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Beschaffung aktuell 06.2022

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Ausgabe 06 | 2022<br />

www.beschaffung-<strong>aktuell</strong>.de<br />

Einkauf<br />

Materialwirtschaft<br />

Logistik<br />

Interview<br />

Spend Management<br />

Fenster zur<br />

Strategischen <strong>Beschaffung</strong><br />

» Seite 20<br />

Recht im Einkauf<br />

Digitalisiertes Vertrauen<br />

per Blockchain<br />

» Seite 32<br />

Fertigungsplattform<br />

Anwender, Betreiber und<br />

Produzent im Gespräch<br />

» Seite 40<br />

Isabel Hochgesand,<br />

CPO, Beiersdorf AG<br />

» Seite 14<br />

ZULIEFERUNG<br />

Kosten sparen<br />

mit Tribo-<br />

Polymeren<br />

» Seite 34<br />

Professionell. Innovativ. Einkauf.


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2 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


» EDITORIAL<br />

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Risiken vorbeugen<br />

Materialknappheit und Lieferengpässe bestimmen noch immer das<br />

tägliche Geschäft in vielen Industriezweigen und natürlich in den<br />

Einkaufs abteilungen. Der furchtbare Angriffskrieg Russlands auf die<br />

Ukraine wütet weiter und so sehr der Westen auch überlegt, ein Embargo<br />

für russisches Erdgas zu verhängen, so sehr würde es auch die Wirtschaft<br />

und somit auch die Bevölkerung treffen. Eine kürzlich (9. Mai 2022) veröffentlichte<br />

Studie von Prof. Dr. Tom Krebs von der Universität Mannheim<br />

kommt zu dem Ergebnis, dass ein abrupter Versorgungsstopp mit russischem<br />

Erdgas – sei es durch ein Embargo von EU- oder russischer Seite –<br />

die Produktion in Deutschland in den ersten 12 Monaten um 114 bis 286<br />

Milliarden Euro einbrechen lassen würde. Eine gigantische Summe, die<br />

einem Verlust von rund 3 bis 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP)<br />

entspräche. Zusätzlich zu diesen angebotsseitigen Effekten wäre mit<br />

einem nachfragebedingten Rückgang des BIP aufgrund höherer Energiepreise<br />

zu rechnen: Wenn etwa Verbraucherinnen und Verbraucher weniger<br />

Geld für andere Güter ausgeben können und die Unsicherheit zunimmt,<br />

dürfte das die Wirtschaftsleistung um weitere 2 bis 4 Prozent reduzieren,<br />

so die Prognose.<br />

Damit wäre durch ein kurzfristiges Erdgas-Embargo ein wirtschaftlicher<br />

Einbruch auf dem Niveau des Corona-Jahres 2020 oder der Finanzkrise im<br />

Jahr 2009 zu erwarten, schreibt der Professor für Volkswirtschaftslehre. Es<br />

„könnte jedoch auch zu einer Wirtschaftskrise führen, wie sie (West)<br />

Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg nicht erlebt hat“, warnt Krebs.<br />

Das alles sind leider keine guten Aussichten auf den weiteren Verlauf des<br />

Jahres. Doch ständiges Jammern hilft nicht weiter. Die Auswirkungen der<br />

Pandemie belasten die Lieferketten seit gut zwei Jahren. Dabei hat die<br />

Krise aber nur offengelegt, was vorher schon gegeben war: fragile Lieferketten.<br />

Vor allem Unternehmen, die ihre Teile von Lieferanten in derselben<br />

Region bezogen, haben unter der Pandemie und den verhängten Lockdowns<br />

massiv gelitten – die Abhängigkeit von wenigen Lieferanten kam<br />

zum Vorschein. Hier kann innerhalb der Unternehmen mit einem modernen<br />

Lieferantenmanagement entgegengewirkt und so mögliche Risiken und<br />

Störfälle vorab identifiziert<br />

werden . Frühwarn- und<br />

Monitoring systeme können hier<br />

ein unterstützendes Mittel sein.<br />

Alexander Gölz,<br />

Chefredakteur <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong><br />

alexander.goelz@konradin.de<br />

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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 3


» INHALT 06 | 2022 69. JAHRGANG<br />

ZULIEFERUNG<br />

Kosten sparen<br />

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» Seite 34<br />

Titelbild: Igus<br />

MAGAZIN<br />

EMI, ArGeZ-Zulieferer-Geschäftsklima<br />

und HWWI-Rohstoffindex 8<br />

Rohstoff des Monats: Silicium<br />

Das digitale Metall 12<br />

MANAGEMENT<br />

Isabel Hochgesand, CPO, Beiersdorf AG<br />

Zentral, regional, global: Die neue<br />

Einkaufsorganisation von Beiersdorf 14<br />

Ausgabentransparenz bei der Winkelmann Group<br />

Spend-Analyse – das Fenster zur<br />

Strategischen <strong>Beschaffung</strong> 20<br />

1. und 2. Fußballbundesliga<br />

Einkaufsleiter haben jeden Stein umgedreht 24<br />

Blended Rates entschlüsseln<br />

Wie Beratungssätze vergleichbar werden 26<br />

Einkaufstool für den Mittelstand<br />

Lieferantenanfrage per Express 28<br />

E-Procurement im großen Stil<br />

Die Plattform für den Sparkasseneinkauf 30<br />

Mehr Transparenz in der Lieferkette<br />

Digitalisiertes Vertrauen per Blockchain 32<br />

ZULIEFERUNG<br />

TITELSTORY<br />

Schmier- und wartungsfreie Gleitlagertechnik<br />

Kosten sparen mit Tribo-Polymeren 34<br />

Industrielle Automatisierung macht weiteren Sprung<br />

Freiheit und Offenheit für alle 37<br />

Produktneuheiten 38<br />

FERTIGUNGSTECHNIK<br />

Fertigungsplattform, Produzent und Anwender<br />

„Was wir uns nicht leisten können,<br />

sind schwarze Schafe im Netzwerk“ 40<br />

Round Table zum 3D-Druck<br />

Additive Fertigung und die Lieferkette 44<br />

ROBOTIK<br />

Automatica: Vorberichte und Produktneuheiten<br />

Aufbruchstimmung in der Robotik live erleben 48<br />

Plattformökonomie für die Robotik und Automation<br />

Anwender und Anbieter von Robotern<br />

zusammenbringen 50<br />

Anwendungen zuverlässig absichern<br />

Worauf es bei der Auswahl von<br />

Roboterbremsen ankommt 54<br />

4 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Bild: Beiersdorf<br />

Isabel Hochgesand ist CPO der Beiersdorf AG.<br />

» Seite 14<br />

BUSINESS TRAVEL<br />

Reisekosten und Co.<br />

Spesenmanagement: Wie Daten zu Grafiken werden 56<br />

Reisebranche steht vor gewaltigen Umwälzungen<br />

Wie sich Dienstreisen verändern 58<br />

BME<br />

BME intern<br />

BME präsentiert Website-Relaunch<br />

und Logo-Rebrush 60<br />

Fachmesse für Guss- und Schmiedeteile<br />

Castforge 2022 mit BME-Einkäufertag 60<br />

KARRIERE<br />

Prof. Dr. Wolfgang Buchholz, FH Münster<br />

Berufsbegleitendes Masterstudium of Digital SCM 62<br />

Buchrezensionen 64<br />

#FaireLieferketten<br />

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zum neuen<br />

Lieferkettengesetz<br />

RURBRIKEN<br />

Editorial 3<br />

Inserentenverzeichnis, Vorschau, Impressum 66<br />

Meinung 67<br />

FOLGEN SIE UNS AUCH AUF DIESEN KANÄLEN:<br />

Das neue Lieferkettengesetz verpflichtet große<br />

Unternehmen in Deutschland ab 2023, auf<br />

die Einhaltung von Menschenrechten in ihren<br />

Lieferketten zu achten. Faire Arbeits- und<br />

Lebensbedingungen von Menschen weltweit<br />

zu fördern, ist Chance und Herausforderung<br />

zugleich.<br />

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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 5


» MAGAZIN<br />

Weiterhin Staus in der Containerschifffahrt<br />

Der Welthandel stabilisiert sich<br />

Nach einem turbulenten Start ins Jahr<br />

stabilisiert sich der Warenverkehr im April<br />

in zahlreichen Volkswirtschaften. Laut<br />

dem jüngsten Datenupdate des Kiel Trade<br />

Indicator dürfte der Welthandel im Vergleich<br />

zum März um 2,1 Prozent zulegen<br />

(preis- und saisonbereinigt). Einen vergleichbaren<br />

Zuwachs gab es zuletzt im<br />

Januar, vor Kriegsausbruch. „Die ersten<br />

Schockwellen der russischen Invasion in<br />

der Ukraine für den globalen Warenaustausch<br />

sind offenbar verdaut, und die<br />

Handelsdaten im April stabilisieren sich.<br />

Fast alle wichtigen Volkswirtschaften<br />

können Zuwächse oder zumindest eine<br />

Seitwärtsbewegung erwarten“, so Vincent<br />

Stamer, Leiter des<br />

Kiel Trade Indicator.<br />

Für Deutschland<br />

lassen die<br />

Schiffsbewegungen<br />

auf eine positive<br />

Entwicklung<br />

schließen, sowohl<br />

Exporte als auch<br />

Importe liegen im<br />

Plus. Gleiches gilt<br />

für die EU. In den<br />

USA dürften die Ex-<br />

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C-TEILE<br />

SONDERTEILE<br />

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porte im April klar im positiven Bereich<br />

liegen, für die Importe zeichnet sich ein<br />

Minus ab. Für Russlands Handel zeigt sich<br />

eine Bodenbildung nach den Einbrüchen<br />

der vergangenen drei Monate an. In China<br />

deutet sich bei Exporten und Importen<br />

eine Stagnation an. „Der Lockdown in<br />

Shanghai bremst zwar Chinas Exportwachstum<br />

aus, Rückgänge im Handel<br />

scheinen sich aber auf den Hafen von<br />

Shanghai zu beschränken. Der Abstand<br />

Die negativen Folgen des Lockdowns in Shanghai bleiben laut dem IfW Kiel<br />

bisher überschaubar.<br />

der Warenausfuhren hat sich im Vergleich<br />

zu Chinas übrigen Häfen auf ein Minus<br />

von rund 25 Prozent eingependelt. Das<br />

heißt aber auch: Trotz Lockdown verlassen<br />

immer noch ein Großteil aller Güter<br />

den Hafen, das ist ein gutes Zeichen für<br />

die weltweiten Lieferketten“, so Stamer.<br />

Die weltweiten Staus im Containerschiffnetzwerk<br />

verharren aber auf hohem<br />

Niveau , rund 11 Prozent aller weltweit<br />

verschifften Waren stecken im Stau. (ys)<br />

Bild: IfW Kiel<br />

Explodierende Energie- und Rohstoffpreise und Lieferengpässe<br />

Unternehmen in Europa härter betroffen<br />

Homeoffice<br />

Nutzung sinkt kaum<br />

Bild: DIHK<br />

Auch außerhalb der Heimat spüren deutsche<br />

Unternehmen die stark gestiegenen<br />

Energie- und Rohstoffpreise – dies ist ein<br />

Ergebnis des AHK World Business Outlook<br />

Frühjahr 2022. „Wir sehen allerdings erhebliche<br />

Unterschiede zwischen Weltregionen<br />

und Standorten“, so DIHK-Außenwirtschaftschef<br />

Volker Treier über die Ergebnisse<br />

der Umfrage. Mit Blick auf die<br />

Auswirkungen der russischen Invasion in<br />

der Ukraine melden im weltweiten Durchschnitt<br />

zwei Drittel (66 %) der Unternehmen<br />

höhere Kosten für Energie, Rohstoffe<br />

und Vorleistungen als akutes Problem. In<br />

der Eurozone sind es mehr als drei Viertel<br />

(77 %), in Nordamerika und China liegt<br />

der Anteil der betroffenen Unternehmen<br />

mit 58 bzw. 51 Prozent niedriger. Mehr als<br />

die Hälfte der Unternehmen (53 %) spüren<br />

im weltweiten Schnitt Störungen in<br />

der Lieferkette und Logistik.<br />

Stärker betroffen sind die<br />

Standorte im Asien- und<br />

Pazifik-Raum, Nordamerika<br />

und der Eurozone. Infolge<br />

der Störungen beklagen die<br />

Betriebe fehlende Rohstoffe<br />

und Vorleistungsgüter<br />

(39 %) und müssen zum<br />

Teil (17 %) ihre Produktion<br />

drosseln oder stoppen. (ys)<br />

Der Anteil der deutschen Beschäftigten,<br />

die zumindest teilweise im Homeoffice<br />

arbeiteten, ist im April auf 24,9 Prozent<br />

gesunken. Im März waren es 27,6 Prozent.<br />

Das geht aus einer Umfrage des Ifo-<br />

Instituts hervor. „Die Homeoffice-Nutzung<br />

bleibt damit nach Abschaffung der<br />

Pflicht auf einem hohen Niveau. Offenbar<br />

haben sich viele Unternehmen dauerhaft<br />

auf flexiblere Modelle eingestellt“, sagt<br />

Jean-Victor Alipour, Ifo-Institut. Allerdings<br />

hatte das Institut ein Homeoffice-<br />

Potenzial von 56 Prozent über die gesamte<br />

deutsche Wirtschaft hinweg berechnet.<br />

Für das verarbeitende Gewerbe fiel der<br />

Wert leicht von 18,6 auf 16,3 Prozent. Bei<br />

den Dienstleistern bleibt das Homeoffice-<br />

Angebot im Durchschnitt am größten: Der<br />

Anteil fiel auf 35,3 Prozent, nach 38,7 im<br />

März. So arbeiten IT-Dienstleister noch zu<br />

72,3 Prozent von zu Hause. (ys)<br />

6 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 7


» MAGAZIN<br />

Einkaufsmanagerindex EMI im April<br />

Geschäftsausblick bleibt pessimistisch<br />

Deutschlands Hersteller starteten schwächer<br />

ins zweite Quartal, da der Krieg in<br />

der Ukraine und die Lockdowns in China<br />

sowohl die Nachfrage drückten als auch<br />

die Lieferketten störten. Aufgrund des<br />

Rückgangs der Neuaufträge sowie der<br />

Lieferverzögerungen schrumpften zudem<br />

die Produktionsraten. Hinzu kam, dass<br />

sich der Kostendruck den Rekordhöhen<br />

vom letzten Jahr näherte, was wiederum<br />

zu einer nie dagewesenen Verteuerung<br />

der Verkaufspreise führte. Beim Geschäftsausblick<br />

herrscht weiter Pessimismus,<br />

der sich gegenüber dem Vormonat<br />

noch verstärkte. Der saisonbereinigte S&P<br />

Global/BME Einkaufsmanagerindex sank<br />

mit 54,6 Punkten im April auf ein 20-Monatstief<br />

nach 56,9 im März. Damit notierte<br />

der EMI erneut in der Wachstumszone<br />

dank soliden Zuwächsen. Hinter dem vergleichsweise<br />

guten Hauptindex verbergen<br />

sich allerdings auch die Messwerte für<br />

Bild: S&P Global/BME<br />

Produktion und Auftragseingang, die beide<br />

erstmals seit Juni 2020 unter 50 Punkten<br />

liegen. (ys)<br />

ArGeZ-Zulieferer-Geschäftsklima im April<br />

Unsicherheiten für Zulieferer<br />

HWWI-Rohstoffpreisindex im April<br />

Preisrückgang auf hohem Niveau<br />

Nach dem historischen Einbruch<br />

im Vormonat stabilisiert<br />

sich das Geschäftsklima<br />

der deutschen Zulieferer laut<br />

ifo-Institut im April leicht.<br />

Von –7,5 Saldenpunkten geht<br />

es hoch auf –4,8 Punkte.<br />

Während die Beurteilung der<br />

<strong>aktuell</strong>en Geschäftslage im<br />

Vormonatsvergleich nahezu<br />

unverändert geblieben ist,<br />

sind die Erwartungen für die<br />

kommenden sechs Monate<br />

etwas weniger pessimistisch<br />

als vor vier Wochen. Gleichwohl<br />

zeigt sich, dass der<br />

Krieg in der Ukraine eine<br />

deutliche konjunkturelle Zäsur<br />

bedeutet. Der Saldo von<br />

positiven und negativen Erwartungen<br />

verbessert sich<br />

folglich nur geringfügig von<br />

–40,5 auf –36,3 Punkte. Unterm<br />

Strich erwarten nur<br />

neun Prozent der deutschen<br />

Zulieferer bessere Geschäfte<br />

in den kommenden sechs<br />

Monaten.<br />

Wenngleich die Beurteilung<br />

der <strong>aktuell</strong>en Geschäftslage<br />

seit dem Angriff Russlands<br />

auf die Ukraine nur geringfügig<br />

nachgegeben hat, weisen<br />

die negativen Aussichten auf<br />

teils massive Verwerfungen<br />

und erhebliche Unsicherheiten<br />

hin. Werden Sanktionen<br />

auf der einen Seite stets weiter<br />

ausgebaut, ist damit zu<br />

rechnen, dass eine Vielzahl<br />

indirekter Effekte auf die<br />

Märkte erst nach einigen<br />

Wochen zu Entfaltung kommen.<br />

Im Hinblick auf die zum<br />

Zerreißen gespannten internationalen<br />

Lieferketten spiegelt<br />

sich dies unter anderem<br />

durch steigende Kosten in<br />

den Wertschöpfungsketten<br />

wider. Effekte auf die gesamtwirtschaftliche<br />

Nachfrage<br />

werden folgen. (ys)<br />

Der HWWI-Rohstoffpreisindex<br />

sank im April im Vergleich<br />

zum Vormonat um<br />

durchschnittlich 12 Prozent.<br />

Von den drei im Gesamtindex<br />

abgebildeten Teilindizes sank<br />

im April der Index für Energierohstoffe<br />

am stärksten<br />

(-13,6 %), der Index für Industrierohstoffe<br />

nur leicht<br />

(-3,9 %), während bei den<br />

Nahrungs- und Genussmitteln<br />

sogar ein weiterer leichter<br />

Anstieg (+1,4 %) zu verzeichnen<br />

war. Die Rückgänge<br />

müssen jedoch vor dem Hintergrund<br />

des nach wie vor<br />

sehr hohen Rohstoff-Preis -<br />

niveaus betrachtet werden.<br />

Der Rohölpreis war im April<br />

leicht rückläufig und sank um<br />

5,7 Prozent. Im Vergleich zum<br />

Vorjahreswert ist der Index<br />

um 63,1 Prozent gestiegen.<br />

Stärker als der Rohölpreis<br />

ging der Kohlepreis zurück.<br />

Der Index sank im April um<br />

10,7 Prozent und lag damit<br />

um 223,7 Prozent über dem<br />

Wert von April 2021. Unter<br />

den Energierohstoffen waren<br />

im April die Veränderungen<br />

bei den Gaspreisen am<br />

stärksten. Während die Preise<br />

für amerikanisches Erdgas im<br />

April um durchschnittlich<br />

34,6 Prozent gegenüber dem<br />

Vormonat stiegen, sanken die<br />

Preise für europäisches Erdgas<br />

um 32,8 Prozent, nachdem<br />

sie im Vormonat um<br />

72,9 Prozent gestiegen waren.<br />

Gegenüber dem Vorjahr<br />

lag der Gesamtindex um<br />

271,5 Prozent höher. Der Teil -<br />

index für Industrierohstoffe<br />

sank im April um 3,9 Prozent<br />

gegenüber dem Vormonat<br />

(+15,5 % im Vorjahresvergleich).<br />

Damit zeichnet sich<br />

insgesamt eine leichte Entspannung<br />

ab. (ys)<br />

8 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 9<br />

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» MAGAZIN<br />

Nachhaltigkeit bei der Lieferantenauswahl im Maschinenbau<br />

„Grünes Potenzial“ in der Supply Chain häufig ungenutzt<br />

Bild: NicoElNino/stock.adobe.com<br />

Nur jeder vierte Maschinen- und Anlagenbauer wählt Lieferanten<br />

nach ökologischen Kriterien aus.<br />

Laut einer <strong>aktuell</strong>en Studie spielen Nachhaltigkeitskriterien<br />

bei der Lieferantenauswahl<br />

im Maschinen- und Anlagenbau<br />

bisher nur eine untergeordnete Rolle.<br />

Zwar gebe es zahlreiche<br />

Ansatzpunkte für einen<br />

grünen Wandel, diese werden<br />

jedoch noch nicht optimal<br />

genutzt. Nach Ansicht<br />

von Dr. Björn Falk,<br />

Branchenmanager Maschinenbau<br />

der Staufen<br />

AG, deuten die Ergebnisse<br />

auf eine fehlende Abstimmung<br />

zwischen den Teilnehmern<br />

der Wertschöpfungskette<br />

hin: „Der ESG-<br />

Gedanke ist noch zu stark<br />

nach innen gerichtet. Nur<br />

25 Prozent der Maschinenund<br />

Anlagenbauer betrachten<br />

das Thema ganzheitlich und beziehen<br />

bei der Lieferantenauswahl auch die<br />

Nachhaltigkeitsbewertung als ein Kriterium<br />

im Vergabeprozess ein. Der Automo -<br />

tive-Sektor ist da schon einen Schritt<br />

weiter: Hier sind es bereits 61 Prozent, die<br />

auf eine positive Nachhaltigkeitsbewertung<br />

in der Supply Chain achten.“<br />

Im Zusammenspiel mit den Zulieferbetrieben<br />

ergeben sich verschiedene Möglichkeiten<br />

für eine Transformation nach<br />

ökologischen Vorgaben. Aktuell konzentrieren<br />

sich die Unternehmen dabei nach<br />

eigener Aussage auf gemeinsame Verpackungsstrategien,<br />

Optimierung der Transportwege<br />

und gemeinsame Forschungsprojekte.<br />

Die abgestimmte Kooperation<br />

könne auch den Kostendruck in der Produktion<br />

verringern. Dies sei notwendig, da<br />

weder der Maschinenbau noch der Automobilsektor<br />

mehrheitlich dazu bereit seien,<br />

ökologische Mehrkosten zu tragen:<br />

„55 Prozent akzeptieren die Mehrkosten<br />

einer ökologisch nachhaltigen <strong>Beschaffung</strong><br />

nicht“, so Falk. (ys)<br />

Investitionen in den Maschinenpark und die Mitarbeiter<br />

Millionenauftrag für die Fertigung von Lkw-Lenkstangen<br />

Die Gersfelder Metallwaren GmbH (GMW)<br />

hat einen Großauftrag zur Fertigung von<br />

Lkw-Lenkstangen erhalten. Das Auftragsvolumen<br />

soll einen siebenstelligen Betrag<br />

umfassen. Damit hat sich das Unternehmen<br />

verpflichtet, jährlich rund eine Million<br />

der sicherheitsrelevanten Lkw-Bauteile<br />

zu fertigen. Der Auftrag ist zeitlich<br />

nicht begrenzt und veranlasst Geschäftsführer<br />

Maximilian Pfeifer, in sein Unternehmen<br />

zu investieren: „Für diesen Auftrag<br />

werden wir unseren Maschinenpark<br />

in Gersfeld um fünf Langdrehmaschinen<br />

erweitern und kalkulieren mit einem Investitionsvolumen<br />

von rund einer Million<br />

Euro.“ Zusätzlich will GMW sechs neue<br />

Arbeitsplätze schaffen. Die Fertigung der<br />

Bauteile soll ausschließlich in Gersfeld erfolgen.<br />

Nach zwei herausfordernden Jahren stellt<br />

sich die Auftragslage der GMW heute laut<br />

eigenen Angaben sehr gut dar. Das Jahr<br />

2021 hat das Unternehmen mit einem<br />

Umsatzwachstum von über 25 Prozent im<br />

Vergleich zu 2020 abgeschlossen. Sowohl<br />

die Kapazitäten in Gersfeld als auch im<br />

Tochterwerk in Rumänien seien solide<br />

ausgelastet. Herausfordernd ist allerdings<br />

die Rohstoffsituation: „Die Rohstoffpreise<br />

sind durch den Krieg in der Ukraine teilweise<br />

explodiert. Nickel kostete Anfang<br />

März noch 18.000 Euro pro Tonne, stieg<br />

zwischenzeitlich auf über 43.000 Euro<br />

und heute sind es immer noch 26.000<br />

Euro pro Tonne“, so Pfeifer. Nickel ist ein<br />

wichtiger Bestandteil zur Herstellung von<br />

Edelstahl, daher reagiert der Maschinenbau<br />

darauf sehr sensibel. Dennoch ist<br />

Pfeifer optimistisch: „Die globalen Lieferketten<br />

werden sich umsortieren und ich<br />

rechne ab Spätsommer 2022 mit einer<br />

beruhigten <strong>Beschaffung</strong>ssituation.“ (ys)<br />

Aufgrund des Großauftrags soll der Maschinenpark in Gersfeld um fünf<br />

Langdrehmaschinen erweitert werden.<br />

Bild: GMW<br />

10 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


A22-060-035.indd 1 08.03.22 14:11<br />

Wachstum in 18 von 23 Branchen<br />

Die Zeichen im türkischen<br />

Maschinenbau stehen auf Grün<br />

Die Industrielandschaft des<br />

türkischen Maschinenbaus ist<br />

breit gefächert. Aktuell werden<br />

Maschinen und Anlagen<br />

in 23 Branchen entwickelt und<br />

produziert, die größten Exportmärkte<br />

sind hierbei die<br />

Europäische Union und die<br />

USA. Insgesamt hat der türkische<br />

Maschinenbau im Jahr<br />

2021 Waren im Wert von 23<br />

Milliarden USD exportiert, so<br />

die Vereinigung der türkischen<br />

Maschinenexporteure (Turkish<br />

Machinery). Das Exportziel für<br />

das Jahr 2022 liegt bei 27 Milliarden<br />

USD. 18 der 23 Branchen<br />

im türkischen Maschinenbau<br />

konnten 2021 ein<br />

Wachstum verzeichnen.<br />

Die Bedeutung einer nachhaltigen<br />

Wirtschaft hat sich für<br />

Turkish Machinery mit der<br />

Pandemie herauskristallisiert.<br />

Demnach sei es unumgänglich,<br />

das Bewusstsein in Bezug<br />

auf Produktions- und Konsumgewohnheiten<br />

zu überdenken.<br />

Es bedarf einer Nachhaltigkeitsbetrachtung<br />

in allen<br />

Perspektiven, einer Kreislaufwirtschaft<br />

und tiefgehenden<br />

Analysen der Wertschöpfung,<br />

so die türkischen Maschinenbauer.<br />

Das türkische<br />

Handelsministerium unterstützt<br />

Unternehmen im Rahmen<br />

der „Financing the green<br />

transition“, welche durch die<br />

Europäische Kommission ins<br />

Leben gerufen wurde. Unternehmen<br />

bekommen die Möglichkeit,<br />

ihren ökologischen<br />

Fußabdruck zu ermitteln und<br />

entsprechende Aktionspläne<br />

herauszuarbeiten. (ys)<br />

Auftragsbestand im verarbeitenden Gewerbe<br />

Reichweitenrekord für die Industrie<br />

Die deutsche Industrie hat mit<br />

ihrem <strong>aktuell</strong>en Auftragsbestand<br />

einen Rekord erreicht.<br />

Ohne einen einzigen neuen<br />

Auftrag könnte sie 4,5 Monate<br />

produzieren, wie aus einer Ifo-<br />

Umfrage im April hervorgeht.<br />

Bei der letzten Umfrage im Januar<br />

waren es saisonbereinigt<br />

4,4 Monate. Im langjährigen<br />

Durchschnitt liegt die Auftragsreichweite<br />

bei 2,9 Monaten.<br />

„Der Zuwachs an Reichweite<br />

ist jetzt nur noch gering.<br />

Das deutet darauf hin, dass<br />

sich der Eingang an neuen<br />

Aufträgen allmählich abschwächt“,<br />

sagt Timo Wollmershäuser,<br />

Leiter der Ifo-<br />

Konjunkturprognosen. Dieser<br />

Auftragsstau spiegele nicht<br />

nur die hohe Nachfrage nach<br />

deutschen Industriewaren wider,<br />

sondern auch die Schwierigkeiten,<br />

die bestehenden<br />

Aufträge aufgrund des Mangels<br />

an Vorprodukten und<br />

Rohstoffen zeitnah abzuarbeiten.<br />

„Falls sich die Lieferengpässe<br />

in den kommenden Monaten<br />

auflösen würden, könnte<br />

die Produktion in der deutschen<br />

Industrie durchstarten“,<br />

fügt Wollmershäuser hinzu.<br />

„Allerdings spricht derzeit vieles<br />

eher für eine Verschärfung<br />

der Lieferengpässe, vor allem<br />

als Folge der rigorosen Lockdowns<br />

in China.“ Besonders<br />

groß ist die Auftragsreichweite<br />

in der Autoindustrie (7,4<br />

Monate), im Maschinenbau<br />

(6,5) und bei Datenverarbeitungsgeräten<br />

(6,3). (ys)<br />

DÜSSELDORF, 21.–24. JUNI<br />

Zeitgleich mit<br />

wire und Tube<br />

WIE...<br />

MESSE<br />

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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 11


Ein Fremdatom auf 100 Mrd. Siliciumatome:<br />

Wafer in der Mikrochip-Produktion.<br />

Bild: SweetBunFactory/stock.adobe.com<br />

Rohstoff des Monats: Silicium<br />

Das digitale Metall<br />

Silicium ist unverzichtbar für Elektronik und Energiewende, für die Metall- und<br />

Baubranche. Obwohl es überall in der Erdkruste vorkommt, hat sich der Preis<br />

für den Ausgangsstoff im letzten Jahr verfünffacht.<br />

Elementares Silicium wird aus Silicaten hergestellt;<br />

sprich: aus Quarzsanden. Die gibt es zwar<br />

wie Sand am Meer – trotzdem ist der Preis für<br />

Silicium metall im zweiten Halbjahr 2021 von rund<br />

2000 US$ auf einen Rekordpreis von 9500 US$ gestiegen.<br />

Eine langfristige Preis-Entwicklung ist<br />

schwer festzumachen. So treiben die Un -<br />

sicher heiten im Rahmen des Ukrainekrieges<br />

die Preise weiter nach oben.<br />

EINBLICK Darüber hinaus hat die Entwicklungs-<br />

und Reformkommission der<br />

Preisanalysen und<br />

Hintergrundinfos zu<br />

chinesischen Provinz Yunnan angekündigt,<br />

die Produktion von<br />

wichtigen Rohstoffen<br />

Silicium metall wegen Energie-<br />

Beschränkungen und weiter verschärften<br />

Umweltauflagen langfristig<br />

deutlich zu senken. Mit einem Marktanteil<br />

von rund 64 % ist China das weltweit größte<br />

Förderland , es folgen Russland mit rund zehn und die<br />

USA mit gut fünf Prozent. Die Deutsche Rohstoffagentur<br />

ordnet Silicium wegen der starken regionalen<br />

Konzentration in die Gruppe der Rohstoffe mit den<br />

höchsten Preis- und Lieferrisiken ein.<br />

Die Produktion von elementarem Silicium ist aufwendig:<br />

Zuerst wird der Ausgangsstoff Silicium -<br />

dioxid (Quarzsande) bei Temperaturen von rund<br />

2000 °C im Lichtbogenofen reduziert. Dabei entsteht<br />

Siliciummetall plus Kohlenmonoxid. Rohsilicium enthält<br />

mindestens 98,5 % Silicium sowie maximal<br />

0,5 % Eisen, 0,5 % Aluminium und 0,3 % Calcium. Es<br />

wird hauptsächlich als Aluminium-Legierung eingesetzt,<br />

um Schwindung und Fließeigenschaften positiv<br />

zu beeinflussen.<br />

Solartechnologie und Halbleiter<br />

Für die meisten industriellen Anwendungen wird<br />

aller dings hochreines Silicium gebraucht, sogenanntes<br />

Polysilicium oder Solarsilicium. Der Name ist<br />

Programm : Rund 90 % des global produzierten<br />

Materials werden für die Herstellung von Solarpanelen<br />

eingesetzt, rund 10 % wandern in die Mikrochip-<br />

Industrie. Nur ein relativ kleiner Teil landet beispielsweise<br />

als Legierungszusatz im Schmelztiegel, als<br />

Schleifmittel in Zahnpasta oder in Form von Silikon<br />

in der plastischen Chirurgie.<br />

Silicium Valley<br />

Zur Veredelung wird Rohsilicium mit Chlorwasserstoff<br />

in flüssiges Trichlorsilan umgewandelt und anschließend<br />

destilliert. Das entstehende Produkt ist polykristallin<br />

und wird deshalb kurz Polysilicium genannt. Es<br />

besitzt eine Reinheit von mindestens 99,9999 %. Für<br />

die Halbleiterindustrie muss die Reinheit allerdings<br />

99,999999999 % betragen; das bedeutet weniger als<br />

12 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


MAGAZIN «<br />

ein Fremdatom auf 100 Mrd. Siliciumatome. Das kann<br />

durch mehrmaliges Zonenschmelzen erreicht werden,<br />

die Verunreinigungen lösen sich dabei in der Schmelze<br />

und werden abgetrennt.<br />

Durch die gezielte Einlagerung von Fremdatomen<br />

können im nächsten Schritt die elektrischen Eigenschaften<br />

von Polysilicium maßgeschneidert in einem<br />

weiten Bereich verändert werden – als Grundlage für<br />

unterschiedliche elektronische Anwendungen von<br />

Mikrochips bis hin zur Fotovoltaik. Die Namens -<br />

gebung für ein kleines Tal in Kalifornien belegt die<br />

Relevanz dieses Grundstoffs für die weltweite Halbleiter-<br />

und Computerindustrie – obwohl es (zumindest<br />

im deutschen Sprachgebrauch) eigentlich Silicium<br />

Valley heißen müsste.<br />

Aus Licht wird Strom<br />

Die Wirkungsweise eines Solarpanels ist einfach: Die<br />

Module bestehen aus zwei Siliciumschichten. Die<br />

obere Schicht enthält eine exakt definierte Anzahl<br />

von Phosphor-Atomen, die untere entsprechend Bor-<br />

Atome. Trifft ein Sonnenstrahl auf ein Elektron in der<br />

oberen Schicht, wandert es nach unten. Dadurch<br />

entsteht eine elektrische Spannung, die als Gleichstrom<br />

zu einem Wechselrichter fließt, welcher dann<br />

das gewünschte Spannungsniveau erzeugt – genügend<br />

Sonneneinstrahlung vorausgesetzt. Ein standardisiertes<br />

Grundmodul mit der Kantenlänge von<br />

12,5 Zentimeter erzeugt bei voller Sonneneinstrahlung<br />

ungefähr zwei Watt.<br />

Wacker Chemie AG ist mit zwei Produktionsstand -<br />

orten in Deutschland und einem in den USA der<br />

weltweit zweitgrößte Produzent von Polysilicium.<br />

Insgesamt mehr als 3500 Beschäftigte produzieren<br />

jährlich rund 80.000 Tonnen. Im Bereich Panel-Produktion<br />

hat Deutschland dagegen seinen Spitzenplatz<br />

verloren: Die Zahl der Arbeitsplätze in der Solar -<br />

industrie hat sich mit dem Auslaufen von Förderprogrammen<br />

seit 2012 halbiert.<br />

Deutschland ist Siliciumland<br />

Silicium könnte allerdings auch hierzulande wieder<br />

eine Renaissance erleben: vergleichbar mit Wasserstoff<br />

als Energieträger der Zukunft. So kann Siliciumdioxid<br />

unter Energiezufuhr in Silicium und Sauerstoff<br />

aufgespalten werden. Das reine Silicium kann<br />

gespeichert und in anderen Prozessen wieder zur<br />

Energiegewinnung eingesetzt werden. Als Verbrennungsprodukt<br />

entsteht lediglich Sandstaub.<br />

Michael Grupp, Journalist, Stuttgart<br />

90 % des weltweit<br />

produzierten Siliciums<br />

dienen der Gewinnung<br />

regenerativer Energie.<br />

Bild: dusanpetkovic1/stock.adobe.com<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 13<br />

1773457-3.indd 1794146-1.indd 1 13.10.21 02.02.22 08:33 16:03


» MANAGEMENT<br />

Interview mit Isabel Hochgesand, CPO Beiersdorf AG<br />

Zentral, regional, global: die neue<br />

Einkaufsorganisation von Beiersdorf<br />

Drei Jahre hat Isabel Hochgesand die <strong>Beschaffung</strong> von Beiersdorf reformiert. Heraus kam<br />

eine zentrale Organisation in einem dezentral aufgestellten Konzern und ein Einkauf , der als<br />

Partner wahrgenommen wird. 70 Prozent der Einkäuferinnen und Einkäufer haben neue<br />

Funktionen und Rollen. Innovation, <strong>Beschaffung</strong>ssicherheit, Nachhaltigkeit sind die Kernziele.<br />

Frau Hochgesand, bevor Sie 2017 bei<br />

Beiersdorf die Funktion des CPO übernahmen,<br />

waren Sie 25 Jahre bei Procter<br />

& Gamble in verschiedenen Positionen<br />

im Einkauf und im Supply Chain Management.<br />

Mit welchem Blick kommt<br />

man nach so langer Zeit in ein anderes<br />

Unternehmen?<br />

Isabel Hochgesand: Ich bin offen an<br />

die neue Aufgabe herangegangen. Den<br />

Unternehmenswechsel habe ich als Möglichkeit<br />

gesehen, mich neu zu definieren,<br />

mich zu hinterfragen: Was möchte ich<br />

selbst erreichen? Welche meiner fachlichen<br />

Erfahrungen lasse ich zurück, was<br />

möchte ich mitnehmen und was hinzufügen?<br />

In allen meinen beruflichen Stationen<br />

habe ich wahnsinnig viel lernen dürfen<br />

– wofür ich sehr dankbar bin. Die<br />

neue Rolle als CPO bei Beiersdorf bot mir<br />

die wunderbare Gelegenheit, mit allen<br />

meinen bisherigen Erfahrungen und entwickelten<br />

Kompetenzen mein eigenes<br />

Team aufzubauen, meine Vision und Strategie<br />

für den Einkauf zu entwickeln und<br />

so den Bereich auf eine neue Ebene zu<br />

heben. Und das funktioniert bis heute.<br />

Wie würden Sie die damalige<br />

Einkaufsorgani sation bei Beiersdorf beschreiben?<br />

Hochgesand: Der Einkauf war damals<br />

stark mit Kosteneinsparungen assoziiert<br />

und wurde teilweise als Blackbox empfunden.<br />

Ich vertrete die Ansicht, dass eine<br />

moderne Einkaufsorganisation mehr ist.<br />

»Ich vertrete die Ansicht,<br />

dass eine moderne<br />

Einkaufsorganisation<br />

mehr ist. Es geht nicht<br />

nur um Verhandlung,<br />

sondern um die Leistung<br />

von Wertbeiträgen über<br />

Einsparungen hinaus.«<br />

Isabel Hochgesand, CPO Beiersdorf AG<br />

Bild: Beiersdorf


Es geht nicht nur um Verhandlung, sondern<br />

um die Leistung von Wertbeiträgen<br />

über Einsparungen hinaus. Der Einkauf<br />

hat zum Beispiel einen großen Einfluss<br />

auf Risikomanagement, Innovation oder<br />

auch Nachhaltigkeit. Diese Themenfelder<br />

gilt es zu besetzen und auch in der Diskussion<br />

mit den Stakeholdern zu thematisieren.<br />

Um das damals vorherrschende<br />

Bild vom Einkauf zu revidieren, haben wir<br />

unsere Transformation gestartet. Unser<br />

Ziel war es, bereits bei der Entstehung<br />

von Ideen und Strategien eingebunden zu<br />

werden, um die richtigen Weichen stellen<br />

zu können.<br />

Die Transformation hat drei Jahre gedauert.<br />

Was waren Gründe für die Neuausrichtung?<br />

Hochgesand: Einer der Hauptgründe,<br />

war das dezentrale Set-up, welches uns<br />

teilweise langsam gemacht und zu ineffizienten,<br />

nicht harmonisierten Prozessen<br />

beigetragen hat. Weiterhin hat uns die Organisationsstruktur<br />

daran gehindert, mit<br />

der ganzen Mannschaft an einheitlichen<br />

Prioritäten zu arbeiten und schnelle Entscheidungen<br />

zu treffen. Um den Einkauf<br />

neu zu positionieren und als moderner<br />

Einkaufsbereich wahrgenommen zu werden,<br />

der mehr als Einsparungen erwirkt,<br />

haben wir das Transformationsprojekt gestartet.<br />

Der Prozess war intensiv, aber zusammen<br />

mit dem Management haben wir<br />

alle Leitlinien für die Neuausrichtung gemeinsam<br />

beschlossen. Mit dem Aufbau<br />

neuer Organisationsstrukturen, Strategien<br />

sowie Arbeitsweisen und Prozessen konnten<br />

wir eine vollständige und frühzeitige<br />

Integration des Einkaufs erwirken, Themengebiete<br />

bündeln, Prozesse standardisieren<br />

und ganz neue Karrierechancen<br />

schaffen. Durch ein klares Bild vom Einkauf<br />

und definierte Standpunkte zu Themen<br />

wie Innovation, <strong>Beschaffung</strong>ssicherheit<br />

und Nachhaltigkeit werden wir intern<br />

jetzt anders wahrgenommen und können<br />

auch extern klarer auftreten.<br />

Was war die größte Veränderung?<br />

Hochgesand: Die größte Veränderung<br />

im Einkauf war der Übergang von einer<br />

dezentralen zu einer zentral geführten<br />

Organisation mit Berichtslinien der Länder<br />

zum CPO. Konkret bedeutet das, dass<br />

der direkte Einkauf zentral gesteuert wird<br />

und der indirekte sowie der Marketingeinkauf<br />

als Matrixorganisation aufgestellt<br />

sind. Dabei haben wir viele neue globale<br />

und regionale Rollen geschaffen und kaufen<br />

heute deutlich mehr regional oder<br />

global ein. Um eine gute Basis für eine<br />

strategischere und langfristigere Arbeitsweise<br />

zu legen, haben wir auch an Themen<br />

wie Supplier Performance Management,<br />

e2e Supply Chain Integration, Business<br />

Continuity Planning gearbeitet und<br />

eine digitale Roadmap aufgesetzt. Parallel<br />

haben wir umfassendes Expertenwissen<br />

in unseren Teams aufgebaut, um auf Augenhöhe<br />

mit unseren internen, aber auch<br />

externen Verhandlungspartnern agieren<br />

zu können.<br />

Wie nimmt man die Menschen in einem<br />

solchen Wandel mit? Management,<br />

Team, Fachbereiche …<br />

Hochgesand: Das A und O ist es, direkt<br />

am Anfang eine klare Vision zu definieren<br />

und den Mitarbeitenden eine Orientierung<br />

zu geben. Wir haben deshalb zuerst<br />

einen einfachen Überblick in acht Punkten<br />

entwickelt, um der Einkaufsorganisation<br />

zu zeigen, wofür wir als Managementteam<br />

stehen. Darauf aufbauend haben<br />

wir die Vision und die Strategie erarbeitet.<br />

Diese Dokumente waren sowohl<br />

für die einkaufsinterne als auch die crossfunktionale<br />

Kommunikation unsere Eckpfeiler.<br />

Um den Wertbeitrag der neuen<br />

Strategie für das gesamte Unternehmen<br />

aufzuzeigen, sind wir in der Kommunikation<br />

sprachlich auf unsere Zielgruppen<br />

zugegangen, zum Beispiel reden wir heute<br />

mehr über „Protect Revenue“ statt über<br />

„Compliance“ und „Risk Management“.<br />

Welches Zielbild verfolgt der Einkauf<br />

heute, wofür steht die Beiersdorf-<br />

<strong>Beschaffung</strong>?<br />

Hochgesand: Wir haben den Einkauf<br />

als Business Partner auf Augenhöhe positioniert.<br />

Wir unterstützen das Geschäft<br />

und leisten einen Wertbeitrag entlang<br />

unserer drei definierten Dimensionen<br />

„Protect Revenue“, „Drive Efficiency“ und<br />

„Enable Growth“.<br />

Was sind Ihre wichtigsten Ziele<br />

2022/23?<br />

Hochgesand: Unser kurzfristiges Ziel<br />

ist, die Materialverfügbarkeit zu wettbewerbsfähigen<br />

Preisen zu gewährleisten.<br />

Wir dürfen dabei aber die mittelfristigen<br />

Ziele und die Weiterentwicklung des Einkaufs<br />

nicht aus den Augen verlieren. Neben<br />

der Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden<br />

und ihrer Fähigkeiten sowie<br />

unsere Partnerschaften sind die Digitalisierung<br />

des Einkaufs und Nachhaltigkeit<br />

Themen, die bei uns mit hoher Priorität<br />

vorangetrieben werden.<br />

Wie gut ist Ihre Organisation im Risikomanagement<br />

aufgestellt? Welche Ansätze<br />

verfolgen Sie?<br />

Isabel Hochgesand<br />

... hat 25 Jahre bei Procter & Gamble in verschiedenen Positionen<br />

und Standorten gearbeitet. 1992 hat sie nach einem<br />

MBA-Abschluss in den USA bei P&G in Schwalbach/Ts im<br />

Europäischen Zentraleinkauf ihren ersten Einkaufsjob angetreten.<br />

Sie hat daraufhin verschiedene Stellen im Einkauf<br />

bekleidet und Führungsrollen übernommen. 2017 wechselte<br />

Isabel Hochgesand zu BDF, um die Rolle des CPOs einzunehmen<br />

und eine globale Transformation zu gestalten. Des<br />

Weiteren ist sie Mitglied in mehreren Frauennetzwerken, war<br />

mehrere Jahre im Vorstand der AmCham Germany und ist<br />

heute im Aufsichtsrat von Ontex, Belgien.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 15


» MANAGEMENT<br />

Wie war die Liefersituation in den letzten<br />

zwei, ebenfalls nicht einfachen,<br />

Pandemie-Jahren?<br />

Hochgesand: Die Lieferausfälle und<br />

-verwerfungen getrieben durch die Pandemie<br />

haben uns vor Augen geführt, dass<br />

globale Lieferketten Herausforderungen<br />

mit sich bringen und die punktgenaue<br />

Lieferung aufgrund von langen Transportmentinnen<br />

und Konsumenten im Mittelpunkt<br />

stehen.<br />

Isabel Hochgesand hat eine klare Vision für den Einkauf bei Beiersdorf.<br />

Hochgesand: Wir haben bereits vor<br />

der COVID- 19-Pandemie stark in Business<br />

Continuity Planning investiert und eine<br />

breitere Aufstellung bei der Lieferantenbasis,<br />

die Flexibilität in der Formulierung<br />

sowie KI-basierte Tools des Risikomanagements<br />

der Lieferketten vorangetrieben.<br />

Diese Maßnahmen haben uns in den vergangenen<br />

zwei Jahren sehr geholfen. Des<br />

Weiteren treiben wir Digitalisierung,<br />

Transparenz und Datenmanagement weiter<br />

voran, um unseren bisherigen Erfolg<br />

zu sichern.<br />

Inwiefern ist Ihre Lieferkette vom Krieg<br />

in der Ukraine und den Sanktionen gegenüber<br />

Russland betroffen?<br />

Hochgesand: Wir sind trotz der<br />

schwierigen Liefersituation und zahlreicher<br />

Engpässen in der Lage, unseren Servicelevel<br />

im Vergleich zu Wettbewerbern<br />

auf einem sehr hohen Niveau zu halten.<br />

wegen oder Unterbrechungen in der Lieferkette<br />

gestört werden können. Dies hat<br />

zu einem Umdenken geführt und einen<br />

bereits knappen Markt aus dem Gleichgewicht<br />

gebracht. Wir konnten über die vergangenen<br />

zwei Jahre hinweg konstant ein<br />

sehr gutes Servicelevel halten und haben<br />

uns auf die Liefersicherheit für unsere<br />

Verbraucherinnen und Verbraucher fokussiert.<br />

Dabei haben uns unser gutes Business-Continuity-Plan-Programm<br />

sowie<br />

die gute Zusammenarbeit mit unseren<br />

Schnittstellenfunktionen maßgeblich unterstützt.<br />

Bild: Beiersdorf<br />

Eine resiliente, nachhaltige Lieferkette<br />

braucht eine konsequente End-to-End-<br />

Betrachtung. Inwiefern verfolgen Sie<br />

diese im Einkauf?<br />

Hochgesand: Die End-to-End-Betrachtung<br />

habe ich in meiner beruflichen<br />

Laufbahn erfahren, gelebt und treibe sie<br />

voran. Sie beinhaltet für mich die Prüfung<br />

der eigenen Prozesse, aber auch derer mit<br />

unseren Kunden und Kundinnen sowie<br />

unseren Lieferanten. Wie können wir enger<br />

zusammenarbeiten? Wie können wir<br />

offener Daten miteinander teilen? Wie<br />

können wir die Stärken des anderen besser<br />

nutzen? Den Zeiten einer Lieferkette<br />

sind wir entwachsen, wir befinden uns in<br />

einem Ökosystem, bei dem die Konsu-<br />

Menschen, Datenstrukturen, Abläufe,<br />

Systeme: Wo setzen Sie den Schwerpunkt<br />

in Bezug auf End-to-End?<br />

Hochgesand: Bei Beiersdorf spielt Digitalisierung<br />

eine sehr große Rolle. Wir<br />

haben ein großes Investmentpaket dafür<br />

geschnürt, das auch die Umsetzung unserer<br />

Ideen für die Digitalisierung unserer<br />

Procurement-Prozesse unterstützen soll.<br />

Aufseiten unserer Mitarbeitenden begleiten<br />

wir das auf allen Ebenen und in allen<br />

Altersklassen mit dem Aufbau einer digitalen<br />

Denkweise. Wir regen alle dazu an,<br />

die Digitalisierung gemeinsam voranzubringen.<br />

Unser Ziel ist es, auf diese Weise<br />

unsere Kapazitäten auf strategische Inhalte<br />

zu verlagern und mehr Wert für das<br />

Unternehmen zu schaffen. So bewegen<br />

sich heute mehr als 80 Prozent unserer<br />

POs durch unsere Systeme, ohne einmal<br />

berührt zu werden. Robots and Chatbots<br />

erleichtern uns das Leben und eliminieren<br />

Prozesse, die keinen Mehrwert liefern.<br />

Für Verpackungen kaufen Sie heute<br />

statt der Commodity Kunststoff Rezyklate<br />

aus Abfällen. Wie gehen Sie mit<br />

solchen neuen <strong>Beschaffung</strong>smärkten<br />

und Lieferketten um?<br />

Hochgesand: Wir haben diese Entwicklung<br />

früh erkannt und unsere Teams<br />

entsprechend neu ausgerichtet. In den<br />

Raw & Pack-Einkaufsteams haben wir beispielsweise<br />

dedizierte Sustainability<br />

Category Manager installiert. Sie befassen<br />

sich speziell mit neuen Anforderungen,<br />

neuen Märkten und unseren Strategien<br />

zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele,<br />

die Beiersdorf sich gesetzt hat. Gerne<br />

greife ich hier auch noch einmal den<br />

Punkt des Ökosystems auf. Wir gehen<br />

heute sehr viel tiefer in die Wertschöpfungskette<br />

rein – kaufen also Rezyklate<br />

selber ein und interessieren uns für den<br />

Abfallkreislauf.<br />

Wo steht der Beiersdorf-Einkauf 2022<br />

in Sachen nachhaltige <strong>Beschaffung</strong>?<br />

Hochgesand: Im Bereich der nachhaltigen<br />

<strong>Beschaffung</strong> sind wir mit den bereits<br />

erwähnten Sustainabiltiy Category Mana-<br />

16 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


gern, unserer engen Zusammenarbeit mit<br />

dem Corporate Sustainability Team gut<br />

aufgestellt. Ergänzt wird dies durch eine<br />

Mitarbeiterin in unserem Excellence Team,<br />

die das gesamte Thema zusammenhält und<br />

die Steuerung der übergreifenden Themen<br />

wie CoC (Chain-of-Custody-<br />

Zertifikate), SMETA Audits<br />

(Supplier Ethical Data Exchange)<br />

und das Lieferkettengesetz<br />

verantwortet. An der<br />

Messung aller relevanten Daten<br />

und deren Integration in<br />

unsere Systeme arbeiten wir<br />

derzeit.<br />

Inwiefern verändert die neue Komplexität<br />

die Zusammenarbeit mit Ihren Business-Partnern?<br />

Hochgesand: Wir scheuen Komplexität<br />

nicht. Im Gegenteil, wir sehen in ihr die<br />

Chance, uns ständig weiterzuentwickeln.<br />

Wir hinterfragen, überprüfen und gestalten<br />

bestehende Prozesse neu, um Effizienzen<br />

zu generieren. Zudem helfen uns im Bereich<br />

Marketing unsere neuen regionalen<br />

Business Partner ein höheres Level an Standardisierung<br />

in den Ausschreibungsprozessen<br />

gegenüber den Märkten durchzusetzen<br />

und eine Konsolidierung des Agenturgeschäfts<br />

auf der Ebene der Management<br />

Unit und der Region voranzutreiben.<br />

Neue Lieferkette: Für Verpackungen<br />

beschafft der Einkauf Rezyklate und<br />

beschäftigt sich mit Abfallthemen.<br />

Wie lässt sich der Beitrag des Einkaufs<br />

zur Nachhaltigkeit oder an der Innovation<br />

eines Unternehmens messen? Haben<br />

Sie hierfür die richtigen KPI?<br />

Hochgesand: Im vergangenen Jahr haben<br />

wir für alle drei Dimensionen unserer<br />

»Den Zeiten einer Lieferkette sind<br />

wir entwachsen, wir befinden uns<br />

in einem Ökosystem, bei dem die<br />

Konsumentinnen und Konsumenten<br />

im Mittelpunkt stehen.«<br />

Beiersdorf<br />

Bild: Beiersdorf<br />

Vision Messgrößen definiert und Zielkorridore<br />

vereinbart. Dazu gehören Sustainability-Messgrößen<br />

hinsichtlich des Beiersdorf-Zieles,<br />

wie zum Beispiel die Reduzierung<br />

von Plastik und CO 2 sowie Themen<br />

wie CoC-Abdeckung oder Supplier<br />

Audits.<br />

Beiersdorf ist ein dezentral aufgestelltes<br />

Unternehmen. Inwiefern verträgt sich<br />

dies mit einem zentral agierenden Einkauf?<br />

Hochgesand: Ein zentraler Einkauf hat<br />

viele Vorteile. Wir können besser sicherstellen,<br />

dass weltweit einheitliche Prozesse<br />

Anwendung finden. Themen wie Compliance<br />

und Nachhaltigkeit können inten-<br />

Die Beiersdorf AG schloss das Geschäftsjahr<br />

2021 mit 7,6 Mrd.<br />

Euro Umsatz und einem Plus von<br />

9,7 Prozent gegenüber Vorjahr ab.<br />

Zum Unternehmensbereich Consumer<br />

gehören neben der Kernmarke<br />

Nivea u.a. die Dermokosmetik-Marke<br />

Eucerin und die Premium-Marke<br />

La Prairie. Seit 2001<br />

wird der Unternehmensbereich<br />

Tesa im Konzern als unabhängiger<br />

Teilkonzern geführt. Beiersdorf<br />

beschäftigt weltweit 20.567<br />

Menschen (Stand Ende 2021).<br />

siver und schneller vorangetrieben werden.<br />

Des Weiteren haben wir im Headquarter<br />

Expertenteams aufgebaut, die auf<br />

Augenhöhe mit unseren internen und externen<br />

Business-Partnern agieren. Dies<br />

hilft uns dabei, Wissen zu bündeln und<br />

Bedürfnisse gegenüber unseren<br />

externen Partnern klar zu<br />

formulieren. Zentralisierung<br />

bedeutet für uns aber nicht,<br />

dass lokale Bedürfnisse außer<br />

Acht gelassen werden oder<br />

keine Kommunikation stattfindet.<br />

Unsere lokalen<br />

Einkaufsleiter innnen und Einkaufsleiter<br />

sind Business Partner<br />

für das lokale Management und auch<br />

in großen Ausschreibungen, wie Media<br />

oder Seefracht, werden am Anfang lokale<br />

Bedürfnisse abgefragt.<br />

Welche Ziele in Bezug auf Diversität<br />

verfolgen Sie?<br />

Hochgesand: Entsprechend unserer im<br />

Jahr 2021 verkündeten „Beiersdorf Gender<br />

Parity Ambition“ streben wir bis 2025 eine<br />

geschlechterparitätische Besetzung von<br />

Führungspositionen unterhalb des Vorstands<br />

im Verhältnis 50:50 an. Im Einkauf<br />

sind bereits 50 Prozent der Mitarbeitenden<br />

in Führungspositionen weiblich und<br />

im gesamten Einkauf liegt der Frauenanteil<br />

bei 60 Prozent. Wir fördern und fordern<br />

Gleichberechtigung, Chancengleichheit<br />

und Inklusion – unabhängig von Geschlecht,<br />

Nationalität, ethnischer oder sozialer<br />

Herkunft, Religion oder Weltanschauung,<br />

Behinderung, Alter, sexueller<br />

Orientierung oder Identität. Im Jahr 2012<br />

haben wir die Charta der Vielfalt unterzeichnet,<br />

um sicherzustellen, dass Vielfalt<br />

in der deutschen Arbeitskultur anerkannt,<br />

wertgeschätzt und einbezogen wird. Auf<br />

Initiative unserer eigenen Mitarbeitenden<br />

haben wir interne Communities gegründet,<br />

die sich für LGTBIQ+ (lesbisch,<br />

schwul, bisexuell, transgender, intersexuell,<br />

queer und mehr), die Gleichberechtigung<br />

von Frauen am Arbeitsplatz, die Integration<br />

neuer internationaler Kollegen<br />

und Kolleginnen und die Interessen älterer<br />

Kolleginnen und Kollegen einsetzen.<br />

Die Fragen stellte<br />

Annette Mühlberger, Journalistin.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 17


Foto: GEA<br />

GEA ist weltweit einer der größten Systemanbieter für die Nahrungsmittel-, Getränke- und Pharmaindustrie.<br />

Einkauf aus einer Hand<br />

Bei GEA, einem internationalen Technologieunternehmen, stehen die Zeichen auf<br />

digitaler Transformation. Auch der indirekte Einkauf soll von innovativen SAP-Technologien<br />

profitieren. Unterstützt wird die gesamte Implementierung vom SAP Gold Partner apsolut.<br />

Die laufende S/4-Transformation ist ein konzernweites<br />

Projekt, in dessen Rahmen der traditionsreiche<br />

industrielle Technologieanbieter seine äußerst<br />

heterogene, historisch gewachsene ERP-Systemlandschaft<br />

durch SAP S/4HANA ablösen will. Auch in der<br />

indirekten <strong>Beschaffung</strong> soll eine Vielzahl IT-gestützter<br />

und manueller Verfahren global vereinheitlicht<br />

werden, und zwar durch kombinierten Einsatz von<br />

Ariba Guided Buying und S/4HANA Central Procurement<br />

(CP). Nach erfolgreich abgeschlossener Pilotphase<br />

werden die beiden SAP-Einkaufslösungen bis<br />

Ende des Jahres auf 22 Landesgesellschaften ausgerollt,<br />

weitere folgen.<br />

„Aufgrund unserer starken internationalen Diversifizierung<br />

ist unser indirekter Einkauf durch zahl -<br />

reiche zentrale, regionale und lokale Zuständigkeiten<br />

geprägt“, erläutert Kati Rother, Digital Procurement<br />

Program Manager bei GEA. „Daher stand<br />

unser Projektteam zunächst vor der schwierigen<br />

Aufgabe, unternehmensweit einheitliche Prozesse,<br />

Strukturen und Rollen für die Bestellvorgänge zu<br />

definieren und eine geeignete Procurement-Lösung<br />

auszusuchen.“<br />

Zuschlag für Ariba Guided Buying<br />

Im Einklang mit der globalen Digitalisierungsstra -<br />

tegie mit SAP fiel die Wahl auf Ariba Guided Buying –<br />

eine zentrale Plattform, die den Source-to-Pay-<br />

Prozess automatisiert und sich leicht in die vorhan -<br />

dene Multi-ERP-Systemumgebung einbinden lässt.<br />

Zudem ist Guided Buying mit strategischen Ariba-<br />

Funktionen, wie Sourcing oder Contract Management,<br />

integrierbar, die GEA zur Verbesserung der<br />

Lieferantenleistungen nutzt. Damit stehen im strate-<br />

18 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


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gischen Bereich erzielte Ergebnisse – zum Beispiel<br />

Rabatte und Lieferkonditionen – direkt im operativen<br />

Einkauf zur Verfügung.<br />

Um die Kommunikation mit der bestehenden ERP-<br />

Systemumgebung zu erleichtern, führt GEA zusätzlich<br />

SAP S/4HANA Central Procurement (CP) ein. Denn<br />

es müssen vorläufig noch drei höchst unterschied -<br />

liche SAP-Backendsysteme und SAP Master Data<br />

Governance (MDG) an die Guided Buying-Plattform<br />

angebunden werden. „CP dient als Integrationsschicht,<br />

in der die Einkaufsprozesse aus heterogenen<br />

ERP-Systemen zusammengeführt, zentral gesteuert<br />

und standardisiert analysiert werden können“,<br />

erklärt Tina Schmidt, Senior Business Application<br />

Consultant SCM bei GEA.<br />

Transparenz und Zeitersparnis<br />

Bereits nach Abschluss des Pilotprojekts bei fünf<br />

GEA-Landesgesellschaften in Europa und Asien zeichnen<br />

sich die enormen Vorteile der neuen Lösungen<br />

ab. So bietet Guided Buying eine intuitive Benutzeroberfläche,<br />

über die die Anforderer die gewünschten<br />

Artikel mit wenigen Klicks aus vordefinierten Katalogen<br />

bestellen können. Da es für diese Katalogbedarfe<br />

keiner Unterstützung durch die operativen Einkäufer<br />

mehr bedarf, ist die Zeitersparnis groß. Gleichzeitig<br />

lassen sich durch vorkonfigurierbare Policies<br />

die Compliance-Richtlinien einhalten. „Mit Guided<br />

Buying konnten wir die Katalogquote bezogen auf die<br />

Zahl der Transaktionen bereits in kurzer Zeit auf<br />

30 Prozent heben,“ resümiert Kati Rother. „Ziel ist,<br />

die zeitintensiveren Freitextbedarfe weitestgehend<br />

zu reduzieren.“<br />

Gleichzeitig sorgt die neue Lösung für Transparenz im<br />

indirekten Einkauf, da sie umfassenden Aufschluss<br />

über Anforderer, Bedarfe, Lieferanten und Preise<br />

gibt. „Sobald Guided Buying global ausgerollt ist, hat<br />

GEA erstmals die Chance, alle indirekten <strong>Beschaffung</strong>svorgänge<br />

konzernweit in einem zentralen System<br />

zu überblicken“, unterstreicht Kati Rother. „Das<br />

bietet unserem strategischen Einkauf neue Möglichkeiten,<br />

wertvolle Effizienzpotenziale zu heben.“<br />

Erfahrener Beratungspartner an Bord<br />

Auch beim bevorstehenden Rollout von Guided<br />

Buying und CP vertraut GEA auf apsolut, Spezialist für<br />

Intelligent Spend Management und Digital Business<br />

Transformation, der die Einführung von Beginn an begleitet.<br />

„Mit apsolut haben wir ein äußerst erfahrenes<br />

Beraterteam zur Seite, das durch tiefes Prozess- und<br />

SAP-Know-how überzeugt“, sind sich Kati Rother und<br />

Tina Schmidt als Projektleiterinnen des Fach- und<br />

IT-Bereichs einig. „So hat es apsolut mit Bravour<br />

gemeistert, eine hochkomplexe Infrastruktur aus<br />

Sind bei GEA für die Digitalisierung<br />

der indirekten <strong>Beschaffung</strong> mit SAP<br />

verantwortlich: Kati Rother, Digital<br />

Procurement Program Manager….<br />

vorhandenen und neuen SAP Cloud- und On-Premise-<br />

Anwendungen zu einem reibungslosen End-to-End-<br />

Prozess aus der Public Cloud zu integrieren.“<br />

Insgesamt verlief die Pilotphase ohne Probleme. Kam<br />

es aufgrund der übergeordneten S/4HANA-Einführung<br />

zu Zeitverzögerungen, passte das apsolut-Team<br />

den Projektplan immer wieder kurzfristig an und<br />

lieferte pünktlich das gewünschte Ergebnis. Das ist<br />

umso bemerkenswerter, als dass das gesamte Pilotprojekt<br />

Pandemie-bedingt remote durchgeführt werden<br />

musste. „Durch die rein virtuelle Zusammen -<br />

arbeit mit den beteiligten GEA-Landesgesellschaften<br />

konnten wir stets sehr schnell reagieren“, betonen<br />

Frank Dunkel und Georgi Vanchev, die für das Projekt<br />

verantwortlich zeichnen. „Zudem sind wir in den<br />

zahlreichen Online-Workshops und -Meetings zu<br />

einem hocheffektiven Team zusammengewachsen,<br />

das sich punktgenau auf die <strong>aktuell</strong>en Projektan -<br />

forderungen fokussiert.“<br />

KONTAKT<br />

apsolut GmbH<br />

Oelmühlenstraße 30<br />

33604 Bielefeld<br />

Foto: GEA<br />

… und Tina Schmidt, Senior Business<br />

Application Consultant SCM.<br />

Jonas Vomstein, Head of Reference Marketing & Storytelling<br />

Telefon: +49 (0)521 163909–0<br />

E-Mail: jonas.vomstein@ap-solut.com<br />

www.ap-solut.com<br />

Foto: GEA<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 19


» MANAGEMENT<br />

Ausgabentransparenz bei der Winkelmann Group<br />

Spend-Analyse – das Fenster zur<br />

Strategischen <strong>Beschaffung</strong><br />

Strategische <strong>Beschaffung</strong> beginnt mit korrekten, umsetzbaren Informationen der<br />

Ausgaben. Bei der Winkelmann Group verschaffen den notwendigen Überblick<br />

Spend-Cubes, die durch ein Regelsystem und einen Machine-Learning-<br />

Algorithmus funktionieren. Die Macher erlauben einen Einblick in das Projekt.<br />

Der Spend-Cube i. A. a.<br />

[VAN WEELE, A. J.;<br />

EßIG, M. (2017): Strategische<br />

<strong>Beschaffung</strong>,<br />

Wiesbaden: Springer<br />

Fachmedien, S.31]<br />

Die Strategische <strong>Beschaffung</strong> findet ihren Ausgangspunkt<br />

nicht nur in der Analyse von<br />

<strong>Beschaffung</strong>s märkten, sondern auch in der Unter -<br />

suchung der Ausgaben und Bedarfe. Vor allem die<br />

Untersuchung der unternehmensweiten Ausgaben<br />

basiert auf den Daten der Zahlungen und kann im<br />

Rahmen eines Spend-Managements erfasst werden.<br />

Dabei ist das Ziel des Spend-Managements, durch<br />

die systematische Verwaltung, Erfassung und Konsolidierung<br />

von Ausgabendaten eine größtmögliche<br />

Transparenz über alle <strong>Beschaffung</strong>sbereiche zu<br />

schaffen. Ein Teilbereich des Spend-Managements<br />

stellt die Spend-Analyse dar. Die Spend-Analyse beschreibt<br />

die systematische Datenanalyse und das Ableiten<br />

von Entscheidungen aus diesen Daten und<br />

Analysen. Ein zentraler Begriff in diesem Zusammenhang<br />

ist die datenbasierte Entscheidungsunterstützung.<br />

Dies kann als Praxis verstanden werden, Entscheidungen<br />

unter Berücksichtigung von Datenanalysen<br />

zu treffen. Dabei ist jedoch hervorzuheben,<br />

Bild: Autor<br />

dass es sich hierbei um keine ausschließende Praxis<br />

handelt, vielmehr sollen Entscheidungen aus einer<br />

Kombination von bestehenden Verfahren (z. B. Matrix-<br />

Analysen), Erfahrungen der EinkäuferInnen und eben<br />

der Daten getroffen werden.<br />

Eine Möglichkeit für die Darstellung und nachgelagerte<br />

Analyse von <strong>Beschaffung</strong>sausgaben bietet ein<br />

sogenannter Ausgabenwürfel oder auch Spend-Cube,<br />

der über die verschiedenen Achsen die Ausgaben beispielsweise<br />

hinsichtlich von Lieferanten, Produktkategorien<br />

und Kostencentern schematisch visualisieren<br />

kann. Das Herzstück des Spend-Cubes ist eine<br />

relationale Datenbank.<br />

Spend-Cube bei Winkelmann<br />

Den oben genannten Ausführungen folgend, hat die<br />

Winkelmann Group einen entsprechenden individuellen<br />

Spend-Cube etabliert. Die Winkelmann Group<br />

GmbH + Co. KG ist im Bereich der Metallumformung<br />

eine der führenden Unternehmensgruppen. Mit den<br />

drei Geschäftsbereichen Automotive, Building + Industry<br />

und Flowforming werden namhafte Kunden aus<br />

unterschiedlichen Branchen und Industrien erreicht.<br />

Die Hauptverwaltung des Konzerns befindet sich in<br />

Ahlen, Deutschland, wo das Unternehmen 1898 als<br />

Handwerksbetrieb unter dem Namen Winkelmann &<br />

Pannhoff GmbH gegründet wurde. Heute verfügt die<br />

Unternehmensgruppe über Produktionsstandorte in<br />

Deutschland, Polen, der Türkei, den USA und Mexiko.<br />

Die Unternehmen des Geschäftsbereichs Automotive<br />

agieren als Zulieferer von Systemkomponenten für<br />

die Automobilindustrie, wobei ein Fokus auf die Entwicklung<br />

und Produktion von rotationssymmetrischen<br />

Motor- und Getriebekomponenten sowie auf<br />

Baugruppen für die Kraftstoffversorgung gelegt wird.<br />

Der Geschäftsbereich Building + Industry bietet seinen<br />

Kunden Lösungen für wasserführende Systeme<br />

in der Gebäude- und Versorgungstechnik, dazu zählen<br />

u. a. Druckausdehnungsgefäße, Wasseraufbereitungssysteme<br />

und Warmwasserspeicher.<br />

20 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Der dritte Geschäftsbereich Flowforming fertigt anwendungsspezifische<br />

Produkte mithilfe von spanlosen<br />

Umformverfahren für Kunden aus den Bereichen<br />

Nutzfahrzeugtechnik, Luft- und Raumfahrt, Medizintechnik<br />

und auch für den allgemeinen Anlagen- und<br />

Maschinen bau.<br />

Transparenz aller Ausgabedaten<br />

Ein Grund für die Entwicklung eines unternehmensweiten<br />

Spend-Cubes war vor allem die „Schaffung einer<br />

größtmöglichen Transparenz aller Ausgabe daten<br />

über alle Unternehmensbereiche hinweg, dies vor allem<br />

auch vor dem Hintergrund der sehr heterogenen ERP-<br />

Systeme und den organisatorischen Strukturen der Unternehmensbereiche“,<br />

so Besim Jakob, der als Einkaufsleiter<br />

die strategische Verantwortung für die <strong>Beschaffung</strong><br />

bei der Winkelmann Group innehat. Ein positiver<br />

Effekt dieser Transparenz sei es, so der Einkaufsleiter,<br />

Synergieeffekte zwischen den Einkaufsbereichen zu<br />

heben und gruppenweite Produktgruppenstrategien zu<br />

entwickeln. Dafür enthält die, im Rahmen eines AT Kearney-Beratungsprojektes<br />

implementiert und von Dr.<br />

Jens Hühn (Huehn Solutions GmbH) entwickelte permanente<br />

Spend-Cube-Lösung die Möglichkeit, Ausgabedaten<br />

mit der Hilfe von einem Regelsystem und einem<br />

auf Machine Learning basierenden Algorithmus<br />

zu kategorisieren und somit den strategischen Produktgruppen<br />

zuzuordnen.<br />

Im Zusammenhang mit der Stabilisierung des Spend-<br />

Managementprozesses und der Ausbreitung des<br />

Systems in den Einkaufsbereichen der Winkelmann<br />

Group kam in verschiedenen Gesprächen auf, dass weitere<br />

Anpassungen der vorhandenen Lösung notwendig<br />

sind, um die vollen Potenziale der Spend-Analyse in der<br />

Strategischen <strong>Beschaffung</strong> heben zu können.<br />

Vorschläge der Nutzer beachten<br />

Aus diesem Grund hat Malte Igelmann im Rahmen<br />

seiner Masterarbeit eine umfassende Analyse der Situation<br />

durchgeführt, sodass auf der einen Seite aus<br />

einer theoretischen Sicht Weiterentwicklungen von<br />

Spend-Analyse-Ansätzen aus der Literatur identifiziert<br />

wurden und auf der anderen Seite die derzeitige<br />

Nutzungssituation erfasst und Verbesserungsvorschläge<br />

der potenziellen NutzerInnen erhoben wurden.<br />

Die Notwendigkeit der regelmäßigen Überprüfung<br />

des Spend-Managements ergab sich auch daraus,<br />

dass der Prozess des Spend-Managements auch<br />

Metallverarbeitung ist komplex<br />

genug. Da müssen es Ihre<br />

Lieferanten nicht auch noch sein.<br />

GMW – alles aus einer Hand.<br />

Die Gersfelder Metallwaren GmbH steht seit über 50 Jahren für innovative<br />

Fertigungslösungen von Montage- und Schweißbaugruppen, Draht- und Rohrbiegeteilen<br />

sowie Drehteilen. Wir begleiten Sie von Entwicklung über Prototyp<br />

bis Serienproduktion. GMW – alles aus einer Hand.<br />

www.gersfelder-metallwaren.de<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 21


» MANAGEMENT<br />

Bild: Autor<br />

Der Weg der Daten.<br />

in der Literatur als ein Regelkreis verstanden werden<br />

kann und somit kontinuierliche und systematische<br />

Entwicklungen erfordert.<br />

Das Ergebnis dieser Analysen zeigt zunächst auf, dass in<br />

den Einkaufsbereichen noch einige Potenziale in Bezug<br />

auf die Nutzung des Tools existieren, aber es ist auch<br />

hervorzuheben, dass der Nutzen für die individuelle<br />

Leistung in der strategischen <strong>Beschaffung</strong> als eher hoch<br />

angesehen wird. Diese Diskrepanz zwischen erwartetem<br />

Nutzen und der <strong>aktuell</strong>en Nutzung lässt sich auf verschiedene<br />

Ursachen zurückführen: Zunächst kann festgehalten<br />

werden, dass viele NutzerInnen aufgrund von<br />

organisatorischen und technischen Hürden die Lösung<br />

nicht umfassend nutzen. Diese Hürden äußern sich<br />

durch z.B. langsame Ladezeiten, fehlendes Training und<br />

Herausforderungen bei der Dateninterpretation. Außerdem<br />

zeigte sich bei der Erfassung der Anforderungen an<br />

das Tool, dass die verschiedenen Verbesserungsvorschläge<br />

von Erweiterungen der Reports über Schulungen<br />

und Anleitungen, bis hin zu Verbesserung der Nutzerfreundlichkeit<br />

reichen.<br />

Aufgrund dieser Erkenntnisse konnten Handlungsempfehlungen<br />

identifiziert werden, die eine Erhöhung<br />

der strategischen Nutzung des Tools in den Einkaufsbereichen<br />

versprechen. Beispiele für Handlungsempfehlungen<br />

sind aus einer organisatorischen Sicht<br />

die Erstellung einer umfangreichen Dokumentation,<br />

eines Zugangskonzepts, sowie die Durchführung von<br />

Schulungen und die Bereitstellung von Anleitungen.<br />

Aus einer technischen Perspektive soll vor allem die<br />

Datenmenge reduziert werden, sodass Zugriffszeiten<br />

verbessert werden. Darüber hinaus besteht ein Ziel<br />

darin, in Abstimmung mit den verantwortlichen EinkäuferInnen<br />

weitere Standardreports zu entwickeln,<br />

die bedarfsgerecht und selbstständig aus dem Tool<br />

abgerufen werden können. Diese Empfehlungen befinden<br />

sich derzeit in der internen Evaluation, sollen<br />

dann umgesetzt und im Rahmen eines Reviews der<br />

Produktgruppenstrategie angewendet werden.<br />

Abschließend ist festzuhalten, dass für eine performancesteigernde<br />

Auswirkung von Tools zur Datenanalyse<br />

auch immer die NutzerInnen berücksichtigt<br />

werden sollten, da an dieser Stelle die Ergebnisse final<br />

umgesetzt und in einen Mehrwert umgewandelt<br />

werden müssen. Dieser Fokus auf die Zielgruppe wurde<br />

durch die durchgeführte Untersuchung gesetzt<br />

und wird auch durch Aussagen der TeilnehmerInnen<br />

bestätigt, die darauf hinweisen, dass die individuelle<br />

Bedarfserfassung als notwendig und zielführend erachtet<br />

wird. In diesem Zusammenhang fasst folgende<br />

erhobene Aussage die Thematik final zusammen: „Der<br />

Spend-Cube ermöglicht es, einen Überblick über alle<br />

Unternehmen der Winkelmann Group zu entwickeln,<br />

und gewährleistet, dass alle Mitarbeiter mit der gleichen<br />

Perspektive einen Zugang zu Informationen und<br />

Beispielen anderer Geschäfts einheiten erhalten.“<br />

Malte Igelmann<br />

Procurement Controlling<br />

& Process Excellence,<br />

Winkelmann Group<br />

GmbH + Co. KG<br />

Besim Jakob<br />

Leitung Strategischer<br />

Einkauf, Prokurist,<br />

Winkelmann Group<br />

GmbH<br />

Dennis Meyer<br />

Wiss .Mitarbeiter &<br />

Doktorand Lehrstuhl für<br />

Unter neh mens logistik,<br />

TU Dortmund<br />

Dr. Jens Hühn<br />

Huehn Solutions GmbH<br />

22 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


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Foto: NicoElNino/ iStock<br />

Einkäufer sparen viel Zeit und Kosten mit digitalisierten <strong>Beschaffung</strong>sprozessen<br />

Digitale <strong>Beschaffung</strong>:<br />

Schneller, sicherer, günstiger<br />

Digitale <strong>Beschaffung</strong> hilft dabei, Lieferketten zu stabilisieren und Produktionsabläufe<br />

zu harmonisieren. Doch man sollte auch nicht vergessen, dass das digitalisierte<br />

<strong>Beschaffung</strong>swesen noch drei weitere wichtige Vorteile hat: Zeit sparen, Kosten senken<br />

und Risiken minimieren.<br />

Zeit sparen<br />

Im Rahmen der Techconsult-Studie »Digitale Prozesse<br />

– <strong>Beschaffung</strong> und Rechnungsverwaltung in<br />

deutschen Unternehmen« schätzen die Befragten die<br />

Zeitersparnis, die mittels digitalisierter <strong>Beschaffung</strong><br />

erzielt werden kann, sehr hoch ein: Durchschnittlich<br />

40 Prozent weniger Zeitaufwand erwarten die Studienteilnehmer<br />

durch ein digitalisiertes <strong>Beschaffung</strong>swesen.<br />

Kosten senken<br />

Gezielt ausgewählte digitale Lösungen können helfen,<br />

<strong>Beschaffung</strong>sprozesse zu automatisieren, zu verschlanken<br />

und eine enge Verzahnung mit dem Lieferanten<br />

und seiner Logistik herzustellen. Das senkt die<br />

Kosten. Eine Studie der Hackett Group zeigt, dass<br />

Unternehmen mit World-Class-Einkaufsfunktion 21%<br />

Personalkosten und bis zu 30% Prozesskosten sparen.<br />

Risiken minimieren<br />

Die politischen und wirtschaftlichen Disruptionen<br />

der letzten zwei Jahre haben gezeigt, dass Einkäufer<br />

immer mehr Aufwand betreiben müssen, um ihre Lieferketten<br />

stabil zu halten. Digitalisierte <strong>Beschaffung</strong><br />

ermöglicht es Einkäufern, ihre Risiken durch die zielgenaue<br />

Suche nach alternativen Lieferanten und Herstellern<br />

zu mindern.<br />

Orderfox verbindet diese Vorteile digitaler <strong>Beschaffung</strong><br />

mit der Expertise ihrer Mitarbeiter. Unterstützt von<br />

KI-Werkzeugen betreut Orderfox jede Anfrage persönlich<br />

und individuell und vermittelt den “perfect match”.<br />

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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 23


V. l.: Sebastian Janzen (SV Werder Bremen), Reinhild Müller-Holthusen (Bayer 04 Leverkusen), Sabine Ursel (für <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>), Oliver Diefenbach<br />

(ehemals VfL Bochum, jetzt Bayer 04), Panagiotis Alexopoulos (FC Schalke 04) sprachen im März über den Einkauf in einem Bundesliga-Fußballverein.<br />

Bild: Neil Baynes, Bayer 04<br />

Exklusiv: 1. und 2. Fußballbundesliga<br />

Einkaufsleiter haben jeden<br />

Stein umgedreht<br />

Treffpunkt BayArena: Gastgeberin Reinhild Müller-Holthusen von Bayer 04 Leverkusen,<br />

Panagiotis Alexopoulos vom FC Schalke 04, Sebastian Janzen von SV Werder Bremen<br />

und Oliver Diefenbach ehemals VfL Bochum, jetzt Bayer 04 sprachen in exklusiver<br />

Runde mit <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> über die schwierige Phase des Einkaufs in den Klubs<br />

der 1. und 2. Fußballbundesliga.<br />

Wie hat sich die lange Corona-Phase<br />

auf Ihren Personalstand ausgewirkt?<br />

Sebastian Janzen: Wir haben derzeit<br />

noch rund 220 Kräfte in Werders Kapitalgesellschaft.<br />

Einige haben während der<br />

Pandemie auch in Eigenregie einen anderen<br />

Job außerhalb des Fußballs gesucht,<br />

vor allem Jüngere. Der Arbeitsmarkt war<br />

ja bereit. Interessant ist in diesem Kontext,<br />

dass Sponsoren mit Stadionwerbung<br />

nicht mehr nur ihre Produkte adressieren,<br />

sondern über diesen Weg auch Fachkräfte<br />

suchen.<br />

Reinhild Müller-Holthusen: Bei<br />

Bayer 04 arbeiten rund 300 Personen in<br />

der Verwaltung. Pandemiebedingt gab es<br />

keine nennenswerten Abgänge. Allerdings<br />

war es in dieser Zeit nicht einfach, für unseren<br />

Bereich Einkauf eine adäquate<br />

Nachfolge für mich zu finden. Obwohl ein<br />

Bundesligaclub wie Bayer 04 als Marke<br />

eine attraktive Adresse darstellt.<br />

Panagiotis Alexopoulos: Bei Schalke<br />

ist die Mitarbeiterzahl etwas kleiner geworden,<br />

aber das hat teilweise unterschiedliche<br />

Gründe. Als eingetragener<br />

Verein sind unsere Zahlen in der Regel<br />

nicht direkt vergleichbar mit Kapitalgesellschaften.<br />

Wir haben zum Beispiel das<br />

Catering in eigener Hand.<br />

Welche Anpassungen mussten Sie im<br />

Einkauf vornehmen?<br />

Alexopoulos: Wir haben alles hinterfragt.<br />

Wir haben die Aufwandsseite angeschaut,<br />

nach Fachabteilungen bzw. Kostenstellen<br />

geclustert und gemeinsam<br />

Position für Position auf Sinnhaftigkeit<br />

überprüft, was etwa Mengen und Pauschalen<br />

betrifft. Bei den Gesprächen<br />

haben sich unsere Lieferanten sehr<br />

solidarisch gezeigt. Wir konnten einen<br />

siebenstelligen Betrag einsparen.<br />

Janzen: Wir haben bei allen Kostenstellen,<br />

die nicht Personal betrafen, rund 30<br />

Prozent eingespart. Wir mussten auch den<br />

Lizenzanforderungen für die 2. Liga entsprechen.<br />

Corona kam auch bei uns als<br />

Brandbeschleuniger dazu.<br />

24 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


MANAGEMENT «<br />

Aus Platzgründen können wir<br />

hier nur einen Teil des<br />

Gesprächs mit den Einkaufsleitern<br />

der Fußball bun des li gisten<br />

zeigen. Lesen Sie den vollständigen<br />

Beitrag online unter<br />

www.beschaffung-<strong>aktuell</strong>.de/<br />

einkauf/ekl-Bundesliga<br />

fer treffen sich im Übrigen seit vielen<br />

Jahren in Arbeitskreisen beim DFB und bei<br />

der DFL. C-Artikel werden von den Kollegen<br />

über unser Bestellsystem geordert. A-<br />

und B-Artikel machen wir gemeinsam mit<br />

den Fachkollegen.<br />

Diefenbach: Für Analysen nutze ich intensiv<br />

die vorhandenen Systeme und frage<br />

im Anschluss die Fachabteilungen, wobei<br />

ich unterstützen kann oder wo es aus<br />

meiner Sicht Redebedarf gibt. Ich sehe<br />

mich als internen Dienstleister. Auf der<br />

anderen Seite kommen die Fachabteilungen<br />

selbstständig bei anstehenden Ausschreibungen<br />

und Verhandlungen auf den<br />

zentralen Einkauf zu. Er wird bei Bayer 04<br />

intensiv genutzt.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Thema Maverick<br />

Buying …<br />

Janzen: Das gibt es trotz neuer Prozesse<br />

immer noch. Wie die anderen Klubs<br />

schauen wir uns einmal in der Saison die<br />

<strong>aktuell</strong>en Kreditorenlisten an. Dann sehen<br />

wir, was am Portal vorbei geordert wurde,<br />

das reicht von Radiobuchungen bis Blumensträuße.<br />

Auch unser Controlling meldet<br />

sich schnell, wenn Reinigungsleistungen<br />

außerhalb des Vertrags bestellt oder<br />

Barter-Geschäfte unabgestimmt vereinbart<br />

wurden. Den letzten C-Artikel schauen<br />

wir logischerweise auch nicht mehr an.<br />

Alexopoulos: Bei Barter-Deals müssen<br />

wir genau abwägen: Wie sind gegenseitige<br />

Leistungen marktgerecht zu bewerten?<br />

Und es ist auch nicht alles sinnvoll.<br />

Diefenbach: Bartern ist kein explizites<br />

Ziel. Aber wenn wir Produkte oder Dienstleistungen<br />

brauchen, kann das schon mal<br />

Sinn machen, weil man Tickets oder Werbeleistungen<br />

im Tausch zur Verfügung<br />

stellen kann.<br />

Müller-Holthusen: Jeder Barter-Deal<br />

muss bei uns in der Einkaufsabteilung beantragt,<br />

begründet und abgezeichnet<br />

Wie ist Ihre Rolle in Sachen Merchandising?<br />

Schals gab es schon immer. Einkauf<br />

als Abteilung wurde ja erst spät<br />

etabliert. Und viele Klubs haben ihn<br />

noch gar nicht auf ihrer Agenda.<br />

Müller-Holthusen: Merchandising war<br />

neben dem Ticketing der erste Bereich im<br />

„Non-Sport“-Bereich, der professionalisiert<br />

wurde. Hier wurde ein bewährter Lieferantenstamm<br />

aufgebaut, das Lizenzgeschäft<br />

erweitert und Lager und Logistik<br />

optimiert. Lange bevor wir den Einkauf<br />

2014 bei Bayer 04 eingeführt haben. In<br />

der Zeit gab es mit der Merchandising-<br />

Abteilung ein Grundsatzgespräch hinsichtlich<br />

der Umsetzung unserer Einkaufsrichtlinien.<br />

Die Kompetenzen liegen in der<br />

Fachabteilung, aber wir arbeiten eng zusammen<br />

und profitieren voneinander.<br />

Alexopoulos: Seit dem dritten Quartal<br />

2021 haben wir einen neuen Prozess<br />

etabliert. Wir sehen uns jetzt nicht jeden<br />

Schallieferanten an, das ist klar. Als Zentraleinkauf<br />

schauen wir auf die Jahreszahlen<br />

aller Bereiche. Generell gilt: Ab<br />

Summe x wird der Zentraleinkauf eingeschaltet.<br />

Janzen: Bei uns kümmert sich die Geschäftsführerin<br />

der Bremer Fanservice<br />

GmbH darum. Die Merchandising-Einkäuwerden.<br />

Es gibt eine wertmäßige Obergrenze.<br />

Es werden nur Produkte gegen<br />

Werbeleistungen getauscht, die wir brauchen.<br />

Das sind zum Beispiel Medikamente<br />

oder Tapes, Getränke wie Kaffee oder<br />

Wasser, auch Media- oder Druckleistungen<br />

sowie zum Beispiel Dünger im Bereich<br />

Greenkeeping. Und wir fragen unsere<br />

Fachabteilungen – darunter fallen auch<br />

die sportlichen Bereiche wie Lizenz, Frauenfußball,<br />

Leistungszentren, Physios etc.<br />

–, welche Produkte tatsächlich in welcher<br />

Menge benötigt werden. Es gibt keine<br />

Deals nebenher. Nach jeder Saison laufen<br />

die Vereinbarungen automatisch aus, weil<br />

sich Bedarfe und Mengen der Fachabteilungen<br />

ändern können.<br />

Janzen: Als ich 2013 bei Werder anfing,<br />

hatten wir 100 Lieferanten allein für Büroartikel.<br />

Da hat jeder bestellt, was und<br />

wo er wollte. Heute haben wir einen Lieferanten<br />

im Portal. Und wenn ich dabei in<br />

Absprache mit dem Sponsoring bartern<br />

kann, brauche ich keinen Spend, ich schone<br />

also meinen Etat.<br />

Sie vier sind ja Vertreter des Einkaufsleiterkreises<br />

der 1. und 2. Bundesliga.<br />

Warum haben bisher nur wenige der 36<br />

Klubs einen zentralen Einkauf etabliert?<br />

Alexopoulos: Das fragen wir uns auch.<br />

Unseres Wissens ist das bisher nur bei<br />

Schalke, Werder, Leverkusen, Bochum,<br />

Frankfurt, Leipzig, Wolfsburg, HSV und St.<br />

Pauli der Fall. Interessant wäre es aber<br />

schon zu sehen, wie die anderen Klubs<br />

komplexe Themen wie Fuhrpark, Mobilsysteme,<br />

Druck, Versicherungen oder<br />

Energie ohne zentralen Einkauf managen.<br />

(...] Lesen Sie online weiter!<br />

Das Interview führte Sabine Ursel,<br />

Journalistin, Wiesbaden.<br />

VERANTWORTUNG IST UNSER ANTRIEB.<br />

In Kooperation mit:<br />

gpal.de<br />

RZ_GPAL_21-222_AZ_188x32_<strong>Beschaffung</strong>Aktuell_06.indd 1 11.05.22 09:51<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 25


» MANAGEMENT<br />

Bild: BillionPhotos.com/stock.adobe.com<br />

Blended Rates entschlüsseln<br />

Wie Beratertagessätze<br />

vergleichbar werden<br />

Die durch Unternehmensberater in Rechnung gestellten<br />

Tages sätze gehören zu den großen Geheimnissen unserer<br />

Zeit. Die Branche scheut die Vergleichbarkeit und Berater<br />

unternehmen große Anstrengungen, ihre „Unique Selling<br />

Proposition “ in den Vordergrund zu stellen. Der Versuch der<br />

Commoditisierung ihrer Dienstleistung entgegenzuwirken,<br />

spiegelt sich sowohl in den individuellen Rangordnungen<br />

als auch in der Preisgestaltung wider.<br />

Grundsätzlich lassen sich bei Unternehmensberatern<br />

zwei Honorar -<br />

typen feststellen – die Abrechnung nach<br />

Fixpreis oder nach Aufwand. Neben hybriden<br />

Abrechnungsformen – der Kombination<br />

fixer und aufwandsbezogener Komponenten<br />

– sind aber inzwischen auch erfolgsabhängige<br />

Honorarvereinbarungen<br />

gängig.<br />

Während Fixpreise meist für Projekte mit<br />

einem eindeutigen Ergebnisversprechen<br />

infrage kommen und somit Werkvertragscharakter<br />

haben, sind sogenannte<br />

Time-&- Material-Modelle besonders<br />

geeignet für durch ein Leistungsversprechen<br />

geprägte Projekte. Somit folgt diese<br />

Abrechnungsform dem Konzept von<br />

Dienstverträgen.<br />

Fixpreis und Tagessätze<br />

Selbst in Situationen, in denen der Auftraggeber<br />

einen Fixpreis bevorzugt, ist es<br />

sinnvoll, auch die dem Preis zugrunde liegenden<br />

Personentagessätze mitanzufragen.<br />

Fallen nämlich im Zusammenhang<br />

mit dem Projekt weitere Aufgaben an,<br />

Checkliste<br />

Bei der Angebots -<br />

einholung ist aus Sicht<br />

des Einkaufs eine<br />

wertvolle Referenz :<br />

• Vergütungsmodell<br />

(pauschal, nach<br />

Aufwand,<br />

erfolgsabhängig)<br />

• Bemessungsgrundlage<br />

(Stunden, Tage ,<br />

Wochen)<br />

• Modus der<br />

Leistungserbringung<br />

(vor Ort, Remote,<br />

hybrid)<br />

• Honorarkomponenten<br />

(Spesen, Lizenzen, etc.)<br />

• Vorgabe der Rang -<br />

stufen und<br />

Beschreibung<br />

(Consultant, Manager,<br />

Partner)<br />

26 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Case study: Entschlüsseln von Blended Rates<br />

Berechnungsformel für Rangstufe „Manager“.<br />

Nehmen wir an, es wurde ein<br />

Beratungsprojekt ausgeschrieben<br />

und zwei Dienstleister<br />

haben Angebote unterbreitet,<br />

hier Alpha und Bravo. Alpha<br />

bietet individuelle Tagessätze<br />

nach Rängen an:<br />

• Partner, 4500 €, 1 Tag<br />

• Manager, 1950 €, 3 Tage<br />

• Consultant, 900 €, 5 Tage<br />

Bravo bietet eine Blended Rate<br />

von 1700 € über dieselben Rangstufen<br />

und mit demselben Tageskontingent<br />

an. Der hohe Tagessatz<br />

des Partners im Angebot von Alpha<br />

schreckt möglicherweise ab,<br />

dennoch ist der gewichtete Tagessatz<br />

mit 1650 € niedriger als bei<br />

Bravo.<br />

Leider sind Angebote im echten<br />

Leben nie so einfach vergleichbar.<br />

Deshalb wäre es gut, Blended Rates<br />

in individuelle Tagessätze umzurechnen.<br />

Mit der abgebildeten<br />

Bild: Apadua<br />

Umrechnungsformel ist das ziemlich<br />

einfach.<br />

Nach Analysen von Apadua ist der<br />

Tagessatz der Manager im Durchschnitt<br />

etwa 1,6 mal so hoch wie<br />

der von Consultants. Diese Relation<br />

(1,6) wird mit dem Gesamtaufwand<br />

(5 + 3 + 1) und der Blended<br />

Rate (1700 €) multipliziert und<br />

schließlich durch die mit der<br />

Struktur gewichteten Referenz -<br />

tagessätze (C: 1.260 €, M: 2.010 €,<br />

P: 3.390 €) dividiert. Hieraus ergibt<br />

sich ein Tagessatz für Manager<br />

von 1.950 €. Hierdurch wird deutlich,<br />

dass bei Bravo die niedrige<br />

Rangstufe „Consultant“ mit 1.230 €<br />

deutlich teurer ist als bei Alpha<br />

(900 €).<br />

Category Manager können „eigene“<br />

Formeln aus Rate Cards oder<br />

Angeboten ihrer Dienstleister ableiten<br />

und so für mehr Transparenz<br />

im Beratungseinkauf sorgen.<br />

können diese dann anhand der vorverhandelten<br />

Sätze beauftragt werden.<br />

Für den Einkauf liegt der Vorteil auf der<br />

Hand, er verhandelt die Preise, wenn der<br />

Hebel am größten ist – vor Projektbeginn.<br />

Aber auch für den Dienstleister ist eine<br />

vorgängige Festlegung der Tagessätze<br />

vorteilhaft, weil eventuelle Nachträge zügig<br />

bearbeitet werden können und das<br />

Projektgeschehen so minimal gestört wird.<br />

Einige Beratungsfirmen setzen bei der<br />

Vereinbarung von Personentagessätzen<br />

auf Einheitsraten, sogenannte „Blended<br />

Rates“. Hierbei handelt es sich um einen<br />

gewichteten Mittelwert der Personentagessätze<br />

einzelner Beratungsressourcen.<br />

Meist werden hierzu die Zieltagessätze<br />

der einzelnen Ränge (Partner, Manager,<br />

Analyst, etc.) und der jeweils erwartete<br />

Aufwand multipliziert, anschließend addiert<br />

und die Summe durch den erwarteten<br />

Gesamtaufwand dividiert. Besonders<br />

kompliziert wird es, wenn nicht nur Blended<br />

Rates, sondern Team- oder gar Wochenpreise<br />

angeboten werden. Um Angebote<br />

unterschiedlicher Dienstleister sicherstellen<br />

zu können, ist es empfehlenswert<br />

– analog zum Einkauf von direkten<br />

Materialien – klare Vorgaben zu Inhalt<br />

und Format zu machen. Dies gilt sowohl<br />

für den Honorartyp (pauschal oder nach<br />

Aufwand) als auch für eine mögliche erfolgsabhängige<br />

Komponente. Außerdem<br />

sollte vorab bestimmt werden, wie mit<br />

Nebenkosten (bspw. Reisespesen, Lizenzen,<br />

Kommunikationskosten, etc.) umzugehen<br />

ist. Bei der Abrechnung nach Aufwand<br />

ist es hilfreich eigene Rangstufen<br />

zu definieren, denen die Anbieter ihre<br />

Ränge zuordnen. Wenn Blended Rates<br />

angeboten werden, ist auf die entsprechende<br />

Teamzusammensatzung zu achten,<br />

also welche Rangstufe wie viel Anteil<br />

am Gesamtaufwand einnimmt.<br />

Häufig stellt sich für interne Kunden die<br />

Frage nach dem möglichen Mehrwert des<br />

Einkaufs bei der Auswahl von Beratern<br />

und anderen Professional Services Anbie-<br />

tern. Eigene Benchmarks auf Basis echter<br />

Projekte und Rahmenverträge vorzubereiten<br />

und so Preistransparenz zu schaffen<br />

ist sicherlich ein gutes Argument den Einkauf<br />

frühzeitig einzubinden. Zwar sollten<br />

Dienstleister nicht ausschließlich auf Basis<br />

von Preisen ausgewählt werden, dennoch<br />

ist Transparenz und Vergleichbarkeit<br />

auch für interne Kunden wichtig.<br />

Gregory N. Vider<br />

Gründer und<br />

Geschäftsführer der<br />

Apadua GmbH<br />

Bild: Apadua<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 27


» MANAGEMENT<br />

Einkaufstool für den Mittelstand unterstützt in der Krise<br />

Lieferantenanfragen per Express<br />

Die <strong>aktuell</strong>e Versorgungslage bedeutet für viele Unternehmen große Herausforderungen.<br />

Dringend werden neue beziehungsweise alternative Lieferanten gesucht. Doch<br />

oft fehlen die Kapazitäten und das Know-how über die Möglichkeiten der potenziellen<br />

Geschäftspartner. Ein einfaches, aber effizientes Anfragetool kann hier Unterstützung<br />

leisten. <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> sprach mit Helmut Rau, der dazu das Anfragetool ExprAn<br />

entwickelt hat.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Herr Rau, Sie<br />

bieten mit ExprAn ein Anfragetool für<br />

den Einkauf an. Funktioniert ein solches<br />

Tool in diesen Zeiten überhaupt noch,<br />

oder sind hier wieder die persönlichen<br />

Beziehungen bzw. Netzwerke gefragt?<br />

Helmut Rau: Ja, die Zeiten im Einkauf<br />

sind wieder einmal, auf ganz andere Weise<br />

als in der Konjunkturkrise, hart. Zuletzt<br />

musste um den letzten Euro gekämpft<br />

werden. Teilweise auch Lieferanten ersetzt<br />

werden, die nicht durch die Krise ka-<br />

men. Nun zeigt sich ein ganz anderes<br />

Bild. Überall fehlt es an Vormaterial und<br />

Kapazitäten. Und ja, unsere Kunden berichten,<br />

dass sie die Situation mit ExprAn<br />

besser bewältigen, als sie es in der Vergangenheit<br />

unter ähnlichen Bedingungen<br />

konnten.<br />

Wie kann ein Tool wie ExprAn hier Vorteile<br />

bieten, es kann doch keine Kapazitäten<br />

schaffen?<br />

Rau: Doch, im Grunde schafft es Kapazitäten.<br />

Da es in ExprAn für den Einkäufer<br />

zeitlich keinen Aufwand macht, wie viele<br />

Lieferanten er anfragt, kann er immer alle<br />

seine zugelassenen Lieferanten in eine<br />

Anfrage einbinden und so finden sich<br />

doch immer noch Lieferanten, die eventuell<br />

das Material noch am Lager oder entsprechend<br />

Kapazitätslücken haben. Unser<br />

Kunde EMAG hat den November 2021<br />

ausgewertet und ermittelt, dass 93,5 Prozent<br />

der Anfragen mit Angebot waren. Bei<br />

den restlichen 6,5 Prozent hat es wohl<br />

Um ExprAn einzurichten, legen die<br />

Einkäufer einmalig die für Anfragen<br />

entsprechenden Lieferantenpools<br />

in der Eingabemaske an.<br />

Danach laden sie zum passenden<br />

Lieferantenpool die Kontaktdaten<br />

der Lieferanten per Excel-Liste in<br />

das System. Firmennamen,<br />

Ansprechpartner und E-Mail-<br />

Adressen reichen aus.<br />

Schritt 1 – Anfrage ausführen<br />

Zum Start einer Ausschreibung<br />

öffnet der Einkäufer eine neue<br />

Anfrage und wählt einfach seinen<br />

passenden Lieferantenpool für die<br />

Ausschreibung aus. Anschließend<br />

gibt man in der Anfragemaske den<br />

Bedarf an, hängt die Spezifikation<br />

bzw. Zeichnung an, macht Angaben<br />

zu Staffelung und Lieferfrist.<br />

Anfragen mit ExprAn<br />

Nachdem der Einkäufer auf Senden<br />

klickt, werden die Lieferanten einzeln<br />

und persönlich angemailt. Die<br />

Lieferanten müssen sich daher auch<br />

nirgendwo einloggen, da sie die<br />

Anfragen direkt per E-Mail erhalten.<br />

Schritt 2 – Der automatische<br />

Preisspiegel<br />

Nachdem der Lieferant die Anfrage-Mail<br />

des Einkaufs erhalten hat,<br />

gibt er sein Angebot ab. Dazu tippt<br />

er die erforderlichen Daten wie<br />

Preise und Rabatte direkt in<br />

speziell markierte Textfelder der<br />

Antwort-Mail ein.<br />

Die eingegangenen Antwort-Mails<br />

der Lieferanten werden von<br />

ExprAn automatisch ausgelesen.<br />

Das System generiert dann selbstständig<br />

einen Preisspiegel, sodass<br />

der Einkäufer in ExprAn direkt<br />

einen Überblick über alle Angebote<br />

und Konditionen bekommt. Er<br />

erkennt so, wer die besten<br />

Konditione n anbietet und erteilt<br />

schließlich seinen Zuschlag.<br />

Die Lieferanten bekommen nach<br />

Abschluss der Ausschreibung<br />

ebenfalls ein Preisranking. Dieses<br />

zeigt keine Preise an und ist<br />

anonymisiert . Der Lieferant sieht<br />

nur, welchen Rang er mit seinem<br />

Angebot belegt und ist vor diesem<br />

Hintergrund dazu angehalten, mit<br />

spitzem Bleistift zu kalkulieren.<br />

Lieferanten mit ungünstigen<br />

Platzierungen im Preisspiegel<br />

werden daher bei späteren Ausschreibungen<br />

erfahrungsgemäß<br />

deutlich bessere Angebote<br />

machen . www.expran.com<br />

28 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


auch an qualitativ mangelhaften Anfragen<br />

gelegen, dass es keine Angebote gab.<br />

Wie auch immer, letztendlich musste man<br />

sich dort nur noch um einen ganz kleinen<br />

Teil der Anfragen kümmern, da beim<br />

Großteil ExprAn die Arbeit gemacht hat.<br />

Trotzdem sind doch persönliche Beziehungen<br />

im Einkauf nach wie vor wichtig,<br />

oder nicht?<br />

Rau: Das stimmt natürlich. Daher ist ExprAn<br />

auch rein auf Mail-Basis und kein<br />

Portal. Denn ich höre von Lieferanten unserer<br />

Kunden immer wieder, dass sie froh<br />

sind, dass ExprAn kein Portal ist. Denn<br />

man muss sich vorstellen, dass es inzwischen<br />

ja einige Portalanbieter gibt und<br />

der Lieferant sich nun für jeden Kunden<br />

aktiv, mit Passwort usw. auf dessen Portal<br />

einloggen muss. Mit ExprAn bekommt er<br />

die Anfragen direkt per Mail in sein gewohntes<br />

Arbeitsumfeld und wird persönlich<br />

angesprochen. Daher berichten<br />

unsere Kunden, dass der persönliche Bezug<br />

zum Liefer anten erhalten bleibt. Im<br />

Gegenteil, dass er sich sogar intensiviert,<br />

da nun Zeit ist, sich ausgiebig um die<br />

wirklichen Probleme zu kümmern, da die<br />

problemlosen Fälle ja ohne Aufwand<br />

durchlaufen.<br />

Helmut Rau, Geschäftsführer von ExprAn, will mit seinem Tool dem Einkauf in<br />

mittelständischen Unternehmen helfen.<br />

tergrundprozesse ist. Nur 15 Prozent für<br />

die Oberfläche, denn die soll sofort und<br />

ohne Schulung intuitiv bedienbar sein.<br />

Somit haben wir den Aufwand sowohl<br />

beim Einkäufer als auch beim Lieferanten<br />

auf ein Minimum reduziert.<br />

Interessant. Ich habe herausgehört, dass<br />

sich dabei der Lieferant aussuchen kann<br />

was er anbietet. Ist das so?<br />

Rau: Im Grunde ja. Die Lieferanten werden<br />

nur noch in sehr grobe Pools eingeteilt,<br />

damit nicht womöglich Lieferanten<br />

bei einer Anfrage ausgeschlossen werden,<br />

die sie eventuell hätten bedienen können.<br />

Das hat auch einen Nebeneffekt. Die<br />

Qualitätsquote zum Beispiel im Zeichnungsteilebereich<br />

steigt. Denn nun bieten<br />

die Lieferanten an, was sie sicher beherrschen.<br />

Bei EMAG hat eine Auswertung der<br />

Zeichnungsteilequalität eine Gutteilquote<br />

von 99,1 Prozent ergeben. Und das bei<br />

überwiegenden Einzelteilbestellungen.<br />

Trotzdem bleiben die <strong>aktuell</strong>en Versorgungsengpässe.<br />

Da ist es doch auch<br />

wichtig, über den Tellerrand zu schauen<br />

und nicht nur mit den Bestandslieferanten<br />

zu agieren. Kann Ihr Tool hier unter-<br />

Was heißt an der Stelle ohne Aufwand?<br />

Rau: Ohne Aufwand ist natürlich nicht<br />

ganz richtig. Der Einkäufer muss natürlich<br />

die für die Anfrage relevanten Daten eingeben.<br />

Entweder pro Anfrage oder über<br />

einen Excel-Upload. Unser Tool versendet<br />

dann die personalisierten Anfragen per<br />

Mail an den Lieferanten. Dieser kann nun<br />

direkt entscheiden, ob er anbieten kann<br />

oder eben nicht. Dazu klickt er nur auf<br />

‚antworten‘ in seiner Mail, trägt seine Angebotsdaten<br />

ein und sendet die Mail zurück.<br />

Also auch der Aufwand beim Lieferanten<br />

ist minimal. ExprAn nimmt die<br />

Mail entgegen und liest sie ein. Der Einkäufer<br />

hat nun sofort, ohne Handarbeit,<br />

eine Preisübersicht. Er muss nur noch entscheiden,<br />

bei wem er beziehen möchte,<br />

schließt die Anfrage ab und ExprAn informiert,<br />

in seinem Namen, die Lieferanten<br />

wieder persönlich über das Ergebnis.<br />

Unsere IT hat ermittelt, dass in ExprAn<br />

85 Prozent der Programmierung für Hinstützen,<br />

oder sind da die gängigen Portale<br />

am Markt gefragt?<br />

Rau: Ich denke, auch hier kann ExprAn<br />

sehr einfach unterstützen, da es, wie gesagt,<br />

keinen Mehraufwand bedeutet, zusätzliche<br />

Lieferanten anzufragen. Klar,<br />

eine Internetrecherche ersetzt es nicht,<br />

doch aufgrund der durch ExprAn eingesparten<br />

Zeit hat der Einkäufer nun die<br />

Muße dazu. In ExprAn dann einen Lieferanten<br />

aufzunehmen dauert maximal 30<br />

Sekunden und ab da ist er in den üblichen<br />

Arbeitsablauf des Einkäufers eingebunden.<br />

Das ist wichtig, um in diesen Zeiten<br />

nicht noch eine zweite Schiene bearbeiten<br />

zu müssen. Nun wird sehr schnell klar,<br />

ob die Kostenstruktur des testweise im<br />

System befindlichen Lieferanten zum Unternehmen<br />

passt. Mit dieser Vorgehensweise<br />

muss der Einkäufer auch nicht genau<br />

einschätzen können, was der Lieferant<br />

anbieten kann. Es besteht damit<br />

nicht die Gefahr, dass, aufgrund nicht<br />

passender Teile bei den ersten Anfragen,<br />

eine mögliche ergiebige Zusammenarbeit<br />

verpasst wurde. Zudem taucht ein nicht<br />

passender Lieferant damit erst gar nicht<br />

im Bestellsystem auf. So halte ich mir<br />

auch mein ERP sauber. (sas)<br />

Bild: ExprAn<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 29


» MANAGEMENT<br />

E-Procurement im großen Stil<br />

Die Plattform für den<br />

Sparkasseneinkauf<br />

Die Sparkassen-Einkaufsgesellschaft (SEG) ist der zentrale Einkaufsdienstleister<br />

der S-Finanzgruppe. Die rechtlich selbstständigen Sparkassen, Landesbanken<br />

und Verbundpartner bestellen zentral über die digitale Einkaufsplattform der SEG.<br />

Das System ermöglicht eine individuelle <strong>Beschaffung</strong> auf Basis zentraler<br />

Rahmenverträge . Von der Bündelung und Automatisierung profitieren alle.<br />

Über 370 Sparkassen gibt es in<br />

Deutschland, alle rechtlich selbstständig,<br />

genauso wie die zur S-Finanzgruppe<br />

gehörenden Landesbanken, Versicherer,<br />

LBS-Bausparkassen und weiteren<br />

Verbundpartner. Den Einkauf für die bundesweite<br />

Finanzgruppe managt die Sparkassen-Einkaufsgesellschaft<br />

(SEG) in<br />

Wiesbaden. Die digitale Einkaufsplattform<br />

der SEG, die alle Sparkassen, Landesbanken<br />

und Versicherungen für ihre<br />

Bestellungen und Bezahlvorgänge nutzen,<br />

basiert auf der E-Procurement-Lösung<br />

impact ordering von Veenion.<br />

Zentral und nach Bedarf<br />

50.000 User sind an das System der SEG<br />

angeschlossen, dazu 600 Kataloge mit einer<br />

Million Artikeln. Von Elektronik- und<br />

IT-Produkten, Büromaterialien, medizinischen<br />

Masken über Mietwagen, Dienstfahrräder<br />

und Geldzählmaschinen bis zu<br />

Sonderbriefmarken für Jubiläumsaktionen<br />

oder Tombola-Gewinnen lässt sich über<br />

das Tool alles konfigurieren, ordern und<br />

abrechnen, was die 372 deutschen Sparkassen<br />

für ihren Betrieb und ihr Marketing<br />

brauchen. Auch die sparkassenspezifischen<br />

Formulare, Vordrucke und Werbematerialien<br />

bestellen die Institute über<br />

das Tool, darunter allein jährlich eine Milliarde<br />

Blatt Papier zum Ausdruck von<br />

Kontoauszügen. Täglich gehen 1250 Bestellungen<br />

über die Plattform ein. Einzig<br />

das Projektgeschäft (Investitionsgüter)<br />

läuft nicht über das System.<br />

Die Zugriffsrechte, Sortimente und Auswahlmöglichkeiten<br />

sind für jede Sparkas-<br />

Frank Eickenberg, Geschäftsführer der Sparkassen-Einkaufsgesellschaft, Wiesbaden: „Wir haben mit<br />

unserem E-Procurement-System eine durchgängige Purchase-to-Pay-Lösung für die gesamte<br />

S-Finanzgruppe geschaffen.“<br />

se, Landesbank, Versicherung und Bausparkasse<br />

individuell konfiguriert. Zu den<br />

Lieferanten gibt es automatisierte Bestellschnittstellen.<br />

Die komplexen Rahmenverträge<br />

und Verrechnungssätze gegenüber<br />

den Sparkassen sind in der<br />

E-Procurement-Lösung im Detail abgebildet.<br />

Insbesondere für die Katalogaktualisierungen<br />

ist es wichtig, dass dies alles im<br />

System korrekt hinterlegt ist und die Aktualisierungen<br />

für alle Sparkassen dann<br />

auch passen.<br />

Die Flexibilität, die das Tool für eine solch<br />

diffizile Ausgestaltung bietet, ist ein<br />

Grund für den Erfolg der Plattform in der<br />

Sparkassenwelt. „Unsere Plattform ist<br />

über die Jahre gewachsen und an die unterschiedlichen<br />

Belange der Sparkassen<br />

hervorragend angepasst“, erklärt Frank<br />

Eickenberg, Geschäftsführer und Gründer<br />

der SEG. „Unsere Kunden sehen das praktisch<br />

als ihr eigenes Einkaufssystem“, beschreibt<br />

er den Effekt der individuellen,<br />

bedarfsgerechten Konfiguration. „Wir<br />

Bild: SEG<br />

30 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


»Wir haben mit unserem<br />

E-Procurement-System<br />

eine durchgängige<br />

Purchase- to-Pay-Lösung<br />

für die gesamte S-Finanzgruppe<br />

geschaffen.«<br />

Frank Eickenberg, Geschäftsführer der Sparkassen-<br />

Einkaufsgesellschaft, Wiesbaden<br />

Vom Kontoauszugsdrucker-Papier über die Weltspartag-Maskottchen bis zur Geldzähl -<br />

maschine bestellen die Sparkassen und Landesbanken alles, was sie brauchen, über eine<br />

zentrale Plattform. 50.000 Besteller sind angeschlossen. Seitdem können für die Finanzgruppe<br />

ganz andere Rahmenverträge ausgehandelt werden.<br />

Bild: S-Finanzgruppe<br />

Der Rechnungslauf erfolgt aus dem<br />

E-Procurement an das ERP der Einkaufsgesellschaft,<br />

über das die Abrechnung mit<br />

den Sparkassen erfolgt. Die SEG agiert<br />

gegenüber den Sparkassen als Intermediär.<br />

Entsprechend hoch sind die Sicherheitsanforderungen<br />

auch an das verbundene<br />

E-Procurement-System. „Wir haben<br />

mit dem System eine durchgängige Purchase-to-Pay-Lösung<br />

für die gesamte<br />

S-Finanzgruppe geschaffen“, freut sich<br />

Frank Eickenberg über den erfolgreich auhaben<br />

eine Einkaufsmall geschaffen mit<br />

einem zentralen Eingang und verschiedenen<br />

Shop-in-Shop-Lösungen“, beschreibt<br />

Frank Eickenberg die digitale <strong>Beschaffung</strong>slösung<br />

für alle.<br />

Die SEG wiederum kann durch die sparkassenweiten<br />

Bestellungen die Bedarfe<br />

der Finanzgruppe hervorragend bündeln,<br />

standardisieren und die Rahmenverträge<br />

optimal ausgestalten. Darüber hinaus lassen<br />

sich toolgesteuert die einzelnen Bestellungen<br />

so zusammenfassen, dass<br />

möglichst wenig Transporte anfallen.<br />

Wichtige Schnittstellen<br />

Dass sich die Vielzahl der Anforderungen<br />

und Bestellungen so gut in einer Plattform<br />

abbilden lassen, liegt auch an den<br />

zahlreichen Schnittstellen. So sind die<br />

Tankkartenabrechnung und das Mobilitätsportal<br />

inklusive Fuhrparkmanagement<br />

an das Bestellsystem angeschlossen. Gleiches<br />

gilt für die Aktionen rund um den<br />

Weltspartag. Die Präsentationen der neuen<br />

Designs sind über eine Schnittstelle direkt<br />

mit der Bestellmöglichkeit für die <strong>aktuell</strong>en<br />

Werbemittel verbunden.<br />

Automatisierte Bestellung<br />

und Bezahlung<br />

Das Einkaufsportal der Sparkassen-<br />

Einkaufsgesellschaft (SEG)<br />

• System: impact ordering von Veenion<br />

• angeschlossene Nutzer (Besteller): 50.000<br />

• Bestellungen pro Tag: 1250<br />

• angebundene Kataloge: 600<br />

• bestellbare Artikel: 1 Million<br />

• Warengruppen: Büromaterialien, Elektronik, Telekom -<br />

munikation, IT, Sparkassen-Formulare, Versicherungsund<br />

Sparkassen-Vordrucke, Broschüren, Werbemittel,<br />

Leasingverträge, Mietwagen, Filialausstattung<br />

tomatisierten Bestell- und Bezahlprozess.<br />

In Zukunft sollen die Sparkassen über die<br />

Plattform auch regionale Dienstleistungen<br />

wie Renovierungs-, Reinigungs- oder<br />

Gartenarbeiten anfragen, ausschreiben<br />

und beauftragen können. Frank Eickenberg<br />

kann sich zudem vorstellen, dass die<br />

Plattform, die für die öffentlich-rechtlichen<br />

Sparkassen so gut funktioniert, auch<br />

für Landkreise oder Kommunen interessant<br />

ist. „Wir können die Sparkassen-<br />

Plattform zu einem kommunalen Kaufhaus<br />

entwickeln, das Interesse bei einigen<br />

Landkreisen und Kommunen ist durchaus<br />

vorhanden“, erklärt der Einkaufsprofi.<br />

Erweiterungen geplant<br />

Der Content ist standardisiert, die Kataloge<br />

sind angebunden, die Bedarfe gebündelt.<br />

Die Einkaufskompetenz der SEG ließe<br />

sich damit für weitere Institutionen, Banken<br />

oder kommunale Einrichtungen nutzen.<br />

Auch eine Anbindung der Veenion-<br />

Schwester Deutsche eVergabe sei in diesem<br />

Zusammenhang denkbar, denkt Eickenberg<br />

über mögliche Erweiterungen<br />

nach. Sein positives Fazit lautet: „Durch<br />

die einerseits zentrale, andererseits individuelle<br />

Procurement-Plattform sowie<br />

unsere Logistik können wir zu optimalen<br />

Konditionen einkaufen und jederzeit die<br />

bedarfsgerechte Versorgung der Sparkassen<br />

sicherstellen.“ Gleichzeitig diene die<br />

anpassungs- und leistungsfähige E-Procurement-Lösung<br />

als Basis für die weitere<br />

Skalierung.<br />

Annette Mühlberger, Journalistin<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 31


» MANAGEMENT<br />

Mehr Transparenz in der Lieferkette<br />

Digitalisiertes Vertrauen per<br />

Blockchain<br />

Den flächendeckenden Durchbruch hat die Blockchain-Technologie noch nicht geschafft.<br />

Im Einkauf könnte es im Zuge der Lieferkettengesetze sinnvolle Einsatzmöglichkeiten geben,<br />

die datenschutzrechtlich unbedenklich sind.<br />

„Erwartungen noch nicht erfüllt“, so<br />

könnte man derzeit den Stand der Dinge<br />

in Sachen Blockchain beschreiben. Nach<br />

der ersten Euphorie hat sich eine gewisse<br />

Ernüchterung breitgemacht und man ist<br />

noch auf der Suche nach der einen, ultimativen<br />

Einsatzmöglichkeit für die „Datensatzkette“.<br />

Die Kette, die Datensätze<br />

(„Blocks“) mittels kryptographischer Verfahren<br />

miteinander verkettet, sollte<br />

Transaktionen und Bezahlvorgänge so<br />

schnell und sicher machen wie nie. Wo<br />

Papierkram, Formalien und unterschiedliche<br />

Systeme Prozesse verlangsamten,<br />

könnte die Blockchain den vollautomatischen<br />

Ablauf von Geschäften, Transporten<br />

und Warenverkehr über Grenzen und<br />

Bedenken hinweg ermöglichen.<br />

Grundsätzlich eröffnen Blockchain und<br />

die dahinter stehende Distributed-Ledger-Technologie<br />

die Möglichkeit, <strong>Beschaffung</strong>sprozesse<br />

zu automatisieren<br />

und transparenter<br />

zu gestalten.<br />

Doch momentan<br />

findet dies nur<br />

in Einzelfällen<br />

statt. „Sehr viele<br />

Unternehmen<br />

entwickeln <strong>aktuell</strong><br />

Use-Cases<br />

und setzen diese<br />

dann als Proofof-Concept,<br />

kurz<br />

POC, mit einigen<br />

ausgewählten Handelspartnern um“, erläutert<br />

Dr. Ulrich Franke, Berater bei Cassini<br />

Consulting in Düsseldorf. „Um jedoch<br />

das volle Potenzial der neuen Technologie<br />

zu nutzen, bedarf es des Aufbaus von<br />

»Um das volle Potenzial<br />

der neuen Technologie zu<br />

nutzen, bedarf es des<br />

Aufbaus von ganzen Eco-<br />

Systemen [...].«<br />

Dr. Ulrich Franke<br />

Dr. Ulrich Franke, Berater bei Cassini<br />

Consulting in Düsseldorf.<br />

ganzen Eco-Systemen, also eines Verbundes<br />

von Unternehmen, die durch einen<br />

Orchestrator auf eine gemeinsame Wertschöpfung<br />

ausgerichtet werden.“<br />

Wenn bei Handel, Transport und Verkehr<br />

jeder Schritt abgebildet sein soll, müssen<br />

sich möglichst viele Akteure beteiligen.<br />

„Es braucht ein<br />

digitales Betriebssystem,<br />

dem alle Beteiligten<br />

vertrauen“,<br />

schlussfolgert<br />

Blockchain-Experte<br />

Franke. Die Basistechnologie<br />

sei vorhanden,<br />

aber das Management<br />

in<br />

den Unternehmen habe noch nicht die organisatorischen<br />

und prozessualen Strukturen<br />

geschaffen. „Das wird die wesentliche<br />

strategische Aufgabe des Einkaufs in<br />

den nächsten Jahren sein“, so der Berater,<br />

Dr. Martin W. Viciano Gofferje,<br />

Rechtsanwalt und Digitalexperte im<br />

Berliner Büro der Kanzlei Gleiss Lutz.<br />

„denn hier liegen die großen Zeit-, Qualitäts-<br />

und Kostenpotenziale, die es vom<br />

Einkauf zu heben gilt.“<br />

Sorgfalt nachweisen<br />

Ausgerechnet die neue Lieferkettengesetzgebung<br />

auf deutscher und europäischer<br />

Ebene könnte der Blockchain beim<br />

Sourcing zum Durchbruch verhelfen. Das<br />

deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz<br />

(LkSG) tritt 2023 in Kraft, das –<br />

schärfere – europäische Pendant ist <strong>aktuell</strong><br />

in der Mache. Das LkSG verpflichtet<br />

Auftraggeber zu mehr Transparenz in der<br />

Lieferkette. Betroffene Unternehmen<br />

müssen entlang ihrer Supply Chain analysieren,<br />

wo ihre größten Risiken liegen, soziale<br />

und ökologische Mindeststandards<br />

zu verletzen, und entsprechende Gegenmaßnahmen<br />

treffen.<br />

Bei dem Nachweis der LkSG-Konformität<br />

könnte die „Blockkette“ helfen, weil sie<br />

mittels Distributed Ledger Technologie<br />

(DLT) alle Transaktionen und Vorgänge<br />

unveränderbar dokumentiert und dezen-<br />

32 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


So könnte die Blockchain eingesetzt werden<br />

Dr. Ulrich Franke gibt ein praktisches<br />

Beispiel, wie Blockchain<br />

und Smart Contract in einer<br />

B2B-Handelsbeziehung eingesetzt<br />

werden könnten:<br />

„Zwei Unternehmen einigen sich<br />

auf eine Transportfracht von<br />

800 Euro für einen Container<br />

von A nach B. Diese Vereinbarung<br />

wird als Smart Contract in<br />

die Blockchain geschrieben und<br />

kann nur geändert werden,<br />

wenn beide Handelspartner dem<br />

digital zustimmen. Außerdem<br />

schreiben die Vertragspartner<br />

weitere Leistungsparameter als<br />

tral speichert – es entsteht eine überprüfbare<br />

Historie aller Aktionen in der <strong>Beschaffung</strong>skette.<br />

„Die Blockchain-Technologie<br />

ermöglicht einen schnellen, vertrauensvollen<br />

Informationsaustausch,<br />

auch über Unternehmensgrenzen hinweg,<br />

also eine End-to-End-Wertschöpfungsnetzwerktransparenz“,<br />

sagt Experte Franke.<br />

„Sie bietet quasi digitalisiertes Vertrauen.“<br />

Das macht sich Seedtrace zunutze. Das<br />

Berliner Start-up will Nachhaltigkeit in<br />

Lieferketten etablieren, den Weg eines<br />

Produkts bis zu seinem Ursprung zeigen,<br />

Arbeitsbedingungen<br />

transparent<br />

machen.<br />

„Wir sind überzeugt,<br />

dass alle<br />

Akteure entlang<br />

der Lieferkette<br />

‚Wenn-dann-Bedingung‘ mit in<br />

den Smart Contract, z. B. der Lkw<br />

soll am nächsten Tag um 12 Uhr<br />

am Zielort sein, für jede Minute<br />

Verspätung wird als Malus 1 Euro<br />

abgezogen. Die Lieferung kommt<br />

am nächsten Tag am Empfangsort<br />

an, das GPS-Gerät sendet die<br />

Ankunftszeit 12:17 Uhr. Nun werden<br />

die im Smart Contract hinterlegten<br />

‚Wenn-dann-Bedingungen‘<br />

ausgelöst. Von der vereinbarten<br />

Fracht werden automatisch<br />

17 Euro Malus abgezogen<br />

und sofort die 783 Euro an den<br />

Frachtführer überwiesen.“<br />

»Der Smart Contract ist<br />

kein Vertrag im<br />

Rechtssinne , sondern<br />

eine technische<br />

Lösung [...].«<br />

RA Dr. Martin W. Viciano Gofferje<br />

von ihrer Arbeit<br />

profitieren können<br />

und sollten“,<br />

sagt CEO<br />

Katharina Elisa<br />

Davids. Zusammen<br />

mit zwei Partnern dokumentieren die<br />

Berliner den Waren- und Finanzfluss im<br />

ghanaischen Kakaohandel mittels einer<br />

öffentlichen Blockchain, die jede Transaktion<br />

irreversibel abbildet. Das Ziel: Überprüfbar<br />

zu machen, ob beim Farmer in<br />

Ghana auch tatsächlich ein fairer Lohn<br />

ankommt.<br />

Diese Offenlegung kann zu Kollisionen<br />

mit dem Datenschutz führen. Das Unternehmen<br />

versichert, alle Kakaobauern hätten<br />

der Verarbeitung und Weitergabe ihrer<br />

Daten zugestimmt und man behandle<br />

selbst anonymisierte Daten als personenbezogen<br />

und somit besonders sensibel.<br />

Wer „Blockchain“ sagt, der muss auch<br />

„Smart Contracts“ sagen. Die schlauen<br />

Verträge sollen selbst für ihren Vollzug<br />

sorgen und somit Vertragsstreitigkeiten<br />

minimieren.<br />

„Der Smart Contract<br />

ist kein<br />

Vertrag im<br />

Rechtssinne,<br />

sondern eine<br />

technische Lösung,<br />

mittels<br />

derer bestimmte<br />

Vertragsinhalte<br />

automatisiert<br />

ausgeführt und<br />

durchgesetzt<br />

werden“, erläutert Dr. Martin W. Viciano<br />

Gofferje, Rechtsanwalt und Digitalexperte<br />

im Berliner Büro der Kanzlei Gleiss<br />

Lutz. Diese programmierten „Wenndann“-Verknüpfungen<br />

lösen automatisch<br />

und unabdingbar Rechtsfolgen aus, ohne<br />

dass es einer separaten Überprüfung bedarf.<br />

„Entscheidend ist, dass sowohl das<br />

zu prüfende Ereignis als auch die auszuführende<br />

Aktion digital sind“, sagt Jurist<br />

Viciano Gofferje und ergänzt: „Zugleich<br />

muss es eine Verknüpfung mit der analogen<br />

Welt geben, damit der Smart Contract<br />

von realem Nutzen ist.“<br />

Zwar könnten solche Kontrakte etwa die<br />

Transaktionskosten bei <strong>Beschaffung</strong>sprozessen<br />

radikal senken (siehe Beispiel im<br />

Kasten). Doch ganz so einfach ist es nicht,<br />

denn die schlauen Verträge haben es in<br />

sich, zumindest juristisch gesehen. „Die<br />

beiden Ebenen – analoge Welt auf der einen<br />

Seite und digitale/technische Welt<br />

auf der anderen Seite – müssen aufeinander<br />

abgestimmt sein“, erklärt Viciano<br />

Gofferje. „In der analogen Welt sind viele<br />

vertragliche Fragen nicht binär, sondern<br />

erfordern eine normative Wertung im<br />

Einzelfall, die sich nicht immer ohne Weiteres<br />

technisch abbilden lässt.“<br />

Und weitere juristische Fragestellungen<br />

sind noch ungelöst: Wie verhält es sich<br />

bei den programmierten Verträgen mit<br />

Rücktritt, Anfechtung, Nichtigkeit? Wie<br />

schlägt sich der Einsatz von Smart Contracts<br />

in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

(AGB) nieder? Und – natürlich:<br />

Wie schützt man Daten, die auf einer<br />

Vielzahl von Rechnern gespeichert und<br />

abgerufen werden? Beim Start-up Seedtrace<br />

ist nachzulesen, die Blockchain-Integration<br />

bei den Kakaobauern stehe im<br />

Einklang mit dem ghanaischen Datenschutzgesetz.<br />

Möglicherweise weist die<br />

EU-Datenschutz-Grundverordnung aber<br />

höhere Hürden auf.<br />

Anja Falkenstein,<br />

Rechtsanwältin,<br />

Karlsruhe<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 33


TITEL » Zulieferung<br />

Bild: Igus<br />

Gleitlager aus Hochleistungskunststoffen bieten viele<br />

Vorteile, da sie nicht geschmiert werden müssen,<br />

korrosionsfrei und leichter als metallische Lösungen<br />

sind. Igus verspricht eine schnelle Lieferung, da<br />

12.000 Gleitlager ab Lager verfügbar sind.<br />

Wie Unternehmen von schmier- und wartungsfreier Gleitlagertechnik profitieren<br />

Kosten sparen mit<br />

Tribo-Polymeren<br />

Klein, manchmal auch groß, aber meist unscheinbar kommen<br />

Gleit lager in den unterschiedlichsten Bewegungen zum Einsatz.<br />

Gleichzeitig sind sie entscheidend für die Haltbarkeit und Lebens -<br />

dauer einer Maschine, da sie für leichtgängige Bewegungen sorgen.<br />

Von großer Bedeutung ist hierbei die Wahl des richtigen Werkstoffs.<br />

34 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Heutzutage gibt es viele Arten von Lagern. Diese<br />

unterteilen sich wiederum in Übergruppen;<br />

zum Beispiel Wälz- und Gleitlager. Wälzlager übertragen<br />

die auftretenden Kräfte zwischen den zueinander<br />

beweglichen Teilen mithilfe rollender Elemente,<br />

der Wälzkörper. Gleitlager werden aufgrund<br />

ihrer zylindrischen Form auch Buchsen genannt. Sie<br />

enthalten keine beweglichen Teile und benötigen nur<br />

wenig Bauraum. Gleitlager unterscheiden sich von<br />

Wälzlagern wesentlich durch das Prinzip der Bewegung:<br />

Es gibt keine sich abrollenden Wälzkörper im<br />

Inneren der Lager, stattdessen gleitet die Welle direkt<br />

im Innendurchmesser der Lager.<br />

Je nach Anwendung und Einsatzbereich werden unterschiedliche<br />

Anforderungen an das eingesetzte Lager<br />

gestellt. So ist es wichtig zu wissen, welche Rahmenbedingungen<br />

in den eigenen Anlagen oder Maschinen<br />

herrschen und diese Parameter als erstes zu<br />

bestimmen, um das optimale Lager zu finden. Denn<br />

bei den Lagerwerkstoffen gibt es Allrounder, die ausgeglichene<br />

Fähigkeiten in allen Bereichen haben.<br />

Und es gibt Spezialisten, die für spezielle Bereiche<br />

mit bestimmten Fähigkeiten ausgelegt und anderen<br />

Werkstoffen überlegen sind.<br />

Worauf es bei der Auswahl des<br />

Lagers ankommt<br />

Die unterschiedlichen Parameter, die es am Anfang<br />

der Suche nach der optimalen Lagerung zu bestimmen<br />

gilt, sind in erster Linie die Belastung, die Geschwindigkeit<br />

und die Bewegungsart. Also, ob es sich<br />

um eine Dreh-, Schwenk- oder Linearbewegung handelt.<br />

Weiterhin ist wichtig, ob Stöße oder Schläge im<br />

Arbeitsablauf vorkommen und ob die Lager mit<br />

Schmutz in Berührung kommen können. Ist dies der<br />

Fall, sind schmiermittelfreie Gleitlager aus Hochleistungskunststoffen<br />

immer im Vorteil, da an ihnen kein<br />

Sand, Staub oder Dreck haften bleiben kann und damit<br />

der Lauf der Gleitlager nicht behindert wird. Zudem<br />

sind weitere Umgebungsbedingungen in der Anlage<br />

oder der Maschine zu betrachten: Kommen die<br />

Lager mit Wasser in Berührung? Herrschen hohe oder<br />

niedrige Temperaturen oder gibt es Chemikalien, mit<br />

denen die Gleitlager zurechtkommen müssen?<br />

Nachdem auch diese Fragen beantwortet sind, gibt<br />

es eventuell noch besondere Zertifikate, die eingehalten<br />

werden müssen. So ist es beispielsweise in der<br />

Lebensmittelindustrie sehr wichtig, dass Werkstoffe<br />

entsprechend der EU-Richtlinie 10/2011 oder mit<br />

FDA-Konformität eingesetzt werden, um den Anforderungen<br />

dieser Branche zu entsprechen. Diese Regularien<br />

geben Gewähr für eine sichere Produktion<br />

oder ein sicheres Verpacken von Lebens- und Nahrungsmitteln.<br />

In dieser Branche ist es ebenfalls von<br />

Bedeutung, dass die Lagerstellen ohne externe<br />

Schmierung durch Öle oder Fette auskommen, da<br />

sonst die Gefahr besteht, dass Lebensmittel kontaminiert<br />

werden können.<br />

Aber auch in vielen anderen Branchen spielen tribologisch<br />

optimierte Kunststoffgleitlager von Igus, die<br />

ohne Schmierung und Wartung auskommen, ihre<br />

Vorteile aus – vom Unterwassereinsatz bis zu Hochlastanwendungen,<br />

von der Medizintechnik bis zur<br />

Automobilindustrie. Auch in Photovoltaik-Anlagen,<br />

der Agrar- und Offshore-Branche, der Fassadentechnik,<br />

oder in Hydraulikzylindern und Aktuatoren – in<br />

vielen Industriezweigen ersetzen maßgeschneiderte<br />

Werkstoffe von Igus seit Langem schon metallische<br />

Gleitlager. Einkäufer wie auch Ingenieure und Instandhalter<br />

profitieren von der Schmiermittel- und<br />

Korrosionsfreiheit sowie der Verschleißfestigkeit und<br />

den geringen Reibwerten der „motion plastics“, denn<br />

sie erhöhen die Standzeiten ihrer Maschinen und Anlagen<br />

und sind dabei um bis zu 40 Prozent kostengünstiger<br />

als metallische Lager.<br />

Das Gesamtpaket muss stimmen –<br />

und reibungslos funktionieren<br />

Denn nicht zuletzt entscheidet für den Einkäufer der<br />

Preis eines Produktes. So ist die Lösung die geeignetste,<br />

die am günstigsten ist und gleichzeitig gut<br />

funktioniert. Der Preis eines Gleitlagers ist jedoch<br />

nicht nur vom Werkstoff selbst abhängig – auch geht<br />

es darum, ob man auf ein großes Standard-Katalogprogramm<br />

zurückgreifen und ab Stückzahl eins bestellen<br />

kann. Doch egal wie groß die Menge ist, der<br />

Einkäufer muss sich darauf verlassen können, dass<br />

die Gleitlager passende Maße haben und den ge-<br />

Bild: Igus<br />

Kunststoffgleitlager brauchen keine externe<br />

Schmierung. So können keine Schmutzpartikel<br />

an ihnen haften bleiben.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 35


TITEL » Zulieferung<br />

wünschten Anforderungen entsprechen. Daher sollten<br />

zum einen 3D-CAD-Daten frei zum Download<br />

bereitstehen. Zum anderen muss nachvollziehbar<br />

sein, welche Lösung die geeignetste für die jeweilige<br />

Anwendung ist. So sollte im Optimalfall – per Lebensdauerberechnung<br />

und Produktfinder, wie Igus es<br />

online anbietet – der Anwender selbst ermitteln können,<br />

welche Lösung geeignet ist. Ein weiterer Preisvorteil<br />

kann sich aus dem Material des Gegenlaufpartners<br />

ergeben: Mit welcher Welle erzielen die Lager<br />

welche Lebensdauer? Sind sogenannte „weiche“<br />

Wellen wie Aluminium, ungehärteter Stahl oder sogar<br />

Kunststoff einsetzbar? Hier steckt weiteres Einsparpotenzial<br />

durch den Einsatz von Kunststoffgleitlagern.<br />

Bei all diesen Vorteilen müssen sich Anwender<br />

immer darauf verlassen können, dass die Produkte<br />

vom Hersteller zuvor eingehend getestet worden<br />

sind und diese Testergebnisse auch verlässlich sind,<br />

um später unnötige und kostenintensive Maschinenstillstände<br />

und Ausfälle verhindern zu können.<br />

Daher betreibt Igus auf 3.800 Quadratmetern in<br />

Köln ein eigenes Testlabor. Linear, rotierend,<br />

schwenkend und walkend sowie in Kombination<br />

werden dort die schmier- und wartungsfreien Tribo-<br />

Gleitlager in rund 11.000 Tests pro Jahr auf ihre tribologische<br />

Qualität geprüft. Die Lagertechnik des<br />

Kunststoffspezialisten wie Gleitlager, aber auch Linear-,<br />

Kugel- oder Gelenklager kommen in den verschiedensten<br />

Branchen zum Einsatz und müssen in<br />

entsprechenden Umgebungen ihre Lebensdauer unter<br />

Beweis stellen. Jahr für Jahr füllen sich so die<br />

Testdatenbanken des Labors mit Forschungsdaten,<br />

aus denen auch neue Werkstoffe entstehen. Die Ergebnisse<br />

fließen schließlich in die 58 Online-Tools,<br />

die den Kunden kostenfrei und ohne Registrierung<br />

im Internet zur Verfügung stehen.<br />

Individuelle Teile schnell im<br />

3D-Druck fertigen<br />

Das optimale Gleitlager nützt dem Einkäufer eines<br />

Unternehmens allerdings nichts, wenn es nicht lieferbar<br />

ist. Daher sind kurze Lieferzeiten sowie eine<br />

schnelle und kostenlose Bemusterung unabdingbar,<br />

um mit der Konzeption der Maschinen beginnen zu<br />

können oder auch einen reibungslosen Arbeitsablauf<br />

bestehender Produktionen gewährleisten zu können.<br />

Um stets schnell reagieren zu können, sind bei Igus<br />

12.000 Gleitlager ab Lager verfügbar – in Standardabmessung<br />

oder im Bedarfsfall als maßgeschneiderte<br />

Individuallösungen. Kunststoffspritzguss in Verbindung<br />

mit mechanischer Bearbeitung von Halbzeugen<br />

gleichen Materials und der 3D-Druck ermöglichen<br />

neben dem Katalogprogramm einen kostenoptimierten<br />

„Plan B“ von Stückzahl 1 bis hin zu Großserien.<br />

Gerade der 3D-Druck bietet hier ganz neue Möglichkeiten:<br />

So lassen sich kundenindividuelle Teile aus<br />

Iglidur Tribo-Filamenten, über das selektive Lasersintern<br />

und im DLP-3D-Druck in kurzer Zeit fertigen. Für<br />

die Materialwahl aus über 50 Iglidur Standard-<br />

Hochleistungskunststoffen besteht bei Igus zudem<br />

die Möglichkeit, 3D-gedruckte Spritzgusswerkzeuge<br />

herzustellen. All das zeigt einen entscheidenden Vorteil<br />

für Gleitlager aus Kunststoff: Mit vergleichsweise<br />

geringem Aufwand lassen sich auch komplexe Formen<br />

schnell und günstig realisieren.<br />

Stefan Loockmann-Rittich, Leiter Geschäfts -<br />

bereich Iglidur Gleitlager, Igus GmbH<br />

Anwender sollten sich immer darauf verlassen können, dass die Produkte<br />

vom Hersteller zuvor eingehend getestet worden sind und die Testergebnisse<br />

auch verlässlich sind.<br />

Bild: Igus<br />

Igus bietet online 58 Tools – z. B. Konfiguratoren, Lebensdauerrechner und<br />

Produktfinder – an, die kostenfrei und ohne Registrierung zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Bild: Igus<br />

36 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


ZULIEFERUNG «<br />

Industrielle Automatisierung macht weiteren Sprung<br />

Freiheit und Offenheit für alle<br />

Die Transformation in der industriellen Automatisierung ist in vollem Gange. Forderungen<br />

nach Einfachheit und Flexibilität auf technischer Seite sowie Unabhängigkeit von globalen<br />

Lieferketten steigen deutlich. Die Automatisierung wird daher noch offener und von<br />

zunehmender Zusammenarbeit zwischen allen Marktakteuren geprägt.<br />

Steffen Winkler, Vertriebsleiter der Business Unit Automation & Electrification Solutions<br />

bei Bosch Rexroth<br />

Der Paradigmenwechsel in der industriellen<br />

Automatisierung – weg von<br />

starren, proprietären Systemen hin zu offenen,<br />

flexiblen Lösungen – ist eingeläutet.<br />

Jedoch werden erst in diesem Jahr<br />

viele Veränderungen im Markt deutlich<br />

spürbar und sichtbar. Das sagt Steffen<br />

Winkler, Vertriebsleitung Business Unit<br />

Automation & Electrification Solutions<br />

bei Bosch Rexroth. „Der Bedarf nach alternativen<br />

Lösungen und offenen Standards<br />

wächst immens, um die Abhängigkeit<br />

von einzelnen Anbietern zu reduzieren.<br />

Gleichzeitig ist zunehmende Offenheit<br />

auf Seiten aller Beteiligten gefragt,<br />

um in Co-Creation die besten Entwicklungen<br />

zu erzielen.“ Demnach bedarf es<br />

eines offenen Automatisierungsbaukastens,<br />

dessen Lösungsraum durch ein möglichst<br />

großes Ökosystem aus Drittanbietern<br />

erweitert wird. Anwendende können<br />

sich ihre Automatisierungslösung nach<br />

Bedarf zusammenstellen, aber auch ihre<br />

eigene Software entwickeln.<br />

„Für die Software-Entwicklung ist vor allem<br />

eines wichtig: Sie muss mit allen<br />

gängigen Programmiersprachen und<br />

-tools möglich sein und darf nicht mehr<br />

von proprietären Systemen einzelner Anbieter<br />

abhängig sein. Nur so kann die<br />

nächste Generation von Entwickelnden<br />

für die Industrie gewonnen und die Abhängigkeit<br />

von einzelnen Automatisierungsanbietern<br />

– insbesondere in puncto<br />

Software – reduziert werden“, so Winkler.<br />

Schnelle Entwicklung<br />

Bild: Bosch Rexroth<br />

Industrielle Automatisierungslösungen<br />

werden zunehmend durch Software-Entwicklung<br />

bestimmt. In diesem Zusammenhang<br />

ist es erforderlich, noch einfacher<br />

und schneller an Lösungen zu gelangen.<br />

Der Trend geht daher in Richtung<br />

Low-Code-/No-Code-Plattformen. Über<br />

diese können Personen, die über wenige<br />

bis gar keine Programmierkenntnisse verfügen,<br />

Software generieren. Die Entwicklung<br />

einfacher Anwendungen soll dadurch<br />

bis zu fünfmal schneller sein und<br />

einen fehlerfreien Code liefern.<br />

Auch das Engineering unterliegt einem<br />

Wandel, da Engineering-Aufgaben immer<br />

häufiger webbasiert ausgeführt werden.<br />

Die umfangreichen Installationen von<br />

Softwarelösungen und deren Wartung ist<br />

heute kaum mehr zu leisten. Deshalb erfolgen<br />

bei Automatisierungssystemen wie<br />

ctrlX Automation von Bosch Rexroth laut<br />

Winkler etwa 70 Prozent aller Engineering-Tätigkeiten<br />

webbasiert – 100 Prozent<br />

ist das Ziel.<br />

Unabhängig von globalen<br />

Lieferketten<br />

Neben der zunehmend geforderten Einfachheit<br />

und neuen Freiheitsgraden auf<br />

technologischer Seite zeichnet sich <strong>aktuell</strong><br />

auch ein verstärkter Wunsch nach Unabhängigkeit<br />

von Anbietern auf globaler<br />

Ebene ab. „Durch die Coronapandemie<br />

und die schwierige <strong>Beschaffung</strong>slage<br />

wurden die Schwachstellen der Globalisierung<br />

deutlich aufgezeigt. So sehen wir<br />

im Jahr 2022 einen noch größeren Trend<br />

zum Loslösen von einzelnen Lieferanten.<br />

Vermehrt werden Re-Shoring-Projekte<br />

verfolgt und wieder Multi-Sourcing-Strategien<br />

umgesetzt – oft gezwungenermaßen,<br />

da einige Anbieter bereits lieferunfähig<br />

geworden sind“, erklärt Winkler. „Jetzt<br />

zeigt sich besonders, wie wichtig ein offenes<br />

Automatisierungssystem ist, das auf<br />

allen Ebenen Drittanbieter zulässt und<br />

somit sogar kurzfristig dringend notwendige<br />

Alternativen eröffnet.“ (ys)<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 37


» ZULIEFERUNG<br />

Fernwartung und Kommunikation<br />

Vernetzung industrieller Geräte und Anlagen<br />

RS Components und HMS Networks, Spezialist<br />

für die industrielle Informationsund<br />

Kommunikationstechnik, haben eine<br />

Partnerschaft vereinbart. Dadurch erweitert<br />

der Händler für Elektronik und Automation<br />

sein Angebot um drei Marken. Die<br />

Anybus-Gateways ermöglichen Automatisierungsgeräten,<br />

unabhängig von Feldbus<br />

oder Industrial Ethernet, miteinander<br />

zu kommunizieren. Auch kabellose Datenübertragungen<br />

sind realisierbar. Mit<br />

den Fernwartungslösungen von Ewon<br />

kann eine sichere Verbindung zur SPS<br />

hergestellt werden. Damit wird es sowohl<br />

Maschinenbauern als auch Anwendern<br />

möglich, jederzeit auf Maschinen und Anlagen<br />

zuzugreifen, um sie zu konfigurieren<br />

und zu verwalten. Unter dem Markennamen<br />

Ixxat bietet HMS sein Portfolio an<br />

CAN-/CAN FD-Produkten wie PC-Interfaces,<br />

Repeater, Bridges, Gateways und<br />

SPS-Erweiterungen an. Insbesondere für<br />

die Verbindung eines PCs an CAN-basierte<br />

Netzwerke für Steuerungsanwendungen,<br />

Diagnose oder Konfiguration gibt es<br />

verschiedene Lösungen. (ys)<br />

RS Components baut sein Angebot im Bereich<br />

Fabrikautomation und Digitalisierung aus.<br />

Bild: RS Components<br />

Kompakte Bauweise und hohe Belastbarkeit<br />

Drei Kupplungen für mehr Flexibilität<br />

Die neuen Kupplungen N-Eupex ERN mit Drehmomentbegrenzer (r.),<br />

N-Eupex B mit Spannelement (l.) und N-Eupex DKS mit kurzem<br />

doppelkardanischem Design.<br />

Bild: Flender<br />

Der Getriebehersteller Flender<br />

stellt drei neue Bauarten seiner<br />

elastischen Kupplungsbaureihe<br />

N-Eupex vor. Mit der<br />

Kupplungsvariante N-Eupex<br />

ERN können Anwender ein<br />

maximales Drehmoment festlegen,<br />

sodass kritische Drehmomente<br />

für Motor und Antriebsmaschine<br />

nicht übertragen<br />

werden. Die N-Eupex B<br />

plus Spannelement soll reibschlüssige<br />

Klemmverbindungen<br />

gewährleisten. Hierbei<br />

wird das glatte, zylindrische<br />

Maschinenwellenende über<br />

eine Klemmverbindung passfederlos<br />

mit der Kupplungsnabe<br />

verbunden. Darüber hinaus<br />

wird die N-Eupex DKS, eine<br />

doppelkardanische Kupplung<br />

als Short-Version, in den Baukasten<br />

aufgenommen. Die verkürzte<br />

Gesamtlänge bietet<br />

laut dem Unternehmen ein<br />

geringes Abstandsmaß der<br />

Wellen ohne Verlust der Vorteile<br />

einer doppelkardanischen<br />

Kupplungsverbindung. Als Ergänzung<br />

zu den bisher eingesetzten<br />

Gummielementen aus<br />

NBR werden von Flender nun<br />

auch Elastomere aus thermoplastischem<br />

Polyurethan (TPU)<br />

für Nockenkupplungen angeboten.<br />

(ys)<br />

Explosionsgeschützte Wälzkolbenpumpe<br />

Hermetisch dicht<br />

Die Wälzkolbenpumpen der<br />

Oktaline von Pfeiffer Vacuum<br />

eignen sich für Prozesse in explosionsgefährdeter<br />

Umgebung<br />

oder dem Evakuieren explosionsfähiger<br />

Gase. Gemäß<br />

Atex-Richtlinie (2014/34/EU1<br />

bzw. 1999/92/EG) und Druckstoßfestigkeit<br />

nach PN 16 erfüllen<br />

sie die höchsten Anforderungen<br />

an den Explosionsschutz.<br />

Eine Zonenverschleppung<br />

explosionsfähiger Gase<br />

wird dadurch ausgeschlossen,<br />

so das Unternehmen. Die Anwendungsbereiche<br />

erstrecken<br />

sich von der Chemie, Biotechnologie<br />

und Pharmaindustrie<br />

bis hin zu industriellen Applikationen<br />

wie bspw. Vakuum -<br />

öfen oder Wärmebehandlung.<br />

Die Wälzkolbenpumpen können<br />

in Umgebungstemperaturen<br />

von –20 °C bis +40 °C<br />

genutzt werden.<br />

Durch die Erweiterung der<br />

Baureihe reicht das Saugvermögen<br />

von 280 bis 8100 m 3 /h.<br />

Dank der Magnetkupplung<br />

sind die Wälzkolbenpumpen<br />

hermetisch dicht und erzielen<br />

laut Pfeiffer niedrige Leckraten.<br />

Im Vergleich zu Pumpen<br />

mit Wellendichtringen soll die<br />

Kupplung der Oktaline für bis<br />

zu 20 Prozent geringere<br />

Betriebsk osten und deutlich<br />

reduzierte Wartungskosten<br />

sorgen. (ys)<br />

Pfeiffer Vacuum erweitert die Baureihe seiner explosionsgeschützten<br />

Wälzkolben pumpen.<br />

Bild: Pfeiffer<br />

38 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Steuerung und Sensorik integriert<br />

Intelligente Produkte für Linearbewegungen<br />

Um in einer digitalen Fertigung ihr volles<br />

Potenzial abrufen zu können, benötigt Lineartechnik<br />

oft externe Steuerungen und<br />

Sensoren. Diese werden oft von unterschiedlichen<br />

Anbietern bezogen, was zu<br />

Problemen bei Kompatibilität, Funktionalität<br />

und Wartung führen kann. Bei der<br />

neuen Generation an SmartX-<br />

Lineartechnikprodukten von Ewellix ist<br />

das nicht mehr notwendig, so der Hersteller.<br />

Alle erforderlichen digitalen Steuerungs-,<br />

Sensor- und Kommunikationstechnologien<br />

sind demnach bereits integriert.<br />

Die Lineartechnikkomponenten verfügen<br />

über einen redundant ausgelegten Twin-<br />

Bild: Ewellix<br />

Der CAHB-2XS-Aktuator eignet sich<br />

auch für beengte Einbausituationen.<br />

CPU-Controller mit integrierter Software,<br />

Elektronik sowie internen und externen<br />

Busanschlüssen. Damit kann sie<br />

der Anwender einfach programmieren<br />

und integrieren<br />

oder die Parameter später<br />

ändern. Außerdem lassen<br />

sich Sicherheits-, Mess- und<br />

Steuerfunktionen einfügen. SmartX ermöglicht<br />

darüber hinaus die Integration<br />

verschiedener Sensoren. So wird Ewellix<br />

beispielsweise die ersten Produkte mit internen<br />

digitalen Positionssensoren ausstatten<br />

– was eine Neukalibrierung überflüssig<br />

machen soll. Weitere Sensor- und<br />

Software-Optionen können dazu beitragen,<br />

die Sicherheit zu verbessern. Bislang<br />

sind drei Produkte der Linie verfügbar:<br />

Der smarte CAHB-2xS-Aktuator sowie die<br />

aktualisierten Versionen des Liftkit und<br />

des Slidekit. Diese sollen Robotik- und<br />

Automatisierungssystemen mehr Bewegungsfreiheit<br />

verleihen. (ys)<br />

Panel-PCs mit geringer Verlustleistung<br />

Energieeffiziente Bedieneinheiten<br />

Bild: Rose<br />

Das Herzstück der Eco-Line-Panel-PCs<br />

von Rose Systemtechnik ist ein Intel-Celeron-N4200-Prozessor<br />

mit einer Verlustleistung<br />

von nur 6 Watt. Zum niedrigen<br />

Energieverbrauch trägt zudem die LED-<br />

Hintergrundbeleuchtung bei. Ist mehr Re-<br />

Rose bietet für die Eco-Line-<br />

Baureihe verschiedene Extras<br />

an. Dazu gehören unter<br />

anderem RFID-Reader und<br />

Touch-Eingabestifte.<br />

chenleistung gewünscht, kann die Eco-Line<br />

auch mit einem Intel-Core i5–8365UE<br />

ausgerüstet werden. Die Panel-PCs sind<br />

mit einer Gehäusetiefe von 33 mm äußesrt<br />

kompakt. Die Eco-Line ist als Panel-<br />

PC mit einer Bildschirmdiagonalen von<br />

15,6 Zoll lieferbar. Es besteht aus einem<br />

Multitouch-Glas, das sich auch mit Handschuhen<br />

bedienen lässt. Die Eco-Line-<br />

Panel-PCs bieten Speicherkapazitäten<br />

von 64 bis 480 GB. Das Gehäuse der PCs<br />

ist pulverbeschichtet und mit einer verschraubten<br />

Rückwand ausgestattet. (ys)<br />

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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 39


» FERTIGUNGSTECHNIK<br />

Gespräch mit Fertigungsplattform, Produzent und Anwender<br />

„Was wir uns nicht leisten können,<br />

sind schwarze Schafe im Netzwerk“<br />

Laserhub bringt auf seiner gleichnamigen Fertigungsplattform Einkäuferinnen und<br />

Einkäufer mit Produktionsunternehmen zusammen. Wie sehen die Prozesse innerhalb<br />

des Portals aus und was sind die Vor- und Nachteile? Ein Gespräch mit allen drei<br />

Parteien – den Plattform-Experten Christoph Rößner, Nicoletta Caporaletti und Anton<br />

Tsuji von Laserhub, dem Anwender Torge Andresen vom Sondermaschinenbauer<br />

Anthon sowie Tristan Frerichs vom Lohnfertiger Baumgarten – bot spannende Einblicke.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wie stark sind<br />

bzw. waren Anthon und Baumgarten<br />

von den Engpässen während der Pandemie<br />

betroffen?<br />

Torge Andresen: Die Situation auf<br />

den <strong>Beschaffung</strong>smärkten wurde für Anthon<br />

im vergangenen Jahr äußerst<br />

schwierig. Das ist mitunter ein Grund,<br />

weshalb die Zusammenarbeit mit Laserhub<br />

zustande gekommen ist. Zum einen<br />

war die Belieferung mit Material problematisch.<br />

Hinzu kam, dass wir in der Konstruktion<br />

viel geändert haben, sodass<br />

mehr Blechteile benötigt wurden. Das hat<br />

sich gebissen: Kein Material auf dem<br />

Markt aber mehr benötigte Teile. Mit La-<br />

serhub wurde das wesentlich einfacher.<br />

Bisher hatten wir bei der <strong>Beschaffung</strong><br />

über die Plattform keine Probleme.<br />

Tristan Frerichs: Aus Produzentensicht<br />

kann ich den Schritt nachvollziehen.<br />

Auch wir bei Baumgarten merken, dass<br />

viel Bewegung im Markt ist. Das heißt,<br />

Rund 100 Produzenten wurden von der Fertigungsplattform sorgfältig ausgewählt und auditiert. Das soll Liefertreue und Qualität sicherstellen.<br />

Bild: Laserhub<br />

40 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Lagerbestände, die vor zwei Jahren noch<br />

verboten waren, sind heute erwünscht.<br />

Christoph Rößner: Und jetzt ist, ausgelöst<br />

durch den Krieg in der Ukraine,<br />

noch einmal mehr Dynamik in die Lage<br />

gekommen, die vielen Unternehmen die<br />

verlässliche <strong>Beschaffung</strong> von Teilen erschwert.<br />

Wie kann die Plattform Laserhub hier<br />

helfen?<br />

Rößner: Laserhub übernimmt zwei Themen.<br />

Zum einen das Anfrage- und Bestellwesen:<br />

Anwender laden ihre CAD-<br />

Zeichnungen hoch, wir prüfen die Bauteile<br />

auf Produzierbarkeit und geben basierend<br />

auf den Parametern sofort einen<br />

Preis aus. Innerhalb von wenigen Schritten<br />

haben unsere Kunden einen verbindlichen<br />

Liefertermin und können direkt online<br />

bestellen. Wir kalkulieren an dieser<br />

Stelle unabhängig vom Produzenten:<br />

Bauteil X darf Summe Y kosten, weil wir<br />

die Produktion entsprechend analysieren.<br />

Das passiert auf Simulationsbasis und mit<br />

immer mehr künstlicher Intelligenz. Im<br />

Anschluss, das ist das zweite Thema, suchen<br />

wir für das Bauteil aus unserem Lieferanten-Pool<br />

den am besten geeigneten<br />

Produzenten heraus. Das ist ein zweiter<br />

Algorithmus, der teils schon während der<br />

Kalkulation greift. Dabei prüfen wir, wie<br />

viele Lieferanten mit dem Material und<br />

dem Liefertermin zur Verfügung stehen.<br />

Und wer bekommt den Zuschlag?<br />

Rößner: Das Matching findet statt,<br />

nachdem der Auftrag erteilt wurde. Hier<br />

greifen verschiedene Ausschlusskriterien:<br />

Kann der Lieferant diese Lieferzeiten einhalten?<br />

Hat er das Material auf Lager<br />

oder kann er es in der Zeit beschaffen?<br />

Auch die regionale Nähe und weitere Faktoren<br />

wie Reklamationsquote und Liefertermintreue<br />

nehmen Einfluss. Darauf basierend<br />

wird der passende Lieferant dem<br />

Auftrag zugewiesen. Dieser hat ein bestimmtes<br />

Zeitfenster, um den Auftrag anzunehmen.<br />

Macht er das, kann der Auftrag<br />

digital übernommen werden. Wenn<br />

nicht, kaskadiert das System weiter zum<br />

nächsten geeigneten Lieferanten. Wir<br />

stellen den Preis in beide Richtungen –<br />

Kunde und Produzent. Bei letzterem kaufen<br />

wir auf Zielkosten ein.<br />

Das heißt, Laserhub kauft die Teile von<br />

den Produzenten und verkauft sie an die<br />

Plattformnutzer?<br />

Rößner: Korrekt. Wir sind Vertragspartner<br />

des Kunden und des Lieferanten. In<br />

Richtung Kunde stehen wir entsprechend<br />

für Produkt- und Prozessqualität ein und<br />

in Richtung Lieferant, dass er pünktlich<br />

sein Geld überwiesen bekommt.<br />

Herr Andresen, wie sieht der Workflow<br />

auf Ihrer Seite aus? Wie tätigen Sie Bestellungen<br />

bei Laserhub?<br />

Andresen: In unserer Arbeitsvorbereitung<br />

wird festgelegt, welche Bauteile beschafft<br />

werden müssen. Deshalb ist sie in<br />

diesem Fall auch für den Einkauf zuständig.<br />

Da ist der direkte Austausch mit den<br />

Lieferanten gewünscht. Das ist unüblich,<br />

aber wir haben in der Arbeitsvorbereitung<br />

das technische Verständnis für die Teile<br />

und wissen, wie sie gefertigt werden<br />

müssen. Wir laden die Datei in das Portal<br />

Die drei Unternehmen<br />

Die Laserhub GmbH ist ein B2B-Start-up aus Stuttgart, das<br />

eine herstellerübergreifende <strong>Beschaffung</strong>splattform für<br />

individuelle Metallteile entwickelt hat. Die Plattform deckt<br />

dabei Aufträge für die Bereiche Laserschneiden, Biegen,<br />

Rohrlaserschneiden, Schweißen und CNC-Drehen ab und beliefert<br />

Kunden aus Deutschland, Österreich und Frankreich.<br />

Die Anthon GmbH ist ein mittelständischer Maschinenbauer<br />

mit Sitz in Flensburg. Das Unternehmen arbeitet mit<br />

verschiedenen Industriezweigen, darunter die Plattenherstellung,<br />

die Möbel- und die Holzwerkstoffindustrie ebenso<br />

wie die Baustoffindustrie. Neben einzelnen Maschinen<br />

verantwortet Anthon auch komplette Fertigungsstraßen<br />

inklusive Softwarelösung.<br />

Baumgarten GmbH & Co. KG ist ein 1907 gegründetes mittelständisches<br />

Maschinenbau- und Metallbearbeitungs -<br />

unternehmen. Mithilfe einer hohen Fertigungstiefe und der<br />

50 Mitarbeiter werden alle Maschinen/Blechteile am Sitz in<br />

Porta Westfalica hergestellt. Das Familienunternehmen<br />

verfügt über ein vielfältiges Portfolio aus nationalen und<br />

internationalen Kunden.<br />

und bekommen sofort Preis und Liefertermin.<br />

Vielleicht hätten wir es woanders zu<br />

einem anderen Preis bekommen. Aber die<br />

Zeit, die wir dadurch einsparen, ist in dem<br />

Moment wesentlich wertvoller. Der Workflow<br />

ist für uns abgeschlossen, wenn ich<br />

auf Bestellen klicke. Etwa vier Wochen<br />

später haben wir die Teile auf dem Hof.<br />

Herr Frerichs, wie stellt sich der Prozess<br />

bei Ihnen dar?<br />

Frerichs: Wir bekommen einen Auftrag<br />

per Mail zur Prüfung zugewiesen. Dann<br />

können wir entscheiden, ob wir diesen zu<br />

den genannten Konditionen und Fertigungsparametern<br />

fertigen können. Die Daten<br />

schauen wir uns davor an, um bei großen<br />

Aufträgen entsprechend zu kalkulieren.<br />

Generell versuchen wir den Aufwand aber<br />

möglichst gering zu halten. Wir erhalten<br />

gut aufbereitete Zeichnungen und müssen<br />

nicht extra mit der Arbeitsvorbereitung des<br />

Kunden telefonieren. Die Daten werden<br />

über einen XML-Import direkt von der<br />

Plattform gezogen und der Auftrag wird<br />

automatisch bei uns im ERP-System ange-<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 41


» FERTIGUNGSTECHNIK<br />

Christoph Rößner ist Geschäftsführer und Co-Gründer der Laserhub GmbH.<br />

Bild: Laserhub<br />

Tristan Frerichs ist Geschäftsführer der Baumgarten Gmbh & Co. KG.<br />

Bild: Baumgarten<br />

legt, mit allen Positionen und Preisen. Das<br />

bedeutet, die Kollegen müssen nur Biegeteile<br />

und Bauteile mit manuellen Arbeiten<br />

aufbereiten. Bei einfachen Laserteilen machen<br />

wir nichts mehr. Die Durchlaufzeit ist<br />

im Vergleich zu normalen Aufträgen deutlich<br />

geringer und<br />

entsprechend effizienter.<br />

Zwar ist das<br />

Plattformgeschäft,<br />

bezogen auf die<br />

Marge, nicht mit<br />

klassischen Aufträgen<br />

vergleichbar.<br />

Aber Vertriebs- und<br />

Arbeitsvorbereitungskosten sind dort mit<br />

erheblich weniger Anteil zu sehen. Wenn<br />

wir das Teil produziert haben, melden wir<br />

es im Portal als fertig und Laserhub organsiert<br />

den Transport.<br />

»Wir laden die Datei<br />

in das Portal und<br />

bekommen sofort Preis<br />

und Liefertermin.«<br />

Torge Andresen, Anthon<br />

gen entspricht und bestenfalls sogar einen<br />

entsprechenden Marktstandard vorgibt.<br />

Im Moment ist es so, dass sich interessierte<br />

Betriebe bei uns bewerben oder uns auf<br />

Messen ansprechen. Bewerber durchlaufen<br />

einen strukturierten Bewerbungsprozess<br />

mit unterschiedlichen<br />

Filter-<br />

Stufen der in einer<br />

Art Nutzwertanalyse<br />

mündet und ein<br />

erfolgversprechendes<br />

Netzwerk-<br />

Match zielgerichtet<br />

identifiziert. Sehr<br />

kleine Betriebe haben ein erhöhtes Ausfallrisiko.<br />

Deshalb streuen wir Risiken, indem<br />

wir direkt in gewisse Betriebsgrößen<br />

gehen, die eine entsprechende Maschinenkapazität<br />

zur Verfügung stellen können.<br />

Wir brauchen Wegbegleiter, welche<br />

die Entwicklung und Vision von Laserhub<br />

mittragen. Dafür sind auf beiden Seiten<br />

immer wieder Prozessveränderungen notwendig.<br />

Dieses Mindset fordern wir konsequent<br />

ein. Was wir uns nicht leisten<br />

können, sind einzelne schwarze Schafe im<br />

Netzwerk. Schließlich wollen wir dem<br />

Kunden einen Grund geben, seine Produzentenbasis<br />

durch eine Plattform zu ersetzen<br />

oder ergänzen.<br />

Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit,<br />

Herr Frerichs?<br />

Frerichs: Wir haben die Zusammenarbeit<br />

mit Laserhub vor drei Jahren begonnen<br />

und sind quasi von Anfang an dabei<br />

Frau Caporaletti, wie findet Laserhub<br />

die richtigen Lieferanten?<br />

Nicoletta Caporaletti: Wie sagt man<br />

so schön, jedes Unternehmen bekommt<br />

die Lieferanten, die es verdient. Am Ende<br />

des Tages steht Laserhub für ein Kennzahlen-orientiertes,<br />

ganzheitliches Lieferantenmanagement,<br />

als Basis für eine langfristig<br />

orientierte Zusammenarbeit mit<br />

dem Ziel gemeinsamer, schlanker Prozesse.<br />

Wenn Herr Andresen auf Senden klickt,<br />

hat er die Erwartung, dass Laserhub seinen<br />

Job richtig macht. Dafür bezahlt er.<br />

Wir müssen also sicherstellen, dass die<br />

Grundqualität und Lieferperformance in<br />

unserem Netzwerk den Kundenerwartungewesen.<br />

Die digitalen Schritte, die wir im<br />

Zuge dessen umgesetzt haben, konnten<br />

wir auch für die Weiterentwicklung unseres<br />

eigenen Geschäftsmodells nutzen. Bedeutet:<br />

Hätten wir diesen Impact nicht<br />

gehabt, ständen wir jetzt nicht da, wo wir<br />

heute sind. Diese Entwicklung hat uns im<br />

Positiven dazu gezwungen, uns immer<br />

wieder zu hinterfragen.<br />

Wie viele Bewerbungen möglicher Produzenten<br />

bekommt Laserhub?<br />

Caporaletti: Wir sind in der glücklichen<br />

Situation, dass wir nahezu unseren kompletten<br />

Zulauf über selbstmotivierte Bewerbungen<br />

lösen können. Aktiv nach Lieferanten<br />

suchen wir selten. Falls doch,<br />

suchen wir nach speziellen Fähigkeiten,<br />

bestimmten Zertifizierungsszenarien oder<br />

konkreten Fertigerprofilen wie beispielsweise<br />

eine weiße Fertigung. Es gibt immer<br />

Betriebe, die man gerne zusätzlich in seinem<br />

Netzwerk hätte. Was wir nicht machen,<br />

ist das inflationäre Listen Hunderter<br />

Produzenten. So können wir konkret auf<br />

Basis des Forecasts in die Jahreszielgespräche<br />

gehen und wissen, was wir voneinander<br />

erwarten. Das ist aber nur sichergestellt,<br />

wenn wir die jeweiligen Kuchenstücke<br />

pro Lieferant nicht auf ein Minimum<br />

runterrechnen, sondern ihm die<br />

Möglichkeit geben, im Netzwerk zu<br />

wachsen und die eigene Produktion und<br />

Umsatzplanung darauf auszurichten.<br />

Und wie viele Kuchenstücke sind es <strong>aktuell</strong><br />

im Netzwerk?<br />

42 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Caporaletti: Auf alle Länder und Produktgruppen<br />

verteilt, arbeiten wir derzeit<br />

mit etwa einhundert Lieferanten im Netzwerk<br />

zusammen. Wenn ein Produzent bei<br />

uns für Blechteile aktiv ist, und es bietet<br />

sich an, andere Produktbereiche zusätzlich<br />

über dieses Haus abzudecken, ist dies<br />

– bei passenden KPIs – immer unsere erste<br />

Wahl. Ziel ist Produktgruppen bei den<br />

Lieferanten zu bündeln und damit A-Kunde<br />

zu sein.<br />

Gibt es verschiedene Preismodelle, die<br />

Laserhub anbietet?<br />

Caporaletti: Wir haben unterschiedliche<br />

Orderprofile. Es gibt die Einzelorder<br />

sowie hoffentlich bald wieder die Möglichkeit,<br />

Rahmenverträge anzufragen, sobald<br />

sich die Lage am Markt wieder etwas<br />

beruhigt. Aber es gibt keine unterschiedlichen<br />

Preismodelle. Dasselbe gilt für die<br />

Lieferanten.<br />

Herr Andresen, welche Art von Bauteilen<br />

und welche Stückzahlen geben Sie<br />

bei Laserhub in Auftrag?<br />

Andresen: Anthon kommt aus dem<br />

Sondermaschinenbau. Wir haben also selten<br />

große Stückzahlen. Von Losgröße 1<br />

bis 100 ist aber alles dabei – alle Materialstärken,<br />

überwiegend Stahlbereich und<br />

viel verzinkter Stahl. Die Aufträge verteilen<br />

wir projektweise, weshalb wir nicht<br />

explizit nach hohen Stückzahlen schauen<br />

und diese an das Portal weitergeben. Wir<br />

haben ein Projekt X, das wird bei Laserhub<br />

beschafft. Und wir haben ein Projekt Y,<br />

welches wir bei einem anderen Produzenten<br />

beschaffen. Auf diese Weise können<br />

wir klar zuordnen, wo etwas ist.<br />

Sind solche Stückzahlen der Standard<br />

bei Laserhub?<br />

Anton Tsuji: Laserhub stellt einen<br />

‚Sweetspot‘ für solche Anwendungsfälle<br />

dar – Projektgeschäft mit großen Volumina,<br />

bei dem viel Blech oder Metall auf<br />

einmal benötigt<br />

wird. Hier liegt viel<br />

von unserem Geschäft.<br />

Aber auch<br />

nach unten und<br />

oben – also in<br />

Richtung Prototypen,<br />

sowie in Bezug<br />

auf große Serien<br />

– entwickeln<br />

wir uns weiter. Wir<br />

sehen in unserem Netzwerk bereits Fälle<br />

von Kunden, die mit Prototypen eingestiegen<br />

sind, anschließend eine Kleinserie<br />

gefahren haben und später ein Serienprodukt<br />

auf den Markt gebracht haben, welches<br />

über Laserhub läuft.<br />

Wie verhalten sich die Kosten im Vergleich<br />

zu anderen Lieferanten?<br />

Andresen: Natürlich muss man die<br />

Dienstleistung auch bezahlen. Es ist also<br />

völlig verständlich, dass es eventuell etwas<br />

mehr kostet als beim Lieferanten um<br />

die Ecke. Dazu kommen dann auch noch<br />

»Was wir nicht<br />

machen, ist das<br />

inflationäre Listen<br />

Hunderter<br />

Produzenten.«<br />

Nicoletta Caporaletti, Laserhub<br />

die Versandkosten. Aber letztendlich ist<br />

der Preis völlig in Ordnung. Was mich<br />

persönlich in Bezug auf die Nachhaltigkeit<br />

stört ist, dass überall LKW mit Blechteilen<br />

unterwegs sind. Aber Laserhub versucht<br />

das so zu ordnen, dass der Lieferant<br />

möglichst bei uns in der Nähe sitzt.<br />

Tsuji: Die Kosten sind ja nicht nur der<br />

Preis, der auf dem Angebot steht. Ein klarer<br />

Vorteil, den wir sehen, ist unser Prozess.<br />

Der erste Auftrag<br />

mit Laserhub<br />

war für Herrn Andresen<br />

auch mit<br />

Kosten verbunden,<br />

da er sich erst mit<br />

dem Prozess beschäftigen<br />

musste<br />

und Zeit investiert<br />

hat. Wir haben viele<br />

Entwickler, die<br />

täglich daran arbeiten, die Plattform zu<br />

verbessern. Jedes Mal, wenn ein Kunde<br />

ein Projekt abwickelt, wird der Service ein<br />

bisschen verbessert, die Leistung ein bisschen<br />

besser und der Algorithmus ein bisschen<br />

smarter. Auf Kundenseite sehen wir<br />

darüber hinaus bei vielen, die schon länger<br />

dabei sind: Je besser der Laserhub-<br />

Prozess in den eigenen Workflow integriert<br />

ist, desto kosteneffizienter wird das<br />

Ganze.<br />

Das Interview führte Yannick Schwab,<br />

Redakteur <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>.<br />

Nicoletta Caporaletti leitet die virtuelle Fabrik bei der Laserhub<br />

GmbH.<br />

Bild: Laserhub<br />

Anton Tsuji ist Head of Marketing bei der Laserhub GmbH.<br />

Bild: Laserhub<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 43


Namhafter Round Table zum Thema 3D-Druck<br />

Additive Fertigung und die<br />

Lieferkette<br />

Bild: Airbus Defence and Space<br />

Der Einsatz von 3D-Druck bei Airbus Defence and Space ermöglicht es unter anderem, das Gewicht von Komponenten zu reduzieren.<br />

Der Hersteller von 3D-Druckern und Produktionssystemen Stratasys hat<br />

eine Diskussionsrunde mit Vertretern von General Motors, Siemens<br />

Mobility sowie Airbus Defence and Space veranstaltet. Die Teilnehmer<br />

berichteten dabei über ihre Erfahrungen mit der additiven Fertigung in<br />

den vergangenen zwei Jahren.<br />

»Manchmal kann ein<br />

sehr kleines Teil zu<br />

langen Verzögerungen<br />

führen.«<br />

Octavio Pichardo Romero, General Motors<br />

Die Vorteile des 3D-Drucks bzw. der additiven<br />

Fertigung (Additive Manufacturing, AM) sind<br />

inzwischen weithin bekannt. Weniger bekannt ist jedoch<br />

ihre wachsende Bedeutung in der globalen<br />

Supply Chain. Die jüngsten<br />

Unterbrechungen in den Lieferketten<br />

haben Schwachstellen<br />

aufgezeigt. Hier hat die<br />

additive Fertigung für einige<br />

Hersteller den entscheidenden<br />

Unterschied gemacht. Mit General<br />

Motors, Siemens Mobility<br />

und Airbus Defence and<br />

Space kamen auf Einladung des 3D-Druck-Experten<br />

Stratasys drei internationale Unternehmen zusammen,<br />

um sich über ihre Erfahrungen auszutauschen.<br />

Ihnen zufolge, ist der 3D-Druck von einer Technologie<br />

für die Entwicklung von Prototypen und Sonder-<br />

teilen nicht nur in die Serienfertigung vorgedrungen,<br />

sondern er ist auch zu einer treibenden Kraft in der<br />

strategischen Entwicklung geworden.<br />

Kleine Teile mit großer Bedeutung<br />

für die Produktion<br />

Die Werke von General Motors in Mexiko nutzen den<br />

3D-Druck seit vielen Jahren für die Herstellung von<br />

Produktionsteilen für Fahrzeuge, darunter Metallteile<br />

für die Cadillac V-Serie. Im vergangenen Jahr nutzte<br />

das Unternehmen die additive Fertigung jedoch auch<br />

für die Herstellung von Ersatzteilen für die eigene<br />

Montagelinie, um sicherzustellen, dass die Produktion<br />

zügig fortgesetzt werden konnte, wenn Teile ausgetauscht<br />

werden mussten.<br />

„Als die Lieferketten während der Pandemie unterbrochen<br />

wurden, war es sehr schwierig, eine Reihe<br />

kleiner, aber wichtiger Teile zu bekommen”, erklärt<br />

44 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


FERTIGUNGSTECHNIK «<br />

Octavio Pichardo Romero, Senior Manager im General-Motors-Produktionswerk<br />

San Luis Potosi in Mexiko.<br />

„Ein solches Teil befand sich in unserer Lackiererei,<br />

wo die Bakelitbuchsen einer großen Anlage zum<br />

Bewegen von Lkw-Fahrgestellen<br />

regelmäßig ausgetauscht<br />

werden mussten.<br />

Diese müssen eine Isolierung<br />

von 200 A und 300 V<br />

gewährleisten, sind also<br />

Spezialteile.“ Die normale<br />

Lieferzeit dieser Komponenten<br />

beträgt zwei bis<br />

drei Monate ab Bestellung<br />

und sie halten etwa vier<br />

Monate, sodass ein regelmäßiger Austausch üblich<br />

ist. „Um einen Stillstand der Anlage zu vermeiden, arbeiteten<br />

wir mit dem Lieferanten zusammen, wählten<br />

das richtige Material und haben die Ersatzteile 3D-gedruckt”,<br />

fährt Pichardo Romero fort. „So sind wir in der<br />

Lage, das Bauteil innerhalb von fünf Stunden zu drucken<br />

und vermeiden die Schließung von Produktions -<br />

linien, die rund 1000 USD pro Stunde kosten würde.”<br />

Der General-Motors-Manager ergänzt: „Ein weiteres<br />

Beispiel war die Entwicklung eines Getriebes, für<br />

welches ein spezieller Steckschlüssel für den Verschluss<br />

benötigt wurde. Da die Konstruktion neu war,<br />

gab es keine kommerzielle Lösung, welche das richtige<br />

Drehmoment liefern konnte. Die herkömmliche<br />

Herstellung eines solchen Produkts kann Monate<br />

dauern. Wieder in Zusammenarbeit mit dem OEM-<br />

Lieferanten konnten wir es mit einem Hightech-Industriematerial<br />

additiv fertigen und hatten es innerhalb<br />

weniger Stunden in den Händen.”<br />

Manchmal kann selbst ein sehr kleines Teil zu langen<br />

Verzögerungen führen: „Einmal brauchten wir Passstifte<br />

für ein Fließband. Wegen Covid betrugen die<br />

Lieferzeiten aus den USA vier bis sechs Wochen, und<br />

aus Japan hätten wir zehn bis zwölf Wochen warten<br />

müssen. Jetzt können wir sie in zwanzig Minuten<br />

drucken“, so Pichardo Romero. „Diese und andere<br />

Beispiele haben unsere Produktion gesichert. Die<br />

Technologie hat uns dazu gebracht, unsere Lieferketten<br />

zu überdenken und zu überlegen, wie wir mehr<br />

Teile vor Ort produzieren können.”<br />

»Wir setzen AM auch ein,<br />

um die Produkt- und<br />

Personensicherheit zu<br />

erhöhen.«<br />

Barbara Bergmeier, Airbus Defence and Space<br />

Bei Siemens Mobility wurde der 3D-Druck auf andere<br />

Weise eingesetzt, um pandemiebedingte Unterbrechungen<br />

der Lieferkette zu umgehen: „Bei Siemens<br />

produzieren wir zertifizierte 3D-gedruckte Metallund<br />

Polymerteile für unsere Kunden auf der ganzen<br />

Welt, vor allem im Bahnbereich”, erklärt Philip Emmerling,<br />

Business Development Additive Manufacturing<br />

bei Siemens Mobility. „Die 3D-Drucktechnologie<br />

ist für uns sehr wichtig bei der Wartung von Zügen,<br />

wobei unser Ziel darin besteht, On-Demand-Druck<br />

für maßgeschneiderte Produktlösungen<br />

durchzuführen.<br />

Jetzt setzen wir AM zur<br />

Optimierung der Lieferkette<br />

ein, insbesondere im Bereich<br />

der Instandhaltung,<br />

wo schnelle und zuverlässige<br />

Lösungen für Ersatzteile<br />

gefragt sind. In diesem Sinne<br />

agieren wir ähnlich wie<br />

Octavio in Mexiko.“<br />

Vom „Digital Depot“ in Dortmund aus, werden Inspektionen<br />

an Zügen durchgeführt, während sie noch in<br />

Betrieb sind. Wartungsarbeiten können geplant und<br />

Teile bestellt werden, bevor der Zug in das Depot<br />

kommt. „Die Herausforderung besteht in der Planung,<br />

Bestellung und <strong>Beschaffung</strong> von Ersatzteilen, aber genau<br />

hier bietet die additive Fertigung viele Vorteile im<br />

Vergleich zu herkömmlichen Lieferströmen“, sagt Emmerling.<br />

„Für uns war AM die perfekte Lösung. Die<br />

Technologie ist sehr schnell und skalierbar. Wir haben<br />

Drucker auf der ganzen Welt. Man braucht nicht<br />

viel Platz, keine große Produktionshalle und keinen<br />

großen Maschinenpark – und genau das war der<br />

Ausgangspunkt unserer Idee, ein globales 3D-Druck-<br />

Netzwerk aufzubauen.“<br />

Im Mittelpunkt dieses Netzes steht das Kompetenzzentrum,<br />

welches für Forschung und Entwicklung, Engineering<br />

und die Konstruktion von Bauteilen zuständig<br />

ist. „Jeder ‚Satelite‘ ist mit dem Kompetenzzen-<br />

Die GM-Werke in<br />

Mexiko nutzen den<br />

3D-Druck seit Jahren<br />

für die Herstellung von<br />

Produktionsteilen. Im<br />

vergangenen Jahr<br />

wurde er jedoch auch<br />

für die Ausrüstung der<br />

Montagelinie genutzt.<br />

Netzwerk für den 3D-Druck bietet<br />

viele Vorteile<br />

Bild: General Motors<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 45


» FERTIGUNGSTECHNIK<br />

Siemens produziert<br />

zertifizierte 3Dgedruckte<br />

Metall- und<br />

Polymerteile für Kunden<br />

auf der ganzen Welt,<br />

vor allem im<br />

Bahnbereich .<br />

trum verbunden”, so Emmerling. „Sie wenden sich an<br />

uns, und wir erarbeiten mit ihnen eine Lösung. Diese<br />

ist maßgeschneidert, sodass sie direkt auf dem jeweiligen<br />

3D-Drucker umgesetzt werden kann. Unsere<br />

3D-Druck-Anlagen von Stratasys sind dafür perfekt<br />

geeignet. Wir können die Hauptarbeit leisten – das<br />

Engineering und die Vorbereitung des Bauteils – und<br />

der ‚Satellit‘ kann das Produkt direkt in seinem Depot<br />

fertigen. Das macht herkömmliche Lieferketten praktisch<br />

überflüssig und spart Versand, Lagerhaltung,<br />

Verwaltung, Zoll und andere Zeit- und Kostenfaktoren<br />

– was AM auch zu einer sehr nachhaltigen Lösung<br />

macht.”<br />

Additive Fertigung verringert die<br />

Abhängigkeit von Lieferanten<br />

Während die Herausforderungen für Airbus Defence<br />

and Space sehr ähnlich sind, sind die Prioritäten doch<br />

unterschiedlich. „An unseren Standorten in ganz<br />

Europa setzt Airbus additive Fertigung für einige klar<br />

definierte Zwecke ein. Einer davon ist, wie bei Siemens<br />

Mobility, die Nachhaltigkeit<br />

und die Verringerung<br />

unserer Umweltbelastung”, erklärt<br />

Barbara Bergmeier, Head<br />

of Operations bei Airbus Defence<br />

and Space. „Octavio und<br />

Philip haben bereits die kürzeren<br />

Vorlaufzeiten erwähnt, die<br />

sich als großer Vorteil für die<br />

Mitarbeiter erwiesen haben.<br />

Viele Ideen kommen von unseren<br />

Mitarbeitern, vor allem in der Fertigung. Der<br />

3D-Druck ermöglicht es, mehr dieser Ideen zu testen<br />

und zu bewerten.”<br />

„Wir setzen AM auch ein, um die Produkt- und Personensicherheit<br />

zu erhöhen – unsere oberste Priorität.<br />

Und ein letztes, sehr wichtiges Thema: Design -<br />

Bild: Siemens Mobility<br />

»Wir setzen AM jetzt<br />

zur Optimierung der<br />

Lieferkette ein, insbesondere<br />

im Bereich der<br />

Instandhaltung.«<br />

Philip Emmerling, Siemens Mobility<br />

freiheit. Die Änderung von Materialien trägt dazu<br />

bei, das Gewicht von Komponenten zu reduzieren<br />

und die CO 2 -Belastung eines Flugzeugs zu verringern“,<br />

führt Bergmeier fort. „Was die Lieferketten betrifft,<br />

so sind wir durch den Einsatz von additiver Fertigung<br />

weniger abhängig von Zulieferern, ob es sich<br />

nun um Rohmaterial oder Fertigteile handelt. Aber<br />

was mir auch gefällt, ist, dass wir nicht so viel Material<br />

verschwenden. In einigen Fällen werden bis zu<br />

80 Prozent Materialeinsparungen erzielt. Im Flugzeugbau<br />

bestehen wichtige Zusammenhänge zwischen<br />

weniger Material, weniger Gewicht, weniger<br />

Energiebedarf und weniger Treibstoffverbrauch.“<br />

Bergmeier fasst abschließend zusammen: „Wir produzieren<br />

also Bauteile wie Siemens Mobility. Aber<br />

wir fertigen auch Montagevorrichtungen und Werkzeuge<br />

wie bei General Motors im 3D-Druck. Das gibt<br />

uns mehr Unabhängigkeit und verringert die Abhängigkeit<br />

von Lieferungen.”<br />

Die Fertigungswelt mithilfe von<br />

Flexibilität verändern<br />

Von Ersatzteilen über die Herstellung von Montagevorrichtungen<br />

und Werkzeugen bis hin zur Entwicklung<br />

neuer Teile und dem vernetzten, verteilten<br />

3D-Druck – AM bietet laut Stratasys das Potenzial<br />

die Fertigungswelt zu verändern. In Anbetracht der<br />

Erfahrungen von General Motors, Siemens Mobility,<br />

Airbus Defence und Space und anderer ähnlicher Unternehmen<br />

ist Andy Langfeld, EMEA President bei<br />

Stratasys, der Ansicht, dass die Pandemie die<br />

Schwachstellen in den globalen Lieferketten aufgedeckt<br />

hat, dass aber die Entwicklungen in der AM-<br />

Technologie eindeutig zur Lösung dieses Problems<br />

beigetragen haben.<br />

„Wir sehen heute, dass immer mehr Hersteller diese<br />

Gelegenheit nutzen, um ihre Lieferketten zu überdenken<br />

und neu auszurichten.<br />

Damit die Unternehmen noch<br />

widerstandsfähiger und auch<br />

flexibler auf zukünftige Störungen<br />

reagieren können”,<br />

fasst Langfeld zusammen.<br />

„Gleichzeitig ermöglichen es<br />

die technologischen Entwicklungen<br />

in der additiven Fertigung<br />

den Herstellern, schnell<br />

und kosteneffizient vom Druck<br />

einzelner Chargen zur Produktion von Tausenden – ja<br />

sogar Zehntausenden – von Einheiten überzugehen.<br />

Dies ist ein entscheidender Faktor, der den Herstellern<br />

weitere Möglichkeiten eröffnet, die Flexibilität<br />

des 3D-Drucks in weiteren Teilen der Lieferkette zu<br />

erhöhen.“ (ys)<br />

46 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Leichtschneidende Walzenstirnfräser<br />

Hohes Zeitspanvolumen und<br />

lange Standzeiten<br />

Die großen Wendeplatten der neuen Walzenstirnfräser steigern das Zeitspanvolumen<br />

und ermöglichen eine Reduzierung des Werkzeugbestands.<br />

Bild: Seco Tools<br />

Ein großes Werkzeugsortiment mit vielen Spezialwerkzeugen<br />

verursacht bedeutende Kosten in der Fertigung. Die neuen Walzenstirnfräser<br />

Helical Turbo 16 von Seco Tools vereinen Produktivität<br />

und Benutzerfreundlichkeit, so der Hersteller. In Fagersta,<br />

Schweden, gegründet und nun in mehr als 75 Ländern vertreten,<br />

ist das Unternehmen ein weltweit agierender Anbieter von Zerspanungslösungen<br />

zum Fräsen mit Wendeplattensystemen und<br />

Vollhartmetallfräsern, zum Drehen, Bohren, Gewindeschneiden<br />

und -drehen sowie für Werkzeugsysteme.<br />

Anwender können für die neuen Walzenstirnfräser auf ein umfangreiches<br />

Wendeplattensortiment zurückgreifen, das ein hohes<br />

Zeitspanvolumen sowie lange Werkzeugstandzeiten bietet.<br />

Verbesserte Kühlmittelkanäle, neu gestaltete Spankammern und<br />

die Einbaulage der Wendeplatten sollen die Prozesssicherheit<br />

steigern und die Spanbildung optimieren. Dies maximiert realisierbare<br />

Schnitttiefen und Vorschübe für kürzere Bearbeitungszeiten,<br />

so das Unternehmen.<br />

Das Radius Error Preventing System soll zudem den stirnseitigen<br />

Einbau von Wendeplatten mit nicht zulässigen Eckenradien verhindern.<br />

Die Walzenstirnfräser sind auf Basis einer Wendeplatte<br />

mit einer Schneidenlänge von 16 mm laut Seco Tools dafür prädestiniert,<br />

Bearbeitungszeiten und -kosten zu senken. Anwender<br />

benötigen für dieselben Schnitttiefen weniger Wendeplatten<br />

und können ihren Werkzeugbestand reduzieren. Die Walzenstirnfräser<br />

Helical Turbo 16 sind in einem Durchmesserbereich<br />

von 32 bis 100 mm erhältlich und für zahlreiche Aufnahmearten<br />

sowie beschichtete und unbeschichtete Wendeplatten in fünf<br />

Geometrien ausgelegt. Die Fräser und Wendeschneidplatten sind<br />

mit einem Datamatrix-Code versehen, über den der Anwender<br />

mit der Smartphone App „Seco Assistant“ alle relevanten Produktinformationen<br />

sowie Schnittdaten für die Bearbeitung abrufen<br />

kann. (ys)<br />

Scannen und<br />

Drucken erstmalig<br />

in einem Gerät<br />

• 1D-/2D-Code scannen, umwandeln und drucken<br />

• Konvertierung in individuelles Format<br />

• Druck auf beinahe allen Oberflächen und<br />

Materialen<br />

www.reiner.de/digitalisieren<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 47


» ROBOTIK<br />

Automatica 2022 in München<br />

Aufbruchstimmung in der<br />

Robotik live erleben<br />

Vom 21. bis 24. Juni 2022 findet in München – erstmals seit 2018 – wieder die<br />

Automatica statt. Und diese erste große Robotik-Messe nach der Corona-<br />

Pause kommt gerade zur rechten Zeit, denn in der Roboterszene herrscht eine<br />

große Aufbruchstimmung mit jeder Menge spannender Neuheiten.<br />

Als „Weltleitmesse für intelligente Automation<br />

und Robotik“ zeigt die Automatica<br />

nicht nur Roboter und Cobots. Weitere<br />

Ausstellungsbereiche sind die Montageund<br />

Handhabungstechnik, mit z. B. Bosch<br />

Rexroth, Festo, der Hahn Group, Schaeffler,<br />

Schunk und Zimmer, sowie die industrielle<br />

Bildverarbeitung, mit z. B. Asentics,<br />

Zeiss, IDS, Isra Vision und VMT. Auch aus<br />

der Sensorik und Automatisierungstechnik<br />

sind Unternehmen wie Beckhoff, Keyence,<br />

Nabtesco, Sick oder Siemens vertreten.<br />

Auf der Automatica ist eine Testzone geplant, in der Robotik- und Automationsanwendungen vor<br />

Ort ausprobiert werden können.<br />

Das große Ziel, das die Robotikbranche<br />

gerade umtreibt, ist die „Demokratisierung<br />

der Robotik“. Sprich: Künftig<br />

soll jede und jeder Roboter bedienen können<br />

– ohne spezielle Kenntnisse. Damit<br />

soll die Robotik für neue Anwenderkreise<br />

insbesondere in kleinen und mittleren<br />

Unternehmen (KMU) sowie im Handwerk<br />

noch interessanter werden.<br />

Für diese Aufbruchstimmung sorgen nicht<br />

nur die etablierten Branchengrößen wie<br />

Fanuc, Kuka, Yaskawa, ABB oder Universal<br />

Robots, die allesamt in München Flagge<br />

zeigen. Es sind auch und vor allem<br />

Newcomer und Start-ups, die für einen<br />

frischen Wind sorgen. Auch diese „jungen<br />

Wilden der Robotik“ nutzen die Automatica<br />

2022, um sich zu präsentieren. Darunter<br />

finden sich zum Beispiel Agile Robots,<br />

Franka Emika, Fruitcore Robotics,<br />

Kassow Robots, Mech-Minds, Micropsi<br />

Industries, Neura Robotics, Rethink Robotics,<br />

Robominds, Wandelbots oder Xitaso.<br />

Mehr Cobots als je zuvor<br />

Bild: Messe München<br />

Dieser Wettbewerb zwischen etablierten<br />

Industrieroboterherstellern und „jungen<br />

Wilden“ sorgt für eine große Dynamik –<br />

gerade bei den Leichtbaurobotern und<br />

Cobots. Entsprechend gibt es auf der Automatica<br />

2022 ein so breites Angebot an<br />

kollaborativen Robotern zu sehen wie<br />

noch nie. Aber auch bei Industrierobotern<br />

gibt es jede Menge Neuheiten – so sind<br />

Industrieroboter immer einfacher zu bedienen.<br />

Dafür sorgen Easy-to-use-Ansätze<br />

und einfache Programmiermöglichkeiten<br />

à la „No Code Robotics“.<br />

Foren zeigen Megatrends<br />

Vier Trendthemen prägen die Automatica<br />

2022: „Digitale Transformation“, „Künstliche<br />

Intelligenz“, „Mensch und Maschine“<br />

sowie „Nachhaltige Produktion“. Sie bilden<br />

daher auch den inhaltlichen roten<br />

Faden des Automatica Forums 2022, das<br />

wie gewohnt von der Konradin Mediengruppe<br />

unter Federführung der Automationspraxis<br />

organisiert wird. An allen vier<br />

Messetagen liefert das Forum mit Key -<br />

notes, Praxisvorträgen und Podiums -<br />

diskussionen sowie Ausstellervorträgen<br />

wertvollen Input für die Besucher der Robotikmesse.<br />

Am zweiten Tag der Messe<br />

steht mit dem munich_i Hightech-Summit<br />

ein weiterer Höhepunkt des Rahmenprogramms<br />

auf der Agenda. In vier Sessions<br />

beleuchten jeweils vier Experten die<br />

zentralen Aspekte der Interaktion<br />

menschlicher und künstlicher Intelligenz<br />

und des verantwortungsvollen technologischen<br />

Wandels. Das Spektrum reicht<br />

dabei von der Lagerautomatisierung über<br />

Deep-Learning-Ansätze für intelligente<br />

Roboter und das automatisierte, KI-gestützte<br />

Fahren bis zu „Soft Robotics“. (ys)<br />

48 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Greifer- und Spannsysteme<br />

Kits für die Werkzeugmaschine<br />

Cobot auf Basis eines neuen Betriebssystems<br />

Einfacher Einstieg in die Robotik<br />

Für die metallbearbeitende<br />

Fertigung bietet Schunk mit<br />

den neuen Applikations-Kits<br />

MTB laut eigenen Angaben einen<br />

komfortablen Einstieg in<br />

die automatisierte Maschinenbe-<br />

und -entladung mit<br />

Cobots. Die Universalgreifer<br />

und Kraftspanner sind auf den<br />

Einsatz in der spanabhebenden<br />

Bearbeitung vorkonfigu-<br />

Bild: Schunk<br />

Applikations-Kits MTB für den<br />

Einstieg in die Maschinenbeladung<br />

mit Cobots.<br />

riert. Passende roboterspezifische<br />

Anschlusskits sollen eine<br />

unkomplizierte Inbetriebnahme<br />

und eine bis zu 50 Prozent<br />

schnellere Be- und Entladung<br />

ermöglichen. Die Kits eignen<br />

sich dank Features wie der abgedichteten<br />

Ventilbox oder einer<br />

Abblasdüse für Schmutz<br />

und Späne für den Einsatz in<br />

Werkzeugmaschinen. Auch digital<br />

baut Schunk seine Services<br />

aus. Den Anfang machte<br />

der im Frühjahr eingeführte<br />

FGR Fingerkonfigurator. Über<br />

das Tool können mit wenigen<br />

Klicks Greiferfinger geplant<br />

und bestellt werden. Als<br />

Messeüberraschung wird zur<br />

Automatica ein konfigurierbarer,<br />

pneumatischer Großhubgreifer<br />

vorgestellt. (ys)<br />

Automatica, Halle A5, Stand 502<br />

Kuka gewährt in München<br />

Einblicke in das Roboter-Betriebssystem<br />

iiQKA.OS. Der<br />

Cobot LBR iisy läuft als erster<br />

seiner Art auf Basis des neuen<br />

Betriebssystems und soll dadurch<br />

innerhalb von Minuten<br />

konfiguriert und programmiert<br />

werden können. Auf der Messe<br />

zeigt das Unternehmen den<br />

kollaborativen Roboter in weiteren<br />

Ausführungen. Mit dem<br />

Gesamtsystem aus Hard- und<br />

Software möchte Kuka die<br />

Eintrittsschwelle für Robotik<br />

gerade bei kleineren und mittelständischen<br />

Unternehmen<br />

senken.<br />

Die Simulationssoftware Kuka.Sim<br />

soll es Anwendern ermöglichen,<br />

Roboterapplikationen<br />

offline zu programmieren,<br />

virtuell in Betrieb zu nehmen<br />

Bild: Kuka<br />

Die Produktfamilie der „LBR iisy“-<br />

Cobots wächst.<br />

und Zeit zu sparen. Dafür erstellt<br />

die Software einen digitalen<br />

Zwilling. Die KI-basierte<br />

Leitsteuerung Kuka AIVI sorgt<br />

in der Intralogistik für einen<br />

verbesserten Materialfluss zur<br />

Produktionslinie sowie für die<br />

Auslastung von fahrerlosen<br />

Transportfahrzeugen. (ys)<br />

Automatica, Halle A4, Stand 231<br />

Programmieren von Robotern<br />

Der No-Code-Programming-Ansatz<br />

Mit dem No-Code-Programming-Ansatz<br />

sollen die Softwarelösungen von Artiminds,<br />

Robot Programming Suite (RPS)<br />

und Learning & Analytics for Robots<br />

(LAR), das Programmieren von Roboteranwendungen<br />

vereinfachen. Mithilfe von<br />

Algorithmen können so auch kraft- und<br />

Servokupplungen_188x65_mit_Messehinweis.pdf - Mai 17, 2022 x<br />

bildgeregelte Prozesse mittels Drag-anddrop<br />

von vordefinierten Programmbausteinen<br />

erstellt werden. Es werden Applikationen<br />

mit Robotern von Kuka, Fanuc,<br />

ABB und Universal Robots vorgestellt. Interessierte<br />

haben die Möglichkeit, eine<br />

kraftgeregelte Anwendung, bei der ein<br />

Hydraulikventil in eine enge Passung gefügt<br />

werden soll, selbst zu programmieren.<br />

Wie sich Werkzeugpfade für komplexe<br />

Konturen auf Basis von CAD-Modellen<br />

automatisiert erstellen lassen, demonstriert<br />

ein ABB-Roboter. (ys)<br />

Automatica, Halle B4, Stand 302A<br />

Die braucht jeder<br />

Servokupplungen für<br />

alle Antriebskonstellationen<br />

- günstiger Preis<br />

- breite Produktpalette<br />

- kurze Lieferzeit<br />

Besuchen Sie uns auf der Automatica, Halle B6 Stand 305<br />

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<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 49


Anwender sollen mithilfe der verschiedenen<br />

Plattformen ohne großen Aufwand und<br />

Know-how Roboter sowie weitere<br />

Automatisierungskomponenten finden,<br />

konfigurieren und ordern können.<br />

Bild: Tierney/stock.adobe.com<br />

B2B-Plattformökonomie für die Robotik und Automation<br />

Anwender und Anbieter von<br />

Robotern zusammenbringen<br />

Die Plattformökonomie zieht als disruptives <strong>Beschaffung</strong>s- und Vertriebsmodell<br />

immer stärker in das B2B-Umfeld ein. Mit Playern wie Go2Automation, RBTX,<br />

Unchained Robotics oder Xito gilt das auch für die Bereiche Robotik und<br />

Automation. Was bieten die Robotik-Plattformen an? Wodurch unterscheiden sie<br />

sich voneinander? Ein Überblick.<br />

Im Privatleben hat sich die Plattformökonomie bereits<br />

auf breiter Front durchgesetzt. Daher ist abzusehen,<br />

dass die Plattformökonomie auch im<br />

B2B-Bereich und damit auch im Umfeld von Robotik<br />

und Automation weiter Einzug hält. Auch die Branche<br />

wächst stetig weiter: Auf rund drei Millionen<br />

Einheiten beläuft sich der weltweite Bestand an Industrierobotern,<br />

berichtete die International Federation<br />

of Robotics (IFR) bereits im vergangenen Jahr.<br />

Das durchschnittliche jährliche Wachstum lag demnach<br />

bei 13 Prozent (2015 bis 2020).<br />

„Die Geschäftsmodelle der Plattformökonomie haben<br />

in der Consumer-Industrie bereits zu drastischen<br />

Marktveränderungen geführt. Im B2B-Bereich stehen<br />

uns solche Anpassungen zwangsläufig bevor“, betont<br />

der Gründer der Robotik-Plattform Andugo (ehemals<br />

Go2Automation), Dirk Engelbrecht. „Diese Entwicklungen<br />

im B2B-Sektor wollen wir aktiv mitgestalten.<br />

Denn ansonsten werden uns die Hyperscaler aus den<br />

anderen Teilen der Welt die nächste Plattform und<br />

damit die Spielregeln der Geschäftsentwicklung vorsetzen.“<br />

Der Plattformgedanke soll unter anderem den Einstieg<br />

in Robotik und Automation vereinfachen, wie<br />

Dr. Dennis Stampfer, Gründer der Robotik-Plattform<br />

Xito, betont: „Der Anwender möchte ja mit Robotern<br />

ein Problem lösen und daher bei selbigem abgeholt<br />

werden.“ Bislang ist der Zugang zur Robotik aber relativ<br />

schwer: Die fachliche Domäne ist komplex und<br />

der Markt unübersichtlich. Zugleich sind viele Anbieter<br />

stark spezialisiert und decken nur einen Bruchteil<br />

der Anfragen ab. Stampfer: „Diese beiden Seiten zusammenzubringen,<br />

gelingt am besten mit einem<br />

Plattformkonzept.“<br />

Vernetzung steht im Vordergrund<br />

Daher sind inzwischen mit Andugo, RBTX, Unchained<br />

Robotics und Xito gleich mehrere Robotik-Plattfor-<br />

50 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


ROBOTIK «<br />

men an den Start gegangen. Ihre Ziele sind ähnlich:<br />

Im Vordergrund steht die Vernetzung. Die Plattformen<br />

bringen Anwender und Anbieter auf einem Online-Marktplatz<br />

zusammen, sodass sich die Anwender<br />

eine passende Automatisierungslösung suchen<br />

und zusammenstellen können, wie Alexander Mühlens,<br />

Leiter Geschäftsbereich Automatisierungstechnik<br />

und Robotik bei Igus sowie verantwortlich für<br />

RBTX, erklärt: „Die Automations-Anbieter wiederum<br />

erhalten die Möglichkeit, auf dem Marktplatz ihre<br />

Produkte an ein größeres Publikum zu vermarkten<br />

und erschließen sich damit einen neuen Vertriebskanal.<br />

Eine Win-win-Situation für beide Seiten.“<br />

Allerdings: Plattform ist nicht gleich Plattform. Denn<br />

im Detail unterscheiden sie sich dann doch mit ihrem<br />

Ansatz und dem jeweiligen Angebot.<br />

Marktplatz bringt Angebot und<br />

Nachfrage zusammen<br />

Mit seiner Plattform Andugo will der ehemalige Kuka-Vertriebsmitarbeiter<br />

Dirk Engelbrecht die Zusammenarbeit<br />

zwischen Anbietern und Anwendern im<br />

Maschinen- und Anlagenbau verbessern. Das Ziel ist<br />

es, Produktionstechnik problembezogen so einfach,<br />

schnell und zuverlässig zugänglich zu machen, wie<br />

sich „eine Küche zu konfigurieren“. Engelbrecht ist es<br />

gelungen, Plattformpartner wie den VDMA Robotik<br />

und Automation zu gewinnen. So wächst sein Netzwerk<br />

schnell: „Bereits mehr als 600 internationale<br />

Partnerfirmen sind aktiv mit dabei“, so Engelbrecht.<br />

Firmen wie Omron, Schunk, Weiss, Universal Robots,<br />

Engrotec oder Kuka präsentieren sich auf dem<br />

Marktplatz und arbeiten online mit ihren Kunden<br />

und Partnern zusammen. Anbietende Firmen vernetzen<br />

ihre Angebote innerhalb der Plattform. Sie referenzieren<br />

und qualifizieren ihre Partnerfirmen, heben<br />

Systemkompatibilitäten hervor und verknüpfen Produkte<br />

in Praxisbeispielen. Durch wenige Klicks entwickeln<br />

die Firmen ihr jeweils eigenes Ecosystem und<br />

eine globale, validierte Lösungsdatenbank.<br />

Anwender – ob mit oder ohne Fachwissen – können<br />

diese Lösungen auf Andugo entdecken und die Anbieter<br />

direkt kontaktieren. Sind keine passenden Lösungen<br />

online, hilft die geführte Projektspezifikation:<br />

„Über eine künstliche Intelligenz werden die Spezifika<br />

mit den vorhandenen Portfolios sowie der Expertise<br />

registrierter Anbieter abgeglichen“, erläutert Engelbrecht.<br />

Die Kontaktdetails derjenigen Firmen, die<br />

am besten zu den Projektanforderungen passen, werden<br />

mit dem Auftraggeber geteilt. Um das Finden<br />

und Konfigurieren der richtigen Lösung weiter zu<br />

vereinfachen, verfeinert Andugo nicht nur die Algorithmen<br />

für das intelligente Matching, sondern integriert<br />

auch Tools von Drittanbietern, etwa Engineering-<br />

und Simulations-Tools.<br />

Mladen Milicevic,<br />

Co-Gründer und<br />

Geschäftsführer von<br />

Unchained Robotics.<br />

Bild: Unchained Robotics<br />

Dirk Engelbrecht, Gründer und CEO bei Andugo.<br />

Bild: Go2Automation<br />

Cobot-Marktplatz als<br />

Generalunternehmer<br />

Mladen Milicevic, Gründer von Unchained Robotics,<br />

agiert mit seiner Robotik-Plattform nicht nur als reiner<br />

Marktplatz, sondern tritt auch als Generalunternehmer<br />

auf. „Unchained Robotics ist viel mehr als ein<br />

reiner Online-Marktplatz, auf dem man seine Lösung<br />

zusammenstellen und kaufen kann. Wir begleiten als<br />

Generalunternehmer den Kunden durch den kompletten<br />

Prozess: von der ersten Information über<br />

Konfiguration und Bestellung bis hin zur Inbetriebnahme.“<br />

Um Kunden – wenn gewünscht – bei der Inbetriebnahme<br />

zu unterstützen, nutzt Milicevic nicht<br />

nur seine eigene Robotik-Erfahrung, sondern auch<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 51


» ROBOTIK<br />

Alexander Mühlens,<br />

Leiter des Geschäftsbereichs<br />

Automatisierungstechnik<br />

und<br />

Robotik bei Igus und<br />

verantwortlich für<br />

RBTX.<br />

Bild: Igus<br />

ein Netzwerk aus Partnern wie Hahn Robotics oder<br />

Alexander Bürkle Robotic Solutions. Milicevic: „Kunden<br />

bekommen auf unserer Plattform eine komplette<br />

Lösung oder aber nur Roboter und Komponenten fürs<br />

Do-it-yourself – ganz wie sie möchten.“ Egal ob nun<br />

DIY oder Komplettlösung: „Kunden haben mit Unchained<br />

Robotics nur einen Ansprechpartner für ein<br />

One Stop Shopping.“<br />

Auf seiner Plattform hat Unchained Robotics einige<br />

namhafte Anbieter von Robotern und Cobots versammelt,<br />

darunter Universal Robots, Omron, Doosan,<br />

Denso, Hanwha, Aubo Robotics, Yuanda, Kassow Robots<br />

oder Dobot. Vor allem in Sachen Cobots bietet<br />

Unchained Robotics einen guten und transparenten<br />

Überblick. Bei jedem Cobot ist der Listenpreis hinterlegt,<br />

sodass man schnell weiß, um welche Größenordnung<br />

es geht. Hinzu kommen Greifer sowie Kameras<br />

und weiteres Zubehör. Ein Konfigurator erleichtert<br />

das Zusammenstellen der passenden Lösung. Zudem<br />

findet man auf dem Marktplatz auch ein wachsendes<br />

Angebot an fertigen Turnkey-Lösungen.<br />

KMUs können sich so bei der Suche nach dem passenden<br />

Cobot informieren, vergleichen und das Konfigurations-Tool<br />

nutzen. „Via Software erhalten sie<br />

dann erste Empfehlungen, welche Produkte zu ihrem<br />

Problem passen“, sagt Milicevic. Zudem biete man<br />

auf der Plattform eine digitale Beratung an: „Wir haben<br />

einen Live-Chat, der von echten Menschen und<br />

nicht von Chatbots betreut wird. Da haben wir schon<br />

viele spannende Probleme diskutiert.“<br />

Low-Cost-Robotik mit<br />

Expertenberatung<br />

Dr. Dennis Stampfer, CEO bei Toolify Robotics und Betreiber<br />

von Xito.<br />

Der Igus-Ableger RBTX konzentriert sich mit seiner<br />

Plattform auf das Einstiegssegment, also kostengünstige<br />

Low-Cost-Robotik für wenige Tausend Euro<br />

mit kurzen Amortisationszeiten. „Übliche Hardwarekosten<br />

liegen bei 8500 Euro für Robotik-Komponenten<br />

zum selbst Zusammenbauen“, berichtet Mühlens.<br />

„Fertige Plug-and-play-Lösungen starten bei 12.500<br />

Euro.“ Das Grundgerüst von RBTX bilden Roboterkinematiken<br />

verschiedener Anbieter: Neben kostengünstigen<br />

Robotern von Igus selbst (Portalroboter,<br />

Deltaroboter, Robolink-Knickarmroboter, Rebel-Cobot)<br />

findet man auf der Plattform auch Roboter von<br />

Fruitcore Robotics, Epson und Variobotic. Diese Basis<br />

kann im nächsten Schritt um Einzelkomponenten wie<br />

Kameras, Software, Greifer, Leistungselektronik, Motoren,<br />

Sensoren und Steuerungen erweitert werden.<br />

Beim Zusammenstellen unterstützt der Konfigurator<br />

„My Robot“, der dann auch die Kompatibilität der<br />

ausgewählten Produkte garantiert. Gemäß dem Ansatz<br />

„build or buy“ finden Interessenten aber auch<br />

fertige Robotik-Systeme inklusive Steuerung zum<br />

Festpreis. Aktuell sind etwa 70 Partner auf der Plattform<br />

vertreten. „Der Interessent muss nicht zeitintensiv<br />

jede einzelne Komponente recherchieren und<br />

weiß am Ende nicht, ob diese auch hundertprozentig<br />

miteinander funktionieren. RBTX stellt eine Funktionalität<br />

auf Software- und Hardware-Ebene sicher.<br />

Wir senken damit die Integrationskosten und das Risiko“,<br />

betont Mühlens.<br />

Zudem bietet RBTX mit dem RBTXpert-Angebot eine<br />

persönliche Hilfestellung: „Für Automatisierungseinsteiger,<br />

die zwar wissen, was sie automatisieren<br />

möchten, aber sich nicht sicher sind, welche Lösung<br />

am besten für sie passt, steht die kostenlose Videoberatung<br />

RBTXpert zur Verfügung. Unsere Experten<br />

Bild: Toolify Robotics<br />

52 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


zeigen direkt live an Roboterlösungen, welche Komponenten<br />

der Anwender benötigt und wie er das Projekt<br />

umsetzen kann. Am Ende erhält er ein Angebot<br />

mit Festpreis.“ So werde die Plattform zu einem hybriden<br />

Business, verspricht Alexander Mühlens.<br />

„Wichtig ist für uns, dass der Marktplatz nicht nur<br />

ein reines Online-Tool ist, sondern dass der Kunde<br />

auch immer die Möglichkeit hat, sich persönlich bei<br />

uns kostenfrei informieren und beraten zu lassen.<br />

Kombination aus Marktplatz und<br />

offenem Baukasten<br />

Einen deutlich stärker technikbasierten Ansatz wählt<br />

die Plattform Xito, die Dr. Dennis Stampfer, CEO des<br />

Forschungs-Spin-off Toolify Robotics, betreibt: „Xito<br />

ist eine Kombination aus einem Marktplatz mit einem<br />

offenen Baukastensystem samt integriertem<br />

Low-Code-Engineering-Werkzeug – also mehr als<br />

nur ein Robotik-Onlineshop oder Branchenverzeichnis<br />

fürs Matchmakings.“ Knapp ein Jahr nach dem<br />

Start versammelt die Plattform bereits 80 Produkte<br />

von über 50 Anbietern.<br />

Generell fokussiert sich Stampfer mit Xito auf „moderne<br />

Robotik“, also Leichtbauroboter und Cobots<br />

sowie autonome mobile Roboter. Dabei sei die Plattform<br />

als offenes Ökosystem technologie- und herstellerneutral.<br />

„Anwender sollen bei uns das bekommen,<br />

was in Sachen Preis oder Funktion am besten<br />

passt – und nicht, was gerade zufällig kompatibel<br />

ist“, betont Stampfer. Für diese Kompatibilität sorgt<br />

ein modellbasierter Software-Ansatz im Hintergrund.<br />

Das System erstellt zunächst ein „digitales Modell“<br />

des jeweiligen Robotik-Bausteins und sorgt so dafür,<br />

dass dieser Baustein dann mit allen anderen zusammenpasst.<br />

Die Xito Engineering Suite erlaubt dann<br />

die Kombination dieser Bausteine dank des modellbasierten<br />

Low Code Engineering ganz ohne Programmieren.<br />

Weil die Bausteine und ihre Schnittstellen in<br />

Xito digital modelliert sind, können die Anwender die<br />

Robotik-Bausteine einfach und übersichtlich mit einem<br />

grafischen Applikationsdesign-Tool zu einem<br />

Gesamtsystem zusammensetzen. Zum Einrichten der<br />

Anwendung verwendet der Kunde in der Low-Code-<br />

Entwicklungsumgebung die „Skills“, die ihm die Bausteine<br />

bieten. Er kann Fähigkeiten wie Erkennen,<br />

Greifen oder Ablegen in der gewünschten Reihenfolge<br />

zu einer Anwendung modellieren – ohne kompliziertes<br />

Robotik- und Programmier-Know-how.<br />

Armin Barnitzke, Automationspraxis,<br />

Konradin-Verlag, und Yannick Schwab,<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong><br />

Pneumatische Direktantriebe in den Gelenken<br />

Festo will mit neuem Pneumatik-Cobot punkten<br />

Bild: Festo<br />

Festo präsentiert den „weltweit ersten<br />

pneumatischen Cobot“. Laut Aussage<br />

des Unternehmens soll die Mensch-Roboter-Kollaboration<br />

mit keiner Technologie<br />

so feinfühlig gelingen wie mit der<br />

Dr. Frank Melzer (l.), Vorstand Product and Technology<br />

Management, und Christian Tarragona, Leiter Robotics,<br />

beide Festo SE & Co. KG, mit dem neuen Cobot.<br />

nachgiebigen Pneumatik. Darüber hinaus<br />

benötige der Cobot durch die integrierte<br />

Steuerung im eigenen Fußteil<br />

keinen zusätzlichen Schaltschrank. Er<br />

besteht aus der Hardware selbst, einem<br />

Handmodul und der Robotic<br />

Suite, einer Software<br />

für die Inbetriebnahme<br />

und Programmierung. Dieses<br />

Paket macht es laut<br />

Festo möglich, den Cobot<br />

in weniger als einer Stunde<br />

in Betrieb zu nehmen<br />

und zu programmieren.<br />

Vorkenntnisse sind laut<br />

des Unternehmens nicht<br />

notwendig, denn die Software<br />

enthält visualisierte<br />

und standardisierte Funktionsbausteine.<br />

Die pneumatischen<br />

Antriebe ermöglichen<br />

das manuelle<br />

und widerstandsfreie Führen des Roboterarms<br />

mit der Hand, um Wegpunkte<br />

bzw. Bahnen einzulernen.<br />

Die Direktantriebe in den Gelenken sollen<br />

kostengünstiger und leicht sein, weil im<br />

Gegensatz zu elektrischen Lösungen keine<br />

schweren Getriebe und Kraft-Moment-<br />

Sensorik nötig sind. Dadurch soll der<br />

pneumatische Cobot ein attraktives Verhältnis<br />

aus Preis und Leistung in seinem<br />

vornehmlichen Einsatzgebiet, des Kleinteilehandlings<br />

bei Nutzlasten bis zu 3 Kilogramm,<br />

aufweisen. Die pneumatischen<br />

Antriebe des Cobots mit 670 Millimeter<br />

Reichweite und sein geringes Gewicht (17<br />

kg) senken seine Kontaktenergie. Christian<br />

Tarragona, Leiter Robotics bei Festo:<br />

„Durch exakte Druckregler in den Gelenken<br />

erkennt der Roboter, wenn er berührt<br />

wird und reagiert mit entsprechenden<br />

Safety-Funktionen.“ Der Verkaufsstart ist<br />

für 2023 geplant. (ys)<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 53


» ROBOTIK<br />

Robotik-Anwendungen zuverlässig und intelligent absichern<br />

Worauf es bei der Auswahl von<br />

Roboterbremsen ankommt<br />

Roboterarme dürfen nach Ausschalten des Stroms, bei Stromausfall oder<br />

Not-Halt nicht unkontrolliert absinken oder abstürzen – gerade wenn sie<br />

Personen im Alltag unterstützen. Für die nötige Sicherheit sorgen Bremsen, die<br />

die Servoachsen zuverlässig und sicher in ihrer Position halten. Doch welche<br />

Kriterien sind bei der Auswahl der Bremsen zu beachten?<br />

nen hier hingegen an ihre tribologischen<br />

Grenzen.<br />

Es gibt Federdruckbremsen für Servomotoren, die speziell an die hohen Anforderungen in der Robotik<br />

angepasst sind. Anwender können dabei wählen zwischen klassischen Servobremsen im Motor, mit<br />

Rotor und Verzahnung (l.), oder aber Bremslösungen, die direkt in das Robotergelenk eingepasst<br />

werden, sogenannten Pad-Lösungen mit großem Innendurchmesser (r.).<br />

In allen wichtigen Industriebranchen<br />

wird die Zusammenarbeit von Mensch<br />

und Roboter immer enger. Vorangetrieben<br />

wurde diese Entwicklung auch durch die<br />

Coronapandemie. Dabei steigt aber auch<br />

das Gefährdungspotenzial. Fällt zum Beispiel<br />

während eines Arbeitsvorgangs der<br />

Strom aus, muss der Roboterarm, der den<br />

Arbeitsschritt vornimmt, sofort exakt gehalten<br />

werden, damit Personen in der Nähe<br />

keinen Schaden nehmen. Deshalb ist<br />

es wichtig, bereits in der Konstruktionsphase<br />

ein unbeabsichtigtes Absinken der<br />

Last sowie unzulässig lange Anhaltewege<br />

dauerhaft auszuschließen. Entscheidend<br />

dabei sind die richtige Auswahl der Sicherheitsbremsen<br />

sowie deren korrekte<br />

Integration in das Gesamtsystem.<br />

Für Servomotoren sind Sicherheitsbremsen<br />

nach dem Fail-Safe-Prinzip die erste<br />

Wahl. Denn diese Bremsen sind im energielosen<br />

Zustand geschlossen. Sie bringen<br />

das geforderte Bremsmoment dementsprechend<br />

auch bei Not-Stopp, Stromausfall<br />

oder bei einer zum Beispiel durch<br />

Kabelbruch verursachten Unterbrechung<br />

der Energieversorgung. Damit die Sicherheitsbremsen<br />

auch in Not-Stopp-Situationen<br />

ausreichend Reibarbeit leisten und<br />

Bewegungen zuverlässig mit definiertem<br />

Bremsmoment abbremsen, ist ein dafür<br />

entwickelter Reibbelag mit dazugehöriger<br />

Stahlgegenreibfläche erforderlich. Während<br />

dies bei Federdruckbremsen üblich<br />

ist, stoßen Permanentmagnetbremsen mit<br />

ihren Stahl-auf-Stahl-Reibkombinatio-<br />

Bild: Mayr<br />

Schlanke, leichtbauende<br />

Bremsen für die Robotik<br />

Mit der Roba-servostop-Baureihe hat<br />

Mayr Antriebstechnik Federdruckbremsen<br />

für Servomotoren entwickelt, die speziell<br />

an die Anforderungen der Robotik angepasst<br />

sind. „Unsere Leichtbaubremsen bewähren<br />

sich heute in unzähligen Robotik-<br />

Applikationen weltweit“, erklärt Bernd<br />

Kees, Produktmanager bei Mayr. Der<br />

Standardbaukasten bietet dabei eine hohe<br />

Flexibilität für die verschiedenen Einbausituationen.<br />

„Gerade bei Servomotoren<br />

spielt die Baulänge häufig eine wichtige<br />

Rolle“, beschreibt Kees die Anforderungen<br />

an die Bremsen. „Das bedeutet,<br />

schlanke Bremsen sind hier von Vorteil.“<br />

Im Bereich der Leichtbauroboter kommt<br />

es zudem auf das Gewicht der Bremsen<br />

an. Roboter, die für die verschiedenen Arbeitsschritte<br />

oftmals wechselnde Positionen<br />

einnehmen, erreichen mit leichten<br />

Bremsen eine höhere Dynamik, schließlich<br />

müssen sie die Bremsen auch mitbewegen.<br />

Für diesen Einsatzbereich bieten<br />

sich leichtbauende Bremsen in Hohlwellen-Ausführung<br />

an, die für die Integration<br />

in das Robotergelenk konzipiert sind.<br />

Im Motor werden Servobremsen bevorzugt<br />

im A-Lagerschild eingebaut, weil<br />

hier das Festlager sitzt und Temperaturdehnungen<br />

die Bremse nicht gravierend<br />

beeinflussen können. Bremsen von Mayr<br />

Antriebstechnik können aber ohne Einschränkung<br />

auch in der B-Lagerseite des<br />

54 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Bild: Mayr<br />

Der Roba-brake-checker bietet Anwendern ein<br />

sensorloses, vernetztes Bremsenmonitoring für<br />

eine vorausschauende Maschinenwartung.<br />

Motors integriert werden. Denn Temperaturdehnungen<br />

und Lagerspiel haben hier<br />

keinen negativen Einfluss auf die Funktion<br />

und Zuverlässigkeit der Bremsen. Alternativ<br />

können Anwender auch auf Anbaubremsen<br />

zurückgreifen, die modular<br />

an den Motor angefügt werden.<br />

Die Roba-servostop-Bremsen sind nicht<br />

nur sehr leicht, sondern auch im magnetischen<br />

Aktuieren extrem schnell. Gleichzeitig<br />

sind sie leistungsdicht und verschleißfest.<br />

Die Bremsen überzeugen zudem<br />

durch eine hohe zulässige Reibarbeit<br />

bei dynamischen Bremsungen. „Daneben<br />

sind die Bremsen so ausgelegt, dass der<br />

Bauraum optimal ausgenutzt und möglichst<br />

viel Energie eingespart wird“, erläutert<br />

Kees. Ein weitaus größeres Einsparpotenzial<br />

bietet sich aber im Betrieb<br />

durch die intelligente Ansteuerung der<br />

Bremsen mit einem Roba-switch-Gleichrichter:<br />

Denn nur beim Einschalten wird<br />

die Bremse kurzzeitig mit einer hohen<br />

Spannung bestromt. In dieser Phase ist<br />

eine hohe Magnetkraft erforderlich, um<br />

die Ankerscheibe über den Luftspalt anzuziehen.<br />

Liegt die Ankerscheibe dann allerdings<br />

am Spulenträger an, reicht eine<br />

wesentlich kleinere Magnetkraft aus, um<br />

die Bremse offen zu halten. Deshalb kann<br />

in dieser Phase die Spannung deutlich abgesenkt<br />

werden. Senkt der Gleichrichter<br />

die Spannung nach dem Lüften der Bremse<br />

auf ein Drittel des Wertes ab, sinkt die<br />

Spulenleistung und damit auch der Energieverbrauch<br />

auf nur mehr ein Neuntel.<br />

Sensorloses Monitoring für<br />

integrierte Bremsen<br />

Für die Sicherheit von Mensch und Maschine<br />

sind kurze Anhaltewege wichtig.<br />

Entscheidend für den Bremsweg sind dabei<br />

die Schaltzeiten der Bremse. Denn in<br />

der Zeit des freien Falls, bis die Bremse<br />

schließt und die Verzögerung einsetzt,<br />

beschleunigt sich die Masse zusätzlich –<br />

unter Umständen so extrem, dass die zulässigen<br />

Werte der Bremse überschritten<br />

werden. Anwender sollten daher bei der<br />

Auswahl der Sicherheitsbremsen auf<br />

möglichst kurze, verifizierte Schaltzeiten<br />

achten – und auch darauf, dass diese<br />

Schaltzeiten über die gesamte Lebensdauer<br />

der Bremse eingehalten werden.<br />

Hier sind Monitoring-Lösungen wichtig.<br />

Bislang waren Servobremsen aufgrund<br />

der kleinen Luftspalte oder aber ihrer Einbausituation<br />

nicht überwachbar. Mayr<br />

bietet jetzt eine Lösung für sensorloses<br />

Bremsenmonitoring. Das nachrüstbare<br />

Modul Roba-brake-checker erkennt durch<br />

eine erweiterte Analyse von Strom und<br />

Spannung die Bewegung der Ankerscheibe<br />

und weiß, in welchem Zustand sich die<br />

Bremse befindet. Das Modul arbeitet sensorlos<br />

und leistet neben der Überwachung<br />

von Schaltzustand und kritischer Spulentemperatur<br />

auch eine präventive Funktionsüberwachung<br />

auf Verschleiß, Funktionsreserve<br />

und Fehler.<br />

In einer erweiterten Ausführung ist das<br />

Modul Roba-brake-checker mit einer zusätzlichen<br />

Platine mit kundenspezifischer<br />

Schnittstelle (z. B. optisch, W-LAN, IO<br />

Link, Profibus etc.) ausgestattet. Darüber<br />

kann es Daten zu Schaltzeit, Strom, Spannung,<br />

Widerstand, Leistung und relativem<br />

Anzugsstrom liefern. Damit sind auch<br />

Verläufe auswertbar, Auffälligkeiten im<br />

Prozess lassen sich schnell erkennen und<br />

somit Schlüsse aus komplexen Zusammenhängen<br />

ziehen. Darüber hinaus ist<br />

auch die Integration in Fernwartungssysteme<br />

möglich – ein nicht unwichtiges<br />

Kriterium für den Einsatz im Alltag, falls<br />

keine Fachkräfte vor Ort sind.<br />

Andreas Merz, Produktmanager bei<br />

Mayr Antriebstechnik<br />

Checkliste: Einkauf von Servobremsen<br />

• Definieren Sie aus den technischen<br />

Daten des Antriebs möglichst<br />

exakt die Anforderungen<br />

an die Sicherheitsbremsen. Führen<br />

Sie eine Applikationsprüfung<br />

durch und vergewissern<br />

Sie sich, dass die Bremse zu den<br />

Umgebungsbedingungen passt,<br />

die in der Praxis vorherrschen.<br />

• Achten Sie darauf, dass die<br />

Sicherheitsbremsen auch für<br />

dynamische Bremsungen geeignet<br />

sind und unter realistischen<br />

Bedingungen getestet wurden.<br />

Erkundigen Sie sich nach den<br />

Prüfmöglichkeiten des<br />

Herstellers.<br />

• Vergewissern Sie sich, dass der<br />

Lieferant eine 100%-Endprüfung<br />

durchführt inklusive der automatischen<br />

Speicherung aller<br />

Testdaten. Für eine lückenlose<br />

Rückverfolgbarkeit müssen die<br />

Bremsen mit eindeutigen Seriennummern<br />

gekennzeichnet sein.<br />

• Prüfen Sie die Ansprechzeiten<br />

der Bremse (Anzug/Abfall). Nur<br />

mit einer schnellen Bremse und<br />

konstanten Schaltzeiten über die<br />

Lebensdauer erreichen Sie<br />

kurze, sichere Anhaltewege.<br />

• Beachten Sie, dass der Lieferant<br />

Sicherheitskennwerte für seine<br />

Bremsen bereitstellt. Diese<br />

benötigen Sie für Ihre<br />

Sicherheitsbetrachtung.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 55


» BUSINESS TRAVEL<br />

Reisekosten & Co.<br />

Spesenmanagement:<br />

Wie Daten zu Grafiken werden<br />

Daten über unternehmensweite Ausgaben wie Reisekosten auszuwerten bzw.<br />

grafisch aufzubereiten, bedeutet in den meisten Fällen viel Zeitaufwand. Wie soll<br />

aus dem Ressourcen- und Mitarbeitereinsatz, der damit verbunden ist, letztendlich<br />

ein Vorteil entstehen? Ganz einfach: Anwender können die Arbeit einer<br />

Software überlassen und zur Auswertung künstliche Intelligenz einsetzen.<br />

Die Jenji AG<br />

… ist ein Anbieter für professionelles Spesenmanagement.<br />

Das Unternehmen wurde 2015 in Frankreich gegründet<br />

und bietet auf Basis einer eigenen Technologie zahlreiche<br />

Lösungen zur Verwaltung von Spesenabrechnungen, Pauschalentschädigungen<br />

und Berufskosten, die für mittlere<br />

und große Unternehmen konzipiert sind. Dabei setzt es auf<br />

Cloud- und KI-Technologien und bietet gleichzeitig eine<br />

einfache Benutzeroberfläche an, die geräteübergreifend zugänglich<br />

sein soll.<br />

Daten sollen durch den Einsatz von Business Intelligence zu<br />

Grafiken werden.<br />

Automatisierte Lösungen, die nur mit Daten „gefüttert“<br />

werden müssen und alles in Tabellen<br />

protokollieren, gibt es verschiedene am Markt. Vielmehr<br />

kommt es bei einer Business-Intelligence-Lösung<br />

(BI) darauf an, die Anwender dabei zu unterstützen,<br />

diese Daten schneller und einfacher zu verstehen.<br />

Der Einsatz von Visualisierungen über die<br />

Einkaufsabteilung hinaus ist durch die grafischen<br />

Aufbereitungen ebenfalls möglich. Dazu werden beispielsweise<br />

Diagramme erstellt, die ohne zu befürchtende<br />

Verständnisprobleme für firmeninterne Meetings<br />

eingesetzt werden können – und das ohne großen<br />

Erklärungsbedarf.<br />

Um den Unternehmenserfolg zu sichern und bessere<br />

Entscheidungen treffen zu können, müssen Nutzer<br />

die Daten über ihre Ausgaben also nicht nur sammeln,<br />

sondern auch verstehen können. Dies trägt in<br />

der Folge dazu bei, dass sie in der Lage sind, Prozesse<br />

rund um ihre Ausgaben kontinuierlich zu optimieren.<br />

Für das System von Business Intelligence im Expense<br />

Management gelten laut dem französischen Spezialisten<br />

für Ausgabenmanagement Jenji die nachfolgenden<br />

drei Leitsätze. Sie beschreiben, wie Unternehmen<br />

mit visuell aufbereiteten Daten weiterentwickelt<br />

werden können.<br />

Wettbewerbsvorteil verschaffen<br />

Gute BI-Lösungen können Daten aus verschiedenen<br />

Quellen komplett eigenständig auswerten. Dabei unterscheidet<br />

die Software vor allem zwischen zwei Arten<br />

von Daten: Auf der einen Seite stehen die eigenen<br />

Daten, die beispielsweise durch eine Firmenkreditkarte<br />

automatisch eingespeist werden. Auf der<br />

anderen Seite stehen externe Rechnungen, welche<br />

die Software durch OCR (Optical Character Recognition)<br />

auswertet. Die Daten werden dann zusammengeführt<br />

und analysiert. Nur Unternehmen, die ihre<br />

Ausgaben bzw. damit verbundene Daten grundsätzlich<br />

auswerten, sind in der Lage, Trends zu verstehen<br />

und dementsprechend zu reagieren, wenn Veränderungen<br />

auftreten. Zusätzlich bieten die Visualisierungen<br />

eine gute Verhandlungsgrundlage im Gespräch<br />

mit Geschäftspartnern.<br />

Ein Beispiel: Durch den Einsatz von Business Intelligence<br />

lässt ein Anwender alle Ausgaben im Expense<br />

Bild: Jenji<br />

56 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Management automatisch auswerten. Dadurch<br />

konnte er an vielen Stellen bereits Sonderkonditionen<br />

aushandeln. Das eingesparte Geld setzt das Unternehmen<br />

für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

sowie Technologien ein. Zudem hat er durch die<br />

eingesparte Zeit die Möglichkeit, sich weiter auf das<br />

Unternehmenswachstum zu fokussieren.<br />

Bessere Entscheidungsgrundlagen<br />

Eine zielführende Datenvisualisierung geht über eine<br />

reine Analyse der Daten hinaus. Durch die visuelle<br />

Darstellung der Ausgaben können die Daten schneller<br />

erfasst werden und sind somit um ein Vielfaches<br />

zugänglicher als bspw. in Tabellen. Entscheidern fällt<br />

es dann leichter, fundierte Aussagen auf Basis dieser<br />

Daten zu treffen. Missverständnisse und damit verbundene<br />

Risiken gehören ebenfalls der Vergangenheit<br />

an. Die grafischen Aufbereitungen sind leichter<br />

verständlich und können somit ebenfalls zur Vorbereitung<br />

von Konditionsverhandlungen und Mitarbeitergesprächen<br />

genutzt oder auch für Reportings an<br />

die übergeordneten Instanzen eingesetzt werden. Zur<br />

Vorbereitung von Verhandlungsgesprächen benötigt<br />

es bspw. nur noch ein paar Klicks und schon ist eine<br />

Mappe mit Diagrammen zur Unterstreichung Ihrer<br />

Argumente zusammengestellt.<br />

Unternehmenskosten optimieren<br />

Aus den Visualisierungen können die Nutzer Schlussfolgerungen<br />

über das Ausgabeverhalten ziehen und<br />

so bessere Konditionen mit Partnern aushandeln.<br />

Sieht der Anwender beispielsweise, dass Mitarbeiter<br />

auf Geschäftsreisen immer bestimmte Fluglinien<br />

nutzen, kann er dieses Wissen bei Vertragsverhandlungen<br />

über Sonderkonditionen mit der Fluggesellschaft<br />

einfließen lassen. Durch<br />

den Einsatz von Business Intelligence<br />

werden Daten zu Grafiken.<br />

Das hat mitunter den Zweck, dass<br />

diese nicht mehr nur von Analysten<br />

verstanden werden. Abteilungsübergreifendes<br />

Verständnis<br />

zum Ausgabenmanagement ist<br />

keine Zukunftsmusik. Durch die<br />

bessere Einsicht können Entscheider<br />

aus allen Abteilungen,<br />

jedoch hauptsächlich der Einkauf,<br />

schneller agieren.<br />

Visualisierte Daten<br />

über ihre Ausgaben<br />

können Nutzern dabei<br />

helfen, bessere<br />

Entscheidungen zu<br />

treffen.<br />

Pierre Queinnec<br />

ist CEO von Jenji.<br />

Bild: Jenji<br />

Bild: SFIO CRACHO/stock.adobe.com<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 57


» BUSINESS TRAVEL<br />

Reisebranche steht vor gewaltigen Umwälzungen<br />

Wie sich Dienstreisen verändern<br />

Seit Beginn der Coronakrise treffen sich Manager, Mitarbeiter und Kunden fast<br />

ausschließlich in virtuellen oder hybriden Konferenzräumen. Das kann den Präsenztermin<br />

oft nicht vollständig ersetzen, bietet aber einen großen Vorteil: Die<br />

Reisekosten der Unternehmen haben sich enorm reduziert. Ein <strong>aktuell</strong>es Whitepaper<br />

untersucht, wie die digitale Zusammenarbeit in Zukunft aussehen könnte.<br />

Der nationale und internationale Geschäftsreisemarkt<br />

verzeichnet als<br />

Folge der Coronakrise einen signifikanten<br />

Einbruch. In Deutschland sind die Ausgaben<br />

für Geschäftsreisen laut der <strong>aktuell</strong>en<br />

Geschäftsreiseanalyse 2021 des Verbands<br />

Deutsches Reisemanagement (VDR) in<br />

2020 um fast 82 Prozent zurückgegangen.<br />

Im vergangenen Jahr erfolgte eine<br />

Stabilisierung auf deutlich niedrigerem<br />

Niveau als 2019. Aufgrund der bestehenden<br />

Einschränkungen im internationalen<br />

Reiseverkehr werden zwangsläufig neue<br />

Lösungen für Dienstreisen und digitale<br />

Meetings entstehen. Dafür werden neue<br />

Strukturen in den Unternehmen, angepasste<br />

und veränderte Buchungsprozesse,<br />

Kennzahlen und neue Services benötigt.<br />

Die Unternehmen werden in Zukunft die<br />

Notwendigkeit einer Geschäftsreise viel<br />

stärker als bislang hinterfragen und prüfen,<br />

ob und wann sich eine Geschäftsreise<br />

noch lohnt und wann sie sich durch eine<br />

digitale Konferenz ersetzen lässt. Die Betriebe<br />

sollen zentral steuern können, ob<br />

im jeweiligen Einzelfall eine physische<br />

Reise notwendig ist oder ob sie virtuell in<br />

Form einer digitalen Konferenz empfohlen<br />

wird. Hierfür müssen erst neue Kennzahlen<br />

(KPI) entworfen werfen, mit deren<br />

Hilfe im Vorfeld eine Empfehlung abgegeben<br />

werden kann. Die Kennzahlen könnten<br />

sich auf Faktoren wie Reisesicherheit,<br />

Reisekosten/Nutzen, Zeitaufwand und<br />

Nachhaltigkeit beziehen.<br />

Pandemie markiert<br />

Trendwende<br />

Die Dienstreise ist rechtlich und im allgemeinen<br />

Sprachgebrauch jede geschäftliche<br />

Abwesenheit von Wohnort oder Arbeitsplatz.<br />

Darin eingeschlossen sind interne<br />

Reisen, Kundenbesuche, Reisen zur<br />

Leistungserbringung (Montage, Service),<br />

Reisen des Vertriebs und Reisen zu Veran-<br />

Die Dienstreise selbst<br />

wird weiterhin eine<br />

Zukunft haben, aber<br />

unter veränderten<br />

Rahmenbedingungen.<br />

Insbesondere die<br />

Betrachtung der Notwendigkeit<br />

wird sich<br />

erheblich verändern.<br />

Bild: Rido/stock.adobe.com<br />

58 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


staltungen wie Messen, Tagungen und<br />

Seminaren.<br />

Auf diese Reisearten hat die Pandemie<br />

seit Anfang 2020 erheblichen Einfluss.<br />

Fast alle Unternehmen haben schnell reagiert<br />

und alle nicht notwendigen und<br />

nicht mehr möglichen Reisen gestrichen.<br />

Für die nächsten zwei bis drei Jahre rechnen<br />

viele Unternehmen mit 20 bis 40 Prozent<br />

des bisherigen Reisevolumens (Referenzwert<br />

2019), in fünf Jahren mit ca. 50<br />

Prozent. Aufgrund der veränderten Nachfragesituation<br />

werden die Kosten für Geschäftsreisen<br />

signifikant steigen. Es zeigt<br />

sich also, dass die Auswirkungen und Veränderungen<br />

Bestand haben werden. Viele<br />

Unternehmen haben sich an neue Formen<br />

der Zusammenarbeit gewöhnt. Vor allem<br />

interne Reisen werden so durch digitale<br />

Formate ersetzt.<br />

Zulässigkeit und Wert<br />

einer Reise<br />

Die einzelne Reise wird wertvoller aber<br />

gleichzeitig auch teurer. In Zukunft wird<br />

eine genauere Bewertung der Wertigkeit<br />

und Notwendigkeit vor Reiseantritt erwartet.<br />

Nur wenn Kosten und Nutzen einer<br />

Reise ausgewogen sind, ist die Reise<br />

sinnvoll. Bisher gibt es keine standardisierte<br />

Methode, um den Wert einer Reise<br />

zu ermitteln. Sinnvoll wäre ein Entscheidungsbaum,<br />

der anhand strukturierter<br />

Fragestellungen und Bewertung der Kosten<br />

ermittelt, wie sinnvoll die Reise ist.<br />

Wenn es gelingt, hierfür Kriterien (z. B.<br />

Art der Reise, Wichtigkeit, Rendite, Risiken<br />

etc.) zu standardisieren und an die<br />

Reisenden zu kommunizieren, entsteht<br />

ein Mehrwert durch nachvollziehbare und<br />

dokumentierte Entscheidungen für oder<br />

gegen eine Dienstreise. Neue Mechanismen<br />

zur Freigabe einer Geschäftsreise<br />

müssen definiert und in die Travel-Management-Prozesse<br />

integriert werden.<br />

Sich verändernde<br />

Anforderungen<br />

Bisher gab es für EU-Bürger in vielen Ländern<br />

Reisefreiheit oder nur geringe Hürden,<br />

was sich in jüngster Zeit geändert<br />

hat. Immer mehr Länder haben Einreiseregistrierungen<br />

verpflichtend eingerichtet<br />

oder sind dabei, das gerade zu tun. Die<br />

Ideen für die Zukunft<br />

Das Whitepaper „Dienstreisen & Events – Ideen<br />

für die Zukunft“ können Sie kostenfrei unter<br />

www.businesstravel2025.de anfordern. Die Berater<br />

Mike Bassmann, Ralf Tellmann und Michael<br />

Zwickl haben sich für die Erstellung im Business-<br />

Travel-Competence-Team organisiert.<br />

Vergabe von Visa wird restriktiver gehandhabt.<br />

Zusätzlich sind als neuer Prozess<br />

durch die Coronakrise medizinische<br />

Dokumentation und Tests vor, während<br />

oder nach der Einreise erforderlich. Nicht<br />

alle Dokumente eines Landes werden von<br />

allen Ländern anerkannt. Nicht alle Impfstoffe,<br />

Impfungen oder deren Dokumentationen<br />

werden von allen Ländern anerkannt.<br />

Bisher gibt es zur Verwaltung der Einreisebestimmungen<br />

kein übergreifendes<br />

System. Auch Dienstleister sind immer<br />

nur für einzelne Schritte verfügbar. Vernetzung<br />

und Integration der Prozesse sind<br />

damit für die <strong>aktuell</strong>e Situation unzureichend.<br />

Hier ist die Industrie gefordert,<br />

existierende Lösungen in den Buchungsprozess<br />

einzubinden oder neue Lösungen<br />

zu entwickeln.<br />

Wichtige Tools für<br />

Dienstreisen<br />

Die nachfolgenden Lösungen bestehen<br />

bereits am Markt und haben erheblich an<br />

Bedeutung gewonnen:<br />

• Destination Tracking Monitoring bezeichnet<br />

effektive Frühwarn-, Informations-<br />

und Kommunikationssysteme für<br />

Schutz und Sicherheit der Reisenden.<br />

Die Suche nach Land und Reisedatum<br />

liefert die bekannten relevanten Informationen<br />

aus verschiedenen Quellen,<br />

die von spezialisierten Anbietern bereitgestellt<br />

werden.<br />

• Das Travel Risk Management hat in<br />

den letzten Jahren stark an Bedeutung<br />

gewonnen. Seit diesem Jahr gibt es die<br />

ISO Norm 31030 als Travel-Risk-Management-Leitfaden<br />

für Unternehmen.<br />

Während internationale Großfirmen<br />

sich schon länger mit diesem Thema<br />

befassen, steckt dies bei den KMUs<br />

teilweise noch in den Kinderschuhen.<br />

• Health-Assistance-Systeme sind spezielle<br />

Systeme und Dienstleistungen<br />

zur Vorbereitung auf die Reise, zur Vermeidung<br />

von Erkrankungen und zur<br />

schnellen Hilfe bei Unfällen oder medizinischen<br />

Themen im Ausland.<br />

• Reisesicherheit-Systeme und -Dienstleistungen<br />

für die persönliche Sicherheit<br />

des Reisenden als Prävention und<br />

im Krisenfall weltweit. Der Fokus liegt<br />

auf der Vorbeugung von medizinischen<br />

oder Sicherheitsvorfällen, von denen<br />

Mitarbeiter betroffen sein könnten.<br />

Neustart mit Alternativen<br />

Die Digitalisierung hat neue Formate geschaffen,<br />

die heute massentauglich sind.<br />

Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit<br />

und Bedienbarkeit haben einen guten<br />

Stand erreicht, sodass die Akzeptanz<br />

enorm gestiegen ist. Alle digitalen Formate<br />

haben jedoch die Herausforderung,<br />

dass Emotionen unzureichend übermittelt<br />

werden oder nur schwer erkennbar sind.<br />

„Break Out Sessions“ als spontane Einzelgespräche<br />

zwischen Teilnehmern sind in<br />

den meisten Produkten nicht möglich. Die<br />

grafische Sammlung oder Aufbereitung<br />

von Inhalten wie an einem Flipchart ist<br />

nicht gleichwertig und meist wesentlich<br />

erschwert. Die Konzentration der Teilnehmer<br />

lässt nach ca. zwei Stunden deutlich<br />

nach. Fachlicher Austausch „während der<br />

Kaffeepause“ ist nicht möglich. Damit<br />

gibt es hinsichtlich der Leistungsfähigkeit<br />

der Lösungen Grenzen, die eine vollständige<br />

Portierung bisheriger Reisen in digitale<br />

Formate (noch) verhindern. (ys)<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 59


» BME AKTUELL<br />

BME intern<br />

BME präsentiert Website-Relaunch und Logo-Rebrush<br />

Der BME hat seinen Online-Auftritt runderneuert<br />

und in diesem Zusammenhang<br />

auch gleich sein Logo aufgefrischt. Die<br />

klare Botschaft lautet: Aufbruch in eine<br />

dynamische Zukunft! Pünktlich zum Start<br />

in den Mai hat der BME einen komplett<br />

überarbeiteten Webauftritt präsentiert:<br />

www.bme.de hat nicht nur ein komplett<br />

neues Design und eine neue Farbgebung<br />

bekommen, die Website wurde auch neu<br />

strukturiert und deutlich verschlankt.<br />

„Eine zeitgemäße Website muss vom Nutzer<br />

her gedacht werden. Die User Experience<br />

war daher Leitgedanke bei dieser<br />

Umstellung. Nicht jede Detailinformation<br />

muss sich auf einer neuen Website wiederfinden,<br />

gleichzeitig wollten wir aber<br />

natürlich sicherstellen, dass sich die verschiedenen<br />

Stakeholdergruppen des BME<br />

weiterhin bestmöglich damit identifizieren<br />

können“, sagt BME-Hauptgeschäftsführerin<br />

Dr. Helena Melnikov. „Ich hoffe,<br />

das ist uns gelungen.“ Neue, vereinfachte<br />

Menüstruktur, klarerer Aufbau, größere<br />

Bilder, übersichtlichere Beiträge: Schon<br />

nach wenigen Klicks wird klar, mit welchen<br />

Vorzügen der neue Webauftritt aufwartet.<br />

„Die vergangenen Relaunches der<br />

BME-Website fanden 2015 bzw. 2004<br />

statt. So gesehen war der BME dieses Mal<br />

vier Jahre schneller“, sagt Helena Melnikov<br />

mit Augenzwinkern. Aber damit nicht<br />

genug: Parallel zum Website-Relaunch<br />

hat der Einkäuferverband in den vergangenen<br />

Monaten auch an der Erneuerung<br />

seines Markenauftritts gearbeitet. „Starke<br />

Marken signalisieren Verlässlichkeit, Vertrauen<br />

und Kontinuität. Sie dürfen aber<br />

nicht verstauben, weswegen nach knapp<br />

17 Jahren wieder einmal eine kleine Auffrischung<br />

fällig war“, so BME-Kommunikationschef<br />

Tobias Anslinger. Der letzte<br />

Logo-Rebrush datiert vom Sommer 2005.<br />

Die Marke BME hat sich in den vergangenen<br />

68 Jahren zu einer echten „Brand“<br />

entwickelt. Sie steht für Seriosität<br />

und Unabhängigkeit<br />

in den vier Säulen des<br />

BME: Netzwerk, Weiterbildung,<br />

Fachinformationen<br />

und Services – daran wird<br />

sich natürlich auch künftig<br />

nichts ändern. „Unser neues<br />

Logo bricht nicht mit Vertrautem.<br />

Die Neuerungen<br />

haben eine zeitgemäße<br />

Prägung, gleichzeitig knüpfen<br />

wir bei den Farben des<br />

neuen Logos an unsere Traditionen an:<br />

Denn ganz früher war das BME-Logo mal<br />

grün. Nun verbinden wir blau und grün<br />

auf eine dynamische Weise“, sagt Kommunikationschef<br />

Anslinger.<br />

„Uns ist wichtig, ein modernes und<br />

schlagkräftiges Gesamtbild des BME zu<br />

zeichnen, das klar für die Interessen und<br />

Themen des Einkaufs, der Supply Chain<br />

und der Logistik steht. Mit einem klaren<br />

Profil bringen wir unsere 10.000 PS als<br />

Verband auf die Straße“, sagt BME-Vorstandsvorsitzende<br />

Gundula Ullah in einer<br />

Gesamtwürdigung beider Projekte, die<br />

Teil einer Profilschärfung des BME und<br />

dem damit verbundenen, stärkeren<br />

Marktauftritt in der Öffentlichkeit sind –<br />

ein Ziel, das sich der <strong>aktuell</strong>e BME-Bundesvorstand<br />

für seine noch bis 2025 laufende<br />

Amtszeit gesetzt hat.<br />

Fachmesse für Guss- und Schmiedeteile<br />

CastForge 2022 mit BME-Einkäufertag<br />

Fachbesucher der CastForge 2022, die<br />

vom 21. bis 23. Juni in Stuttgart stattfinden<br />

wird, können sich auf ein hochwertiges<br />

Rahmenprogramm freuen: Der BME<br />

wird sich auf der Fachmesse für Gussund<br />

Schmiedeteile erneut mit einem Einkäufertag<br />

präsentieren. „Die Einkaufswelt<br />

ist gefordert wie nie zuvor und befindet<br />

sich in einem Spannungsverhältnis. Die<br />

Corona-Krise hat deutlich gemacht, dass<br />

die bisherigen <strong>Beschaffung</strong>sstrategien bei<br />

globalen Veränderungen an ihre Grenzen<br />

stoßen. Gleichzeitig erfordern Lieferengpässe<br />

und steigende Preise in vielen Warengruppen<br />

einen zusätzlichen Aufwand<br />

zur Materialversorgung der Unternehmen.<br />

Die BME-Geschäftsstelle in Eschborn.<br />

Mit unserem Vortragsprogramm bieten<br />

wir auf der CastForge Gelegenheit, um<br />

sich darüber mit Experten dezidiert auszutauschen“,<br />

informiert Dr. Frithjof Kilp,<br />

Bereichsleiter Verband des BME e.V.<br />

Auf dem BME-Einkäufertag am 22. Juni<br />

2022 werden renommierte Expert:innen<br />

in Fachvortragen zu <strong>aktuell</strong>en, beschaffungsspezifischen<br />

Themen wie Lieferengpässe<br />

und Risikomanagement referieren.<br />

„Für BME-Mitglieder ist die Teilnahme sowohl<br />

an der Fachmesse als auch am Einkäufertag<br />

kostenlos. Zur besseren Planbarkeit<br />

bitten wir jedoch um eine vorherige<br />

Anmeldung“, so Dr. Kilp.<br />

Anmeldung unter: https://messe.bme.de<br />

Bild: Tobias Anslinger/BME e.V.<br />

Impressum: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME)<br />

Frankfurter Straße 27, 65760 Eschborn, Tel. 06196 5828-0, Fax –399,<br />

E-Mail: info@bme.de, Internet: www.bme.de<br />

60 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Industrie<br />

Das führende Fachmagazin<br />

für den strategischen Einkauf<br />

Kompetent – glaubwürdig – praxisnah<br />

• <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> ist das Magazin für den Einkauf.<br />

• Hinter der <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> steckt das Einkaufsvolumen<br />

der deutschen Industrie.<br />

• Werben Sie in der <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> und gehen<br />

Sie mit uns auf Erfolgskurs!<br />

Die Nr. 1<br />

im Einkauf:<br />

www.beschaffung<strong>aktuell</strong>.de<br />

Die passenden Medien für<br />

Sie und Ihre Branche:<br />

konradin.de/industrie<br />

media.industrie.de<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 61


Der Master-Studiengang vermittelt nebenberuflich eine Kombination von Logistik-, Digitalisierungs- und Organisationskompetenzen, um die täglichen<br />

Herausforderungen der Digitalisierung des Supply Chain Managements im Unternehmen zu bewältigen.<br />

Bild: FH Münster<br />

FH Münster, Prof. Dr. Wolfgang Buchholz über das neue Angebot<br />

Berufsbegleitendes<br />

Masterstudium Digital SCM<br />

„Lebenslanges Lernen“ – ein Baustein in der Strategie der Fachhochschule Münster –<br />

steht im Mittelpunkt des berufsbegleitenden Masterstudiengangs Digital Supply Chain<br />

Management (DigiSCM), initiiert von Prof. Dr. Wolfgang Buchholz. Im Wintersemester<br />

startet der erste Jahrgang. Noch bis zum 15. August kann man sich anmelden.<br />

Das Interesse von Bachelorabsolventen<br />

berufsbegleitend weiterzustudieren,<br />

wächst von Jahr zu Jahr. Für Einkaufs-<br />

und Supply-Management-Interessierte<br />

ist dies auch an der Fachhochschule<br />

in Münster möglich. Der Masterstudiengang<br />

Digital Supply Chain Management<br />

(DigiSCM) bietet insbesondere Absol -<br />

ventInnen betriebswirtschaftlicher oder<br />

technischer Studiengänge, die sich nach<br />

ersten Praxiserfahrungen im Bereich SCM<br />

weiter qualifizieren möchten, die Chance,<br />

sich fit für die Zukunft zu machen und<br />

u. a. Einblicke in die strategische <strong>Beschaffung</strong><br />

zu gewinnen.<br />

Zulassungsvoraussetzungen sind:<br />

• berufsqualifizierender Hochschul -<br />

abschluss mit einer Gesamtnote von<br />

mindestens „gut“ (2,5)<br />

• einschlägige Berufserfahrung nach<br />

dem ersten Hochschulabschluss von<br />

mindestens einem Jahr<br />

• ausreichende Englischkenntnisse<br />

(B2 Niveau)<br />

• bestandene Eignungsprüfung<br />

Die Anmeldung zum Auswahlverfahren ist<br />

noch bis zum 15. August möglich.<br />

AbsolventInnen besitzen ein Verständnis,<br />

um bestehende Supply Chains weiterzuentwickeln<br />

oder gänzlich neu zu konzipieren.<br />

Sie haben vertiefte Kenntnisse<br />

hinsichtlich digitaler Transformation in<br />

Themenfeldern wie Industrie 4.0, Internet<br />

of Things, Big Data Analysis, Künstliche<br />

Infoveranstaltungen und Kosten<br />

Online-Infoveranstaltungen<br />

• 23. Juni, 18–19 Uhr<br />

• 2. August, 18–19 Uhr<br />

Anschließend können interessierte<br />

KandidatInnen ihre Fragen<br />

an die Professoren stellen.<br />

Das Studium ist auf vier Semester<br />

angelegt. Die Studienkosten<br />

betragen 13.500 €, zusätzlich<br />

sind die Semesterbeiträge zu<br />

leisten.<br />

Fragen der Arbeitgeber beantwortet<br />

Prof. Wolfgang Buchholz<br />

(wbuchholz@fh-muenster.de)<br />

online am 3. Juni, 9–10 Uhr.<br />

fh-muenster.de/msb/studienga<br />

enge/master-digital-supplychain-management<br />

62 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


KARRIERE «<br />

Intelligenz oder Block-Chain-Technologie.<br />

Zudem sind sie in der Lage, neue Wege<br />

bei der Konzeption und Gestaltung von<br />

digitalisierten Supply Chains und digi -<br />

talen Geschäftsmodellen zu gehen, indem<br />

sie relevante Daten beschaffen, analysieren,<br />

aufbereiten, bewerten und visualisieren.<br />

Und schließlich zeichnen sich die AbsolventInnen<br />

dadurch aus, dass sie sowohl<br />

in analogen als auch in virtuellen<br />

Umgebungen konstruktiv zusammenarbeiten<br />

können.<br />

DigiSCM befähigt die AbsolventInnen unter<br />

Berücksichtigung der <strong>aktuell</strong>en Entwicklung<br />

der Digitalisierung sowohl<br />

intra logistische Managementaufgaben zu<br />

lösen als auch nationale und internationale<br />

Lieferketten und Wertschöpfungsnetze<br />

ganzheitlich zu analysieren und zu<br />

optimieren. (sas)<br />

„Geballte Kompetenz an der Schnittstelle SCM und Digitalisierung“<br />

Bild: Patrick Lückmann<br />

Prof. Dr. Wolfgang<br />

Buchholz von der<br />

FH Münster<br />

Wen möchten Sie mit dem Master-<br />

Studiengang ‚Digital Supply Chain<br />

Management‘ erreichen?<br />

Prof. Dr. Wolfgang Buchholz: Die<br />

AdressatInnen sind AbsolventInnen<br />

betriebswirtschaftlicher oder technischer<br />

Studiengänge, die sich nach<br />

ersten Praxiserfahrungen im Bereich<br />

Supply Chain Management nebenberuflich<br />

weiterqualifizieren möchten.<br />

Dazu gehören MitarbeiterInnen aus<br />

Funktionen, die mit der Gestaltung,<br />

Optimierung, aber auch operativen<br />

Abwicklung entlang der Supply Chain<br />

betraut sind sowie Interessenten von<br />

Industrie- und Handelsunternehmen,<br />

Logistikdienstleistern, Managementund<br />

IT-Beratungsunternehmen. Wir<br />

nehmen keine inhaltliche Fokussierung<br />

auf einzelne Teilbereiche der<br />

Supply Chain vor. Unsere Erfahrung<br />

hat gezeigt, dass z. B. auch für einen<br />

Disponenten der Distributionslogistik<br />

ein Einblick in die strategische<br />

<strong>Beschaffung</strong> hilfreich sein kann. Ein<br />

Blick über den eigenen Tellerrand<br />

kann nie schaden. Die Digitalisierung<br />

wird in allen Bereichen des Supply<br />

Chain Management weiterhin Einzug<br />

halten. Hierfür wollen wir unsere AbsolventInnen<br />

mit dem nötigen Rüstzeug<br />

versorgen.<br />

Was ist das Besondere an Ihrem<br />

Lehrangebot?<br />

An unserem „Institut für Prozessmanagement<br />

und Digitale Transformation“<br />

(IPD) an der FH Münster sind<br />

mittlerweile elf ProfessorInnen tätig,<br />

die sich mit den verschiedensten<br />

Facetten der Digitalisierung in Unternehmen<br />

beschäftigen. Wir betreuen<br />

dort Promotions-, Drittmittel- und<br />

Transferprojekte. Sechs der Profes -<br />

sorInnen haben einen logistischen<br />

Background aus den Bereichen Einkauf,<br />

Produktion und Distribution. Alle<br />

diese KollegInnen werden auch als<br />

DozentInnen in dem Programm<br />

DigiSCM tätig sein. Ergänzt wird das<br />

mit hochkarätigen DozentInnen aus<br />

der Unternehmenspraxis. Damit<br />

können wir geballte Kompetenz an<br />

der Schnittstelle SCM und Digitalisierung<br />

bieten.<br />

In der Lehre werden wir mit einer<br />

Mischung aus Präsenz- und Online-<br />

Lehre ebenfalls neue Wege gehen. In<br />

dem neuen Programm wird es in<br />

jedem Semester zwei Blockveranstaltungen<br />

zu Semesterbeginn/-ende<br />

geben . Dazwischen findet die Lehre<br />

online über eine Kommunikationsplattform<br />

statt. Termine sind dann<br />

flexibel unter der Woche nach der<br />

Arbeit einzurichten. Ein weiterer Vorteil<br />

ist auch, dass für Studierende, die<br />

nicht in der Nähe von Münster ansässig<br />

sind, dieses Studienprogramm gut<br />

abbildbar ist. Und auch bei den<br />

Prüfungs formen sollen nicht primär<br />

klassische Klausuren im Vordergrund<br />

stehen, sondern Projektarbeiten,<br />

Präsen tationen oder Hausarbeiten, die<br />

mit der Berufstätigkeit der Studierenden<br />

in Verbindung stehen.<br />

Mit der Betonung auf ‚Digital‘<br />

suggerieren Sie, dass es auch ohne<br />

gehen könnte?<br />

Natürlich wird es im SCM nicht mehr<br />

ohne „Digital “ gehen. Die Digitalisierung<br />

hat und wird die Supply Chains<br />

nachhaltig verändern. Daher ist es nur<br />

legitim , das auch in den Titel eines<br />

Studienprogramms aufzunehmen. Die<br />

Frage für Studierende ist: Ist in<br />

DigiSCM auch drin, was draufsteht?<br />

Wir sind der Meinung, dass wir die<br />

relevanten Themen der Digitalisierung<br />

von Supply Chains in sehr guter Art<br />

und Weise mit unserem Studiengang<br />

vermitteln können.<br />

Welche Erfahrungen haben Sie mit<br />

dem Online-Studium gemacht?<br />

Die dort gemachten Erfahrungen<br />

waren der Auslöser für unser neues<br />

Programm. In den Zeiten der Pandemie<br />

konnten wir ganz viele Erfahrungen<br />

in der Online-Lehre sammeln, die<br />

man jetzt gewinnbringend nutzen<br />

muss. Im Regelbetrieb wollen wir<br />

natürlich in Präsenz unterrichten. Für<br />

ein berufsbegleitendes Programm<br />

bietet sich die Online-Lehre aber ganz<br />

stark an. Letztendlich gilt: Die<br />

Mischung macht‘s. In einem berufsbegleitenden<br />

Programm ist die Vernetzung<br />

der Studierenden zudem ein<br />

ganz wichtiges Element, und das<br />

geht, trotz aller Technik, am besten<br />

im persönlichen Kontakt.<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 63


» BÜCHER<br />

Mit Künstlicher Intelligenz in die Zukunft<br />

Schöne, neue Welt im Jahre 2041?<br />

Mit diesem reichlich dickleibigen Buch wagen der international bekannte KI-Experte<br />

Kai-Fu Lee und der mehrfach prämierte Science-Fiction-Autor Qiufan Chen einen<br />

Ausblick auf die Welt und das Leben im Jahr 2041 in zehn spannend zu lesenden,<br />

fiktionalen Geschichten.<br />

Bild: Campus<br />

KI 2041 – Zehn Zukunftsvisionen.<br />

Kai-Fu<br />

Lee und Qiufan Chen.<br />

Campus Verlag Frankfurt<br />

/M. – New York<br />

2022, 534 Seiten, 26<br />

Euro, ISBN<br />

9783593515496<br />

Künstliche Intelligenz (KI) ist intelligente<br />

Soft- und Hardware, die Aufgaben<br />

erfüllen kann, die normalerweise<br />

menschliche Intelligenz erfordert. KI ist –<br />

so die Einschätzung der beiden Autoren<br />

Kai-Fu Lee und Qiufan<br />

Chen – in den<br />

»Künstliche Intelligenz<br />

ist der Schlüssel<br />

zu einer besseren<br />

Welt und einem<br />

besseren Leben.«<br />

schenzeit zu einem sehr bekannten<br />

Science- Fiction-Autor avanciert.<br />

Die beiden KI-Protagonisten haben sich<br />

zusammengetan, um den Einfluss von KI<br />

auf die zukünftige Welt aufzuzeigen. Sie<br />

haben dafür ein originelles Format gewählt:<br />

Qiufan Chen verfasste zehn fiktionale<br />

Kurzgeschichten, in denen er Facetten<br />

von KI fiktiv fortspinnt und den Leser<br />

dabei an unterschiedliche Orte führt. Die<br />

amüsant zu lesenden Geschichten zeigen<br />

auf, was in 20 Jahren möglich ist, wenn<br />

unser Alltag von künstlicher Intelligenz<br />

geprägt sein sollte. So erhalten die Leser -<br />

Innen ein Porträt unserer Welt und unseres<br />

privaten und geschäftlichen Lebens im<br />

nicht mehr so fernen Jahr 2041. Kai-Fu<br />

Lee führt für jede Kurzgeschichte den Realitätscheck<br />

durch<br />

und kommentiert<br />

sachkundig die<br />

Inhalte der darin<br />

vorkommenden<br />

Technologien.<br />

Erfreulicherweise<br />

setzt er dabei nicht<br />

nur die Brille des<br />

Informatikers auf, sondern bezieht auch<br />

gesellschaftliche Aspekte mit ein. So kann<br />

man die Chancen und Risiken der KI<br />

besser verstehen und vor allem nachvollziehen,<br />

dass es beim Erschließen der KI-<br />

Potenziale entscheidend auf die Mensch-<br />

Maschine-Symbiose ankommt.<br />

Die zehn Geschichten decken wichtige<br />

Bereiche des Lebens ab. Mal geht es um<br />

die Liebe, mal um die persönliche Zufriedenheit,<br />

aber auch darum, wie wir in der<br />

nahen Zukunft möglicherweise lernen<br />

(Stichwort Deep Learning), uns fortbewegen<br />

(Stichwort autonomes Fahren), bezahlen<br />

und arbeiten werden. KI-Anwendungen<br />

werden Medizin und Bildung<br />

letzten fünf Jahren<br />

zur gefragtesten<br />

Technologie der<br />

modernen Welt geworden.<br />

Auch IT-affine<br />

Einkaufsmanager<br />

können dies sicherlich<br />

bestätigen. In der modernen Einkaufsorganisation<br />

kommt KI bisher mit<br />

Trippelschritten voran, aber die Perspektiven<br />

für die Zukunft sind beeindruckend.<br />

Kai-Fu Lee ist ein an der amerikanischen<br />

Carnegie-Mellon-University promovierter<br />

bekannter KI-Protagonist, der in leitender<br />

Funktion für Microsoft und Apple arbeitete<br />

und als Manager Googles China-Geschäft<br />

maßgeblich mit aufbaute. Heute<br />

lebt er als Wagniskapital-Unternehmer in<br />

Peking und hat insofern zweifellos ein<br />

großes Interesse an der weiteren wirtschaftlichen<br />

Nutzung von KI. Der zweite<br />

Autor Qiufan Chen arbeitete in China für<br />

Baidu und Google und ist in der Zwidurch<br />

die Symbiose von Mensch und Maschine<br />

revolutionieren. Sie werden neue<br />

Formen der Kommunikation und Unterhaltung<br />

(Stichwort linguistische Datenverarbeitung)<br />

schaffen und dabei aber<br />

auch zu mehr Konflikten zwischen dem<br />

Schutz personenbezogener Daten und Lebenszufriedenheit<br />

führen. Schließlich<br />

geht KI nicht ohne Big Data. KI-Anwendungen<br />

werden uns von Routinearbeiten<br />

befreien, aber auch unser bisheriges Wirtschaftsmodell<br />

infrage stellen und leider<br />

auch neue Risiken in Form von autonomen<br />

Waffen hervorbringen. Ob sich die<br />

KI-Technologien als Fluch oder als Segen<br />

erweisen, hängt entscheidend davon ab,<br />

wie wir Menschen sie nutzen.<br />

Insgesamt ist das gut aufgemachte Buch<br />

eine bemerkenswerte Mischung aus lehrreichem<br />

Sachbuch und Science Fiction<br />

mit einem Schuss Utopie der zukünftig<br />

möglichen Realität. Auch wenn man den<br />

beiden Autoren eine Prise naiven Fortschrittsglauben<br />

attestieren muss, darf<br />

man ihre Schrift als Aufforderung verstehen,<br />

das Beste aus KI herauszuholen und<br />

mit gut durchdachten KI-Anwendungen<br />

wagemutig Neues zu erschließen.<br />

Prof. Dr. Robert Fieten<br />

Wissenschaftlicher<br />

Berater der<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>,<br />

Köln<br />

64 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


Bild: Verlag Dr. Kovac<br />

Bild: Herder<br />

Bild: Herder<br />

Globale Produktionsnetze<br />

Aus der Verteilung der Produktion auf verschiedene<br />

Standorte ergeben sich für global<br />

agierende Unternehmen neben den<br />

unzweifelhaften Vorteilen auch Risiken.<br />

Reinhard Riffel entwickelt in diesem Buch<br />

ein Optimierungsmodell, das für global<br />

agierende Unternehmen mit weltweit verteilten<br />

Produktionsstandorten die optimale<br />

Verteilung von Produktgruppen und Produktionsvolumen<br />

findet unter Berücksichtigung<br />

wesentlicher strategischer Risiken.<br />

Zur Lösung der Aufgabenstellung wird ein<br />

dynamisches stochastisch gemischt ganzzahliges<br />

lineares Optimierungsmodell mit<br />

einer Zielfunktion entwickelt und mathematisch<br />

formuliert, welches die zuvor als<br />

strategisch relevant identifizierten Risiken<br />

von steigenden Importzöllen sowie Wechselkurs-<br />

und Nachfrageschwankungen berücksichtigt.<br />

Dieses Modell wird mithilfe<br />

einer Fallstudie, der fiktiven „Deutsche<br />

Motorenwerke AG“, einer numerischen<br />

Analyse unterzogen. Aus den Ergebnissen<br />

wird der weitere Forschungsbedarf identifiziert<br />

sowie ein Best-Practice-Ansatz für<br />

die Praxis abgeleitet – aus der Forschung<br />

für Interessierte. (sas)<br />

Optimierung globaler Produktionsnetzwerke<br />

unter Berücksichtigung<br />

strategischer Risiken<br />

in der Schriftenreihe:<br />

Logistik-Management in Forschung und<br />

Praxis, Band 69<br />

Reinhard Riffel<br />

Verlag Dr. Kovac, Hamburg, 2022<br />

Softcover, 116 Seiten<br />

ISBN 978–3–339–12880–<br />

Wirtschaft und Gesellschaft<br />

Die soziale Marktwirtschaft ist grundlegend<br />

für Deutschlands Gesellschaftsordnung<br />

– freier Wettbewerb, Preisstabilität<br />

und sozialer Ausgleich haben dieses Modell<br />

so erfolgreich gemacht. Jedoch wurde<br />

spätestens mit der Finanzmarkt krise<br />

2008 deutlich, dass dieses Modell im 21.<br />

Jahrhundert weiterentwickelt werden<br />

muss. Digitalisierung, Dekarbonisierung<br />

und geopolitische Machtkämpfe erhöhen<br />

den Druck. Professor Dr. Michael Hüther,<br />

Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft,<br />

bietet einen Überblick zum Zustand<br />

und zu den Perspektiven der sozialen<br />

Marktwirtschaft, die insbesondere<br />

durch die Globalisierung auf die Probe<br />

gestellt wird. Denn obwohl unsere Industrie<br />

auf den Export dringend angewiesen<br />

ist, „steht sie unter Druck durch Protektionismus<br />

und Systemkonflikte zwischen<br />

dem transatlantischen Westen und China“,<br />

wie Siegfried Russwurm und Joachim<br />

Lang in ihrem Vorwort feststellen.<br />

Der vorliegende Band ist der erste, der<br />

vom Herder Verlag herausgegebenen<br />

Reihe „Wirtschaft und Gesellschaft“, die<br />

Denkanstöße zur Debatte geben möchte,<br />

wie die Zukunft der Wirtschaft in<br />

Deutschland erfolgreich gestaltet werden<br />

kann.<br />

Welche Zukunft hat die soziale<br />

Marktwirtschaft?<br />

Michael Hüther<br />

Verlag Herder, Freiburg, 1. Auflage 2022<br />

Kartoniert, 128 Seiten, 10,00 €<br />

ISBN: 978–3–451–07229–1<br />

Vorsicht: Autokratien!<br />

Ist Moral ein Wirtschaftsfaktor? Welche<br />

roten Linien gelten im Umgang mit autoritären<br />

Regimen? Deutschland ist wie<br />

kein anderes Land auf den Export von<br />

Spitzenprodukten angewiesen, um Wohlstand<br />

und Beschäftigung zu sichern. Die<br />

Freihandelspolitik steht jedoch erheblich<br />

unter Druck. Autoritäre Regime wie China<br />

setzen ihre staatsgelenkten Wirtschaftssysteme<br />

dazu ein, geopolitische Ziele zu<br />

erreichen. Handelskonflikte können sich<br />

zu Wirtschaftskriegen auswachsen, Sanktionen<br />

können zum Mittel der Außenpolitik<br />

werden. Welche Verantwortung<br />

kommt den Unternehmen zu, wenn Menschenrechte<br />

verletzt werden? Welche außenwirtschaftlichen<br />

Leitplanken sollten<br />

im Umgang mit aggressiven Staaten wie<br />

Russland gelten?<br />

Der Bundesverband der Deutschen Industrie<br />

e. V. lädt mit dieser Buchreihe zu einer<br />

Debatte über Wirtschafts- und Industriepolitik<br />

ein, um Fakten- und Hintergrundwissen<br />

verständlich zu vermitteln.<br />

Die Reihe möchte Anstöße zur Lösung<br />

langfristiger Herausforderungen für den<br />

Wohlstand künftiger Generationen geben.<br />

Mit Beiträgen von Nils Ole Oermann,<br />

Sabine Herold, Hans-Jürgen Wagener,<br />

Edna Schöne u.a.<br />

Wie soll die Wirtschaft mit<br />

Autokratien umgehen?<br />

Siegfried Russwurm (Herausgeber),<br />

Joachim Lang (Herausgeber)<br />

Verlag Herder, Freiburg, 1. Auflage, 2022<br />

Kartoniert, 128 Seiten, 10,00 €<br />

ISBN: 978–3–451–07230–7<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 65


INSERENTENVERZEICHNIS<br />

IMPRESSUM<br />

Bild: Keller & Kalmbach<br />

apsolut GmbH, Bielefeld 18-19<br />

Bundesministerium für Arbeit und<br />

Soziales (BMAS), Berlin 5<br />

Chr. Mayr GmbH + Co. KG Antriebstechnik,<br />

Mauerstetten 49<br />

Gersfelder Metallwaren GmbH, Gersfeld 21<br />

Gütegemeinschaft Paletten e.V., Münster 25<br />

Keller & Kalmbach GmbH, Unterschleißheim 2<br />

Lederer GmbH, Ennepetal 6<br />

Maxon Motor GmbH, Sexau 3<br />

Orderfox AG, LI-Ruggell 23<br />

VORSCHAU<br />

CONSULTINGKOSTEN<br />

Wer wünscht sich das nicht: Mehr<br />

Transparenz im Einkauf von Beratungs -<br />

leistungen? Aufgrund der üblicherweise<br />

sehr komplexen, durch unterschiedliche<br />

Anbieter vorgestellten Projektalternativen<br />

ist die Auswahl von Beratungsunternehmen<br />

kein rein ökonomischer Vorgang.<br />

PriceWaterhouseCoopers AG<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Düsseldorf 7<br />

RCT Reichelt Chemietechnik GmbH + Co.,<br />

Heidelberg 39<br />

reichelt elektronik GmbH & Co. KG, Sande 9<br />

Ernst Reiner GmbH & Co. KG, Furtwangen 47<br />

SoftconCIS GmbH, Oberhaching 13<br />

VDW Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken<br />

e.V., Frankfurt 11<br />

TITELSTORY<br />

Wir sprechen mit<br />

Dr. Florian Seidl,<br />

geschäftsführender<br />

Gesellschafter bei<br />

Keller & Kalmbach,<br />

über die volatilen<br />

Zeiten auf den<br />

Einkaufsmärkten .<br />

FUHRPARK<br />

Es mangelt an Fahrzeugen und die<br />

Kosten steigen massiv. Verantwortlich<br />

sind nicht nur fehlende Halbleiter,<br />

sondern auch ungünstige Leasing -<br />

verträge . Gibt es Alternativen?<br />

Das Magazin für Einkauf, Material wirtschaft und Logistik<br />

ISSN 0341–4507<br />

Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />

Verlag: Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH<br />

Ernst-Mey-Straße 8,<br />

70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />

Geschäftsführer: Peter Dilger<br />

Verlagsleiter: Peter Dilger<br />

Chefredakteur:<br />

B. A. Alexander Gölz (ag), Phone +49 711 7594–438<br />

Ernst-Mey-Straße 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />

Redaktion:<br />

Dipl.-Ing. (FH) Sabine Schulz-Rohde (sas),<br />

Phone +49 711 7594–252;<br />

Yannick Schwab (ys), Phone +49 711 7594–537<br />

Korrespondent:<br />

M.A. Nico Schröder (sc), Phone +49 170 6401879<br />

Freie Mitarbeit:<br />

Ass. Jur. Ulrike Dautzenberg, RA Anja Falkenstein,<br />

Dipl. Ing. (FH) Michael Grupp, M.A. Annette Mühlberger,<br />

M.A. Sabine Ursel<br />

Fachliche Beratung: Prof. Dr. Robert Fieten<br />

Redaktionsassistenz:<br />

Daniela Engel, Phone +49 711 7594–452,<br />

Fax –1452, E-Mail: daniela.engel@konradin.de<br />

Layout: Jennifer Martins, Phone +49 711 7594–262<br />

Gesamtanzeigenleitung:<br />

(Verantwortlich für den Anzeigenteil)<br />

Joachim Linckh, Phone +49 711 7594–565<br />

Auftragsmanagement:<br />

Matthias Rath, Phone +49 711 7594–323<br />

Leserservice: <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>, Phone +49 711 7252–209,<br />

E-Mail: konradinversand@zenit-presse.de<br />

Erscheinungsweise: 9 x jährlich<br />

Bezugspreis jährlich: Inland 160,20 € inkl. MwSt. und<br />

Versandkosten; Ausland 165,15 € inkl. Versandkosten;<br />

Einzelheft Inland: 17,90 € inkl. MwSt. und Versandkosten.<br />

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Leinfelden-Echterdingen<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> 7-8/2022 erscheint am 28.07.2022<br />

Anzeigenschluss ist am 4.07.2022<br />

66 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022


MEINUNG «<br />

Hamstern – kein Mittel<br />

gegen Lieferkettenstress<br />

Die schlechten Nachrichten aus der deutschen Industrie finden<br />

zurzeit leider kein Ende. Das Statistische Bundesamt berichtete,<br />

dass im März 2022 neben dem Export und dem Auftragseingang<br />

auch die Industrieproduktion überraschend deutlich sank. Die<br />

reale (preisbereinigte) Produktion im Produzierenden Gewerbe<br />

fiel im März 2022 gegenüber Februar 2022 saison- und kalenderbereinigt<br />

um 3,9 Prozent. Im April 2022, für den die Zahlen<br />

noch nicht vorliegen, dürfte es kaum besser aussehen. Die Statistiker<br />

verweisen darauf, dass es einen stärkeren Rückgang zuletzt<br />

zu Beginn der Corona-Krise im April 2020 gegeben<br />

(-18,1 % gegenüber März 2020) habe.<br />

Infolge anhaltend gestörter Lieferketten aufgrund der rigiden<br />

Lockdowns im wichtigen <strong>Beschaffung</strong>smarkt China und des<br />

Kriegs in der Ukraine haben viele Unternehmen große Probleme<br />

beim Abarbeiten ihrer gut gefüllten Auftragsbücher. Deutschlands<br />

wichtigstem Industriezweig,<br />

der Automobilindustrie, fehlten im März u. a. Kabelbäume<br />

aus der Ukraine, mit der Folge, dass die Produktion<br />

um 14 Prozent fiel. Dies bleibt nicht ohne Ausstrahleffekte<br />

auf die vorgelagerten Industrien. Laut ifo<br />

Institut für Wirtschaftsforschung klagten im März 2022<br />

gut 80 Prozent der befragten Industrieunternehmen über<br />

Engpässe und Probleme bei der <strong>Beschaffung</strong> von Vorprodukten<br />

und Rohstoffen. Unserer Industrie machen zudem<br />

die hohen Energiepreise schwer zu schaffen. Laut Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums<br />

drosselten energieintensive Unternehmen aus den Feldern Glas, Glaswaren, Keramik<br />

sowie Verarbeitung von Steinen und Erden im März ihre Produktion um 6,7 Prozent.<br />

»Hamsterkäufe [...] heizen<br />

die Einkaufspreise weiter an<br />

und verschlimmbessern den<br />

Dauerstress.«<br />

Prof. Dr. Robert Fieten,<br />

wissenschaftlicher Berater der<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>, Köln<br />

Wann es wieder besser wird, steht in den Sternen. Hohe Rohstoff- und Energiepreise und<br />

vor allem die Lieferketten im Dauerstress machen den Unternehmen auf der Angebotsseite<br />

wohl noch auf geraume Zeit das Leben schwer. Auf der Nachfrageseite belasten die offenbar<br />

in den Dauerzustand übergehende hohe Inflation sowie die Unsicherheit infolge<br />

des Ukraine-Krieges. Hinzu kommt die bald zu erwartende Zinserhöhung durch die EZB.<br />

In dieser ungemütlichen Gemengelage agieren die Einkäufer am Anschlag. Hoffentlich<br />

behalten sie dabei einen kühlen Kopf! In Zeiten der Knappheit von Rohstoffen wie etwa<br />

Nickel, Kupfer, Lithium und Co. sowie von Vorprodukten wie Stahl, Halbleiter, Kunststoff,<br />

Papier selbst Schrauben und Nägel etc. werden die überkommenen Einkaufs-Best-Practices<br />

wie etwa beinharter Lieferantenwettbewerb, Reverse Auctions, Abrufe on demand obsolet.<br />

Es zählt nur noch Verfügbarkeit. Dies verleitet zu Panik- und Hamsterkäufen. Diese<br />

heizen jedoch die Einkaufspreise weiter an und verschlimmbessern den Dauerstress in den<br />

Lieferketten. Was sollten die Einkäufer tun? Für diejenigen, die sich nicht längerfristig abgesichert<br />

haben, ist die Situation verfahren – hoffentlich nur temporär. Eine Lehre aus der<br />

<strong>aktuell</strong>en Versorgungskrise lautet: Für die Zukunft müssen resiliente Lieferketten und<br />

funktionierende Ökosysteme mit Lieferanten aufgebaut werden. Dies wird nicht billig. Es<br />

ist zu akzeptieren, dass Versorgungssicherheit ihren Preis hat!<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 06 | 2022 67


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