Gärten des Jahres 2022
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5<br />
DIETER KOSSLICK – KONSTANZE NEUBAUER<br />
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GÄRTEN<br />
DES<br />
JAHRES<br />
<strong>2022</strong><br />
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Die<br />
50 schönsten<br />
Privatgärten<br />
DIETER KOSSLICK<br />
KONSTANZE NEUBAUER<br />
CALLWEY
INHALT<br />
ab Seite 48 ab Seite 86 ab Seite 124<br />
6<br />
12<br />
Einleitung<br />
Die Jury<br />
86<br />
Baden in der Artenvielfalt<br />
Jurasüdfuss, Kanton Solothurn, Schweiz<br />
Hariyo Freiraumgestaltung GmbH<br />
14<br />
16<br />
Partner und Sponsoren<br />
1. Preis/Anerkennungen<br />
90<br />
Gegensätze leben<br />
Haan, Nordrhein-Westfalen<br />
Gartenwerk sander.schumacher gmbh.co.kg<br />
04<br />
05<br />
18<br />
26<br />
34<br />
42<br />
1. Preis<br />
Im Garten der alten Schmiede<br />
Norddeutschland<br />
Horeis+Blatt Partnerschaft mbB, Garten- u.<br />
Landschaftsarchitekten BDLA<br />
Anerkennungen<br />
Indian Summer Feeling<br />
Krefeld, Nordrhein-Westfalen<br />
Brigitte Röde - Planungsbüro Garten<br />
und Freiraum<br />
Ein Garten für die ganze Familie<br />
Thun, Kanton Bern, Schweiz<br />
Gartenkultur AG<br />
Adieu Tristesse!<br />
München, Bayern<br />
Inspired by Nature – Landschaften und <strong>Gärten</strong><br />
96<br />
102<br />
106<br />
110<br />
114<br />
Im Garten am Sommerhaus<br />
Gartenstadt südlich von München, Bayern<br />
Koch+Koch GartenArchitekten. Alexander Koch<br />
Blick in die Weite der Flussaue<br />
Düsseldorf, Nordrhein-Westfalen<br />
gartenplus - die gartenarchitekten<br />
Biodiversität im Blick<br />
Kanton Zürich, Schweiz<br />
egli jona ag<br />
Reduktion auf das Wesentliche<br />
Belp, Kanton Bern, Schweiz<br />
Gartenkultur AG<br />
In der Tradition alter Terrassenweinberge<br />
Region Hochrhein, Baden-Württemberg<br />
GRIMM garten gestalten<br />
48<br />
Ein gepflanztes Märchen<br />
Bonn, Nordrhein-Westfalen<br />
Jörg Lonsdorf - Die Gartenthusiasten<br />
120<br />
Wie aus einem Dach ein Garten wird<br />
Stuttgart, Baden-Württemberg<br />
Otto Arnold GmbH<br />
56<br />
Nachhaltigkeit im Garten leben<br />
Bremen<br />
Cordula Hamann – <strong>Gärten</strong> und mehr<br />
124<br />
Leben am Kanal<br />
Linthgebiet, Kanton St. Gallen, Schweiz<br />
Josef Dietziker, Gartenarchitekt<br />
62<br />
<strong>Gärten</strong> waren sein Leben<br />
Brigitte Röde über den Gartenfotografen<br />
Gary Rogers<br />
128<br />
Im Tongruben-Garten<br />
Ketzin, Brandenburg<br />
Potsdamer Gartengestaltung GmbH<br />
66<br />
68<br />
74<br />
78<br />
Projekte<br />
Auf der Warft<br />
Norddeutschland<br />
Horeis+Blatt Partnerschaft mbB, Garten- u.<br />
Landschaftsarchitekten BDLA<br />
Im Garten <strong>des</strong> Baumliebhabers<br />
Wernetshausen, Kanton Zürich, Schweiz<br />
Simon Rüegg Landschaftsarchitektur AG<br />
Die Insel <strong>des</strong> Lebens<br />
Hamburg<br />
Soeren von Hoerschelmann Garten- und Landschaftsarchitektur<br />
132<br />
136<br />
140<br />
146<br />
Pool-Garten mit echter Aufenthaltsqualität<br />
Kirchheim unter Teck, Baden-Württemberg<br />
Otto Arnold GmbH<br />
Mehr Raum für Geselligkeit<br />
Sundern, Nordrhein-Westfalen<br />
Klute, Gärtner von Eden<br />
Im Elfengarten<br />
Grünwald, München<br />
Stephan Maria Lang<br />
Ein Boulevard als Geschenk<br />
Hamburg-Bramfeld<br />
WES LandschaftsArchitektur<br />
82<br />
Vielfalt in der Einfachheit<br />
Freising, Bayern<br />
Anita Fischer Landschaftsarchitektin und<br />
Christopher Bradley-Hole Landscape<br />
150<br />
Die Kunst der Raumbildung<br />
Kanton Zürich, Schweiz<br />
PARC'S Gartengestaltung GmbH
ab Seite 182 ab Seite 234 ab Seite 238<br />
154<br />
Am Puls der Landschaft<br />
Odenwald, Baden-Württemberg<br />
KEPOS Gartenarchitektur - Carola Dittrich<br />
216<br />
Schwimmen im Atriumgarten<br />
Bad Neuenahr, Rheinland-Pfalz<br />
Peter Berg<br />
158<br />
Hortus conclusus mit Wellness-Faktor<br />
Straelen, Nordrhein-Westfalen<br />
A und S GrünBau<br />
220<br />
Wachgeküsst<br />
Ammersee-Region<br />
die-grille selbständige Landschaftsarchitekten<br />
162<br />
Das Prinzip Großzügigkeit<br />
Zollernalbkreis, Baden-Württemberg<br />
k3 - LandschaftsArchitektur<br />
226<br />
Methusalem im Pool-Garten<br />
Dreieich, Hessen<br />
Rudolph Garten- und Landschaftsbau GmbH<br />
166<br />
Schwimmen in der City<br />
Bocholt, Nordrhein-Westfalen<br />
Garten Terpelle<br />
230<br />
Wildromantischer Landschaftsgarten<br />
Herrliberg, Kanton Zürich, Schweiz<br />
Lustenberger Schelling Landschaftsarchitektur<br />
170<br />
174<br />
178<br />
Gärtnern über den Dächern der Stadt<br />
Nürnberg, Bayern<br />
büro für bauform<br />
Grüne Visitenkarte für ein Reihenhaus<br />
Biedermannsdorf, Österreich<br />
Stix Garten<strong>des</strong>ign Kg<br />
Architektonische Einheit<br />
Potsdam, Brandenburg<br />
Elena Walter (Freie Mitarbeiterin, Potsdamer<br />
Gartengestaltung GmbH)<br />
234<br />
238<br />
242<br />
Alles ist Veränderung<br />
Norddeutschland<br />
Horeis+Blatt Partnerschaft mbB, Garten- u. Landschaftsarchitekten<br />
BDLA<br />
Seeblicke<br />
Region Tegernsee, Bayern<br />
Fuchs baut <strong>Gärten</strong> GmbH<br />
Mehr als ein Vorgarten<br />
Heiligenhaus, Nordrhein-Westfalen<br />
BSS-LA<br />
182<br />
Im Felsengarten<br />
Leverkusen, Nordrhein-Westfalen<br />
Gartenwerk sander.schumacher gmbh.co.kg<br />
246<br />
Schöne Aussichten<br />
Rheinland<br />
WKM Landschaftsarchitekten<br />
186<br />
Vielfalt als Gestaltungsprinzip<br />
Bäretswil, Kanton Zürich, Schweiz<br />
Lustenberger Schelling Landschaftsarchitektur<br />
250<br />
Am Canaletto zu München<br />
München, Bayern<br />
Koch+Koch GartenArchitekten. Alexander Koch<br />
190<br />
194<br />
200<br />
204<br />
Ab in die Sommerfrische<br />
Niederösterreich<br />
auböck+karasz landscape architects Vienna<br />
Wiedergeburt eines Palais-Gartens<br />
Soest, Nordrhein-Westfalen<br />
Daldrup Gärtner von Eden<br />
Willkommensgruß der Bäume<br />
Pech (Wachtberg), Nordrhein-Westfalen<br />
Peter Berg<br />
Fenster zur Flusslandschaft<br />
Köln, Nordrhein-Westfalen<br />
Terramanus Landschaftsarchitektur<br />
254<br />
260<br />
290<br />
298<br />
312<br />
Norddeutsch-Arabische Melange<br />
Norddeutschland<br />
Horeis+Blatt Partnerschaft mbB, Garten- u. Landschaftsarchitekten<br />
BDLA<br />
Lösungen <strong>des</strong> <strong>Jahres</strong> <strong>2022</strong><br />
Unsere Unterstützer<br />
Adressen und Pflanzenregister<br />
Impressum<br />
208<br />
Ferien im eigenen Garten<br />
Jurasüdfuss, Kanton Solothurn, Schweiz<br />
Hariyo Freiraumgestaltung GmbH<br />
212<br />
Weiter Blick ins Wettersteingebirge<br />
Garmisch-Partenkirchen, Bayern<br />
Richter Garten
EINLEITUNG<br />
von Dieter Kosslick<br />
06<br />
07<br />
Wie der Gärtner tickt<br />
1957, als ich gerade mal elf Jahre alt war, hatte ich<br />
meine erste Gartenerfahrung bereits hinter mir. In unserem<br />
kleinen schwäbischen Dorf besaß fast jeder und<br />
jede einen kleinen Garten, privat hinterm Haus oder auf<br />
freiem Feld zwischen den Dörfern. Die Gemeinde stellte<br />
das Land zur Verfügung. Dort wurde gegärtnert, um eigenes<br />
Gemüse zu ziehen, oder auch aus reiner Gartenfreude,<br />
oftmals verband sich bei<strong>des</strong>.<br />
1957 war laut einer Statistik „Gartenarbeit“ die zweitbeliebteste<br />
Freizeitbeschäftigung nach Zeitungs- und<br />
Zeitschriftenlesen. Heute, fast 65 Jahre später, „stehen<br />
Internet, Fernsehen und Computer“ auf den vorderen<br />
Plätzen.<br />
Doch die Lust am Gärtnern auf eigener Parzelle oder<br />
vor den Toren der Stadt ist größer als je zuvor. Junge Familien<br />
wollen ihren Kindern zeigen, wie Gemüse wächst<br />
und dass die Milch nicht aus Tetra Paks kommt. Auch die<br />
stetig wachsende Zahl von Menschen, die unbehandelte<br />
und ungespritzte Lebensmittel essen wollen, vervielfacht<br />
die Sehnsucht, ein Stück Erde mit eigenen Händen zu<br />
bearbeiten.<br />
Kleingärten, Schrebergärten oder Mietgärten mit<br />
schönen Namen wie „Glücksgärten“ sind so begehrt wie<br />
nie. Wer Glück hat, gehört zu den fünf Millionen „Laubenpiepern“<br />
in einer Kleingartenkolonie. Suchanzeigen<br />
im Internet belegen diesen Trend: „Noch nie wurde nach<br />
den Begriffen ‚Pflanzen und Gewächshäuser‘ so oft gesucht<br />
wie heute. Die Deutschen verbringen danach viel<br />
Zeit mit Gärtnern“, so eine Google-Analyse.<br />
Die Einstellung zum Garten und der Natur hat sich<br />
in den vergangenen Jahren radikal verändert. Dieses Vorwort<br />
entsteht mitten in der vierten Welle der Pandemie,<br />
und es wird auf dem Land, umgeben von einem Park und<br />
einem historischen Naschgarten geschrieben. Um mich<br />
herum wohnen dauerhaft oder am Wochenende Städter,<br />
die der Enge der Stadt entflohen sind. Noch nie ist vielen<br />
Menschen so bewusst geworden, was ihnen in dieser Zeit<br />
fehlt: Natur und Kultur.<br />
Es geht neben der Sorge um den sicheren Arbeitsplatz<br />
immer mehr um gute Lebensmittel und Überlebensmittel<br />
wie Theater, Musik, Museen, Kino und Literatur – und<br />
Garten, oder präziser gesagt, das Gärtnern. Dem Homeoffice<br />
der isolierten Heimarbeit steht in dieser Zeit das<br />
wachsende Bedürfnis entgegen „ins Freie“ zu streben. In<br />
Parks und <strong>Gärten</strong> hinaus in die Natur wie einst die Wandervögel.<br />
Nicht nur Hotels und Restaurants wurden in<br />
Win<strong>des</strong>eile nach den Lockerungen der Pandemieregeln<br />
auf Monate voraus reserviert, sondern auch die meisten<br />
Kulturveranstaltungen. „Ins Freie“ lautete das Motto<br />
<strong>des</strong> Sommerprogramms im brandenburgischen Schinkelschloss<br />
Neuhardenberg mit seinem wunderschönen<br />
Staudengarten und weitläufigen Peter Josef Lenée-Park.<br />
In wenigen Stunden war auch dieses Programm komplett<br />
ausverkauft. Die Menschen konnten es nicht erwarten,<br />
„ins Freie“ zu kommen, zu Open-Air-Konzerten, Kinoabenden<br />
und kulinarischen Arrangements.<br />
Plötzlich realisierten sie, wie eng die doch so hochgelobten<br />
Kulturmetropolen wurden und wie groß die Sehnsucht<br />
nach frischer Luft ohne Maske.<br />
Eine regelrechte Stadtflucht begann und eine Autostunde<br />
rund um Berlin gab es keine Einfamilienhäuser,<br />
Datschen und Schrebergärten mehr. Dies markiert nur<br />
den vorläufigen Höhepunkt, forciert durch das Virus, was<br />
schon länger in den lauten und Abgas-stickigen Städten<br />
vor sich geht.<br />
Luftschlösser statt<br />
Prinzessinnengarten<br />
Vor einigen Jahren schrieb ich einen Leserbrief zum<br />
Wiederaufbau <strong>des</strong> Berliner Stadtschlosses, einem monumentalen<br />
postbarocken Betonklotz mit einer 200 m langen,<br />
nachgemachten Preußen-Fassade. Wer sich ein solches<br />
Schloss, das über eine Milliarde Steuergelder verschlingt,<br />
leisten kann, sollte sich auch einen kleinen<br />
Prinzessinnengarten gönnen, schrieb ich. Dieser, von<br />
jungen Gartenenthusiasten gepflanzte Prinzessinnengarten<br />
mitten in Kreuzberg, holte damals die Natur und das<br />
Gärtnern in die Stadt zurück und machte urban gardening<br />
weltweit bekannt. Und dieser Modellgarten war wieder<br />
einmal gefährdet. Das Grundstück liegt im heißen Spekulationsgebiet<br />
der Innenstadt. Mit einer Milliarde Euro<br />
Schlossaufbauhilfe hätte man die schönsten Stadtteilgärten<br />
der Welt anlegen und unterstützen können. Dann<br />
wäre sogar noch genügend Geld übrig gewesen, um auf<br />
der Wiese <strong>des</strong> heutigen Schlossgelän<strong>des</strong>, auf dem Gelände<br />
<strong>des</strong> abgerissenen Palasts der Republik der DDR, einen<br />
Garten der Lüste und der Wiedervereinigung, einen riesigen<br />
gesamtdeutschen Naschgarten anzulegen. Für eine<br />
Zeit lang hätte dieser Garten Ost und West verbunden<br />
und alle Nationen zum gemeinsamen Gärtnern eingeladen.<br />
Was für ein verbinden<strong>des</strong> Paradies, was für ein globaler<br />
Integrations-Garten mit Einflüssen aus der ganzen<br />
Welt hätte das werden können.<br />
So absurd das vielleicht klingen mag, so absurd wie<br />
die verrückte und realisierte Idee, mitten in Berlin heute<br />
wieder ein Kaiserschloss aufzubauen, ist die Gartenidee<br />
bei Weitem nicht. In seinem engagierten Essay „Die große<br />
Illusion – Ein Schloss, eine Fassade und ein Traum<br />
von Preussen“ schreibt Hans von Trotha über die nicht<br />
enden wollenden Kontroversen über dieses Bauwerk.
GÄRTEN DES JAHRES<br />
08<br />
09<br />
Er zitiert den Architekturhistoriker Julius Posener<br />
mit einem Gartenvorschlag ganz besonderer Art: Garten<br />
statt Schloss. „Mein Vorschlag ist der: Man lasse sich Zeit.<br />
Man baue an diese Stelle, ich meine an die Stelle der alten<br />
Lustgartenfront eine Front, welche als Durchgang dienen<br />
möge: als Durchgang zunächst zu einem Garten. Es ist<br />
natürlich im höchsten Maße wünschenswert, dass an<br />
dieser Stelle der Stadt einmal ein Gebäude von großer<br />
Wichtigkeit für das Leben der Stadt stehen möge: etwas<br />
Lebendigeres als das alte verlassene Kaiserschloss. Wir<br />
wissen noch nicht recht, was das sein soll. Lassen wir uns<br />
Zeit.“<br />
Dies kommentiert Hans von Trotha trocken, „ (…)<br />
dass auf diesen Rat gehört werden würde, war von allen<br />
die allergrößte Illusion“. Und so steht nun das Schloss.<br />
Die gute Nachricht: im Prinzessinnengarten blüht es auch<br />
noch, und noch immer gibt es Guerilla-Gardening mit<br />
selbst gemachten Blumensamenbomben, die in die Betonund<br />
Schotterritzen der Stadt geworfen werden.<br />
Ein Hoch auf das Beet<br />
Trotz dicker Luft: Die Pflanzen erobern im Sommer<br />
die Städte wieder auf besondere Art. Beerensträucher und<br />
Blumen, gierige Kürbisse und Zucchini schlängeln sich<br />
mit ihren riesigen grünen Blättern und sonnengelben<br />
Blüten über die Geländer kleinster Balkone und durch<br />
Minigärten. Wer mehr Platz hat und bereits einen Garten<br />
vor den Toren der Metropolen ergatterte, erfreut sich am<br />
Staudengärtnern. Aber neben dem legendären Rittersporn<br />
und der Schachbrettblume <strong>des</strong> noch legendäreren<br />
Staudenpapstes, Pionier, Gartenphilosophen und Autor<br />
zahlreicher Gartenbücher, Karl Foerster, wird jetzt auch<br />
in der Stadt für die Küche gegraben und gepflanzt.<br />
Im Stehen, ohne sich zu bücken: Das Hochbeet trat<br />
seinen bisher ungebremsten Siegeszug dank der Lust an<br />
selbst gepflanzten und essbaren Landschaften an. Pflücksalat,<br />
nicht Bücksalat, heißt die Parole. Und statt der nicht<br />
enden wollenden Fotos von sensationell <strong>des</strong>ignten Sternegerichten,<br />
die einem weltweit Speisehedonisten auf das<br />
Handy schicken, kommen jetzt, wie Kai aus der Kiste,<br />
Fotos der ersten Ernte eigener Rauke, der Radieschen<br />
und <strong>des</strong> gesäten Feldsalates aufs Display.<br />
Auch ich bin dabei. Die vielen frischen Kräuter für<br />
das süddeutsche Spargelgericht mit Kratzede meiner<br />
Mutter kommen aus meiner Stadtgartenkiste. Kratzede<br />
ist übrigens ein Kräuterpfannkuchen, der wie ein salziger<br />
Kaiserschmarren in der Pfanne bereits zerteilt wird. Eine<br />
köstliche Beilage für weißen und grünen Spargel.<br />
Ein Hochbeet ist einfach genial: „Zeitiger ernten und<br />
länger ernten“, so die Hochbeetunternehmerin und Autorin<br />
Doris Kampas in ihrem bestsellersicheren Allmanach<br />
„Garten aus der Kiste“.<br />
Legoland-Bewegung<br />
Zurück vom Hochbeet zu noch höheren Einheiten:<br />
die neue Lust am Land, der Natur und der Staudenparadiese,<br />
<strong>des</strong> Bird Watchings, selbst gerührten Marmeladen<br />
und trüben Apfelsaft von Streuobstwiesen ist nur eine<br />
Art Legoland-Bewegung, verglichen mit den großen Veränderungen<br />
in der Natur. Der größten seit Menschheitsgedenken,<br />
wie es so immer heißt, der Klimakatastrophe.<br />
Die noch von ziemlich freien Topdemokraten verhöhnten<br />
und geschuriegelten Jugendlichen „Politik sollte man<br />
Profis überlassen“, haben Parteimanager und Energiefunktionäre<br />
in ihre Schranken verwiesen. Das Bun<strong>des</strong>verfassungsgericht<br />
hat der herrschenden Klasse, dem<br />
Wirtschafts- und Verkehrsminister höchstrichterlich<br />
bescheinigt, dass durch ihr Zögern der Lebensraum und<br />
die Zukunft der nächsten Generationen aufs Spiel gesetzt<br />
wird. „Setzen fünf, nachsitzen“, hätte man dazu früher<br />
gesagt. Die Politiker können froh sein, dass die meisten<br />
Jugendlichen noch nicht zur Wahl gehen dürfen.<br />
Manipulierte Verbrennungsmotoren der Autoindustrie,<br />
sinnlose Verlängerung der Laufzeiten veralteter<br />
Kohlekraftwerke, eine CO 2 -intensive Landwirtschaftspolitik<br />
und eine Lebensmittelbranche, die mit großem<br />
Einsatz von Chemie die Nahrungsmittelproduktion vervielfacht,<br />
verbilligt und damit zum massenhaften Wegwerfen<br />
essbarer Produkte animiert: In Deutschland werden<br />
je<strong>des</strong> Jahr rund 12 Millionen Tonnen Lebensmittel<br />
weggeworfen. Das alles muss ein Ende haben, sollen die<br />
Klimaziele erreicht werden. „Wir haben es satt“ skandieren<br />
Tausende von Menschen jeden Januar vor dem Ministerium<br />
für Ernährung und Landwirtschaft und demonstrieren<br />
für „Bio“ und „Zero Waste“. Auf den letzten<br />
Drücker stellte die Kanzlerin die Ergebnisse einer „Zukunftskommission<br />
Landwirtschaft“ vor, die eine radikale<br />
Wende hin zu organischem Landwirtschaften, klimaschonendem<br />
Produzieren und ein Ende der unsäglichen<br />
Quälerei in der Massentierhaltung vorschlägt. Die zuständige<br />
Ministerin, verantwortlich für die fehlgeleiteten<br />
Milliarden Euro Subventionen, durfte erst gar nicht mit<br />
zur Pressekonferenz.<br />
Auch ohne Pandemie und die permanente Luftverschmutzung<br />
ist das Bedürfnis nach frischer Luft in den<br />
vergangenen Jahren enorm gestiegen. Gepaart mit neu<br />
erwachtem Heimatgefühl und der Suche nach den eigenen<br />
Wurzeln und der Identität. Es hatte sich still und leise,<br />
aber millionenfach angekündigt und entwickelte sich ganz<br />
unpolitisch: plötzlich füllten sich die Regalreihen der<br />
Zeitschriftenläden mit Titeln wie „Landlust“ und „Landleben“,<br />
einfache schöne Dinge für ein einfaches schönes<br />
Leben.
EINLEITUNG<br />
von Dieter Kosslick<br />
Natürlich mit Gartenvorschlägen und Rezepten von<br />
„Kraut und Rüben“. Natur ist angesagt und Kochen mit<br />
Gemüse nach internationalen Bestsellerautoren wie Yotam<br />
Ottolenghi. Vegetarisch, vegan, selbstverständlich.<br />
Auch Unkraut wird neu definiert und die toxisch tödlichen<br />
Unkrautvernichtungsmittel lösen eine Prozesswelle<br />
gegen die Hersteller aus und verderben ihnen die Aktienkurse<br />
in Milliardenhöhe. Natürlich sollen jetzt auch<br />
die <strong>Gärten</strong> naturnah aussehen, aber damit es wirklich<br />
schön natürlich aussieht, muss schon ein wenig der grüne<br />
Daumen bewegt werden. Der Gärtner ist schließlich auch<br />
Gestalter der natürlichen Wirklichkeit, genauso wie die<br />
professionellen Gartengestalter und Architekten. Sie alle<br />
greifen in die Natur ein, indem sie durch ihre konzeptionelle<br />
Arbeit und ihr Pflanzenwissen ein Stück Landschaft<br />
gestalten, welches die Natur zurück in den Garten holt.<br />
Dafür gibt es in diesem Buch großartige Beispiele.<br />
<strong>Gärten</strong> als Medium, als Inszenierung und Verwandlung<br />
der Natur zur optischen und haptischen Freude, als<br />
Rückzugsort und Oase. Wer mehr Platz hat, kann sich an<br />
romantisch gestalteten Gartenanlagen und Staudenparadiesen<br />
großer Garten- und Parkkünstler orientieren:<br />
zum Beispiel Fürst von Pückler-Muskau in Branitz, Muskau<br />
und Babelsberg, Peter Joseph Lenné im Berliner<br />
Tiergarten und Charlottenhof. Auch beim Englischen<br />
Garten in München und seinem Nymphenburger Park<br />
von Friedrich Ludwig Sckell.<br />
Trotz allem: Die früher so beliebten Kiesel- und<br />
Waschbetongärten gibt es immer noch wie die pathologischen<br />
Rasenmäher. Dem Gänseblümchen, Klatschmohn,<br />
der Kornblumen und dem gemeinen Staub bleiben oft<br />
keine Chance. Und Beton ist einer der ganz großen Klimasünder<br />
und CO 2 -Emittenten. Der Gartenfuhrpark<br />
wird ebenfalls aufgerüstet: Rasenmähertraktoren ersetzen<br />
die kindliche Freude <strong>des</strong> Bobbycarfahrens. Kanonen<br />
blasen Blatt und Blüte aus den letzten Winkeln. Hauptsache<br />
staubfrei. Elektrisch betriebene Motoren würde<br />
man ja weder hören noch riechen. Dass diese Orte sowohl<br />
der privaten Gartenmotorisierung wie der öffentlichen,<br />
kommunalen Straßen- und Parkpflege den CO 2 -Ausstoß<br />
vermehren, bringt die „Gartenfighter“ nie zum Nachdenken.<br />
Die unzulässigen Dezibel-Werte überhören sie geflissentlich.<br />
Ubi bene, ibi patria<br />
Diese Natur- und Zurück-zur-Naturbewegung hängt<br />
oft mit der Suche nach Heimat und Identität zusammen.<br />
„Heimat ist für die meisten Menschen dort, wo die Geschichte<br />
ihren Anfang nimmt. Diesem Anfang wohnt ein<br />
Zauber inne, der das ganze Leben anhält“, so der Lebenskunst-Philosoph<br />
Wilhelm Schmid in seinem aktuellen<br />
Buch „Heimat finden“.<br />
In dem kleinen schwäbischen Dorf meiner Kindheit<br />
waren die Elemente meiner kindlichen Sozialisation die<br />
Bäckerei und das dazugehörige Kolonialwarengeschäft(!)<br />
in unserem Hause. Ebenso die Kirche, die alte Schule,<br />
der Gesangsverein und vor allem der Gemüsegarten, der<br />
Lieferando für das täglich selbst gekochte Essen meiner<br />
Mutter und ihrem unvergleichlich guten Gedeckten<br />
Schwäbischen Apfelkuchen. Gärtnern zur Selbstversorgung,<br />
zur Freizeitbeschäftigung und zur Augenweide.<br />
Gartenarbeit, wie meine Mutter das Gärtnern nannte,<br />
als Lebensphilosophie? Mindful Gardening? Der heimatliche<br />
Garten hat viel mit der Landschaft zu tun, in<br />
die man geboren wird. Die Dahlien in unserem kleinen<br />
Garten vergesse ich genauso wenig wie die sensationellen<br />
Kakteenblüten in Rot und Orange, atemberaubende Farben<br />
und Formen auf dem Fensterbrett unseres 80-jährigen<br />
Nachbarn. Heimat, der Ort an dem man sich wohl<br />
fühlt, auch in der fernen Erinnerung.<br />
„Ubi bene, ibi patria“, scherzte unser sächsischer Lateinlehrer.<br />
Das heißt auf Sächsisch nicht „Wo die Beine<br />
sind, ist auch dein Heimatland“, belehrte er uns, sondern<br />
„Wo es gut ist, ist dein Heimatland“.<br />
So wurde mein zweiter Garten 20 Jahre später im<br />
hohen Norden auf den verwilderten Wiesen eines reetgedeckten<br />
sehr alten Bauernhauses nach diesen Erinnerungen<br />
angelegt. Meine Mutter half noch mit, die schwere<br />
Wiese umzugraben – ein ähnlicher Garten wie zu<br />
meiner Kindheit, sogar mit einem kleinen Kartoffelacker,<br />
wurde angelegt und natürlich Stauden gepflanzt aus Karl<br />
Foersters Universum.<br />
Ein automatischer Blütengarten sollte es werden –<br />
seine geniale Erfindung für den faulen Gärtner. Karl<br />
Foerster sollte mich von da an durchs Leben begleiten.<br />
Die Wiese hinter diesem alten Reetdachhaus war<br />
seltsam bepflanzt: auf den fast zwei Hektar Land wuchsen<br />
im ersten Frühling endlose Reihen von leuchtenden<br />
gelben Narzissen in großen Bündeln in Reih und Glied.<br />
Jedenfalls betrug der Abstand zwischen den Reihen beachtliche<br />
5 Meter. Vor dem Haus wuchsen nur vereinzelte<br />
Büschel dieser Narzissen, seltsam verteilt über die<br />
Wiese. Die Nachbarn klärten uns auf: der Vorbesitzer<br />
Heini van Holten trug als einziger Nazi-Uniform im kleinen<br />
Dorf und pflanzte zu Ehren seines Partei-Idols ein<br />
10 x 10 m großes Hakenkreuz aus Osterglocken vor dem<br />
Haus. Er kam erst Anfang der 50er-Jahre wieder aus der<br />
Gefangenschaft zurück. Bis dahin wurde das Hakenkreuz<br />
je<strong>des</strong> Jahr größer und größer. In seiner Panik riss Heini<br />
alle Pflanzen raus und pflanzte sie hinters Haus. Parallel<br />
mit großem Abstand, denn Parallelen treffen sich nur in<br />
der Unendlichkeit, wie wir aus der Schule wissen. Aber<br />
die Natur lebt Geschichte weiter und Zwiebelgewächse<br />
wie Osterglocken lassen sich nicht so einfach entfernen.
GÄRTEN DES JAHRES<br />
10<br />
11<br />
Selbst 50 Jahre nach Ende <strong>des</strong> Krieges erfreuten uns<br />
einige stark gewachsene Überbleibsel. Der Garten als<br />
Lügendetektor, ein Stück Wahrheit gegen die kollektive<br />
Vergesslichkeit und der eigenen Vergangenheit?<br />
Jedenfalls Vorsicht, Gartengestalter, bei all zu deutlichen<br />
Pflanzmotiven.<br />
Durch einen Nachbarn motiviert – einen ehemaligen<br />
Karl-Foerster-Schüler – legten wir unsere Staudenbeete<br />
nun nach seinen Prinzipien an.<br />
Rittersporne mit fantastischen Namen wie 'Flötensolo',<br />
'Nachtauge', 'Größenwahn', nachtblaue-violette 'Kirchenfenster',<br />
coelinblaue 'Blue Boys', 'Gletscherwasser'<br />
mit klarstem Eiswasser-Blau. Und natürlich Phlox 'Aurora',<br />
lachsfarben, und der berühmte 'Bornimer Nachsommer',<br />
eine „wüchsige Spätsorte, warmrosa, großblütig und<br />
regenfest“. Der kostete übrigens 1975 in der DDR 1,50<br />
DDR-Mark, laut Foersters Staudenkatalog aus dieser Zeit.<br />
Mehr als 50 Rittersporne hatte Karl Foerster in seinem<br />
Programm. Auch heute können noch viele in der ehemaligen<br />
„VEB Bornimer Staudenkultur“ in Bornim-Potsdam,<br />
Am Raubfang, besichtigt und gekauft werden.<br />
Die unendliche Vielfalt seiner starken Pflanzen umschlossen<br />
bald die schuldlosen Narzissen. Auch in unseren<br />
Tagen gibt es einen international bekannt gewordenen<br />
Garten. Ein Garten, der die Seelen seiner Besitzer widerspiegelt.<br />
Als Donald Trump ins Weiße Haus als Präsident<br />
einzog, ließ seine Frau Melania den Rosengarten <strong>des</strong><br />
Weißen Hauses in Washington neu gestalten. Sie ließ die<br />
Zierapfelbäume rausreißen und den wunderschönen Staudengarten<br />
mit der ganzen Pracht und Vielfalt heimischer<br />
Pflanzen ihrer Vorgängerin Michelle Obama umpflügen.<br />
Sie lies „einen Rosengarten <strong>des</strong> Grauens“ anlegen, wie<br />
die Süddeutsche Zeitung schrieb. Steinplatten wurden<br />
verlegt, Formschnittgehölze gestutzt und „ein seelenloses<br />
Stück Rasen“ eingesät. Die Autorin Mareen Linnertz<br />
zitiert die Gartenbauarchitektin Gabriella Pape, die den<br />
Garten „als ein Symbol der Kontrolle“ beschreibt und<br />
die Hoffnung äußert, dass es keine zehn Jahre dauert, bis<br />
daraus eine Wildwiese nach dem Regierungswechsel geworden<br />
ist.<br />
Ihr Wunsch könnte schneller in Erfüllung gehen, wenn<br />
der neue Präsident Joe Biden auf die fast 75.000 Menschen<br />
reagiert, die eine Petition unterschrieben haben, das symbolträchtige<br />
Stück Land wieder zurückzubauen. Hoffen<br />
wir, dass er die richtigen Gartenarchitekten findet, die<br />
einen Garten der Vielfalt, der Unterschiedlichkeit und<br />
der Toleranz und Freiheit kreieren. Schon im 15. Jahrhundert<br />
philosophierte der erste Architekturtheoretiker<br />
Leon Batista Alberti, dass der Garten die Seele <strong>des</strong> Gartenbesitzers<br />
zeigen sollte. Die Kleingartenbesitzerin<br />
Tanja sagte es im Bayerischen Fernsehen etwas einfacher:<br />
„Man sieht dem Garten an, wie der Gärtner tickt.“<br />
Als ich im hohen Norden vom Karl-Foerster-Fieber<br />
befallen wurde und mit Sammelleidenschaft nach seinen<br />
großartigen Büchern, Zeitschriften und Staudenkatalogen<br />
suchte, stand ich vor einem fast leeren Bücherregal in<br />
einem Hamburger Antiquariat. Ich suchte Exemplare<br />
seiner „Gartenliebe“. Es gab nur noch zwei Ausgaben und<br />
daneben stand, einsam verloren, ein kleines Büchlein mit<br />
schönem Einband aus blauem Rittersporn vor einem kleinen<br />
Haus. Titel: „Meine Frau die Gärtnerin“.<br />
Ich blätterte und freute mich über die schönen Blumenzeichnungen<br />
und Staudenaquarelle. Die Autorin<br />
kannte ich nicht. Ich nahm das kleine Büchlein mit, alleine<br />
sollte es da nicht stehen bleiben. Irgendwann fing<br />
ich an zu lesen und erfuhr eine Gartengeschichte der<br />
besonderen Art. Ein Herr Metzger, ein Abenteuerautor<br />
der ursprünglich ein Buch über Afrika schreiben sollte,<br />
erkrankte so ernsthaft, dass er sein Buch nicht weiterschreiben<br />
konnte. Doch benötigte er das Honorar dringend<br />
und das Buch musste fristgemäß abgeliefert werden.<br />
So änderte sich plötzlich mitten im Buch der Schreibstil<br />
und das Sujet. Seine Frau schrieb das Buch zu Ende,<br />
und da sie nicht die Abenteuererfahrung ihres Mannes<br />
hatte, beschrieb sie den Garten <strong>des</strong> Nachbarn. Präzise,<br />
im Detail, jede Staude, jede Blüte. Mir kamen einige dieser<br />
Pflanzen und auch der Garten bekannt vor. Während<br />
meiner Foerster-Euphorie besuchte ich öfters seinen automatischen<br />
Senkgarten und sein Staudenparadies und<br />
heutiges Weltkulturerbe in Bornim. Dort kaufte ich<br />
Foerster-Stauden für meinen Garten und lernte auch seine<br />
Tochter kennen.<br />
Durch sie erfuhr ich, dass das Autorenehepaar ihr<br />
kleines Häuschen direkt neben Karl Foersters Staudenparadies<br />
hatte und „Meine Frau die Gärtnerin“ genau<br />
den Garten ihres Vaters beschrieb. Aus welchem Zufall<br />
ausgerechnet die schriftstellerischen Werke zweier Nachbarn<br />
Jahrzehnte später auf einem Regalbrett eines Antiquariats<br />
gelandet sind, wird wohl niemals aufgeklärt<br />
werden. Am einfachsten wohl, weil sie unter Gartenbücher<br />
rubriziert wurden, oder am fantasievollsten, weil sie zusammengehörten,<br />
wie alle Nachbars <strong>Gärten</strong>.<br />
Dieses wohl unfreiwillig erzwungene Buchsujet der<br />
Frau <strong>des</strong> Autoren wurde aus der Not geboren und beweist,<br />
wie inspirierend Garten und Blumen für Geschichten sein<br />
können. Nachbars Garten als Buch – und sogar als Drehbuch?<br />
Die Filmwelt liebt Parks als Locations und Symbole.<br />
Viele Filme der Filmgeschichte beziehen ihre Spannung,<br />
den Suspense und ihre Mystik aus <strong>Gärten</strong> und<br />
Parks. Nina Gerlach beschreibt in ihrem Buch „Gartenkunst<br />
im Spielfilm“ viele Filme, die den Garten als Motiv<br />
haben oder im Garten spielen. Es gibt immer einen Zusammenhang<br />
zwischen Garten<strong>des</strong>ign, beziehungsweise<br />
der Gartenanlagen, und der Geschichte, die im Film erzählt<br />
wird.
EINLEITUNG<br />
von Dieter Kosslick<br />
Wie die Präsidentengärten in Washington, spiegeln<br />
<strong>Gärten</strong> und Garten immer auch die politischen Systeme.<br />
„Der französische Barockgarten, wie ihn Le Notre für<br />
Ludwig XIV. in Versailles gestaltete, war Sinnbild einer<br />
hierarchischen Staats- und Weltordnung. Im Gegenzug<br />
war der Landschaftsgarten, der – getragen von den Ideen<br />
der Aufklärung und <strong>des</strong> Sensualismus – um 1720 in<br />
England entstand, Ausdruck einer geistesgeschichtlichen<br />
Revolution und Symbol bürgerlicher Freiheit“ schreibt<br />
die Filmwissenschaftlerin Fabienne Liptay in „Bildraum<br />
und Erzählraum“.<br />
So spielt Peter Greenaways verzwickter, erotischer<br />
Thriller „Der Kontrakt <strong>des</strong> Zeichners“ in einem Barockgarten<br />
die Hauptrolle. In „Park und Filmkulisse“ deutet<br />
die Filmwissenschaftlerin und Gärtnertochter Dorothee<br />
Wenner Greenaways Film als „allegorischen Kampf zwischen<br />
zwei rivalisierenden Gartentheorien“. Als sich am<br />
Schluss <strong>des</strong> Films „der französische Barockgarten … in<br />
einen englischen Landschaftsgarten verwandelt, haben<br />
sich auch die Herrschaftsverhältnisse … umgekehrt: die<br />
Verschwörung der Frauen hat die patriarchale Ordnung<br />
unterwandert.“<br />
Und in Antonionis „BLOW UP“ wird ein gespenstisch<br />
angeleuchteter Park der Ort <strong>des</strong> Verbrechens und seiner<br />
Aufklärung. Der Garten als Tatort im wahrsten Sinne <strong>des</strong><br />
Wortes mit einfachen Regeln: im akkuratesten Garten<br />
lauert das gemeinste Verbrechen. Kino, Parks und <strong>Gärten</strong><br />
haben viele Gemeinsamkeiten. Sie sind im weitesten Sinne<br />
Entertainment. Noch mal Hans von Trotha. In seinem<br />
Buch „Der Englische Garten“ beschreibt er den Landschaftsgarten<br />
als „(...) das erste Medium einer Wirkungsästhetik.“<br />
Und Filme können wiederum wie die künstlich angelegten<br />
<strong>Gärten</strong> <strong>des</strong> 18. Jahrhunderts sein. So klug konstruiert<br />
und angelegt, dass nirgendwo Grenzen zu erkennen<br />
sind. Sie verschmelzen mit der Natur, sind nicht wahr,<br />
aber berauschend. Sie simulieren unendliche Perspektiven<br />
und Blicke – und sie initiieren ein Gefühl von Freiheit.<br />
Landschaftskunst und Filmkunst, Gärtner, Gartenarbeiter<br />
und Regisseurin haben viele Gemeinsamkeiten.<br />
So war Peter Joseph Lenné ein Landschaftsregisseur, wie<br />
auch Karl Foerster ein Gartenregisseur war. Beide haben<br />
auf sehr unterschiedliche Art die Stadt- und Landschaftsarchitektur<br />
und die Menschen mit ihren Utopien, ihren<br />
Lebens-, Erholungszeit- und Denkräumen unschätzbar<br />
bereichert.<br />
Paradiesisch<br />
In unserem jetzigen, kleinen Stadtgarten und Balkon<br />
foerstert es schon wieder mit Storchenschnäbeln und sibirischem<br />
Vergissmeinnicht. Sogar zwei Feigenbäume<br />
gedeihen im geschützten Hof und bringen reichlich Ernte<br />
für die beliebte Mallorquinische Feigentarte. Und der<br />
Spalier-Apfel schenkt uns regelmäßig fast 20 knackige<br />
Äpfel. Die Rosen blühen zum Teil seit 60 Jahren mit nicht<br />
zu bremsender Blühkraft. „Ein alter Garten ist immer<br />
beseelt“, so Hugo von Hoffmannsthal. Und so begrüßen<br />
uns die 'Morning Glory’s' sobald die Sonne aufgeht. Auch<br />
Taubnesseln, violette und weiße, Schlüsselblumen, Elfenblumen<br />
und im Frühjahr Waldmeister bedecken einige<br />
Flächen, nachdem die Schneeglöckchen verblichen sind.<br />
Der Flieder duftet und überdeckt nachts gnädig die Stadtluft.<br />
Mit grüner Kraft sprießt der Farn, versport sich und<br />
begrünt selbst dunkle Ecken. Abends verwandeln dann<br />
die kitschigen bunten Birnen der Bauhaus-Lichterkette<br />
den kleinen Garten in eine italienische Nacht und erinnern<br />
an den Film „Hausboot“, in dem sich Sophia Loren und<br />
Cary Grant auf der Tanzfläche näher kommen. Überpflanzt?<br />
Vielleicht. Aber auch die Stadtpflanzen arrangieren<br />
sich mit der Enge der Stadt. Die Natur wird in die<br />
immer seelenloser werdenden Metropolen zurückkommen<br />
und die Erde wieder in ein Garten-Paradies verwandeln.<br />
Diesmal sollten wir dem Sündenfall zuvorkommen<br />
und die richtige Apfelsorte wählen: Schafsnasen und<br />
Goldparmänen, garantiert allergiefrei, teilbar und ohne<br />
Folgen für Adam und Eva. Einfach paradiesisch.<br />
Dieter Kosslick<br />
Kulturmanager und ehemaliger<br />
Berlinaledirektor
GÄRTEN DES JAHRES<br />
Die Jury<br />
PETRA PELZ, LANDSCHAFTSARCHITEKTIN UND<br />
VORJAHRESSIEGERIN<br />
„Es ist immer spannend, die Vielfalt<br />
der <strong>Gärten</strong> in ihrer Einzigartigkeit<br />
zu erleben. Jeder der <strong>Gärten</strong> spiegelt<br />
die Menschen und deren Vorlieben<br />
und Geschmack wider. An einem Tag<br />
so viele ästhetische <strong>Gärten</strong> zu<br />
sehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzten,<br />
war ein Erlebnis.“<br />
J E N S S P A N J E R , V O R S T A N D D E R S T I F T U N G S C H L O S S D Y C K ,<br />
ZENTRUM FÜR GARTENKUNST UND LANDSCHAFTS-<br />
KULTUR, UND STUDIERTER LANDSCHAFTSARCHITEKT<br />
„In Zeiten der Pandemie und <strong>des</strong> Klimawandels<br />
gewinnt der private Garten<br />
als eigenes Stück gestaltete Natur und<br />
als Rückzugsraum für die Familie an<br />
Bedeutung. Der Wettbewerb präsentiert<br />
die besten Ideen und Umsetzungen<br />
sowie die Menschen und Unternehmen,<br />
die hinter den Projekten stehen.“<br />
P R O F . D R . S W A N T J E D U T T W E I L E R , P R O F E S S U R F Ü R<br />
PFLANZENVERWENDUNG AN DER HOCHSCHULE WEIHEN-<br />
STEPHAN-TRIESDORF<br />
T H O M A S B A N Z H A F , V I Z E P R Ä S I D E N T D E S<br />
B U N D E S V E R B A N D E S F Ü R G A R T E N - , L A N D S C H A F T S -<br />
UND SPORTPLATZBAU (BGL)<br />
12<br />
13<br />
„Mitten in diesen Zeiten war es eine<br />
Bereicherung, die Vielfalt aktueller<br />
Hausgärten zu erleben. <strong>Gärten</strong> können<br />
Rückzugsräume sein, aber auch<br />
Orte <strong>des</strong> Treffens und Feierns. Es war<br />
begeisternd, die Räume und Atmosphären<br />
im Garten nachzuvollziehen<br />
- sehr persönlich und zu ganz unterschiedlichen<br />
Lebenssituationen.“<br />
„Ich beurteile die eingereichten <strong>Gärten</strong><br />
unter anderem auch danach, wie die<br />
Projekte bautechnisch umgesetzt sind.<br />
Als Vizepräsident <strong>des</strong> BGL freue<br />
ich mich sehr darüber, wie kreativ und<br />
leistungsfähig die Architekten<br />
und Betriebe unserer Branche sind.“<br />
WOLFGANG BOHLSEN, CHEFREDAKTEUR „MEIN SCHÖNER GARTEN“<br />
„Es ist absolut faszinierend, welche Vielfalt sich hier präsentiert – vom kleinen<br />
Stadtgarten bis zum großen ländlichen Anwesen, vom formal gestalteten<br />
Pool-Garten bis zur bunt blühenden Natur-Oase. Meine Rolle in der Jury ist<br />
es dann, aus den vielen sehr guten Vorschlägen die besten herauszufiltern –<br />
und darauf zu achten, dass sich die angebotene Vielfalt auch in meinen Favoriten<br />
widerspiegelt.“<br />
K O N S T A N Z E N E U B A U E R , A U T O R I N<br />
F O L K O K U L L M A N N , F A C H A U T O R U N D F A C H L E K T O R F Ü R<br />
G A R T E N B A U . S E I T 2 0 1 6 P R Ä S I D E N T D E R G E S E L L S C H A F T D E R<br />
STAUDENFREUNDE (GDS)<br />
„Der Wettbewerb zeigt, dass Gartenkultur<br />
höchst lebendig ist.<br />
Es ist äußerst spannend, Einblick<br />
in die kreative Arbeit der Planer und<br />
Planerinnen zu bekommen. Dabei<br />
kann man viel über <strong>Gärten</strong>, Pflanzen<br />
und ökologische Zusammenhänge<br />
lernen – und nicht zuletzt über<br />
Menschen.“<br />
„<strong>Gärten</strong> <strong>des</strong> <strong>Jahres</strong> ist ein besonderer<br />
Wettbewerb. Die Qualität der <strong>Gärten</strong><br />
und vor allem der Pflanzenverwendung<br />
in denselben hat in den letzten<br />
Jahren enorm zugenommen. So fiel es<br />
der Jury dieses Jahr noch schwerer,<br />
aus der Vielzahl der Einreichungen<br />
jene <strong>Gärten</strong> auszuwählen, die eine<br />
Auszeichnung erhalten haben.“
GÄRTEN DES JAHRES<br />
Unsere Partner und Sponsoren<br />
DGGL – Deutsche Gesellschaft für<br />
Gartenkunst und Landschaftskultur e.V.<br />
Die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V.<br />
ist ein gemeinnütziger Verein in Deutschland, aktiv in allen deutschen<br />
Bun<strong>des</strong>ländern und mit einer Bun<strong>des</strong>geschäftsstelle in Berlin.<br />
BGL – Bun<strong>des</strong>verband Garten-, Landschafts- und<br />
Sportplatzbau<br />
Der Bun<strong>des</strong>verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. ist ein<br />
deutscher Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband. Er vertritt die Interessen<br />
<strong>des</strong> Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaues auf Bun<strong>des</strong>ebene und in<br />
Europa.<br />
BDLA – Bund Deutscher Landschafts architekten<br />
Der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (bdla) ist der Berufsverband<br />
deutscher Landschaftsarchitekten. Er wurde 1913 in Frankfurt am<br />
Main als Bund Deutscher Gartenarchitekten (kurz BDGA) gegründet und<br />
schließlich 1972 in den heutigen Namen umbenannt.<br />
14<br />
15<br />
ÖGLA<br />
Die Österreichische Gesellschaft für Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur<br />
(ÖGLA) ist der Verband der LandschaftsarchitektInnen<br />
und -planerInnen Österreichs. Die Interessen aller im Fach Berufstätigen<br />
(Selbstständige, Unselbstständige, öffentlich Bediensteter, WissenschaftlerInnen,<br />
Studierende) stehen im Vordergrund der Vereinstätigkeiten.<br />
BSLA<br />
Der BSLA ist ein Zusammenschluss von qualifizierten, in der Planung tätigen<br />
Landschaftsarchitekten und Landschaftsarchitektinnen in der Schweiz.<br />
Der BSLA nimmt die fachlichen, berufspolitischen und wirtschaftlichen<br />
Interessen <strong>des</strong> Berufsstan<strong>des</strong> im Allgemeinen und seiner Mitglieder im<br />
Besonderen gegenüber Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Öffentlichkeit<br />
wahr, auf nationaler wie internationaler Ebene.<br />
GARPA<br />
Jeder Garten, jeder noch so kleine Balkon ist eine Oase im Alltag, eine<br />
eigene, ganz private Welt, in der Sie aufatmen, mit allen Sinnen genießen<br />
und Muße finden. Wir möchten mit unseren Möbeln dazu beitragen,<br />
diesen wertvollen Raum für Sie wohnlich zu machen. Die Erfahrung von<br />
mehr als 40 Jahren und eine nie nachlassende Gartenleidenschaft<br />
lassen uns Möbel und Accessoires entwerfen, die außergewöhnliche Ansprüche<br />
erfüllen – zeitlos elegant und jedem Wetter gewachsen.<br />
Baum & Bonheur | Die Lappen Baumschule<br />
Einzigartige Projekte erfordern herausragende Pflanzen – Wir liefern<br />
das Vollsortiment von XXS bis XXL, vom Alleebaum zum individuellen<br />
Solitär vom Niederrhein bis (fast) in die ganze Welt - weil Bäume und<br />
Glück für uns unbedingt zusammengehören!<br />
Baum Bonheur<br />
DIE LAPPEN BAUMSCHULE<br />
GaLaBau Verband Österreich<br />
Der Garten- und Landschaftsbauverband ist ein österreichischer<br />
Wirtschaftsbauverband. Er eint Unternehmen, die sich mit dem Bau, der<br />
Umgestaltung und Pflege von Grün- und Freianlagen sowie<br />
der Landschaftspflege beschäftigen, und vertritt deren Interessen.
GÄRTEN DES JAHRES<br />
Unsere Partner und Sponsoren<br />
JardinSuisse<br />
JardinSuisse ist der repräsentative Zusammenschluss und die Interessenvertretungs-<br />
und Dienstleistungsorganisation der Unternehmen<br />
der Grünen Branche in der Schweiz. Die Mitglieder planen, bauen und<br />
pflegen Grünanlagen, produzieren Pflanzen in Gewächshäusern<br />
und im Freiland und betreiben gärtnerische Detailhandelsgeschäfte.<br />
Gartenpraxis<br />
Bei der Gartenpraxis steht die Pflanze im Mittelpunkt. Die Zielgruppe<br />
beinhaltet Garten- und Landschaftsarchitekten, Gartenbauingenieure,<br />
Garten- und Landschaftsbauer, Gärtner und Gartenbesitzer, die<br />
Informationen und Erfahrungen auf professionellem Niveau suchen<br />
und auf Qualität Wert legen.<br />
Schloss Dyck<br />
Die Stiftung Schloss Dyck ist als Zentrum für Gartenkunst und Landschaftskultur<br />
eine in Nordrhein-Westfalen einmalige Institution, die<br />
die historischen <strong>Gärten</strong> und Kulturlandschaften mit aktuellen Themen<br />
der Landschaftskultur und <strong>des</strong> Städtebaus erlebbar miteinander verbindet.<br />
Mein schöner Garten<br />
Mein schöner Garten ist eine Publikumszeitschrift <strong>des</strong> Offenburger<br />
Medienkonzerns Hubert Burda Media im Segment Living/Garden.<br />
Die Zeitschrift beinhaltet zahlreiche Anregungen zur Gartengestaltung<br />
und Gartenarbeit sowie hilfreiche Gartentipps und Pflanzeninformationen.<br />
Garten + Landschaft<br />
Garten + Landschaft ist ein deutschsprachiges Fachmagazin für Landschaftsarchitektur<br />
& Urban Design und informiert über Landschaftsarchitektur,<br />
Grünplanung, Freiraumplanung und Stadtplanung,<br />
Naturschutz, Ökologie, Kulturlandschaft, HOAI und zeigt Parks,<br />
<strong>Gärten</strong>, Plätze und Wettbewerbe.<br />
GARTEN+<br />
LANDSCHAFT<br />
GÄRTEN<br />
ist das Magazin für Entscheider in Gartenarchitektenbüros und<br />
GaLaBau-Unternehmen in im deutschsprachigen Raum.<br />
Mit „Best Practice“-Beispielen aus der Planungspraxis, Hintergrundinfos<br />
aus der Branche, der Vorstellung neuer Produkte und vielem<br />
mehr ist GÄRTEN ein wichtiger Begleiter für alle, die sich mit professioneller<br />
Gartengestaltung beschäftigen.<br />
Giardina<br />
Die Giardina ist ein europaweit einzigartiges Gartenerlebnis für<br />
alle Sinne und bildet jeweils zum Frühlingsbeginn einen fulminanten<br />
Auftakt in die Saison: Die bedeutendsten Anbieter der Branche<br />
präsentieren auf rund 30.000 m 2 neue Produkte, kreative Lösungen<br />
und die kommenden Trends in der Gestaltung von Garten, Terrasse<br />
und Balkon.