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Krebsratgeber

Egal, ob man als Ärztin oder Arzt beim Diagnosegespräch die richtigen Worte finden muss, oder als Patient:in beim Gespräch mit Freunden, Familie, Kindern, Arbeitskolleg:innen, oder auch als nicht Betroffene:r (darf ich einen Menschen mit Glatze fragen, ob er Krebs hat?) – Über Krebs zu sprechen ist schwierig. Diese Kampagne hilft dabei, das Gespräch zu beginnen und zu vertiefen.

Egal, ob man als Ärztin oder Arzt beim Diagnosegespräch die richtigen Worte finden muss, oder als Patient:in beim Gespräch mit Freunden, Familie, Kindern, Arbeitskolleg:innen, oder auch als nicht Betroffene:r (darf ich einen Menschen mit Glatze fragen, ob er Krebs hat?) – Über Krebs zu sprechen ist schwierig. Diese Kampagne hilft dabei, das Gespräch zu beginnen und zu vertiefen.

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Eine Themenzeitung von Mediaplanet<br />

EXPERTISE<br />

Endometriumkarzinom:<br />

Zuhören ist Teil der Therapie<br />

Der Krebs der Gebärmutterschleimhaut gilt als eine der häufigsten<br />

bösartigen Erkrankungen. Dennoch fällt es vielen PatientInnen schwer<br />

darüber zu reden, erklärt der Gynäkologe Christian Marth.<br />

Text Werner Sturmberger<br />

FOTO: UNSPLASH<br />

Wie entsteht das Endometriumkarzinom?<br />

Östrogen und Gelbkörperhormon regen das<br />

Wachstum der Gebärmutterschleimhaut<br />

während des Zyklus an. Bei der Monatsblutung<br />

wird die oberste Schicht der Schleimhaut<br />

wieder abgestoßen. Nach dem Wechsel<br />

aber auch bei einer Hormontherapie oder<br />

bei Übergewicht kann es dazu kommen, dass<br />

Östrogene überwiegen, was das Wachstum<br />

und damit<br />

eine mögliche<br />

Entartung der Schleimhaut anregt. Ein<br />

solche Entartung kann in weiterer Folge über<br />

Vorstufen zum Entstehen eines Endometriumkarzinoms<br />

führen. Neben Übergewicht,<br />

Diabetes sowie der erblichen Vorbelastung<br />

ist es vor allem das fortgeschrittene Alter,<br />

das einen bekannten Risikofaktor, an diesem<br />

Tumor zu erkranken, darstellt. Jährlich sind<br />

zwischen 900 und 1.000 Frauen betroffen.<br />

Damit ist es der häufigste gynäkologische<br />

Beckentumor. Für 180 Frauen pro Jahr<br />

verläuft dieser immer noch tödlich. Gesamt<br />

betrachtet bedeutet das aber, dass über 80<br />

Prozent aller Patient:innen geheilt werden<br />

können.<br />

Wie entdeckt man den Tumor?<br />

Thomas Mann hat die Erkrankung in seinem<br />

Roman „Die Betrogene“ sehr gut beschrieben.<br />

Darin geht es um eine Witwe, die sich in<br />

einen jüngeren Mann verliebt. Sie leidet<br />

darunter, dass sie ihm keine Kinder mehr<br />

schenken kann. Als sie eines Tages<br />

eine Blutung entdeckt, hält sie das für<br />

ein Wiedereinsetzen ihrer Periode.<br />

Tatsächlich handelt es sich dabei<br />

aber um ein Endometriumkarzinom,<br />

an dem sie letztlich verstirbt.<br />

Treten nach dem Wechsel<br />

Blutungen auf, sollte man das<br />

darum immer abklären lassen.<br />

Oftmals handelt es sich um<br />

gutartige Veränderungen der<br />

Gebärmutterschleimhaut –<br />

aber eben nicht immer. Der<br />

Tumor wird jedoch meist früh<br />

entdeckt, was sich positiv auf<br />

die Heilungsrate auswirkt.<br />

Wenngleich seltener, kann<br />

die Erkrankung ebenso bereits<br />

vor dem Wechsel auftreten und<br />

sich durch eine unregelmäßige<br />

Blutung bemerkbar machen. Die<br />

Unregelmäßigkeit sorgt dafür, dass<br />

viele Frauen dies ohnehin abklären<br />

lassen, weshalb die Erkrankung auch<br />

in jungen Jahren oft rasch entdeckt wird.<br />

Gerade wenn es in der Familie viele Fälle<br />

von Darmkrebs gibt, sollte man die Möglichkeit<br />

eines Endometriumkarzinoms im<br />

Hinterkopf behalten.<br />

Wie erleben Patient:innen die Diagnose?<br />

Es ist immer sehr unterschiedlich, wie<br />

Patient:innen reagieren – abhängig vom<br />

Alter, vom Schweregerad der Erkrankung und<br />

nicht zuletzt von der individuellen Resilienz,<br />

die Patient:innen mitbringen. Ich hatte<br />

heute eine Patientin, der die Gebärmutter<br />

entnommen wird. Die Dame ist etwa 70 Jahre<br />

alt und freut sich, dass sie geheilt nach Hause<br />

gehen kann. Das ist aber natürlich nicht<br />

immer so. Vor allem bei Frauen im gebärfähigen<br />

Alter ist die Diagnose natürlich von<br />

ganz anderer Bedeutung. Hier versucht man<br />

deshalb oft, die Gebärmutter therapeutisch<br />

zu erhalten, um den Kinderwunsch nach<br />

wie vor ermöglichen zu können. Klar ist: Die<br />

Wünsche der Patientin/des Patienten stehen<br />

immer Zentrum.<br />

Wie schwierig ist es,<br />

über die Erkrankung zu sprechen?<br />

Ich habe noch die Zeit miterlebt, da hat man<br />

gar nicht von Krebs, sondern nur von einer<br />

„Veränderung der Gebärmutter“ gesprochen –<br />

und auch nur mit den Angehörigen und nicht<br />

mit der Patientin/dem Patienten selbst. Das<br />

hat sich natürlich mittlerweile vollkommen<br />

geändert. Dennoch ist es nach wie vor nicht<br />

so leicht, als Betroffene:r darüber zu sprechen.<br />

Wie bei allen gynäkologisch relevanten<br />

Organen handelt es sich auch hier um ein<br />

sehr intimes Thema – vor allem, wenn die<br />

Erkrankung sehr früh auftritt. Zuhören und<br />

die Person erzählen lassen sind darum ganz<br />

wichtig. Es geht auch darum, persönliche und<br />

nicht nur unmittelbar medizinische Fragen<br />

zu stellen, um zu erfahren, wie sozial eingebettet<br />

jemand ist und wieviel Unterstützung<br />

das soziale Umfeld bieten kann.<br />

Welche Rolle kommt Angehörigen<br />

und Freund:innen zu?<br />

Ich habe schon erlebt, dass eine Patientin ihre<br />

Angehörigen bis zum Schluss im Dunkeln<br />

über die Erkrankung gelassen hat. Das ist<br />

natürlich ihr gutes Recht, weil sie so ihr<br />

Umfeld schützen wollte. Natürlich empfehlen<br />

wir aber, Ängste und Sorge mit Menschen, die<br />

einem nahe stehen, zu teilen. Wir Ärzte und<br />

Ärztinnen können nicht allein dabei helfen,<br />

die Erkrankung zu bewältigen. Der Kontakt<br />

ist ja immer nur punktuell im Rahmen von<br />

Terminen möglich. Darum braucht es<br />

Menschen, die auch sonst ein offenes Ohr<br />

haben. Gibt es diese Unterstützung aus dem<br />

privaten Umfeld nicht oder reicht sie schlichtweg<br />

nicht aus, kann es auch ratsam sein, sich<br />

an die Krebshilfe oder entsprechende<br />

Selbsthilfegruppen zu wenden.<br />

FOTO: FELICITAS MATERN<br />

Univ.-Prof. Dr.<br />

Christian Marth,<br />

Leiter der Universitätsklinik<br />

für Gynäkologie<br />

und Geburtshilfe<br />

an der MedUni<br />

Innsbruck<br />

Diese Kampagne wurde unterstützt von Eisai GmbH.<br />

Bei dieser Logoplatzierung handelt es sich<br />

um eine entgeltliche Einschaltung.

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