the Board of the Ukrainian<br />

<strong>Nuclear</strong> Society, Expert Council of the Ministry education and science of Ukraine;<br />

scientific and technical councils of NNEGC “Energoatom,” and the Ministry of<br />

Energy of Ukraine.<br />

Iurii Shybetskyi<br />

Principal scientist, Academy of Science of Ukraine<br />

Radioecological Centre<br />

Iurii Shybetskyi was born in 1960 and graduated in 1983 from Kyiv University and<br />

earned his PhD in isotopic geochemistry at the Kyiv Institute of Geochemistry and<br />

Mineral Physics in 1994. He has 25 years of experience in the field of radioactive<br />

waste disposal as a Principal Scientist at State Enterprise “Radioenvironmental<br />

Centre of National Academy of Sciences of Ukraine” and as a Member of the<br />

National Commission <strong>for</strong> Radiation Protection of Ukraine. His main areas of<br />

expertise include radioactive waste disposal siting; safety assessments; national<br />

legislation development of norms and programs <strong>for</strong> radioactive waste<br />

management; and scientific project management. Iurii Shybetsky has authored<br />

more than 100 publications, including six books. He also helped develop the<br />

following Laws of Ukraine: “On State Ecological Program <strong>for</strong> Radioactive Waste<br />

Management in Ukraine” (2008), “On radioactive waste management” (2019), of<br />

the Decree of Cabinet “On Radioactive Waste Management Strategy in Ukraine”<br />

(2009), of the Regulations “General safety provision <strong>for</strong> geological disposal of<br />

radioactive waste” (2007), and “Siting Requirements <strong>for</strong> Radioactive Waste<br />

Disposal” (2008).<br />

As leading Ukrainian Expert, he was responsibly involved in several EU-funded<br />

international cooperation projects e.g., U4.01/08-C, “Improvement of the Waste<br />

Classification System in Ukraine” (2011-2012); U4.01/09-B, “Disposal concepts <strong>for</strong><br />

Radioactive Waste Management in Ukraine” (2012-2017); and U4.01/14-B,<br />

“Development of a National Plan <strong>for</strong> Radioactive Waste Geological Disposal in<br />

Ukraine” (since 2018).<br />

Vyacheslav M. Shestopalov<br />

Member, Presidium of the Academy of Science of<br />

Ukraine<br />

Director, Academy of Science of Ukraine Radioecological<br />

Centre<br />

Dr. Jürgen Krone<br />

Be<strong>for</strong>e retirement 2018 CEO of DBE TECHNOLOGY<br />

GmbH<br />

Vyacheslav Shestopalov, born in 1936, graduated from Kyiv University in 1959<br />

majoring in hydrogeology. In 1971 Shestopalov earned his PhD in 1971 and<br />

Doctor of Science in 1983 at the Kyiv Institute of Geological Science. He served in<br />

1991 as a teaching professor, in 1995 he became Academician of National<br />

Academy of Sciences of Ukraine, in 2004-2015 as the Academician-Secretary of<br />

the Department of Earth Sciences of National Academy of Sciences of Ukraine, and<br />

Advisor to the Presidium of National Academy of Sciences of Ukraine in 2015, and<br />

currently is Director of State Enterprise at the Radioenvironmental Centre of<br />

National Academy of Sciences of Ukraine.<br />

He has over 30 years of experience with radioactive waste disposal and<br />

eliminating the consequences of the Chornobyl NPP catastrophe. Professor<br />

Shestopalov has authored more than 600 publications, including 28 books. He<br />

was also awarded three Orders of Ukraine “For Merit” in 2002, 2008, and 2016<br />

and the State Prize of Ukraine in the field of science in 2004.<br />

Jürgen Krone was born 1955, graduated with a degree in computer science in<br />

1979 and earned his PhD in 1981 from Kharkiv Polytechnical Institute. He has held<br />

various industrial management positions focusing on engineering and applied<br />

research, including several production atomization and environmental protection<br />

projects. In 1996, Krone’s professional and scientific focus became radioactive<br />

waste disposal. From 2001 until retirement in 2018, he led the newly founded DBE<br />

TECHNOLOGY GmbH. 2001 – 2021 he led a consortium of prominent European<br />

radioactive waste management organizations that implemented numerous<br />

internationally funded cooperation radioactive waste management projects in<br />

Eastern Europe and, in particular, Ukraine.<br />

Environment and Safety<br />

<strong>Nuclear</strong> Threat Resulting from Russian Military Occupation of Chornobyl Exclusion Zone ı Anatolii V. Nosovskyi, Vyacheslav M. Shestopalov, Iurii Shybetskyi, Jürgen Krone


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Update on U.S. <strong>Nuclear</strong> Energy Policy<br />

Edward Kee<br />

This article covers recent developments in United States (U.S.) nuclear energy policy. The U.S. has the most<br />

operating nuclear power plants of any country, but U.S. nuclear power capacity is declining. Over the past<br />

decade, U.S. nuclear power plants have closed early due to low electricity market prices. 1 Recent U.S.<br />

nuclear energy policy initiatives help address the existential threat to nuclear power projects operating in<br />

electricity markets. In the U.S. federalist <strong>for</strong>m of government, oversight of the electricity and nuclear power<br />

industries is divided between the national/federal government and state governments. New nuclear power<br />

policies have been developed and implemented at both levels.<br />

National/Federal Level<br />

The U.S. federal government has a limited role in<br />

nuclear power.<br />

The federal <strong>Nuclear</strong> Regulatory Commission (NRC)<br />

has exclusive authority over nuclear safety matters.<br />

A major U.S. nuclear power utility, the Tennessee<br />

Valley Authority (TVA) is owned by the federal<br />

government, but receives no taxpayer funding and<br />

operates as a regional public power utility.<br />

The primary influence of the U.S. federal<br />

government on nuclear power is from the Federal<br />

Energy Regulatory Commission (FERC). FERC<br />

regulates the wholesale power system and<br />

wholesale electricity markets. In the 1990s, FERC<br />

pushed <strong>for</strong> electricity industry re<strong>for</strong>ms that<br />

included wholesale electricity markets and the<br />

divestment of generation assets by verticallyintegrated<br />

utilities. The result of these re<strong>for</strong>ms was<br />

newly independent merchant generators operating<br />

in new wholesale electricity markets.<br />

FERC aimed to implement electricity industry<br />

re<strong>for</strong>ms nationwide, but some states declined to<br />

participate and some parts of the U.S. retain the<br />

traditional electricity industry approach (i.e.,<br />

vertically-integrated utilities under cost-of-service<br />

state regulation). A map of the U.S. electricity<br />

markets shows the various regional electricity<br />

markets, with white areas retaining the traditional<br />

vertically-integrated regulated electric utility<br />

industry structure. Also, public power utilities (e.g.,<br />

municipals and cooperatives) remain in place even<br />

in the market areas.<br />

Most of the U.S. nuclear power plant early<br />

retirements have been merchant generators<br />

operating in these wholesale electricity markets.<br />

Federal nuclear energy policy developments to<br />

address this issue include the recently approved<br />

Civil <strong>Nuclear</strong> Credit program, proposals <strong>for</strong> a<br />

nuclear Production Tax Credit (PTC), and various<br />

U.S. DOE funding activities.<br />

Civil <strong>Nuclear</strong> Credit program<br />

Shortly after taking office in 2021, President Biden<br />

proposed a large infrastructure spending program.<br />

After extensive congressional negotiations, the<br />

Infrastructure Investment and Jobs Act (IIJA) was<br />

passed by Congress and signed into law in November<br />

2021.<br />

The IIJA includes, among other things, a new Civil<br />

<strong>Nuclear</strong> Credit (CNC) program that will provide $6<br />

billion in payments to existing nuclear power plants<br />

to help prevent more early retirements of these<br />

plants. The CNC program will be designed and<br />

implemented by the U.S. Department of Energy<br />

(DOE).<br />

Civil <strong>Nuclear</strong> Credits will be allocated to selected,<br />

certified nuclear power plants over four years. The<br />

U.S. DOE has indicated that it intends, to the<br />

maximum extent practicable, to allocate credits to<br />

as many certified reactors as possible. 2<br />

The CNC program reflects broad political support<br />

<strong>for</strong> nuclear power as an essential part of the ef<strong>for</strong>t<br />

to reduce U.S. electricity sector greenhouse gas<br />

emissions.<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 47<br />

1 For a more complete discussion of this issue, see Edward Kee’s 2021 book: Market Failure – Market-Based Electricity is Killing <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

2 See https://www.energy.gov/ne/civil-nuclear-credit-program<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Update on U.S. <strong>Nuclear</strong> Energy Policy ı Edward Kee


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 48<br />

Proposed Production Tax Credit program<br />

The Biden administration also proposed a larger<br />

spending bill in 2021, referred to as the Build Back<br />

Better Act, that was to be passed shortly after the<br />

IIJA but Congress has not approved this larger bill.<br />

The larger bill is not likely to be approved as<br />

originally proposed, but will likely be divided into<br />

several smaller and more focused bills that are<br />

considered in 2022.<br />

is another sign that U.S. federal policy is moving to<br />

support nuclear power.<br />

U.S. DOE programs<br />

The DOE is designing and implementing the new<br />

Civil <strong>Nuclear</strong> Credit program. DOE is also<br />

implementing Energy Policy Act of 2005 incentives<br />

that will apply to the new Vogtle 3&4 nuclear power<br />

plant.<br />

The larger spending bill included a new Production<br />

Tax Credit (PTC) <strong>for</strong> nuclear power plants. Like the<br />

Civil <strong>Nuclear</strong> Credits, the new PTC payments were<br />

aimed at stopping additional early retirements of<br />

existing nuclear power plants due to poor financial<br />

per<strong>for</strong>mance.<br />

The earlier Energy Policy Act of 2005 provides<br />

production tax credits <strong>for</strong> nuclear power, but only<br />

<strong>for</strong> new advanced nuclear power plants that meet<br />

certain requirements.<br />

The U.S. nuclear power industry preferred the<br />

larger and more certain revenue that would come<br />

from the proposed PTC program. The PTC program<br />

had a larger total budget than the CNC program<br />

and would have provided benefits to all operating<br />

nuclear power plants, without the Civil <strong>Nuclear</strong><br />

Credit’s certification and auction process.<br />

These PTC benefits are not yet approved, but the<br />

inclusion of the PTC program in proposed legislation<br />

In addition, the DOE funds numerous programs to<br />

assist the U.S. nuclear power industry with a focus<br />

on supporting R&D, facilitating NRC regulatory<br />

approval <strong>for</strong> new reactor designs, and helping get<br />

the first units using new nuclear power plant<br />

designs built.<br />

DOE has also funded several studies of the financial<br />

issues facing existing nuclear power plants. 3<br />

State Level<br />

U.S. electricity market re<strong>for</strong>m and restructuring<br />

were implemented in some, but not all U.S. states.<br />

In states that retained the traditional electricity<br />

industry model, nuclear power plants under state<br />

cost-of-service regulation have a more positive<br />

outlook than the merchant nuclear power plants in<br />

market states that have electricity markets and a<br />

restructured electricity industry.<br />

3 Two of these studies are at See https://gain.inl.gov/Shared%20Documents/Economics-<strong>Nuclear</strong>-Fleet.pdf and<br />

See https://nuclear-economics.com/wp-content/uploads/2017/10/2017-09-Market-Challenges-<strong>for</strong>-<strong>Nuclear</strong>-Fleet-ESSAI-Study.pd<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Update on U.S. <strong>Nuclear</strong> Energy Policy ı Edward Kee


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Traditional States<br />

The only new nuclear power plant under<br />

construction in the U.S. is the Vogtle 3&4 plant in<br />

the state of Georgia, which retained the traditional<br />

electricity industry approach. The Vogtle 3&4 plant<br />

is the first Westinghouse AP1000 reactors built in<br />

the U.S. and is owned by a regulated electric utility,<br />

Georgia <strong>Power</strong>, in partnership with several public<br />

power utilities. The Georgia Public Utility<br />

Commission approved Georgia <strong>Power</strong>’s investment<br />

in the regulated Vogtle 3&4 units. The Vogtle 3&4<br />

project is financed with a DOE Loan Guarantee and<br />

will receive production tax credits when it starts<br />

commercial operation, both benefits from the<br />

Energy Policy Act of 2005. Georgia’s state<br />

government and public utility commission have<br />

provided strong support <strong>for</strong> this new nuclear<br />

project.<br />

Minnesota, another state retaining the traditional<br />

electricity industry approach, has two existing<br />

nuclear power plants owned by Xcel Energy. In<br />

2003, the state government raised the issue of<br />

whether these existing nuclear power plants should<br />

continue to operate and whether customer rates<br />

would be lower if the nuclear power plants were<br />

retired early. 4 This situation was different in early<br />

2022, with Xcel Energy’s plan to rely on nuclear<br />

power <strong>for</strong> the future confirmed. 5<br />

Nebraska also retains a traditional electricity<br />

industry approach that involves public power<br />

utilities rather than investor-owned regulated<br />

utilities. These public power utilities are non-profit<br />

entities that recover costs from customers. In 2016,<br />

the Fort Calhoun nuclear power plant, owned by<br />

the Omaha Public <strong>Power</strong> District, was retired early<br />

because customer rates would be lower without the<br />

nuclear power plant. The Fort Calhoun early<br />

retirement was linked to low power costs in a region<br />

with extensive wind power development. Another<br />

Nebraska public power utility, the Nebraska Public<br />

<strong>Power</strong> District, owns the Cooper nuclear power<br />

plant that continues to operate under a license<br />

extension that allows operation until 2034.<br />

companies to divest existing generation assets,<br />

including nuclear power plants. The divested<br />

nuclear power plants operate as merchant<br />

generators selling power into the wholesale<br />

electricity market. Low prices in U.S. wholesale<br />

electricity markets were caused by low natural gas<br />

prices, low demand growth, and increased<br />

development of renewable generation subsidized<br />

by out-of-market incentives (e.g., federal<br />

government PTCs and state renewable mandates).<br />

These low wholesale electricity market prices put<br />

financial stress on merchant nuclear power plants,<br />

with some plants experiencing financial losses.<br />

This poor financial per<strong>for</strong>mance led to the early<br />

retirement of merchant nuclear power plants (e.g.,<br />

Kewaunee, Vermont Yankee, Three Mile Island,<br />

Pilgrim) in market states.<br />

ZEC Program States<br />

Some market states, concerned about more early<br />

retirements of merchant nuclear power plants,<br />

established Zero-Emission Credit (ZEC) programs<br />

to help provide additional revenue to merchant<br />

nuclear plants.<br />

The ZEC programs provide additional revenue to<br />

merchant nuclear power plants to reduce the<br />

incentives <strong>for</strong> owners to close these plants due to<br />

poor financial per<strong>for</strong>mance.<br />

These state-level ZEC programs have been the most<br />

important nuclear power policy initiative in the<br />

U.S. in decades.<br />

The New York state 2016 ZEC program prevented<br />

the early retirement of four reactors at the Ginna,<br />

FitzPatrick, and Nine Mile Point nuclear power<br />

plants. 6<br />

The Illinois 2016 ZEC program covered the Clinton<br />

and Quad Cities nuclear power plants. 7<br />

Illinois<br />

implemented a second ZEC program in 2021 to<br />

cover the Byron and Dresden plants. 8<br />

The New Jersey 2019 ZEC program covered the<br />

Hope Creek and Salem nuclear power plants, with<br />

the initial 2019 three-year ZEC program extended<br />

<strong>for</strong> another three years in 2021. 9<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 49<br />

Market States<br />

U.S. states that implemented electricity re<strong>for</strong>ms<br />

and joined wholesale electricity markets typically<br />

required original vertically-integrated utility<br />

Connecticut power contracts<br />

Another market state, Connecticut, located in the<br />

ISO-NE electricity market, took a different<br />

approach. Connecticut saved the Millstone nuclear<br />

4 See https://www.house.leg.state.mn.us/hrd/pubs/nucxcel.pdf<br />

5 https://www.startribune.com/state-regulators-ok-xcel-plan-that-shifts-from-coal-to-more-renewable-nuclear-energy/600144545/<br />

6 https://www.nyserda.ny.gov/-/media/Files/Programs/Clean-Energy-Standard/2019/Case-15-E-0302-Final-ZEC-Implementation-Plan.pdf<br />

7 https://www.ipa-energyrfp.com/zero-emission-credits/<br />

8 https://www.eia.gov/todayinenergy/detail.php?id=50136<br />

9 https://www.state.nj.us/bpu/newsroom/2021/approved/20210427.html<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Update on U.S. <strong>Nuclear</strong> Energy Policy ı Edward Kee


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 50<br />

power plant by allowing the Millstone nuclear<br />

power plant to participate in a state-sponsored<br />

clean energy procurement process 10 that resulted in<br />

a power contract with greater revenue than market<br />

sales.<br />

The Seabrook nuclear power plant, another<br />

merchant nuclear power plant located in New<br />

Hampshire (i.e., also in the ISO-NE electricity<br />

market), was also awarded a clean energy contract<br />

by Connecticut. 11<br />

Other States<br />

Some market states have not taken action to stop<br />

merchant nuclear power plant early retirement.<br />

The state of Michigan has done little to stop the<br />

planned early retirement of the Palisades nuclear<br />

power plant scheduled <strong>for</strong> May 2022. 12 Michigan is<br />

another state with wholesale electricity markets,<br />

with the southern end of the state covered by PJM<br />

and the rest by the MISO market. The Palisades<br />

nuclear power plant, in the MISO market part of<br />

Michigan, was sold in 2007 to Entergy along with a<br />

power contract that is due to expire in May 2022.<br />

Current plans are to close the Palisades nuclear<br />

power plant when the power contract expires (i.e.,<br />

at the end of May 2022) and transfer ownership of<br />

the closed nuclear power plant to Holtec to start<br />

decommissioning. 13 There has been some discussion<br />

of ways to keep Palisades in operation, but nothing<br />

has been put in place so far.<br />

The state of Cali<strong>for</strong>nia supported a 2018 Cali<strong>for</strong>nia<br />

Public Utility Commission order <strong>for</strong> Diablo Canyon<br />

to close in 2024/2025, the end of its normal<br />

operating license, rather than applying <strong>for</strong> the<br />

20-year license extensions that have been granted<br />

to most other U.S. nuclear power plants. Most of<br />

Cali<strong>for</strong>nia is covered by the CAISO wholesale<br />

electricity market, but the nuclear power plants in<br />

Cali<strong>for</strong>nia remained as regulated utility assets that<br />

operate in the wholesale CAISO electricity market.<br />

The last nuclear power plant in Cali<strong>for</strong>nia, Diablo<br />

Canyon, is expected to operate until the end of its<br />

normal operating license (i.e., 2024 and 2025).<br />

There are calls to extend the life of Diablo Canyon 14 ,<br />

but it is unclear that these ef<strong>for</strong>ts will change the<br />

planned closure dates.<br />

The state of Pennsylvania declined to implement a<br />

ZEC program in 2019, leading to the early retirement<br />

of the Three Mile Island nuclear power plant 15 . The<br />

Beaver Valley nuclear power plant was also<br />

scheduled to close early, but this decision was<br />

reversed in 2020 because Pennsylvania announced<br />

that it would join the Regional Greenhouse Gas<br />

Initiative. 16<br />

Conclusions<br />

At the federal level, the new Civil <strong>Nuclear</strong> Credit<br />

program, the proposed Production Tax Credit <strong>for</strong><br />

nuclear power show, and various DOE programs<br />

show a growing support <strong>for</strong> nuclear power by the<br />

U.S. Federal government.<br />

At the state level, traditional states seem to provide<br />

continuing support <strong>for</strong> nuclear power and some<br />

market states helped financially-threatened<br />

merchant nuclear power plants. However, some<br />

other market states have allowed, or even<br />

encouraged, nuclear power plants to close early.<br />

Author<br />

Edward Kee<br />

CEO, Founder and Principal Consultant of <strong>Nuclear</strong><br />

Economics Consulting Group (NECG),Alexandria, USA<br />

edk@nuclear-economics.com<br />

Edward Kee is an expert in nuclear economics. Mr. Kee provides advice to<br />

governments, investors, regulators, regulated and unregulated electricity<br />

companies, nuclear companies, and other parties.<br />

10 https://www.cga.ct.gov/2020/rpt/pdf/2020-R-0203.pdf<br />

11 https://www.spglobal.com/marketintelligence/en/news-insights/trending/vrAiKSOzmpxuz3yuBq6XQw2-<br />

12 https://www.hollandsentinel.com/story/news/regional/2022/01/04/regulators-approve-sale-palisades-nuclearplant/9076515002/<br />

13 https://www.hollandsentinel.com/story/news/regional/2022/01/04/regulators-approve-sale-palisades-nuclearplant/9076515002/<br />

14 https://energy.stan<strong>for</strong>d.edu/publications/assessment-diablo-canyon-nuclear-plant-zero-carbon-electricity-desalination-and<br />

15 https://www.publicadvocates.cpuc.ca.gov/general.aspx?id=3567<br />

16 https://stateimpact.npr.org/pennsylvania/2020/03/13/owners-of-pa-s-beaver-valley-nuclear-power-station-willkeep-it-open-because-of-states-climate-plan/<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Update on U.S. <strong>Nuclear</strong> Energy Policy ı Edward Kee


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Dossier: Debatte über den Weiterbetrieb<br />

von Kernkraftwerken zur Energiesicherung im<br />

Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine<br />

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine führt dort zu Zerstörung, Leid und Tod sowie zu einer<br />

Welle von Millionen Kriegsflüchtlingen innerhalb des Landes und in die Nachbarstaaten bzw. die<br />

gesamte Europäische Union. Darüber hinaus ist die europäische Ordnung nach dem Kalten Krieg<br />

herausge<strong>for</strong>dert und die geopolitische Situation nicht nur in Europa, sondern möglicherweise auch<br />

weltweit verändert.<br />

Neben diesen ganz großen Themen, die die<br />

Nachrichtenlage und Sondersendungen wie<br />

Analysen dominieren, wird mit gutem Grund<br />

auch über die energiepolitischen Auswirkungen<br />

der geopolitischen Krise diskutiert. Russland ist<br />

in Summe über die verschiedenen Energieträger<br />

der bedeutendste Exporteur von Energierohstoffen<br />

und besonders mit Europa eng<br />

verbunden, aus historischen wie kommerziellen<br />

Gründen. Gerade in Deutschland wurde diese<br />

Verflechtung, die eben auch Abhängigkeit<br />

bedeutet, geradezu gepflegt als Element einer<br />

partnerschaftlichen Beziehung zu Russland, als<br />

Unterpfand eines friedlichen Europa, als Beitrag<br />

zur wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und<br />

– auch dies – als Absicherung der deutschen<br />

Energiewende, die auf die Abschaffung der<br />

Kernenergie und der Kohleverstromung zielt.<br />

Ganz unmittelbar bringt die Krise eine schwerwiegende<br />

Unsicherheit in der Energieversorgung,<br />

denn im vergangenen Jahr bezog Deutschland<br />

55 % seines Erdgases, 50 % der Kraftwerksund<br />

Kokskohle sowie 35 % seines Ölbedarfs in<br />

Form von Rohöl und Ölprodukten, insbesondere<br />

Diesel bzw. leichtes Heizöl aus Russland. Innerhalb<br />

Deutschlands sind russische Unternehmen<br />

oder ihre Gesellschaften Betreiber von Energieinfrastruktur<br />

wie Gasspeichern, Pipelines und<br />

Raffinerien sowie auf verschiedenen Ebenen des<br />

Handels und der Distribution aktiv.<br />

Damit steht nun ein wesentlicher Teil der deutschen<br />

Energieversorgung gleichsam von einem<br />

Tag auf den anderen zur Disposition, sei es, dass<br />

in einer politischen Eskalation Russland die<br />

Lieferungen aussetzt oder seine Marktposition<br />

missbraucht, sei es, dass ein Embargo gegen<br />

russische Energielieferungen verhängt wird.<br />

Letzteres ist im Fall der Kohle durch die EU<br />

bereits beschlossen worden.<br />

Vor diesem Hintergrund hat Bundeswirtschaftsminister<br />

Robert Habeck bereits am 27.02.2022<br />

in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ angekündigt,<br />

die Möglichkeit eines Weiterbetriebs<br />

von Kernkraftwerken zur Sicherung der Energieversorgung<br />

zu prüfen und zwar ohne Denkverbote<br />

und ohne eine solche Option „ideologisch<br />

abwehren“ zu wollen.<br />

In der Folge, im Lauf des 28. Februar haben zwei<br />

Energieversorger ihre bis dato bezüglich allen<br />

zuvor geführten Diskussionen über einen Weiterbetrieb<br />

aus Gründen des Klimaschutzes ablehnenden<br />

Positionen modifiziert. Bislang galt, dass<br />

kein Interesse an einem Weiterbetrieb bestehe,<br />

da alle Planungen etwa im Hinblick auf die<br />

Technik und die Rückbauplanungen, die Personalplanung<br />

und die vertraglichen Regelungen<br />

seit Jahren auf die Abschaltung und den unverzüglichen<br />

Rückbau gerichtet seien. Im Lichte der<br />

neuen Lage wurde die Bereitschaft erklärt, die<br />

Möglichkeiten in Richtung eines Weiterbetriebs<br />

zu prüfen und unter geeigneten Rahmenbedingungen<br />

und auf ausdrücklichen Wunsch der<br />

Bundesregierung von der geplanten Vorgehensweise<br />

abzuweichen. Ein anderer Betreiber<br />

äußerte sich sehr skeptisch und betonte die<br />

Hürden, die einem solchen Weg im Wege<br />

stünden. Alle drei Betreiber stromerzeugender<br />

Kernkraftwerke betonten, zum beschlossenen<br />

Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland zu<br />

stehen.<br />

Seitens der Bundesumweltministerin Steffi<br />

Lemke kam unmittelbar eine negative Einschätzung,<br />

die mit Sicherheitsbedenken begründet<br />

wurde. Einige Landespolitiker und Bundestagsabgeordnete<br />

haben dagegen eine ergebnisoffene<br />

Prüfung der Einbeziehung der Kernenergie in die<br />

Versorgungssicherheitsplanung ge<strong>for</strong>dert. Diese<br />

Diskussion hat in den folgenden Wochen<br />

51<br />

KERND BRANCHENINFORMATION<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

52<br />

KERND BRANCHENINFORMATION<br />

erheblich an Dynamik gewonnen, insbesondere<br />

in CDU, CSU und FDP. Auch in Meinungsumfragen<br />

haben sich immer größere Teile der<br />

Befragten für eine Weiternutzung von Kernkraftwerken<br />

in der aktuellen Lage ausgesprochen, bis<br />

hin zu klaren Mehrheiten.<br />

Am 4. März 2022 hat der Branchenverband Kerntechnik<br />

Deutschland (KernD) eine Stellungnahme<br />

mit dem Titel „Aktueller Beitrag der<br />

Kernenergie zur Energiesicherheit in Deutschland“<br />

veröffentlicht und auch an die Bundesministerien<br />

sowie Bundestagsabgeordnete und<br />

Medienvertreter gesendet, in dem seitens der<br />

Mitgliedsunternehmen aus der Branche angeboten<br />

worden ist, den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken<br />

in Deutschland zu unterstützen und<br />

die dafür notwendigen Ressourcen zur Verfügung<br />

zu stellen, sofern die Bundesregierung sich<br />

dazu bekennt, im Zusammenhang mit der<br />

Ukraine-Krise die Kernenergie weiter zur Sicherung<br />

der Energieversorgung zu nutzen.<br />

Bundeswirtschafts- und das Bundesumweltministerium<br />

am 8. März gebeten, diese Position zu<br />

überdenken und zur Abwendung einer möglichen<br />

Energiekrise alle verfügbaren Energiequellen<br />

zu nutzen, sowie jetzt die Grundsatzentscheidung<br />

für einen Weiterbetrieb von Kernkraftwerken<br />

zu treffen, damit alle er<strong>for</strong>derlichen<br />

Maßnahmen dafür rechtzeitig ergriffen werden<br />

können. In dem Brief wurde auch auf die zuvor<br />

erfolgte Kommentierung der Regierungsbewertung<br />

durch den Branchenverband KernD vom 15.<br />

März Bezug genommen.<br />

Im Folgenden finden Sie ein Dossier mit der<br />

ursprünglichen Stellungnahme von KernD, dem<br />

Prüfvermerk der Ministerien, der KernD-Pressemitteilung<br />

dazu, der Kommentierung des Prüfvermerks,<br />

dem Inhalt des Offenen Briefes sowie<br />

eine KernD-Kurzanalyse zur aktuellen Relevanz<br />

von Kernkraftwerken für die Versorgungssicherheit.<br />

Am 8. März 2022 haben das Bundesministerium<br />

für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit<br />

und Verbraucherschutz (BMUV) sowie das<br />

Bundesministerium für Wirtschaft und Klima<br />

(BMWK) die „Prüfung des Weiterbetriebs von<br />

Atomkraftwerken aufgrund des Ukraine-Kriegs“<br />

veröffentlicht. In diesem Prüfvermerk wird<br />

empfohlen, die Kernkraftwerke auch in der aktuellen<br />

Krise nicht weiter zu betreiben, da damit<br />

Sicherheitsrisiken verbunden seien und große,<br />

rechtliche, technische und finanzielle Hürden<br />

bestünden, denen nur ein kleiner Nutzen gegenüber<br />

stünde.<br />

Als erste Reaktion darauf hat KernD am<br />

08.<strong>03.2022</strong> die Pressemitteilung „Weiterbetrieb<br />

von deutschen Kernkraftwerken: Bundesregierung<br />

schlägt möglichen Beitrag der Kernenergie<br />

zur aktuellen Energiesicherheit leider aus“ veröffentlicht.<br />

Am 15. März veröffentlichte KernD die<br />

„Fachliche Kommentierung des Prüfvermerks<br />

der Bundesregierung ‚Prüfung des Weiterbetriebs<br />

von Atomkraftwerken aufgrund des<br />

Ukraine-Kriegs‘ durch den Verband Kerntechnik<br />

Deutschland e.V. (KernD)“.<br />

Am 21. März wurde schließlich ein Offener Brief<br />

an Bundeskanzler Olaf Scholz zum Weiterbetrieb<br />

deutscher Kernkraftwerke zur Sicherung der<br />

Energieversorgung adressiert, der am 23. März<br />

veröffentlicht wurde. Darin wird Scholz nach der<br />

abschlägigen Bewertung eines möglichen<br />

Weiterbetriebs von Kernkraftwerken durch das<br />

Nicolas Wendler<br />

Presse und Politik<br />

KernD (Kerntechnik Deutschland e.V.)<br />

nicolas.wendler@kernd.de<br />

Tel.: +49 172 237 91 84<br />

www.kernd.de<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Stellungnahme von KernD zum Weiterbetrieb vom 04. März 2022<br />

Aktueller Beitrag der Kernenergie zur<br />

Energiesicherheit in Deutschland<br />

Im Zuge der aktuell geführten Diskussion über einen möglichen Weiterbetrieb einzelner<br />

Kernkraftwerke zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Deutschland erklärt Kerntechnik<br />

Deutschland (KernD), der Verband von Unternehmen und wissenschaftlichen Institutionen der<br />

Kerntechnik in Deutschland:<br />

Der Weiterbetrieb von deutschen Kernkraftwerken<br />

über den aktuell verbindlichen<br />

Abschalttermin 31.12.2022 hinaus kann einen<br />

wichtigen Beitrag zur Energiesicherheit<br />

Deutschlands leisten, sowohl im kommenden<br />

Winter als auch in der Zeit danach. Die kerntechnische<br />

Wirtschaft – Betreiber, Industrie,<br />

Dienstleister – ist bereit, den Weiterbetrieb von<br />

Kernkraftwerken in Deutschland zu unterstützen<br />

und die dafür notwendigen Ressourcen<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

Dabei sind aktuell folgende Punkte von besonderer<br />

Bedeutung:<br />

p Die verfügbaren deutschen Anlagen sind in<br />

sicherheitstechnisch hervorragendem<br />

Zustand. Einem weiteren Betrieb stehen<br />

keine sicherheitsbezogenen Gründe entgegen.<br />

p Die kerntechnische Wirtschaft hat den im<br />

großen politischen Konsens gefassten Ausstiegsbeschluss<br />

akzeptiert und setzt diesen<br />

umfassend um. Voraussetzung für einen darüber<br />

hinaus gehenden Weiterbetrieb<br />

deutscher Kernraftwerke ist, dass sich die<br />

Bundesregierung dazu bekennt, die Kernenergie<br />

weiter zur Sicherung der Energieversorgung<br />

zu nutzen und der Bundestag die<br />

gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür<br />

schafft. Diese politische Entscheidung muss<br />

belastbar mit Blick auf unternehmerische<br />

Entscheidungen und Investitionen sein und<br />

zeitnah erfolgen. Dies gilt gerade mit Blick<br />

auf eine möglichst rasche Beschaffung von<br />

Kernbrennstoff, wenngleich dieser Prozess<br />

nicht beliebig beschleunigt werden kann.<br />

p Da auch die sicherheitsbezogenen regulatorischen<br />

Prozesse bei den zuständigen Behörden<br />

und den Gutachtern eingehalten werden<br />

müssen, ist hierzu ebenfalls eine rasche politische<br />

Entscheidung wichtig. Ein weiterer<br />

Abbau von Personal und kerntechnischer<br />

Kompetenz in diesen Bereichen muss so<strong>for</strong>t<br />

gestoppt und soweit möglich rückgängig<br />

gemacht werden.<br />

04. März 2022<br />

53<br />

KERND BRANCHENINFORMATION<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

54<br />

KERND BRANCHENINFORMATION<br />

Prüfvermerk des Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsministerium zum Weiterbetrieb vom 08. März 2022<br />

Prüfung des Weiterbetriebs von Atomkraftwerken<br />

aufgrund des Ukraine-Kriegs<br />

Ausgangslage<br />

Aktuell sind in Deutschland noch die Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 in Betrieb<br />

mit insgesamt 4300 MW Leistung (brutto). Zuletzt wurden am 31.12.2021 die Atomkraftwerke<br />

Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C abgeschaltet, mit insgesamt gut 4200 MW Leistung (brutto).<br />

Im Zuge der Frage einer möglichen Kompensation der Importe von Erdgas aus Russland infolge<br />

des russischen Angriffs auf die Ukraine stellt sich die Frage, ob diese Atomkraftwerke weiter genutzt<br />

werden sollen bzw. können.<br />

Gesetzes- und Genehmigungslage<br />

Für die am 31.12.2021 abgeschalteten Anlagen<br />

ist die Berechtigung zum Leistungsbetrieb aufgrund<br />

der gesetzlichen Regelung erloschen. Ein Betrieb<br />

könnte nur aufgrund einer gesetzlichen Aufhebung<br />

des Erlöschens und einer gesetzlichen Laufzeitverlängerung<br />

erfolgen. Diese Entscheidungen des<br />

Gesetzgebers kämen einer „Neugenehmigung“<br />

gleich. Ein derartiges Gesetz ist nach der Rechtsprechung<br />

des Bundesverfassungsgerichts inhaltlich<br />

und verfahrensrechtlich weitgehend wie eine<br />

entsprechende behördliche Entscheidung zu<br />

behandeln. Der Bundestag müsste die ähnlichen<br />

Verfahrensschritte einschließlich Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

und UVP dann selbst vornehmen.<br />

Insbesondere ist es im Hinblick auf den grundrechtlich<br />

geschützten Anspruch auf die bestmögliche<br />

Schadensvorsorge er<strong>for</strong>derlich, den aktuellen<br />

Stand von Wissenschaft und Technik der Nachweisführung<br />

zugrunde zu legen. Demnach müsste auch<br />

nachgewiesen werden, dass die Auswirkungen von<br />

Kernschmelzunfällen auf das Anlagengelände<br />

begrenzt werden können. Dieser EPR-Standard ist<br />

durch Nachrüstungen nicht zu erreichen. Das<br />

Bundesverfassungsgericht hat für Neugenehmigungen<br />

entschieden, dass dann, wenn die nach<br />

theoretischen wissenschaftlichen Konzepten er<strong>for</strong>derliche<br />

Schadensvorsorge praktisch nicht erreicht<br />

werden kann, die Genehmigung für ein<br />

Atomkraftwerk nicht erteilt werden darf. Es ist<br />

deshalb sehr wahrscheinlich, dass ein die Genehmigung<br />

ersetzendes Gesetz bereits im Eilverfahren<br />

vor dem Bundesverfassungsgericht aufgehoben<br />

würde.<br />

Auch die am 31.12.2022 außer Betrieb gehenden<br />

Kernkraftwerke (sog. Konvoi-Anlagen) können<br />

auf Basis des geltenden Atomgesetzes nicht über<br />

diesen Zeitraum hinaus betrieben werden. Auch<br />

hier wäre eine Änderung des Atomgesetzes<br />

notwendig, in der die kalendermäßige Befristung<br />

entfallen und eine Zuteilung neuer Strommengen<br />

erfolgen müsste. Hier läge zwar die Fortführung<br />

eines aktuell genehmigten und überwachten<br />

Betriebs vor, sodass die An<strong>for</strong>derungen an eine<br />

neue Genehmigung verfahrensrechtlich nicht<br />

gelten (zur Sicherheitsbetrachtung unten). Nach<br />

der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs<br />

kann allerdings auch bei einer gesetzlichen Laufzeitverlängerung<br />

eine (grenz- überschreitende)<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung er<strong>for</strong>derlich sein.<br />

Deutschland hat diese Auffassung ebenfalls bisher<br />

international vertreten und könnte sich dem wohl<br />

kaum entziehen.<br />

Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten<br />

er<strong>for</strong>dert eine solche Laufzeitverlängerung eine<br />

neue, umfassende Risiko- und Güterabwägung des<br />

Gesetzgebers. Im Jahr 2011 war der Gesetzgeber zu<br />

dem Ergebnis gelangt, dass das Risiko der Atomenergienutzung<br />

auch mit den modernen Konvoi-<br />

Anlagen nur noch bis zum 31.12.2022 hingenommen<br />

werden soll.<br />

Diese Bewertung wäre zu aktualisieren. Da- bei<br />

wäre zum einen die veränderte Lage hinsichtlich<br />

der Sicherung der Versorgung Deutschlands mit<br />

Energie bzw. Strom in Folge des russischen Angriffs<br />

auf die Ukraine zu berücksichtigen. Zum anderen<br />

müsste in die Bewertung auch einfließen, inwieweit<br />

die Risiken für den Schutz der Kernkraftwerke<br />

bei Einwirkungen von außen sich in einem solchen<br />

Szenario anders darstellen (der Beschuss des ukrainischen<br />

Atomkraftwerks Saporischschja am<br />

3.3.2022 durch die russische Armee macht deutlich,<br />

dass solche Szenarien in Europa nicht völlig<br />

auszuschließen sind. Auch müssen aktuell neue<br />

Gefährdungsszenarien wie etwa staatlich<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

veranlasste Sabotage in die Erwägungen<br />

einfließen.) Auch denkbare mittelbare Folgen eines<br />

Krieges (Unterbrechung der Stromversorgung)<br />

erhöhen mit Blick auf die dauerhaft zu gewährleistende<br />

Kühlung des Reaktorkerns das Risiko der<br />

Atomkraftnutzung.<br />

Sicherheitsbetrachtung<br />

Die drei Konvoi-Anlagen, die aktuell noch laufen,<br />

sind bzgl. Sicherheit und Sicherung in einem vollständig<br />

genehmigten und überwachten Zustand.<br />

Sie sind sicherheitstechnisch grundsätzlich auf<br />

einem hohen Niveau. Allerdings gab es mit Blick auf<br />

das Betriebsende zu Ende 2022 eine gesetzliche<br />

Ausnahme von einer wesentlichen Überprüfungspflicht.<br />

So ist nach internationalen Sicherheitsstandards<br />

eine umfangreiche Sicherheitsüberprüfung<br />

aller Atomkraftwerke alle zehn Jahre er<strong>for</strong>derlich.<br />

Diese hätten für die drei Atomkraftwerke im<br />

normalen Rhythmus zum 31.12.2019 vorgelegt<br />

werden müssen, da die letzte umfangreiche Sicherheitsüberprüfung<br />

2009 stattfand. Eine erneute<br />

Vorlage 2019 war nach einer Ausnahmeregelung<br />

des Atomgesetzes nicht er<strong>for</strong>derlich, wenn die<br />

Anlage drei Jahre später abgeschaltet wird. Bei<br />

einem Weiterbetrieb nach dem 1.1.2023 wäre also<br />

die letzte Sicherheitsüberprüfung 13 Jahre alt, eine<br />

neue wäre zwingend geboten.<br />

würde. Der Gesetzgeber müsste also im Zuge der<br />

Laufzeitverlängerung eine beschleunigte und<br />

verschlankte Sicherheitsüberprüfung einschließlich<br />

eines Verzichts auf eventuelle Nachrüstungen<br />

akzeptieren und insofern mit der bisherigen deutschen<br />

Sicherheitsphilosophie beim Betrieb der<br />

Atomkraftwerke brechen.<br />

Technische Situation<br />

Die Brennelemente in den Anlagen sind mit Blick<br />

auf das geplante Betriebsende 2022 weitgehend<br />

auf- gebraucht. Durch kontinuierliche Absenkung<br />

der Kühlmitteltemperatur und der Leistung oder<br />

durch Abschaltung der Atomkraftwerke im<br />

Sommer 2022 könnte der Betrieb der Atomkraftwerke<br />

mit den aktuell in den Kraftwerken befindlichen<br />

Brennelementen für eine gewisse Zeit (bis zu<br />

ca. 80 Tagen) <strong>for</strong>t- gesetzt werden („Streckbetrieb“).<br />

Sofern Reaktorkerne während des regulären<br />

Betriebszyklus mit geringerer Leistung<br />

betrieben werden, erhöht dies grundsätzlich die<br />

mögliche Länge des Betriebszyklus. Die Atomkraftwerke<br />

würden dann im Sommer 2022 weniger<br />

Strom produzieren, um über den 31.12.2022 hinaus<br />

im ersten Quartal 2023 noch Strom produzieren zu<br />

können. Insgesamt würde zwischen heute und<br />

Ende März 2023 netto nicht mehr Strom produziert.<br />

55<br />

KERND BRANCHENINFORMATION<br />

Die Sicherheitsüberprüfungen sind in Deutschland<br />

ein über Jahre währender Prozess, in dessen Verlauf<br />

erkanntes Verbesserungspotenzial laufend umgesetzt<br />

wird. Da die Atomkraftwerke in den letzten<br />

Jahren zwar alle regulären Prüfungen der Komponenten<br />

durchgeführt haben, aber eine grundlegende<br />

Sicherheitsanalyse und Überprüfung der<br />

Störfallszenarien anhand des neuen Regelwerks<br />

von 2012 weitgehend unterblieben ist, sind<br />

unerkannte Defizite nicht auszuschließen, sodass<br />

in der Folge für einen Weiterbetrieb über den<br />

31.12.2022 hinaus Investitionsbedarfe in die<br />

Sicherheitstechnik ebenfalls nicht auszuschließen<br />

sind. Bei einem längeren Weiterbetrieb dürften die<br />

An<strong>for</strong>derungen des aktuellen kerntechnischen<br />

Regelwerks nicht genügen, das den EPR-Standard<br />

(siehe dazu 2.) noch nicht berücksichtigt.<br />

Dies konfligiert jedoch mit einem Weiterbetrieb der<br />

Anlagen mit dem Ziel, ab 2023 einen Beitrag zur<br />

Versorgungssicherheit zu leisten. Ein Weiterbetrieb<br />

wäre nur sinnvoll, wenn diese Sicherheitsprüfung<br />

in Umfang und Prüftiefe deutlich reduziert würde<br />

und/oder auf weitreichende Nachrüstungsmaßnahmen,<br />

die in Zuge der Sicherheitsüberprüfung<br />

gegebenenfalls angeordnet würden, verzichtet<br />

Die Beschaffung, Herstellung und atomrechtliche<br />

Freigabe zur Herstellung neuer Brennelemente für<br />

einen funktionsfähigen Reaktorkern dauert im<br />

Regelfall 18-24 Monate. Ggf. ist eine Beschleunigung<br />

auf ca. 12-15 Monate möglich. Es müsste in<br />

dieser Zeit zudem eine erheblich größere Menge an<br />

frischen Brennelementen (geschätzt rund Faktor 2)<br />

gefertigt werden als im bisher üblichen jährlichen<br />

Turnus.<br />

Dies er<strong>for</strong>dert auch einen erheblichen Prüfungsaufwand,<br />

d. h. es sind umfangreiche Berechnungen,<br />

Begutachtungen und behördliche Zustimmungen<br />

notwendig, um die Sicherheit aller Betriebsparameter<br />

dieser Kernzusammensetzung zu ermitteln<br />

und nachzuweisen. Selbst bei so<strong>for</strong>tiger Bestellung<br />

und beschleunigter Abwicklung ist daher mit einer<br />

Nutzung nicht vor Herbst 2023 zu rechnen.<br />

Auch die Ersatzteilbevorratung wurde im Hinblick<br />

auf die bevorstehende Abschaltung der Atomkraftwerke<br />

abgebaut. Es ist fraglich, inwieweit ausreichend<br />

Ersatzteile für das Sicherheitssystem und für<br />

betriebliche Systeme vorhanden sind. Hier besteht<br />

insbesondere die Problematik, dass manche<br />

Bauteile eigens unter besonderen An<strong>for</strong>derungen<br />

für die Kerntechnik hergestellt wurden und<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

56<br />

KERND BRANCHENINFORMATION<br />

Hersteller dieser Bauteile inzwischen das wirtschaftliche<br />

Interesse verloren haben sowie Know-<br />

How bereits verloren gegangen ist. Weitere Hürden<br />

könnten sich aus der Nachbeschaffung von notwendigen<br />

Komponenten für einen Weiterbetrieb<br />

aufgrund des Rückgangs qualifizierter Hersteller<br />

und aufgrund von Störungen in Lieferketten (z. B.<br />

aufgrund Embargos) ergeben. Bei den bereits 2021<br />

abgeschalteten Anlagen ergäben sich im Übrigen<br />

zusätzliche technische Hindernisse, je nachdem,<br />

inwieweit bereits Maßnahmen zum Rückbau vorgenommen<br />

und auf erhaltende Maßnahmen<br />

verzichtet wurde.<br />

Personal<br />

Der Restbetrieb der Kernkraftwerke ist auch personell<br />

auf den Auslaufbetrieb eingestellt. Die für<br />

einen zeitnahen Weiterbetrieb notwendigen Personalressourcen<br />

sind nicht mehr vorhanden und<br />

müssten erst wieder aufgebaut werden. Es müsste<br />

durch finanzielle Anreize eine einvernehmliche<br />

Rücknahme der bereits individualvertraglich<br />

vereinbarten sozialverträglichen Personalabbaumaßnahmen<br />

erfolgen (Rücknahme Altersteilzeitverträge)<br />

und zusätzlich neues notwendiges<br />

Personal (z. B im Bereich Fachkunde Reaktorfahrer/Schichtführer)<br />

in mindestens hoher zweistelliger<br />

Zahl zügig sukzessive ersetzt und so<strong>for</strong>t<br />

geschult werden. Hierfür ist eine mehrjährige Fachkundeausbildung<br />

er<strong>for</strong>derlich. Auch bei Aufsichtsbehörden<br />

und Sachverständigen müsste die Personalplanung<br />

kurzfristig an- gepasst werden, wobei<br />

das Problem besteht, dass hier in den letzten Jahren<br />

wenig ausgebildet wurde.<br />

Wirtschaftlichkeit und<br />

Risikoverteilung<br />

Es kann nicht im Vorhinein abgeschätzt werden, ob<br />

sich aus der Sicherheitsprüfung größerer Nachrüstbedarf<br />

ergibt (s. o.) und wie dieser kurzfristig abgearbeitet<br />

werden kann, insbesondere mit Blick auf<br />

die rechtzeitige Verfügbarkeit notwendiger Ersatzteile<br />

und Komponenten. U. U. resultieren daraus<br />

längere Stillstandsphasen, die die Verfügbarkeit<br />

der Kernkraftwerke und damit den Nutzen der<br />

Verlängerung schmälern. Dies hat Auswirkungen<br />

sowohl auf die Kosten des Weiterbetriebs als auch<br />

auf die energiewirtschaftliche Betrachtung<br />

hinsichtlich zusätzlicher Strommengen. Zum aktuellen<br />

Zeitpunkt können Zeitbedarf und Kosten nicht<br />

belastbar abgeschätzt werden.<br />

Mit Blick auf die Kosten wäre neben dem Aufwand<br />

für den Weiterbetrieb u. a. auch die Kosten für die<br />

Entsorgung zusätzlicher Mengen radioaktiver<br />

Abfälle zu berücksichtigen. Nicht absehbar ist, zu<br />

welchen Prämien der er<strong>for</strong>derliche Haftpflichtversicherungsschutz<br />

(Deckungsvorsorge) für einen<br />

verlängerten Leistungsbetrieb erlangt werden<br />

könnte, der nach Ende 2022 bisher nicht einkalkuliert<br />

ist. So müssen die Betreiber von Atomkraftwerken<br />

nach dem Atomgesetz für Schäden, die von<br />

deutschen Atomkraftwerken ausgehen, vollständig<br />

haften und bis zu einer Höhe von 2,5 Milliarden<br />

Euro Deckungsvorsorge gewährleisten, hierfür sind<br />

Prämien an die Deutsche Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft<br />

zu leisten.<br />

Die Betreiber der Kernkraftwerke haben sich auf<br />

das Ende der Nutzung der Kernenergie eingestellt<br />

und bekennen sich dazu. Für den Fall, dass der<br />

Staat in der aktuellen Lage einen Weitertrieb zur<br />

Absicherung der Versorgungssicherheit für nötig<br />

erachtet, gehen sie davon aus, dass dies angesichts<br />

des finanziellen Aufwands in einer ökonomischen<br />

Betrachtung nur mit einer Perspektive von weiteren<br />

mindestens drei bis fünf Jahren sinnvoll wäre.<br />

Sollte sich der Staat hierfür entscheiden, haben die<br />

Betreiber der Kernkraftwerke bereits gegenüber<br />

BMWK und BMUV mitgeteilt, dass dann die<br />

Bundesregierung in eine „Quasi-Eigner“-Rolle<br />

kommen solle, mit voller Kontrolle und Verantwortung<br />

für Investitionen, Kosten, Erträge sowie<br />

Verfahrensumfang und -tiefe auf der sicherheitstechnischen<br />

und genehmigungsrechtlichen Seite.<br />

In einem solchen Szenario würden die Atomkraftwerke<br />

von den Unternehmen quasi im staatlichen<br />

Auftrag betrieben.<br />

Energiewirtschaftliche und<br />

klimapolitische Bewertung<br />

Eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke im<br />

Streckbetrieb führt nicht zu zusätzlichen Atom-<br />

Strommengen (s. o.), sondern verlagert lediglich<br />

die Stromproduktion aus dem Sommer 2022 in den<br />

Winter 2022/2023. Die Minderproduktion im<br />

Sommer 2022 würde dann durch die letzten Kraftwerke<br />

der Merit Order kompensiert, d.h. es gäbe<br />

eine zusätzliche Stromproduktion aus Gas- oder<br />

Kohlekraftwerken. Ein Ersatz von Gas bzw. Kohle<br />

durch den Streckbetrieb findet somit bis zum ersten<br />

Quartal 2023 nicht statt, es entsteht stattdessen ein<br />

zusätzlicher Kohle- bzw. Gasverbrauch im Sommer<br />

2022. Der Mehrwert aus energiewirtschaftlicher<br />

Sicht läge vielmehr darin, im Winter 2022/2023<br />

eine zusätzliche Leistung im System zu haben, um<br />

zur Versorgungssicherheit bei Stromnachfragespitzen<br />

beizutragen. Dies ist jedoch auch durch die<br />

Nutzung der Steinkohlekraftwerke in den Reserven<br />

bzw. durch eine Verlängerung der<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Sicherheitsbereitschaft der Braunkohlekraftwerke<br />

möglich. Tritt 2022 aufgrund des Ausbleibens von<br />

Gaslieferungen aus Russland eine europaweite<br />

Gasmangellage ein, würden diese Instrumente der<br />

Aktivierung der Kohlekraftwerke ohnehin<br />

ergriffen.<br />

Erst mit einer Beladung der Atomkraftwerke mit<br />

frischen Brennstäben wird zusätzlicher Strom<br />

produziert. Für die drei in Frage stehenden Kraftwerke<br />

sind dies im Durchschnitt insgesamt ca.<br />

30 TWh pro Jahr, das sind ca. 5 % der deutschen<br />

Stromproduktion. Sie würden vor allem Strom aus<br />

Kohlekraftwerken ersetzen, d. h. in der aktuellen<br />

Gaskrise kaum einen Beitrag zur Erhöhung der<br />

Unabhängigkeit von russischen Gasimporten<br />

leisten. Grund: Da aufgrund der aktuellen Krise<br />

Gas sehr teuer ist, stehen Gaskraftwerke ohnehin<br />

aktuell als letzte Kraftwerke in der Merit Order,<br />

d. h. sie kommen fast nie zum Einsatz. Eine<br />

Ausnahme bilden die KWK-Anlagen, weil die aus<br />

den Kraftwerken erzeugte Wärme benötigt wird.<br />

Diese können jedoch durch die Atomkraftwerke<br />

nicht ersetzt werden, hier sind andere Maßnahmen<br />

(Einsatz von grüner Fernwärme, Reduzierung<br />

Wärmebedarf) nötig. Mit Blick auf die aktuelle<br />

Gaskrise kann die Verlängerung der Laufzeiten der<br />

Atomkraftwerke also nur einen begrenzten Beitrag<br />

leisten.<br />

Fazit<br />

p Ein Wiederanfahren der drei zum 31.12.2021<br />

stillgelegten Kernkraftwerke kommt schon<br />

aufgrund der genehmigungsrechtlichen<br />

Situation (erloschene Betriebserlaubnis), die<br />

auch gesetzlich nicht rechtssicher geändert<br />

werden kann, nicht in Betracht.<br />

p Eine Verlängerung der Laufzeiten der noch in<br />

Betrieb befindlichen drei Atomkraftwerke würde<br />

im Winter 2022/2023 keine zusätzlichen<br />

Strommengen bringen (Streckbetrieb), sondern<br />

frühestens ab Herbst 2023 nach erneuter<br />

Befüllung mit neu hergestellten Brennstäben.<br />

p Eine Laufzeitverlängerung müsste unmittelbar<br />

mit einer erneuten Durchführung der zuletzt<br />

2009 stattgefundenen umfangreichen<br />

Sicherheitsprüfung für jedes der drei<br />

Atomkraftwerke einhergehen. Aktuell kann nicht<br />

belastbar abgeschätzt werden, in welchem<br />

Umfang aufgrund dieser Sicherheitsüberprüfung<br />

Nachrüstan<strong>for</strong>derungen entstehen und in<br />

welchem Zeitraum (und zu welchen Kosten)<br />

diese durchgeführt werden können. Bei einem<br />

längerfristigen Weiterbetrieb dürfte der Stand<br />

von Wissenschaft und Technik ähnlich wie bei<br />

Neuanlagen (EPR-Standard) anwendbar sein.<br />

p Aufgrund des notwendigen Mehraufwands in<br />

Folge der umfangreichen Sicherheitsüberprüfung<br />

und des Wiederschulens von Personal bei den<br />

Kraftwerken und den Überprüfungsbehörden ist<br />

eine Verlängerung der Laufzeiten der<br />

Atomkraftwerke nicht bloß um 2-3 Jahre,<br />

sondern für mindestens drei bis fünf Jahre<br />

notwendig, um den Aufwand wirtschaftlich zu<br />

rechtfertigen. BMWK und BMU gehen davon aus,<br />

dass in diesem Zeitraum bis 2028 andere<br />

Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um eine<br />

ausreichende Stromversorgung trotz einer<br />

Gasmangellage zu gewährleisten.<br />

p Der energiewirtschaftliche Mehrwert einer<br />

Laufzeitverlängerung ist sehr begrenzt. Im<br />

Winter 2022/23 helfen sie nicht, sondern<br />

verschieben nur die Stromproduktion in den<br />

Sommer 2022 (kein netto-Effekt). Ab dem Herbst<br />

2023 würden sie zwar zusätzliche Strommengen<br />

liefern, ein Ersatz von Gasmengen findet aber<br />

kaum statt, da Gaskraftwerke ohne KWK in einer<br />

Gaskrisensituation ohnehin kaum zum Einsatz<br />

kommen.<br />

p In verfassungsrechtlicher Hinsicht bedürfte eine<br />

Verlängerung der Laufzeiten einer umfassenden<br />

neuen Risiko- und Güterabwägung des<br />

Gesetzgebers. Diese kann durchaus zu einem<br />

anderen Ergebnis kommen als die Abwägung im<br />

Jahr 2011, insbesondere soweit die Absicherung<br />

der Versorgungssicherheit für eine Verlängerung<br />

der Laufzeiten spricht. Um dieses Ziel zu<br />

erreichen, steht dem Gesetzgeber ein gewisser<br />

Gestaltungsspielraum zu. Dennoch bestehen mit<br />

Blick auf die Risiken der Kernenergienutzung<br />

und den Schutz des Lebens und der körperlichen<br />

Unversehrtheit hohe Hürden, gerade angesichts<br />

der neu zu betrachtenden Risiken als Konsequenz<br />

des Ukraine-Krieges. Angesichts des begrenzten<br />

Beitrags der verbliebenen Kernkraftwerke zur<br />

Stromversorgung bleiben Zweifel, ob eine<br />

Verlängerung in der aktuellen Situation<br />

verfassungsrechtlich belastbar begründet<br />

werden kann. Die zu erwartenden Klagen gegen<br />

eine mögliche Laufzeitverlängerung hätten vor<br />

diesem Hintergrund durchaus aussichtsreiche<br />

Erfolgschancen.<br />

p Die Kernkraftwerksbetreiber haben bereits mitgeteilt,<br />

dass eine Verlängerung der Laufzeiten<br />

57<br />

KERND BRANCHENINFORMATION<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

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KERND BRANCHENINFORMATION<br />

letztlich in einer Übernahme der rechtlichen und<br />

wirtschaftlichen Risiken durch den Staat münden<br />

würde (s. o.). BMWK und BMUV finden es falsch,<br />

Abstriche bei der deutschen Sicherheitsphilosophie<br />

beim Betrieb der Atomkraftwerke zu<br />

machen. In der Konsequenz würde dies im<br />

Zweifel dazu führen, dass kein ununterbrochener<br />

Betrieb der Kernkraftwerke stattfinden würde,<br />

sondern dass gerade im Zeitraum 2022-2024<br />

umfangreiche Nachrüstprogramme und damit<br />

einhergehende Stillstandszeiten zu erwarten<br />

wären.<br />

p Im Ergebnis einer Abwägung von Nutzen und<br />

Risiken ist eine Laufzeitverlängerung der drei<br />

noch bestehenden Atomkraftwerke auch<br />

angesichts der aktuellen Gaskrise nicht zu<br />

empfehlen.<br />

07. März 2022<br />

Pressemitteilung von KernD zum Prüfvermerk der Ministerien vom 08. März 2022<br />

Weiterbetrieb von deutschen Kernkraftwerken:<br />

Bundesregierung schlägt möglichen Beitrag der<br />

Kernenergie zur aktuellen Energiesicherheit leider aus<br />

In einem gemeinsamen Prüfvermerk haben das Bundesumweltministerium und das<br />

Bundeswirtschaftsministerium mitgeteilt, dass ein Weiterbetrieb von deutschen Kernkraftwerken aufgrund<br />

des Ukraine-Kriegs aus ihrer Sicht nicht zu empfehlen sei.<br />

p Der Verband Kerntechnik Deutschland bedauert<br />

dies und stellt in diesem Zusammenhang jedoch<br />

folgendes fest: Die Bewertung der beiden Ministerien<br />

bestätigt, dass die Kernkraftwerke bei<br />

einem Weiterbetrieb im gesamten kommenden<br />

Winter ihren Beitrag zur Energiesicherheit<br />

Deutschlands durchaus leisten und zudem ab<br />

Spätsommer 2023 wieder vollumfänglich zur<br />

Verfügung stehen könnten.<br />

p Eine weitere Verschärfung der hiesigen Energieversorgungssituation,<br />

die Fachleuten wahrscheinlich<br />

erscheint und deshalb jeden möglichen<br />

Beitrag verfügbarer Energieträger kurzund<br />

mittelfristig notwendig macht, wird in dem<br />

Regierungspapier leider nicht als Szenario<br />

behandelt oder überhaupt erwähnt.<br />

p Insgesamt ist die Bewertung der Ministerien<br />

offenkundig vom bisherigen politischen Willen<br />

geprägt, am endgültigen Ausstiegstermin für die<br />

Kernenergie in Deutschland festzuhalten, anstatt<br />

angesichts der derzeitigen energiewirtschaftlichen<br />

Krisensituation zur Absicherung der Energieversorgung<br />

jede verfügbare Ressource unter<br />

Mitverantwortung für die gesamteuropäische<br />

Energiesicherheit heranzuziehen.<br />

p In dem Prüfvermerk der Ministerien wird detailliert<br />

aufgeführt, warum ein Weiterbetrieb nicht<br />

zu empfehlen ist, anstatt Lösungen dafür zu<br />

finden. Der Kern der Hinderungsgründe ist <strong>for</strong>maljuristischer<br />

Natur. Fakt jedoch ist, dass sich<br />

die verfügbaren deutschen Kernkraftwerke anerkannt<br />

in einem sicherheitstechnisch hervorragenden<br />

Zustand befinden und einem weiteren<br />

Betrieb keine sicherheitsbezogenen Gründe entgegenstehen.<br />

Hinsichtlich der gesetzlichen Lage<br />

zeigt die corona-bedingte, seit über 2 Jahren<br />

währende Ausnahmesituation zum Schutze der<br />

Bevölkerung für alle sichtbar, dass in Situationen<br />

von nationaler Tragweite Gesetze ohne großen<br />

Zeitverzug außer Kraft gesetzt werden können<br />

oder änderbar sind.<br />

p Im Fazit bleibt nur zu hoffen, dass es zu keiner<br />

weiteren Zuspitzung im Energiesektor kommt.<br />

Die kerntechnische Industrie jedenfalls steht<br />

weiter bereit, gerade in der jetzigen Ausnahmesituation<br />

einen möglichen Weiterbetrieb der<br />

deutschen Kernkraftwerke zur Sicherung der<br />

Energieversorgung mit allen Kräften zu unterstützen.<br />

08. März 2022<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Fachliche Kommentierung des Prüfvermerks der Bundesministerien durch KernD vom 15. März 2022<br />

Fachliche Kommentierung des Prüfvermerks der<br />

Bundesregierung „Prüfung des Weiterbetriebs von<br />

Atomkraftwerken aufgrund des Ukraine-Kriegs“ durch<br />

den Verband Kerntechnik Deutschland e.V.<br />

Vorwort und Vorgehensweise bei der Kommentierung<br />

Die Argumente und Aussagen der Bundesregierung zum Weiterbetrieb der restlichen, noch in Betrieb befindlichen<br />

deutschen Kernkraftwerke, veröffentlicht im gemeinsamen Prüfvermerk des Bundesministeriums<br />

für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und des Bundesministeriums für<br />

Wirtschaft und Klima vom 08.<strong>03.2022</strong>, werden im Folgenden vom Branchenverband Kerntechnik<br />

Deutschland e.V. (KernD) kommentiert und bewertet.<br />

Es wird dabei auf die einzelnen Kapitel des Regierungspapiers jeweils unter Wiedergabe der ursprünglichen<br />

Kapitel-Nummern und der Kapitel-Titel eingegangen, wobei zuerst eine inhaltliche Zusammenfassung<br />

von wesentlichen Einschätzungen und Positionen der Regierung erfolgt (in kursiver Schrift) und danach<br />

eine ausführliche Kommentierung (als solche gekennzeichnet).<br />

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KERND BRANCHENINFORMATION<br />

Ausgangslage<br />

Die Bundesregierung führt an, dass in Deutschland<br />

gegenwärtig und bis zum 31.12.2022 die Kernkraftwerke<br />

Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 in<br />

Betrieb sind, mit zusammen rund 4300 MW Leistung<br />

(brutto). Zuletzt wurden am 31.12.2021 die Kernkraftwerke<br />

Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen<br />

C abgeschaltet, die zusammen rund 4200 MW Leistung<br />

(brutto) bereitstellen konnten.<br />

Im Hinblick auf eine mögliche Gasmangellage im<br />

Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine hat sich<br />

die Bundesregierung der Frage gewidmet, ob die Kernkraftwerke<br />

weiter genutzt werden können oder sollen.<br />

Kommentar KernD:<br />

Wichtig, jedoch nicht im Papier der Bundesregierung<br />

berücksichtigt, ist die Tatsache, dass die<br />

Wertigkeit der Stromproduktion aus den KKW durch<br />

die Verfügbarkeit „rund um die Uhr“ (bis auf die<br />

Revisionszeiten) deutlich höher anzusetzen ist als<br />

eine Stromproduktion aus volatilen Quellen (d. h.<br />

aus Wind und Sonne). Letztere sind nicht grundlastfähig,<br />

Strom aus Kernenergie und Kohle indes schon.<br />

Dies ist ein sehr wichtiges Kriterium gerade bei der<br />

Bewertung in Krisensituationen. So haben die sechs<br />

Kernkraftwerke in 2021 zusammen 69,1 Milliarden<br />

Kilowattstunden Strom (brutto) erzeugt, was 11,9<br />

Prozent der deutschen Bruttostromerzeugung<br />

entsprach.<br />

Gesetzes- und Genehmigungslage<br />

Die Bundesregierung schreibt, dass für einen Weiterbtrieb<br />

der zum 31.12.2021 abgeschalteten Anlagen<br />

rechtlich Maßnahmen er<strong>for</strong>derlich wären, die einer<br />

„Neugenehmigung“ auf „EPR-Standard“ gleichkämen,<br />

die technisch-wissenschaftlich nicht<br />

erreichbar wären und die deshalb vom Bundesverfassungsgericht<br />

aufgehoben werden würden.<br />

Kommentar KernD:<br />

Solange die Genehmigung für den Rückbau nicht<br />

bei den Kernkraftwerken eingegangen ist, gilt<br />

weiterhin ausschließlich die bestehende Betriebsgenehmigung.<br />

Gemäß Atomgesetz erlischt mit den<br />

in §7 Abs 1a gesetzten Fristen nur die Berechtigung<br />

zum Leistungsbetrieb, die Betriebsgenehmigung<br />

indes ist davon nicht berührt. Tatsächlich sind die<br />

Genehmigungen aus verwaltungsrechtlicher Sicht<br />

immer noch wirksam, da das Gesetz sie nicht<br />

aussetzt. Es sollte ausreichend sein, die Enddaten<br />

des vorgenannten §7 1a zu ändern und auf die Festlegung<br />

von Reststrommengen zu verzichten. Die<br />

Genehmigungsgrundlage in Deutschland ist im<br />

Übrigen nicht der angeführte „EPR-Standard“,<br />

sondern die „Sicherheitsan<strong>for</strong>derungen an Kernkraftwerke“<br />

(SiAnf). Die SiAnf konkretisieren als<br />

Basis für wesentliche kerntechnische Änderungsverfahren<br />

und die Periodische Sicherheitsüberprüfung<br />

(PSÜ) die An<strong>for</strong>derung an die Schadensvorsorge<br />

nach Stand von Wissenschaft und Technik<br />

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KERND BRANCHENINFORMATION<br />

(W&T). Daraus lässt sich nicht ableiten, dass für<br />

einen Weiterbetrieb der zum 31.12.2021 abgeschalteten<br />

Anlagen ein wie auch immer gearteter "EPR-<br />

Standard" erfüllt werden muss. Es ist derzeit vollkommen<br />

unklar, auf welcher rechtlichen Basis die<br />

neuen “EPR-Standards” angewendet werden<br />

sollten.<br />

Die Bundesregierung macht als eine rechtliche Hürde<br />

für den Weiterbetrieb der noch laufenden Anlagen in<br />

ihrem Prüfvermerk geltend, dass nach Rechtsprechung<br />

des Europäischen Gerichtshofs auch eine<br />

gesetzliche Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken<br />

eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

(UVP) er<strong>for</strong>derlich machen<br />

würde. Als weiteres Hindernis wird das Er<strong>for</strong>dernis<br />

einer neuen, umfassenden Risiko- und Güterabwägung<br />

des Gesetzgebers hinsichtlich der Kernenergie in<br />

Änderung der entsprechenden Einschätzung nach<br />

dem Unfall von Fukushima angeführt.<br />

Kommentar KernD:<br />

Es handelt sich bei der Aufhebung der kalendermäßigen<br />

Befristung und einem möglichen Entfall der<br />

Strommengenbegrenzung um die Wiederherstellung<br />

des ursprünglichen Genehmigungszustandes.<br />

Die Anlagen könnten somit weiter betrieben<br />

werden. Erst in den Jahren 2028 und 2029 (Erreichen<br />

der so genannten "Design- Lebensdauer" von<br />

40 Jahren) wären über die periodischen<br />

Maßnahmen hinausgehende Sicherheitsanalysen<br />

durchzuführen. Die Aussage der Bundesregierung<br />

zur UVP ist nicht korrekt und beruht auf einer Fehlinterpretation<br />

der einschlägigen EuGH-Entscheidung.<br />

Der EuGH hatte zum einen über eine Verlängerung<br />

der Laufzeit um 10 Jahre zu entscheiden –<br />

was hier aktuell nicht zur Debatte steht – und zweitens<br />

eine wichtige Ausnahme für den Fall festgelegt,<br />

dass der Mitgliedstaat nachweist, dass andernfalls<br />

die Energiesicherheit gefährdet wäre. Genau<br />

eine solche Gefährdung ist aber nun der Grund, aus<br />

dem aktuell Analysen hinsichtlich eines Weiterbetriebs<br />

von Kernkraftwerken überhaupt durchgeführt<br />

werden.<br />

Die Risiko- und Güterabwägung nach dem Unfall<br />

von Fukushima basierte auf rein politischen Überlegungen.<br />

Aus technischer Sicht haben die im Nachgang<br />

zu Fukushima durchgeführten Robustheitsanalysen<br />

aufgezeigt, dass die deutschen Anlagen zu<br />

den robustesten weltweit gehören. Im Rahmen der<br />

Post-Fukushima Maßnahmen wurden zusätzliche<br />

Verbesserungen realisiert. Dadurch wird beispielsweise<br />

sichergestellt, dass bei längerfristigen Stromausfällen<br />

die Stromversorgung für die Kernkühlung<br />

für mindestens 7 Tage gewährleistet ist.<br />

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass Kernkraftwerke<br />

der neueren Bauart aufgrund ihrer massiven<br />

Stahlbetonkonstruktion die mit am besten<br />

geschützten Industrieanlagen überhaupt sind.<br />

Sicherheitsbetrachtung<br />

Die Bundesregierung verweist im Prüfvermerk<br />

darauf, dass bei den aktuell laufenden Anlagen von<br />

einer Ausnahmegenehmigung im Atomgesetz<br />

hinsichtlich der alle 10 Jahre er<strong>for</strong>derlichen PSÜ<br />

Gebrauch gemacht wurde und die Ende 2019 fälligen<br />

PSÜ deshalb nicht durchgeführt worden seien. Die<br />

Bundesregierung erklärt, dass unerkannte Sicherheitsdefizite<br />

mit Blick auf die SiAnf von 2012 (Neufassung<br />

2015) und damit auch Investitionsbedarfe in die<br />

Sicherheitstechnik nicht auszuschließen seien.<br />

Kommentar KernD:<br />

Für die noch laufenden so genannten Konvoi-<br />

Anlagen wurde noch keine PSÜ auf Basis der SiAnf<br />

durchgeführt. Dahingegen wurde für ältere<br />

Anlagen ( z. B. Brokdorf und Gundremmingen C)<br />

bereits eine PSÜ auf Basis dieser SiAnf durchgeführt.<br />

Dabei wurden keine nennenswerten Defizite identifiziert.<br />

Daher ist auch bei der Aktualisierung der<br />

PSÜ für die Konvoi-Anlagen unter Berücksichtigung<br />

der An<strong>for</strong>derungen aus den SiAnf nicht mit<br />

nennenswerten Defiziten zu rechnen. Aus diesem<br />

Grund sind auch keine daraus resultierenden<br />

längeren Stillstandsphasen für Nachrüstungen zu<br />

erwarten.<br />

Nach Abschluss der PSÜ 2009 für die Konvoi-<br />

Anlagen ergab sich in der anschließenden Dekade<br />

aufgrund des Fukushima-Ereignisses die Sondersituation<br />

der sicherheitstechnischen Nachrüstungsmaßnahmen,<br />

die mit vorlaufenden Robustheitsanalysen<br />

und Stresstests ca. 2014 abgeschlossen<br />

wurden. Daher sind entsprechende sicherheitstechnische<br />

Verbesserungen bereits realisiert und es<br />

kann bei einer nun beginnenden Sicherheitsüberprüfung<br />

gestaffelt vorgegangen werden. Die<br />

wesentlichen Ergebnisse für den Überblick des<br />

Sicherheitsniveaus können innerhalb eines Jahres<br />

vorgelegt werden. Die kerntechnische Wirtschaft<br />

steht zur<br />

Unterstützung bei der Durchführung dieser<br />

Analysen und der Umsetzung der ggf. daraus resultierenden<br />

Maßnahmen zur Verfügung.<br />

Auch die Erfahrungsauswertungen aus sonstigen<br />

nationalen und internationalen Ereignissen<br />

wurden weitergeführt und, falls er<strong>for</strong>derlich,<br />

entsprechende Optimierungen bereits vorgenommen.<br />

Das 2015 aktualisierte kerntechnische<br />

Regelwerk <strong>for</strong>dert die nach dem Stand von<br />

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Wissenschaft und Technik er<strong>for</strong>derliche Vorsorge<br />

gegen Schäden. Wie oben gezeigt, sind diese An<strong>for</strong>derungen<br />

für die hier diskutierten Anlagen erfüllt.<br />

Die SiAnf enthalten auch An<strong>for</strong>derungen an die<br />

Beherrschung auslegungsüberschreitender Ereignisse<br />

der sogenannten Sicherheitsebene 4. Auch<br />

diese An<strong>for</strong>derungen werden erfüllt. Dadurch wird<br />

ein ähnliches Sicherheitsniveau wie beim EPR<br />

erreicht.<br />

Aus Sicht von KernD kann ein Weiterbetrieb der<br />

Kernkraftwerke ohne Abstriche beim vorhandenen<br />

Sicherheitsniveau erfolgen.<br />

Technische Situation<br />

Die Bundesregierung schreibt in ihrem Prüfvermerk<br />

aufgrund einer von ihr verwendeten Definition des so<br />

genannten Streckbetriebs als zeitlicher Verschiebung<br />

der Stromproduktion durch Aussetzung des Betriebs,<br />

dass ein möglicher Weiterbetrieb der Kernkraftwerke<br />

keine zusätzlichen Strommengen bis Ende März 2023<br />

erbringen würde. Darüber hinaus macht die Bundesregierung<br />

geltend, dass frische Brennelemente frühestens<br />

zum Herbst 2023 geliefert werden könnten und<br />

führt auch die Versorgung mit Ersatzteilen als<br />

Hindernis für einen Weiterbetrieb an.<br />

Strategie könnten bereits im Winter 2022/2023<br />

signifikante zusätzliche<br />

Strommengen produziert werden. Die im Prüfvermerk<br />

der Bundesregierung erwähnten größeren<br />

Nachlademengen würden dann erst später, im<br />

Sommer 2023 er<strong>for</strong>derlich. Dies würde dann<br />

normale Zeiträume für die Beschaffung von Brennelementen<br />

ermöglichen. Die genannten Kernbeladungen<br />

würden unter Einhaltung der gegenwärtigen<br />

sicherheitstechnischen An<strong>for</strong>derungen und<br />

Rahmenbedingungen erfolgen. Insofern würde<br />

kein zusätzlicher, über den üblichen Umfang<br />

hinausgehender Prüf- und Genehmigungsaufwand<br />

er<strong>for</strong>derlich werden.<br />

Somit kann mit Sicherheit gesagt werden, dass die<br />

Brennelementbeschaffung, wenn mit der Beschaffung<br />

jetzt begonnen wird, nicht zum Engpass wird<br />

und ein unterbrechungsfreier Betrieb der KKW<br />

aufrechterhalten werden kann. Die Brennelementfertigung<br />

ist nicht abhängig von einer Versorgung<br />

aus Russland, sondern es sind entsprechende Alternativen<br />

verfügbar. Diese werden bereits genutzt.<br />

Deshalb gibt es hier keine negativen Auswirkungen<br />

aus einem möglichen Embargo für Lieferungen aus<br />

Russland.<br />

61<br />

KERND BRANCHENINFORMATION<br />

Kommentar KernD:<br />

Die Aussage hinsichtlich Streckbetrieb und zusätzlichen<br />

Strommengen ist nicht korrekt. Die Kernkraftwerke,<br />

insbesondere das Kernkraftwerk Isar 2,<br />

könnte bei vorliegender Beladung im Frühjahr 2023<br />

noch für einige Monate zusätzliche Strommengen<br />

im Streckbetrieb produzieren. Streckbetrieb<br />

bedeutet Ausnutzung von Brennstoff über das<br />

geplante Zyklusende hinaus und damit die Produktion<br />

zusätzlicher Strommengen. Zusätzlich könnte<br />

bei vorhandenem Stromüberschuss (Sonne, Wind)<br />

insbesondere in den Sommermonaten 2022 Brennstoff<br />

durch Leistungsreduktion der Kernkraftwerke<br />

eingespart und dann dadurch zusätzliche Kapazitäten<br />

für eine etwaige kritische Phase im Winter<br />

2022/23 geschaffen werden.<br />

Die kerntechnische Wirtschaft in Europa fühlt sich<br />

verpflichtet, die Elektrizitätsversorgung in Europa<br />

zu unterstützen. Dementsprechend räumt die<br />

Branche der Beschaffung von Brennelementen für<br />

die Verlängerung des Betriebs der deutschen Kernkraftwerke<br />

Priorität ein. Dies würde es ermöglichen,<br />

eine gewisse Menge an Brennelementen<br />

innerhalb einer deutlich verkürzten Vorlaufzeit<br />

unter Einhaltung der gegenwärtigen sicherheitstechnischen<br />

An<strong>for</strong>derungen zu liefern, um sie z. B.<br />

rechtzeitig für einen kurzen Zyklus im Winter<br />

2022/2023 verfügbar zu haben. Mit dieser<br />

Zum Thema Ersatzteile ist festzustellen, dass das<br />

Ersatzteilmanagement der deutschen Betreiber für<br />

den Weiterbetrieb ausreichend ist. Ersatzteile<br />

wurden nicht vernichtet, sondern von anderen<br />

Kunden des Serviceverbandes VGB <strong>Power</strong>tech<br />

übernommen und sind daher bei Bedarf weiterhin<br />

verfügbar. Die Reparaturfähigkeit ist auch für<br />

Steuerungsplatt<strong>for</strong>men und Steuerungstechnik<br />

gewährleistet, z. B. durch deutsche Betreiber selbst<br />

mit eigenen Werkstätten und durch externe<br />

Anbieter. Dies ist im Übrigen keine neue Situation<br />

für deutsche Betreiber.<br />

Die Lieferketten der maßgeblichen Kerntechnikunternehmen<br />

in Deutschland und Europa sind<br />

weiterhin etabliert, um die Bedürfnisse der deutschen<br />

Anlagen zu befriedigen. Es sei hierzu<br />

verwiesen auf die in der Bauart den deutschen<br />

Anlagen ähnlichen KKW, welche von der ehemaligen<br />

Kraftwerk Union (KWU) weltweit errichtet<br />

wurden (Angra 2, Trillo, Gösgen, Borssele). Durch<br />

ein gezieltes Obsoleszenz- management können<br />

auslaufende Produkte oder eine schrumpfende<br />

Lieferantenbasis kompensiert werden, so z. B.<br />

durch Qualifizierung neuer Lieferanten, Unterstützung<br />

bei der Querqualifizierung, Qualifizierung<br />

neuer Produkte und Nachrüstungen. Diese<br />

Lösungen stünden bei einem Weiterbetrieb auch<br />

den deutschen Anlagen zur Verfügung.<br />

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62<br />

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Personal<br />

Im Prüfvermerk der Bundesregierung wird erklärt,<br />

dass keine Personalressourcen für einen Weiterbetrieb<br />

zur Verfügung stünden und für neues Personal<br />

eine mehrjährige Fachkundeausbildung er<strong>for</strong>derlich<br />

ist.<br />

Kommentar KernD:<br />

Für einen Weiterbetrieb für kurze oder mittlere<br />

Frist kann grundsätzlich durch die Betreiber eine<br />

Abdeckung der Personalressourcen ermöglicht<br />

werden. Zusätzlich wäre eine Umschulung von<br />

Mitarbeitern anderer Standorte innerhalb eines<br />

Jahres möglich.<br />

Ggf. zusätzlich er<strong>for</strong>derliches Bedienpersonal<br />

könnte auch von Herstellerunternehmen geschult<br />

werden. Hierzu stehen Kapazitäten zur Verfügung,<br />

die für die Erstschulung des Personals für Anlagenneubauten<br />

geschaffen wurden.<br />

Aufgrund der internationalen Aktivitäten der<br />

Unternehmen für Neubau und Service steht<br />

entsprechendes Servicepersonal zur Verfügung,<br />

das dann auch für den Weiterbetrieb der deutschen<br />

Anlagen eingesetzt werden kann.<br />

Für einen – aktuell nicht zur Diskussion stehenden<br />

– Weiterbetrieb über längere Frist wäre in der Tat<br />

eine mehrjährige Fachkundeausbildung für<br />

weiteres Personal im bewährten Rahmen er<strong>for</strong>derlich,<br />

die aber unter entsprechenden Bedingungen<br />

auch wieder ermöglicht werden könnte.<br />

Wirtschaftlichkeit und<br />

Risikoverteilung<br />

Im Prüfvermerk der Bundesregierung werden neben<br />

den schon adressierten Kosten für mögliche Nachrüstmaßnahmen<br />

und Ersatzteile auch Kosten für die<br />

Entsorgung zusätzlich entstehender radioaktiver<br />

Reststoffe und der zu verlängernden Haftpflichtversicherung<br />

als mögliche Hindernisse für einen Weiterbetrieb<br />

angegeben.<br />

Kommentar KernD:<br />

Aus Sicht von KernD ergeben sich aus dem Anfall<br />

radioaktiver Reststoffe und der Haftpflichtversicherung<br />

keine nennenswerten Mehrkosten pro<br />

Betriebsjahr gegenüber dem jetzigen, wirtschaftlich<br />

durchgeführten Betrieb.<br />

Energiewirtschaftliche und<br />

klimapolitische Bewertung<br />

Hier behauptet die Bundesregierung wiederum, dass<br />

durch die Kernkraftwerke im ersten Quartal 2023<br />

keine zusätzlichen Strommengen zur Verfügung<br />

gestellt werden könnten, da diese zuvor im Sommer<br />

eingespart und durch andere Anlagen wie Gas- und<br />

Kohlekraftwerke erzeugt werden müssten. Daraus<br />

folgert die Bundesregierung, dass ein zusätzlicher<br />

Einsatz von Stein- und Braunkohlekraftwerken<br />

mögliche Engpässe infolge einer Gasmangellage im<br />

kommenden Winter ebenso abdecken könnte.<br />

Kommentar KernD:<br />

Durch zusätzlichen Streckbetrieb ab Januar 2023<br />

können zusätzliche Strommengen erzeugt werden.<br />

Im Rahmen des Lastfolgebetriebes könnte im Jahr<br />

2022 gezielt nuklearer Brennstoff in Zeiten mit<br />

hoher Solar- und Windstromerzeugung eingespart<br />

werden. Damit würde kein zusätzlicher Gasverbrauch<br />

im Sommer 2022 entstehen. Mit dem<br />

Streckbetrieb und den durch Lastfolge eingesparten<br />

Brennstoffmengen könnten im Winter 2022/2023<br />

zusätzliche Strommengen produziert und dadurch<br />

die Netze bei schwankender Solar- und Windstromversorgung<br />

stabilisiert werden. Damit könnte in<br />

dieser kritischen Zeit Gas in der Stromerzeugung in<br />

erheblichem Umfang eingespart werden, was bei<br />

den dezentralen und so genannten geschützten<br />

Verbrauchern im Wärmemarkt gar nicht möglich<br />

ist.<br />

Wenn durch die nukleare Stromerzeugung Strom<br />

aus Kohlekraftwerken ersetzt wird, wird ein erheblicher<br />

Beitrag zur Vermeidung zusätzlicher CO 2<br />

Emissionen geleistet.<br />

Außerdem wäre zu klären, ob ohne Kohleimporte<br />

aus Russland die Kapazitäten der Kohlekraftwerke<br />

alleine zur Netzstabilisierung ausreichen, wenn<br />

gleichzeitig auch keine Gaskraftwerke verfügbar<br />

sind. Überdies ist auch noch zu beachten, dass die<br />

Kohlekraftkapazitäten südlich der Mainlinie nicht<br />

groß sind und die im Zuge des Ausstiegs aus der<br />

Kernenergie zu errichtenden großen HGÜ-Stromleitungen,<br />

die Strom bzw. hier vorübergehend<br />

Kohlestrom in größerem Umfang von West- und<br />

Mitteldeutschland nach Süddeutschland transportieren<br />

könnten, noch mehrere Jahre lang nicht<br />

verfügbar sein werden.<br />

Fazit<br />

In ihrem Fazit kommt die Bundesregierung aufgrund<br />

der oben genannten Argumente und Annahmen<br />

hinsichtlich der genehmigungsrechtlichen Situation,<br />

des vermeintlichen Fehlens zusätzlicher Strommengen<br />

aufgrund ihrer Interpretation des Konzepts<br />

Streckbetrieb, der Annahmen zur Versorgung mit<br />

neuem Brennstoff, Hypothesen zu er<strong>for</strong>derlichen<br />

umfangreichen Nachrüstungen, einer erklärten<br />

möglichen Anwendbarkeit eines nicht existierenden<br />

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EPR-Standard, unterstellter Personalengpässe beim<br />

Betriebspersonal der Kraftwerke und bei den<br />

Aufsichtsbehörden sowie durch Aufwerfen verfassungsrechtlicher<br />

Zweifel an einer geänderten Abwägungsentscheidung<br />

des Gesetzgebers und der Befürchtung<br />

von Abstrichen an der Sicherheitsphilosophie zu<br />

der Auffassung, dass in einer Abwägung von Nutzen<br />

und Risiken ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke in<br />

Deutschland auch angesichts der aktuellen politischen<br />

und insbesondere Gasversorgungskrise nicht<br />

zu empfehlen sei.<br />

Die Bundesregierung führt darüber hinaus an, dass<br />

aufgrund des Mehraufwands ein Weiterbetrieb nicht<br />

nur für zwei oder drei Jahre, sondern für mindestens<br />

drei bis fünf Jahre notwendig sei, um den Aufwand<br />

wirtschaftlich zu rechtfertigen. Die Regierung unterstellt<br />

dabei, dass „bis 2028 andere Möglichkeiten zur<br />

Verfügung stehen, um eine ausreichende Stromversorgung<br />

trotz einer Gasmangellage zu gewährleisten.“<br />

Fazit von KernD:<br />

Der Branchenverband KernD hält wie oben ausgeführt<br />

die Argumente und Annahmen der Bundesregierung,<br />

die der Einschätzung zugrunde liegen,<br />

dass ein Weiterbetrieb von Kernkraftwerken in der<br />

aktuellen Situation nicht empfehlenswert sei, für<br />

nicht stichhaltig. Im Gegenteil können die Kernkraftwerke<br />

in einer Gasmangellage oder gar einer<br />

allgemeinen energiewirtschaftlichen Notlage in<br />

Deutschland mit ihrer grundlastfähigen Stromerzeugung<br />

einen entscheidenden Beitrag zur Energiesicherheit<br />

leisten, ohne unverhältnismäßigen<br />

Aufwand zu erzeugen. Die Anlagen, das Personal,<br />

das Know-how, die Lieferketten – kurzum das technisch-wirtschaftliche<br />

Gesamtsystem der<br />

Kerntechnik – sind schließlich alle noch vorhanden,<br />

anders als LNG-Terminals, zusätzliche Strom- und<br />

Gasleitungen, viele zusätzliche erneuerbare Erzeugungsanlagen<br />

oder Bezugsverträge über sehr große<br />

Mengen Flüssiggas vom umkämpften Weltmarkt.<br />

Nicht zuletzt würden die Kernkraftwerke auch im<br />

Weiterbetrieb CO 2 -armen Strom bereitstellen, der<br />

mit günstigen und stabilen Erzeugungskosten die<br />

Entwicklung am Strommarkt stabilisieren würde.<br />

Ein effektiver Beitrag der Kernenergie zur Vorbeugung<br />

oder Verhinderung einer potentiell massiven<br />

Energiekrise er<strong>for</strong>dert rasche politische Weichenstellungen,<br />

denn wenn politische Zögerlichkeit und<br />

eine offenbar aktuell von der Bundesregierung<br />

nicht erwartete Zuspitzung im Energiebereich<br />

zusammenfallen sollten, wird es für wirksame<br />

Maßnahmen hinsichtlich der Kernkraftwerke<br />

möglicherweise zu spät sein. Wie lange ein weiterer<br />

Beitrag der Kernenergie sinnvoll ist, hängt von den<br />

geopolitischen und energiewirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen ab. Die Möglichkeit eines<br />

mittel- statt nur kurzfristigen Weiterbetriebs ist<br />

aber gewiss kein Nachteil oder gar Hinderungsgrund,<br />

da etwa die Europäische Kommission jüngst<br />

angekündigt hat, mit ihrer Initiative RE<strong>Power</strong>EU<br />

auf eine Unabhängigkeit von Russland bei fossilen<br />

Energieträgern bis 2027 zu zielen.<br />

15. März 2022<br />

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Offener Brief an den Bundeskanzler von KernD vom 21. März 2022 (veröffentlicht am 23. März, inhaltliche Darstellung)<br />

Offener Brief an den Bundeskanzler der<br />

Bundesrepublik Deutschland, Herrn Olaf Scholz<br />

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,<br />

mit diesem Schreiben möchten wir, der Branchenverband Kerntechnik Deutschland e.V. (KernD), an Sie<br />

eindringlich appellieren, im Angesicht der potentiell gefährlichen Lage bei der Energieversorgung unseres<br />

Landes die aktuelle Position der Regierung betreffend Kernenergienutzung zu überdenken und alle Schritte<br />

so<strong>for</strong>t einzuleiten, um sich für eine Notsituation vorzubereiten.<br />

Um in einer weiter eskalierenden Situation als Folge des Krieges um die Ukraine, die zu Lücken in der<br />

Stromversorgung durchaus noch dieses Jahr, ungünstigstenfalls im kommenden Winter 2022/2023, führen<br />

kann, gewappnet zu sein, müssen alle verfügbaren Energiequellen genutzt werden. Bei der Stromversorgung<br />

sind dies auch zweifelsohne deutsche Kernkraftwerke, die mit ihrer Verfügbarkeit rund um die Uhr, zudem<br />

dabei auch klimaschonend, nicht nur das Stromnetz im Notfall stabilisieren, sondern auch mit ihrer<br />

Erzeugung einen nicht unerheblichen Teil des Grundlastbedarfs decken können. Kernkraftwerke können<br />

mittels eines sogenannten Streckbetriebs sowie ggf. brennstoffsparender Fahrweise in diesem Sommer<br />

dann mindestens bis nächstes Frühjahr problemlos weiterbetrieben werden. Falls gewünscht, können sie<br />

durch Nachladung mit neuen Brennelementen auch durchaus noch weitere Jahre zur Sicherheit der<br />

deutschen sowie europäischen Stromversorgung beitragen und dabei gleichzeitig die Abhängigkeit von<br />

Einfuhren fossiler Energieträger reduzieren. Diese Maßnahme könnte so<strong>for</strong>t beschlossen und kurzfristig<br />

umgesetzt werden. Anders als beispielsweise die derzeit angedachten neuen Flüssiggasterminals oder auch<br />

Zubauten an Erneuerbaren Energien mit damit verbundenem Netzausbau.<br />

Wir hatten als Industrie unser Hilfsangebot des Weiterbetriebs deutscher Kernkraftwerke bereits publik<br />

gemacht. In einem Prüfvermerk mit dem Titel "Prüfung des Weiterbetriebs von Atomkraftwerken aufgrund<br />

des Ukraine-Kriegs" hat die Bundesregierung kurz darauf der Öffentlichkeit einen Katalog von<br />

Hinderungsgründen vorgelegt, der nach unserer Ansicht vielfach fachlich nichtzutreffend ist und vor allem<br />

der derzeit kritischen Lage nicht gerecht wird. Wir haben daraufhin den Prüfvermerk eingehend<br />

kommentiert und dies veröffentlicht.<br />

Auch wenn wir alle hoffen, dass der Ukraine-Konflikt möglichst bald beigelegt werden kann, ist das aktuell<br />

nicht mehr als ein Wunsch. Und auch das Streben nach einer Reduzierung des Gasverbrauchs und der<br />

Gasimporte im Sinne des Klimaschutzes ist nicht kurzfristig zu realisieren. Solche Maßnahmen müssen<br />

unbedingt von einer sicheren und verlässlichen Energieversorgung flankiert sein.<br />

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, bitte sorgen Sie jetzt für die Grundsatzentscheidung für einen<br />

Weiterbetrieb von Kernkraftwerken zur Energiesicherung, damit die er<strong>for</strong>derlichen Maßnahmen rechtzeitig<br />

ergriffen werden können.<br />

Mit vorzüglicher Hochachtung<br />

Dr. Thomas Behringer<br />

Geschäftsführer KernD e.V.<br />

21. März 2022<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation


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Kurzanalyse von KernD vom 07. April 2022<br />

Aktuelle Relevanz der Kernkraftwerke für die<br />

Versorgungssicherheit<br />

Ausgangslage<br />

Gemäß den gesetzlichen Vorhaben werden in Deutschland Kernenergie und Kohlekraft abgeschafft, die Kernenergie<br />

bis zum 31.12.2022, die Kohle auf einem absinkenden Pfad bis aktuell 2038 oder sogar schon bis 2030. Im<br />

Gegenzug wurden aktuell noch Gaskraftwerke als „Übergangstechnologie“ zur Stützung des Netzes zugebaut, was<br />

gemäß Koalitionsvertrag der Bundesregierung auch noch deutlich erweitert und beschleunigt werden soll. Angesichts<br />

der derzeitigen Kriegssituation in der Ukraine und der potentiell kritischen, vielleicht sogar länger andauernden<br />

Energieversorgungslage in Europa ist die Machbarkeit und Sinnhaftigkeit letzteren Zieles in Frage zu stellen,<br />

zumal schon vor der jetzt aktuellen Situation das deutsche und europäische Stromnetz mehrere Male vor einem<br />

Kollaps stand und nunmehr künftig Erdgas wohl nicht mehr so planungsgemäß bzw. wie bisher zur Verfügung stehen<br />

wird. Der Politik und der Energieversorgungswirtschaft stellt sich nun die Frage, ob und in welchem Umfang<br />

bestehende konventionelle Kraftwerke die Versorgung weiter stützen und absichern müssen. Dass hierbei deutsche<br />

Kernkraftwerke eine durchaus entscheidende Rolle spielen können, sollen die folgenden Ausführungen aufzeigen.<br />

Strombedarf<br />

Ungeachtet der aktuellen potentiellen Krisensituation<br />

bleibt der Strombedarf, der in der Regel<br />

zwischen 40 und 80 Gigawatt (GW) liegt, bestehen,<br />

bzw. steigt u.a. wegen der Elektromobilität und<br />

zahlreicher Wärmepumpen in Neubauten auch<br />

noch sukzessive an. Das gilt nicht nur für den jährlichen<br />

Gesamtbedarf, sondern auch für den maximalen<br />

Strombedarf in der Stunde des Jahres mit<br />

dem höchsten Verbrauch, wie er in Analysen zur<br />

Lastdeckung unterstellt wird. In der Systemanalyse<br />

2021 der Übertragungsnetzbetreiber für<br />

2021/2022 wurde diese Höchstlast mit 87,9 GW<br />

angenommen (ohne Netzverluste auf Ebene der<br />

Übertragungsnetze in Höhe von ca. 4 Prozent). In<br />

der Grafik unten ist diese Höchstlast und die<br />

Entwicklung der installierten Nettoerzeugungsleistung<br />

konventioneller Kraftwerke gemäß Monitoringbericht<br />

2021 der Bundesnetzagentur abgebildet.<br />

Verfügbare Leistung<br />

Die Stunde mit der Höchstlast fällt dabei aufgrund der<br />

Erfahrungswerte der vergangenen Jahrzehnte auf eine<br />

frühe Abendstunde in einem Wintermonat bei kalter<br />

winterlicher Witterung, so dass die Erzeugung mittels<br />

Fotovoltaik bei null anzusetzen ist. In einer Flautensituation<br />

ist für die Windkraft maximal 5 Prozent der<br />

65<br />

KERND BRANCHENINFORMATION<br />

| Abb. 1<br />

Entwicklung konventioneller Stromerzeugung 2021 - 2023 (in Gigawatt installierter Nettoleistung, jeweils zum 1. des Jahres)<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

66<br />

KERND BRANCHENINFORMATION<br />

installierten Leistung als verfügbar anzusetzen, also<br />

rund 3,3 GW von dann rund 66 GW onshore und<br />

offshore. In Flauten kann allerdings die tatsächliche<br />

Leistung der Windkraftanlagen für signifikante Zeiträume<br />

von mehreren Tagen auch deutlich unter den<br />

Wert von 5 Prozent der installierten Leistung fallen.<br />

Laufwasserkraftwerke (5,6 GW) und Stromerzeugung<br />

mit Biomasse (7,8 GW) können grundsätzlich in<br />

vergleichbarer Weise zur Bedarfsdeckung beitragen<br />

wie konventionelle Kraftwerke, allerdings können ein<br />

Teil der Wasserkraftwerke und aktuell die meisten<br />

Biomassekraftwerke keine Systemdienstleistungen<br />

zur Stabilisierung des Stromnetzes erbringen.<br />

Wie bei allen technischen Anlagen ist auch bei Kraftwerken<br />

und sonstigen Stromerzeugern eine nicht<br />

geplante Nicht-Verfügbarkeit zu unterstellen, etwa<br />

durch Defekte oder eine geplante Nicht-Verfügbarkeit<br />

auch in den kritischen Wintermonaten, weil etwa<br />

Wartungs- oder Reparaturmaßnahmen umfangreicher<br />

Art er<strong>for</strong>derlich sind, die sich auch über den<br />

Winter erstrecken. Um dem Rechnung zu tragen, wird<br />

eine technische Nicht-Verfügbarkeit von 5 Prozent<br />

über die konventionellen Erzeugungstechnologien<br />

angenommen (vergl. VGB, UBA). Für Laufwasserkraftwerke<br />

und die Stromerzeugung mit Biomasse werden<br />

die Nicht-Verfügbarkeiten aus dem letzten Leistungsbilanzbericht<br />

der Übertragungsnetzbetreiber von<br />

2020 gemäß historischer Erfahrung angenommen,<br />

also 72 Prozent bzw. 40 Prozent. In der untenstehenden<br />

Abbildung sind diese Aspekte dargestellt.<br />

Problem Gasmangellage<br />

Wie erkennbar, ist bereits ohne Gasmangellage ab<br />

Januar 2023 der maximale Strombedarf mit innerdeutscher<br />

Erzeugung bei unveränderten<br />

Bedingungen hinsichtlich Kernenergie- und Kohleausstieg<br />

nicht mehr abgedeckt, es besteht ein<br />

Defizit von 4,9 GW. Bei einer Gasmangellage, wie<br />

sie infolge des Kriegs gegen die Ukraine und den<br />

daraus resultierenden geopolitischen und energiewirtschaftlichen<br />

Verwerfungen jederzeit denkbar<br />

ist, wie durch die Ausrufung der ersten Stufe des<br />

Notfallplans Gas durch die Bundesregierung aktuell<br />

dokumentiert, ändert sich die Lage noch einmal<br />

deutlich zum Schlechteren.<br />

Die so genannten ungekoppelten Anlagen zur<br />

ausschließlichen Stromerzeugung mit Gas und<br />

einer installierten Leistung von (aktuell) 9,4 GW<br />

(BDEW) sowie die gasbefeuerten Industriekraftwerke<br />

mit einer installierten elektrischen Leistung<br />

von 5,3 GW (BDEW) gehören, anders als die<br />

privaten Verbraucher oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen<br />

in der öffentlichen Wärmeversorgung,<br />

nicht zu den so genannten geschützten<br />

Verbrauchern im Rahmen des Notfallplans Gas. In<br />

einer Gasmangellage ist somit zu unterstellen, dass<br />

diese Anlagen nicht verfügbar sein werden.<br />

Daraus ergibt sich eine rechnerische Unterdeckung<br />

von 19,6 GW gegenüber dem Bedarf gemessen an<br />

der diesjährigen, angenommenen maximalen Last.<br />

Dies kann theoretisch durch Importe abgedeckt<br />

werden, da die physikalische Gesamtleistung aller<br />

Grenzkuppelverbindungen bei mehr als 23 GW<br />

(BNetzA) liegt. Allerdings – und abgesehen von<br />

möglichen Nicht-Verfügbarkeiten auch hier – wird von<br />

einer Gasmangellage, die von einem Importstopp oder<br />

Embargo des russischen Gasbezugs verursacht wird<br />

nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa betroffen<br />

sein, etwa auch das für die Absicherung der<br />

Stromversorgung Süddeutschlands besonders wichtige<br />

| Abb. 2<br />

Verfügbarkeit von Stromerzeugern 2023 (in Gigawatt verfügbarer Nettoleistung)<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

67<br />

| Abb. 3<br />

Verfügbarkeit von Stromerzeugern 2023 - Gasmangellage (in Gigawatt verfügbarer Nettoleistung)<br />

KERND BRANCHENINFORMATION<br />

Österreich (Gasstromerzeugung 16 Prozent, im Winter<br />

20 bis 30 Prozent; Gasimportanteil Russland: 80<br />

Prozent) oder Italien (Gasstromerzeugung 43 Prozent,<br />

Stromimport: 12 Prozent; Gasimportanteil Russland:<br />

40 Prozent) das dann ebenfalls auf erhöhte<br />

Stromimporte angewiesen sein wird.<br />

Auch ist in einer derartigen Stresssituation, die durch<br />

das von der EU geplante Kaufverbot für russische<br />

Steinkohle noch verschärft wird, nicht auszuschließen,<br />

dass die Integrität des europäischen Stromverbundes<br />

nicht aufrecht erhalten werden kann, und der Verbund<br />

in mehrere getrennte Zonen zerfällt, die dann für<br />

gewisse Zeit autark ihre Versorgung gewährleisten<br />

müssten. Im Januar 2021 ist ein solches Szenario auch<br />

ohne allgemeine Stresssituation aufgrund des Versagens<br />

von Netzkomponenten in Südosteuropa bereits<br />

eingetreten, wenn auch damals nur für kurze Zeit.<br />

Fazit<br />

Die installierte Leistung weiter betriebener Kernkraftwerke<br />

kann in einer akuten Stresssituation für die<br />

Stromversorgung den Unterschied zwischen der<br />

Aufrechterhaltung und dem Kollaps des Stromnetzes<br />

ausmachen, gerade wenn die besondere regionale<br />

Verwundbarkeit in Süddeutschland mit in Betracht<br />

gezogen wird. In solch einer Stresssituation, wenn Netzspannung<br />

UND Frequenz in den engen vorgegebenen<br />

Grenzen gehalten werden müssen, wird JEDER großtechnische<br />

nichtvolatile Stromerzeuger (und dazu<br />

gehört die Kernenergie) dringend benötigt, um das<br />

Stromnetz zu stabilisieren. Kernkraftwerke können<br />

hierbei durchaus das „Zünglein an der Waage“ sein. Es<br />

ist zur Sicherung der Stromversorgung der deutschen<br />

Bevölkerung im Krisenfall wie jetzt unverantwortbar,<br />

diese am Netz befindlichen Kraftwerke einfach abzuschalten.<br />

Zur derzeit gelegentlich aufgeworfenen Frage der<br />

Sicherheit in Konfliktfällen ist bereits länger bekannt,<br />

dass kerntechnische Anlagen zu den bestgesicherten<br />

industriellen Anlagen überhaupt gehören und deswegen<br />

einen guten Schutz etwa gegen terroristische Anschläge<br />

bieten, der auch in einem hypothetischen Fall von<br />

Kampfhandlungen im Umfeld eines Kernkraftwerks<br />

wirksam wäre. Eine etwaige Abschaltung würde wegen<br />

der an den Standorten ohnehin bestehenden oberirdischen<br />

Zwischenlager keinen wesentlichen Zugewinn an<br />

Sicherheit für den Fall eines völkerrechtswidrigen,<br />

bewussten und gezielten militärischen Angriffs mit sich<br />

bringen.<br />

Last but not least trägt ein – auch nur kurz- oder mittelfristiger<br />

– Weiterbetrieb von Kernkraftwerken in<br />

Deutschland durch seine praktisch CO2-freie Stromerzeugung<br />

auch zur Zielerreichung des Klimaschutzes<br />

bei – und dies eben ohne neue Investitionen, Genehmigungs-<br />

und Errichtungszeiten sowie Versorgungsrisiken<br />

für neue Gaskraftwerke. Die durch einen begrenzten<br />

Weiterbetrieb zusätzlich entstehenden radioaktiven<br />

Reststoffe haben verglichen mit den bestehenden Inventaren<br />

aus jahrzehntelanger Kernenergienutzung nur<br />

einen geringen Umfang.<br />

07. April 2022<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

68<br />

KTG-FACHINFO<br />

KTG-Fachinfo 11/2022 vom 08.04.2022<br />

KernD-Kurzanalyse "Aktuelle<br />

Relevanz der Kernkraftwerke für<br />

die Versorgungssicherheit"<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG.<br />

der Branchenverband Kerntechnik Deutschland e.V.<br />

(KernD) hat eine Kurzanalyse zur Relevanz des Beitrags<br />

von Kernkraftwerken zur gesicherten Leistung im Fall<br />

einer Gasmangellage erstellt und veröffentlicht. Die<br />

Analyse finden Sie auf Seite 65.<br />

Es wird aufgezeigt, wie stark die installierte Leistung<br />

konventioneller Kraftwerke gemäß der Ausstiegsplanungen<br />

aus Kernenergie und Kohle von 2021 bis 2023 absinkt,<br />

wodurch bereits ohne Gasmangellage die Spitzenlast im<br />

Stromnetz ab Januar 2023 nicht mehr im Inland gedeckt<br />

werden kann. In einer Gasmangellage kann sich diese<br />

Situation drastisch verschärfen und macht es er<strong>for</strong>derlich,<br />

alle Möglichkeiten zu nutzen, gesicherte Leistung für die<br />

Stromversorgung bereit zu stellen. Das gilt insbesondere<br />

für die auch noch beinahe CO 2 -freie Kernenergie mit<br />

ihren vorhandenen, sicher betriebenen Anlagen.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

wurde auch auf die zuvor erfolgte Kommentierung der Regierungsbewertung<br />

durch den Branchenverband KernD<br />

vom 15. März Bezug genommen.<br />

Zeitnah zur Veröffentlichung haben die Frankfurter<br />

Allgemeine Zeitung und Die Welt online zum Vorgang<br />

berichtet, die FAZ in der Printausgabe vom 24. März dann<br />

noch ausführlicher. Für einen Bericht der Bild-Zeitung vom<br />

24.<strong>03.2022</strong> äußerten sich auch u.a. der Bayerische<br />

Ministerpräsident Dr. Markus Söder sowie die Vorsitzende<br />

der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU<br />

und CSU, Gitta Connemann, zugunsten eines<br />

Weiterbetriebs von Kernkraftwerken in der durch den<br />

Ukraine-Krieg verschärften Energiekrise.<br />

Am 25. März äußerte sich ein Vertreter von KernD in einer<br />

Live-Schalte im RTL/ntv Spezial: Krieg in der Ukraine.<br />

Zudem berichteten Der Spiegel (Printausgabe 26.<strong>03.2022</strong>)<br />

und dpa über das Thema. Am 27. März erschien in der<br />

Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ein Überblicksartikel<br />

zum gesamten Sachverhalt seit den Äußerungen<br />

von Bundeswirtschaftsminister Habeck am 27. Februar.<br />

KernD adressierte ebenfalls an den Bayerischen Ministerpräsidenten<br />

Söder einen nicht-öffentlichen Brief ganz<br />

ähnlichen Inhalts unter Bezugnahme auf einige regionalspezifische<br />

Aspekte der Sicherung der Energieversorgung<br />

in Bayern.<br />

KTG-Fachinfo 10/2022 vom 28.<strong>03.2022</strong><br />

Offener Brief von Kerntechnik<br />

Deutschland an Bundeskanzler<br />

Olaf Scholz und Reaktionen darauf<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG.<br />

der Branchenverband Kerntechnik Deutschland e.V.<br />

(KernD) hat vergangene Woche mit Veröffentlichung am<br />

23. März einen Offenen Brief an Bundeskanzler Olaf<br />

Scholz zum Weiterbetrieb deutscher Kernkraftwerke zur<br />

Sicherung der Energieversorgung adressiert. Den Offenen<br />

Brief finden Sie auf Seite 64.<br />

In dem Brief wird Scholz nach der abschlägigen Bewertung<br />

eines möglichen Weiterbetriebs von Kernkraftwerken<br />

durch das Bundeswirtschafts- und das Bundesumweltministerium<br />

am 8. März gebeten, diese Position zu überdenken<br />

und zur Abwendung einer möglichen Energiekrise alle verfügbaren<br />

Energiequellen zu nutzen, sowie jetzt die Grundsatzentscheidung<br />

für einen Weiterbetrieb von Kernkraftwerken<br />

zu treffen, damit alle er<strong>for</strong>derlichen Maßnahmen<br />

dafür rechtzeitig ergriffen werden können. In dem Brief<br />

KTG-Fachinfo 09/2022 vom 15.<strong>03.2022</strong><br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

Kommentierung des Prüfvermerks<br />

der Bundesregierung durch KernD<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG.<br />

der Branchenverband Kerntechnik Deutschland e.V.<br />

(KernD) hat heute die „Fachliche Kommentierung des<br />

Prüfvermerks der Bundesregierung ‚Prüfung des Weiterbetriebs<br />

von Atomkraftwerken aufgrund des Ukraine-<br />

Kriegs‘ durch den Verband Kerntechnik Deutschland e.V.<br />

(KernD)“ veröffentlicht. Das Dokument finden Sie auf Seite<br />

59.<br />

Die langfristige französische Energiepolitik<br />

Zuvor hatten das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz,<br />

nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz<br />

(BMUV) sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und<br />

Klima (BMWK) am 08.<strong>03.2022</strong> die „Prüfung des<br />

KTG-Fachinfo


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Weiterbetriebs von Atomkraftwerken aufgrund des<br />

Ukraine-Kriegs“ veröffentlicht. (Siehe Seite 54).<br />

Als erste Reaktion darauf hat KernD am 08.<strong>03.2022</strong> die<br />

Pressemitteilung „Weiterbetrieb von deutschen Kernkraftwerken:<br />

Bundesregierung schlägt möglichen Beitrag der<br />

Kernenergie zur aktuellen Energiesicherheit leider aus“<br />

veröffentlicht. (Siehe Seite 58).<br />

Der Prüfvermerk der beiden Ministerien kann auch als<br />

Antwort der Bundesregierung auf die Stellungnahme von<br />

KernD vom 04.<strong>03.2022</strong> mit dem Titel „Aktueller Beitrag<br />

der Kernenergie zur Energiesicherheit in Deutschland“<br />

verstanden werden (siehe Seite 53). Diese Stellungnahme<br />

wurde wie auch weitere Äußerungen aus verschiedenen<br />

Unternehmen und Institutionen im Bereich der Kerntechnik<br />

durch Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister<br />

Robert Habeck am 27.02.2022 in der ARD-Sendung<br />

„Bericht aus Berlin“ veranlasst, in denen er eine Prüfung<br />

der Möglichkeit des Weiterbetriebs von Kernkraftwerken<br />

im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und der<br />

Sicherung der Energieversorgung ohne Denkverbote<br />

ankündigte und die er nicht „ideologisch abwehren“<br />

wolle.<br />

KTG-Fachinfo 08/2022 vom 03.04.2022<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

Russischer Artillerieangriff auf<br />

Kernkraftwerk Saporischschja –<br />

Anlage nun besetzt<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG.<br />

am frühen Freitagmorgen haben Einheiten der Russischen<br />

Föderation einen Angriff auf den Kernkraftwerksstandort<br />

Saporischschja unternommen. Dabei wurde der Standort<br />

auch unter Artilleriefeuer genommen, wodurch ein Hilfsanlagengebäude<br />

von Block 1 – dieser befindet sich in Revision<br />

– beschädigt sowie ein außerhalb des eigentlichen<br />

Kraftwerksgeländes befindliches Ausbildungszentrum in<br />

Brand gesetzt wurde.<br />

Nach Aussagen der ukrainischen Atomaufsichtsbehörde<br />

State <strong>Nuclear</strong> Regulatory Inspectorate of Ukraine ist die<br />

kerntechnische Sicherheit dadurch nicht in Frage gestellt<br />

worden und die sicherheitsrelevanten Komponenten sind<br />

in Betrieb. Es wurde keine erhöhte Radioaktivität festgestellt.<br />

Dies wurde von der <strong>International</strong>en Atomenergie-Organisation<br />

(IAEA) und der US-amerikanischen<br />

Energieministerin Jennifer Granholm bestätigt. Bei dem<br />

Angriff wurden nach Aussage des IAEA-Generalsekretärs,<br />

Rafael Mariano Grossi, zwei Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes<br />

des Kernkraftwerks verletzt. Grossi beklagte in<br />

einer Pressekonferenz, das mit dem Angriff das Prinzip, in<br />

einem bewaffneten Konflikt die physische Integrität von<br />

Kernkraftwerken aufrecht zu erhalten, verletzt wurde.<br />

Grossi kündigte für die kommende Woche eine von ihm<br />

persönlich angeführte Mission der IAEA nach Russland<br />

und in die Ukraine an, um sicherzustellen, dass die Prinzipien<br />

der Sicherheit von Kernkraftwerken in bewaffneten<br />

Konflikten beachtet werden. Grossi erklärte, dass der<br />

Beschuss des Kernkraftwerks von der russischen Seite<br />

ausging.<br />

Seit 06.20 Uhr Ortszeit ist das Feuer gelöscht, die Anlage<br />

ist zwischenzeitlich von den russischen Truppen besetzt<br />

worden. Zuvor waren diese in der Nacht durch von der<br />

Bevölkerung errichtete Barrieren im Ort Enerhodar durchgebrochen,<br />

die sich südostlich ans Kraftwerksgelände<br />

anschließt. Die Anlagen werden weiter von ihren ukrainischen<br />

Mitarbeitern geführt.<br />

Die Anlage in Saporoschschja ist der größte Kernkraftwerksstandort<br />

Europas mit sechs Blöcken vom Typ WWER<br />

V-320 mit insgesamt 6.000 MW installierter Bruttoleistung.<br />

Aktuell befindet sich Block 1 in Revision, die Blöcke 2 und<br />

3 wurden abgefahren, Block 4 erzeugt 690 MW (Stand<br />

07.15 Uhr Ortszeit), die Blöcke 5 und 6 befinden sich in<br />

Reserve im Betrieb mit niedriger Leistung. Die auf dem<br />

Anlagengelände befindlichen offenen Kühlbecken für<br />

abgebrannte Brennelemente hatten angesichts des<br />

Angriffs Anlass zu Besorgnis gegeben, sind aber nach<br />

Aussagen von IAEA-Generalsekretär Grossi unbeschädigt<br />

geblieben.<br />

Es bleibt festzuhalten, dass den ukrainischen Kollegen<br />

höchste Anerkennung dafür zukommt, unter kaum<br />

vorstellbar schwierigen Bedingungen die kerntechnische<br />

Sicherheit zu gewährleisten und die Stromversorgung<br />

ihres Landes aufrecht zu erhalten.<br />

KTG-Fachinfo 07/2022 vom 28.02.2022<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

Update aktuelle Entwicklungen<br />

in der Krisensituation „Ukraine“<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG,<br />

unten finden Sie einige Punkte als Aktualisierung zu den<br />

aktuellen Entwicklungen in der deutschen Diskussion zur<br />

69<br />

KTG-FACHINFO<br />

KTG-Fachinfo


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Krisensituation zwischen Russland und der Ukraine.<br />

KTG-Fachinfo 06/2022 vom 28.02.2022<br />

70<br />

KTG-FACHINFO<br />

a Energieversorger modifizieren Position zur Möglichkeit<br />

eines längeren Betriebs der Kernkraftwerke:<br />

a Ein Sprecher von E.ON äußerte gegenüber dem<br />

Handelsblatt: „In dieser Ausnahmesituation sind wir als<br />

Eon bereit, darüber zu sprechen, unter welchen technischen,<br />

organisatorischen und regulatorischen Randbedingungen<br />

eine verlängerte Nutzung des Kernkraftwerks<br />

Isar 2 möglich wäre, sofern dies seitens der<br />

Bundesregierung ausdrücklich gewünscht ist“<br />

a Eine Sprecherin von EnBW teilte mit: „Sollte es in den<br />

weiteren Entwicklungen als Folge des Kriegs in der<br />

Ukraine er<strong>for</strong>derlich sein, Maßnahmen zu prüfen, die<br />

für die Versorgungssicherheit unumgänglich sind und<br />

von diesem Pfad abweichen, werden wir mit unserer<br />

Erfahrung und unserem Know-how selbstverständlich<br />

beratend zur Seite stehen und mithelfen, alle Möglichkeiten<br />

technologieoffen auszuloten“<br />

a Bundesumweltministerin Steffi Lemke äußerte gegenüber<br />

Reuters: „Aus Sicherheitsgründen halte ich eine<br />

Laufzeitverlängerung der letzten drei Atomkraftwerke<br />

in Deutschland für nicht verantwortbar [...] Zweitens,<br />

keine weiteren Risikofaktoren und damit keine Laufzeitverlängerung“.<br />

a RWE erklärte, „ein Weiterbetrieb wäre – anders als<br />

etwa bei Kohlekraftwerken – ohne weiteres nicht<br />

machbar. Dafür gibt es extrem hohe Hürden, sowohl<br />

technisch als auch genehmigungsrechtlich“, bekundete<br />

aber Verständnis, dass die Bundesregierung alle Optionen<br />

prüfe.<br />

a Alle drei Unternehmen betonten, zum beschlossenen<br />

Ausstieg Deutschlands aus der Nutzung der Kernenergie<br />

zu stehen<br />

a Zuvor hatte der nordrhein-westfälische Wirtschaftsund<br />

Energieminister Andreas Pinkwart in einem<br />

Diskussionspapier zur Energieversorgungssicherheit für<br />

eine Beratung der Landesenergieminister ge<strong>for</strong>dert,<br />

dringend zu prüfen "ob und unter welchen Voraussetzungen<br />

die Atomkraftwerke in Deutschland<br />

befristet über das Jahr 2022 hinaus in Betrieb bleiben<br />

können". Der energiepolitische Sprecher der FDP-<br />

Bundestagsfraktion, Peter Kruse, <strong>for</strong>derte ergebnisoffen<br />

zu prüfen, welchen Beitrag die Kernkraftkapazitäten<br />

zur Versorgungssicherheit leisten könnten. Die<br />

FDP Schleswig-Holstein <strong>for</strong>derte zu prüfen, ob das<br />

Kernkraftwerk Brokdorf wieder in Betrieb genommen<br />

werden könne.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

Aktuelle Entwicklungen in der<br />

Krisensituation „Ukraine“ mit<br />

Bezug zur kerntechnischen Branche<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG,<br />

unten finden Sie einige Punkte zur aktuellen Entwicklung<br />

in der Krisensituation zwischen Russland und der Ukraine<br />

mit Bezug zur kerntechnischen Branche.<br />

a Das Bundeswirtschaftsministerium prüft eine längere<br />

Nutzung von Kohle- und Atomkraftwerken; Minister<br />

Habeck hält dies für ungeeignet, um eventuelle Lieferengpässe<br />

zu überbrücken, kündigte aber eine Prüfung<br />

ohne "Denktabus" an. Eine Vorprüfung zur<br />

Verlängerung der letzten drei Kernkraftwerke habe<br />

ergeben, dass dies kein Ausweg sei. Habeck erklärte am<br />

Sonntagabend, dass er das nicht ideologisch abwehren<br />

würde, meinte aber: "Für den Winter 2022/23 würde<br />

uns die Atomkraft nicht helfen." Er verwies darauf, dass<br />

die Vorbereitungen für die anstehenden Abschaltungen<br />

so weit <strong>for</strong>tgeschritten seien, dass die AKWs "nur unter<br />

höchsten Sicherheitsbedenken und möglicherweise mit<br />

noch nicht gesicherten Brennstoffzulieferungen" weiter<br />

betrieben werden könnten. "Und das wollen wir sicher<br />

nicht."<br />

a Zum Thema einer Verlängerung des Kernkraftwerkbetriebs<br />

erklärte ein Sprecher von E.ON bereits am Freitag:<br />

"Der Gesetzgeber hat vor Jahren entschieden, dass<br />

Kernkraft in Deutschland keine Zukunft hat. Ein Weiterbetrieb<br />

unseres Kernkraftwerks Isar 2 über den gesetzlichen<br />

Endtermin 2022 hinaus ist für uns kein Thema.<br />

Kurz vor Abschalten in Deutschland eine Debatte darüber<br />

zu starten, ist befremdlich."<br />

a Ähnlich äußerte sich RWE: "Das Thema Kernkraft ist in<br />

Deutschland vom Tisch. Kurzfristig wäre es gar nicht<br />

möglich, die Kernkraftwerke wieder hochzufahren".<br />

EnBW erklärte: "Die Frage nach der Verlängerung der<br />

Laufzeiten stellt sich für die EnBW nicht. Der Ausstieg<br />

aus der Kernenergie ist 2011 im politischen und<br />

gesellschaftlichen Konsens beschlossen worden und<br />

gesetzlich klar geregelt".<br />

a Zuvor <strong>for</strong>derten der sächsische Ministerpräsident<br />

Michael Kretschmer, die CSU-Bundestagsabgeordneten<br />

Peter Ramsauer und Max Straubinger, der Vorsitzende<br />

des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft,<br />

Markus Jerger, der frühere EU-Energiekommissar,<br />

Günther Oettinger sowie der frühere CSU-Vorsitzende<br />

Erwin Huber eine längere Laufzeit der Kernkraftwerke<br />

oder deren Prüfung (Kretschmer).<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

KTG-Fachinfo


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Wechsel beim Chefredakteur,<br />

kontinuierliche Entwicklung bei<br />

der <strong>atw</strong><br />

71<br />

NEWS<br />

In eigener Sache seien für unsere Leserschaft noch einige<br />

Worte des Herausgebers zum Wechsel an der Stelle des<br />

Chefredakteurs zum Jahresbeginn und mit effektiver<br />

Wirkung ab der Ausgabe 02/2022 nachgetragen. In erster<br />

Linie sind hier Worte des Dankes an den langjährigen,<br />

engagierten Chefredakteur und Vollblut-Kerntechniker<br />

Christopher Weßelmann zu richten. Er hat über mehr als<br />

20 Jahre, von August 2000 bis Dezember 2021, als<br />

Chefredakteur den Charakter der Zeitschrift maßgeblich<br />

und erfolgreich geprägt und diese mit seinem breiten,<br />

internationalen Netzwerk, seinen umfangreichen<br />

Fachkenntnissen, jahrelanger Branchenerfahrung und<br />

seinen persönlichen Kompetenzen bereichert. In diese<br />

Zeit fielen mit zwei Ausstiegen aus der Kernenergie, einer<br />

Teilrevision des Ausstiegs und dem Unfall von Fukushima<br />

erhebliche Veränderungen, die von außen in die Branche<br />

und damit auch in die Zeitschrift hineingewirkt haben, die<br />

sich dabei gleichzeitig kontinuierlich modernisiert und<br />

wechselnden Er<strong>for</strong>dernissen angepasst hat. Dies etwa im<br />

Hinblick auf den Vierfarbendruck oder die Umstellung zu<br />

einer primär international ausgerichteten, ausschließlich<br />

englischsprachigen Fachzeitschrift. Für die langjährige<br />

gute Zusammenarbeit und für manch andere<br />

Unterstützung in der gemeinsamen Arbeit für die<br />

Kernenergie möchten wir ihm herzlich danken. Persönlich,<br />

in seiner pointierten Art, kommentiert er das aktuelle<br />

Weltgeschehen zu den Fragen der Energieversorgung mit<br />

dem Satz: „Kernenergie – nie war sie so wertvoll wie<br />

heute!“<br />

Impressum<br />

Offizielle Mitgliederzeitschrift der Kerntechnischen Gesellschaft e. V. (KTG)<br />

Verlag<br />

INFORUM Verlags- und Verwaltungsgesellschaft mbH<br />

Berliner Straße 88A, 13467 Berlin<br />

www.nucmag.com<br />

@<strong>atw</strong>_<strong>Journal</strong><br />

@<strong>atw</strong>-international-journal-<strong>for</strong>-nuclear-power<br />

General Manager<br />

Dr. Thomas Behringer<br />

Chefredakteur<br />

Nicolas Wendler<br />

+49 172 2379184<br />

nicolas.wendler@nucmag.com<br />

Anzeigen und Abonnements<br />

info@nucmag.com<br />

Layout<br />

angstroem Design Bureau<br />

Mannheim<br />

Druckerei<br />

inpuncto:asmuth<br />

druck + medien gmbh<br />

Buschstraße 81, 53113 Bonn<br />

Redakteurin<br />

Nicole Koch<br />

+49 163 7772797<br />

nicole.koch@nucmag.com<br />

Anfang des Jahres wurde der Stab an den neuen<br />

Chefredakteur, Nicolas Wendler, übergeben, um unter den<br />

sich stetig verändernden Rahmenbedingungen die<br />

Zeitschrift weiter zu führen und als einen wesentlichen<br />

Baustein des kerntechnischen Kompetenznetzwerks in<br />

Deutschland auch für die Zeit nach dem Ende der<br />

Kernenergienutzung zu erhalten. Er ist ein Quereinsteiger,<br />

der aus einer Tätigkeit im politischen Raum im Jahr 2010<br />

zur Kerntechnik gekommen ist, diese zu seiner Sache<br />

gemacht und ihr auch in schwierigen Zeiten treu geblieben<br />

ist. Seit vielen Jahren in<strong>for</strong>mell, seit der Ausgabe Juli 2020<br />

auch als offizielles Mitglied der Redaktion hat er bei der<br />

<strong>atw</strong> bereits mitgewirkt. Mit dem aktuellen Redaktionsteam<br />

verbleibt die <strong>atw</strong> in guten Händen und wird weiter ein<br />

publizistisches Schaufenster der Kerntechnik bleiben.<br />

Dr. Thomas Behringer<br />

Preisliste<br />

Gültig seit 1. Januar 2021<br />

Erscheinungsweise 6 x im Jahr (alle 2 Monate)<br />

DE:<br />

Pro Ausgabe (inkl. USt, exkl. Versand) 32.50 €<br />

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ISSN 1431-5254<br />

News


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

VOR 66 EDITORIAL JAHREN 72<br />

Vor 66 Jahren


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

VOR 66 EDITORIAL JAHREN 73<br />

Vor 66 Jahren


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

VOR 66 EDITORIAL JAHREN 74<br />

Vor 66 Jahren


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

VOR 66 EDITORIAL JAHREN 75<br />

Vor 66 Jahren


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

KTG INSIDE 76<br />

Terminvormerkung<br />

Inside<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der Kerntechnischen Gesellschaft,<br />

auch dieses Jahr wieder werden wir zur Mitgliederversammlung der KTG einladen. Die eigentliche,<br />

verbindliche Einladung zur Mitgliederversammlung gemäß Vereinsrecht versenden wir noch an<br />

alle Mitglieder gesondert; darin enthalten sein werden dann die Tagesordnung sowie alle<br />

weiteren notwendigen Unterlagen.<br />

Nach den Höhepunkten der Coronapandemie in den beiden letzten Jahren können wir uns dieses<br />

mal erfreulicherweise wieder in alter Form treffen, d. h. zu einer echten Präsenzveranstaltung.<br />

Zudem findet seit dem Jahr 2019 nun auch endlich wieder unsere gemeinsame, d. h. zusammen<br />

mit KernD e.V. durchgeführte Fachtagung "KERNTECHNIK 2022" statt, wie bereits schon in der <strong>atw</strong><br />

angekündigt.<br />

Traditionell wird die Jahreshauptversammlung einen Tag vor der Tagung abgehalten, wobei wir<br />

Sie bitten, sich schon jetzt den Termin dafür vorzumerken:<br />

KTG-Mitgliederversammlung 2022 am 20. Juni 2022<br />

von 17:00 Uhr bis 18:30 Uhr<br />

im Tagungshotel HYPERION in Leipzig.<br />

Das Hotel befindet sich in den Promenaden des Hauptbahnhofs Leipzig;<br />

Adresse: Sachsenseite 7, 04109 Leipzig; Telefon: 0341 550020<br />

Der Eintritt zur KTG-Mitgliederversammlung ist selbstverständlich frei, die Teilnahme an der die<br />

beiden darauffolgenden Tage stattfindenden Tagung ist jedoch wie immer kostenpflichtig.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

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www.ktg.org<br />

JETZT MITGLIED WERDEN<br />

Wenn Ihnen die sachliche Auseinandersetzung mit der Kernenergie<br />

ebenso wie uns am Herzen liegt, wenn Sie Teil des kerntechnischen<br />

Netzwerkes in Deutschland werden möchten oder wenn Ihnen einfach<br />

Ihr persönliches Engagement für Ihre Überzeugungen wichtig ist, sollten<br />

Sie nicht länger zögern!<br />

Werden Sie Mitglied der KTG und steigen Sie aktiv in unser Netzwerk ein!<br />

https://www.ktg.org/ktg/faszination-kerntechnik/mitglied-werden/<br />

KTG Inside


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Inside<br />

Die KTG gratuliert an dieser Stelle unseren besonderen Jubilaren ab und in ihren „ Neunzigern“.<br />

Wir danken für die lange und treue Mitgliedschaft in der KTG und wünschen noch viele glückliche Lebensjahre.<br />

Juli 2022<br />

KTG INSIDE 77<br />

90 Jahre | 1932 27. Dr. Rainer Schwarzwälder, Glattbach<br />

90 Jahre | 1932 31. Dr. Theodor Dippel, Eggenstein-Leopoldshafen<br />

Herzlichen Glückwunsch!<br />

Die KTG gratuliert ihren Mitgliedern sehr herzlich zum Geburtstag und wünscht ihnen weiterhin alles Gute!<br />

Juni 2022<br />

55 Jahre | 1967<br />

4. Dr. Thomas Kohler, Olten<br />

55 Jahre | 1967<br />

6. Dr. Dietmar Senghaas, Heilbronn<br />

55 Jahre | 1967<br />

19. Dipl.-Ing. Nils Förtsch, Rheinzabern<br />

60 Jahre | 1962<br />

18. Frank Diercks, Hannover<br />

70 Jahre | 1952<br />

14. Dr. Peter Fritz, Weingarten<br />

74 Jahre | 1948<br />

20. Dr. Klaus Schippers, Mönchengladbach<br />

77 Jahre | 1945<br />

17. Prof. Dr. Rolf Ulrich Hauptmanns,<br />

Schönebeck (Elbe)<br />

78 Jahre | 1944<br />

8. Jürgen Fabian, Büsingen am Hochrhein<br />

78 Jahre | 1944<br />

24. Hans-Jürgen Schlesinger, Essen<br />

80 Jahre | 1942<br />

10. Ing. Wolfgang Feltes,<br />

Bergisch Gladbach<br />

81 Jahre | 1941<br />

15. Dr. Frank Depisch, Erlangen<br />

82 Jahre | 1940<br />

13. Dr. Heinz Hoffmann, Einhausen<br />

82 Jahre | 1940<br />

4. Dipl.-Phys. Hans-Peter Dyck, Forchheim<br />

83 Jahre | 1939<br />

2. Dr. Friedrich Bennewitz, Erlangen<br />

83 Jahre | 1939<br />

6. Dr. Peter Drehmann, Kornwestheim<br />

83 Jahre | 1939<br />

7. Dr. Peter Antony-Spies, Liederbach<br />

83 Jahre | 1939<br />

10. Dipl.-Ing. Reinhard Seepolt, Hamburg<br />

83 Jahre | 1939<br />

14. Dr. Gustav Meyer-Kretschmer, Jülich<br />

83 Jahre | 1939<br />

23. Dr. Rolf Krieg, Karlsruhe<br />

84 Jahre | 1938<br />

25. Dipl.-Ing. Horst Roepenack,<br />

Bruchköbel<br />

85 Jahre | 1937<br />

10. Dipl.-Phys. Reinhard Wolf,<br />

Grosskrotzenburg<br />

86 Jahre | 1936<br />

12. Dipl.-Ing. Heinz Malmström, Ahaus<br />

86 Jahre | 1936<br />

24. Dipl.-Ing. Christian-Theodor Körner,<br />

Breitenbronn<br />

86 Jahre | 1936<br />

30. Kai-Michael Pülschen, Erlangen<br />

87 Jahre | 1935<br />

8. Ing. Karl Rudolph, Wettingen<br />

87 Jahre | 1935<br />

8. Dr. Ing. Heinrich Löffler, Wennigsen<br />

87 Jahre | 1935<br />

17.Dipl.-Ing. Peter Gottlob,<br />

Stutensee-Friedrichstal<br />

88 Jahre | 1934<br />

15. Dr. Robert Hock, Dietzenbach<br />

89 Jahre | 1933<br />

12. Prof. Dr. Carsten Salander, Bad Sachsa<br />

Juli 2022<br />

60 Jahre | 1962<br />

8. Dr. rer. nat. Klaus Eberhardt, Mainz<br />

72 Jahre | 1950<br />

1. Prof. Dr. Helmut Keutner,<br />

Oberkrämer OT Schwante<br />

72 Jahre | 1950<br />

4. Dr. Gerhard Eiselt, Groß-Umstadt<br />

72 Jahre | 1950<br />

19. Dipl.-Ing. Gerhard Hanetzog, Peine<br />

73 Jahre | 1949<br />

26. Kurt Wagner, Recklinghausen<br />

74 Jahre | 1948<br />

19. Dr. Wolfgang Boeßert, Pirna<br />

75 Jahre | 1947<br />

12. Dr. Karl-Wilhelm Zerreßen,<br />

Saarlouis-Picard<br />

76 Jahre | 1946<br />

2. Dr. Walter Stach, Nürnberg<br />

76 Jahre | 1946<br />

3. Dr. Arthur Max, Gelnhausen-Hailer<br />

76 Jahre | 1946<br />

10. Dr. Hans-Joachim Ritzhaupt-Kleissl,<br />

Walldor<br />

77 Jahre | 1945<br />

13. Prof. Dr. Eckhard Rückl, Bodenwerder<br />

77 Jahre | 1945<br />

15. Walter Burchhardt, Karlsruhe<br />

78 Jahre | 1944<br />

17. Dipl.-Ing. Jürgen Krellmann,<br />

Le Puy Ste. Réparade / FR<br />

78 Jahre | 1944<br />

20. Günter Langer, Rosbach<br />

Wenn Sie künftig eine<br />

Erwähnung Ihres<br />

Geburtstages in der <strong>atw</strong><br />

wünschen, teilen Sie dies<br />

bitte der KTG-<br />

Geschäftsstelle mit.<br />

KTG Inside<br />

Lektorat:<br />

Kerntechnische<br />

Gesellschaft e. V. (KTG)<br />

Berliner Straße 88A,<br />

13467 Berlin<br />

E-Mail: info@ktg.org<br />

www.ktg.org<br />

KTG Inside


<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Shaping Tomorrow’s Energy<br />

KTG INSIDE 78<br />

79 Jahre | 1943<br />

10. Dipl.-Ing. Dieter Eder, Alzenau<br />

Protection<br />

82 Jahre | 1940<br />

86 Jahre |<br />

at<br />

1936<br />

the<br />

31. Dr. Peter Schneider-Kühnle, Worms 1. Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Börner,<br />

Weisenheim<br />

83 Jahre | 1939<br />

Speed Light<br />

10. Dr. Bernhard Steinmetz,<br />

88 Jahre | 1934<br />

Bergisch Gladbach<br />

14.Prof. Dr. Walter-H. Köhler, Wien<br />

83 Jahre | 1939<br />

23. Heinz Stahlschmidt, Erlangen<br />

84 Jahre | 1938<br />

30. Dr. Philipp Dünner, Odenthal<br />

85 Jahre | 1937<br />

6. Dipl.-Ing. Paul Börner, Steinau-Uerzell<br />

That’s 83 Jahre how | 1939 fast the technology in the Peri-D-Fence protection system<br />

26. Dipl.-Ing. Ewald Passig, Bochum<br />

can secure the perimeter at your nuclear power plant.<br />

Peri-D-Fence delivers the new standard of speed, safety and security<br />

to the nuclear industry, with patent-protected technology that detects<br />

penetration and passage at your site.<br />

This is combined with high-detection security and low rates of undesirable<br />

alarm indications Nachruf under all possible weather conditions during the year.<br />

Die Kerntechnische Gesellschaft nimmt Abschied von ihrem langjährigen Mitglied<br />

Peri-D-Fence is qualified <strong>for</strong> use at nuclear facilities in Germany<br />

and Dipl.-Ing. demonstrates Joachim its strength May in restricted space conditions. Nach der Wiedervereinigung<br />

der beiden deutschen Staaten<br />

Learn 24. Juli more 1932 in Chemnitz about Peri-D-Fence at<br />

war er im Rahmen seiner<br />

20. November 2021 Burgwedel<br />

dienstlichen Aufgaben auch an<br />

www.westinghousenuclear.com/operating-plants<br />

der Unterstützung der<br />

ostdeutschen technischen<br />

Joachim May verbrachte die ersten zehn Lebensjahre in<br />

Überwachungseinrichtungen<br />

Chemnitz. Die Familie zog danach nach Ostwestfalen und<br />

beteiligt.<br />

später nach Hannover. Er legte 1954 am humanistischen<br />

Friedrichsgymnasium in Her<strong>for</strong>d die Abiturprüfung ab.<br />

Anschließend studierte er an der Technischen Hochschule<br />

Hannover – heute „Leibniz Universität“ – Maschinenbau<br />

mit dem Schwerpunkt Verfahrenstechnik.<br />

Nach der Diplomprüfung 1961 trat er in die Dürr-Werke<br />

AG in Ratingen ein. Sein Aufgabengebiet umfasste die<br />

Konstruktion von Dampfkesseln und Müllverbrennungsanlagen.<br />

Joachim May wechselte 1967 zum Technischen<br />

Überwachungsverein Hannover – heute TÜV Nord – wo zu<br />

diesem Zeitpunkt eine Abteilung für Kerntechnik und<br />

Strahlenschutz aufgebaut wurde. Er nahm die Gelegenheit<br />

wahr, sich in dieses neue und interessante Arbeitsgebiet<br />

einzuarbeiten. In den folgenden Jahren war er an der<br />

Bauüberwachung und den anschließenden regelmäßigen<br />

Kontrollen der Kernkraftwerke Würgassen, Grohnde,<br />

Lingen und Emsland beteiligt. Mit den Jahren wuchs die<br />

Zahl der Mitarbeiter stetig, die Strukturen der Abteilung<br />

wurden spezialisierter und Joachim May übernahm die<br />

Leitung eines Teilbereichs. Mit der Zeit wuchsen aber auch<br />

Erfahrung und Kompetenz sodass Beratungsaufgaben in<br />

Ausschüssen und Seminare im Ausland hinzukamen.<br />

Ihm lag aber auch die „innere“ Wiedervereinigung nach<br />

1990 sehr am Herzen, sodass er 25 Jahre lang für eine<br />

größere Gruppe von Studienfreunden und ihre Familien<br />

einmal im Jahr einen Tagesausflug in Städte und<br />

Landschaften der neuen Bundesländer organisierte,<br />

„damit sich kennenlernen und zusammenwachsen kann,<br />

was zusammengehört“.<br />

Auch im Ruhestand blieb Joachim May weiterhin an<br />

seinem ehemaligen Arbeitsgebiet und an der technischen<br />

Entwicklung interessiert.<br />

Wir vermissen unseren Ehemann, Vater und Großvater<br />

sehr und danken der KTG für die Möglichkeit dieses<br />

Nachrufs.<br />

Im Namen der Familie<br />

Erika May<br />

KTG Inside


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