Holzforscherheft 2.0
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proHolz Steiermark (Projektleitung)<br />
info@holzmachtschule.at www.holzmachtschule.at<br />
Mag. a Petra Seebacher<br />
DI Dr. in Birgit Pudelski<br />
Veronika Peinelt, BSc<br />
Constanze Seidl, BA<br />
Philip Mlekusch, MEd<br />
Thiemo Dsubanko<br />
Markus Simon<br />
Wolf Lass<br />
Universität für Bodenkultur (Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe)<br />
Priv.-Doz. Dr. Ulrich Müller<br />
ulrich.mueller@boku.ac.at<br />
Ing. Robert Stingl<br />
robert.stingl@boku.ac.at<br />
Fachinsp. Veronika Knoblich, Bakk.techn.<br />
veronika.knoblichl@boku.ac.at<br />
Pädagogische Hochschule Steiermark<br />
HS-Prof. Mag. Dr.<br />
Erich Reichel<br />
Leiter NATech Zentrum für<br />
Didaktik der naturwissenschaftlich-technischen<br />
Bildung<br />
erich.reichel@phst.at<br />
Prof. Dipl.-Päd.<br />
Hans Eck, MA<br />
hans.eck@ainet.at<br />
HS-Prof. in Mag. a Dr. in Ingrid Krumphals<br />
Hochschulprofessorin für Fachdidaktik Physik<br />
Institut für Sekundarstufe Allgemeinbildung<br />
ingrid.krumphals@phst.at
» Was haben ein nachhaltig bewirtschafteter Wald<br />
und Holzprodukte mit dem Klimaschutz zu tun?<br />
» Warum riechen Nadelbäume so gut?<br />
» Speichert ein Baum beim Wachsen wirklich CO 2<br />
?<br />
» Kann man mit Holz Materialien schneiden?<br />
» Was hält mehr aus – Holz oder Stahl?<br />
» Wie sieht durchsichtiges Holz aus?<br />
DER ZWEITE TEIL<br />
EINER ERFOLGSGESCHICHTE<br />
Unglaubliche 20.000 Nutzer:innen haben innerhalb eines Jahres<br />
die Online-Version unseres <strong>Holzforscherheft</strong>es 1.0 durchgeblättert.<br />
Für uns von proHolz Steiermark ein großer Ansporn, an dieser<br />
Erfolgsgeschichte gemeinsam mit unseren bewährten Partnern<br />
weiterzuarbeiten.<br />
Und hier ist es: das <strong>Holzforscherheft</strong> <strong>2.0</strong> mit vielen neuen Ideen,<br />
Informationen und Experimenten. Diesmal widmen wir uns ausführlich<br />
dem Thema „Wald, Holz & Klimaschutz“, nehmen Bäume<br />
und Holz unter die Lupe, erforschen Holzeigenschaften und zeigen,<br />
wie Mathematik im Wald funktionieren kann.<br />
Wir wünschen euch auch dieses Mal wieder viel Spaß beim Lesen,<br />
Forschen und Experimentieren und freuen uns natürlich wieder<br />
auf eure Anregungen und Erfahrungsberichte (Kontaktdaten auf<br />
der Nebenseite).<br />
Euer Projektteam „<strong>Holzforscherheft</strong> <strong>2.0</strong>“<br />
PS:<br />
proHolz Steiermark erweitert laufend das kostenlose Angebot<br />
für steirische Schulen und Kindergärten – auch speziell auf das<br />
<strong>Holzforscherheft</strong> <strong>2.0</strong> abgestimmt (z.B. Verleihboxen).<br />
Nähere Informationen siehe www.holzmachtschule.at<br />
3
09 1. DER WALD IM KLIMAWANDEL – FAKT ODER FAKE?<br />
09 1.1 Ein paar Fakten vorab<br />
24 1.2 Wie viel wiegt Luft?<br />
24 Versuch: CO 2<br />
fällt ins Gewicht<br />
26 Versuch: Die Kerzentreppe<br />
28 Versuch: Echt spritzig – Pantomime mit CO 2<br />
-Effekt<br />
33 1.3 Wie können Waldflächen die<br />
Temperatur beeinflussen?<br />
34 Versuch: Albedo – Vergleich unterschiedlicher Oberflächen<br />
36 Versuch: Simulation des Treibhauseffekts<br />
38 1.4 Spielen bei der Klimaerwärmung auch Oberflächentemperaturen<br />
von Gebäuden eine Rolle?<br />
38 Versuch: Temperatur unterschiedlicher<br />
Materialoberflächen I<br />
42 Versuch: Temperatur unterschiedlicher<br />
Materialoberflächen II<br />
44 1.5 Wie funktioniert Klimaschutz<br />
durch Substitutionsprodukte aus Holz?<br />
45 Versuch: Verschiedene Fasern im Test<br />
50 Versuch: Die wunderbare Schlange aus Zellophan<br />
52 Versuch: Spielzeug aus Holz selbst bauen<br />
55 2. BÄUME – GRÜNE WUNDER<br />
ODER EINFACH PERFEKTE SYSTEME?<br />
58 2.1 Chlorophyll – der grüne Wunderstoff im Baum?<br />
58 Versuch: Chlorophyll – echt der Hammer<br />
62 Versuch: Warum sehen Blätter und Nadeln<br />
für uns Menschen grün aus?<br />
64 2.2 Warum werden die Blätter im Herbst bunt?<br />
64 Versuch: Extraktion von Chlorophyll<br />
68 Versuch: Chlorophyll unter ultraviolettem Licht<br />
69 2.3 Wie gelangt die bei der Fotosynthese erzeugte<br />
Glukose von den Blättern und Nadeln in die<br />
restlichen Teile des Baumes?<br />
69 Versuch: Blätterskelett<br />
72 2.4 Wie kommt das Wasser aus dem Boden<br />
in die Blätter und Nadeln?<br />
74 Versuch: Wie trinkt der Baum?<br />
4
78 2.5 Wald – echt „dufte“!<br />
79 Versuch: Ätherische Öle im Klassenzimmer<br />
ohne Destillation<br />
80 Versuch: Destillation von Fichtennadelöl<br />
82 2.6 Holz unter dem Mikroskop<br />
84 Versuch: Eine Baumscheibe unter der Lupe<br />
90 2.7 Holz dicht auf den Fersen<br />
90 Versuch: Dichtemessung von Holz<br />
93 3. HOLZ – TRADITIONELL UND INNOVATIV<br />
94 3.1 Bauen mit Holz<br />
95 3.2 Holz brennt sicher<br />
95 Versuch: Brandverhalten von Holz<br />
98 3.3 Holz schneidet gut ab!<br />
98 Versuch: Holz – echt schnittig!<br />
100 3.4 Holz gibt Stabilität<br />
101 Versuch: Was hält Holz im Vergleich<br />
zu Aluminium oder Stahl aus?<br />
104 Versuch: Stabilität von Holzwerkstoffen<br />
107 Versuch: Fühlbox Holzwerkstoffe<br />
108 3.5 Oberflächenbehandlung von Holz<br />
108 Versuch: Behandlung von Holz mit Lack und Wachs<br />
112 Versuch: Nachweis von Gerbsäure in Eichenholz<br />
115 4. MIT WALD & HOLZ KANNST DU IMMER RECHNEN!<br />
116 4.1 Darstellung von Längen und Flächenmaßen<br />
sowie Volumen mit Ästen oder Holzstäben<br />
123 4.2 Berechnung mit Winkelverhältnis:<br />
Wie hoch ist ein Baum?<br />
128 Wertschöpfungskette Holz<br />
133 Berufe, die mitwachsen<br />
134 Angebot von proHolz Steiermark für<br />
steirische Kindergärten und Schulen<br />
5
So arbeitest du<br />
mit diesem Heft:<br />
Am Anfang jedes Kapitels und direkt bei den einzelnen<br />
Experimenten findest du grundlegende Informationen<br />
zum jeweiligen Fachgebiet. Dieses Wissen ist notwendig,<br />
um die nachfolgenden Experimente zu verstehen.<br />
Überall, wo du einen QR-Code findest, werden online<br />
unter www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2 vertiefende<br />
Hintergrundinformationen angeboten. Dieses<br />
Online-Angebot wird laufend erweitert und adaptiert.<br />
Für einige Experimente werden Materialien benötigt,<br />
die nicht einfach z.B. in einem Baumarkt gekauft werden<br />
können (z.B. Furnier). Wendet euch als steirische<br />
Schule oder Kindergarten an das Team von proHolz<br />
Steiermark, wenn ihr nicht wisst, wie ihr zu diesen Materialien<br />
kommt (Kontakt siehe S. 2 oder Rückseite).<br />
Weiterbilden<br />
Auch für das <strong>Holzforscherheft</strong> <strong>2.0</strong> gilt:<br />
Die Experimente und das damit verbundene Wissen sind<br />
Inhalt von Fortbildungen, die an der Pädagogischen Hochschule<br />
Steiermark angeboten werden. Die aktuellen Termine<br />
findest du in PH-online bzw. unter www.holzmachtschule.at.<br />
Wenn sich mehrere Pädagog:innen in deiner<br />
Bildungseinrichtung für das Thema Wald und Holz<br />
interessieren, besteht auch die Möglichkeit, eine SCHILF<br />
oder eine SCHÜLF durchzuführen<br />
(Anfragen bitte an info@holzmachtschule.at schicken).<br />
Fragen<br />
Natürlich steht das Projektteam wieder gerne für<br />
deine Fragen und Anregungen zur Verfügung!<br />
Schreib uns einfach ein kurzes Mail oder ruf uns an<br />
und wir werden dich gerne unterstützen!<br />
6
KapiteL 1<br />
Weißt du,<br />
... was der Unterschied zwischen<br />
Wetter und Witterung ist?<br />
… was mit „Trockenstress“<br />
gemeint ist?<br />
… wie schwer<br />
1 m³ CO 2<br />
wirklich ist?<br />
... wie der Wald die Gesamt-<br />
Kohlenstoffmenge auf der<br />
Erde beeinflusst?<br />
... was mit einem Dendrometer<br />
vermessen wird?<br />
… welche Baumarten in Zukunft<br />
in unseren Wäldern wachsen werden?<br />
… wie Holzprodukte und<br />
Klimawandel zusammenhängen?<br />
7
8
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
1. Der Wald im Klimawandel-<br />
Fakt oder Fake?<br />
Fast täglich erfahren wir aus den Medien, wie sich das Ökosystem Wald und der<br />
Mensch gegenseitig beeinflussen. Die Rede ist dabei zum Beispiel von Regenwaldabholzungen,<br />
Baumpflanzaktionen, Borkenkäferbefall, „Waldbaden“ und vielem<br />
mehr. Um die komplexen Zusammenhänge zu verstehen, haben wir in diesem<br />
ersten Kapitel grundlegende Begriffe und Vorgänge zusammengefasst und einige<br />
davon anhand von Experimenten näher unter die Lupe genommen.<br />
1.1 Ein paar Fakten vorab<br />
Was ist eigentlich der Unterschied<br />
zwischen Wetter, Witterung und Klima?<br />
Als „WETTER“ (von althochdeutsch<br />
wetar =<br />
Wind) bezeichnen wir<br />
den spürbaren, kurzfristigen<br />
Zustand der<br />
Atmosphäre an einem<br />
bestimmten Ort (z.B.<br />
Sonnenschein, Bewölkung,<br />
Regen, Wind,<br />
Hitze, …).<br />
Die WITTERUNG ist das Wetterverhalten<br />
in einem bestimmten<br />
Zeitabschnitt (von mehreren<br />
Tagen bis zu einer Jahreszeit) in<br />
einem bestimmten Gebiet. Kurz<br />
gesagt ist die Witterung die regionale<br />
Auswirkung von aktuellem<br />
Wetter und lokalem Klima<br />
in Bezug auf fühlbare Wetterelemente<br />
wie Niederschlag,<br />
Temperatur, Wind, Luftdruck<br />
oder Luftfeuchtigkeit.<br />
Das KLIMA ist der mittlere<br />
Zustand der Atmosphäre an<br />
einem bestimmten Ort oder<br />
in einem bestimmten Gebiet<br />
über einen längeren Zeitraum<br />
(die definierten Zeitspannen<br />
reichen dabei von 30 Jahren<br />
bis hin zu Jahrhunderten oder<br />
Jahrtausenden). Das Klima<br />
wird wesentlich von Treibhausgasen<br />
wie Wasserdampf<br />
und CO 2<br />
(Kohlenstoffdioxid)<br />
beeinflusst.<br />
Obwohl das Klima in der Wüste trocken ist, kann das Wetter trotzdem an einigen Tagen im Jahr regnerisch sein.<br />
9
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
Wie funktioniert der Kohlenstoffkreislauf?<br />
Pflanzen nehmen durch die Fotosynthese Kohlenstoff<br />
aus der Atmosphäre in Form von Kohlenstoffdioxid<br />
(CO 2<br />
) auf und geben einen Teil<br />
davon durch die „Atmung“ wieder ab. Der andere<br />
Teil wird in Glucose (Traubenzucker) umgewandelt<br />
und in der Biomasse gespeichert.<br />
Ein Teil dieser Biomasse wird von Mikroorganismen<br />
zersetzt und unter anderem in Form<br />
von CO 2<br />
wieder an die Atmosphäre abgegeben<br />
(= Verrottung).<br />
Werden Bäume geerntet und zu Holzprodukten<br />
weiterverarbeitet, wird diese Zersetzung<br />
verhindert und der Kohlenstoff bleibt über einen<br />
längeren Zeitraum im Holz gebunden.<br />
Die nachfolgende Grafik zeigt deutlich den Einfluss des Menschen auf den<br />
weltweiten Kohlenstoffkreislauf (anthropogen = vom Menschen gemacht):<br />
ANTHROPOGENER KOHLENSTOFF-FLUSS<br />
Durch die veränderte Landnutzung,<br />
z.B. die Abholzung von Wäldern<br />
für den Ackerbau, und die<br />
verstärkte Nutzung von fossilen<br />
Energiequellen, wird mehr Kohlenstoff<br />
freigesetzt als durch die<br />
Pflanzen an Land und im Wasser<br />
aufgenommen werden kann.<br />
Deshalb steigt der CO 2<br />
-Gehalt in<br />
der Atmosphäre an.<br />
Die Kohlenstoff-Menge auf der Erde bleibt immer gleich. Wichtig für den Klimawandel<br />
ist, ob der Kohlenstoff gebunden (z.B. in Holzprodukten oder in fossilen Rohstoffen<br />
wie Erdöl oder Erdgas) oder freigesetzt (in der Atmosphäre) ist. Solange er<br />
gebunden ist, treibt er den Klimawandel nicht weiter voran. In Form von CO 2<br />
in der<br />
Atmosphäre heizt er diese als Treibhausgas aber weiter auf. Freigesetzt wird CO 2<br />
zum Beispiel bei Verbrennung oder Verrottung von Biomasse.<br />
10
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
KOMPONENTEN DES GLOBALEN KOHLENSTOFFKREISLAUFS<br />
Die weißen Pfeile in der Grafik symbolisieren den Ausstoß und die Aufnahme von CO 2<br />
im globalen<br />
Kohlenstoffkreislauf. Die Größe und Breite der Pfeile korrelieren mit der Menge des CO 2<br />
.<br />
Im Jahr 2020 sind aufgrund der Covid-19-Pandemie<br />
im Vergleich zum Vorjahr sowohl der<br />
globale Verbrauch von Primärenergie (z.B. von<br />
Wind- oder Wasserkraftwerken) um 4,3 % auf<br />
556,63 Exajoules als auch die CO 2<br />
-Emissionen<br />
um 6,3 % gesunken (auf 32 284,1 Mio. Tonnen<br />
CO 2<br />
). Das ist der niedrigste CO 2<br />
-Emissionswert<br />
seit dem 2. Weltkrieg.<br />
11
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
Wie beeinflusst der Wasserkreislauf das Klima<br />
und was haben Bäume damit zu tun?<br />
Ähnlich wie die Menge an Kohlenstoff bleibt<br />
auch die Gesamtmenge an Wasser auf der<br />
Erde bzw. in der Erdatmosphäre unverändert.<br />
Wasser verdunstet und wird über Winde und<br />
Luftmassenbewegungen über Land getragen,<br />
wo es sich in Form von Wolken ansammelt.<br />
Von dort gelangt es als Niederschlag oder<br />
Tau zurück auf die Erde. Es verdunstet teilweise<br />
wieder oder versickert im Grundwasser<br />
und gelangt über Quellen und Fließgewässer<br />
schlussendlich zurück ins Meer.<br />
Bäume und andere Pflanzen spielen in diesem<br />
Zyklus eine bedeutende Rolle: Sie nutzen das<br />
Wasser aus der Erde für das Wachstum und<br />
die Fotosynthese. Dabei transpirieren sie das<br />
Wasser in Form von Wasserdampf wieder in<br />
die Luft. Die Kombination der aktiven Transpiration<br />
der Pflanzen und der passiven Verdunstung<br />
des Bodens nennt man Evapotranspiration.<br />
DER GLOBALE WASSERHAUSHALT VON WÄLDERN<br />
Die blauen Pfeile in der Grafik symbolisieren die Wasserströme im globalen Wasserhaushalt.<br />
Die Größe und Breite der Pfeile korrelieren mit der Menge des Wassers.<br />
12
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Wie wirkt sich der Klimawandel<br />
auf den Wasserkreislauf aus?<br />
Wenn es wärmer wird, kann die Luft mehr Wasserdampf<br />
aufnehmen und halten (1°C globale<br />
Erwärmung bewirkt eine Erhöhung der Wasserdampfkapazität<br />
um 7 %). Allgemein wird<br />
auf Basis von Klimamodellen daher angenommen,<br />
dass die Klimaerwärmung eine Zunahme<br />
an Niederschlägen mit sich bringt. Faktum ist<br />
aber, dass sich die Temperaturveränderung<br />
und der damit verbundene Niederschlag regional<br />
sehr unterschiedlich auswirken: In einigen<br />
Regionen wurde der Niederschlag im 20. Jahrhundert<br />
mehr, in anderen weniger.<br />
Expert:innen gehen im 21. Jahrhundert von einer<br />
globalen Erwärmung von 2 – 3°C aus. Das<br />
bedeutet eine Erhöhung der Wasserdampfkapazität<br />
um rund 14 – 24 %. Konsequenzen für<br />
das Wettergeschehen wären unter anderem<br />
heftiger Starkregen und Überschwemmungen<br />
in niederschlagsreichen Regionen, noch mehr<br />
Dürreperioden in Trockengebieten und erhöhte<br />
Sturmgefahr (durch die höhere Verdunstung<br />
und Kondensation wird mehr latente Energie<br />
in die Stratosphäre transportiert, was Tornados<br />
und Hurrikans verursacht und verstärkt).<br />
Österreich liegt in den mittleren Breiten. Laut<br />
Klimastudien wird es bei uns im Sommer zu<br />
einer Abnahme der Niederschläge kommen.<br />
Die Zahl der klimabedingten Unwetter steigt weltweit in vielen Regionen.<br />
Was hat die Abnahme von Niederschlägen<br />
mit unserem Wald zu tun?<br />
Bäume nehmen Wasser (mit Nährstoffen) über<br />
die Wurzeln aus der Erde auf, transportieren es<br />
über die Leitungsbahnen bis in die Blätter und<br />
Nadeln, wo sie einen Teil über die Spaltöffnungen<br />
(Stomata) in Form von Wasserdampf wieder<br />
an die Atmosphäre abgeben. Diesen Vorgang<br />
nennt man Transpiration. Wenn zu wenig<br />
Niederschlag fällt, kann der Baum nicht mehr<br />
genügend Wasser aus dem Boden „saugen“.<br />
Sobald rund 40 % des Wasserspeichers aufgebraucht<br />
sind, beginnt der Baum die Spaltöffnungen<br />
zu schließen, um zu viel Verdunstung<br />
zu verhindern. Bei diesem Prozess kann es vorkommen,<br />
dass dabei die Blätter und Nadeln<br />
abgeworfen werden. Vor allem jüngere Bäume<br />
und Flachwurzler sind davon betroffen, weil<br />
ihre Wurzeln eher in der oberen (trockenen)<br />
Bodenschicht verankert sind.<br />
13
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
Aus der Praxis<br />
Um die Auswirkungen von Trockenperioden<br />
auf Bäume zu erforschen,<br />
werden zum Beispiel mit Dendrometern<br />
über einen längeren Zeitraum<br />
millimetergenaue Messungen<br />
des Stammumfanges durchgeführt.<br />
Fazit: Bei Trockenheit nimmt der<br />
Stammumfang ab – der Baum<br />
„zieht“ sich zusammen und dehnt<br />
sich erst wieder aus, wenn der Flüssigkeitshaushalt<br />
wieder hergestellt<br />
ist. Mit dem Abnehmen des Stammwachstums<br />
verringert sich auch die<br />
Klimaschutzleistung, da weniger<br />
Kohlenstoff im Baum gebunden<br />
werden kann.<br />
Was bedeutet das für den Baum bzw. den Wald?<br />
Mit durch Trockenheit beeinträchtigten Blättern<br />
und Nadeln kann der Baum nicht mehr<br />
ausreichend Fotosynthese betreiben. Das<br />
schwächt ihn und macht ihn anfälliger für<br />
Schädlinge. In der Fachsprache wird das als<br />
„Trockenstress“ bezeichnet (ähnlich, wie<br />
wenn ein Mensch großen Durst hat und keine<br />
Flüssigkeit zur Verfügung steht).<br />
Bei wärmerem Klima fühlen sich viele Schädlinge<br />
wohler und vermehren und entwickeln<br />
sich schneller. Durch längere Wärmeperioden<br />
können sie mehrere Generationen bilden. In<br />
Kombination mit Bäumen im Trockenstress<br />
können die Auswirkungen auf betroffene<br />
Waldflächen fatal sein. Besonders der Fichtenborkenkäfer<br />
stellt die heimische Forstwirtschaft<br />
immer wieder vor große Herausforderungen.<br />
14
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Die folgende Abbildung zeigt das Ergebnis<br />
einer langjährigen Untersuchung der Auswirkung<br />
von Trockenstress auf das Fraßverhalten<br />
von Borkenkäfern bei Monokulturen und<br />
Mischkulturen an mehreren Waldparzellen auf<br />
1,1 ha.<br />
Berthelot, S., Frühbrodt, T., Hajek, P., Nock, C. A., Dormann,<br />
C. F., Bauhus, J., Fründ, J. (2021): Tree diversity reduces risk<br />
of bark beetle infestation for preferred conifer species, but<br />
increases risk for less preferred hosts. In: Journal of Ecology.<br />
DOI: 10.1111/1365-2745.13672<br />
Luftaufnahme vom Baumdiversitätsexperiment IDENT bei<br />
Freiburg vor (links Jahr 2017) und nach (rechts Jahr 2018) der<br />
Trockenheit und dem Borkenkäferbefall.<br />
2017 2018<br />
Quelle: Luftaufnahmen von K. R. Kovach<br />
Viele Bäume werfen im Trockenstress ihre Blätter und Nadeln ab<br />
Viele Baumarten „heilen“ kleine Wunden mit Harz (Pech). Für die Produktion von<br />
Harz braucht der Baum Wasser. Wenn in Trockenzeiten Borkenkäfer mit ihren Fraßgängen<br />
die (Assimilat-)Leitungsbahnen des Baumes schädigen, ist er aufgrund des<br />
Wassermangels nicht mehr in der Lage, ausreichend Harz herzustellen und die Wunden<br />
zu verschließen. Somit stirbt der Baum bei starkem Käferbefall mit der Zeit ab.<br />
Was bedeutet das<br />
für uns Menschen?<br />
Wenn Bäume kein Wasser mehr verdunsten,<br />
ist die damit verbundene Kühlung nicht mehr<br />
gegeben – die Temperatur steigt weiter an.<br />
15
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
Wie reagieren Waldbesitzer:innen auf den Klimawandel?<br />
NEUE HERAUSFORDERUNGEN<br />
FÜR DIE FICHTE<br />
In Österreichs Wäldern wachsen rund 3,4 Milliarden<br />
Bäume in Form von 65 verschiedenen Waldbaumarten.<br />
Die häufigste Baumart ist die Fichte. Sie gilt als<br />
„Brotbaum“ der Forstwirtschaft, weil sie keine großen<br />
Ansprüche an den Standort stellt, schnell wächst und<br />
ihr Holz vielseitig verwendbar ist. Da sie flach (also<br />
eher an der Erdoberfläche) wurzelt, braucht sie eine<br />
gute und kontinuierliche Wasserversorgung, was bei<br />
zunehmender Trockenheit nicht mehr an allen Standorten<br />
gegeben ist.<br />
Nachdem Bäume sehr lange Wachstumsperioden<br />
(„Umtriebszeiten“) haben ist es schwierig, größere<br />
Waldflächen kurzfristig an den Klimawandel anzupassen.<br />
Bäume, die heute gepflanzt werden, werden<br />
vielleicht erst in 100 Jahren oder noch später geerntet.<br />
Welches Klima bei uns zu dieser Zeit herrschen wird,<br />
kann keiner genau vorhersagen.<br />
NEUE BAUMARTEN<br />
IN UNSEREN WÄLDERN<br />
Waldbesitzer:innen sind somit gefordert,<br />
bei Nachpflanzungen gezielt<br />
auf Baumarten zu setzen, die mit den<br />
prognostizierten Klimabedingungen<br />
möglichst gut zurecht kommen. Dazu<br />
gehören auch Baumarten, die heute<br />
noch nicht in Österreich vorkommen.<br />
Die Veränderung des Klimas bringt<br />
auch eine natürliche Änderung der<br />
Baumartenzusammensetzung mit<br />
sich. Die Forstwirtschaft kann den<br />
Wald bei diesem Prozess aber unterstützen<br />
und die Anpassung an die<br />
Klimaerwärmung durch waldbauliche<br />
Maßnahmen beschleunigen (zum Beispiel<br />
durch gezielte Aufforstung = das<br />
Pflanzen von jungen Bäumen).<br />
Waldbesitzer:innen müssen im Sinne eines „klimafitten Waldes“<br />
genau darauf achten, welche Baumarten gepflanzt werden.<br />
16
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
KLIMAMODELLE UND<br />
MÖGLICHE SZENARIEN<br />
Wie sich der Klimawandel entwickeln wird,<br />
hängt von vielen Faktoren ab. Die Frage ist<br />
vor allem, welche Maßnahmen wir Menschen<br />
ergreifen werden, um die negativen Entwicklungen<br />
zu stoppen.<br />
Um trotzdem möglichst präzise Vorhersagen<br />
treffen zu können haben Klimaforscher:innen<br />
Modelle entwickelt, die auf verschiedene<br />
Szenarien eingehen. Diese Modelle sind eine<br />
wesentliche Grundlage für die Waldbewirtschaftung.<br />
Wie wissen<br />
Waldbesitzer:innen,<br />
welche Baumarten<br />
für ihre Waldflächen<br />
geeignet sind?<br />
Welche Baumarten in den österreichischen<br />
Wäldern am besten<br />
wachsen hängt nicht nur vom Klima,<br />
sondern zum Beispiel auch<br />
von der Bodenbeschaffenheit<br />
(Geologie) ab. Forschungsinstitutionen<br />
wie das „BFW – Bundesforschungszentrum<br />
für Wald“ oder<br />
die Universität für Bodenkultur<br />
(BOKU) beschäftigen sich intensiv<br />
mit dieser Thematik. Sie entwickeln<br />
auf Basis eines großen Daten-Pools<br />
digitale Werkzeuge für<br />
Forstexpert:innen und Waldbesitzer:innen,<br />
um sie bei der Waldbewirtschaftung<br />
zu unterstützen.<br />
Die Douglasie stammt ursprünglich aus Nordamerika und gilt auch bei uns in<br />
Österreich als eine der “klimafitten“ Baumarten für zukünftige Mischwälder.<br />
17
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
STRATEGIEN FÜR EINE GEZIELTE WALDBEWIRTSCHAFTUNG (BEISPIELE):<br />
UNTERSTÜTZTE<br />
WANDERUNG<br />
Bereits existierende heimische<br />
Baumarten werden in<br />
klimatisch geeignetere Gebiete<br />
„umgesiedelt“: Dieser<br />
natürliche Prozess wird durch<br />
gezielte Aufforstung beschleunigt<br />
(das Saatgut der neuen<br />
Bäume wird speziell an die<br />
zukünftigen Klimaumstände<br />
angepasst – z.B. was die Trockenheitsresistenz<br />
betrifft).<br />
PFLANZUNG ANDERER<br />
HEIMISCHER BAUMARTEN<br />
Darunter versteht man die<br />
Pflanzung von Baumarten,<br />
die zwar in anderen Wäldern<br />
Österreichs, aber noch nicht<br />
in dem betroffenen Waldstück<br />
wachsen (zum Beispiel zur<br />
Generierung eines Mischwaldes<br />
aus einem reinen Fichtenwald).<br />
PFLANZUNG NICHT<br />
HEIMISCHER BAUMARTEN<br />
Diese Strategie wird eingesetzt,<br />
wenn heimische Baumarten an<br />
ihre Existenzgrundlage kommen.<br />
Dabei werden Baumarten<br />
gepflanzt, die in anderen Teilen<br />
der Erde unter ähnlichen Bedingungen<br />
gut wachsen.<br />
Aus der Praxis<br />
Zum Thema „klimafitter Wald“ laufen weltweit zahlreiche Forschungsprojekte. Eines davon<br />
mit steirischer Beteiligung ist „FORSITE“ bzw. die „Dynamische Waldtypisierung“. Dabei<br />
wurden in steirischen Wäldern Daten erhoben (z.B. Baumarten, Bodenbeschaffenheit/Geologie<br />
etc.) und mit aktuellen Klimadaten in Verbindung gebracht. Die Gesamtdaten fließen<br />
in eine Datenbank ein. Aus einer daraus generierten digitalen Karten können Waldbesitzer:innen<br />
ablesen, welche Baumarten für ihre Waldfläche am besten geeignet sind.<br />
18
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Wie verändert sich die Waldfläche in Österreich?<br />
Auch wenn der Klimawandel den Wald und die Waldbesitzer:innen laufend vor neue Herausforderungen<br />
stellt, wird die Waldfläche in Österreich jedes Jahr größer (Zunahme jährlich um ca.<br />
3.400 ha; entspricht rund 4.700 Fußballfeldern).<br />
Waldflächenentwicklung in Österreich<br />
Quelle: Bundesforschungszentrum für Wald,<br />
Österreichische Waldinventur - Zwischenauswertung<br />
2016/18 in BFW Praxisinformation Nr. 50 – 2019.<br />
Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum Beispiel verschiebt sich aufgrund der Klimaerwärmung die<br />
Baumgrenze im Gebirge nach oben, Almflächen und Weideflächen werden nicht mehr genutzt<br />
und wachsen zu, oder Flächen werden einfach gezielt aufgeforstet.<br />
12 %<br />
verbleiben<br />
im Wald<br />
61,5 %<br />
FAST 2/3 DER STEIERMARK<br />
SIND MIT WALD BEDECKT.<br />
Zuwachs: 8024 (1000 vfm)<br />
Nutzung: 7051 (1000 fm)<br />
Nutzungsprozent: 87,9 %<br />
+ 12,1 %<br />
88 %<br />
des Holzes<br />
werden<br />
geerntet<br />
IM STEIRISCHEN WALD<br />
WÄCHST MEHR HOLZ NACH<br />
ALS GEERNTET WIRD.<br />
Quelle: Bundesforschungszentrum für Wald, Österreichische<br />
Waldinventur - Zwischenauswertung 2016/18<br />
19
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
Welche Bedeutung haben nachhaltig bewirtschaftete<br />
Wälder und Holzprodukte für uns als Klimaschützer?<br />
Was bedeutet „nachhaltig bewirtschaftet“?<br />
In Österreich muss dafür gesorgt werden, dass für jeden geernteten Waldbaum<br />
mindestens ein neuer nachwächst. Dieses Prinzip der „Nachhaltigkeit“<br />
ist im Forstgesetzt verankert.<br />
Noch einmal kurz<br />
zusammengefasst<br />
die wichtigsten<br />
Punkte im Überblick:<br />
Bäume spenden Schatten und kühlen aufgrund von Verdunstungskälte<br />
die Luft – das kühlt die Umgebungstemperatur<br />
erheblich ab (nicht nur im Wald, sondern auch in<br />
Städten, wo wenig natürlicher Schatten gegeben ist).<br />
Bäume binden bei der Fotosynthese Kohlenstoffdioxid.<br />
Wird das Holz weiterverarbeitet (z.B. zu Häusern oder Möbeln)<br />
bleibt der Kohlenstoff so lange im Holz gebunden, bis<br />
es verrottet oder verbrennt. Das verringert den CO 2<br />
-Anteil<br />
in der Atmosphäre und entlastet das Klima.<br />
Holzprodukte aus heimischen (nachhaltig bewirtschafteten)<br />
Wäldern sind eine klimafreundliche, regionale Chance,<br />
Produkte aus umweltschädlicheren Rohstoffen zu ersetzen<br />
(Holz ist ein nachwachsender Rohstoff; mit regionalen<br />
Holzprodukten vermeiden wir lange Transportwege).<br />
Erklärung zur nebenstehenden Grafik:<br />
01_Wald nicht bewirtschaftet<br />
Wird ein Baum nicht geerntet, fällt er irgendwann um und verrottet. Dabei<br />
wird das aufgenommene und im Holz gelagerte CO 2<br />
wieder freigesetzt. Die<br />
verrottende Biomasse ist Nahrung für Bodenlebewesen und Mikroorganismen.<br />
Sie wird zu natürlichem Dünger. Das ist gut für den Wald, aber der<br />
positive Klimaeffekt ist geringer als bei der gezielten Holznutzung.<br />
02_Wald nachhaltig bewirtschaftet<br />
Wird das Holz geerntet, bleibt der Kohlenstoff auch in den Holzprodukten<br />
weiter gespeichert, sogar noch länger, wenn Produkte nach ihrer ursprünglichen<br />
Funktion noch für weitere Produkte gebraucht werden (second life).<br />
Die Verwendung von Holz ist nur dann vorteilhaft, wenn gleichzeitig ein<br />
neuer Baum für den gefällten nachgepflanzt wird und wieder CO 2<br />
aufnimmt.<br />
Äste, Nadeln, Laub etc. bleiben als Dünger im Wald. Das ist das<br />
Prinzip der nachhaltigen Forstwirtschaft.<br />
03_Produkte aus fossilen Rohstoffen<br />
Werden Produkte aus fossilen Rohstoffen<br />
hergestellt, ist das doppelt<br />
schlecht für das Klima. Bei der Produktion wird im Boden gelagertes CO 2<br />
freigesetzt und bei der Entsorgung der Produkte erneut.<br />
20
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
01<br />
Wald nicht bewirtschaftet<br />
02<br />
Wald nachhaltig bewirtschaftet<br />
03<br />
Produkte aus fossilen Rohstoffen<br />
21
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
FÜR EXPERT:INNEN:<br />
Immer wieder lesen wir in Medien, dass ein Kubikmeter Holz eine Tonne CO 2<br />
bindet.<br />
Aber wie kommt man eigentlich auf diesen Wert?<br />
Vorab: Die dabei verwendete Formel ist keine<br />
chemisch/stöchiometrisch korrekte Berechnung.<br />
Sie bezieht sich auf das so genannte<br />
„CO 2<br />
-Äquivalent“ (CO 2<br />
e oder CO 2<br />
-eq).<br />
Diese Maßeinheit wurde zur Bestimmung der<br />
Klimawirkung unterschiedlicher Treibhausgase<br />
kreiert (= der Index für die Erwärmungswirkung<br />
einer bestimmten Menge eines Treibhausgases).<br />
Holz ist ein Feststoff, in welchem Kohlenstoff<br />
durch die Fotosynthese gespeichert wurde. Das<br />
CO 2<br />
-Äquivalent bedeutet: Wenn der gesamte<br />
gespeicherte Kohlenstoff mit dem Sauerstoff<br />
der Luft zu CO 2<br />
reagieren würde, würde dabei<br />
zirka eine Tonne CO 2<br />
-Gas entstehen.<br />
Die Berechnung dazu:<br />
Holz besteht zu etwa 50 % aus Kohlenstoff (C).<br />
Wenn wir davon ausgehen, dass 1 m³ Holz 500 kg wiegt,<br />
wiegt der Kohlenstoff allein rund 250 kg.<br />
CO 2<br />
hat eine molekulare Masse von 44 g/mol,<br />
C hat eine molekulare Masse von 12 g/mol.<br />
Damit ergibt sich folgendes Verhältnis von CO 2<br />
zu C:<br />
44 g/mol / 12 g/mol = 3,67<br />
250 kg * 3,67 = 917,5 kg<br />
(annähernd eine Tonne)<br />
Bei diesen Berechnungen gehen Expert:innen von unterschiedlichen Standpunkten<br />
aus. Aber was denkt ihr? Welche Berechnung ist realistischer? Nur die Wirkung des<br />
Kohlenstoffs zu betrachten, oder die Einbindung des Kohlenstoffs im Holz mit zu berücksichtigen?<br />
Beide Seiten haben gute Argumente. Recherchiert und diskutiert sie in<br />
der Klasse.<br />
22
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
WARUM DIESE BERECHNUNG EIGENTLICH NICHT KORREKT IST:<br />
Fotosynthese:<br />
12 H 2<br />
O + 6 CO 2<br />
C 6<br />
H 12<br />
O 6<br />
+ 6 O 2<br />
+ 6 H 2<br />
O<br />
Zu beachten ist, dass der Sauerstoff in der Reaktion nicht aus dem Holz, sondern aus<br />
der Luft kommt. Deshalb darf die Masse des Sauerstoffs nicht einfach mit in die Rechnung<br />
mit einbezogen werden.<br />
Die Fotosynthese ist eine endotherme Reaktion. Sie läuft nicht spontan ab, sondern<br />
erfordert Energie. Diese erforderlichen 2870 kJ/mol stammen aus der Sonnenstrahlung.<br />
Ohne Lichtenergie ist also keine Fotosynthese möglich (siehe S. 55 Physiologie<br />
des Baumes).<br />
Der Kohlenstoff kommt aus der im Holz fixierten Glukose (C 6<br />
H 12<br />
O 6<br />
). Diese hat eine<br />
molekulare Masse von 180 g/mol. Richtigerweise muss man also die Glukose mit dem<br />
CO 2<br />
ins Massenverhältnis setzen.<br />
Abgebaut wird die Glukose unter anderem zu<br />
6 CO 2<br />
(CO 2<br />
= molekulare Masse von 44 g/mol):<br />
ALSO:<br />
C 6<br />
H 12<br />
O 6<br />
= 180 g/mol<br />
6 CO 2<br />
= 264 g/mol (entspricht 6 x 44 g/mol)<br />
6*44 g/mol / 180g/mol = 1,47<br />
Geht man davon aus, dass ein m³ Holz ca. 500 kg wiegt<br />
und die Hälfte davon aus<br />
Kohlenstoffverbindungen besteht (250 kg)<br />
sieht die Berechnung folgendermaßen aus,<br />
250 kg*1,47 = 366,67 kg<br />
Nach diesem<br />
Berechnungsschema wären<br />
in einem Kubikmeter Holz<br />
knapp 370 kg CO 2<br />
gebunden.<br />
23
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
1.2 Wie viel wiegt Luft?<br />
Egal ob 370 kg oder 1.000 kg: Wie können in einem Kubikmeter Holz hunderte<br />
Kilogramm CO 2<br />
gebunden sein? CO 2<br />
ist so etwas wie „Luft“ und „Luft“ wiegt ja<br />
eigentlich nichts, oder? Die nächsten drei Versuche beweisen das Gegenteil.<br />
CO 2<br />
fällt ins Gewicht!<br />
» 2 gleich große Luftballons<br />
(verschiedene Farben)<br />
» Sodasiphonflasche<br />
» CO 2<br />
-Kartusche<br />
» Luftpumpe oder Blasbalg<br />
» Briefwaage/Laborwaage<br />
(am besten auf mg genau)<br />
Der Inhalt der CO 2<br />
-Kartusche wird in den leeren Sodasiphon<br />
gefüllt. Ein Luftballon wird mit Hilfe des Sodasiphons<br />
mit CO 2<br />
aufgefüllt, der zweite Ballon wird<br />
mit Hilfe der Luftpumpe aufgeblasen. Beide Ballons<br />
sollen nach der Befüllung möglichst gleich groß sein.<br />
Den Luftballon unbedingt mit einer Luftpumpe<br />
oder einem Blasbalg und nicht mit dem Mund<br />
aufblasen. Mit der Atemluft gelangen Flüssigkeit<br />
und ein höherer CO 2<br />
-Anteil in den Ballon<br />
– das Versuchsergebnis wird verfälscht.<br />
Luft<br />
CO 2<br />
LUFTBALLONPUMPE<br />
SODASIPHON<br />
24
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Der Ballon mit CO 2<br />
ist deutlich schwerer. Er<br />
fällt gerader und schneller zu Boden und<br />
wiegt wesentlich mehr. Die Erklärung dazu:<br />
Wenn man Luft als Gasgemisch betrachtet<br />
und es mit reinem CO 2<br />
vergleicht, dann ist<br />
tatsächlich das CO 2<br />
deutlich schwerer oder<br />
physikalisch korrekt: dichter.<br />
Mit diesem Experiment können Schüler:innen<br />
kleine Gewichtsgrößen (g,<br />
mg) näher gebracht werden. Dabei<br />
kann auch auf Wiegetechniken eingegangen<br />
werden (z.B. was bedeutet<br />
„Tara“ bzw. „tarieren“). Was würde der<br />
Inhalt der Ballone ohne die „Hülle“<br />
wiegen?<br />
Luft<br />
CO 2<br />
Nun werden beide Ballons auf der Laborwaage abgewogen – welcher<br />
ist schwerer? Alternativ können beide Ballons aus der gleichen Höhe<br />
fallen gelassen werden. Welcher fällt schneller zu Boden?<br />
Hinweis: In einem Vakuum würden aufgrund der Erdanziehungskraft und der fehlenden Luftreibung<br />
alle Körper gleich schnell zu Boden fallen. Durch die uns umgebende Luft fällt wegen des<br />
Luftwiderstands der Körper mit höherer Masse (Luftballon mit CO 2<br />
) schneller nach unten.<br />
MESSERGEBNIS LUFT<br />
MESSERGEBNIS CO 2<br />
25
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
Die Kerzentreppe<br />
Der vorhergehende Versuch hat gezeigt, dass CO 2<br />
schwerer ist als Luft<br />
(also eine höhere Dichte als Luft hat). Diese Tatsache lässt sich anhand<br />
eines weiteren Experiments anschaulich darstellen:<br />
» durchsichtiger Behälter<br />
» ca. 15 Teelichter<br />
» Streichhölzer<br />
oder Feuerzeug<br />
» CO 2<br />
-Ballon aus dem<br />
vorhergehenden Versuch<br />
oder 1 Sodasiphon und<br />
1 CO 2<br />
-Kartusche<br />
Die Teelichter werden in Form einer „Kerzentreppe“<br />
im durchsichtigen Behälter aufgestellt (als erstes ein<br />
Teelicht, dann zwei übereinander, dann drei, dann<br />
vier etc.). Die jeweils obersten Kerzen werden angezündet.<br />
Anschließend wird vorsichtig das CO 2<br />
entweder<br />
aus dem Luftballon oder dem Sodasiphon in den<br />
Behälter entlassen.<br />
Die Kerzen löschen nacheinander<br />
von unten her aus. Das CO 2<br />
ist<br />
schwerer als Luft und verdrängt<br />
den Sauerstoff am Boden des Behälters.<br />
Die Kerzen benötigen aber<br />
Sauerstoff, um zu brennen. Wenn<br />
sich immer mehr CO 2<br />
im Behälter<br />
befindet und sich dort am Boden<br />
sammelt, erlischt eine Kerze nach<br />
der anderen. Es geht zuerst das<br />
unterste Teelicht aus, da das zugeführte<br />
Kohlenstoffdioxid langsam<br />
von unten nach oben steigt.<br />
Wird mit einem Sodasiphon CO 2<br />
in die Box entlassen, löschen die<br />
Kerzen von unten nach oben aus (Beweis: reines CO 2<br />
sinkt zu Boden –<br />
es ist schwerer als Luft).<br />
26
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Aus der Praxis<br />
Die Tatsache, dass CO 2<br />
die Flammen „erstickt“, wird<br />
beim klassischen CO 2<br />
-Löscher bei der Feuerwehr<br />
genutzt. Dieser kommt überall dort zum Einsatz, wo<br />
nicht mit Wasser gelöscht werden darf (zum Beispiel<br />
bei Fettbränden in Küchen).<br />
Eine Diskussion mit den Schüler:innen starten: CO 2<br />
ist schwerer als Luft. Sinken die<br />
schweren CO 2<br />
-Moleküle somit auch in unserer Atmosphäre zu Boden? Das würde ja<br />
bedeuten, dass wir in Abgasen ersticken würden. Faktum ist (wie die obenstehende<br />
Grafik zeigt), dass die Luft, die uns umgibt, ja keine stehende Masse ist (wenn das so<br />
wäre, hätten wir wirklich ein Problem). Sie ist dauerhaft in Bewegung (z.B. durch Winde,<br />
Turbulenzen, warme Luft die nach oben steigt etc.). Somit haben die CO 2<br />
-Moleküle<br />
in der Luft überhaupt keine Möglichkeit, sich langsam abzusetzen und auf den Erdboden<br />
zu sinken. Der Anteil der CO 2<br />
-Moleküle in der Luft ist bis in eine Höhe von fast<br />
100 Kilometer nahezu konstant.<br />
27
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
Echt spritzig!<br />
Pantomime mit CO 2<br />
-Effekt<br />
Wer nicht mit Sodasiphonflaschen und CO 2<br />
-Kartuschen arbeiten<br />
möchte, kann mit diesem Experiment beweisen,<br />
dass CO 2<br />
ein schweres Gas ist.<br />
» 1 volle Mineralwasserflasche<br />
aus Plastik (prickelnd)<br />
wahlweise 0,5 – 1,5 l<br />
» 2 Stk. Spritzen (20 ml)<br />
» 1 Stk. dünner Silikonschlauch<br />
ca. 1 m lang<br />
(z.B. aus einer Garten-<br />
Tröpfchenbewässerung)<br />
» 1 Absperrventil für den<br />
Silikonschlauch<br />
(z.B. für die Garten-<br />
Tröpfchenbewässerung)<br />
» 1 Stk. Luftballon<br />
» 2 Stk. hohe Glasgefäße<br />
(z.B. Blumenvasen – wenn<br />
möglich durchsichtig)<br />
» Blumendraht<br />
» 1 Stk. Kerze/Teelicht<br />
Die Aufzieh-Kolben werden aus den Spritzen entfernt.<br />
Anschließend wird von den beiden Spritzen<br />
jeweils das Ende mit der Andrückstelle abgeschnitten.<br />
Nun wird der Silikonschlauch ungefähr in der<br />
Mitte auseinandergeschnitten. Verbinde die beiden<br />
Schlauchstücke mit dem Ventil. Auf die anderen<br />
beiden Schlauch-Enden wird je eine Spritze (mit der<br />
Nadelöffnung) gesteckt. Über eines der beiden (abgeschnittenen)<br />
Spritzen-Enden wird der Luftballon<br />
gestülpt, das andere wird fest in den Hals der vollen<br />
Mineralwasserflasche gesteckt (funktioniert nur mit<br />
Plastik- und nicht mit Glasflaschen). Eventuell mit Isolierband<br />
fixieren.<br />
Spritzen, Schlauch, Ventil und Luftballon<br />
werden für das Experiment vorbereitet<br />
HINWEIS:<br />
Für diesen Versuch<br />
können ausschließlich<br />
Plastikflaschen<br />
(PET-Flaschen) verwendet<br />
werden, da<br />
die Öffnungen von<br />
Glasflaschen einen<br />
zu kleinen Innenradius<br />
haben und die<br />
Spritzen nicht befestigt<br />
werden können.<br />
28
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Eine Diskussion mit den Schüler:innen starten: Warum „blubbert“ das Wasser in der<br />
Mineralwasserflasche ? Was ist der Unterschied zwischen stillem und spritzigem<br />
Wasser? Welches „Gas“ befindet sich im Mineralwasser? Wie viel CO 2<br />
befindet sich in<br />
der Flasche – wie schwer könnte das im Wasser gelöste CO 2<br />
sein – hat ein Gas wie CO 2<br />
überhaupt ein „Gewicht“? Was ist vom Gewicht her leichter – ein „Sixpack“ stilles oder<br />
sprudelndes Mineralwasser?<br />
Sobald der Versuch fertig aufgebaut ist, also ein Spritzen-Ende im Luftballon und das andere in<br />
der Mineralwasserflasche steckt, kann das Ventil aufgedreht werden (das Experiment ist auch<br />
eine gute Gelegenheit, um den Begriff „Ventil“ und die damit verbundenen Funktionen zu erklären).<br />
Aufbau des Experiments<br />
29
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
NUN MÜSSEN MINDESTENS ZWEI PERSONEN ZUSAMMENARBEITEN:<br />
Eine Person nimmt das Schlauchende mit dem Luftballon und stellt sich erhöht z.B. auf einen<br />
festen Hocker, eine Trittleiter oder einen Tisch (NICHT auf einen Drehstuhl oder einen Stuhl mit<br />
Rollen!). Die zweite Person nimmt die Mineralwasserflasche und schüttelt sie kräftig.<br />
ACHTUNG:<br />
Die Spritze in der Mineralwasserflasche<br />
dabei gut festhalten, sonst gibt es eine unfreiwillige Dusche!<br />
Das von der Mineralwasserfirma<br />
hineingepumpte CO 2<br />
(ein kleiner<br />
Teil davon hat sich chemisch zu<br />
Kohlensäure verbunden) kann<br />
herausgeschüttelt werden, steigt<br />
in den Ballon hoch und bläst<br />
ihn auf. Wasser, das bei diesem<br />
Vorgang mit in den Ballon gelangt,<br />
rinnt wieder zurück in die<br />
Flasche. Hat der Ballon die gewünschte<br />
Größe erreicht, wird<br />
das Ventil im Schlauch geschlossen.<br />
Somit kann die Spritze aus<br />
der Flasche entnommen werden,<br />
ohne dass das CO 2<br />
wieder aus<br />
dem Luftballon entweicht.<br />
1. Eine Person steht<br />
erhöht und hält das<br />
Ende mit dem Luftballon,<br />
die andere Person<br />
schüttelt die Mineralwasserflasche.<br />
Wenn<br />
das meiste CO 2<br />
aus der<br />
Flasche entwichen ist,<br />
unbedingt das Wasser<br />
aus dem Luftballon<br />
über den Schlauch<br />
ablassen und anschließend<br />
das Ventil<br />
zudrehen.<br />
Im nächsten Schritt wird ein<br />
hohes, durchsichtige Gefäß benötig.<br />
Die Kerze wird mit dem<br />
Blumendraht so umwickelt, dass<br />
sie möglichst einfach zum Boden<br />
des Gefäßes und wieder heraus<br />
transportiert werden kann.<br />
Das Gefäß ist mit Luft gefüllt –<br />
das kann mit der Kerze getestet<br />
werden: Einfach die Kerze anzünden,<br />
mit der Draht-Vorrichtung<br />
vorsichtig in das Gefäß<br />
bewegen – sie brennt im Gefäß<br />
weiter. Danach die Kerze wieder<br />
aus dem Gefäß entfernen.<br />
2. Test - das Gefäß ist mit Luft gefüllt. Die<br />
brennende Kerze kann also ohne Auslöschen<br />
hinein- und hinausbewegt werden.<br />
30
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Nun kommt die vorab gebaute Luftballon-<br />
Spritze-Schlauch-Konstruktion zum Einsatz:<br />
Das Spritzen-Ende, das zuvor in der Mineralwasserflasche<br />
befestigt war, wird bodennah<br />
in das durchsichtige Gefäß gesteckt. Das Ventil<br />
wird vorsichtig geöffnet – das CO 2<br />
aus dem<br />
Luftballon strömt in das Gefäß. Bewegt man<br />
die brennende Kerze jetzt wieder in Richtung<br />
Gefäßboden, wird sie innerhalb kürzester Zeit<br />
auslöschen (Erklärungen dazu siehe vorhergehende<br />
Versuche).<br />
Und jetzt ein echtes<br />
„Experimentier-Highlight“:<br />
Das Gefäß mit dem CO 2<br />
wird genommen und<br />
der Inhalt (also das CO 2<br />
) wird vorsichtig in das<br />
zweite Gefäß geleert. Das Spannende dabei:<br />
Das CO 2<br />
ist nicht sichtbar – das Ganze wirkt<br />
wie Pantomime. Jetzt wird bei beiden Gefäßen<br />
die Brennprobe wiederholt. Nachdem Gefäß<br />
1 wieder mit Luft gefüllt ist, brennt die Kerze<br />
im Gefäß 1 weiter. Im zweiten Gefäß, das beim<br />
Umleeren mit dem durchsichtigen CO 2<br />
gefüllt<br />
wurde, erlischt die Kerze innerhalb von wenigen<br />
Sekunden.<br />
3. Das CO 2<br />
wird über den Schlauch in ein<br />
durchsichtiges Gefäß gefüllt.<br />
5. Wird das CO 2<br />
in das mit Luft gefüllte<br />
Gefäß geleert, löscht die Kerze aus.<br />
4. Wird die brennende Kerze in das mit CO 2<br />
gefüllte Gefäß bewegt, löscht sie aus.<br />
31
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
CO 2<br />
ist, wie erwähnt, schwerer als Luft. Im Ballon<br />
befindet sich das gasförmige CO 2<br />
. Ist das<br />
Ventil im Schlauch geschlossen, kann es nicht<br />
entweichen. Wird das Ventil geöffnet, strömt<br />
das CO 2<br />
durch den Druck, den der Ballon ausübt,<br />
sofort in das Glasgefäß aus. Dort verdrängt<br />
es die Luft – es sinkt zu Boden.<br />
Wird die brennende Kerze in das mit CO 2<br />
gefüllte<br />
Gefäß bewegt, erlischt sie aufgrund des<br />
Sauerstoffmangels. Das CO 2<br />
kann, obwohl es<br />
nicht sichtbar ist, in das zweite Gefäß gegossen<br />
werden. Auch hier verdrängt es die Luft, während<br />
Gefäß 1 wieder mit normaler Luft gefüllt<br />
ist. Darum brennt in Gefäß 1 die Kerze, während<br />
sie in Gefäß 2 erlischt.<br />
Dieser Effekt wird zum Beispiel in Weinkellern genützt. Hier besteht die Gefahr, dass<br />
sich geruchloses CO oder CO 2<br />
bildet und sich in den geschlossenen Räumen sammelt.<br />
Deshalb nehmen Winzer:innen immer eine Kerze mit in den Keller. Erlischt diese aufgrund<br />
des angesammelten Gases, müssen sie den Keller sofort verlassen. Auch in Bergwerken<br />
wurden lange Zeit Kerzen als Indikatoren für CO 2<br />
-Konzentrationen genützt.<br />
Gingen die Kerzen aus, mussten die Bergleute sofort aus den Stollen flüchten.<br />
Wie lange dauert es, um eine Tonne CO 2<br />
durch Bäume zu kompensieren?<br />
Pro Jahr bindet eine Buche zirka 12,5 kg CO 2<br />
– theoretisch müssten also rund 80 Buchen<br />
gepflanzt werden, um eine Tonne CO 2<br />
zu kompensieren.<br />
In der Praxis sieht es so aus, dass<br />
die Menge an gebundenem CO 2<br />
von vielen<br />
Faktoren abhängig ist (u.a. von der Baumart,<br />
vom Alter und dem Standort des Baumes).<br />
32
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
1.3 Wie können Waldflächen<br />
die Temperatur beeinflussen?<br />
Auf den letzten Seiten haben wir uns intensiv mit den Themen Wasser- und<br />
CO 2<br />
-Kreislauf und den damit verbundenen Auswirkungen auf Bäume und Waldflächen<br />
auseinandergesetzt. Aber was passiert konkret, wenn die Waldflächen<br />
weniger werden und die Bodenversiegelung zunimmt? Wie wird die Temperatur<br />
der Erdatmosphäre davon beeinflusst?<br />
Was ist die Albedo und wie wirkt sie sich<br />
auf die Temperatur aus?<br />
Die „Albedo“ ist ein Rückstrahlkoeffizient, welcher<br />
sich aufgrund von Oberflächenfarben ergibt.<br />
Kurz gesagt: Je heller ein Körper ist, desto<br />
größer ist die Albedo. Helle Oberflächen reflektieren<br />
mehr Sonnenstrahlung – diese reflektierte<br />
Strahlung steht für die Erwärmung<br />
der Oberfläche bzw. des Körpers nicht zur Verfügung.<br />
Der Rest der Strahlung wird von der<br />
Oberfläche absorbiert (aufgenommen) und<br />
erwärmt ihn. Der Albedo-Wert bewegt sich<br />
in einem Bereich von 0 – 1, wobei 0 eine geringe<br />
Rückstrahlung (z.B. 0,15 Asphalt) und 1<br />
eine hohe Rückstrahlung (z.B. 0,9 Neuschnee)<br />
bedeutet. Somit kann man davon ausgehen,<br />
dass sich Neuschnee langsamer erwärmt und<br />
weniger Wärme zurückstrahlt als eine Asphaltoberfläche.<br />
Dieser Wert kann auch in Prozent<br />
angegeben werden (z.B. 40 % entspricht 0,4).<br />
Die Abbildung zeigt durchschnittliche Albedowerte von unterschiedlichen Oberflächen in %.<br />
Je nach Färbung und Verschmutzungsgrad variieren diese Werte.<br />
33
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
Albedo - Vergleich<br />
unterschiedlicher Oberflächen<br />
Wenn dunkle Oberflächen sich stark aufheizen, warum ist es im<br />
Sommer im dunklen Wald trotzdem kühler als am asphaltierten<br />
Parkplatz? Schauen wir uns die Vorgänge anhand eines Experiments<br />
an (Versuche inspiriert von: Scorza, C. et.al. (2019). Der Klimawandel:<br />
Verstehen und Handeln. München: Fakultät für Physik LMU):<br />
» 4 durchsichtige Behälter (ungefähre<br />
Maße: L: 37 cm, B: 26 cm, H: 17 cm)<br />
» schwarzes Tonpapier<br />
(ca. 32 cm x 20 cm – muss in den<br />
durchsichtigen Behälter passen)<br />
» Blumenerde<br />
» feuchter Waldboden<br />
mit Waldpflanzen/Moos<br />
» Halogenstrahler (kein LED-Strahler<br />
er muss Wärme abgeben) mit Stativ<br />
» Grillthermometer mit 4 Messfühlern<br />
und/oder Laserthermometer<br />
» Wärmebildkamera<br />
» Wasser (zum Gießen)<br />
Vorbereitung der Behälter: In Behälter eins<br />
wird ein „Waldbiotop“ angepflanzt (feuchter<br />
Waldboden evt. mit dunklem Moos, kleinen<br />
Bäumchen/Zweigen, Waldklee oder sonstigen<br />
„typischen“ Waldpflanzen – am besten direkt<br />
aus dem Wald in den Behälter geben). In Behälter<br />
zwei wird der Boden mit Blumenerde<br />
bedeckt und angegossen, sodass die Erde gut<br />
feucht ist. In Behälter drei wird der Boden mit<br />
trockener Erde bedeckt. In die vierte Kiste wird<br />
das schwarze Tonpapier gelegt.<br />
Optimal ist ein<br />
Grillthermometer<br />
mit vier Fühlern<br />
Das Thermometer zeigt die verschiedenen<br />
Oberflächentemperaturen bei<br />
Raumtemperatur an. Das Waldbiotop<br />
und die Erde wurden mit frischem<br />
Wasser befeuchtet. Am heißesten ist die<br />
simulierte Asphaltfläche (Tonpapier),<br />
am kühlsten das Waldbiotop.<br />
34
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Der Halogenscheinwerfer wird aufgebaut und eingeschaltet. Die vier Behälter werden so aufgestellt,<br />
dass alle gleich viel Wärmestrahlung vom Halogenscheinwerfer abbekommen. Die Messfühler<br />
des Grillthermometers werden in allen 4 Kisten platziert (immer möglichst an der identen<br />
Stelle). Den Strahler mindestens 30 Minuten laufen lassen, sodass sich die unterschiedlichen<br />
Oberflächen erwärmen können. Nach rund einer halben Stunde werden die Temperaturen aller<br />
vier Oberflächen gemessen und mit der Wärmebildkamera überprüft.<br />
Schüler:innen vor der Durchführung des Experiments raten lassen, welche<br />
Oberfläche am kühlsten bleibt und warum.<br />
Auch die Wärmebildkamera beweist: Die Oberfläche des Waldbiotops heizt sich<br />
bei der Bestrahlung mit dem Scheinwerfer am wenigsten auf.<br />
Nach 30 Minuten Bestrahlung durch den Halogenscheinwerfer haben sich die Oberflächen ganz<br />
unterschiedlich erhitzt. Am heißesten ist das schwarze Tonpapier, das eine asphaltierte Fläche<br />
simulieren soll. Schwarze Oberflächen absorbieren Strahlung und geben diese als langwellige<br />
Wärmestrahlung wieder ab.<br />
An nächster Stelle steht die dunkle, trockene Erde. Die Erde liegt locker mit einigen Lufträumen<br />
im Behälter. Luft überträgt Wärme schlecht, also ist die trockene Erde kühler als das Tonpapier.<br />
An dritter Stelle kommt die nasse Erde. Wasser absorbiert einen Teil der Strahlung und erwärmt<br />
sich deutlich langsamer als Feststoffe.<br />
Daher gibt nasse Erde weniger langwellige Wärmestrahlung ab als trockene Erde.<br />
Am kühlsten ist das Waldbiotop. Bei Bestrahlung und genügend Feuchtigkeit betreiben die<br />
Pflanzen Fotosynthese. Die Energie aus der Strahlung wird absorbiert und in die Umwandlung<br />
von H 2<br />
O und CO 2<br />
zu Zucker und Sauerstoff investiert. Die Pflanzen verdunsten zusätzlich Wasser,<br />
was einen weiteren Kühleffekt zur Folge hat. Fazit: Obwohl die Oberfläche des Waldbiotops<br />
sehr dunkel ist, gibt sie kaum Wärmestrahlung ab.<br />
35
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
Simulation des Treibhauseffekts<br />
Die befüllten Behälter aus dem vorhergehenden Versuch<br />
können für ein weiteres Experiment eingesetzt werden.<br />
Dabei wird der Treibhauseffekt simuliert:<br />
» Versuchsaufbau wie bei<br />
Versuch „Albedo“<br />
beschrieben<br />
» Frischhaltefolie<br />
» Sodasiphon<br />
» CO 2<br />
-Kartusche<br />
Die vier Behälter werden mit Frischhaltefolie<br />
abgedeckt und einige Minuten<br />
mit dem Halogenscheinwerfer<br />
bestrahlt. In den Behälter mit<br />
dem schwarzen Tonpapier wird mit<br />
dem Sodasiphon und der CO 2<br />
-Kartusche<br />
CO 2<br />
eingeleitet. Die Temperatur<br />
in den Behältern wird genau<br />
beobachtet.<br />
Hinweis:<br />
Es ist wichtig alle Behälter zu bedecken,<br />
da bereits die Folie einen<br />
Effekt auf die Temperatur hat. Um<br />
den Treibhauseffekt des CO 2<br />
beobachten<br />
zu können und nicht den<br />
der Folie, muss die „Asphaltkiste“<br />
mit den bedeckten Behältern verglichen<br />
werden.<br />
1: trockene Erde; 2: nasse Erde<br />
3: Asphalt mit CO 2<br />
; 4: Waldbiotop<br />
36
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Die Temperatur im Behälter mit dem schwarzen<br />
Tonpapier, welches eine Asphaltfläche<br />
simuliert, steigt nach Einleitung des Treibhausgases<br />
CO 2<br />
stark an. Das Tonpapier erhitzt<br />
sich durch die Wärmeeinstrahlung, da dunkle<br />
Oberflächen Strahlung absorbieren und in<br />
Form von langwelliger Wärmestrahlung wieder<br />
abgeben. Die Luft im verschlossenen Behälter<br />
wurde durch das zugegebene CO 2<br />
nahezu völlig<br />
verdrängt. Die CO 2<br />
-Moleküle in der Luft werden<br />
durch die langwellige Wärmestrahlung,<br />
die vom Tonpapier ausgeht, zur Schwingung<br />
angeregt. Die schwingenden Moleküle geben<br />
ihrerseits die Schwingungsenergie wieder als<br />
langwellige Wärmestrahlung zurück zum Tonpapier.<br />
Dadurch erhitzt sich dieses immer<br />
weiter. Wir haben eine Simulation des Treibhauseffektes.<br />
Theoretisch ist mit diesem Experiment<br />
ein Temperaturanstieg um bis zu 15 °C<br />
möglich.<br />
Da CO 2<br />
schwerer ist als Luft (siehe S. 24 f), ist<br />
die Frischhaltefolie nicht zwingend notwendig.<br />
Sie soll nur Luftverwirbelungen und damit das<br />
vorzeitige Austreten des CO 2<br />
aus dem Behälter<br />
verhindern.<br />
Eine genaue Erklärung, wie der Treibhauseffekt<br />
funktioniert, steht in vielen<br />
Lehrbüchern und im Internet – hier noch<br />
einmal eine kurze Zusammenfassung:<br />
Die Sonnenstrahlung trifft auf die Erde, die<br />
sich dadurch erwärmt. Die Strahlung wird<br />
von der Erde teilweise in die Atmosphäre<br />
„zurückgeworfen“ (reflektiert und teilweise<br />
als Wärmestrahlung wieder abgegeben).<br />
Die Treibhausgase (u.a. CO 2<br />
) hindern diese<br />
Wärmestrahlung daran, ins Weltall zu<br />
gelangen (ähnlich wie die Glasfenster in<br />
einem Treibhaus). Ein Teil der Wärmestrahlung<br />
wird somit zur Erde zurückgeschickt.<br />
Das nennen wir den „natürlichen<br />
Treibhauseffekt“. Ohne diesen natürlichen<br />
Treibhauseffekt würde die Temperatur auf<br />
unserer Erde dauerhaft im Minusbereich<br />
liegen).<br />
Wenn sich aber zu viel Treibhausgas (z.B.<br />
CO 2<br />
) in der Atmosphäre befindet (also zu<br />
viel Wärmestrahlung zur Erde zurückgeschickt<br />
wird), erwärmt sich die Erde mehr<br />
als durch den natürlichen Treibhauseffekt.<br />
Der Klimawandel nimmt seinen Lauf.<br />
37
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
1.4 Spielen bei der Klimaerwärmung<br />
auch Oberflächentemperaturen<br />
von Gebäuden eine Rolle?<br />
Vor allem in Städten ist die Hitzeentwicklung im Sommer eine große Herausforderung.<br />
Die starke Bestrahlung von Gebäuden und anderen Beton- bzw.<br />
Asphaltflächen durch Sonnenlicht in Kombination mit geringer Luftbewegung<br />
und geringer Abkühlung in der Nacht heizen Oberflächen extrem auf. Einen weiteren<br />
Einfluss darauf haben unter anderem die hohe Schadstoffkonzentration,<br />
die geringere Verdunstung der versiegelten Oberflächen<br />
und die fehlende Vegetation (siehe S. 34 ff).<br />
Dieses Phänomen, sowie der Einfluss der Baumaterialien und der Begrünung<br />
kann von Schüler:innen mit einem Experiment erforscht werden<br />
(entwickelt im Rahmen des Projektes „Let’s GRAZe“<br />
nähere Informationen siehe www.letsgraze.at)<br />
Temperatur unterschiedlicher<br />
Materialoberflächen I<br />
» 2 Steinfliesen (ca. 30 x 40 cm groß)<br />
» 1 Holzplatte (ca. 30 x 40 cm groß)<br />
» Halterungen, damit die Fliese und<br />
die Holzplatte aufrecht hingestellt<br />
werden können<br />
» evt. Wärmebildkamera und/oder<br />
Strahlungsthermometer<br />
» Halogenscheinwerfer (kein LED –<br />
muss Wärme entwickeln) + Stativ<br />
» Grünpflanze (ca. 40 cm groß)<br />
» evt. Hängepflanze + Halterung<br />
Zwei Steinfliesen und eine Holzplatte werden<br />
nebeneinander aufgestellt. Sie stellen Häuserfronten<br />
aus unterschiedlichen Baustoffen dar.<br />
Die Pflanze wird vor eine Steinfliese gestellt,<br />
sodass sie möglichst viele Teile der Fliese bedeckt<br />
(oder man nutzt die Hängepflanze mit<br />
der Halterung). Bei Vorhandensein ähnlicher<br />
Platten aus anderen Materialien können auch<br />
diese zur Messung herangezogen werden (z.B.<br />
Glas). Dadurch ergibt sich eine Reihe von Variationsmöglichkeiten<br />
dieses Versuchsaufbaus<br />
(Vorschläge für Materialien können auch von<br />
den Schüler:innen eingebracht werden). Der<br />
Scheinwerfer wird eingeschaltet und bestrahlt<br />
nun gleichmäßig die Platten.<br />
38
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
VORSICHT: Der Scheinwerfer wird sehr heiß<br />
und sollte während des Betriebes nicht mehr<br />
berührt werden. Eine Verstellung darf nur am<br />
Stativ erfolgen. Ein ständiges Aus- und Einschalten<br />
des Scheinwerfers verkürzt die Lebensdauer<br />
des Leuchtmittels. Den Scheinwerfer in<br />
einem Abstand von mindestens 1,5 – 2 m zu<br />
den Platten aufstellen, um zu vermeiden, dass<br />
die Steinfliesen durch die Hitzeentwicklung zerspringen.<br />
Nach einiger Zeit werden mit einem Strahlungsthermometer<br />
die Temperaturen der<br />
Platten auf der Vorder- und Rückseite gemessen<br />
und miteinander verglichen. Das kann in<br />
einem ersten Schritt einfach mit den Händen<br />
erfolgen, da die Temperaturunterschiede gut<br />
spürbar sind. Eine Visualisierung der unterschiedlichen<br />
Temperaturen an der Vorder- und<br />
Rückseite der Platten mittels Wärmebildkamera<br />
verdeutlicht die vorangehenden Temperaturmessungen.<br />
Varianten:<br />
In mehreren Versuchsreihen<br />
die Pflanzen abwechselnd<br />
vor die verschiedenen Materialien<br />
stellen. Materialien<br />
in verschiedenen Farben<br />
einsetzen und die Temperaturen<br />
vergleichen (z.B. helle<br />
und dunkle Steinfliesen).<br />
Laufende Temperatur-Messungen<br />
während des Aufheizens<br />
durchführen – wenn<br />
die Plattentemperatur annähernd<br />
konstant bleibt, ist<br />
das Ende des Versuchs erreicht<br />
(im Anschluss können<br />
Aussagen über den Prozess<br />
des Erwärmens getroffen<br />
werden).<br />
39
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
WÄRMEBILDAUFNAHMEN VON DEN PLATTEN (BEISPIELE):<br />
Aufnahme<br />
Vorderseite<br />
der Platten<br />
STEIN<br />
STEIN<br />
HOLZ<br />
STEIN<br />
BEGRÜNT<br />
STEIN<br />
HOLZ<br />
BEGRÜNT<br />
Die Messungen an der Vorderseite der Platten zeigen, dass sich die unbegrünte Steinfliese (Mitte)<br />
am stärksten aufwärmt. Das Holz (rechts) bleibt selbst bei starker Bestrahlung kühler. Wie<br />
deutlich zu erkennen ist, erscheinen die Teile der Steinfliese, die von der Hängepflanze bedeckt<br />
werden (links) kühler als die unbegrünten Stellen. Stellt man eine Pflanze vor die Holzplatte, so<br />
wird der Kühleffekt verstärkt.<br />
Aufnahme<br />
Rückseite<br />
der Platten<br />
HOLZ<br />
STEIN<br />
STEIN<br />
BEGRÜNT<br />
Betrachtet man die Rückseiten der bestrahlten Platten erkennt man, dass die Holzplatte (links)<br />
eine niedrigere Temperatur aufweist als auf der bestrahlten Seite. Auch auf der teilweise mit<br />
Pflanzen bedeckten Steinplatte (rechts) lassen sich Farbunterschiede erkennen, die wiederum<br />
auf niedrigere Temperaturen schließen lassen. Dieser Effekt hängt mit der unterschiedlichen<br />
Wärmeleitfähigkeit von Baumaterialien und der Temperatur der Vorderseite ab. Stoffe mit geringerer<br />
Wärmeleitfähigkeit werden auch Wärmeisolatoren genannt (weitere Versuche und Erklärungen<br />
zum Thema „Wärmeleitfähigkeit“ siehe <strong>Holzforscherheft</strong> 1.0 S. 60 – 63).<br />
Aufnahme Vorderseite<br />
nach langer<br />
Bestrahlungsdauer<br />
STEIN<br />
BEGRÜNT<br />
STEIN<br />
HOLZ<br />
Nach längerer Bestrahlung heizt sich die Steinfliese (Mitte) immer mehr auf, während Holz weiterhin<br />
kühler bleibt (rechts). Am wenigsten Wärme strahlt die begrünte Oberfläche aus (links). Mit<br />
diesem Experiment kann deutlich vermittelt werden, dass Holz als Baumaterial in der Stadt ein natürlicher<br />
und nachwachsender Klimaregulator ist. Vor allem in Kombination mit Begrünung kann<br />
es dazu beitragen, Hitzeinseln zu reduzieren.<br />
40
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Die Abbildung zeigt den beobachteten Temperaturanstieg für Graz<br />
(Station: Graz – Universität, Parameter: Mean temperature [T01]).<br />
Quelle: ZAMG/HISTALP<br />
Die Grafik zeigt die Hitzeinseln im Grazer Stadtbereich<br />
im Zeitraum 1981-2010 (gelb/orange/rot)<br />
basierend auf die mittlere jährliche Anzahl der<br />
Sommertage (Tage, an denen die Tageshöchsttemperatur<br />
25,0 °C erreicht oder überschreitet),<br />
sowie die simulierten Werte an den Messtationen<br />
Graz-Universität und Graz-Flughafen.<br />
FÜR EXPERT:INNEN:<br />
Wärmestrahlung ist Energie, welche sich unter<br />
anderem über elektromagnetische Wellen,<br />
die von der Sonne ausgestrahlt werden,<br />
ausbreitet. Diese Energie sorgt dafür, dass<br />
sich Gegenstände abhängig von ihren Materialeigenschaften<br />
unterschiedlich stark aufheizen.<br />
Je nach Beschaffenheit wird ein Teil<br />
der Energie absorbiert (aufgenommen) bzw.<br />
reflektiert (zurückgeworfen). Je mehr Wärmeenergie<br />
ein Körper aufnimmt, umso höher<br />
wird seine innere Energie U. Die innere<br />
Energie wird manchmal auch als thermische<br />
Energie bezeichnet und beschreibt alle Energien<br />
im Körper. Wenn Wärme einem Körper<br />
zugeführt wird, so steigt seine „Unordnung“<br />
(= Entropie) – die einzelnen Teilchen im Körper<br />
beginnen zu schwingen. Eine höhere<br />
Entropie bedeutet, dass die Teilchen stärker<br />
schwingen – der Körper erwärmt sich.<br />
Quelle: ZAMG/SISSI-II: Simulationen von Städtischen<br />
Klimaszenarien für österreichische Städte/BMWF.<br />
41
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
Temperatur unterschiedlicher<br />
Materialoberflächen II<br />
» verschiedene Oberflächen<br />
z.B. verschiedene Arten von<br />
Holzplatten (Vollholz, MDF-Platte, …),<br />
Fliese, Spiegel, Aluplatte, Kunststoffplatte<br />
(z.B. Schneidbrett) etc.<br />
» Eiswürfel<br />
» Sprühflasche mit kaltem Wasser<br />
Vor dem Start des Experiments<br />
werden die Materialien unter einem<br />
Tuch versteckt. Die Schüler:innen<br />
müssen durch Fühlen erraten, um<br />
welche Materialien es sind handelt<br />
(besonders gut geeignet für jüngere<br />
Schüler:innen bzw. Schüler:innen mit<br />
nicht-deutscher Muttersprache).<br />
Alle Materialien werden nebeneinander aufgelegt.<br />
Die Schüler:innen berühren sie mit den<br />
Fingern, um mögliche Temperaturunterschiede<br />
herauszufinden. Die subjektiv empfundenen<br />
Temperaturunterschiede können zusätzlich<br />
mit einer Wärmebildkamera oder einem<br />
Strahlungsthermometer verifiziert werden.<br />
Weiters sind damit auf Materialien, die gute<br />
Wärmeleiter sind (z.B. Metall oder Stein), die<br />
warmen Fingerabdrücke von den Berührungen<br />
zu sehen.<br />
In einem zweiten Schritt können die Platten mit<br />
einem Halogenstrahler (siehe vorhergehender<br />
Versuch) oder in der Sonne erwärmt werden.<br />
Was fällt den Schüler:innen auf, wenn die Materialien<br />
erneut berührt werden? Auch diese<br />
Temperaturunterschiede können per Wärmebildkamera<br />
oder Strahlungsthermometer<br />
überprüft werden.<br />
In einem dritten Schritt werden die Materialien<br />
mit kaltem Wasser eingesprüht bzw. werden<br />
Eiswürfel auf die Materialien gelegt. Nach einer<br />
kurzen Pause werden die Materialien erneut<br />
berührt. Was hat sich verändert? Wo schmelzen<br />
die Eiswürfel bei Sonneneinstrahlung am<br />
schnellsten?<br />
42<br />
Versuchsaufbau: Verschiedene Materialien werden<br />
unter der Wärmequelle angeordnet.<br />
Die Oberflächentemperaturen können u.a. mit einem<br />
Strahlungsthermometer gemessen werden.
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Je nach Material wird zwischen Leiter, Halbleiter<br />
und Isolator unterschieden. Ein Leiter ist<br />
in der Wärmelehre ein Indikator für einen Gegenstand,<br />
der Wärme gut weitergeben kann.<br />
Dieser heizt sich daher schneller auf als ein<br />
Isolator. Wenn man bei Raumtemperatur mit<br />
seiner Hand auf verschiedene Oberflächen<br />
greift, werden sich Gegenstände kälter oder<br />
wärmer anfühlen. Jene, die sich besonders<br />
kalt anfühlen, sind gute Wärmeleiter, da sie<br />
die Wärme gut vom Körper wegleiten. Gegenstände,<br />
die sich warm oder gleich warm wie<br />
unser Körper anfühlen, sind Isolatoren. Sie<br />
gehen keinen Wärmeaustausch mit unserem<br />
Körper ein und fühlen sich daher weder warm<br />
noch kalt an. Holz ist ein schlechter Wärmeleiter,<br />
darum ist es ein optimaler Baustoff.<br />
Darum fühlen sich ein Holzboden oder Wände aus Holz immer wärmer an als<br />
Fliesenböden oder Betonwände. Aus diesem Grund kann die Raumtemperatur<br />
in einem Holzhaus (aus massivem Holz) sogar um einige Grad niedriger sein als<br />
in Bauten aus anderen Baustoffen – die Bewohner:innen werden es trotzdem als<br />
„gleich warm“ empfinden. Auch Sauna-Bänke sind meist aus Holz gefertigt. Warum<br />
empfindet man es trotzdem als heiß, wenn man sich ohne Handtuch hinsetzt? Der<br />
Grund dafür ist der Schweiß. Wasser (also der Schweiß) ist ein guter Wärmeleiter.<br />
Es sorgt dafür, dass wir uns am warmen, feuchten Holz verbrennen.<br />
Daher ist ein Handtuch in der Sauna nicht nur aus hygienischen, sondern<br />
auch aus physikalischen Gründen Pflicht.<br />
Böden und Wände aus Holz fühlen sich immer wärmer an als Fliesenböden oder Betonwände.<br />
43
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
1.5 Wie funktioniert Klimaschutz durch<br />
Substitutionsprodukte aus Holz?<br />
Regelmäßig erfahren wir aus den Medien, wie z.B. Mikroplastik unsere gesamte<br />
Biosphäre negativ beeinflusst: Kleine Partikel werden in fast allen Lebewesen<br />
nachgewiesen – egal ob Insekten, Weichtiere, Vögel oder Säugetiere. Angeblich<br />
nimmt jeder Mensch pro Woche winzige Plastikteile im Ausmaß von mindestens<br />
einer Kreditkarte über Nahrung und Atemluft zu sich.<br />
Die Quellen für Mikroplastik sind sehr<br />
unterschiedlich: Abrieb von Asphalt<br />
und Fahrbahnmarkierungen, Abrieb<br />
von Schuhsohlen, Kosmetika, Waschund<br />
Putzmittel, Textilien, Plastikverpackungen<br />
und vieles mehr.<br />
Die Frage, die sich viele Forscher:innen<br />
und Produktentwickler:innen stellen<br />
ist, welche dieser Produkte durch Produkte<br />
aus nachwachsenden Rohstoffen<br />
ersetzt werden könnten. Holz spielt bei<br />
diesen Diskussionen eine große Rolle.<br />
Doch können holzbasierte Produkte<br />
von den Eigenschaften her mit jenen<br />
aus anderen Materialien mithalten?<br />
Das kann anhand der nächsten Experimente<br />
herausgefunden werden.<br />
Augmented<br />
Reality<br />
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Starte dein Handy oder Tablet und tauche über die AREEKA-App und Augmented Reality kostenlos<br />
in die vielseitigen Einsatzgebiete von Holz ein. Nähere Infos zur App findest du auf Seite 72.<br />
44
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Verschiedene Fasern im Test<br />
Eine Mikroplastik-Quelle, die von jedem von uns beeinflusst werden kann, ist<br />
unsere Kleidung. Synthetische Fasern liegen im Trend – Werbebotschaften wie Atmungsaktivität,<br />
Langlebigkeit und hoher Tragekomfort werden damit verbunden.<br />
Dass der Rohstoff für diese Materialien oft Kohle, Erdgas oder Erdöl ist, wird dabei<br />
verschwiegen. Ebenso, dass beim Waschen dieser Kleidungsstücke Unmengen an<br />
Mikroplastik freigesetzt werden und über das Abwasser in die Umwelt gelangen.<br />
Stoffe, die aus Holz (also Zellulosefasern – siehe<br />
<strong>Holzforscherheft</strong> 1.0) hergestellt werden,<br />
bezeichnet man als „Viskose“. Lange war Viskose<br />
aufgrund der aufwändigen und chemisch<br />
intensiven Herstellung in Verruf. Moderne<br />
Stoffe aus holzbasierten Spezialfasern wie den<br />
Lyocell- und Modalfasern der Marke TENCEL<br />
oder den Viscosefasern der Marke LENZING<br />
ECOVERO werden jedoch lokal in Österreich<br />
in geschlossenen Kreisläufen mit sehr hohen<br />
Rückgewinnungsraten hergestellt. In den Bioraffinerien<br />
der Lenzing AG werden aus dem<br />
verwendeten Holz, das aus nachhaltiger Forstwirtschaft<br />
kommt, nicht nur Fasern, sondern<br />
auch biobasierte Materialien und Bioenergie<br />
gewonnen. Somit werden 100 % der wertvollen<br />
Ressource verwendet. Nebenprodukte<br />
der Stofferzeugung finden sich in zahlreichen<br />
Produkten wieder (z.B. Kaugummi, Tierfutter,<br />
Vanilleeis, Nagellack, Lippenstift, Waschmittel<br />
etc.). (Quelle: Lenzing AG)<br />
Nebenprodukte der Faser-Erzeugung (hier Viskose) werden<br />
zum Beispiel bei der Herstellung von Vanillin eingesetzt.<br />
Was passiert mit Kleidungsstücken aus Viskose<br />
wenn sie am Körper getragen oder gewaschen werden?<br />
Wir vergleichen im nächsten Experiment verschiedene<br />
Fasern, die in unserem Alltag zum<br />
Einsatz kommen und nachhaltig in Österreich<br />
hergestellt werden (aus diesem Grund wurde<br />
keine Baumwolle berücksichtigt).<br />
45
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
» vier Reagenzgläser;<br />
1 Reagenzglas-Ständer<br />
» mehrere Pipetten (3 ml)<br />
» Reine Schafwolle (Woll-Knäuel)<br />
» Polyamid (Woll-Knäuel)<br />
» 100%ige Viskose (z.B. Lenzing<br />
Viscose nonwoven spunacle wipe)<br />
» Papier (80 g/m²)<br />
» Teelicht<br />
» Pinzette<br />
» Essigessenz (25 % Essigsäure)<br />
» 10 % Kaliumhydroxid-Lösung<br />
» Wasser<br />
Achtung: Versuch auf einem brandbeständigen<br />
Untergrund durchführen; alle mit<br />
offenem Feuer verbundenen Vorsichtsmaßnahmen<br />
einhalten (z.B. Haare zusammenbinden).<br />
Um die Abbaubarkeit zu simulieren, wird zuerst<br />
eine Brennprobe durchgeführt. Zur Simulation<br />
der „Tragbarkeit“ der Stoffe werden die<br />
Fasern in 25%ige Essigsäure (Essigessenz) gegeben,<br />
da der menschliche Schweiß einen PH-<br />
Wert von 4-7 hat (sauer) und Essigsäure enthält.<br />
Zur Simulation der Waschbarkeit werden<br />
die Materialien in 10 % KOH (Kaliumhydroxidlösung),<br />
eine Lauge mit einem PH-Wert von ca.<br />
12 (basisch), gelegt.<br />
Hinweis: Wenn möglich sollen die untersuchten<br />
Materialien (Schafwolle, Polyamid, Viskose,<br />
Papier) unterschiedliche Farben haben, um die<br />
Proben leichter unterscheiden zu können.<br />
In einem ersten Schritt werden Brennproben<br />
von den Materialien erstellt. Dafür wird von<br />
allen Fasern ein ca. 1,5 cm langes Stück abgeschnitten<br />
und mit einer Pinzette über die Flamme<br />
des Teelichts gehalten. Beobachtet werden<br />
das Verhalten der Stoffe in der Flamme und der<br />
Geruch.<br />
Brennprobe Papier<br />
Brennprobe Polyamid<br />
Brennprobe Schafwolle<br />
Brennprobe Viskose<br />
46
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
BEISPIEL-ERGEBNISSE AUS DEM<br />
ABBRANDVERSUCH<br />
(z.T. subjektives Empfinden des<br />
Entwickler:innen-Teams)<br />
100 % Schafwolle (rot): schmilzt,<br />
riecht nach verbrannten Haaren<br />
100 % Polyamid (blau): glüht, schmilzt,<br />
riecht nach verschmortem Kunststoff<br />
100 % Viskosestoff (gelb): verbrennt<br />
nahezu rückstandslos,<br />
riecht nach verbranntem Papier<br />
80 g/m² Papier (weiß): verbrennt nahezu<br />
rückstandslos, kaum Geruchsentwicklung<br />
In einem nächsten Schritt werden die vier Reagenzgläser mit kleinen<br />
Material-Stücken (ca. 1,5 cm lang) befüllt (je Reagenzglas ein<br />
Material – Schafwolle, Polyamid, Viskose, Papier).<br />
NUN WERDEN FOLGENDE DREI<br />
VERSUCHS-DURCHGÄNGE UMGESETZT<br />
1. Durchgang:<br />
Zu den Materialproben werden<br />
mit der Pipette je 2 ml Essigsäure<br />
dazugegeben<br />
2. Durchgang:<br />
Zugabe von je 2 ml KOH-Lauge<br />
3. Durchgang:<br />
Zugabe von je 2 ml Wasser („0-Probe“)<br />
Nach jedem Durchgang müssen die Ergebnisse dokumentiert<br />
(z.B. per Handy-Foto) und anschließend die Reagenzgläser gut<br />
gereinigt werden. Vor jedem Durchgang kommen neue Materialproben<br />
in die Gläser. Wenn möglich, können alle drei Durchgänge<br />
gleichzeitig (in 12 Reagenzgläsern) umgesetzt werden.<br />
Bei der Zugabe der verschiedenen Flüssigkeiten soll genau beobachtet<br />
werden, was direkt bei der Zugabe, nach fünf Minuten und<br />
nach ca. 30 Minuten passiert.<br />
47
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
ERGEBNIS:<br />
ESSIGSÄURE<br />
(v.l.: Schafwolle, Polyamid,<br />
Viskose, Papier)<br />
nach 30 min<br />
KALIUMHYDROXID<br />
(v.l.: Schafwolle, Polyamid,<br />
Viskose, Papier)<br />
nach 30 min<br />
WASSER<br />
(v.l.: Schafwolle, Polyamid,<br />
Viskose, Papier)<br />
nach 30 min<br />
Die mit Säure und Lauge<br />
bearbeiteten Fasern können<br />
zusätzlich unter dem Mikroskop<br />
analysiert werden.<br />
48
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Wie erwartet passiert bei der Zugabe<br />
von Wasser kaum etwas, außer dass<br />
die Fasern und das Papier nass werden.<br />
Bereits bei der Zugabe von Essigsäure<br />
„zischt“ das Papier – es scheint<br />
deutlich zu reagieren. Die anderen<br />
Fasern reagieren kaum. Wird jedoch<br />
KOH-Lauge zugegeben, beginnt die<br />
Schafwolle sich sofort zu verfärben.<br />
Nach 30 Minuten in der Lauge hat sich<br />
ein Teil der Schafwoll-Fasern aufgelöst,<br />
der Rest ist „zusammengeschmort“ (ist<br />
unter dem Mikroskop deutlich erkennbar).<br />
Das Papier bekommt in der Lauge<br />
eine gelblich-grünliche Farbe.<br />
ESSIGSÄURE<br />
KALIUM-<br />
HYDROXID<br />
WASSER<br />
SCHURWOLLE (reine Schafwolle) ist ein Eiweißfaserstoff und besteht hauptsächlich aus Proteinen.<br />
Sie setzt sich aus ca. 50 % Kohlenstoff, 25 % Sauerstoff, 15 % Stickstoff, Wasser und Schwefel<br />
zusammen. Daher kommt auch der Geruch nach verkohlten Haaren bei der Brennprobe. Außerdem<br />
reagieren die Proteine stark mit der Lauge und denaturieren.<br />
Deshalb Vorsicht beim Waschen von Kleidungsstücken aus Schafwolle: Nachdem<br />
die mechanische Belastung in der Waschmaschine zusammen mit der Waschlauge<br />
die Fasern extrem belastet, ist Handwäsche angesagt.<br />
POLYAMIDE sind Kunststoffe<br />
und werden u.a. aus<br />
Erdöl hergestellt. Daher<br />
kommen der Plastik-Geruch<br />
und das Schmoren<br />
beim Verbrennen. Sie sind<br />
jedoch äußerst widerstandsfähig<br />
gegen Laugen<br />
und Säuren. Problematisch<br />
ist allerdings der Abrieb<br />
bei der Wäsche in der<br />
Waschmaschine – dadurch<br />
entsteht Mikroplastik.<br />
VISKOSE reagiert<br />
ebenfalls nicht auf<br />
Wasser, Säuren oder<br />
Laugen. Somit ist sie<br />
pflegeleicht, angenehm<br />
zu tragen und noch<br />
dazu aus nachwachsenden<br />
Rohstoffen<br />
(Zellulose/Holz).<br />
PAPIER besteht neben Zellulose auch<br />
aus so genannten „mineralischen<br />
Füllstoffen“ (siehe Papierforscher-heft<br />
auf www.papiermachtschule.at).<br />
Diese mineralischen Bestandteile (z.B.<br />
Calciumcarbonat) reagieren mit Säure<br />
zu Kaliumcarbonat und Kohlensäure.<br />
Diese zerfällt sofort zu Kohlenstoffdioxid<br />
und Wasser. Daher kommt das<br />
Zischen. Calciumcarbonat (Kreidegestein)<br />
reagiert mit Kaliumhydroxid<br />
zu Kaliumcarbonat und Calciumhydroxid<br />
(Portlandit), welches die grünlich-hellgelbe<br />
Verfärbung des Papiers<br />
bewirkt.<br />
49
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
Die wunderbare Schlange<br />
aus Zellophan<br />
Zellophan ist bereits seit vielen Jahrzehnten im Einsatz (zum Beispiel zum<br />
Abdichten von Marmeladegläsern mit selbstgemachter Marmelade).<br />
Es basiert auf Zellulosefasern (aus Holz), ist durchsichtig und kann<br />
Verpackungen aus Plastik ersetzen.<br />
Echtes Zellulosehydrat ist optisch kaum von<br />
Plastikfolien zu unterscheiden, ist aber vollständig<br />
biologisch abbaubar. Es ist wasserdampfaber<br />
nicht flüssigkeitsdurchlässig. Somit bildet<br />
sich in Zellophan-Verpackungen auch bei<br />
warmem Inhalt kein Kondenswasser. Darum<br />
der Einsatz bei der Marmeladen-Herstellung:<br />
Das Zellophan dehnt sich bei der hohen Luftfeuchtigkeit<br />
über der heißen Marmelade aus.<br />
Kühlt die Marmelade aus, schrumpft die Folie<br />
und schließt das Glas luftdicht ab. Weiters wird<br />
echtes Zellophan zum Beispiel in der Medizin<br />
verwendet (u.a. als Membranwerkstoff für Dialysatoren<br />
=> Blutreinigungsgeräte).<br />
Durchsichtige Verpackungen aus Kunststoff werden fälschlicherweise im Handel<br />
auch als „Zellophan“ oder „Zellglas“ bezeichnet. Diese haben mit dem eigentlichen<br />
„Zellophan“ aus Holz aber nichts zu tun! Meist bestehen diese Folien z.B. aus<br />
Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polysterol (PS) oder verschiedenen Polyestern.<br />
Darum besondere Vorsicht beim Kauf von durchsichtigen Folien!<br />
Echtes Zellophan reagiert auf Feuchtigkeit.<br />
Verpackungen aus Kunststoff werden oft<br />
fälschlicher Weise als Zellophan bezeichnet.<br />
50
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
Mit folgendem Versuch erforschen wir<br />
die speziellen Eigenschaften von echtem Zellophan:<br />
» echtes Zellophan/Zellglas/<br />
Einmach-Folie (Achtung –<br />
keine Plastikfolie!)<br />
» Schere<br />
» dicker Karton (ähnlich Bierdeckel)<br />
oder Schwammtuch<br />
» Wasser<br />
Aus dem Zellophan wird eine kleine Schlange<br />
ausgeschnitten und in einem ersten Schritt für<br />
mindestens eine halbe Minute auf die Handfläche<br />
gelegt. Anschließend wird der Karton<br />
bzw. das Schwammtuch mit ganz wenig Wasser<br />
besprüht. Nun wird die Schlange vorsichtig<br />
auf dem leicht feuchten Karton platziert. Wenn<br />
sich die Schlange nicht mehr verändert, wird<br />
sie umgedreht und die Rückseite analysiert.<br />
Ein Basteltipp für jüngere Schüler:innen<br />
(Volksschule): Die Zellophan-Folien<br />
(Einmach-Folien) haben normalerweise<br />
eine ungefähre Größe von<br />
16,5 x 16,5 cm. Aus Holzstäbchen (z.B.<br />
Eis-Stäbchen) wird ein Rahmen gebastelt<br />
– das Zellophan wird als „Fenster“<br />
in den Rahmen geklebt. Jetzt wird die<br />
Form eines Nadelbaums und eines<br />
Laubbaums auf das Zellophan gezeichnet.<br />
Anhand der Schablone kann<br />
herausgefunden werden, welche Bäume<br />
z.B. rund um die Schule wachsen.<br />
In der Hand windet sich die Zellophan-Schlange,<br />
weil sie Wasser anziehend (hygroskopisch)<br />
ist und daher die Feuchtigkeit der Haut „verschluckt“<br />
(aufnimmt/absorbiert). Sie dehnt sich<br />
dabei aus, lässt Wassermoleküle durchdringen<br />
und verliert sie anschließend durch Verdunsten<br />
wieder. Dieses Ausdehnen der Folie kann<br />
im Teilchenmodell erklärt werden: Wenn sich<br />
die Wassermoleküle an einer Seite der Folie<br />
zwischen die langen und vielschichtigen Zellophan-Ketten<br />
drängen, schieben sie die Ketten<br />
auseinander, die Folie wölbt sich. Beim weiteren<br />
Eindringen der Wasserteilchen durch die<br />
gesamte Zellophan-Folie erfahren alle Zellophan-Ketten<br />
eine Ausdehnung und die Folie<br />
wird wieder glatt.<br />
Die Abbildung zeigt wie sich die Wassermoleküle aus der feuchten<br />
Unterlage zwischen die Fasern drängen und sich die Folie auf der<br />
Unterseite dadurch ausdehnt. Die Folienschlange „bewegt“ sich.<br />
51
1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />
Spielzeug aus Holz selbst bauen<br />
Nicht nur bei Verpackungsmaterialien oder bei Textilien liegen holzbasierte Produkte<br />
im Trend, auch bei Spielzeugen wird verstärkt auf den nachwachsenden<br />
Rohstoff Holz gesetzt. Hier eine Idee, wie ein „Zauberwürfel“<br />
aus Holz ganz einfach selbst hergestellt werden kann:<br />
» 8 quadratische Holzwürfel<br />
» 12 ausgedruckte quadratische<br />
Fotos (Gesamtmaß richtet sich<br />
nach der Größe der Holzwürfel)<br />
» Schere<br />
» Klebestreifen/Klebeband<br />
» Klebestift/Klebe-Stick<br />
01_1<br />
Download Fotos für den<br />
Würfel und Videoanleitung<br />
www.holzmachtschule.at/<br />
holzforscherheft2<br />
01_2<br />
Hier ist der Gegen-<br />
Klebestreifen zu sehen.<br />
01_1 Lege in einem ersten Schritt immer<br />
zwei Würfel nebeneinander auf und<br />
klebe sie mit Klebestreifen zusammen.<br />
01_2 Klappe die Würfel nach oben und<br />
klebe von der Gegenseite ebenfalls<br />
einen Klebestreifen auf.<br />
02_1<br />
2_1 & 02_2 Lege nun die acht Würfel<br />
wie auf der Abbildung ersichtlich<br />
nebeneinander.<br />
Hier ist ein weiterer nicht<br />
sichtbarer Klebestreifen<br />
02_2<br />
52
Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />
03_ Hebe nun alle acht<br />
Würfel gemeinsam auf<br />
und drehe sie um.<br />
04_ Klebe nun die Würfel an<br />
der Rückseite wie folgt<br />
zusammen<br />
03<br />
05_ Klappe nun die äußeren<br />
Würfel nach oben (bzw. nach<br />
innen)<br />
06_ Fixiere rechts und links die<br />
neuen Außenseiten vertikal<br />
miteinander<br />
07_ Jetzt können die Würfel<br />
mit interessanten Wald und<br />
Holzbildern beklebt werden.<br />
04<br />
05<br />
06<br />
07<br />
53
Zeichne auf der Rückseite der Bilder einen Raster ein, der dem Format der einzelnen kleinen<br />
Holzwürfel entspricht (Vorlage auf www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2). Schneide die Bilder<br />
aus und klebe sie mit dem Klebestift auf alle Seiten des Würfels. Fertig ist der Zauberwürfel!<br />
Die Fotos können auch auf Etikettenpapier<br />
ausgedruckt werden.<br />
Das Ablösen der Bild-Teile<br />
erfordert zwar etwas Geduld<br />
(und Geschick), aber die Trockenzeit<br />
des Klebers entfällt.<br />
Herzlichen Dank an die Ideengeber:innen:<br />
Cornelia Rieder-Gradinger und Christina Adorjan<br />
von „Kompetenzzentrum Holz GmbH -<br />
Wood K plus“ und „TechnologyKids“<br />
(Video: „https://www.youtube.com/channel/<br />
UCh5aZCW5Hzcex5dPhXYixdw“)<br />
Cornelia Rieder-Gradinger, Christina Adorjan<br />
https://www.wood-kplus.at/de/partner/<br />
foerderprojekte/wood-be-better<br />
https://www.technologykids.at/wood-be-better<br />
54
KapiteL 2<br />
Weißt du,<br />
… was Chlorophyll mit<br />
Sonnenlicht zu tun hat?<br />
… warum Blätter<br />
ausgerechnet grün sind?<br />
… ob Bäume auch in<br />
der Nacht wachsen?<br />
... wie die Fotosyntheseleistung<br />
eines Baumes gemessen<br />
werden kann?<br />
… warum sich Blätter im Herbst<br />
bunt verfärben?<br />
… wie du mit Augmented Reality einen<br />
Baum zum Leben erweckst?<br />
… was der Unterschied<br />
zwischen Nadel- und Laubholz ist?<br />
55
2 _ die welt der bäume<br />
2. Bäume grüne Wunder oder<br />
einfach perfekte Systeme?<br />
Auch wenn es am ersten Blick vielleicht nicht sofort ersichtlich ist, aber Bäume<br />
ticken eigentlich gar nicht so anders als wir Menschen: Sie wachsen, essen, trinken,<br />
atmen, ruhen und suchen sich Verbündete, wenn es darum geht, Schwächen<br />
auszumerzen oder Probleme zu lösen. Dieses Kapitel gibt einen kleinen Einblick in<br />
die Welt der Bäume und zeigt auf, wie sie sich auf uns Menschen auswirken.<br />
Wie viele verschiedene Baumarten gibt es?<br />
In Österreichs Wäldern wachsen rund 65 verschiedene<br />
Baumarten. Wie viele Baumarten<br />
es weltweit gibt, ist noch immer ungelöst. Forschende<br />
gehen aufgrund von Erfahrungswerten<br />
von rund 73.300 Baumarten aus – davon<br />
müssen rund 9.000 aber erst entdeckt werden<br />
(z.B. in bislang unerforschten südamerikanischen<br />
Regenwäldern). Knapp die Hälfte der<br />
Baumarten kommt in Südamerika vor (ca. 43<br />
%), in Eurasien sind es 22 %. Die weltweiten<br />
Forschungsaktivitäten in den Wäldern sind notwendig,<br />
weil dadurch zum Beispiel Wald-Systeme<br />
identifiziert werden können, die besonders<br />
widerstandsfähig gegenüber den globalen Veränderungen<br />
sind. Diese Systeme könnten vielleicht<br />
in etwas abgewandelter Form auf andere<br />
Regionen der Erde übertragen werden.<br />
In steirischen Wäldern wachsen<br />
auf rund 1 Million Hektar<br />
zirka 850 Millionen Bäume.<br />
Auf jede:n Steirer:in entfallen<br />
demnach statistisch durchschnittlich<br />
700 Bäume.<br />
Der älteste Baum Österreichs:<br />
die über 1.000-jährige Eiche<br />
in Bad Blumau in der Steiermark<br />
56
die welt der Bäume _ 2<br />
REKORDE UND FAKTEN<br />
RUND UM WÄLDER & BÄUME<br />
Abbildungsquelle für den Wald in der Weltkarte: © Wirestock - Freepik.com<br />
Was ist ein Z-Baum?<br />
Das Z im Z-Baum steht für Zukunft. Somit ist<br />
ein Zukunftsbaum ein Baum, der besonders<br />
schön, groß, gesund und gerade wächst und<br />
ein ausgezeichnetes Saatgut für die zukünftigen<br />
Generationen abgeben kann.<br />
Ein Baum mit Postanschrift<br />
Die Bräutigamseiche im Dodauer Forst in<br />
Deutschland hat seit 1927 eine eigene Postanschrift:<br />
Bräutigamseiche, Dodauer Forst,<br />
D-23701 Eutin. In einem Astloch landen Briefe<br />
aus aller Welt, die der Partnersuche dienen.<br />
Dank dieser Eiche sind angeblich schon über<br />
100 Ehen geschlossen worden.<br />
1,5 Mio. Bäume dank Instagram<br />
Eine nachhaltige Bekleidungsmarke hat im Jahr<br />
2019 auf Instagram versprochen, pro zehn<br />
Likes einen Baum zu setzen. Der Beitrag ging<br />
viral und bekam innerhalb von 24 Stunden fünf<br />
Millionen Likes und hat (mit Stand 2022) das<br />
Pflanzen von 1,5 Millionen Bäumen ermöglicht.<br />
1 Baum – 40 Früchte<br />
Ein Künster aus New York hat durch das Veredeln<br />
vieler Äste einen Baum kreiert, der vierzig<br />
verschiedene Früchte, darunter Pfirsiche, Marillen,<br />
Pflaumen, Kirschen und Nektarinen, trägt.<br />
Diese Bäume blühen in verschiedensten Farben<br />
und werden inzwischen in Museen ausgestellt.<br />
57
2 _ die welt der bäume<br />
2.1 Chlorophyll - der grüne Wunderstoff im Baum?<br />
Wie im Kapitel „Wald & Klima“ mehrmals erwähnt, können Bäume das Treibhausgas<br />
CO 2<br />
für lange Zeit im Holz binden. Wird das Holz genutzt (z.B. als Möbelstück<br />
oder als Haus), verlängert sich diese „Speicherleistung“, bis das Holz verbrennt<br />
oder verrottet. Verantwortlich für diesen Vorgang ist die Fotosynthese.<br />
Sie ist die Grundlage für das Leben auf der Erde.<br />
Die Fotosynthese findet in den pflanzlichen Zellen<br />
in den Chloroplasten statt (chloro = altgriechisch<br />
für grün) – also in den Nadeln und Blättern<br />
der Bäume. Chloroplasten enthalten, wie<br />
der Name schon sagt, den grünen Blattfarbstoff<br />
Chlorophyll. In den nächsten Versuchen werden<br />
der Aufbau eines Blattes und das damit verbundene<br />
Chlorophyll mit einfachen Methoden erforscht.<br />
Chlorophyll – echt der Hammer<br />
» 1 Hammer<br />
» 1 stabile, glatte Unterlage<br />
(z.B. ein Schneidbrett)<br />
» 1 weißes Baumwolltuch<br />
(ca. 20 x 20 cm)<br />
» frisch gepflückte Blätter<br />
oder Äste mit Nadeln<br />
Die Blätter oder Nadeln werden auf der Unterlage platziert<br />
(sie können dabei auch in Form eines Musters angeordnet<br />
werden). Darüber wird das Baumwolltuch gelegt.<br />
Anschließend wird mit dem Hammer gefühlvoll auf<br />
die Stellen geklopft, wo die Blätter und Nadeln liegen.<br />
Bald zeichnen sich die einzelnen Blätter und Nadeln als<br />
grünes Farbschema auf dem Tuch ab. Wenn das Blatt<br />
fertig „geklopft“ ist, bleibt unter dem Tuch nur mehr das<br />
Blattskelett übrig.<br />
58
die welt der Bäume _ 2<br />
Um den Lärm, der durch<br />
das Klopfen entsteht,<br />
zu mindern, einfach ein<br />
Schwammtuch unter die<br />
Unterlage legen. Bei Bedarf<br />
mit den Schüler:innen den<br />
Umgang mit dem Hammer<br />
durchbesprechen (ein<br />
Hammer ist ein Werkzeug<br />
und keine Waffe; Verletzungsgefahr<br />
bei nicht sachgemäßer<br />
Handhabung).<br />
Besonders gut gelingt der<br />
Versuch im Frühjahr und<br />
im Sommer (im Herbst und<br />
Winter fehlt den Blättern<br />
und Nadeln der „Saft“).<br />
Durch das Hämmern platzen die Zellen im<br />
Blatt auf und die Inhaltsstoffe übertragen<br />
sich auf das Tuch. Der grüne Blattfarbstoff<br />
Chlorophyll ist dabei vorherrschend – deshalb<br />
sind die Abdrücke grün. Übrig bleibt das<br />
so genannte Blattskelett mit den gut sichtbaren<br />
Blattadern. Über diese Adern wurden<br />
die Blätter mit Wasser versorgt. Im Gegenzug<br />
versorgen sie den Baum mit Assimilaten, also<br />
den Nährstoffen, die bei der Fotosynthese<br />
entstehen. Die Abdrücke der Blätter können<br />
in einem nächsten Experiment unter UV-Licht<br />
untersucht werden (siehe S. 62).<br />
Chlorophylle sind natürliche Farbstoffe, die von fotosynthetisch aktiven Pflanzen<br />
gebildet werden. Sie erfüllen wichtige Funktionen bei der Fotosynthese, darunter<br />
die Absorption des Lichts, den Energie- und den Elektronentransfer. Chlorophyll-<br />
Moleküle sind für die grüne Farbe von Pflanzen verantwortlich.<br />
Daher werden sie auch „Blattgrün“ genannt.<br />
59
2 _ die welt der bäume<br />
Was hat Chlorophyll mit Sonnenlicht zu tun?<br />
Damit Bäume bei der Fotosynthese Zucker<br />
(Glukose) und Sauerstoff produzieren können,<br />
benötigen sie Energie in Form von<br />
Strahlung. Unter „Strahlung“ verstehen wir<br />
elektromagnetische Wellen unterschiedlicher<br />
Länge, die von der Sonne ausgehen.<br />
Licht ist der für uns sichtbare Teil dieser<br />
Wellen in einem Bereich von 380 nm – 750<br />
nm. Diese Wellen können wir auch mit bloßem<br />
Auge wahrnehmen.<br />
Die Bereiche, die für die Pflanzen ausschlaggebend sind, werden auch PAR (photosynthetic<br />
active radiation) genannt. Die wichtigsten Bereiche liegen hier bei 350 nm bis 500<br />
nm und 600 nm bis 700 nm.<br />
Das Licht, das wir als weißes, helles Licht wahrnehmen, besteht<br />
aus einer Mischung unterschiedlichster Wellenlängen.<br />
60
die welt der Bäume _ 2<br />
Das Chlorophyll, welches für die Absorption (Aufnahme) des Sonnenlichts verantwortlich ist, ist<br />
Teil des Lichtsammelkomplexes. Es wandelt Strahlung in Energie für die Fotosynthese um oder<br />
gibt sie in Form von Fluoreszenz oder Wärmestrahlung wieder ab.<br />
Streuung<br />
Strahlung, die gestreut, also in alle Richtungen zurückgeworfen, und die transmittiert, also durchgelassen<br />
wird, nimmt das menschliche Auge wahr. Strahlung, die absorbiert, also aufgenommen<br />
wird, dient der Energiegewinnung im Blatt. Diese Strahlung wird für das menschliche Auge „geschluckt“<br />
(siehe Experiment S. 63). In der Natur werden Blätter natürlich von allen Seiten angestrahlt,<br />
nicht nur von oben wie in der Grafik schematisch dargestellt. Der Strahlungsbereich<br />
zwischen 500 nm und 600 nm wird auch nach allen Seiten „gestreut“. Deshalb sehen Blätter auch<br />
oben wie unten grün aus.<br />
Je stärker ein Blatt fluoresziert, desto weniger Fotosynthese macht es. Das nutzt man<br />
bei der Messung mittels Fluoreszenzspektrometer aus, um Rückschlüsse auf die Fotosyntheseleistung<br />
eines Baumes ziehen zu können (Auswirkungen siehe S. 14 f). In<br />
Zukunft könnte damit der Gesundheitszustand eines Waldes einfach per Satellitenbild<br />
analysiert werden. Schon heute werden Drohnen zur Messung eingesetzt.<br />
61
2 _ die welt der bäume<br />
Warum sehen Blätter und Nadeln<br />
für uns Menschen grün aus?<br />
Bei diesem Experiment werden grüne Pflanzenteile mit verschiedenfärbigem<br />
Licht beschienen. Die Forscherfragen, die es zu beantworten gilt, lauten:<br />
Sind Blätter wirklich immer grün und warum sind sie ausgerechnet grün<br />
(und nicht z.B. blau oder rot)?<br />
» eine undurchsichtige Box mit<br />
„Gucklöchern“ zum<br />
Verschließen (z.B. aus Holz)<br />
» ein LED-Band mit<br />
unterschiedlichen Farben und<br />
einer Fernbedienung<br />
(mit Batterie oder Netzteil)<br />
» ein frisch gepflücktes Blatt,<br />
frische Nadeln von einem<br />
Baum oder eine kleine<br />
Pflanze im Topf<br />
Vorbereitung der Box<br />
Das LED-Band wird in die Box geklebt oder gelegt.<br />
Am besten so, dass es durch die Gucklöcher nicht<br />
direkt gesehen werden kann. Die Stromversorgung<br />
muss so nach außen gelegt werden, dass kein Licht<br />
von außen eindringen kann.<br />
Umsetzung<br />
Die grünen Pflanzen(teile) werden so in der Box<br />
platziert, dass sie von den Gucklöchern aus gesehen<br />
werden können. Der Deckel wird geschlossen,<br />
sodass kein weiteres Licht in die Box eindringen<br />
kann. Dann wird das LED-Band eingeschaltet und<br />
die Pflanzen(teile) werden mit verschiedenen Farben<br />
bestrahlt. Optimal funktioniert der Versuch in einem<br />
abgedunkelten Raum bzw. könnte ein dunkles Tuch<br />
bzw. eine größere Decke über die Box und den/die<br />
Betrachter:in gelegt werden.<br />
Einblick in die Versuchsbox: eine undurchsichtige Kiste mit zwei kleinen „Gucklöchern“,<br />
einem bunten LED-Band und einer Pflanze (bzw. Blättern/Nadeln).<br />
62
die welt der Bäume _ 2<br />
Werden die Pflanzenteile mit weißem Licht beschienen,<br />
erscheinen sie intensiv grün. Wird<br />
die Lichtfarbe auf Rot oder Blau umgeschaltet,<br />
erscheinen die Blätter und Nadeln viel dunkler<br />
(eher graubraun). Bei einer gesunden, gut<br />
mit Wasser und Nährstoffen versorgten Pflanze<br />
absorbiert das Chlorophyll vor allem im UV<br />
und blauen Bereich (350 nm – 500 nm) sowie<br />
im roten Bereich (600 nm – 780 nm).<br />
Je nach Farbe des Lichtes verändert sich für den/die Betrachter:in die Farbe der Blätter:<br />
Nur bei grünem bzw. weißem Licht erscheinen die Blätter wirklich grün. Das hängt mit der<br />
Licht-Reflexion der Oberfläche zusammen.<br />
Grünes Licht wird gestreut und transmittiert.<br />
Dadurch erscheinen den Betrachter:innen die<br />
Blätter grün. Abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit<br />
und dem Aufbau der Blätter<br />
variiert die Grünfärbung stark.<br />
EINFACH ERKLÄRT HEISST DAS:<br />
Das grüne Chlorophyll im Blatt nimmt die roten,<br />
violetten, blauen und gelben Farbanteile<br />
des Sonnenlichts auf und betreibt mit der<br />
Energie Fotosynthese. Die grünen Farbanteile<br />
braucht das Blatt nicht – sie werden vom Blatt<br />
in alle Richtungen gestreut und gelangen als<br />
einzige Farbe zu unserem menschlichen Auge.<br />
Deshalb sehen Blätter für uns grün aus.<br />
Dieser Versuch erfordert etwas<br />
Training. Der Mensch ist darin<br />
geübt, gesehene Dinge sofort<br />
und unbewusst zu interpretieren:<br />
In der Box ist rotes Licht – klar,<br />
dass das Blatt rötlich aussieht. Bei<br />
diesem Experiment geht es aber<br />
darum, genauer hinzusehen: Ist<br />
das Blatt wirklich rot, oder dunkelbraun/graubraun?<br />
Und viel wichtiger:<br />
Wenn das Blatt mit weißem<br />
Licht beschienen wird, ist es dann<br />
weiß?<br />
63
2 _ die welt der bäume<br />
2.2 Warum werden die Blätter im Herbst bunt?<br />
In den Experimenten der vorhergehenden Seiten haben wir uns ausführlich dem<br />
Thema „Chlorphyll“ gewidmet. Doch ein Blatt besteht aus viel mehr Inhaltsstoffen.<br />
Mit dem nächsten Versuch kann eindeutig nachgewiesen werden, dass in<br />
grünen Blättern nicht nur grüne, sondern auch orange und gelbe Bestandteile<br />
enthalten sind. Damit verbunden ist die Verfärbung der Blätter im Herbst.<br />
Extraktion von Chlorophyll<br />
» ein kleiner Mörser mit Pistill<br />
» ein kleines Glas (Reagenzglas oder<br />
Schnapsglas)<br />
» frisch gepflückte Blätter oder Nadeln<br />
» Oberflächendesinfektionsmittel (40 %<br />
Ethanol, 19 % Isopropanol)<br />
» Pipette<br />
» Filterpapier (ca. 15 cm x 1,5 cm –<br />
abhängig von der Größe des Glases) mit<br />
einem Loch am oberen Rand<br />
» Glasbehälter (z.B. Wasserglas,<br />
Marmeladenglas…)<br />
» Zahnstocher oder Schaschlikspieß<br />
» UV-Licht-Lampe<br />
Die Blätter oder Nadeln in möglichst kleine<br />
Stücke schneiden und in den Mörser<br />
geben. Mit einer Pipette ca. 6 ml Desinfektionsmittel<br />
dazugeben und das Pflanzenmaterial<br />
möglichst vollständig zerreiben.<br />
Mit der Pipette wird vorsichtig<br />
die dabei entstandene grüne Flüssigkeit<br />
in das Gläschen transferiert (möglichst<br />
ohne Feststoffe). Anschließend wird mit<br />
der Pipette am unteren Ende des Filterpapiers<br />
(ca. 1,5 cm über dem unteren<br />
Rand) ein grüner Streifen aufgetragen.<br />
Das beste Ergebnis wird erzielt, wenn<br />
der Streifen kurz getrocknet wird und der<br />
Auftrag wiederholt wird.<br />
Mit einem Mörser werden die Nadeln und/oder Blätter zerkleinert.<br />
64
die welt der Bäume _ 2<br />
Mit einer Pipette wird das extrahierte<br />
Chlorophyll auf das Filterpapier<br />
aufgetragen.<br />
Sollten jüngere Forscher:innen<br />
Probleme<br />
beim sauberen Auftragen<br />
der Chlorophylllösung<br />
haben, kann der untere<br />
Rand des Filterpapiers<br />
auch ca. 2 cm nach oben<br />
gefaltet werden. Die<br />
Knickstelle wird vorsichtig<br />
in die grüne Lösung getaucht.<br />
So entsteht eine<br />
gerade Linie mit Chlorophylllösung.<br />
Anschließend wird das Filterpapier mit Hilfe des Zahnstochers<br />
bzw. des Schaschlikspießes in den Glasbehälter gehängt.<br />
Nun so viel Desinfektionsmittel in das Glas geben,<br />
dass der Streifen ca. 0,5 cm in die Flüssigkeit eintaucht.<br />
ACHTUNG: Der grüne Auftrag darf das Fließmittel (Desinfektionsmittel)<br />
nicht berühren! Nach zirka einer Stunde wird<br />
das Ergebnis betrachtet.<br />
Auf dem Filterpapier haben sich mehrere gelbe,<br />
orange, grüne und braune Streifen gebildet.<br />
Denn durch das Mörsern wurden die Zellen in<br />
den Blättern und Nadeln vollständig zerstört<br />
und dabei die Zellbestandteile freigesetzt. Dazu<br />
gehören die grünen Moleküle, das Chlorophyll<br />
a und b und die orange-roten Carotine der<br />
Lichtsammelkomplexe I und II aus den Chloroplasten.<br />
Auch die farbigen Bestandteile der<br />
Chromoplasten und der Vakuole, die orangeroten<br />
Carotine (α-, β-, γ-, δ-, Lycopin), sowie weitere<br />
Carotinoide, die gelb-orangen Xantophylle<br />
(Lutein und Zeaxanthin) und die rot-violetten<br />
Anthocyane trennen sich auf. Diese Farbstoffe<br />
der Zelle lösen sich aufgrund ihres Aufbaus und<br />
ihrer Polarität unterschiedlich gut in Ethanol<br />
(polar) und Isopropanol (unpolar).<br />
65
2 _ die welt der bäume<br />
Wird das Filterpapier in die mobile Phase (also<br />
das Lösungsmittel) getaucht, steigt die Flüssigkeit<br />
durch die Kapillarität im Papier auf (siehe<br />
Papierforscherheft unter www.papiermachtschule.at).<br />
Die aufgetragenen Moleküle lösen<br />
sich im aufsteigenden Desinfektionsmittel<br />
unterschiedlich gut und steigen deshalb unterschiedlich<br />
hoch auf. So entstehen die verschiedenfarbigen<br />
Streifen. Oberhalb der zwei grünen<br />
Streifen aus Chlorphyll a und b befindet<br />
sich meist noch ein brauner Streifen aus oxidierten,<br />
„kaputt“ gegangenen Molekülen.<br />
Lauffront:<br />
Oxidationsprodukte<br />
Carotine<br />
Oxidierte Chlorophylle<br />
Aufgestiegene<br />
mobile Phase<br />
Chlorophyll a<br />
Chlorophyll b<br />
Xanthophylle (Lutein<br />
und Zeaxanthin)<br />
Auftrag: Weitere<br />
unlösliche und ungelöste<br />
Zellbestandteile<br />
Varianten<br />
VARIANTE 1 » DIREKT IN DEN PFLANZENSAFT HÄNGEN<br />
Wird das Filterpapier direkt in das Zellextrakt gehängt, so steigen auch hier die<br />
gelösten Moleküle unterschiedlich stark auf. Durch die Menge an Inhaltsstoffen<br />
sind allerdings keine klar abgegrenzten Linien erkennbar. Trotzdem sind auch<br />
hier deutlich die unterschiedlichen Farbtöne sichtbar.<br />
AUF TASCHENTUCH<br />
AUF KÜCHENROLLE<br />
Fichte Efeu Efeu Fichte Efeu Fichte<br />
66
die welt der Bäume _ 2<br />
VARIANTE 2 » ANDERE FLIESSMITTEL VERWENDEN UND VERGLEICHEN<br />
Wird eine andere mobile Phase benutzt (z.B. ein anderes Desinfektionsmittel<br />
aus 70 % EtOH (polar), lösen sich andere Bestandteile besonders gut und es<br />
entstehen andere Streifen. Daher ist unbedingt darauf zu achten, welches<br />
Lösungs- und Fließmittel eingesetzt wird.<br />
Lauffront:<br />
Oxidationsprodukte<br />
Chlorophyll a<br />
Carotine<br />
Chlorophyll b<br />
Anthocyane<br />
Xanthophylle (Lutein<br />
und Zeaxanthin)<br />
Auftrag: Weitere<br />
unlösliche und<br />
ungelöste<br />
Zellbestandteile<br />
Neben den grünen Chloroplasten enthalten Blattzellen auch bunte Chromoplasten.<br />
Sie sind unter anderem für die bunte Färbung von Blüten und Früchten<br />
verantwortlich. Im Herbst werden die Chloroplasten (mit dem grünen Chlorophyll)<br />
abgebaut oder zu Chromoplasten umgewandelt. Der grüne Farbstoff aus den<br />
Blättern verschwindet und die gelben, orangen und roten Farbstoffe werden nicht<br />
mehr überlagert. Die Blätter färben sich bunt!<br />
Der Aufbau der pflanzlichen Zelle kann in steirischen Schulen anhand der „genähten<br />
Pflanzenzelle“ genauer erforscht werden. Diese steht über proHolz Steiermark kostenlos<br />
zum Verleih zur Verfügung (siehe www.holzmachtschule.at/verleihmaterialien)<br />
67
2 _ die welt der bäume<br />
Chlorophyll unter<br />
ultraviolettem Licht<br />
Ergänzend zum vorherigen Experiment kann folgender Versuch durchgeführt werden:<br />
Während das Filterpapier im Fließmittel hängt,<br />
kann der restliche Pflanzensaft unter UV-Licht<br />
betrachtet werden (das eingesetzte ultraviolette<br />
Licht hat eine Wellenlänge von 395 nm). Der<br />
Raum sollte dazu möglichst gut abgedunkelt<br />
werden, damit der Effekt gut sichtbar ist (oder<br />
es wird unter großen dunklen Tüchern (Leintüchern)<br />
oder Decken gearbeitet). Der Pflanzensaft<br />
fluoresziert gelb/orange bis intensiv rot.<br />
ACHTUNG: Dieses UV-Licht ist für den Menschen<br />
ungefährlich, jedoch sollte nie direkt in<br />
die Lampe geschaut werden.<br />
Das UV-Licht trifft auf die Chlorophyllmoleküle<br />
und versetzt diese in einen energiereichen, angeregten<br />
Zustand. Da die Energie in der Chlorophyll-Lösung<br />
nicht für Fotosynthese genutzt<br />
werden kann, wird sie in Form von Fluoreszenz<br />
wieder abgegeben. Daher kommt das intensiv<br />
gelb-rote Leuchten. Im lebenden Baum würde<br />
diese Energie, die wir als leuchtendes Rot sehen,<br />
für die Fotosynthese, also die Umwandlung<br />
von CO 2<br />
und H 2<br />
O zu Zucker (Glukose) und<br />
O 2<br />
, aufgewandt werden.<br />
Wenn UV-Licht auf Chlorophyll trifft, fluoresziert es gelb/orange bis intensiv rot.<br />
68
die welt der Bäume _ 2<br />
2.3 Wie gelangt die bei der Fotosynthese<br />
erzeugte Glukose von den Blättern und Nadeln<br />
in die restlichen Teile des Baumes?<br />
Wichtige „Transportkanäle“ in Blättern sind die so genannten „Blattadern“. Sie<br />
durchlaufen die Blätter netzförmig (von der Mittelrippe ausgehend) und ermöglichen<br />
den Zustrom von Wasser und den Abtransport von Assimilaten (u.a. Glukose).<br />
Mit folgendem Versuch können die Blattadern sichtbar gemacht werden:<br />
Danke an den Ideengeber Hans Peter Killingseder<br />
bei der Fortbildung „Mathematik im Wald“<br />
Blätterskelett<br />
» frische Blätter von Bäumen<br />
» größeres Schraubglas mit weiter Öffnung<br />
» 10%ige Kaliumhydroxid-Lösung (KOH)<br />
Alternative: 7-10%ige Waschsoda-Lösung<br />
(Natrium Carbonat Na 2<br />
CO 3<br />
)<br />
» Topf (als Wasserbad für das Erwärmen<br />
der Lösung) & hitzebeständiges Gefäß<br />
(z.B. Metallschüssel)<br />
Je Schüler:in:<br />
» 1 Unterlage, mind. 1 Stk. Küchenrolle,<br />
1 weiche Zahnbürste<br />
Vorbereitung<br />
(kann auch zu Hause erfolgen):<br />
Zuerst werden die Blätter in heißer<br />
KOH-Lösung mazeriert (macerare<br />
= lat. „zermürben“ – in der Biologie<br />
versteht man darunter das Zerfallen<br />
von pflanzlichem Gewebe in seine<br />
Zellen). Dazu wird die KOH-Lösung<br />
in ein hitzebeständiges Gefäß (z.B.<br />
eine Metallschüssel) geleert. Wasser<br />
wird (z.B. in einem Topf) zum Sieden<br />
bzw. Kochen gebracht – das hitzebeständige<br />
Gefäß mit der Lösung<br />
wird in das heiße Wasserbad gestellt.<br />
Die Blätter werden darin ca. 20 – 40<br />
Minuten lang eingeweicht (bei der<br />
Waschsoda-Lösung kann es mehrere<br />
Stunden dauern bzw. funktioniert<br />
das Experiment nur mit sehr weichen<br />
Blättern). Anschließend werden die<br />
Blätter mehrfach mit Wasser abgespült<br />
und in das mit reinem Wasser<br />
gefüllte Schraubglas gegeben.<br />
Mazerierte Blätter im Wasserbad<br />
69
2 _ die welt der bäume<br />
In der Schule<br />
Jede:r Schüler:in bekommt eine Unterlage. Darauf werden das Stück Küchenrolle und das<br />
mazerierte Blatt gelegt. Mit der weichen Zahnbürste werden ganz vorsichtig die weichen<br />
Blatteile abgebürstet. Übrig bleiben die Blattadern in Form eines wunderschönen Blätterskeletts.<br />
Dieser Versuch eignet sich sehr gut, um eine aufgeregte Klasse zu beruhigen. Damit das<br />
Experiment funktioniert, sind seitens der Schüler:innen Sorgfalt und Konzentration gefragt.<br />
ACHTUNG:<br />
KOH ist eine starke Lauge – unbedingt Handschuhe und Schutzbrille tragen! Vorsicht,<br />
wenn die Blätter in die heiße Lösung gegeben werden – es kann zu einem Siedeverzug<br />
kommen. Am besten eine Zange benutzen, damit ein entsprechender Abstand zum Topf<br />
(Wasserbad) gehalten werden kann.<br />
Wer nicht mit Lauge arbeiten möchte, kann die Blätter einfach einige Wochen lang in<br />
ein dichtes, mit Wasser gefülltes Gefäß geben (z.B. in ein leeres großes Essiggurkenglas).<br />
Wie bereits erwähnt, ist ein Aufkochen mit Waschsoda möglich, um die Mazerierung<br />
umzusetzen (70 – 100 g Waschsoda auf 1 l Wasser). Die Blätter müssen dabei<br />
aber viel länger gekocht werden, als in der KOH-Lauge (mind. 2 – 3 Stunden).<br />
70
die welt der Bäume _ 2<br />
Beim Erhitzen der KOH-Lösung wird die Zellstruktur<br />
der Blätter aufgelöst. Somit können<br />
alle Blattbestandteile bis auf die widerstandsfähigen<br />
Blattadern mit der Zahnbürste entfernt<br />
werden. Warum sind die Blattadern so<br />
widerstandsfähig? Ganz einfach: Ohne Blattadern<br />
keine Wasserversorgung – ohne Wasserversorgung<br />
keine Fotosynthese.<br />
Die Pflanze würde nicht mehr mit Nährstoffen<br />
versorgt werden und absterben. Deshalb sind<br />
die Blattadern oder „Leitbündel“ von einer besonderen<br />
Schutzhülle, den so genannten „Leitbündelscheidezellen“<br />
(auch Sklerenchymzellen<br />
gennant) umgeben. Sie haben eine besonders<br />
widerstandsfähige Zellwand.<br />
In Blättern funktioniert die Versorgung über die Blattadern. Aber wie sieht es<br />
bei Nadeln von Nadelbäumen aus? Natürlich verlaufen auch in den Nadeln<br />
Transportkanäle – aber nicht netzweise verzweigt wie bei den Blättern,<br />
sondern längs und parallel.<br />
Vergleich Aufbau eines typischen Blatts zu einer typischen Nadel<br />
Schematischer<br />
Blatt-<br />
Querschnitt<br />
Im Xylem wird das<br />
Wasser in die Blätter<br />
transportiert, im<br />
Phloem werden die<br />
Assimilate aus dem<br />
Blatt in die gesamte<br />
Pflanze verteilt.<br />
Schematischer<br />
Nadel-<br />
Querschnitt<br />
Quelle: Privatdozent Dr. Ulrich Müller (BOKU Wien)<br />
71
2 _ die welt der bäume<br />
2.4 Wie kommt das Wasser aus dem Boden<br />
in die Blätter und Nadeln?<br />
Einleitend eine kurze Zusammenfassung, wie sich ein Baum mit Wasser<br />
und Nahrung versorgt (nähere Informationen siehe<br />
Holzexperimente Forscherheft 1.0 S. 16 f):<br />
Bäume nehmen Wasser und Nährstoffe über<br />
die Wurzeln aus der Erde auf. Der Motor für<br />
die Aufnahme ist der positive Wurzeldruck (Osmose).<br />
Über die Leitungsbahnen im Splintholz<br />
werden die Wasserteilchen im gesamten Baum<br />
verteilt.<br />
Auf der Unterseite der Blätter und Nadeln sind<br />
kleine Öffnungen (Spaltöffnungen oder Stomata),<br />
über die der Baum atmet. Wind und<br />
Sonneneinstrahlung bewirken, dass die Wasserteilchen<br />
an diesen Öffnungen verdunsten.<br />
Dabei „ziehen“ sie immer mehr Wasserteilchen<br />
aus den Leitungen nach – es entsteht ein Sog,<br />
wie bei einem Trinkhalm. Unterstützt wird dieser<br />
Vorgang durch die Kapillarwirkung.<br />
Mit der Zeichnung auf der Nebenseite kannst du den Wassertransport im Baum hautnah erleben:<br />
Nimm ein mobiles Endgerät (Mobiltelefon, Tablet o.ä.) und lade aus dem App-Store bzw. Google-<br />
Play-Store die AREEKA-App herunter. Halte die Kamera des Handys bzw. Tablets auf die Zeichnung<br />
und schon geht es los (der Download-Prozess kann ein bis zwei Minuten dauern):<br />
» Tippe auf den Wasserstrom im Baum, um ihn in Gang zu setzen.<br />
» Tippe auf die Sonne und den Wind, um sie „einzuschalten“ und die Geschwindigkeit<br />
des Wasserstroms zu beeinflussen.<br />
Wie in der Realität beschleunigen Sonneneinstrahlung<br />
(mehr Verdunstung) und der Wind<br />
den Wasserstrom im Baum.<br />
Augmented<br />
Reality<br />
SCAN ME!<br />
So erweckst du die Augmented-Reality-Zeichnung auf Seite 73 zum Leben:<br />
72
die welt der Bäume _ 2<br />
WASSERTRANSPORT IM BAUM<br />
73
2 _ die welt der bäume<br />
Wie trinkt der Baum?<br />
Dieser komplexe Vorgang kann bereits jüngeren Schüler:innen anhand der<br />
Geschichte „Der König und die Buche“ und einem damit verbundenen<br />
Experiment näher gebracht werden.<br />
» 1 durchsichtige Schüssel<br />
(ca. Größe einer<br />
Salatschüssel)<br />
» 1 Kübel (oder ein anderes<br />
Gefäß – vom Volumen her<br />
mindestens so groß<br />
wie die Schüssel)<br />
» 1 Stück durchsichtiger<br />
Schlauch (ca. 1,5 m)<br />
» 1 Klebekristall<br />
(selbstklebend)<br />
» gebastelte Figuren aus<br />
Holz oder Papier (König,<br />
Königin, Prinzessin, Prinz)<br />
» Märchen<br />
„Der König und die Buche“<br />
» evt. ein gebastelter Baum<br />
Die Schüssel wird mit Wasser gefüllt und auf einen<br />
Tisch gestellt. Den Kübel und den Schlauch griffbereit<br />
halten, aber noch verstecken. Auf die Krone der Königin<br />
wird der Kristall geklebt.<br />
Nun wird die Geschichte vorgelesen – die Figuren werden<br />
dazu entsprechend bewegt. Kurz zusammengefasst<br />
geht die Königin im Wald spazieren. Sie schaut ihr<br />
Spiegelbild im See an, dabei fällt der wertvolle Kristall<br />
ins Wasser. Ohne diesen Kristall „verliert“ sie die Macht<br />
im Königreich. Nachdem die Königin aber aus Holz bzw.<br />
Papier besteht, darf sie nicht nass werden. Wie kann<br />
sie ihren Kristall zurückholen, ohne dass sie mit dem<br />
Wasser in Berührung kommt? Ein Baum gibt der Königin<br />
den Tipp, dass sie gleich agieren soll wie er, wenn er<br />
Wasser aufnimmt.<br />
Bastel-Vorlagen und<br />
Märchen: Download unter<br />
www.holzmachtschule.at/<br />
holzforscherheft2<br />
Herzlichen Dank an<br />
Elke Hofstätter für<br />
diese Experimentidee!<br />
www.hofstaetter-elke.eu<br />
Materialien für das Experiment<br />
74
die welt der Bäume _ 2<br />
An diesem Punkt der Geschichte wird der Kübel auf dem Boden unter der Schüssel platziert. Der<br />
Schlauch wird in den „See“ (also die volle Wasserschüssel) gesteckt – dann wird kurz angesaugt,<br />
bis das Wasser fast den Mund erreicht hat. Anschließend den Daumen auf das Schlauchende<br />
halten und dann in den Kübel stecken. Das Wasser läuft nun von selbst in den Kübel, bis der See<br />
leer ist.<br />
Der Schlauch im Experiment symbolisiert die<br />
sehr viel feineren Leitungsbahnen in einem<br />
Baum. Ein Baumstamm besteht aus unzähligen<br />
Leitungsbahnen, durch die das Wasser<br />
unter anderem mit Hilfe des Kapillareffektes<br />
nach oben steigt. Für kleinere Kinder kann<br />
dieser Prozess wie folgt erklärt werden: Wasser<br />
kann in ganz dünnen Röhrchen nach oben<br />
steigen („klettern“), da die kleinen Wasserteilchen<br />
an Oberflächen haften (Adhäsion). Verglichen<br />
werden kann dieser Vorgang mit Kindern,<br />
die am Türrahmen nach oben klettern.<br />
Außerdem halten sich die Wasserteilchen aneinander<br />
fest und ziehen sich nach oben (Kohäsion).<br />
Das Ganze nennt man Kapillareffekt<br />
oder „Haarröhrchenwirkung“ (capillus = lat.<br />
Haar). In diesem Experiment wirkt allerdings<br />
nicht der Kapillareffekt, da der Schlauch viel<br />
zu dick ist.<br />
Das Gewicht der Wasserteilchen im längeren<br />
Teil des Schlauches (zum Kübel) ist schwerer<br />
als im kürzeren. Dieses, in den tiefer stehenden<br />
Kübel, ablaufende Wasser zieht durch die<br />
Kohäsionskraft das Wasser aus dem „See“.<br />
Das Experiment zeigt nur einen kleinen Teil<br />
des tatsächlichen „Trinkvorgangs“ im Baum.<br />
Dieser ist noch viel komplexer und wird auf<br />
den folgenden Seiten noch weiter erläutert.<br />
Die Schüler:innen am Anfang<br />
raten lassen, warum die Figuren<br />
nicht nass werden dürfen.<br />
Die Kinder selbst raten lassen,<br />
wie man mit den zwei Gefäßen<br />
und dem Schlauch das Wasser<br />
aus dem „See“ bringen könnte<br />
(sie evt. sogar selbst probieren<br />
lassen). Nähere Informationen<br />
zum Aufbau von Holz (Leitungsbahnen,<br />
Zellen etc.)<br />
siehe <strong>Holzforscherheft</strong> 1.0<br />
(online als Blätterkatalog unter<br />
www.holzmachtschule.at).<br />
75
2 _ die welt der bäume<br />
Was hat der Wassertransport im Baum mit dem Wachstum zu tun?<br />
Bäume können 120 bis 150 Meter hoch werden.<br />
Die Baumhöhe ist hauptsächlich durch<br />
den Wassertransport limitiert. Das beginnt bei<br />
der Wasseraufnahme der Wurzeln im Boden,<br />
geht über die Weiterleitung in den Leitungsbahnen<br />
im Holz bis hin zur Transpiration an<br />
den Blättern und Nadeln. Ein entscheidender<br />
Faktor ist der Aufbau des Holzes (siehe S. 84 ff).<br />
Nur ca. 5 % des aufgenommenen Wassers werden tatsächlich in der Pflanze für die<br />
Zellentwicklung und das Wachstum verwertet, 95 % werden direkt verdunstet.<br />
Darum ist es zum Beispiel in einem Wald immer kühler als in bebautem Gebiet<br />
(laut neuesten Untersuchungen um ca. 4°C).<br />
Als Faustformel kann man annehmen, dass Fichten ca. 10 l, Buchen ca. 30 l,<br />
Eichen 40 l und Birken weit über 100 l pro (heißem, sonnigem) Tag verdunsten.<br />
Große Regenwaldbäume verdunsten sogar bis zu 1.200 l/Tag.<br />
FÜR EXPERT:INNEN<br />
Die Transpiration von Bäumen als die treibende Kraft für die Wasseraufnahme kann in einem<br />
faszinierenden Experiment nachgewiesen werden. Nicht für einen kurzen Workshop geeignet,<br />
sondern eher ein längerfristiger Versuch in der Schule: Ein künstlicher Baum wird über eine<br />
Höhe von bis zu 10 m nachgestellt. Mit Hilfe eines Ventilators wird Wind erzeugt. Messungen haben<br />
ergeben, dass innerhalb von 8 Stunden der künstliche Baum selbst ohne Wind 2,88 g Wasser<br />
verdunstet – durch den Wind wird dieser Wasserverlust deutlich beschleunigt.<br />
Hier sind bereits nach weniger als 2 h die 2,75 g Wasser verdunstet.<br />
Eine genaue Versuchsbeschreibung ist in Susman et al. (2011) Water transport in trees – an artificial<br />
laboratory tree; Phys. Educ. 46340 (http://iopscience.iop.org/0031-9120/46/3/015) zu finden.<br />
Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus aus Susman et al. (2011). Die Gramm Angaben sind<br />
Hochrechnungen aufgrund der in der Veröffentlichung angegebenen Verdunstung pro Minute.<br />
76
die welt der Bäume _ 2<br />
Stimmt es, dass Bäume nur am Tag wachsen?<br />
Das Thema, ob Bäume nur am Tag, in der Nacht<br />
oder immer wachsen, wurde lange diskutiert.<br />
Allerneueste Untersuchungen haben jetzt gezeigt,<br />
dass Bäume hauptsächlich in der Nacht<br />
wachsen (Zweifel et al. (2021); Why trees grow<br />
at night; New Phytologist).<br />
Die Forscher:innen haben über acht Jahre den<br />
stündlichen Zuwachs von Stammdurchmessern<br />
bei Bäumen gemessen. Dabei haben sie<br />
festgestellt, dass Bäume hauptsächlich dann<br />
wachsen, wenn das Sättigungsdefizit (VPD – vapour<br />
pressure deficit) am geringsten ist. Das ist<br />
in der Nacht – genauer gesagt kurz nach Mitternacht<br />
– der Fall. Das bedeutet, wenn die Luftfeuchtigkeit<br />
am höchsten ist, macht der Baum<br />
am meisten Dickenwachstum. Je früher er in<br />
der Nacht zu wachsen beginnt, desto stärker<br />
wächst er insgesamt. Ein hohes Sättigungsdefizit<br />
(trockene Luft) am Tag verhindert dagegen<br />
das Wachstum.<br />
Außerdem hat das Forscher:innen-Team aufgezeigt,<br />
dass das Wachstum von Bäumen empfindlicher<br />
auf das Sättigungsdefizit reagiert als<br />
die Verdunstung.<br />
Das heißt, dass Bäume bei Trockenheit schneller<br />
aufhören zu wachsen, als dass die Stomata<br />
(Spaltöffnungen an Blättern und Nadeln) sich<br />
schließen, und somit die Verdunstung von<br />
Wasser verhindern (siehe S. 72 f).<br />
77
2 _ die welt der bäume<br />
2.5 Wald - echt „dufte“!<br />
Weltweit bestätigen Studien die wohltuende und gesundheitsfördernde Wirkung<br />
von Waldspaziergängen auf den Menschen. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle:<br />
Beruhigende Geräusche (sanftes Rauschen des Windes, Vogelstimmen …), angenehme<br />
Temperaturen (u.a. aufgrund der Verdunstung von Wasser), die Farbe<br />
„Grün“ als beruhigendes optisches Element oder der „herrliche Waldgeruch“.<br />
Immer öfter werden diese Wald-Düfte in<br />
Wohn- und Arbeitsräumen eingesetzt, um die<br />
positive Wirkung auch außerhalb der Wälder<br />
zu verspüren. Meist handelt es sich dabei um<br />
ätherische Öle, die aus verschiedenen (Nadel-)<br />
Bäumen gewonnen werden.<br />
Diese ätherischen Öle haben in den Bäumen<br />
verschiedenste Funktionen: Sie können Lockstoffe<br />
für bestimmte Insekten sein, Fressfeinde<br />
und Krankheitserreger abwehren, die Wundheilung<br />
bei Schäden beschleunigen oder als<br />
„Frostschutz“ dienen.<br />
Die Geruchsstoffe befinden sich nicht nur in den Nadeln, sondern auch direkt im<br />
Holz. Darum riecht es so gut, wenn man ein Holzhaus oder einen Raum betritt, der<br />
mit unbehandeltem Holz ausgestattet wurde. Besonders intensiv riecht zum Beispiel<br />
Zirbenholz. Ihm werden dank der ätherischen Öle gesundheitsfördernde und<br />
antibakterielle Eigenschaften zugeschrieben.<br />
Die positive Wirkung von<br />
Holz auf den Menschen<br />
wurde u.a. von der TU München<br />
(Lehrstuhl für Holzbau<br />
und Baukonstruktion)<br />
in einer Studie erforscht<br />
(„Gesundheitliche Interaktionen<br />
von Holz – Mensch<br />
– Raum“). Die Ergebnisse<br />
dokumentieren eine Verbesserung<br />
des Raumklimas<br />
und der Lebensqualität sowie<br />
ein gesteigertes Wohlbefinden<br />
durch unbehandelte<br />
Holzoberflächen. Die<br />
Leistungs- und Erholungsfähigkeit<br />
sowie die Stressresistenz<br />
wurden gesteigert, selbst eine mögliche Vorbeugung gegen Demenz konnte in Aussicht<br />
gestellt werden. Nicht umsonst wird Holz zum Beispiel im Krankenhausbau verstärkt eingesetzt.<br />
78
die welt der Bäume _ 2<br />
Ätherische Öle im Klassenzimmer<br />
ohne Destillation<br />
Ätherische Öle wirken sich nicht nur auf den Baum selbst, sondern auch auf uns<br />
Menschen positiv aus. In diesem Experiment machen wir uns die heilende Wirkung<br />
von Fichtennadelöl zu Nutze und stellen Maiwipferlsirup als Hustenstiller her.<br />
» 1 Schraubglas (z.B. sauberes<br />
Essiggurkenglas)<br />
» Maiwipferln (frische,<br />
grüne Fichtentriebe; ca. 300 g)<br />
» brauner Zucker (ca. 600 g)<br />
» kleine Flasche (zum Abfüllen<br />
des Saftes)<br />
» (Kaffee)filter<br />
Wie der Name schon sagt, werden die Maiwipferln<br />
zwischen Mitte April und Anfang Juni (je nach<br />
Lage des Waldes) von Fichtenbäumen gepflückt.<br />
ACHTUNG: Nicht zu viele Triebe vom gleichen<br />
Baum abnehmen, um das Wachstum nicht negativ<br />
zu beeinflussen! Die Maiwipferln anschließend<br />
schichtweise abwechselnd mit dem braunen Zucker<br />
in das Glas geben (die letzte Schicht muss<br />
aus Zucker bestehen) und rund drei Wochen in<br />
die Sonne (z.B. auf die Fensterbank) stellen (ohne<br />
Schraub-Deckel, aber mit einem sauberen Tuch<br />
abgedeckt). In dieser Zeit entzieht der Zucker<br />
den Maiwipferln den Saft und es bildet sich Sirup.<br />
Nach drei Wochen werden die Feststoffe herausgefiltert<br />
(z.B. durch einen Kaffeefilter) und der<br />
entstandene Hustensaft kann rund ein Jahr im<br />
Kühlschrank gelagert werden.<br />
Die jungen Fichtennadeln haben noch keine ausgeprägte<br />
schützende Wachsschicht (Cuticula). Die<br />
Triebe enthalten besonders viele wertvolle ätherische<br />
Öle, Harze, Tannine und Vitamin C. Der Zucker<br />
wirkt hygroskopisch und entzieht den noch<br />
jungen Nadeln die Flüssigkeit (also das zuvor aufgenommene<br />
Wasser). Darin gelöst sind die heilenden<br />
Wirk- und Duftstoffe.<br />
In Maiwipferln sind besonders viele<br />
Wirk- und Duftstoffe gelöst.<br />
79
2 _ die welt der bäume<br />
Destillation von Fichtennadelöl<br />
» frische Fichtenzweige<br />
(ca. 500 g)<br />
» frisches, reines Wasser<br />
(ca. 500 ml)<br />
(Verhältnis frisches Material<br />
zu Wasser 1:1)<br />
» Destille<br />
» evt. Wasseranschluss<br />
(nur bei Kühlung mit fließendem<br />
Wasser notwendig)<br />
oder Eiswürfel)<br />
» Herdplatte<br />
» sterilisiertes Glas mit Verschluss<br />
» PH-Indikator<br />
» sterilisierter Kaffee-Filter<br />
» Pipette<br />
Versuchsaufbau mit Destille<br />
Vorbereitung: Das Glasgefäß wird sterilisiert, indem<br />
es z.B. 5 Minuten in einem Topf ausgekocht wird.<br />
Der Kaffeefilter (zum Filtern des Hydrolates) wird<br />
für 30 Sekunden in der Mikrowelle erhitzt.<br />
Es gibt verschiedene Formen der Destillation – bei<br />
diesem Experiment wird eine Wasserdampf-Destillation<br />
durchgeführt. Dazu werden die Fichtennadeln<br />
zuerst mit einem scharfen Messer oder<br />
einer scharfen Schere zerkleinert und in den Aromakorb<br />
der Destille gegeben. Der Kessel wird mit<br />
dem Wasser gefüllt und der Aromakorb so eingesetzt,<br />
dass das Pflanzenmaterial nicht direkt das<br />
Wasser berührt.<br />
Der Kessel wird mit einem Deckel mit angeschlossener<br />
Kühlkuppel verschlossen. Diese Kühlkuppel<br />
kann mit Eis oder kaltem Wasser gefüllt sein, oder<br />
mit fließendem kalten Wasser gekühlt werden.<br />
Der Kessel wird erhitzt, das Wasser beginnt zu<br />
kochen. Der aufsteigende Wasserdampf<br />
durchdringt das Pflanzenmaterial<br />
im Aromakorb und<br />
ätherische Öle und andere wasserlösliche,<br />
flüchtige Substanzen<br />
werden mitgerissen.<br />
Der Dampf kondensiert in der<br />
Kühlkuppel, wird wieder flüssig,<br />
läuft durch das Dampfrohr ab<br />
und kann in dem sterilisierten<br />
Glas aufgefangen werden. Die<br />
Flüssigkeit ist eine Mischung aus<br />
ätherischen Ölen und dem so genannten<br />
Hydrolat. Die Destillation<br />
ist abgeschlossen, wenn der<br />
PH-Wert im Hydrolat auf 6 – 7 zu<br />
steigen beginnt.<br />
80
die welt der Bäume _ 2<br />
Die ätherischen Öle schwimmen auf der Oberfläche und<br />
können nun mit einer Pipette abgenommen werden.<br />
HINWEIS: Der Geruch der ätherischen Öle ändert sich in den ersten 3 – 4 Wochen noch etwas,<br />
danach stabilisiert er sich. Schwebstoffe sollten mit einem sauberen Filter (z.B. dem sterilisierten<br />
Kaffeefilter) abgefiltert werden. Sie lassen das Hydrolat schneller verderben.<br />
81
2 _ die welt der bäume<br />
2.6 Holz unter dem Mikroskop<br />
Der Aufbau von Holz kann am besten mit einem Mikroskop erforscht werden.<br />
Die Palette reicht dabei von einfachen Becherlupen (nur sehr bedingt geeignet),<br />
klassischen „analogen“ Stereomikroskopen (Schüler:innen-Mikroskopen) über<br />
digitale Handmikroskope bis hin zu professionellen Durchlichtmikroskopen. Auf<br />
den folgenden Seiten stellen wir Themen bzw. Teile des Baumes vor, die sich optimal<br />
für die Mikroskopie eignen.<br />
Wie entstehen Jahresringe?<br />
Wie Jahresringe zustande kommen, wird im<br />
<strong>Holzforscherheft</strong> 1.0 (S. 12 f) bildlich dargestellt<br />
und auf den nächsten Seiten dieses Heftes detaillierter<br />
erläutert. Kurz zusammengefasst entstehen<br />
sie durch eine Abfolge von Wachstum<br />
und Ruhephase: Im Frühjahr wächst der Baum<br />
schnell – er bildet große Zellen mit dünnen Zellwänden<br />
aus – das Holz ist hell (sog. „Frühholz“).<br />
Im Sommer beginnt er mit der Einlagerung von<br />
Nährstoffen und mit dem Schutz gegen Kälte<br />
und Schädlinge – dieses Holz ist dunkler (sog.<br />
Spätholz). Somit entsteht pro Jahr ein Jahresring.<br />
In Ländern mit gleichbleibendem Klima<br />
(ohne lange Hitze- und Kälteperioden) gibt es<br />
keine typischen Jahresringe.<br />
Die Dendrochronologie ist ein Fachgebiet, das sich intensiv mit der Jahrringforschung<br />
auseinandersetzt (dendro = lat. Baum; chrono = lat. Zeit). Dabei wird einerseits z.B.<br />
die klimatische Veränderung über die letzten Jahrtausende erforscht, andererseits<br />
kann mit dieser Wissenschaft das Alter von Holzstücken (z.B. Holzbalken) und somit<br />
von ganzen Holzgebäuden, -möbeln oder sogar Fossilien definiert werden.<br />
82
die welt der Bäume _ 2<br />
FÜR EXPERT:INNEN<br />
Der für die Dendrochronologie essentielle „Hohenheimer Jahrringkalender“ geht 12.500 Jahre<br />
zurück bis zum Ende der letzten Eiszeit. Anhand der speziellen Jahrring-Abfolge können Objekte<br />
(z.B. Holzbalken) damit relativ genau datiert werden. Somit ist es möglich, z.B. das Alter von Gebäuden<br />
zu bestimmen oder konservierte Holzstücke (z.B. aus Mooren) den Wachstumszeiten<br />
zuzuordnen. Weiters werden aus den Jahrringen Ereignisse wie Schäden am Baum z.B. durch<br />
Kriege (Einschüsse), Wild oder Unwetter herausgelesen.<br />
Eine Holzprobe muss mindestens 50 Jahrringe aufweisen, damit eine Altersbestimmung durchgeführt<br />
werden kann. Der Jahrring-Kalender wurde zum Teil aus versteinerten Mooreichen-Stücken<br />
erstellt. Somit kann auch das Alter von fossilen Fundstücken bestimmt werden (die Dendrochronologie<br />
gilt in diesem Fall als zuverlässiger als die C14-Methode).<br />
DENDROCHRONOLOGIE<br />
Im wahrsten Sinne des Wortes hinterlassen „einschneidende“ Ereignisse ihre Spuren im Holz.<br />
Anhand dessen können viele geschichtlich interessante Geschehnisse Jahrringen zugeordnet werden.<br />
83
2 _ die welt der bäume<br />
Eine Baumscheibe unter der Lupe<br />
» Baumscheibe/Holzscheibe,<br />
sonstige Holzstücke, Furniere<br />
» Handmikroskope<br />
(www.holzmachtschule.at/<br />
verleihmaterialien)<br />
DM4-Mikroskop mit Display<br />
(Zoom: 500/1000;<br />
Fokussierbereich: 10-40 mm)<br />
» evt. ergänzend ein<br />
größeres Binokular<br />
» evt. Laborrasierklingen/<br />
Bügelklinge (mit nur einer<br />
Schneideseite und einem Griff)<br />
» evt. Pipette<br />
Die meisten Mobiltelefone und Tablets<br />
können als Lupe eingesetzt werden:<br />
I-Phones haben eine Lupenfunktion vorinstalliert<br />
und in den App-Stores findet<br />
man zahlreiche kostenlose Lupen-Apps.<br />
Für die Betrachtung von Jahresringen sind ganze<br />
Baumscheiben besonders gut geeignet. Die Klasse<br />
wird in Gruppen/Teams aufgeteilt – jede Gruppe<br />
erhält ein Mikroskop. Wenn vorhanden, wird<br />
am Binokular ein Jahrring stark vergrößert. Für<br />
eine genauere Betrachtung des Holzes kann mit<br />
der Labor-Rasierklinge eine Scharte in den Querschnitt<br />
gemacht werden. Dadurch ist es möglich,<br />
den Aufbau horizontal und vertikal zu betrachten.<br />
Deutlich ist der Übergang zwischen der hellen<br />
Frühholzzone zum dunkleren Spätholz erkennbar.<br />
Nadelbäume haben die Strategie, dünnwandige<br />
Zellen mit einem großen Lumen (Hohlraum<br />
in Holzzellen) für den Wassertransport im Frühjahr<br />
zu bilden (heller Teil im Jahrring) und dickwandige<br />
Zellen mit engen Lumen für die Festigkeit<br />
ab Sommer (dunkle Teile im Jahrring).<br />
84
die welt der Bäume _ 2<br />
In Laubhölzern sind eher Größe und Anzahl an<br />
Gefäßen ausschlaggebend. Ringporige Laubhölzer<br />
(z.B. Esche, Ulme, Eiche) stellen den<br />
Wassertransport durch große Gefäße im Frühjahr<br />
sicher. Ab dem Sommer wird die Festigkeit<br />
durch kleinere und eine geringere Anzahl an<br />
großlumigen Gefäßen gewährleistet. Bei zerstreutporigen<br />
Laubhölzern (z.B. Buche, Ahorn,<br />
Pappel) ist der Unterschied zwischen Früh- und<br />
Spätholz weniger deutlich – der Jahrring ist dadurch<br />
schwerer zu erkennen (siehe <strong>Holzforscherheft</strong><br />
1.0 Seite 18).<br />
Bäume machen sekundäres Dickenwachstum.<br />
Das unterscheidet Bäume von allen anderen<br />
Pflanzen – z.B. auch von Palmen (Palmen sind<br />
keine echten „Bäume“). Das heißt, dass sie jedes<br />
Jahr um eine „Schicht“ dicker werden. Das<br />
Kambium (befindet sich zwischen Bast und<br />
Holz) betreibt aktive Zellteilung. Nach innen<br />
werden jedes Jahr neue Holzzellen (Xylemzellen)<br />
für den Wassertransport gebildet, nach<br />
außen Bastzellen (Phloemzellen), in welchen<br />
der Assimilattransport (z.B. für Nährstoffe/<br />
Glukose) stattfindet.<br />
Wie beim Kinderspiel „Fang den Hut“ wird der<br />
Baum jedes Jahr höher und dicker. Im Frühjahr<br />
werden, wie erwähnt, hauptsächlich Zellen<br />
und Gefäße gebildet, die einen effektiven<br />
Wassertransport sicherstellen, ab dem Sommer<br />
werden Gefäße gebildet, die die Stabilität<br />
des Baumes für den Winter sicherstellen.<br />
wie wächst ein baum?<br />
Ein Baum wächst an der Spitze in die<br />
Höhe, bzw. an den Astspitzen in die<br />
Länge. Im Bereich des Stammes<br />
erfolgt das sekundäre Dickenwachstum.<br />
Vom Kambium (grün)<br />
bilden sich jedes Jahr neue Holzzellen<br />
(Wassertransport) nach<br />
innen und neue Bastzellen<br />
(Assimilattransport) nach<br />
außen. Abgestorbene Bastzellen<br />
bilden die Rinde, ältere,<br />
je nach Baumart eventuell funktionslose<br />
Holzzellen, bilden<br />
das Kernholz. Dieses ist oft<br />
durch eine dunklere Färbung<br />
zu erkennen.<br />
Ast<br />
Kambium<br />
Rinde<br />
85
2 _ die welt der bäume<br />
VARIANTE 1<br />
Die Schüler:innen können weitere Objekte rund<br />
um Wald & Holz mit den Mikroskopen untersuchen<br />
(z.B. Äste, Moos, Furniere, Zapfen, Samen, …). Welche<br />
Funktion haben diese Objekte im Wald? Anschließend<br />
können die Holzstücke mit Materialien<br />
im Raum verglichen werden. Besonders interessante<br />
Dinge werden dem/der Pädagog:in für das<br />
Binokular gebracht und evt. am Schluss der ganzen<br />
Klasse vorgestellt. Dabei werden das selbständige<br />
Präsentieren eigener Forschungsergebnisse und<br />
das Sprechen vor der Klasse in einem ungezwungenen<br />
Rahmen trainiert.<br />
VARIANTE 2<br />
Alternativ können mit mobilen Handmikroskopen<br />
bzw. mobilen Endgeräten mit Lupen-Funktion Objekte<br />
direkt im Wald mikroskopiert werden. Oder es<br />
werden im Wald interessante Gegenstände für die<br />
Mikroskopie im Klassenzimmer gesucht. Oft tauchen<br />
dabei Abfälle auf. Anhand von diesen kann die<br />
Diskussion gestartet werden, was im Wald erlaubt<br />
ist und was nicht. Auch Insekten, ausgerissene kleine<br />
Bäumchen o.ä. können Diskussionsgrundlage<br />
für das Verhalten im Wald sein.<br />
VARIANTE 3<br />
Holz und Holzprodukte sind saugfähig, sofern die<br />
Oberfläche nicht versiegelt wurde (z.B. mit Wachs,<br />
Lack oder Öl). Was passiert, wenn man mit der Pipette<br />
Wasser auf Holzoberflächen tropft? Mit den<br />
meisten Mikroskopen kann das Eindringen des<br />
Wassers genau untersucht werden. Bei intensiver<br />
Beobachtung fällt auf, dass der Wassertropfen<br />
den Untergrund gleich wie eine Lupe optisch vergrößert.<br />
Das kann zum Anlass genommen werden,<br />
einen Exkurs zur „Optik“ zu machen.<br />
86
die welt der Bäume _ 2<br />
Einblicke in das Holz<br />
mit Augmented Reality<br />
Das Bild mit der Areeka-App scannen. Klicke auf die Zahlen von 1 – 5 (oder die Pfeile links und<br />
rechts davon), um immer tiefer in das Holz einzutauchen. Nähere Informationen zum Aufbau<br />
von Holz findest du auch im <strong>Holzforscherheft</strong> 1.0.<br />
Augmented<br />
Reality<br />
SCAN ME!<br />
BEWEGTE BILDER MIT AUGMENTED REALITY:<br />
Mit dieser Zeichnung kannst du auch ohne Mikroskop in die Tiefen des Holzes eintauchen: Nimm<br />
ein mobiles Endgerät (Mobiltelefon, Tablet o.ä.) und lade aus dem App-Store bzw. Google-Play-<br />
Store die AREEKA-App herunter. Halte die Kamera des Handys bzw. Tablets auf die Zeichnung<br />
und schon geht es los (der Download-Prozess kann ein bis zwei Minuten dauern):<br />
87
2 _ die welt der bäume<br />
FÜR EXPERT:INNEN:<br />
HOLZAUFBAU – UNTERSCHIEDE ZWISCHEN LAUB- UND NADELHÖLZERN<br />
UND WAS DAS ABWERFEN DER BLÄTTER IM HERBST DAMIT ZU TUN HAT:<br />
Das Holz von Laub- und Nadelbäumen ist prinzipiell aus<br />
unterschiedlichen Zellen und Gefäßen aufgebaut:<br />
NADELBÄUME<br />
» Tracheiden sind zum Wasser- und Nährstofftransport<br />
bzw. zur Festigung gebildete, meist<br />
stark verholzte, in axialer Richtung langgestreckte<br />
Zellen; dünnwandig im Frühholz; dickwandig im<br />
Spätholz. Tracheiden sind mit Tüpfeln verbunden<br />
(Hoftüpfel und Fenstertüpfel). Als Tüpfel<br />
werden in der Pflanzenanatomie dünne Stellen<br />
oder Aussparungen in der Sekundärwand von<br />
Pflanzenzellen bezeichnet, die dem Stoffaustausch<br />
zwischen benachbarten Zellen dienen.<br />
Nicht mehr genutzte Tracheiden im Totholz dienen<br />
der Stabilisierung und haben verschlossene<br />
Tüpfel.<br />
» Holzstrahlen = Markstrahlen;<br />
radiale Versorgung mit Wasser und<br />
Nährstoffen & Speicherung<br />
» Harzkanäle = „Interzellulare“;<br />
Abwehr von abiotischen und<br />
biotischen Schädlingen<br />
» Siebzellen im „Phloem“ (Bast);<br />
Leitung von Assimilaten; basipetal<br />
(= von oben nach unten)<br />
BESTANDTEILE DES NADELHOLZES<br />
AUFBAU DES NADELHOLZES<br />
Eine Ausnahme unter den Nadelbäumen ist die europäische Goldlärche.<br />
Ihre Nadeln haben keine so ausgeprägte Cuticula (Wachsschicht) und ihre Stomata<br />
sind schlechter geschützt. Deshalb verlieren sie im Winter die Nadeln,<br />
obwohl Lärchenholz den typischen Nadelholzaufbau hat.<br />
Amerikanische Lärchen verlieren ihre Nadeln nicht.<br />
88
die welt der Bäume _ 2<br />
LAUBBÄUME<br />
» Tracheen = „modernere“ Gefäßelemente;<br />
großlumig mit aufgelösten Querwänden<br />
für den optimalen Wasser- und Nährstofftransport<br />
zwischen den Zellen; Thyllen (nur<br />
im Kernholz) verschließen die Tracheen und<br />
dienen der Stabilisierung.<br />
» Tracheiden haben keine aufgelösten<br />
Querwände, sondern leiten Wasser & Nährstoffe<br />
über „Tüpfel“ von Zelle zu Zelle. Sie<br />
sorgen für Stabilisierung und Festigkeit.<br />
» Siebröhren und Geleitzellen im<br />
„Phloem“ (Bast); Leitung von Assimilaten;<br />
basipetal (= von oben nach unten)<br />
» Holzstrahlen = Markstrahlen;<br />
radiale Versorgung mit Wasser und<br />
Nährstoffen & Speicherung<br />
» Fasern (Stabilisierung & Holzhärte)<br />
BESTANDTEILE DES LAUBHOLZES<br />
AUFBAU DES LAUBHOLZES<br />
Ein Grund, warum die meisten Nadelbäume im<br />
Winter ihre Nadeln behalten und Laubbäume<br />
ihre Blätter abwerfen ist (neben dem unterschiedlichen<br />
Aufbau von Blättern und Nadeln)<br />
die unterschiedliche Holz-Zusammensetzung.<br />
Nadelbäume sind entwicklungsgeschichtlich<br />
älter und deshalb einfacher aufgebaut.<br />
Sie transportieren wesentlich langsamer und<br />
weniger Wasser, da sie keine Tracheen (großlumige<br />
Gefäßelemente) haben. Aber deshalb<br />
reagieren sie auch entscheidend unempfindlicher<br />
auf Frost und Wassermangel. Es schadet<br />
ihnen also nicht, die Nadeln auch im Winter zu<br />
behalten.<br />
Unter www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2 findest du ein kleines<br />
Quiz mit professionellen Mikroskopie-Bildern der „Holzforschung<br />
Austria“. Rate mit, was auf den Bildern zu sehen ist!<br />
89
2 _ die welt der bäume<br />
2.7 Holz dicht auf den Fersen<br />
Der Wechsel zwischen Früh- und Spätholz wirkt sich auf die Stabilität des Holzes<br />
aus. Vor allem für Holz, das im Baubereich verwendet wird (sogenanntes<br />
Konstruktionsholz), ist das ein entscheidender Faktor. Durch die Verteilung<br />
großlumiger Gefäße und Leit-Elemente schwankt die Dichte des Holzes<br />
innerhalb eines Jahrrings extrem.<br />
Die Dichte kann mit einer ganz einfachen Methode gemessen werden:<br />
Dichtemessung von Holz<br />
» flache, unbehandelte Holzstücke<br />
von verschiedenen Holzarten<br />
(Querschnitte von Baumstämmen<br />
bzw. Teile von Baumscheiben)<br />
» Scanner oder Kopierer<br />
Die Baumscheibe(n) bzw. Holzstücke werden auf<br />
einen Scanner bzw. Kopierer gelegt – es wird eine<br />
Schwarz-Weiß-Kopie angefertigt.<br />
Die Jahrringe erscheinen auf der Kopie als hellere<br />
und dunklere Streifen. Diese Muster aus Streifen<br />
sehen je nach Holzart ganz unterschiedlich aus.<br />
Manche haben dunkle „Punkte“, andere sind<br />
ganz gleichmäßig. Bei einigen Holzarten sind<br />
die Streifen kaum wahrnehmbar, andere haben<br />
scharf abgegrenzte, tief schwarze Linien. Je dunkler<br />
die Stellen sind, desto dichter ist das Holz.<br />
Anhand der charakteristischen Muster<br />
kann die Holzart erkannt werden. Wer<br />
schafft es die meisten Holzarten richtig<br />
zuzuordnen? Macht einen Wettbewerb<br />
und findet es heraus!<br />
Verschiedene Holzarten werden<br />
schwarz-weiß kopiert.<br />
90
die welt der Bäume _ 2<br />
Quelle: Prof. Michael Grabner, BOKU Wien<br />
Bei der Dendrochronologie werden<br />
vom Holz Spezialkopien oder Röntgenaufnahmen<br />
angefertigt. Mittels<br />
spezieller Computerprogramme (z.B.<br />
WinDENDRO © ) werden die Grau- bis<br />
Schwarzabstufungen als Grafik ausgegeben.<br />
Je nach Holzart sehen diese<br />
Grafiken ganz unterschiedlich aus und<br />
sind somit charakteristisch für die jeweilige<br />
Holzart. Auch Besonderheiten,<br />
wie z.B. Verletzungen oder besonders<br />
schmale Jahrringe werden dadurch<br />
deutlich.<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Durch die starken<br />
Dichteschwankungen<br />
z.B. bei Nadelhölzern<br />
oder bei ringporigen<br />
Laubhölzern (siehe<br />
Grafik 1 und 2) sind<br />
diese besonders<br />
brüchig an den Übergangsstellen.<br />
Zerstreuporige Laubhölzer<br />
(Grafik 3) sind<br />
viel gleichmäßiger und<br />
weniger anfällig für<br />
Brüche. Sie haben dadurch<br />
insgesamt eine<br />
höhere Dichte.<br />
Quelle: Priv. Dozent Dr. Ulrich Müller, BOKU Wien<br />
Quelle: Prof. Michael Grabner, BOKU Wien<br />
Die Grafik der Buche hat sehr<br />
viele, eng beieinanderliegende<br />
„Peaks“. Das bedeutet, die Buche<br />
hat dichtes Holz, das nicht<br />
zur Brüchigkeit neigt.<br />
Bei der Fichte hingegen sind<br />
deutliche Dichteschwankungen<br />
zu erkennen. Das Holz<br />
kann „mit der Faser“ leicht<br />
gebrochen werden. Am besten<br />
ist dies anhand von Furnieren<br />
zu zeigen.<br />
91
92
KapiteL 3<br />
Weißt du,<br />
… was Yakisugi oder<br />
Sho Sugi Ban ist?<br />
… ob Holz sicher<br />
brennt?<br />
… ob Holz zur Säge<br />
werden kann?<br />
… warum Holzwerkstoffe<br />
verleimt werden?<br />
… wie sich Lacke und<br />
Wachs auf Holzoberflächen<br />
auswirken?<br />
… wie Holz mit Karbonisieren<br />
konserviert wird?<br />
… ob Holz hält,<br />
was es verspricht?<br />
93
3 _ holz als bau- und werkstoff<br />
3. Holz traditionell<br />
und innovativ<br />
Wie Ausgrabungen zeigen, haben Menschen bereits vor tausenden von Jahren mit<br />
Holz gearbeitet. Jahrhunderte alte Holzbauten stehen bis heute – unter anderem<br />
der „Sallegger Hof“ aus dem Jahr 1409 im steirischen Freilichtmuseum Stübing.<br />
Holz hat sich also als Bau- und Werkstoff bewährt. Nicht umsonst wurde im Jahr<br />
2018 jedes vierte Gebäude in Österreich mit Holz errichtet – Tendenz steigend.<br />
3.1 Bauen mit Holz<br />
Was hat der Holzbau mit dem Klima zu tun?<br />
Aktuelle, groß angelegte deutsche Studien haben<br />
bewiesen, dass durch das Bauen mit Holz<br />
eine große Menge an CO 2<br />
in der Atmosphäre<br />
verhindert werden kann (im Vergleich zu mineralischen<br />
Baustoffen wie Ziegel oder Beton).<br />
Konkret könnten laut Berechnungen von<br />
2016 bis 2030 durch eine Substitution von mineralischen<br />
Baustoffen durch Holz insgesamt<br />
6,5 Millionen Tonnen CO 2<br />
-Äquivalent im Wohnungsneubau<br />
eingespart werden<br />
(Quelle: Treibhausgasbilanz von Holzgebäuden;<br />
Prof. Annette Hafner, Ruhr Universität Bochum).<br />
Warum hat sich Holz seit<br />
Generationen bewährt?<br />
Warum wird dann nicht<br />
jeder Bau ein Holzbau?<br />
Holz ist vielseitig, es ist leicht zu bearbeiten<br />
und kann in fast jede Form gebracht werden.<br />
Es ist, was das Gewicht betrifft, ein eher leichter<br />
Baustoff, was vor allem bei Aufstockungen<br />
oder bei Bauten in exponierten Lagen Vorteile<br />
bringt. Weiters hat Holz eine niedrige Wärmeleitfähigkeit<br />
– somit braucht ein Holzhaus<br />
eigentlich keine zusätzliche Wärmedämmung.<br />
Um diese positive Eigenschaft auch bei Gebäuden<br />
aus anderen Baumaterialien zu nützen,<br />
kam in den letzten Jahren verstärkt Holzwolle<br />
als natürliche und nachwachsende Wärmedämmung<br />
zum Einsatz.<br />
Trotz umfangreicher Informationsoffensiven<br />
kursieren in der Bevölkerung immer noch<br />
Vorurteile, was das Bauen mit Holz betrifft.<br />
Zwei der häufigsten Aussagen werden bei den<br />
nächsten Experimenten genauer unter die<br />
Lupe genommen:<br />
1. „Aber Holz brennt doch!“<br />
2. „Holz hält nicht so viel aus<br />
wie Stahlbeton!“<br />
94<br />
Der Salleggerhof – ein Holzbau aus dem Jahr<br />
1409 (Freilichtmuseum Stübing b. Graz)
holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />
3.2 Holz brennt sicher<br />
Brandverhalten von Holz<br />
Um es vorwegzunehmen: Ja, natürlich brennt Holz! Das kann jede:r bestätigen,<br />
die/der einen Holzofen besitzt oder schon einmal einen gemütlichen Abend<br />
am Lagerfeuer verbracht hat. Im Gegensatz zu anderen Materialien<br />
brennt Holz aber gleichmäßig und berechenbar ab.<br />
Dass Holz karbonisiert, wird in Japan bereits seit dem 16. Jahrhundert genützt – zum<br />
Beispiel bei den holzkonservierenden Verfahren „Yakisugi“ (jap. für „verbrennen“)<br />
oder „Sho Sugi Ban“ (jap. für „verbrannte Planke“). Dies sind attraktive und effektive<br />
Methoden, um Holz gegen Verwitterung, Schädlingsbefall und (ironischer Weise)<br />
auch gegen Brandgefahr zu schützen. Im Außenbereich werden diese Methoden zur<br />
Konservierung ganzer Hausfassaden genützt, im Innenbereich können damit besonders<br />
widerstandsfähige und optisch ansprechende Möbelstücke geschaffen werden.<br />
Im Folgenden werden in sehr praxisnahen Experimenten verschiedene Materialien bezüglich<br />
des Brandverhaltens miteinander verglichen:<br />
Styropor (als typischer Dämmstoff), Holz (Dreischichtplatte – keine Dämmung notwendig),<br />
vorbehandeltes Holz (karbonisiert nach Yakisugi) und OSB-Platten (bestehen u.a. aus<br />
Holzspänen und werden z.B. bei Renovierungen und im Innenausbau genutzt).<br />
95
3 _ holz als bau- und werkstoff<br />
ACHTUNG:<br />
Diesen Versuch am besten im Freien oder in einem sehr gut gelüfteten Raum ohne Brandmelder<br />
durchführen. Ein Kübel mit Wasser muss zur Sicherheit bereitgestellt werden. Alle<br />
Schüler:innen müssen einen Sicherheitsabstand einhalten oder entsprechende Schutzkleidung<br />
tragen.<br />
» Platten (je ca. 20x20x15 cm)<br />
Dreischichtplatte, OSB-Platte,<br />
Styropor (Polysterol),<br />
Holz karbonisiert<br />
» Größere, feuerfeste Unterlagen<br />
(z.B. Fliesen)<br />
» Créme brûlée-Brenner<br />
(Einstellung: mittlere Stärke)<br />
» Stoppuhr (z.B. am Handy)<br />
Alle vier Platten werden nebeneinander auf die<br />
brandbeständige Unterlage (z.B. Fliesen) gelegt.<br />
Mit dem Créme brûlée-Brenner wird 30 Sekunden<br />
lang (oder wenn ein Material früher durchgebrannt<br />
ist auch kürzer) auf die einzelnen Platten<br />
jeweils im Abstand von 10 – 20 cm gezielt (nur mit<br />
mittlerer Stärke, um Verletzungen vorzubeugen).<br />
Dabei wird das Material genau beobachtet und<br />
das Ergebnis festgehalten.<br />
Experiment-Vorbereitung:<br />
Für das karbonisierte Holz ein<br />
Holzstück so lange mit dem Crème<br />
brûlée-Brenner bearbeiten, bis es eine<br />
möglichst durchgehende dunkel<br />
gefärbte (geflämmte) Oberfläche hat.<br />
96
holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />
ACHTUNG BEI<br />
POLYSTEROL:<br />
Es schmilzt bereits bei<br />
knapp über 100 °C und<br />
tropft brennend ab<br />
(kann innerhalb von<br />
Sekunden zu einem<br />
Flächenbrand führen).<br />
Dämpfe nicht einatmen,<br />
möglichst großen Abstand<br />
halten!<br />
Die Polysterol-/Styroporplatte ist bereits<br />
nach rund 10 Sekunden vollständig geschmolzen<br />
und stinkt. Das Yakisugi-Holz glüht während<br />
der „Befeuerung“ an der heißesten Stelle<br />
etwas, anschließend sind aber keine Spuren<br />
mehr zu entdecken und die Rückseite der Platte<br />
ist angenehm kühl. Die OSB-Platte glimmt<br />
bei der Befeuerung etwas, erlischt aber sofort<br />
nach Ende der „Befeuerung“. Zurück bleibt ein<br />
schwarzer Fleck – auch hier ist die Rückseite<br />
angenehm kühl und zeigt keinerlei Spuren.<br />
Die unbehandelte Holzplatte glüht ebenfalls<br />
ein wenig an der Feuerstelle und verhält sich<br />
gleich unauffällig wie die anderen beiden Holzplatten<br />
(OSB und Yakisugi).<br />
Fazit: Keine der Holzplatten fängt Feuer. Ein<br />
Szenario, wo eine weggeworfene Zigarette bei<br />
einem Holzhaus einen Hausbrand verursacht,<br />
ist demnach unwahrscheinlich (massive Holzwände<br />
sind schwer entflammbar).<br />
Bei einem Feuer brennt bei Holz das so genannte<br />
„Holzgas“, welches aus dem heißen<br />
Holz austritt. Die karbonisierte, also verbrannte<br />
Schicht des Yakisugi-Holzes enthält keinerlei<br />
Holzgas mehr und wirkt somit schützend<br />
gegen die Hitzeeinwirkung. Das punktuelle<br />
Feuer bewirkt auf den anderen Holzplatten<br />
(OSB, unbehandeltes Massivholz) eine lokale,<br />
kurzfristige Freisetzung des Holzgases. Bei genauerer<br />
Betrachtung können kleine, kurz aufzüngelnde<br />
Flammen erkannt werden. Jedoch<br />
schützt auch hier die frisch karbonisierte Stelle<br />
das Holz vor einer weiteren Ausbreitung<br />
des Brandes.<br />
Darum muss, damit ein Holzscheit in einem Ofen Feuer fängt, die Oberfläche relativ<br />
lang und flächig mit Hitze bearbeitet werden (z.B. mit einem Zündwürfel). Je<br />
dünner das Holz, desto schneller brennt es (keine Karbonschichtbildung möglich).<br />
Darum soll Anheizholz möglichst dünn sein.<br />
97
3 _ holz als bau- und werkstoff<br />
3.3 Holz schneidet gut ab!<br />
Hält Holz so viel aus, dass man damit sogar andere Materialien schneiden kann?<br />
Muss so sein, denn bei vielen Grillpartys oder Festen verwenden wir immer öfter<br />
Holzmesser als umweltfreundliche Alternative zu Plastikmessern. Sogar hochwertige<br />
Küchenmesser werden mittlerweile mit Holzklingen angeboten. Bei den<br />
nächsten beiden Experiment-Varianten wird erforscht, welche Materialien wirklich<br />
mit Holz geschnitten werden können.<br />
Holz - echt schnittig!<br />
Variante I: Die Holz-Säge<br />
» Furnierstreifen<br />
(Größe: ca. 14 cm x 2 cm)<br />
» Bügelsäge<br />
» Schneid-Proben (Obst,<br />
Gemüse, Gebäck, Knetmasse etc.)<br />
In die Bügelsäge wird statt des Sägeblatts<br />
der Furnierstreifen eingespannt und mit<br />
den Flügelmuttern fixiert. Somit steht das<br />
Furnier unter Zugspannung und knickt nicht<br />
ab. Am besten funktioniert der Versuch,<br />
wenn das Furnier hinter den Flügelmuttern<br />
fixiert wird. Ausprobieren, welche Materialien<br />
damit geschnitten werden können.<br />
Verschiedene Holzarten ausprobieren<br />
– welche funktionieren als Sägeblatt<br />
besser, welche schlechter?<br />
In die Bügelsäge wird statt des Sägeblatts<br />
ein Stück Furnier eingespannt.<br />
98
holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />
FÜR EXPERT:INNEN:<br />
Variante II: Die Holz-Schere<br />
» Eichenparkettlamellen<br />
(erhältlich u.a. in Laubholzsägewerken<br />
oder online)<br />
» HPL-Platte (60 % Papierfaser in<br />
Phenolharz; z.B. aus dem<br />
Baumarkt)<br />
» Bandsäge<br />
» Schleifpapier<br />
» Kleber (für Holz & HPL-Platte)<br />
» Bohrmaschine<br />
» Schraube und Hülsenmutter<br />
Aus den Eichenlamellen werden zwei mit möglichst<br />
gleichmäßig liegenden Jahrringen ausgewählt.<br />
Eine der beiden Lamellen wird mit einer<br />
dünnen HPL-Schicht verklebt. Nun wird die<br />
Form einer typischen Schere auf die Eichenlamellen<br />
übertragen (Vorlage siehe<br />
www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2)<br />
Die zwei Scherenhälften ausschneiden. Anschließend<br />
die Teile mit dem Schleifpapier in<br />
Form schleifen. Auf einer Ständerbohrmaschine<br />
werden die Grifföffnungen und das Loch<br />
für das Scherengelenk ausgebohrt. Nun die<br />
Schneidflächen scharf schleifen.<br />
Achtung: Vor allem beim Scherenteil ohne HPL-<br />
Beschichtung darauf achten, dass möglichst<br />
nur gefäßfreies (dunkleres) Spätholz im Bereich<br />
der Klinge ist, damit die Schere länger schnittfähig<br />
bleibt. Zuletzt die Schere mit der Hülsenmutter<br />
und der Schraube verbinden.<br />
Nähere Informationen und<br />
Schablonen finden Sie online unter<br />
www.holzmachtschule.at/<br />
holzforscherheft<br />
99
3 _ holz als bau- und werkstoff<br />
3.4 Holz gibt Stabilität<br />
Vorab: Holz ist nicht gleich Holz – unterschiedliche Holzarten haben ein<br />
unterschiedliches Gewicht, sie unterscheiden sich im Luftgehalt und haben<br />
somit auch eine unterschiedliche Stabilität.<br />
Um genaue Daten zu den einzelnen Holzarten<br />
und modernen Holz-Verbundstoffen zu erhalten,<br />
werden unter anderem in einem Grazer<br />
Forschungsinstitut (holz.bau forschungsgmbH<br />
an der Technischen Universität Graz) die Biegefestigkeit,<br />
die Elastizität und die Biegefestigkeit<br />
laufend erforscht und überprüft. Zum Beispiel<br />
kann dabei mit Zugversuchen die maximale<br />
Reißlänge von Holz (längs zur Faser) ermittelt<br />
werden.<br />
Die Zugbelastung von Holz kann auch gemeinsam<br />
mit den Schüler:innen in Form eines Experiments<br />
erforscht werden. Dazu werden<br />
Furnierstücke längs und quer zur Faser in zwei<br />
Holzbacken gespannt und mit Gewicht belastet<br />
(z.B. mit Wasserflaschen oder einem Kübel,<br />
in den sukzessive Wasser gegossen wird). Nähere<br />
Informationen zu diesem Versuch gibt es<br />
im <strong>Holzforscherheft</strong> 1.0 auf Seite 36. (auch online<br />
unter www.holzmachtschule.at im Bereich<br />
„Unterrichtsmaterialien“ als Blätterkatalog erhältlich).<br />
Theoretische Frage dazu:<br />
Wie lang kann ein durchschnittliches Holzstück sein, bis es „von alleine“ (also ohne äußere Zugoder<br />
Druckeinwirkung) längs zur Faser reißt? Antwort: Rund 10 Kilometer.<br />
100
holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />
Was hält Holz im Vergleich zu<br />
Aluminium oder Stahl aus?<br />
Mit diesem Experiment gehen wir einmal mehr einem Vorurteil auf den Grund:<br />
Holz ist ein eher leichter Baustoff und ist daher vor allem bei Aufstockungen sehr<br />
gefragt. Aber kann Holz, was die Stabilität in Zusammenhang mit dem Eigengewicht<br />
betrifft, mit Aluminium oder Stahl mithalten?<br />
Im folgenden Experiment wird die Biegefestigkeit<br />
unterschiedlicher Holzarten untersucht<br />
und mit Aluminium und V2A-Stahl verglichen.<br />
Für diesen Versuch werden jeweils 1 Meter<br />
lange Stangen aus Holz, Aluminium und Stahl<br />
benötigt. Sie sollen, auf diese Länge gerechnet,<br />
alle ungefähr das gleiche Gewicht haben. Es<br />
gibt deshalb zwei Varianten: Entweder werden<br />
Stangen mit verschiedenen Durchmessern gekauft<br />
(z.B. dickere Holzstangen und dünnere<br />
Stahl-Stangen), oder es werden unterschiedlich<br />
viele Stangen des gleichen Materials verklebt.<br />
Beim Verkleben muss unbedingt darauf<br />
geachtet werden, dass die Stangen nicht verrutschen<br />
können – eine kraftschlüssige Bindung<br />
ist notwendig.<br />
Holzstangen sind bei gleichem Durchmesser<br />
viel leichter als z.B. Stahlstangen. Die<br />
Schüler:innen können die Stangen hochheben<br />
und schätzen, welches Material<br />
mehr aushält. Eine weitere Schätzaufgabe<br />
wäre z.B. wie viele Holzstangen das gleiche<br />
Gewicht wie eine Alustange haben. Ein<br />
weiteres AHA-Erlebnis: Eine Holzstange mit<br />
gleichem Gewicht wie eine Stahl-Stange hat<br />
zwar einen wesentlich größeren Durchmesser,<br />
fühlt sich aber trotzdem viel leichter an.<br />
101
3 _ holz als bau- und werkstoff<br />
VARIANTE 1<br />
VARIANTE 2<br />
Jeweils 1 m Stangen mit annähernd<br />
gleichem Gewicht (Gewichtsbeispiele):<br />
» Fichte Ø 28 mm; Gewicht: 118,45 g<br />
» Fichte Ø 35 mm; Gewicht: 411,4 g<br />
» Buche Ø 25 mm Gewicht: 333,6 g<br />
» Aluminium Ø 8 mm Gewicht: 135,5 g<br />
» Aluminium Ø 10 mm Gewicht: 214,6 g<br />
» V2A Stahl Ø 6 mm; Gewicht: 225 g<br />
» V2A Stahl Ø 8 mm; Gewicht: 399,2 g<br />
1 m Stangen verklebt<br />
(Gewichtsbeispiele):<br />
» V2A Stahl Ø 8 mm; Gewicht: 399,2 g<br />
» Aluminium Ø 8 mm Gewicht: 135,5 g<br />
» Aluminium Ø 10 mm Gewicht: 214,6 g<br />
» 3 x Buche: 3 x Ø 8 mm; Gewicht: 116,3 g<br />
» 6 x Buche: 6 x Ø 8 mm; Gewicht: 226,2 g<br />
» 11 x Buche: 11x Ø 8 mm; Gewicht: 420,1 g<br />
FÜR BEIDE VARIANTEN:<br />
» Waage, die auf 0,1 g genau wiegt<br />
(z.B. Küchen oder Briefwaage)<br />
» 4 Haken<br />
» ca. 20 – 30 Stk. 0,5 l PET-Flaschen mit<br />
Wasser gefüllt und jeweils einer<br />
reißfesten Schnur zum Aufhängen<br />
(z.B. Anglerschnur)<br />
Die Stangen gleichen Gewichts werden nebeneinander<br />
z.B. zwischen zwei gleich hohen Tischen<br />
aufgelegt. Die Enden sollen dabei ca. 5 cm auf den<br />
Tischen aufliegen. Auf jeder Stange (bzw. jedem<br />
Stangenbündel) wird ein Haken befestigt, auf welchem<br />
später die Flaschen aufgehängt werden. Die<br />
Stangen müssen so hoch über dem Boden liegen,<br />
dass die Flaschen mit den Bändern und den Haken<br />
nicht den Boden berühren.<br />
Zuerst geben die Schüler:innen eine Vermutung ab,<br />
welche Materialien mehr bzw. weniger aushalten<br />
und wie viele Flaschen (also wie viel Gewicht) auf<br />
die Stäbe gehängt werden können, ohne dass sie<br />
reißen (kann auch schriftlich festgehalten werden –<br />
evt. daraus ein Schätzspiel generieren).<br />
Nun wird nacheinander jede Stange/jedes Stangenbündel<br />
mittig mit einer Flasche belastet und das so<br />
lange, bis deutliche Unterschiede bei<br />
der Durchbiegung der Stangen zu erkennen<br />
sind. Mit einem Meterstab/<br />
Maßband können die Unterschiede<br />
genau erfasst werden.<br />
Dieses Experiment kann so lange<br />
durchgeführt werden, bis eine Stange<br />
wegen zu starker Biegung abrutscht<br />
und auf den Boden fällt, oder keine<br />
Flaschen mehr zur Verfügung stehen.<br />
ACHTUNG: Beim Aufhängen der Flaschen<br />
auf Hände und Füße aufpassen<br />
(Verletzungsgefahr durch die herunterfallenden<br />
Flaschen).<br />
102<br />
Aufbau des Experiments
holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />
Berechnung durchführen: Eine mit Wasser gefüllte 0,5 l PET-Flasche wiegt ca. 0,5 kg.<br />
Damit kann das Gesamtgewicht der aufgehängten Flaschen errechnet werden.<br />
Auch Umrechnungen in N (Gewichtskraft) können durchgeführt werden<br />
Holz ist ein leichtes aber sehr<br />
stabiles Baumaterial.<br />
Am meisten halten das Buchenstangen-Bündel<br />
und die Fichtenstange (Durchmesser 35<br />
mm) aus, gefolgt von der Aluminiumstange.<br />
Am stärksten biegt sich Stahl durch.<br />
Hier bleibt bei unseren Testversuchen<br />
sogar ein Knick in der Stange, während die<br />
Holzstangen vollkommen unverbogen sind.<br />
Die Aluminiumstange ist ebenfalls verbogen<br />
und wäre somit für den Bau unbrauchbar.<br />
FÜR EXPERT:INNEN<br />
Für alle Feststoffe kann bei einer Zugprüfung der sogenannte E-Modul E errechnet<br />
werden. Der E-Modul ist ein Wert der angibt, wie viel Widerstand ein mm² eines<br />
Materials einer elastischen Verformung entgegenhält (also wie viel ein mm²<br />
eines Materials aushält). Biegefestigkeits-Berechnungen zu diesem Versuch sind<br />
unter www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2 online verfügbar.<br />
103
3 _ holz als bau- und werkstoff<br />
Stabilität von Holzwerkstoffen<br />
Holz ist ein Naturprodukt und kann je nach<br />
Art, Standort und Wuchsbedingungen Inhomogenitäten<br />
(z.B. Störungen des Faserverlaufs<br />
wie Äste oder Harzgallen) aufweisen. Die hygroskopische<br />
Eigenschaft von Holz sorgt dafür,<br />
dass es Feuchtigkeit aus der Umgebung<br />
aufnimmt oder sie abgibt (Quellen (bei Feuchtigkeit)<br />
oder Schwinden (bei Trockenheit)).<br />
Weiters beeinflusst die Faserrichtung die<br />
Stabilität von Holz. Aus diesem Grund wird<br />
Holz für manche Einsatzgebiete zu Holzwerkstoffen<br />
verarbeitet – zum Beispiel wird es in<br />
mehreren Schichten zu Platten oder Balken<br />
verklebt. Mit diesem Experiment erforschen<br />
die Schüler:innen einige Eigenschaften von<br />
Holz und erfahren, warum eine Verleimung<br />
vor allem bei der Überbrückung von großen<br />
Längen sinnvoll ist.<br />
Bei tragenden Holzkonstruktionen spielt die Biegefestigkeit vor<br />
allem im Dach- und Deckenbereich eine große Rolle.<br />
104
holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />
» 1 m lange Furnierstücke<br />
(sehr dünnes Holz – z.B. Reste<br />
aus regionalen Tischlereien)<br />
» Holzleim (Standard oder Expressleim)<br />
» kleine Holzklötzchen (ca. 2 cm x 2 cm<br />
x 2 cm) oder Holzbausteine für<br />
jede:n Schüler:in mindestens 2 Stk.<br />
» evt. 2 Holzklötze o.ä.<br />
für den Aufbau der „Brücke“<br />
» evt. ein Meterstab/Maßband<br />
Rund 1,5 Stunden vor dem eigentlichen Experiment<br />
müssen die Verleimungsarbeiten<br />
durchgeführt werden. Die Klasse wird in<br />
zwei Gruppen geteilt. Beide Gruppen bekommen<br />
die Aufgabe, von den Furnierstücken<br />
4 cm breite und 1 m lange Furnierstücke<br />
(je 6 Stück) herunterzuschneiden bzw. zu<br />
brechen. Diese Furnierstücke werden aufeinandergestapelt.<br />
Gruppe 1 soll diese sechs<br />
Furnierstücke verleimen, Gruppe 2 nicht.<br />
Es können dabei verschiedene Verleim-Arten<br />
ausprobiert werden (z.B. nur längs zur<br />
Faser oder „kreuzweise“ verleimt längs und<br />
quer zur Faser). Anschließend müssen die<br />
verleimten Furnierstapel beschwert werden<br />
(z.B. mit Bücherstapeln), um eine kraftschlüssige<br />
Bindung zwischen den verleimten<br />
Furnieren möglich zu machen. Jetzt muss der<br />
Leim je nach Leimart ca. 1,5 h lang trocknen.<br />
Wenn der Leim trocken ist, werden beide Furnierstapel nebeneinander zwischen<br />
zwei Tischen oder zwei Holzblöcken aufgelegt (wie eine Brücke). Beide<br />
Enden sollen ca. 5 cm aufliegen. Zuerst soll eine These erstellt werden,<br />
welcher Stapel mehr aushält und warum. Anschließend bekommt jede:r<br />
Schüler:in mindestens zwei kleine Holzwürfel – diese werden der Reihe nach<br />
auf die Furnierstapel gelegt. Welcher Stapel biegt sich schneller durch? Die<br />
Biegung kann mit dem Meterstab vermessen werden.<br />
105
3 _ holz als bau- und werkstoff<br />
Vor der Verleimung die Schüler:innen im Sinne von „Forschendem Lernen“ ausprobieren<br />
lassen, welche Möglichkeiten es gibt, aus den Furnierteilen eine möglichst stabile<br />
Brücke zu bauen (für jüngere Schüler:innen kann dazu eine Geschichte erfunden werden<br />
– z.B. von zwei Menschen/Tieren, die sich gerne treffen würden, es aber aufgrund<br />
der fehlenden Brücke nicht schaffen).<br />
Der verleimte Stapel hält eindeutig viel mehr<br />
aus. Bei den lose aufeinander gestapelten Furnieren<br />
gibt es keinen Kraftschluss. Das heißt,<br />
die Schichten verschieben sich zueinander,<br />
somit zählt, was die Stabilität betrifft, nur der<br />
Durchmesser der einzelnen Schichten und<br />
nicht des ganzen Stapels. Durch die Verklebung<br />
wird die Stabilität wesentlich erhöht.<br />
VARIANTEN:<br />
Was passiert, wenn die Belastung<br />
nicht punktuell ist, sondern sich<br />
auf die gesamte Länge verteilt?<br />
Welche Auswirkungen hat die<br />
Holzart? Können Unterschiede<br />
festgestellt werden?<br />
Welchen Effekt hat der Leim?<br />
Was passiert, wenn andere<br />
Klebstoffe benutzt werden?<br />
ERGÄNZUNG<br />
Wer bei diesem Experiment nicht mit herkömmlichen<br />
Leimen sondern mit selbst hergestelltem<br />
Proteinkleber arbeiten möchte, kann diesen wie<br />
folgt herstellen:<br />
10 g Gelatinepulver mindestens 1 h lang in 30 ml<br />
kaltem Wasser vorquellen. Anschließend werden<br />
30 ml fettarme (0,5 %) heiße, aber nicht mehr kochende<br />
Milch unter Rühren dazu gegeben. Der<br />
noch warme Kleber kann nun zum Verkleben<br />
der Furnierstücke verwendet werden. Der Rest<br />
kann für einige Tage im Kühlschrank aufbewahrt<br />
werden, muss aber vor dem nächsten Gebrauch<br />
wieder erwärmt werden.<br />
FÜR EXPERT:INNEN<br />
Auch bei diesem Versuch kann die Berechnung der Biegefestigkeit erfolgen<br />
(siehe www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2). Dieser Wert beschreibt<br />
den Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung, woraus<br />
sich die Elastizität ableiten lässt.<br />
106
holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />
Fühlbox Holzwerkstoffe<br />
Beim vorhergehenden Experiment haben wir<br />
bereits erste Holzwerkstoffe (Leimholz) kennengelernt.<br />
Beim nächsten Versuch nehmen<br />
wir weitere Werkstoffe, ihre Eigenschaften und<br />
ihre Einsatzgebiete näher unter die Lupe.<br />
Dafür steht steirischen Schulen über proHolz<br />
Steiermark eine kostenlose Verleihbox zur<br />
Verfügung. Sie besteht aus sechs Fühlsackerln<br />
(Fasern für Spanplatten, OSB-Platten und<br />
Holzfaserplatten; Furnierstücke, Holzstücke,<br />
Brettsperrholz-Stücke) und den sieben dazu<br />
passenden Platten.<br />
Nähere Informationen zu den<br />
einzelnen Werkstoffen:<br />
www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2<br />
Kostenloser Verleih der Box:<br />
www.holzmachtschule.at/verleihmaterialien<br />
Computergestützte Materialentwicklung und frühzeitig mitgedachtes<br />
Eco-Design sind Kernstücke des steirischen Forschungsprojektes WoodC.A.R.<br />
Ziel ist, Holz und Holzwerkstoffe in Zukunft verstärkt als Strukturkomponente in<br />
der Fahrzeugindustrie einzusetzen.<br />
Es geht vor allem darum, das Leichtbaumaterial Holz für diese neuen<br />
Einsatzgebiete berechenbar zu machen. Die Projektpartner von<br />
WoodC.A.R arbeiten daher an Computersimulationen, die es<br />
Autobauer:innen erlauben, den Einsatz<br />
von Holz virtuell darzustellen.<br />
107
3 _ holz als bau- und werkstoff<br />
3.5 Oberflächenbehandlung von Holz<br />
Warum Holzoberflächen mit Lacken, Ölen, Wachsen, Lasuren oder ähnlichem behandelt<br />
werden, kann mehrere Gründe haben: Zum Beispiel die Ästhetik (z.B. bewusste<br />
farbliche Gestaltung in Innenräumen) oder die Schutzfunktion (vor allem<br />
im Außenbereich), wobei das bei Holzarten wie der Lärche aufgrund der natürlichen<br />
Holzeigenschaften eigentlich gar nicht notwendig wäre.<br />
Es gibt viele Theorien und Empfehlungen, wie die „perfekte Oberfläche“ oder der „perfekte<br />
Schutz“ gelingt (mehrfach behandeln, dazwischen schleifen etc.). Beim nächsten Experiment wird<br />
erforscht, wie sich eine Oberflächenbehandlung mit Lack bzw. Wachs auf das Holz auswirkt.<br />
Behandlung von Holz mit Lack & Wachs<br />
» mehrere Holzwürfel von<br />
der gleichen Holzart<br />
» Bienenwachs<br />
» Lack<br />
» Pinsel<br />
» Lebensmittelfarbe (Achtung: Keine<br />
Tinte; Tinte enthält Schwebstoffe<br />
und hat eine höhere Oberflächenspannung<br />
als Wasser –<br />
das behindert den Versuch)<br />
» Pipetten<br />
» 2 Teller/flache Schüsseln<br />
» Hammer<br />
» Meißel<br />
» evt. Unterlage<br />
Als Vorbereitung werden zwei Holzwürfel auf<br />
allen Würfelseiten möglichst lückenlos mit<br />
Lack, zwei andere Holzwürfel durchgehend<br />
mit Bienenwachs behandelt. Das beste Ergebnis<br />
wird erzielt, wenn diese Behandlung drei<br />
Mal wiederholt wird (mit jeweils mindestens<br />
30 Minuten Pause dazwischen). Die Würfel gut<br />
trocknen lassen.<br />
unbehandelt<br />
3 x lackiert<br />
3 x gewachst<br />
108<br />
mit Längsseite<br />
nach unten<br />
mit Querschnitt<br />
nach unten
holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />
Unterschiedliche Intensitäten bei der Holzbehandlung wählen und beim Experiment<br />
vergleichen: Was passiert, wenn das Holz 1 x, 2 x oder 3 x mit Lack oder Bienenwachs<br />
behandelt wird? Weiter Behandlungsmethoden ausprobieren (z.B. ölen).<br />
Je ein unbehandelter, ein lackierter und ein gewachster<br />
Würfel werden mit der Querschnittsseite<br />
nach unten in einen Teller gelegt. In den<br />
zweiten Teller kommen ebenfalls ein unbehandelter,<br />
ein lackierter und ein gewachster Würfel<br />
mit der Längsseite nach unten. Wenn verschiedene<br />
Intensitäten der Oberflächenbehandlung<br />
vorbereitet wurden, werden diese Holzstücke<br />
ebenfalls in die Teller gelegt. Die Holzstücke<br />
am Tellerrand entsprechend beschriften (Art/<br />
Intensität der Behandlung).<br />
Anschließend werden ca. 15 ml Wasser mit Lebensmittelfarbe in die Teller gegeben (der ganze<br />
Boden muss bedeckt sein, damit alle Würfel in gleich viel Lebensmittelfarbe stehen). Es soll genau<br />
beobachtet werden, was sofort und was nach 30 Minuten geschieht.<br />
unbehandelt<br />
3 x<br />
lackiert<br />
3 x<br />
gewachst<br />
mit Längsseite<br />
nach unten<br />
NACH<br />
30 MINUTEN<br />
mit Querschnitt<br />
nach unten<br />
109
3 _ holz als bau- und werkstoff<br />
unbehandelt<br />
3 xl lackiert<br />
Nach 30 Minuten werden die<br />
Würfel aus der Lebensmittelfarbe<br />
der Flüssigkeit genommen,<br />
abgewischt und mit der<br />
Unterseite nach oben zum<br />
Trocknen aufgelegt.<br />
3 x gewachst<br />
mit Längsseite<br />
nach unten<br />
mit Querschnitt<br />
nach unten<br />
Wenn die Würfel gut getrocknet<br />
sind, werden sie<br />
mit Hammer und Meißel<br />
gespalten. Wie sieht das<br />
Holz innen aus? Was<br />
könnten die Gründe dafür<br />
sein?<br />
Der unbehandelte Holzwürfel saugt bei<br />
Längs- und Querschnitt die Lebensmittelfarbe<br />
aufgrund des Kapillareffektes auf. Bei<br />
den behandelten Holzwürfeln sind nach dem<br />
Abwischen nur mehr ganz geringe Farbspuren<br />
vorhanden. Dabei spielt es keine Rolle,<br />
ob das Holz mit Bienenwachs oder Lack behandelt<br />
wurde.<br />
Beide Behandlungen versiegeln die Oberfläche<br />
und verhindern somit ein Eindringen der<br />
Flüssigkeit.<br />
Die Würfel vor und nach dem Meißeln<br />
unter dem Mikroskop betrachten.<br />
Bilder davon siehe www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2<br />
110
holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />
Je nach Einsatzgebiet ist es sinnvoll, Holzoberflächen zu behandeln oder nicht.<br />
Durch die Versiegelung des Holzes gehen auch einige positive Eigenschaften wie<br />
die Luftdurchlässigkeit oder der gute Geruch (v.a. von Nadelhölzern im Innenbereich)<br />
verloren. Einige Holzarten wie die Lärche können aufgrund ihrer natürlichen<br />
Eigenschaften sehr gut unbehandelt im Außenbereich verwendet werden, wenn sie<br />
geschickt eingesetzt werden (z.B. unter Dachvorsprüngen bzw. Vordächern). Das<br />
bezeugen Jahrhunderte alte Holzbauten.<br />
Andere Holzarten sind für dauerhafte Witterungseinflüsse ohne Versiegelung eher<br />
nicht geeignet. Wird Holz gestrichen, gilt jedoch eine Faustregel, die viele Holzexpert:innen<br />
mittragen: Einmal streichen heißt immer streichen. Denn wird der<br />
Anstrich nicht alle paar Jahre wiederholt, wird das Holz fleckig und ist optisch nicht<br />
mehr ansprechend. Dann vielleicht doch natürlich vergrauen lassen?<br />
NATÜRLICHER HOLZSCHUTZ<br />
Wie das vorhergehende Experiment gezeigt hat, kann Holz durch<br />
entsprechende Oberflächenbehandlung vor äußeren Einflüssen geschützt<br />
werden. Aber was passiert bei lebenden Bäumen im Wald?<br />
Wie schützen sie sich vor Schädlingen oder anderen Bedrohungen?<br />
Bleiben diese Schutzmaßnahmen nach der Holzernte (d.h. wenn der<br />
Baum umgeschnitten wurde) im Holz erhalten? Wenn ja, was bedeutet<br />
das für uns Menschen als Holznutzer:innen?<br />
Vorab: Der wichtigste Schutz für lebende Bäume im Wald ist natürlich<br />
die Borke. Doch auch Inhaltsstoffe, die sich direkt im Holz befinden,<br />
dienen der Schädlingsabwehr. Beim nächsten Versuch machen<br />
wir einen dieser Inhaltsstoffe sichtbar: Tannine bzw. Gerbsäure,<br />
welche unter anderem in Eichenholz vorkommen.<br />
111
3 _ holz als bau- und werkstoff<br />
Nachweis von Gerbsäure<br />
in Eichenholz<br />
» Eichenfurnier/Eichenholzstücke<br />
(Stiel- oder Traubeneiche)<br />
» Eisenspäne (z.B. aus einem<br />
Reinigungsschwamm aus Stahl)<br />
» Sprühflasche mit Wasser<br />
Die (z.B. aus dem Schwamm gelösten) Eisenspäne<br />
auf das trockene Eichenholz legen/streuen.<br />
Mit der Sprühflasche anfeuchten.<br />
1. Aus dem Stahlschwamm<br />
werden Späne geraspelt.<br />
2. Die Späne werden auf das<br />
Eichenholz gestreut.<br />
3. Das Holz und die Späne<br />
werden angefeuchtet.<br />
4. Am Holz bilden sich dunkle<br />
Flecken – ein Nachweis von<br />
Gerbsäure.<br />
112
holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />
Sofort bilden sich am Holz dunkle Flecken, die<br />
nach einiger Zeit blauschwarz werden. Durch<br />
das Besprühen des Eichenholzes mit Wasser lösen<br />
sich die Tannine im Holz. Gleichzeitig lösen<br />
sich von den Eisenspänen farblose Eisen(II)-<br />
Salze im aufgesprühten Wasser. In Gegenwart<br />
von Luftsauerstoff bilden in der Flüssigkeit<br />
die Tannine mit den Eisen(II)Salzen unlösliche,<br />
blauschwarze Komplexe. Diese Komplexe<br />
führen zu den dunklen Verfärbungen auf dem<br />
Holz. Ein Nachweis der Tannine (Gerbsäure) ist<br />
hiermit gegeben.<br />
Werden die Eisenspäne vom Holz gewischt,<br />
bleiben trotzdem die schwarzen Flecken der<br />
unlöslichen Eisenkomplexe erhalten. Diese<br />
Reaktion kann teilweise durch Oxalsäure aufgehoben<br />
werden. Die Eisen(III)-Komplexe, die<br />
die dunklen Flecken bewirken, bilden mit der<br />
Oxalsäure Eisen(II)-Oxalat. Das sind blassgelbe<br />
Kristalle, die entfernt werden können.<br />
Tannine bzw. Gerbsäure machen sich Winzer:innen bei der Herstellung von<br />
Barrique-Weinen zu Nutze. Diese hochwertigen Weine werden in Eichenfässern<br />
ausgebaut – die Tannine sorgen für einen besonderen Geschmack. Manchmal<br />
wird die Blaufärbung des Holzes z.B. bei Fußböden gezielt als dekoratives<br />
Element eingesetzt.<br />
113
114
KapiteL 4<br />
Weißt du,<br />
... wie viele Quadrate aus<br />
24 Meterstäben gelegt<br />
werden können?<br />
… wie viele Festmeter<br />
Holz ein gefällter<br />
Baumstamm hat?<br />
… wie lange es dauert, bis in Österreich<br />
ein Kubikmeter Holz nachwächst?<br />
... wie die Höhe eines<br />
Baumes ganz einfach<br />
berechnet werden kann?<br />
… was der Unterschied zwischen<br />
einem Festmeter, einem Kubikmeter<br />
und einem Raummeter ist?<br />
115
4 _ Wald, Holz und Mathematik<br />
4. Mit Wald & Holz kannst<br />
du immer rechnen!<br />
Wir kaufen drei Festmeter Brennholz, lesen, dass ein Kubikmeter Holz eine Tonne<br />
CO 2<br />
verhindert und wissen, dass der Nachbar 200 Hektar Wald besitzt. Dieses Kapitel<br />
beweist: Das Thema Wald und Holz ist nicht nur eng mit Zahlen verbunden,<br />
sondern bietet auch spannende Möglichkeiten, Schüler:innen mathematische Größenordnungen<br />
näher zu bringen – egal ob im Klassenzimmer oder direkt im Wald.<br />
Starten wir gleich mit einem Praxis-Beispiel:<br />
4.1 DARSTELLUNG VON LÄNGEN UND FLÄCHENMASSEN<br />
SOWIE VOLUMEN MIT ÄSTEN ODER HOLZSTÄBEN<br />
Viele Schüler:innen haben keine konkrete Vorstellung<br />
von Größenordnungen. Bei einem<br />
Ausflug in den Wald kann anhand von einfachen<br />
Methoden herausgefunden werden, wie<br />
lang ein Zentimeter, ein Dezimeter oder ein<br />
Meter wirklich sind. Davon ausgehend können<br />
Flächenmaße und Kubaturen in Angriff genommen<br />
werden. Natürlich können diese Maße (in<br />
etwas abgeänderter Form) auch mit Holzstäben<br />
im Klassenzimmer dargestellt werden.<br />
» ein Meterstab<br />
» ein Lineal (ca. 30 cm lang)<br />
oder einen Zollstock<br />
» eine kleine Säge<br />
» eine Astschere / Blumenschere<br />
» ein Bleistift<br />
» Äste (werden im Wald<br />
gesammelt) oder verschieden<br />
lange Holzstäbe (für das<br />
Klassenzimmer)<br />
Die Schüler:innen erhalten den Auftrag, verschieden<br />
lange Stöcke/Äste zu finden: Einen,<br />
so lang wie sie selbst groß sind, einen, so lang<br />
wie ihr Unterarm ist und einen so lang wie ihre<br />
Handfläche ist (von den Fingerspitzen bis zum<br />
Ende des Handballen).<br />
116
Wald, Holz und Mathematik _ 4<br />
DABEI GELTEN FOLGENDE REGELN:<br />
• Es dürfen nur Äste gesammelt werden, die bereits am Boden liegen<br />
(KEINE Äste von lebenden Bäumen abreißen!).<br />
• Äste sind keine Waffen – NICHT als Schlagstöcke benutzen!<br />
• Im Wald gibt es genug Äste – es muss sich niemand darum streiten!<br />
• Hinweis, wie weit sich die Schüler:innen entfernen dürfen (z.B. Hörweite)<br />
In einem ersten Schritt schätzen die Kinder, wie lang die einzelnen Stöcke sind.<br />
Anschließend werden die Stöcke mit dem Meterstab bzw. dem Zollstock oder<br />
dem Lineal (für die kleinen Stöcke) abgemessen.<br />
Längenmaße:<br />
Nun werden von den Stöcken folgende<br />
Längenmaße mit der Schere bzw. der<br />
Säge abgeschnitten:<br />
1 cm, 1 dm, 1 m<br />
Anschließend kann gezeigt werden, dass<br />
10 einzelne Zentimeterstücke so lang sind<br />
wie ein Dezimeterstück bzw. 10 Dezimeterstücke<br />
so lang sind wie ein Meterstück.<br />
Von den Ästen werden Holzstücke<br />
im richtigen Maß abgeschnitten<br />
bzw. abgesägt.<br />
117
4 _ Wald, Holz und Mathematik<br />
Flächenmaße:<br />
In einem nächsten Schritt wird ein Quadratmeter aufgelegt. Dabei bietet es<br />
sich an, den m 2 nicht auf einem Weg, sondern an einer „durchschnittlich“ bewachsenen<br />
Stelle aufzulegen. Die Schüler:innen können nebenbei erforschen,<br />
was in diesem m 2 alles wächst oder wie viele (Klein)Tiere sich darauf bewegen.<br />
Befinden sich Bäume auf dem ausgelegten Quadratmeter? Wenn ja, kann die<br />
Frage geklärt werden, wie viele es sind bzw. kann hochgerechnet werden, wie<br />
viele Bäume dann durchschnittlich auf einem Ar, Hektar oder Quadratkilometer<br />
wachsen.<br />
RECHENAUFGABEN<br />
Wenn 24 Kinder je einen 1 m-Stab haben:<br />
Wie viele Quadratmeter können aneinandergereiht ausgelegt werden?<br />
Antwort: 7 ganze Quadratmeter; 2 Stöcke bleiben übrig<br />
(1. Quadrat = 4 Stöcke; alle anderen 3 Stöcke)<br />
Wie müssen die 24 Stöcke in Quadratmeter-Form aufgelegt werden,<br />
sodass KEIN Stock übrigbleibt und wie groß ist diese Fläche dann?<br />
Antwort: 9 Quadratmeter<br />
Weitere Rechnungen rund um<br />
Flächenmaße anstellen:<br />
Wie viele m 2 sind ein Ar, ein Hektar<br />
oder ein Quadratkilometer?<br />
118
Wald, Holz und Mathematik _ 4<br />
Volumen-Berechnungen:<br />
Aufbauend auf einen Quadratmeter wird ein Kubikmeter (m³) dargestellt. Die<br />
Schüler:innen halten die Stöcke so zusammen, dass sie einen m³ ergeben.<br />
RECHENAUFGABE<br />
Wie viele Stöcke werden benötigt, um einen Kubikmeter zu bauen?<br />
Antwort: 12 Stück (für die 12 Seiten eines Würfels)<br />
Ergänzung zur Rechenaufgabe:<br />
Alle drei Sekunden wächst in Österreichs Wäldern ein Kubikmeter Holz nach<br />
(Wachstum von allen Bäumen zusammengerechnet). Schaffen es die Schüler:innen,<br />
innerhalb von drei Sekunden einen bzw. innerhalb von sechs Sekunden zwei<br />
Kubikmeter-Würfel zusammenzusetzen (kann unendlich fortgesetzt werden)?<br />
Wenn keine Stöcke mehr vorhanden sind, wird einfach der erste Kubikmeter<br />
abgebaut und an einer anderen Stelle neu aufgebaut. Die Zeit kann z.B. per<br />
Mobiltelefon mitgestoppt werden.<br />
© Martin Krondorfer, FAST Pichl<br />
119
4 _ Wald, Holz und Mathematik<br />
Spezialfall: Volumen-Bezeichnungen in der Forst- und Holzwirtschaft<br />
In der Holzbranche arbeitet man mit speziellen Maßen –<br />
hier ein kurzer Überblick:<br />
Schüttmeter oder<br />
Schüttraummeter<br />
(srm)<br />
Eine lose Schüttung von Holzstücken, die in einem<br />
Kubikmeter Platz hat (z.B. wenn die Schüler:innen sich<br />
in den gebauten Kubikmeter-Würfel stellen und dazwischen<br />
„Lücken“ bleiben).<br />
Festmeter (fm)<br />
Ein Festmeter ist lückenlos mit Holz gefüllt – also ein<br />
massiver Holzwürfel.<br />
Raummeter (rm)<br />
Ein Raummeter liegt irgendwo dazwischen – es handelt<br />
sich um einen m³ mit sauber aufgestapeltem Holz (meist<br />
1 m lang). Auch hier gibt es „Lücken“, aber viel weniger<br />
als bei einer losen Schüttung.<br />
Eine altmodische Bezeichnung für Raummeter ist der<br />
„Ster“. Meist wird die Bezeichnung in Zusammenhang<br />
mit Rundholzlagern verwendet. Ein „Klafter“ ist ein veralteter<br />
Begriff für 3 Raummeter.<br />
Schichtfestmeter<br />
(Sfm)<br />
Der Sfm ist ordentlich für den Holzofen geschnittenes<br />
und gestapeltes Holz. Der Unterschied zum Raummeter<br />
liegt in der Länge der Holzstücke (sind kürzer als ein<br />
Meter).<br />
Vorratsfestmeter<br />
(Vfm)<br />
Damit gibt man die Baumstämme mit Rinde in einem<br />
(lebend) stehenden Baumbestand im Wald an (also wie<br />
viel Holz im Wald wächst – wird auch als „Holzvorrat“ bezeichnet;<br />
der Holzvorrat in Österreichs Wäldern beträgt<br />
rund 1.173 Millionen Kubikmeter, in der Steiermark sind<br />
es rund 307 Millionen Kubikmeter).<br />
Erntefestmeter<br />
(Efm)<br />
Bei der Berechnung der Erntefestmeter werden vom<br />
Vorratsfestmeter ca. 10 % für die Rinde und weitere ca.<br />
10 % für den Verlust durch die Ernte abgezogen. Jedes<br />
Jahr werden in steirischen Wäldern rund 4,6 Millionen<br />
Erntefestmeter Holz geerntet. Würde man das gesamte<br />
Holz mit der Bahn transportieren, bräuchte man dafür<br />
rund 88.000 Eisenbahnwagone. Diese aneinandergereiht<br />
würden eine Strecke von Graz nach Kopenhagen<br />
ergeben.<br />
120
Wald, Holz und Mathematik _ 4<br />
UMRECHNUNGSFAKTOREN:<br />
1 Festmeter = 1,4 Raummeter = 2,3 Schüttraummeter<br />
1 Raummeter = 0,7 Festmeter = 1,4 Schüttraummeter<br />
1 Schüttraummeter = 0,4 Festmeter = 0,7 Raummeter<br />
1 Kubikmeter Rundholz = 1,25 Ster<br />
Festmeter<br />
Raummeter<br />
Schüttraummeter<br />
RECHENAUFGABE<br />
Wie viele Festmeter Holz hat ein gefällter Baumstamm?<br />
Annahme: Der gesamte Baum ist 15 Meter hoch (L)<br />
und hat einen Durchmesser (d) von 50 cm.<br />
Berechnet wird anhand der Huberschen Formel:<br />
V (Volumen in Festmeter) = d² * L * π/4<br />
π = 3,1416 (Kreiszahl)<br />
d = Durchmesser in Meter in der Stammmitte gemessen<br />
L = Baumhöhe (Länge in m)<br />
Lösung: V(fm) = = 0,5 m²*15 m*3,1416/4 = 2,94 m³<br />
Hubersche Formel<br />
121
4 _ Wald, Holz und Mathematik<br />
Volumenberechnungen von Baumstämmen ohne Fällen<br />
Um das Volumen eines Baumstammes ohne Fällen abschätzen zu<br />
können, wird wie folgt vorgegangen:<br />
Zuerst wird der so genannte „Brusthöhendurchmesser“ (BHD) in cm genommen.<br />
Das ist der Durchmesser eines Baumstammes in der Höhe von 130 cm<br />
hangseitig. Dazu kann zum Beispiel eine Messkluppe verwendet werden.<br />
Berechnung:<br />
V (Volumen) = BHD²/1000<br />
RECHENAUFGABE<br />
Berechne das Volumen einer Fichte, die 32 m hoch ist und einen BHD<br />
von 55 cm hat.<br />
Lösung: V = 55cm²/1000 = 3,02 fm (Festmeter = m³ Massivholz)<br />
Diese Art der Berechnung ergibt allerdings nur einen Schätzwert. Sie gilt in<br />
der Praxis nur für Bäume, die maximal 27 m hoch sind und eine Formzahl<br />
von 0,47 haben – also Fichte, Tanne oder Buche (die Formzahl ist ein auf<br />
der Geometrie beruhender Faktor für die Spannungserhöhung aufgrund<br />
von Kerben).<br />
Um einen besseren Schätzwert zu erhalten, kann für jeden Meter, den der<br />
Baum höher ist als 27 m, 3 % aufgeschlagen werden.<br />
RECHENBEISPIEL VARIANTE II<br />
Berechne das Volumen einer Fichte,<br />
die 32 m hoch ist und einen BHD von 55 cm hat.<br />
Lösung: V = 55cm²/1000 + (3,02*0,03*5) = 3,478 fm<br />
122
Wald, Holz und Mathematik _ 4<br />
4.2 Berechnung mit dem Strahlensatz:<br />
Wie hoch ist ein Baum?<br />
Um die ungefähre Höhe eines Baumes einfach und schnell herauszufinden,<br />
gibt es einen mathematischen „Trick“.<br />
Dieser funktioniert natürlich auch bei Gebäuden.<br />
variante 1<br />
» Maßband (zum Ausmessen<br />
der Schrittlänge)<br />
» langer, möglichst gerader Stock<br />
Als Vorbereitung musst du zuerst deine Schrittlänge<br />
wissen. Mach dazu einen ganz normalen<br />
Schritt und lass jemand den Abstand zwischen<br />
deinen Füßen messen. Notiere dir noch zusätzlich<br />
deine Augenhöhe (Höhe von deinen Füßen<br />
bis zu deinen Augen).<br />
Such dir einen Baum aus, dessen Größe du bestimmen<br />
willst. Das Gelände sollte möglichst<br />
eben und gerade sein. Halte nun den Stock gerade<br />
zwischen deiner Hand und deinem Auge,<br />
sodass du den Abstand zwischen Hand und<br />
Auge ausmessen kannst.<br />
Drehe den Stock 90° nach oben. Lass dabei deinen<br />
Arm ausgestreckt. Nähere dich nun so lang<br />
dem Baum, bis das obere Ende des Stocks mit<br />
der Spitze des Baumes auf einem Punkt ist.<br />
Miss nun die Entfernung zwischen dir und dem<br />
Baum aus, indem du die Schritte zählst, die du<br />
brauchst, bis du den Baum erreichst. Multipliziere<br />
nun die Anzahl der Schritte mit deiner<br />
Schrittlänge.<br />
Addiere zu diesem Zwischenergebnis noch deine<br />
Augenhöhe und du hast die ungefähre Höhe<br />
des Baumes ermittelt!<br />
123
4 _ Wald, Holz und Mathematik<br />
Zwischen deinem Auge, deiner Hand und der oberen<br />
Spitze des Stockes wird ein rechtwinkliges, gleichschenkeliges<br />
Dreieck aufgespannt. Das heißt, der Abstand<br />
von deinem Auge zu deiner Hand ist gleich groß wie<br />
der von deiner Hand zu der Spitze des Stockes. Dieses<br />
Dreieck kann proportional vergrößert werden,<br />
nachdem die Strecke zwischen dir und dem<br />
Baum gleich lang wie jene zwischen der<br />
Baumspitze und dem Stamm auf deiner<br />
Augenhöhe ist. Deswegen muss<br />
zum Schluss auch noch deine<br />
Augenhöhe addiert werden,<br />
um die wirkliche Größe des<br />
Baumes zu ermitteln!<br />
a:a = b:b<br />
Als Vor- und Nachbereitung<br />
können die Dreiecke<br />
aufgezeichnet werden,<br />
auch um damit weitere<br />
mathematische Formalismen<br />
zu üben. Beispielsweise<br />
die Berechnung der<br />
Hypotenuse oder Winkel-<br />
Entfernungsbeziehungen<br />
zu anderen Objekten<br />
sowie Schattenberechnungen<br />
bei diversen Winkeln<br />
der Sonne.<br />
Variante 2: das Försterdreick<br />
» dünne Holzplatte<br />
oder dicke Pappe<br />
» Schere oder kleiner<br />
Holzbohrer<br />
» Schnur<br />
» kleiner Stein<br />
» wasserfester Stift<br />
Schneide die Pappe oder die Holzplatte zu einem rechtwinkligen,<br />
gleichschenkligen Dreieck zu. Achte darauf,<br />
dass die beiden Katheten mindesten 30 cm lang sind.<br />
Bohre mit der Schere/dem Holzbohrer ein Loch durch eine<br />
Ecke des Dreiecks (nicht durch die Ecke mit dem rechten<br />
Winkel!). Die andere spitze Ecke kann etwas abgerundet<br />
werden.<br />
Fädle nun die Schnur durch das Loch und binde sie fest.<br />
Am anderen Ende der Schnur wird der Stein befestigt.<br />
Zeichne zum Schluss vom Loch ausgehend einen parallelen<br />
Strich entlang einer Kathete. Fertig ist dein Försterdreieck!<br />
Als Variante zum Stock kannst du das Försterdreieck als<br />
Messinstrument einsetzen. Das Prinzip ist hierbei dasselbe:<br />
Halte dein Försterdreieck an ein Auge und visiere entlang<br />
der Hypotenuse die Spitze des Baumes an. Nähere<br />
dich so lange dem Baum, bis die Ecke des Dreiecks mit der<br />
Spitze des Baumes auf einem Punkt ist. Das Lot hilft dir,<br />
zu überprüfen, ob du das Dreieck gerade hältst. Wenn die<br />
Schnur auf einer Linie mit dem eingezeichneten Strich ist,<br />
machst du alles richtig!<br />
124
Wald, Holz und Mathematik _ 4<br />
4.3 Wie kann ich das Alter<br />
eines Baumes berechnen?<br />
Um das Alter eines Baumes zu ermitteln, werden bei umgeschnittenen Bäumen<br />
ganz einfach die Jahresringe gezählt. Natürlich funktioniert die Altersermittlung<br />
auch bei „lebenden“ Bäumen, die noch im Wald stehen. Hier unterscheidet man<br />
zwischen invasiven und nicht-invasiven Methoden (invasiv = „eindringend“).<br />
Nicht-invasive Methoden<br />
» Maßband o.ä. um den<br />
Umfang eines Baumes<br />
zu messen<br />
Die bekannteste nicht-invasive Methode ist die Altersberechnung<br />
nach Alan Mitchell aus dem Jahr 1979. Miss den<br />
Umfang des Baumes ungefähr in Brusthöhe ab (auf einer<br />
Höhe von ca. 1 - 1,5 m über dem Wurzelansatz).<br />
Für die Altersbestimmung muss zudem der Standort des<br />
Baumes berücksichtigt werden: Steht er alleine z.B. auf<br />
einer Wiese („Solitärbaum“), dicht gedrängt in einem Wald<br />
(„Waldbaum“) oder ist er Teil einer Straßenbepflanzung<br />
(„Alleebaum“)?<br />
Als letzte wichtige Berechnungsgrundlage muss die Baumart<br />
bekannt sein. Jeder Baumart ist ein bestimmter Wachstumsfaktor<br />
zugeordnet. Alan Mitchell hat diesen auf 50jährige<br />
Bäume bezogen und daher mit f(50) bezeichnet. Der<br />
Wachstumsfaktor gibt an, wie viele Zentimeter der Umfang<br />
eines Baumes pro Jahr zunimmt.<br />
Formel zur Altersbestimmung:<br />
Umfang/Wachstumsfaktor<br />
EINZELNER BAUM:<br />
Solitärbaum<br />
ALLEE:<br />
Allebäume<br />
WALD:<br />
Waldbäume<br />
125
4 _ Wald, Holz und Mathematik<br />
Für die meisten Baumarten kann, was den<br />
Wachstumsfaktor betrifft, von einer<br />
Faustformel ausgegangen werden.<br />
Umfang (cm)/1,3 (Waldbaum)<br />
Umfang (cm)/1,7 (Alleebaum)<br />
Umfang (cm)/2,5 (Solitärbaum)<br />
Für genauere Berechnungen (nach einzelnen<br />
Baumarten) findet man online zahlreiche Sammlungen<br />
mit Umfangs-Wachstumsfaktoren (Mitchell-Faktoren).<br />
Die meisten davon decken sich<br />
mit den in der „Faustformel“ verwendeten Faktoren.<br />
Ausnahmen betreffen zum Beispiel besonders<br />
schnell wachsende Bäume wie die Pappel<br />
(Wachstumsfaktor 4,74 – 5,65). Mattheck und Kappel<br />
haben die Mitchell-Faktoren weiter überprüft.<br />
Sie haben für die häufigsten 6 Baumarten je 20<br />
Bäume untersucht und einen baumspezifischen<br />
Altersfaktor errechnet (siehe Tabelle).<br />
Screenshot Baumkataster Graz<br />
https://www.graz.at/cms/beitrag/10295863/8115447/Online_Karte_Baumkataster.html<br />
https://geodaten.graz.at/WebOffice/synserver?project=baumkataster&client=core<br />
Nicht immer sind umfangreiche Berechnungen für die Bestimmung des Baumalters<br />
notwendig. In vielen Städten gibt es so genannte „Baumkataster“ (z.B. in Graz).<br />
Hier sind Art und Alter der Bäume genau dokumentiert.<br />
WACHSTUMSFAKTOREN<br />
Baumart Waldbaum Alleebaum<br />
Solitärbaum<br />
Faktoren nach<br />
Mattheck /Kappel<br />
Buche 1,3 1,7 2,5 1,86<br />
Eiche 1,3 1,7 2,5 1,95<br />
Edelkastanie 1,3 1,7 2,5 2,44<br />
Pappel 2,5 - 3,8 3,4 - 5 5 - 7,5 5,65<br />
Fichte 1,3 1,7 2,5 2,46<br />
Kiefer 1,3 1,7 2,5 1,56<br />
Tabelle modifiziert nach „Bestimmung des Baumalters - Gegenüberstellung verschiedener<br />
Bestimmungsmethoden der Praxis“ Axel Rendenbach, Sachverständiger, Düsseldorf<br />
126
Wald, Holz und Mathematik _ 4<br />
Invasive Methoden<br />
Eine gängige invasive („eindringende“) Methode<br />
in der Forstwirtschaft ist die Bestimmung<br />
des Alters mittels „Zuwachsbohrer“. Damit<br />
wird auf einer Höhe von ca. 130 cm ein kleiner<br />
Bohrkern aus dem Baumstamm entnommen,<br />
um daraus die Jahresringe abzulesen. Weiters<br />
können von außen nicht erkennbare Probleme<br />
wie z.B. Infektionen der Leitungsbahnen<br />
erkannt werden. Die Verletzung des Baumes<br />
ist dabei so kleinräumig, dass sie einem gesunden<br />
Baum nicht schadet. Meist wird am Ende<br />
der Probenentnahme trotzdem die Bohrstelle<br />
mit Baumharz verschlossen, um das Infektionsrisiko<br />
zu minimieren.<br />
127
Forstwirtschaft<br />
Jungpflanzen (kleine<br />
Bäume) werden in<br />
speziellen Baumschulen<br />
gezüchtet und an<br />
Forstbetriebe ausgeliefert.<br />
Förster:innenbestimmen,<br />
welche<br />
Bäume wo gesetzt<br />
werden und welche<br />
Bäume geerntet werden.<br />
Sie sind auch für<br />
die Pflege des Waldes<br />
verantwortlich. Die<br />
Holzernte wird von<br />
Forsttechniker:innen<br />
durchgeführt.<br />
Rundholztransport<br />
Rundholztransporteur:innen<br />
sind die<br />
„Formel-1-Fahrer“<br />
unter den Lastwagenfahrer:innen.<br />
Sie<br />
sorgen dafür, dass<br />
das Holz vom Wald<br />
ins Sägewerk kommt.<br />
Dabei müssen mit<br />
40-Tonnern u.a. enge<br />
Forststraßen bei Eis<br />
und Schnee befahren<br />
werden.<br />
Holzhandel<br />
Der Holzhandel ist für<br />
den Ein- und Verkauf<br />
von verschiedensten<br />
Holzarten und<br />
Holzprodukten<br />
verantwortlich.<br />
Faserstofferzeugung<br />
Holz wird zu Holzfasern<br />
verarbeitet; daraus werden<br />
zum Beispiel Zellstoff,<br />
Stoffe für Kleidung und<br />
vieles mehr erzeugt.<br />
Sägewerk /<br />
Holzindustrie<br />
Im Sägewerk wird der<br />
Baumstamm zu Brettern<br />
verarbeitet. Dabei wird das<br />
Holz zuerst entrindet, geschnitten<br />
und getrocknet.<br />
In einigen Sägewerken<br />
werden die Bretter dann<br />
mit Hobelmaschinen gehobelt<br />
und vielleicht sogar zu<br />
Leimholzbindern (mehrere<br />
Holzschichten zu einem<br />
großen Holzstück verleimt –<br />
braucht man vor allem<br />
im Holzbau) oder zu<br />
Platten verarbeitet.<br />
Energieerzeugung<br />
Holz wird zur Erzeugung von Wärme (vom Kachelofen bis zum Heizwerk) und von<br />
Strom eingesetzt. Viele Holzbetriebe nützen die „Reststoffe“ (Sägespäne, Holz-Reste<br />
vom Zuschnitt), um ihre Werke mit Strom und Wärme zu versorgen.<br />
128
Papierindustrie<br />
Papier wird aus<br />
Holz oder Altpapier<br />
(Recycling-Papier)<br />
hergestellt. Nähere<br />
Informationen: www.<br />
papiermachtschule.at<br />
Fußbodenerzeugung<br />
Das Holz aus den<br />
Sägewerken wird in<br />
Parkettwerken zu<br />
Holzfußböden weiterverarbeitet<br />
...<br />
Fensterund<br />
Türenerzeugung<br />
… oder das Holz wird<br />
zur Produktion von<br />
Fenstern und Türen<br />
eingesetzt.<br />
Chemische<br />
Industrie/<br />
Bekleidungsindustrie<br />
Holz ist in vielen<br />
Produkten enthalten<br />
(u.a. Vanilleeis, Nagellack,<br />
Waschmittel etc.).<br />
Tischlerei<br />
Tischler:innen planen und<br />
erzeugen Möbel und viele<br />
andere Produkte für die<br />
Inneneinrichtung<br />
(Holzdecken, Wandverschalungen<br />
etc.).<br />
Holzbau /<br />
Zimmerei<br />
Immer mehr Häuser und<br />
andere Gebäude werden<br />
aus Holz errichtet. Für Planung<br />
und Umsetzung sind<br />
Architekt:innen und Holzbaubetriebe<br />
verantwortlich.<br />
Viele andere…<br />
Egal ob Musikinstrumente,<br />
Spielzeug, Sportgeräte,<br />
Boote und vieles mehr –<br />
zahlreiche Betriebe beund<br />
verarbeiten Holz!<br />
Endverbraucher:innen<br />
129
www.genialerstoff.at<br />
Nicht nur das Material Holz wächst,<br />
auch die Anzahl der Berufe, in denen<br />
man sich mit dem Naturmaterial<br />
beschäftigt. Hier ein kurzer Überblick<br />
über die wichtigsten Ausbildungszweige.<br />
AUSGEWÄHLTE LEHRBERUFE<br />
FORSTFACHARBEITER:IN<br />
Dauer: 3 Jahre<br />
Aufforstung, Waldpflege und Holzernte stehen<br />
im Mittelpunkt dieser Lehre. Zu den Aufgaben<br />
gehört es, die Fallrichtung von Bäumen zu bestimmen,<br />
Stämme mit der Motorsäge zu entasten,<br />
Holzqualitäten zu beurteilen, Stämme zu<br />
vermessen, zu zerteilen und mit modernsten<br />
Spezialschleppern abzutransportieren. Dabei<br />
ist man fast immer draußen im Wald unterwegs.<br />
Teamarbeit und Eigenverantwortung<br />
sind gefragt.<br />
FORSTTECHNIKER:IN<br />
Dauer: 3 Jahre<br />
Forsttechniker:innen lernen mit modernsten<br />
Holzernte- und -bringungsmaschinen umzugehen,<br />
erlangen umfassendes Elektronikwissen<br />
über die Bordsysteme, lernen Mechanik- und<br />
Reparaturmöglichkeiten kennen und erfahren,<br />
wie Holz transportiert, vermessen, sortiert und<br />
gelagert wird. Weiters bekommt man Einblick<br />
in forstliche Pflegemaßnahmen, die Instandsetzung<br />
und Erhaltung von Forstwegen und<br />
jagdliche Einrichtungen. Man eignet sich Wissen<br />
rund um Biodiversität und Ökologie an.<br />
Ziel ist, gesunde und klimafitte Wälder mitzugestalten.<br />
FORSTGARTEN- UND<br />
FORSTPFLEGEFACHARBEITER:IN<br />
Dauer: 3 Jahre<br />
In dieser Lehre geht es um die Pflege von Bäumen<br />
und Pflanzen im Forstgarten oder im<br />
Wald. Man lernt die heimischen Baumarten<br />
und Wildsträucher kennen, geht mit forstgärtnerischen<br />
Werkzeugen und Maschinen um,<br />
bewahrt Jungbäume vor Schädlingen oder<br />
Wildverbiss und bringt gesunde Forstpflanzen<br />
in die Aufforstungsgebiete. Man arbeitet im<br />
Team meist unter freiem Himmel.<br />
HOLZTECHNIKER:IN<br />
Dauer: 3, 3,5 oder 4 Jahre<br />
Bei dieser zukunftsorientierten Lehre geht<br />
es um die Verbindung von Holz und Technik.<br />
Man verarbeitet Rundholz (Baumstämme) zu<br />
130
Schnittholz (Bretter, Platten, Latten), bedient<br />
Holzbearbeitungsmaschinen, Stapler und Kräne,<br />
programmiert Steuerungen und arbeitet<br />
mit Computern, geht mit Holzwerkzeugen um,<br />
lernt alles übers Leimen, Kleben, Dübeln, Polieren,<br />
Hobeln, Schleifen oder Imprägnieren und<br />
stellt fertige Produkte wie Fenster, Türen, Möbelteile<br />
oder Spanplatten her.<br />
FERTIGTEILHAUSBAUER:IN<br />
Dauer: 3 Jahre<br />
Elemente für Holzfertigteilbauten werden hergestellt<br />
und vor Ort montiert. Die Lehre spannt<br />
den Bogen vom Lesen der Baupläne bis zur<br />
Auswahl der Baumaterialien, von der Arbeit<br />
mit vollautomatischen Maschinen bis zum Zusammenbauen,<br />
Montieren und Aufstellen der<br />
Holzelemente. Handwerkliche Verfahren wie<br />
Hobeln, Bohren, Drehen, Fräsen oder Schleifen<br />
gehören genauso dazu wie die persönliche Beratung<br />
von Kund:innen. Wesentlich ist auch die<br />
Teamarbeit mit Berufskolleg:innen.<br />
ZIMMERER:IN<br />
Dauer: 3 Jahre<br />
Holzkonstruktionen und Holzbauten stehen<br />
im Mittelpunkt. Weil dabei auch auf Leitern/<br />
Gerüsten gearbeitet wird, sollte man für diese<br />
Lehre schwindelfrei sein. Man fertigt Dachstühle,<br />
Treppen, Wand- und Deckenkonstruktionen<br />
an, stellt Elemente für Holzfertigteilbauten her<br />
und montiert sie vor Ort, verbindet Teile mittels<br />
Nageln, Dübeln, Schrauben, Zapfen oder<br />
Kleben, errichtet Verschalungen oder Verkleidungen<br />
und bedient Holzbearbeitungsmaschinen<br />
– und das alles natürlich im Team.<br />
ZIMMEREITECHNIKER:IN<br />
Dauer: 4 Jahre<br />
Dieser 4-jährige Lehrberuf beinhaltet die Ausbildung<br />
zur/m Zimmerer:in. Zusätzlich lernt<br />
man selbstständige Planung und Durchführung<br />
sowie Bearbeitungs- und Montagetechnik für<br />
alle Anforderungen im Ingenieurholzbau.<br />
TISCHLER:IN<br />
Dauer: 3 Jahre<br />
Bei dieser handwerklichen, kreativitätsbetonten<br />
Lehre ist Geschicklichkeit gefordert.<br />
Man stellt Möbel, Fenster, Türen, Holzfußböden<br />
oder Bauteile nach Skizzen, Plänen oder<br />
Werkzeichnungen her. Dazu stehen Holzbearbeitungstechniken<br />
wie Messen, Anreißen,<br />
Hobeln, Stemmen, Sägen, Bohren und Schleifen<br />
auf dem Programm. Man bearbeitet Holzwerkstoffe,<br />
Kunststoffe oder Metalle und bedient<br />
typische Tischlerwerkzeuge, Geräte und<br />
Maschinen – entweder alleine oder im Team.<br />
131
TISCHLEREITECHNIKER:IN<br />
Dauer: 4 Jahre<br />
Diese Lehre geht mit der rasch wachsenden<br />
technischen Weiterentwicklung mit. Der<br />
Schwerpunkt liegt im Rahmen der Tischlereiausbildung,<br />
dazu gehören die Bereiche<br />
Arbeitsvorbereitung, Planung sowie die Detailausführung<br />
von Möbelstücken mithilfe modernster<br />
CAD-Programme. Man fertigt Skizzen<br />
und Zeichnungen an und wird miteingebunden<br />
beim Design eines Möbels oder einer Einrichtung.<br />
Man plant Produktionsabläufe und lernt<br />
den Umgang mit Kund:innen.<br />
PAPIERTECHNIKER:IN<br />
Dauer: 3,5 Jahre<br />
Bei der Herstellung von Papier bringen High-<br />
Tech-Prozesse viel Abwechslung in die Lehre.<br />
Man lernt, hochtechnisierte, computergesteuerte<br />
Maschinen einzustellen, Steuerpulte,<br />
Bleich-, Sortier-, Mahl- oder Schneidemaschinen<br />
zu bedienen, Papierstraßen oder<br />
Verpackungsanlagen zu überwachen und die<br />
Endprodukte Papier, Pappe oder Karton herzustellen<br />
bzw. zu veredeln.<br />
Zugang zu Universitäten oder Fachhochschulen bieten eine Lehre mit Matura<br />
oder die Berufsreifeprüfung nach der Lehrausbildung.<br />
» zukunftsorientierte Arbeitsplätze<br />
und Ausbildungswege über Lehre,<br />
Fachschule, BHS, Kolleg,<br />
Fachhochschule oder Universität<br />
» beste Aufstiegschancen innerhalb der<br />
Branche mit Karrieremöglichkeiten<br />
im In- und Ausland<br />
» nachwachsender Rohstoff,<br />
Bau- und Werkstoff von morgen<br />
» internationale Technologieführerschaft<br />
132
Wer einen Holzberuf ausüben will, muss nicht unbedingt eine Lehre absolvieren.<br />
Man kann nach der Pflichtschulzeit weiterführende Schulen besuchen und<br />
anschließend an Universitäten und Fachhochschulen studieren. Hier einige<br />
Beispiele für Ausbildungsstätten:<br />
HÖHERE BUNDESLEHRANSTALT<br />
FÜR FORSTWIRTSCHAFT<br />
Bei der Höheren Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft<br />
in Bruck a. d. Mur erlernen die Schüler:innen<br />
alles, was man für die Arbeit als FörsterIn<br />
braucht. Dazu zählen die Waldökologie,<br />
der Waldbau sowie der Forst- und Umweltschutz,<br />
Jagdwesen, Forst- und Arbeitstechnik<br />
aber auch Betriebswirtschaft, Marketing, Projektmanagement<br />
und Recht.<br />
Auch in vielen anderen landwirtschaftlichen<br />
Fachschulen bzw. HTLs gibt es forstliche<br />
Schwerpunkte (siehe www.genialerstoff.at).<br />
HOLZTECHNIKUM KUCHL<br />
Das Holztechnikum (HTL, Fachschule) absolvieren<br />
Jugendliche, die sich für hochtechnische<br />
Holzbe- und -verarbeitung interessieren.<br />
Neben dem fundierten Umgang mit dem<br />
Werkstoff Holz zählen Maschinenbau, Elektrotechnik<br />
und Betriebswirtschaft zu den Lerninhalten.<br />
Das Wissen kann bei einem Besuch der<br />
Fachhochschule (Holztechnologie und Holzbau)<br />
in Kuchl erweitert werden.<br />
TISCHLEREI / INNENRAUM-<br />
GESTALTUNG / MÖBEL<br />
Mehrere Schulen in ganz Österreich haben<br />
einen holzgestalterischen Schwerpunkt. Dazu<br />
zählen z.B. die HTBLA Ortwein in Graz und die<br />
HTLs bzw. Fachschulen in Hallein, Mödling,<br />
Imst, Hallstatt oder Villach.<br />
BAUTECHNIK / HOLZBAU<br />
Holzbauingenieur:innen sind gefragt als Techniker:innen<br />
in Holzbaubetrieben und Baufirmen,<br />
in Planungs-, Architektur- und Statikbüros. Die<br />
Ausbildung wird in fast allen Bundesländern<br />
angeboten – z.B. in den HTLs und Fachschulen<br />
in Graz (Ortweinschule), Pinkafeld, Linz, Hallein<br />
oder Imst.<br />
UNIVERSITÄRE AUSBILDUNG<br />
Wer sich für Holztechnologie und Forstwissenschaft<br />
interessiert, ist an der Universität für<br />
Bodenkultur in Wien bestens aufgehoben. An<br />
der Technischen Universität Graz werden nicht<br />
nur Studien rund um Holzbau und Holzbau-Architektur<br />
angeboten, sondern auch die Ausbildung<br />
im Bereich Papier-, Zellstoff- und Fasertechnik.<br />
Auch viele andere Universitäten haben<br />
holzrelevante Studienrichtungen im Portfolio.<br />
133
www.holzmachtschule.at<br />
Holz begleitet unsere Kinder von den ersten<br />
Lebenstagen an – vom familiären Umfeld bis<br />
zum Schulunterricht und vielleicht sogar bei<br />
der Berufswahl. Wir bringen den Kindern und<br />
Jugendlichen das Thema Wald und Holz in seiner<br />
Vielfältigkeit näher. Nutzen Sie das umfangreiche<br />
Angebot von proHolz Steiermark, das laufend<br />
erweitert wird.<br />
Hier ein kleiner Auszug:<br />
HOLZFORSCHERHEFTE UND<br />
KINDERZEITUNGEN –<br />
GEDRUCKTE MATERIALIEN<br />
Das <strong>Holzforscherheft</strong> 1.0 beinhaltet rund 20<br />
Experimente und das damit verbundene Hintergrundwissen.<br />
Mehrere „Kleine Kinderzeitungen“<br />
bringen den 8 – 12jährigen Wald- und<br />
Holzwissen näher. Kostenloser Versand an<br />
steirische Schulen und Kindergärten möglich.<br />
KOSTENLOSE VERLEIHMATERIALIEN<br />
Steirischen Schulen und Kindergärten steht<br />
ein breites Angebot an Verleihmaterialien zur<br />
Verfügung. Mit dabei sind eine Holzbox „Holz<br />
mit allen Sinnen erkunden“, eine Box für Volksschule<br />
und Kindergarten rund um die Wertschöpfungskette<br />
Holz „Der Weg des Holzes“,<br />
die „Holzartenbox“, eine Klimabox mit Klimaversuchen,<br />
eine genähte Pflanzenzelle oder<br />
der Holzroboter „Cubetto“ mit Begleitmaterialien.<br />
APP INS HOLZ – MIT DIGITALEN<br />
LERNKARTEN UND QUIZDUELL<br />
WISSEN AUFBAUEN<br />
Spannendes rund um Wald/Holz/Papier/Klimaschutz<br />
und vieles mehr gibt’s auf hunderten<br />
Lernkarten in der Holzforscher-App. Diese ist<br />
kostenlos im Playstore/App Store (Android und<br />
iOS) zum Download erhältlich, sowie als webbasierte<br />
App auf allen Endgeräten kostenlos<br />
nutzbar. Einfach ein Lernkartendeck durchspielen<br />
und dann gleich das Wissen bei einem<br />
Quiz-Duell testen!<br />
PÄDAGOG:INNEN-FORTBILDUNGEN<br />
Sie möchten möglichst vielen Lehrenden an<br />
Ihrer Schule das Thema Wald, Holz & Klimaschutz<br />
näher bringen? Dann kontaktieren Sie<br />
uns und vereinbaren Sie einen Termin für eine<br />
SCHILF bzw. eine SCHÜLF. Unsere Expert:innen<br />
kommen zu Ihnen in die Schule und erarbeiten<br />
gemeinsam mit Ihnen, wie Wald und Holz<br />
in beinahe jeden Unterrichtsgegenstand eingebaut<br />
werden können. Zusätzlich werden regelmäßig<br />
Standard-Fortbildungen über die Pädagogischen<br />
Hochschulen angeboten (Termine<br />
siehe PH-Online).<br />
134
WALDSPIELE – WALDAUSGÄNGE<br />
FÜR VOLKSSCHULEN<br />
Schüler:innen der 3. und 4. Klasse Volksschule<br />
sind die Hauptzielgruppe der „Waldspiele Steiermark“.<br />
Bei diesen waldpädagogischen Ausgängen<br />
arbeitet proHolz Steiermark eng mit<br />
der Landwirtschaftskammer Steiermark zusammen.<br />
Ziel ist, den Kindern den Wald nicht<br />
nur als Lebens- und Erholungsraum zu präsentieren,<br />
sondern auch seine Funktion als Arbeitgeber,<br />
Klimaschützer und Wirtschaftsmotor<br />
aufzuzeigen.<br />
Nähere Informationen:<br />
www.waldspiele-stmk.at<br />
PAPIER MACHT SCHULE<br />
Die Papier- und Zellstoffindustrie ist einer der<br />
größten Holznutzer unseres Landes. Aufgabe<br />
von „Papier macht Schule“ ist es, junge Menschen<br />
und deren Ausbildner:innen die High-<br />
Tech-Produktionsprozesse und die damit verbundenen<br />
Berufschancen näher zu bringen.<br />
Weiters gilt es, Bewusstsein dafür zu schaffen,<br />
wie vielseitig Papier eigentlich ist und wie oft<br />
bzw. wo wir jeden Tag zu Produkten aus Papier<br />
und Karton greifen.<br />
IMPRESSUM:<br />
Holzexperimente Forscherheft <strong>2.0</strong>.<br />
Erscheinungsort Graz, 1. Auflage 2022..<br />
Herausgeber: proHolz Steiermark,<br />
Reininghausstraße 13a, 8020 Graz,<br />
T +43(0)316/587850, info@holzmachtschule.at,<br />
www.proholz-stmk.at,<br />
Geschäftsführung: Mag. Doris Stiksl.<br />
Redaktion: siehe Projektteam S. 2<br />
Layout: design your dream.<br />
Illustration: proHolz Steiermark<br />
und Taska Grafik Egger & Hofbauer OG<br />
Herstellung: Medienfabrik Graz.<br />
Alle Rechte, insbesondere die Übernahme<br />
von Beiträgen nach Urheberrechtsgesetz,<br />
sind vorbehalten.<br />
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde<br />
teilweise eine geschlechtsneutrale Schreibweise<br />
verwendet. Wir weisen ausdrücklich<br />
darauf hin, dass mit diesen Begriffen Frauen<br />
als auch Männer angesprochen werden.<br />
Fotonachweis: proHolz Steiermark: S.2,16,30,<br />
34,35,40,43,48,49,65,66,79,86,101,103,104,11<br />
1,117,127. Waldspiele: 23,82,116,117,119<br />
Helmut Lunghammer: 24,25,26,28,29,30,3<br />
1,36,39,42,43,45,46,47,50,52,54,58,59,62,6<br />
3,64,65,66,67,68,69,70,74,75,80,81,82,84,9<br />
0,96,97,98,99,100,101,102,103,105,106,10<br />
7,108,109,110,112,134,135. Privat: S.2.<br />
Konstantinov: 8. BFW Karl Gartner: 14<br />
BFW Luis Villarroel Lieberona: 14,122.<br />
Grüne Erde: 78. Werner Krug: 92 . ÖFM<br />
Stübing/Universalmuseum Joanneum: 94<br />
Christoph Strachon: 95. Holzcluster Steiermark/Schmid:<br />
100. Mattro/WoodC.A.R.:107.<br />
proHolz Austria: 130,131,132<br />
sappi: 132. Kurkommission Bad Blumau/J.<br />
Rath: 56. Wirestock Freepik.com: 57<br />
Illustrationen: proHolz Steiermark: 10,11,12,<br />
18,21,22,25,27,33,37,44,45,51,57,60,61,73,76,<br />
77,81,83,85,87,88,89,121,123,124,126. Adobe<br />
Stock: 114, 135
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Reininghausstraße 13a<br />
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Tel: 0316/58 78 50-0<br />
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