Armin Kohnle | Manfred Rudersdorf: Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513 bis 1532. Reformation im Kontext frühneuzeitlicher Staatswerdung (Leseprobe)
Die Kurfürsten Friedrich der Weise (1463–1525) und Johann der Beständige (1468–1532) waren Schlüsselgestalten der frühen Reformationsgeschichte. Als Landesherren Martin Luthers schufen sie den politischen Rahmen für die Ausbreitung und Durchsetzung der Wittenberger Reformation. Die Edition verfolgt das Ziel, die kirchenpolitischen Briefe und Akten dieser beiden herausragenden ernestinisch-sächsischen Reformationsfürsten erstmals auf breiter Basis für die kirchen- und allgemeinhistorische Forschung zugänglich zu machen. Zeitliche Grenzen der Edition bilden die innere Landesteilung (Mutschierung) zwischen Friedrich und Johann 1513 und der Tod des Kurfürsten Johann 1532. In diesen knapp zwei Jahrzehnten kann der Transformationsprozess von der spätmittelalterlichen zur reformatorischen Kirche Wittenberger Prägung erstmals anhand zahlreicher, teilweise bisher unbekannter Quellen nachvollzogen werden. Nicht nur Lehre, Praxis und Ordnung der Kirche, sondern auch die staatliche Verwaltung, die Kultur und der Bildungsbereich waren von dieser Umgestaltung betroffen. Damit trug die Reformation erheblich zur frühmodernen Staatswerdung bei. Band 2 bietet über 1100 Schriftstücke aus der Zeit zwischen 1518 und 1522. Martin Luther trat durch seine Thesen über den Ablass, die einen Häresieprozess nach sich zogen, seit Frühjahr 1518 immer mehr in das Blickfeld der kursächsischen Kirchenpolitik. Die in Band 2 gebotenen Quellen verdeutlichen die Sprengkraft der frühen Reformationsbewegung in einer Phase, in der sich eine obrigkeitliche Steuerung reformatorischer Prozesse noch nicht hatte ausbilden können. Daneben blieben traditionelle kirchenpolitische Themen und Konfliktlinien, wie sie bereits in Band 1 dokumentiert wurden, auch in diesen Jahren auf der Tagesordnung.
Die Kurfürsten Friedrich der Weise (1463–1525) und Johann der Beständige (1468–1532) waren Schlüsselgestalten der frühen Reformationsgeschichte. Als Landesherren Martin Luthers schufen sie den politischen Rahmen für die Ausbreitung und Durchsetzung der Wittenberger Reformation. Die Edition verfolgt das Ziel, die kirchenpolitischen Briefe und Akten dieser beiden herausragenden ernestinisch-sächsischen Reformationsfürsten erstmals auf breiter Basis für die kirchen- und allgemeinhistorische Forschung zugänglich zu machen. Zeitliche Grenzen der Edition bilden die innere Landesteilung (Mutschierung) zwischen Friedrich und Johann 1513 und der Tod des Kurfürsten Johann 1532. In diesen knapp zwei Jahrzehnten kann der Transformationsprozess von der spätmittelalterlichen zur reformatorischen Kirche Wittenberger Prägung erstmals anhand zahlreicher, teilweise bisher unbekannter Quellen nachvollzogen werden. Nicht nur Lehre, Praxis und Ordnung der Kirche, sondern auch die staatliche Verwaltung, die Kultur und der Bildungsbereich waren von dieser Umgestaltung betroffen. Damit trug die Reformation erheblich zur frühmodernen Staatswerdung bei.
Band 2 bietet über 1100 Schriftstücke aus der Zeit zwischen 1518 und 1522. Martin Luther trat durch seine Thesen über den Ablass, die einen Häresieprozess nach sich zogen, seit Frühjahr 1518 immer mehr in das Blickfeld der kursächsischen Kirchenpolitik. Die in Band 2 gebotenen Quellen verdeutlichen die Sprengkraft der frühen Reformationsbewegung in einer Phase, in der sich eine obrigkeitliche Steuerung reformatorischer Prozesse noch nicht hatte ausbilden können. Daneben blieben traditionelle kirchenpolitische Themen und Konfliktlinien, wie sie bereits in Band 1 dokumentiert wurden, auch in diesen Jahren auf der Tagesordnung.
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<strong>Armin</strong> <strong>Kohnle</strong> | <strong>Manfred</strong> <strong>Rudersdorf</strong> (Hrsg.)<br />
<strong>Briefe</strong> <strong>und</strong> <strong>Akten</strong><br />
<strong>zur</strong> <strong>Kirchenpolitik</strong><br />
<strong>Friedrichs</strong> <strong>des</strong> <strong>Weisen</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Johanns</strong> <strong>des</strong> <strong>Beständigen</strong><br />
<strong>1513</strong> <strong>bis</strong> 1532<br />
Band 2<br />
1518 <strong>bis</strong> 1522
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort der Herausgeber 7<br />
Einleitung 11<br />
Handschreiben <strong>und</strong> Kanzleischreiben 31<br />
Editionsrichtlinien 43<br />
Siglen der Archive <strong>und</strong> Bibliotheken 47<br />
Abkürzungsverzeichnis 49<br />
Quelleneditionen <strong>und</strong> Literatur 53<br />
Quellenteil 65<br />
Nachträge zu Band 1 851<br />
Ergänzungen <strong>und</strong> Korrekturen zu Band 1 854<br />
Register der Orte <strong>und</strong> Personen 857
Vorwort der Herausgeber<br />
Nach vier Jahren Bearbeitungszeit kann Band 2 der Friedrich-<strong>und</strong>-Johann-Edition<br />
(BAKFJ) termingerecht der wissenschaftlichen Ö entlichkeit übergeben werden.<br />
Der Band, der an den 2017 erschienenen Band 1 (<strong>1513</strong> <strong>bis</strong> 1517) anschließt, deckt<br />
den Zeitraum von 1518 <strong>bis</strong> 1522, mithin die frühen Jahre der evangelischen<br />
Bewegung <strong>im</strong> Ursprungsland der <strong>Reformation</strong>, ab. Damit wird nicht nur ein lange<br />
beklagtes Desiderat der Forschung erfüllt, sondern auch der hohe Stellenwert<br />
der <strong>Reformation</strong>sforschung in der bewährten Editionspraxis der Sächsischen<br />
Akademie der Wissenschaften zu Leipzig unterstrichen.<br />
Es zeigt sich, wie nachhaltig in diesen Anfangsjahren der <strong>Reformation</strong> die administrative<br />
Durchdringung von kirchlicher Erneuerung, fürstlicher Mitgestaltung <strong>und</strong><br />
territorialen Rahmenbedingungen auf das Transformationsgeschehen in Politik,<br />
Verwaltung <strong>und</strong> ständischer Gesellschaft <strong>des</strong> ernestinischen Territoriums eingewirkt<br />
hat. Insofern dürfen Vorgehensweise <strong>und</strong> Ablau ormen der <strong>Kirchenpolitik</strong><br />
in Kursachsen eine paradigmatische Vorbildfunktion für andere evangelisch werdende<br />
Territorien <strong>im</strong> Reich <strong>und</strong> in Europa beanspruchen. Die Auswertung der<br />
Quellen für den genannten Zeitraum demonstriert erneut, wie ein ussreich die<br />
enge Korrespondenz <strong>und</strong> damit der Verständigungswille zwischen den beiden<br />
Brüdern Kurfürst Friedrich dem <strong>Weisen</strong> <strong>und</strong> Herzog Johann dem <strong>Beständigen</strong> für<br />
Inhalt, Form <strong>und</strong> Umsetzung <strong>des</strong> Erneuerungsprozesses in der Inkubationsphase<br />
vor der Durchsetzung der institutionalisierten obrigkeitlichen <strong>Reformation</strong> waren.<br />
So vermag Band 2 beispielhaft zu zeigen, wie jenseits der großen reichspolitischen<br />
Bühnen in Worms (1521) <strong>und</strong> Nürnberg (1522) das Räderwerk der territorialen<br />
<strong>Kirchenpolitik</strong>, ausgehend von Hof, Kanzlei <strong>und</strong> Universität Wittenberg, raumgreifend<br />
auf die starke Einbindung der weltlichen Amtsträger in Stadt <strong>und</strong> Land<br />
Ein uss genommen hat. Anhand der Dokumente kann nachgewiesen werden, wie<br />
die Konfrontation zwischen geistlicher Gerichtsbarkeit <strong>und</strong> weltlichem Recht <strong>zur</strong><br />
allmählichen Zurückdrängung der traditionellen Jurisdiktionsgewalt der Bischöfe<br />
in Meißen, Merseburg <strong>und</strong> Naumburg-Zeitz führte. Prägend für die stadtbürgerliche<br />
Szene <strong>im</strong> Gravitationszentrum Wittenberg waren die Auseinandersetzungen<br />
über die päpstliche Bulle Exsurge Domine, die Gegner <strong>und</strong> Verteidiger Luthers<br />
gleichermaßen auf den Plan riefen <strong>und</strong> zu zeitweise heftigen Unruhen unter den<br />
Studenten <strong>und</strong> städtischen Eliten <strong>im</strong> Kurstaat führten. Der Gegensatz zwischen<br />
der altgläubigen <strong>Kirchenpolitik</strong> <strong>im</strong> albertinischen Herzogtum Sachsen <strong>und</strong> der<br />
zwischen Gewährenlassen <strong>und</strong> reformerischem Impetus angesiedelten Politik der
8 Vorwort der Herausgeber<br />
ernestinischen Brüder <strong>im</strong> Kurfürstentum deutet die unversöhnlichen Di erenzen<br />
der religionspolitischen Entwicklung <strong>im</strong> wettinischen Herrschaftsverband bereits<br />
an.<br />
Die nach der Zäsur von 1517 von Jahr zu Jahr dichter werdende Überlieferung<br />
der Quellen zwingt angesichts der Masse von <strong>Briefe</strong>n, Dekreten <strong>und</strong> Relationen<br />
zu einer strengen Selektion <strong>und</strong> Bewertung, zu der sich Projektleitung <strong>und</strong> Bearbeiterteam<br />
aus Kapazitäts- <strong>und</strong> Rationalitätsgründen von Beginn an entscheiden<br />
mussten. So überwiegt die Präsentation der Quellen in Regestenform die Edition<br />
der Quellen <strong>im</strong> Wortlaut, die nur bei besonders relevanten Dokumenten <strong>und</strong> solchen,<br />
die neu entdeckt, <strong>bis</strong>lang also unbekannt waren, <strong>zur</strong> Anwendung gelangte.<br />
Band 2 umfasst insgesamt 1102 Nummern <strong>und</strong> hat damit das drucktechnische<br />
L<strong>im</strong>it für den Bandumfang erreicht. In Abst<strong>im</strong>mung <strong>und</strong> mit ausdrücklicher Befürwortung<br />
der projektbegleitenden Kommission schließen die in Band 2 gebotenen<br />
Quellen mit dem Jahresende 1522. Die Bandeinteilung wird damit der Realität<br />
der Überlieferungsdichte angepasst, ohne dass die Erfüllung <strong>des</strong> Editionsziels<br />
innerhalb der Projektlaufzeit in Frage gestellt wird.<br />
Der räumliche Umzug der Projektgruppe in ein benachbartes Gebäude der Sächsischen<br />
Akademie hat <strong>im</strong> Pandemiejahr 2021 an der Unterstützung <strong>und</strong> weiteren<br />
opt<strong>im</strong>alen Gewährleistung der Arbeitsbedingungen durch die Akademieleitung<br />
nichts geändert. Unser Dank gilt den Mitgliedern der projektbegleitenden Kommission<br />
mit ihrem Vorsitzenden Prof. Dr. Heiner Lück für anhaltende Unterstützung<br />
<strong>und</strong> zielführende Beratung. Ebenso sei den zahlreichen Archiven <strong>und</strong> Bibliotheken<br />
für zuvorkommende Hilfen gedankt – namentlich <strong>im</strong> Lan<strong>des</strong>archiv Thüringen /<br />
Hauptstaatsarchiv We<strong>im</strong>ar Frau Direktorin Dagmar Blaha <strong>und</strong> Herrn Referatsleiter<br />
Volker Graupner, <strong>im</strong> Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden Herrn Referent<br />
Dr. Eckhart Leisering sowie <strong>im</strong> Lan<strong>des</strong>archiv Sachsen-Anhalt Herrn Archivoberrat<br />
Dr. Björn Schmalz. Stellvertretend für alle Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen<br />
in den genutzten Archiven sei Frau Susan Pleintinger, Leiterin <strong>des</strong> Stadtarchivs<br />
Altenburg, genannt, der für ihre unkonventionelle Kooperation während der<br />
Corona-Phase zu danken ist.<br />
Veränderungen gab es innerhalb der personellen Zusammensetzung der Projektgruppe.<br />
Der <strong>bis</strong>herige Arbeitsstellenleiter, Herr PD Dr. Stefan Michel, wechselte<br />
<strong>im</strong> August 2021 als Lehrbeauftragter für Kirchengeschichte an das Institut für<br />
Evangelische Theologie an der TU Dresden. Für seine jahrelange zuverlässige<br />
<strong>und</strong> umsichtige Arbeit als Organisator <strong>und</strong> Editor sei ihm an dieser Stelle herzlich<br />
gedankt. Herr Michel bleibt dem Projekt auch nach seinem Wechsel als Kooperationspartner<br />
weiter verb<strong>und</strong>en. An seiner Stelle hat Frau Dr. Beate Kusche die<br />
Position der Arbeitsstellenleiterin übernommen, wodurch die Kontinuität der<br />
Arbeit auf Dauer gewährleistet bleibt. Als wissenschaftliche Mitarbeiter amtieren<br />
weiterhin Frau Dr. Ulrike Ludwig <strong>und</strong> Herr Diplom-Theologe Konstantin Enge.
Vorwort der Herausgeber 9<br />
Neu hinzugekommen ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter (auf einer halben<br />
Stelle) Herr Lucas Wölbing. Herr Diplom-Theologe Alexander Bartmuß bleibt<br />
als wissenschaftlich-technischer Mitarbeiter besonders zuständig für die digitale<br />
Erfassung <strong>und</strong> Bearbeitung <strong>des</strong> Quellenmaterials in Form einer Datenbank.<br />
Ihnen allen sei an dieser Stelle für ihren vorbildlichen Einsatz gedankt. Die Verlagerung<br />
aller Texte auf eine internetbasierte Plattform (FuD) ermöglicht es,<br />
die Edition sowohl in vorliegender Buchform wie auch <strong>im</strong> Internet zugänglich<br />
zu machen (bakfj.saw-leipzig.de). Für die kontinuierliche Zusammenarbeit ist<br />
dem Trier Center for Digital Humanities / Kompetenzzentrum für elektronische<br />
Erschließungs- <strong>und</strong> Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften besonders<br />
zu danken, namentlich Dr. Thomas Burch, Yvonne Rommelfanger, Radoslav<br />
Petkov <strong>und</strong> Martin Sievers. Unser Dank geht auch an den Gra ker Sascha Jaeck<br />
für die Erstellung der Klosterkarte.<br />
Ihren Anteil an der Realisierung <strong>des</strong> Ban<strong>des</strong> haben die wissenschaftlichen Hilfskräfte<br />
Steven Bickel, Saskia Jähnigen <strong>und</strong> Anne Herzig ebenso wie die studentischen<br />
Hilfskräfte Aileen Friedrich, Anna Katharina Lill, Julius Schilling, Marie<br />
Stühmeier, Lukas Haupt, Christine Milkau <strong>und</strong> Rahel Reichelt sowie Marion<br />
Bechtold-Mayer als wissenschaftliche Mitarbeiterin, die <strong>im</strong> Rahmen der akademischen<br />
Nachwuchsförderung zu unterschiedlichen Zeiten wertvolle Dienste<br />
zum Gelingen der Edition geleistet haben. Nicht zuletzt ist die vertrauensvolle<br />
Zusammenarbeit mit Herrn Michael Hübner in der Sächsischen Akademie sowie<br />
mit der Evangelischen Verlagsanstalt in Leipzig, namentlich mit Frau Dr. Annette<br />
Weidhas, anerkennend hervorzuheben.<br />
Bleibt den beiden Herausgebern abschließend nur der Ho nung Ausdruck zu<br />
verleihen, dass die Fortsetzung der Friedrich-<strong>und</strong>-Johann-Edition der aktuellen<br />
reformationsgeschichtlichen Forschung in kirchen- <strong>und</strong> allgemeinhistorischer<br />
Perspektive neue Einsichten <strong>und</strong> Impulse verleihen möge.<br />
Leipzig, <strong>im</strong> Januar 2022<br />
<strong>Armin</strong> <strong>Kohnle</strong> <strong>und</strong> <strong>Manfred</strong> <strong>Rudersdorf</strong>
Einleitung<br />
Der zweite Band der Edition „<strong>Briefe</strong> <strong>und</strong> <strong>Akten</strong> <strong>zur</strong> <strong>Kirchenpolitik</strong> <strong>Friedrichs</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>Weisen</strong> <strong>und</strong> <strong>Johanns</strong> <strong>des</strong> <strong>Beständigen</strong> <strong>1513</strong> <strong>bis</strong> <strong>1532.</strong> <strong>Reformation</strong> <strong>im</strong> <strong>Kontext</strong><br />
<strong>frühneuzeitlicher</strong> <strong>Staatswerdung</strong>“ (BAKFJ) umfasst die Jahre 1518 <strong>bis</strong> 1522. Dieser<br />
Zeitraum erfuhr seit dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert ein gesteigertes Interesse in der reformationsgeschichtlichen<br />
Forschung, weil man die Entstehung <strong>und</strong> Verbreitung der<br />
<strong>Reformation</strong> in dieser Phase besonders gut beobachten kann. In diesen Jahren<br />
durchlief nicht nur Martin Luther eine tiefgreifende theologische Entwicklung,<br />
sondern auch sein Umfeld, das den Resonanzraum für die Ausbreitung seiner<br />
Gedanken bildete, veränderte sich. In diesem Prozess entwickelte sich Luther<br />
vom Kritiker kirchlicher Missstände zum Reformator.<br />
Band 2 bietet 1102 Quellen, von denen 584 <strong>bis</strong>her nicht oder nicht vollständig in einer<br />
Edition zugänglich waren. Die besonders intensiv betriebene Erforschung der<br />
Zeit zwischen Thesenanschlag 1517 <strong>und</strong> Wormser Reichstag 1521 hatte <strong>zur</strong> Folge,<br />
dass zunächst zahlreiche Einzeltexte, die seit dem ausgehenden 17. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
ediert wurden, aufwändig ermittelt, zugeordnet <strong>und</strong> geprüft werden mussten.<br />
Umfangreiche Archivrecherchen konnten das Korpus bereits bekannter Quellen<br />
um zahlreiche unbekannte Texte beachtlich erweitern. Die damit geleistete Gr<strong>und</strong>lagenforschung<br />
hat das Potential, neue Studien an<strong>zur</strong>egen, da die vorliegende<br />
Edition erstmals eine zusammenhängende Betrachtung <strong>des</strong> gesamten Quellenmaterials<br />
erlaubt. In den Anmerkungen nden sich darüber hinaus zahlreiche<br />
Hinweise auf zusätzliche Quellen.<br />
Der Fokus der vorliegenden Edition liegt nicht allein auf Martin Luther oder<br />
der Wittenberger <strong>Reformation</strong>, sondern auf der kursächsischen <strong>Kirchenpolitik</strong><br />
insgesamt. Diese war nicht nur territorial ausgerichtet, sondern besaß durch die<br />
hohe Stellung Kursachsens <strong>im</strong> Reichsverband Bedeutung auch für das Alte Reich<br />
in seiner Gesamtheit. Zahlreiche Debatten, die vor 1518 begannen, liefen zunächst<br />
ungebrochen weiter. Dazu gehörten beispielsweise die wirtschaftliche Unterstützung<br />
von Klöstern <strong>bis</strong> 1520, die Bescha ung von Reliquien für das Wittenberger<br />
Heiltum, die Frage der Heiligsprechung Bennos von Meißen, die Regelung von<br />
konkreten Rechtsstreitigkeiten mit einer kirchlichen Institution oder die Zurückdrängung<br />
kirchlicher Gerichtsrechte. Natürlich befasste sich das ernestinische<br />
Nr. 733, Nr. 767, Nr. 899, Nr. 1042, Nr. 1122, Nr. 1218, Nr. 1423, Nr. 1578, Nr. 1753 <strong>und</strong> Nr. 1754.<br />
Nr. 720, Nr. 728, Nr. 737, Nr. 753, Nr. 754, Nr. 755, Nr. 830, Nr. 831, Nr. 921, Nr. 922, Nr. 972, Nr. 975,<br />
Nr. 976, Nr. 977, Nr. 983, Nr. 984 <strong>und</strong> Nr. 1127.
12 Einleitung<br />
Brüderpaar in seiner <strong>Kirchenpolitik</strong> auch mit aktuellen Themen, die nichts mit<br />
Luther oder der Ausbreitung seiner Lehren zu tun hatten. Unberücksichtigt blieben<br />
in dieser Edition Dokumente, die <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Hil<strong>des</strong>he<strong>im</strong>er<br />
Stiftsfehde (1519–1523) stehen. Über den Kon ikt zwischen dem Stift Hil<strong>des</strong>he<strong>im</strong><br />
<strong>und</strong> den wel schen Fürstentümern Braunschweig-Wolfenbüttel <strong>und</strong> Calenberg<br />
<strong>und</strong> die diesbezüglichen Vorgänge waren die Ernestiner zwar informiert, haben<br />
sich aber <strong>im</strong> Rahmen ihrer <strong>Kirchenpolitik</strong> nicht daran beteiligt.<br />
Anhand der Quellen <strong>des</strong> vorliegenden Ban<strong>des</strong> erkennt man ab 1521 eine Verschiebung<br />
<strong>und</strong> Umgewichtung <strong>bis</strong>heriger Schwerpunkte <strong>und</strong> das Aufkommen neuer<br />
Akzente durch die fortschreitende Ausbreitung der reformatorischen Bewegung<br />
in Kursachsen. Zugleich wuchsen Anzahl <strong>und</strong> Überlieferungsdichte der Quellen<br />
<strong>im</strong> Vergleich zu den Vorjahren weiter an, weil die reformatorischen Gedanken<br />
Luthers Umgestaltungsprozesse anstießen, die rechtlich durch Kurfürst Friedrich<br />
<strong>und</strong> Herzog Johann sowie ihre Funktionseliten geklärt werden mussten. Dass<br />
es dabei zu Spannungen mit dem albertinischen Vetter, Herzog Georg von Sachsen,<br />
kommen musste, war nach 1519, als sich Georg gegen Luther entschied,<br />
unvermeidlich.<br />
1 Lutherschutzpolitik <strong>Friedrichs</strong> <strong>des</strong> <strong>Weisen</strong><br />
Luther trat <strong>im</strong> Frühjahr 1518 in das Blickfeld der kursächsischen <strong>Kirchenpolitik</strong>,<br />
als seine Ablassthesen in Rom bekannt gemacht wurden <strong>und</strong> der unter Papst Leo X.<br />
angestrengte Ketzerprozess gegen ihn anlief. Nun war auch Kurfürst Friedrich<br />
gefordert, in irgendeiner Form Stellung zu Luther zu beziehen. Dies begann damit,<br />
dass er sich als Lan<strong>des</strong>herr um Geleit für seinen Untertanen bemühte, damit<br />
dieser <strong>im</strong> April 1518 zum Generalkonvent der deutschen Reformkongregation der<br />
Augustinereremiten nach Heidelberg reisen konnte. In der Forschung wird die<br />
Die entsprechenden Quellen aus dem Ernestinischen Gesamtarchiv in We<strong>im</strong>ar liegen ediert<br />
vor: Die Hil<strong>des</strong>he<strong>im</strong>er Stiftsfehde (1519–1523), bearb. von Wilhelm Roßmann <strong>und</strong> Richard<br />
Doebner. Hil<strong>des</strong>he<strong>im</strong> 1908. Vgl. D , Richard: Die Hil<strong>des</strong>he<strong>im</strong>er Stiftsfehde (1519–1523).<br />
In: Studien <strong>zur</strong> Hil<strong>des</strong>he<strong>im</strong>ischen Geschichte, hrsg. von Richard Doebner. Hil<strong>des</strong>he<strong>im</strong> 1902,<br />
S. 83–99; T , Rainer: Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig-Wolfenbüttel<br />
(1489–1568). Leben <strong>und</strong> Politik <strong>bis</strong> zum Pr<strong>im</strong>ogeniturvertrag von 1535 (Quellen <strong>und</strong> Forschungen<br />
<strong>zur</strong> braunschweigischen Geschichte 29). Braunschweig 1991, S. 40–76.<br />
Vgl. dazu unten die Bemerkungen <strong>zur</strong> Korrespondenz zwischen Kurfürst Friedrich <strong>und</strong> Herzog<br />
Georg von Sachsen von Beate Kusche.<br />
Nr. 675. Vgl. auch Dokumente <strong>zur</strong> Causa Lutheri (1517–1521). Teil 1: Das Gutachten <strong>des</strong> Prierias<br />
<strong>und</strong> weitere Schriften gegen Luthers Ablaßthesen (1517–1518), hrsg. von Peter Fa<strong>bis</strong>ch <strong>und</strong><br />
Erwin Iserloh (Corpus Catholicorum 41). Münster 1988; sowie Dokumente <strong>zur</strong> Causa Lutheri<br />
(1517–1521). Teil 2: Vom Augsburger Reichstag 1518 <strong>bis</strong> zum Wormser Edikt 1521, hrsg. von<br />
Peter Fa<strong>bis</strong>ch <strong>und</strong> Erwin Iserloh (Corpus Catholicorum 42). Münster 1991.<br />
Nr. 703; vgl. auch Nr. 705, Nr. 706 <strong>und</strong> Nr. 715.
Lutherschutzpolitik <strong>Friedrichs</strong> <strong>des</strong> <strong>Weisen</strong> 13<br />
nun einsetzende Politik Kurfürst <strong>Friedrichs</strong> als „Lutherschutzpolitik“ bezeichnet.<br />
Hierbei sind mehrere Phasen zu unterscheiden, in der Luthers Handlungen <strong>und</strong><br />
die entsprechenden Reaktionen der papstkirchlichen Seite eine Rolle spielten. Die<br />
„Lutherschutzpolitik“ kam nicht nur gegenüber territorialen Nachbarn wie Herzog<br />
Georg von Sachsen zum Tragen, sondern gerade auch gegenüber der Kurie <strong>und</strong><br />
den Gliedern <strong>des</strong> Alten Reichs. Im Folgenden seien einige Linien angedeutet.<br />
Nachdem Luther am 7. August 1518 die Zitation nach Rom erhalten hatte, schrieb<br />
er umgehend je einen Brief an Georg Spalatin <strong>und</strong> Kurfürst Friedrich, die sich<br />
gerade in Augsburg au ielten. Luthers Wunsch war es, auf deutschem Boden<br />
verhört zu werden. Die nun herausgeforderte kursächsische Diplomatie erreichte<br />
tatsächlich ein Verhör Luthers in Augsburg durch Kardinal Thomas Cajetan.<br />
Diesen hatte Papst Leo X. als Legaten auf den in Augsburg abgehaltenen Reichstag<br />
geschickt, um für Unterstützung <strong>im</strong> Kampf gegen das Osmanische Reich zu<br />
werben. Kurfürst Friedrich unterstützte Luther, indem er ihm Geleit nach Augsburg<br />
gewährte sowie mit Cajetan Absprachen traf, sodass dieser den renitenten<br />
Mönch „väterlich“ verhören wollte. Vom 7. <strong>bis</strong> 20. Oktober hielt sich Luther in<br />
Augsburg auf, wo er am 12., 13. <strong>und</strong> 14. Oktober dre<strong>im</strong>al mit Cajetan zusammentraf.<br />
Die Erwartungen beider Theologen waren so unterschiedlich, dass durch das<br />
Zusammentre en der laufende Ketzerprozess gegen Luther nicht beendet wurde.<br />
Cajetan sollte einen Widerruf Luthers erreichen, der wiederum darauf ho te,<br />
seine Meinung verteidigen zu dürfen. Luther wurde in seinem Vorgehen von<br />
Johann Rühel <strong>und</strong> Philipp von Feilitzsch, zwei erfahrenen Verwaltungsjuristen<br />
aus dem Umfeld <strong>des</strong> kursächsischen Hofes, beraten.<br />
Parallel zu den Ereignissen <strong>des</strong> Jahres 1518 versuchte die Kurie bereits, auf Kurfürst<br />
Friedrich Ein uss zu nehmen, indem sie ihm die Verleihung der Goldenen<br />
Rose in Aussicht stellte. Als Überbringer agierte Karl von Miltitz, der auch<br />
endlich die von Kurfürst Friedrich seit Jahren gewünschten Ablassbullen für das<br />
B , Wilhelm: Die Luthersache (Causa Lutheri) 1517–1524. Die Anfänge der <strong>Reformation</strong><br />
als Frage von Politik <strong>und</strong> Recht (Historische Studien 414). Lübeck/Tübingen 1970, bes. S. 88–94;<br />
K , <strong>Armin</strong>: Reichstag <strong>und</strong> <strong>Reformation</strong>. Kaiserliche <strong>und</strong> ständische Religionspolitik von<br />
den Anfängen der Causa Lutheri <strong>bis</strong> zum Nürnberger Religionsfrieden (Quellen <strong>und</strong> Forschungen<br />
<strong>zur</strong> <strong>Reformation</strong>sgeschichte 72). Gütersloh 2001.<br />
Nr. 752.<br />
Nr. 757.<br />
Nr. 760.<br />
Nr. 713.<br />
WA.Br 1, S. 200–202, Nr. 92.<br />
Vgl. Nr. 772, Nr. 773, Nr. 779, Nr. 783, Nr. 784 <strong>und</strong> Nr. 796.<br />
Vgl. Cajetan <strong>und</strong> Luther. Rekonstruktion einer Begegnung, hrsg. von Michael Basse <strong>und</strong> Marcel<br />
Nieden (Spätmittelalter, Humanismus, <strong>Reformation</strong> 124). Tübingen 2021.<br />
Vgl. Nr. 779 Anm. 3.<br />
Nr. 777.<br />
Nr. 778.
14 Einleitung<br />
Allerheiligenstift in Wittenberg aus Rom mitbrachte. Allerdings zog sich die<br />
Übergabe <strong>des</strong> Ehrengeschenks fast ein Jahr hin. Miltitz versuchte zwischenzeitlich,<br />
eine Beilegung <strong>des</strong> Kon ikts durch Verhandlungen mit Martin Luther zu<br />
erreichen. In diesem Zusammenhang kam der Gedanke auf, dass Erz<strong>bis</strong>chof<br />
Richard von Trier Luther nochmals verhören <strong>und</strong> über ihn richten könnte.<br />
Schließlich wurde die Goldene Rose am 24. September 1519 in Altenburg übergeben.<br />
Kurfürst Friedrich nahm sie jedoch nicht persönlich entgegen, was das<br />
Protokoll zweifelsfrei geboten hätte, sondern beauftragte seine Räte Fabian von<br />
Feilitzsch, Haubold von Einsiedel <strong>und</strong> Günther von Bünau damit. In der reformationsgeschichtlichen<br />
Forschung erhielt der Vermittlungsversuch <strong>des</strong> Miltitz<br />
durch Paul Kalko die pejorative Bezeichnung „Miltitziade“. Das hier erstmals<br />
vollständig zugängliche Material erlaubt den Schluss, dass Miltitz durch Kurfürst<br />
Friedrich zunächst durchaus ernst genommen wurde. Eine Beilegung <strong>des</strong> Kon ikts<br />
durch Verhandlungen schien den Akteuren nicht aussichtslos zu sein.<br />
Nachdem Anfang Oktober 1520 die Bannandrohungsbulle „Exsurge Domine“ in<br />
Wittenberg angekommen war, zerschlug sich die Ho nung auf eine gütliche<br />
Beilegung <strong>des</strong> Kon ikts vollends. Luther blieb nach geltendem Kirchenrecht nur<br />
der Weg <strong>des</strong> Widerrufs verb<strong>und</strong>en mit der Unterwerfung unter den Papst. Doch<br />
Luther reagierte anders, als es die Kurie von ihm erwartete: Er verfasste die<br />
Schrift „Von den neuen Eckischen Bullen <strong>und</strong> ihren Lügen“, die seine Position<br />
rechtfertigen sollte, <strong>und</strong> verbrannte am 10. Dezember 1520 ö entlich die Bannandrohungsbulle<br />
zusammen mit weiteren Texten. Nachdem Luther dem Papst mit<br />
diesem Akt seine Gefolgschaft aufgekündigt hatte, blieb nur eine Konsequenz:<br />
Als Gebannter musste er nach mittelalterlichem Ketzerrecht von Kaiser <strong>und</strong> Reich<br />
geächtet werden. Luther wurde aufgefordert, auf dem Reichstag in Worms zu<br />
erscheinen, wo er sich verantworten sollte. Auch in dieser schwierigen Situation<br />
ließ ihn sein Lan<strong>des</strong>herr nicht allein, sondern bemühte sich um die Aushandlung<br />
BAKFJ 1, Nr. 368 <strong>und</strong> Nr. 369.<br />
Nr. 874, Nr. 880, Nr. 904, Nr. 915, Nr. 926 <strong>und</strong> Nr. 931.<br />
Nr. 811, Nr. 812, Nr. 815, Nr. 819, Nr. 820, Nr. 821, Nr. 822, Nr. 823, Nr. 832, Nr. 848, Nr. 854, Nr. 856,<br />
Nr. 872, Nr. 880, Nr. 947, Nr. 951, Nr. 952 , Nr. 955, Nr. 957, Nr. 958, Nr. 988, Nr. 989, Nr. 990,<br />
Nr. 991, Nr. 992, Nr. 993, Nr. 1107, Nr. 1109, Nr. 1117, Nr. 1123, Nr. 1124, Nr. 1129 <strong>und</strong> Nr. 1130.<br />
Nr. 903, Nr. 944, Nr. 960 u. ö.<br />
Nr. 940, Nr. 941 <strong>und</strong> Nr. 942.<br />
Nr. 937.<br />
K , Paul: Die Miltitziade. Eine kritische Nachlese <strong>zur</strong> Geschichte <strong>des</strong> Ablaßstreites. Leipzig<br />
1911.<br />
Vgl. WA.Br 2, S. 193–196, Nr. 341.<br />
WA 6, S. 579–594.<br />
WA 7, S. 152–186.<br />
Vgl. K , Thomas: „Hier stehe ich!“ Luther in Worms – Ereignis, mediale Inszenierung,<br />
Mythos. Stuttgart 2021.
Lutherschutzpolitik <strong>Friedrichs</strong> <strong>des</strong> <strong>Weisen</strong> 15<br />
entsprechender Modalitäten, wie beispielsweise das freie Geleit. Welchen Anteil<br />
Kurfürst Friedrich oder Herzog Johann an Luthers ngierter Gefangennahme am<br />
4. Mai 1521 nahe der Burg Altenstein <strong>und</strong> seiner anschließenden Unterbringung<br />
auf der Wartburg hatten, kann nicht durch schriftliche Quellen aus dem Umfeld<br />
der beiden Herzöge erhellt werden. Die vorbereitenden Absprachen dazu müssen<br />
mündlich ausgehandelt worden sein. Möglicherweise war die relativ große<br />
Entfernung zu Wittenberg ausschlaggebend für die Wahl der Wartburg. Luthers<br />
Wartburgaufenthalt dauerte <strong>bis</strong> zum 1. März 1522.<br />
Die in den Diskussionen mit Cajetan, Miltitz, der Kurie oder Erz<strong>bis</strong>chof Richard<br />
von Trier entwickelte kursächsische Position zum Fall Martin Luthers wurde<br />
fortan als Argumentationsmuster <strong>im</strong>mer dann vorgetragen, wenn Kurfürst Friedrich<br />
zu seiner Haltung gefragt oder ihm sogar die Unterstützung eines Ketzers<br />
vorgeworfen wurde. Er könne demnach als weltlicher Fürst den theologischen<br />
Streit nicht beurteilen, in den er sich keinesfalls inhaltlich einmischen wolle.<br />
Deshalb nehme er sich der Sache Luthers nicht an. Vielmehr verlange er, dass<br />
Luther ein fairer Prozess gemacht würde, der ihm Gelegenheit biete, zu seinen<br />
Irrtümern Stellung zu beziehen. Dazu müssten diese Irrtümer aber zunächst benannt<br />
<strong>und</strong> begründet werden. Geschickt konnte Hans von der Planitz diese<br />
Argumentations gur vor dem Reichsreg<strong>im</strong>ent vortragen.<br />
Ob <strong>und</strong> welchen Anteil Herzog Johann an dieser Politik hatte, ist nicht zu best<strong>im</strong>men,<br />
da die Entwicklung der Argumentationslinien mündlich vor allem <strong>im</strong> Umfeld<br />
Kurfürst <strong>Friedrichs</strong> festgelegt wurden. Gleichwohl muss Johann gut informiert<br />
gewesen sein, da beispielsweise Philipp von Feilitzsch oder Hans von Berlepsch<br />
als Amtmänner von Weida <strong>und</strong> Wartburg in seinen Zuständigkeitsbereich gehörten.<br />
Auch zwischen den beiden Brüdern herrschte ein reger Austausch, wie ihre<br />
<strong>Briefe</strong> belegen, auf die die reformationsgeschichtliche Forschung schon Ende <strong>des</strong><br />
17. Jahrh<strong>und</strong>erts aufmerksam geworden ist. O enbar war die Mitteilung Kurfürst<br />
<strong>Friedrichs</strong> an seinen Bruder Johann, dass Luther nach Wittenberg <strong>zur</strong>ückgekehrt<br />
war, für Veit Ludwig von Seckendor so wichtig, dass nur der Zettel <strong>des</strong> entsprechenden<br />
<strong>Briefe</strong>s in die Handschriftensammlung nach Gotha gelangte. Der Rest<br />
<strong>des</strong> Konzepts verblieb in den <strong>Akten</strong> <strong>des</strong> Ernestinischen Gesamtarchivs in We<strong>im</strong>ar.<br />
In der vorliegenden Edition wird dieses Schreiben nun erstmals vollständig<br />
verzeichnet.<br />
Nr. 1156, Nr. 1157, Nr. 1165, Nr. 1169, Nr. 1170, Nr. 1173, Nr. 1175, Nr. 1182, Nr. 1190, Nr. 1192,<br />
Nr. 1211, Nr. 1216, Nr. 1217, Nr. 1236, Nr. 1238 <strong>und</strong> Nr. 1243.<br />
Vgl. Luther <strong>im</strong> Exil. Wartburgalltag 1521, hrsg. von der Wartburg-Stiftung. Regensburg 2021.<br />
Vgl. z. B. Nr. 783, Nr. 786, Nr. 823, Nr. 960, Nr. 1185 oder Nr. 1186.<br />
Nr. 1486.<br />
Vgl. Nr. 1519. Der entsprechende Zettel <strong>des</strong> Konzepts be ndet sich in der FB Gotha (Chart. A 338,<br />
fol. 191ar), vgl. Katalog der <strong>Reformation</strong>shandschriften. Aus der Sammlung der Herzog von<br />
Sachsen-Coburg <strong>und</strong> Gotha’schen Stiftung für Kunst <strong>und</strong> Wissenschaft. Teil 1, beschrieben von<br />
Daniel Gehrt (Die Handschriften der Forschungsbibliothek Gotha 2.1). Wiesbaden 2015, S. 621.
16 Einleitung<br />
2 Der Anteil der Funktionseliten an der<br />
kursächsischen <strong>Kirchenpolitik</strong><br />
Eine solche Politik wäre nicht möglich gewesen, hätten Kurfürst Friedrich <strong>und</strong><br />
Herzog Johann nicht auf eine e ziente <strong>und</strong> zuverlässige Verwaltung <strong>zur</strong>ückgreifen<br />
können, in der erfahrene Funktionseliten dienten. Deutlich erkennt man in<br />
den vorliegenden Quellen die Durchsetzung der Best<strong>im</strong>mungen der Hofratsordnung<br />
von 1499. Häu g wurden in Kursachsen Amtleute für eine gewisse Zeit an<br />
den Hof gezogen, um hier <strong>im</strong> Hofrat zu dienen. Zugleich sind beispielsweise um<br />
1520 bei Fabian von Feilitzsch, Hans von der Planitz <strong>und</strong> Gregor Brück Spezialisierungen<br />
jenseits schriftlich xierter Ordnungen feststellbar. Feilitzsch wirkte<br />
o enbar <strong>bis</strong> zu seinem Tod Anfang Dezember 1520 dauerhaft in Altenburg, wo<br />
er seinen Lan<strong>des</strong>herrn vollständig vertrat. Hans von der Planitz wurde bewusst<br />
ins Reichsreg<strong>im</strong>ent geschickt, weil er zu einer angemessenen diplomatischen<br />
Vertretung kursächsischer Interessen in der Lage war. Er verfügte durch seinen<br />
Dienst in Kursachsen über Erfahrungen, die er gerade auf Reichsebene einsetzen<br />
konnte. Früh lernte er Luther kennen <strong>und</strong> stand diesem o enbar schon bei<br />
der Leipziger Disputation <strong>im</strong> Juli 1519 mit juristischem Rat <strong>zur</strong> Seite. Gezielt<br />
wurde der juristisch erfahrene Gregor Brück, der bereits zuvor in Wittenberg<br />
administrative Kenntnisse gesammelt hatte, Herzog Johann als Kanzler <strong>zur</strong> Seite<br />
gestellt. Damit begann 1521 die Ein ussnahme dieses herausragenden Verwaltungsjuristen<br />
auf die kursächsische <strong>Kirchenpolitik</strong>, die mit Modi kationen <strong>bis</strong> zu<br />
seinem Tod 1557 reichte.<br />
Neben diesen Funktionsträgern ist auf Georg Spalatin hinzuweisen, der in dieser<br />
Phase der <strong>Kirchenpolitik</strong> eine bedeutsame Scharnierfunktion einnahm. Er<br />
vermittelte zwischen dem Hof <strong>und</strong> Luther, der seine Anliegen wiederum über<br />
Spalatin an den Hof leitete, wo diese den Kurfürsten erreichten. Für die vorliegende<br />
Edition wurden jedoch nicht alle <strong>Briefe</strong> Luthers an Spalatin aufgenommen,<br />
sondern nur die Schreiben mit einem klaren Bezug zu kirchenpolitischen An-<br />
Vgl. H , Christian: Amtsträger der Fürsten <strong>im</strong> spätmittelalterlichen Reich. Die Funktionseliten<br />
der lokalen Verwaltung in Bayern-Landshut, Hessen, Sachsen <strong>und</strong> Württemberg 1350–1515<br />
(Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften<br />
70). Göttingen 2005, S. 24f.<br />
BAKFJ 1, S. 55–61, Nr. 2.<br />
Nr. 1333. Zur Biographie vgl. Des kursächsischen Rathes Hans von der Planitz Berichte aus dem<br />
Reichsreg<strong>im</strong>ent in Nürnberg 1521–1523, hrsg. von Ernst Wülcker <strong>und</strong> Hans Virck (Schriften der<br />
königlich sächsischen Kommission für Geschichte 3). Leipzig 1899 (ND Hil<strong>des</strong>he<strong>im</strong>/New York<br />
1979), S. XIX–LXXXIV.<br />
WA.Br 1, S. 474, S. 299–301.<br />
Vgl. LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. C 703, fol. 99r–100r+105v: Am 16. Juli 1521 teilte Kurfürst<br />
Friedrich Herzog Johann mit, dass Brück promovieren <strong>und</strong> dann als Kanzler nach We<strong>im</strong>ar<br />
kommen werde.
Der Anteil der Funktionseliten an der kursächsischen <strong>Kirchenpolitik</strong> 17<br />
liegen <strong>und</strong> zu Kurfürst Friedrich <strong>und</strong> Herzog Johann. Sonstige Schreiben, wie<br />
Wünsche Luthers um Unterstützung beispielsweise in Universitätsangelegenheiten,<br />
für die Spalatin ebenfalls Ansprechpartner war, konnten nicht berücksichtigt<br />
werden, sind aber über den Lutherbriefwechsel leicht zu greifen. Spalatin war<br />
zugleich sehr gut über die aus Rom eintre enden Schreiben informiert <strong>und</strong> übersetzte<br />
die lateinischen Texte für Kurfürst Friedrich, sodass der Inhalt dieser <strong>Briefe</strong><br />
entsprechend diskutiert <strong>und</strong> bedacht werden konnte. Oft formulierte Spalatin<br />
einen ersten Antwortentwurf, der dann ebenfalls bei Hof besprochen wurde. Auf<br />
diese Weise konnte Spalatin sowohl seine sprachliche als auch seine fachliche<br />
Kompetenz unter Beweis stellen. An seinem Beispiel kann eine weitere Spezialisierung<br />
unter den Hofämtern beobachtet werden: Spalatin war für die lateinische<br />
Korrespondenz zuständig. Erstmals werden mit dieser Edition einige Übersetzungen<br />
Spalatins bereits bekannter lateinischer Quellen zugänglich gemacht.<br />
Diese Fassungen waren, wie teilweise davon angefertigte Abschriften belegen,<br />
am kursächsischen Hof bekannt <strong>und</strong> haben dort eine Wirkung entfaltet. Doch<br />
damit ist die Tätigkeit Spalatins noch nicht vollständig erfasst: Da durch seine<br />
Hände fast alle wesentlichen Schreiben in der Luthersache gingen, nutzte er<br />
diese einmalige Situation, um seiner historischen Leidenschaft nachzugehen.<br />
Oft sind in den Quellen erste Versuche Spalatins zu erkennen, das Material durch<br />
kontextualisierende Vermerke für eine spätere geschichtliche Darstellung der<br />
Ereignisse vorzubereiten. Am deutlichsten erkennt man dies heute noch an der<br />
Akte, in der das Material zum Wormser Reichstag von 1521 gesammelt wurde.<br />
Sie be ndet sich <strong>im</strong> Ernestinischen Gesamtarchiv We<strong>im</strong>ar unter der Signatur Reg.<br />
E 80. Es ist nachvollziehbar, dass Spalatin sämtliche Dokumente gesichtet <strong>und</strong><br />
in die überlieferte Ordnung gebracht hat. Durch die Archivverzeichnung am<br />
Ende <strong>des</strong> 16. Jahrh<strong>und</strong>erts erhielt die Akte den Titel „Handlung mitt D. Martin<br />
Luther“, wodurch die Benutzer bereits <strong>im</strong> Findbuch <strong>zur</strong> Einsichtnahme angeregt<br />
wurden. Auf diese Weise wurde das Material bereits durch die Archivierung aus<br />
den umliegenden Quellen herausgehoben <strong>und</strong> so der Eindruck gefördert, dass das<br />
Verhör <strong>und</strong> die Verhandlung mit Luther die wichtigsten Ereignisse <strong>des</strong> Wormser<br />
Reichstags gewesen seien. Im Ernestinischen Gesamtarchiv sind auch in anderen<br />
Zusammenhängen vergleichbare Prozesse zu beobachten, die reformatorische<br />
Ereignisse besonders bündelten <strong>und</strong> überlieferten. Schließlich trat Spalatin auch<br />
Vgl. z. B. Nr. 603a, Nr. 683 oder Nr. 1651.<br />
Z. B. Nr. 1048, Nr. 1073, Nr. 1081.<br />
Vgl. M , Christina <strong>und</strong> R , Anne-Beate: Georg Spalatins Chronik der Sachsen<br />
<strong>und</strong> Thüringer. Ein historiographisches Großprojekt der Frühen Neuzeit (Schriften <strong>des</strong><br />
Thüringischen Hauptstaatsarchivs 4). Köln/We<strong>im</strong>ar/Wien 2011.<br />
Vgl. die Vermerke auf Nr. 1157, Nr. 1185, Nr. 1186, Nr. 1189, Nr. 1191 <strong>und</strong> Nr. 1202.<br />
Vgl. K , Natalie: Auf den Spuren der Erinnerung. Wie die „Wittenberger Bewegung“<br />
zu einem Ereignis wurde. In: Zeitschrift für historische Forschung 36 (2009), S. 563–595, bes.<br />
S. 585–589.
18 Einleitung<br />
als vom Kurfürsten beauftragter Vermittler in kirchenpolitischen Fragen auf. So<br />
führte er 1522 die Verhandlungen mit Wenzeslaus Linck über <strong>des</strong>sen Anstellung<br />
als Prediger in Altenburg.<br />
Aus den in diesem Band vorgelegten Quellen erhellt der Anteil kursächsischer<br />
Funktionseliten an der <strong>Kirchenpolitik</strong> Kurfürst <strong>Friedrichs</strong> <strong>und</strong> Herzog <strong>Johanns</strong>.<br />
Man sieht, dass Räte wie Fabian von Feilitzsch oder Gregor Brück <strong>im</strong> Rahmen<br />
ihres Auftrages weitgehend selbstständig handelten <strong>und</strong> damit laufende Prozesse<br />
entschieden vorantrieben. Kurfürst Friedrich hatte in dieser Phase vor allem zu Fabian<br />
von Feilitzsch o enbar fast unbegrenztes Vertrauen. Dass die kursächsischen<br />
Funktionseliten zum Teil sogar selbst von den reformatorischen Ereignissen <strong>und</strong><br />
Gedanken beein usst wurden <strong>und</strong> ihren Dienst nicht ohne eine innere Beteiligung<br />
versahen, ist am Rande vereinzelt festzustellen. So schrieb Hieronymus Rudlo ,<br />
der Sekretär Kurfürst <strong>Friedrichs</strong>, am 22. Februar 1522 an Hans von der Planitz<br />
über die reformatorischen Ereignisse in Wittenberg: „Dann ich merck, es ist nit<br />
menschlich werckt, unser her got legt selbs hant an, <strong>und</strong> die das nit versteen oder<br />
zu hertz geen will, acht ich, den sey ir hertz kald von der gnaden gots. Got sey<br />
uns allen genedig!“<br />
Der steigende Anteil von Funktionseliten an der kursächsischen <strong>Kirchenpolitik</strong><br />
unterstreicht die <strong>im</strong> Hinblick auf Zuständigkeiten <strong>und</strong> Bürokratisierung fortgeschrittene<br />
Professionalisierung von Verwaltungsabläufen, die für den Prozess<br />
frühmoderner <strong>Staatswerdung</strong> typisch ist. Ohne die zunehmend sachk<strong>und</strong>ige Politikberatung<br />
durch Juristen <strong>und</strong> Theologen wären die „Lutherschutzpolitik“ <strong>und</strong><br />
die Bewältigung der Folgeerscheinungen der Theologie Luthers nicht möglich<br />
gewesen. Da Abgaben an kirchliche Institutionen ab 1521/22 <strong>im</strong>mer häu ger verweigert<br />
<strong>und</strong> alte kirchliche Rechte angetastet wurden, musste darüber diskutiert<br />
werden, wie mit diesen Fällen umzugehen war. Hier haben Stellungnahmen <strong>und</strong><br />
Gutachten ihren Platz, die <strong>zur</strong> Findung einer politischen Linie beitrugen, die juristisch<br />
abgesichert war. Diese Aufgabe hätten die herzoglichen Brüder nicht allein<br />
bewältigen können <strong>und</strong> waren demzufolge auf ihre Funktionseliten angewiesen.<br />
Zwar gehörten auch <strong>im</strong> Zeitraum von 1518 <strong>bis</strong> 1522 zahlreiche Reisen durch<br />
ihren Herrschaftsbereich, die sich beispielsweise am häu gen Wechsel der Aufenthaltsorte<br />
<strong>Friedrichs</strong> – Altenburg, Eilenburg, Wittenberg, Torgau, Allstedt oder<br />
Lochau – ablesen lassen, noch <strong>im</strong>mer <strong>zur</strong> Regierungspraxis der ernestinischen<br />
Brüder. Daneben fand jedoch eine zunehmende Verstetigung der Verwaltung<br />
statt: In We<strong>im</strong>ar lag beispielsweise ein fester Bestand an Urk<strong>und</strong>en, auf die bei<br />
Rückfragen <strong>zur</strong>ückgegri en werden konnte. Räte hielten sich konzentriert an<br />
Nr. 1648.<br />
M , Nikolaus: Die Wittenberger Bewegung 1521 <strong>und</strong> 1522. Die Vorgänge in <strong>und</strong> um<br />
Wittenberg während Luthers Wartburgaufenthalt. Leipzig 1911, S. 209.<br />
Nr. 1240, Nr. 1671, Nr. 1745 u. ö.<br />
Vgl. Nr. 1016, Nr. 1705, Nr. 1727 u. ö.
Die Position <strong>Johanns</strong> <strong>des</strong> <strong>Beständigen</strong> 19<br />
zentralen Orten wie Eilenburg auf, um von dort aus ihren Aufgaben nachzugehen.<br />
Die anwesenden Räte waren häu g zugleich die ortsk<strong>und</strong>igen Amtleute,<br />
die gemäß der Hofratsordnung von 1499 auf best<strong>im</strong>mte Zeit an den Hof gerufen<br />
wurden, um dort Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Bezieht man die Rätekorrespondenzen<br />
in die Betrachtung der kursächsischen <strong>Kirchenpolitik</strong> ein, können<br />
zum Teil <strong>bis</strong>her verschlossene Diskussionen o engelegt werden. Trotzdem dürfen<br />
entsprechende F<strong>und</strong>e nicht über das hohe Maß an Mündlichkeit hinwegtäuschen,<br />
das die Rekonstruktion vieler Hintergründe <strong>und</strong> mancher Entscheidungs ndung<br />
unmöglich macht. Diese Art der Kommunikation beruhte auf einem planvollen<br />
Vorgehen, da zahlreiche Diskussionen <strong>im</strong> Hofrat oder die Meinungsbildung <strong>im</strong><br />
Umfeld der beiden ernestinischen Brüder nicht ö entlich waren <strong>und</strong> auch nicht<br />
ö entlich gemacht werden sollten.<br />
3 Die Position <strong>Johanns</strong> <strong>des</strong> <strong>Beständigen</strong><br />
Zeitlebens p egten die Brüder Friedrich <strong>und</strong> Johann ein gutes Verhältnis, das von<br />
einem regelmäßigen persönlichen <strong>und</strong> regierungsbezogenen Austausch geprägt<br />
war. Dabei unterstützte der jüngere den älteren, <strong>im</strong> Gr<strong>und</strong>e seit Friedrich die<br />
Kurwürde 1486 übernommen hatte. <strong>1513</strong> teilten sie die Verwaltung unter sich<br />
auf, so dass die institutionelle Einbindung <strong>Johanns</strong> in Regierung <strong>und</strong> Verwaltung<br />
Kursachsens deutlicher wurde. In zahlreichen Abst<strong>im</strong>mungsprozessen über politische<br />
Tagesaufgaben ist <strong>Johanns</strong> Ein ussnahme o ensichtlich. Jedoch spielte<br />
der jüngere Bruder für die „Lutherschutzpolitik“ zunächst keine entscheidende<br />
Rolle. Erst ab Ende 1519 verdichten sich die Hinweise auf <strong>Johanns</strong> zunehmen<strong>des</strong><br />
Interesse an Luther. So sollte beispielsweise Lucas Cranach ein Porträt <strong>des</strong><br />
Wittenberger Theologen für den Herzog anfertigen. O enbar las man auch am<br />
herzoglichen Hof in We<strong>im</strong>ar Schriften <strong>des</strong> Wittenberger Theologen. Luther widmete<br />
Johann 1520 sogar die für die reformatorische Ethik zentrale Schrift „Von den<br />
guten Werken“. 1521 interessierte sich Johann besonders für das Wohlergehen<br />
Luthers in Worms. Im Oktober 1522 predigte Luther sogar in We<strong>im</strong>ar viermal<br />
vor dem Herzog <strong>und</strong> entfaltete an dieser Stelle sein Obrigkeitsverständnis. Diese<br />
Z. B. Nr. 1134, Nr. 1135, Nr. 1145, Nr. 1151, Nr. 1152 u. ö.<br />
Vgl. M , Stefan: Kurfürst Johann von Sachsen (1468–1532) <strong>und</strong> die von Wittenberg ausgehende<br />
<strong>Reformation</strong>. Neue Beobachtungen <strong>zur</strong> Fürstenreformation. In: Theologische Literaturzeitung<br />
145 (2020), S. 493–508.<br />
Vgl. BAKFJ 1, S. 90–96, Nr. 38–41, S. 98f., Nr 45–48 <strong>und</strong> S. 113, Nr. 73.<br />
Nr. 970.<br />
M , Georg: Johann Friedrich der Grossmütige 1503–1554, Bd. 1. Jena 1903, S. 95f.<br />
Nr. 1046.<br />
Nr. 1190 <strong>und</strong> Nr. 1227.<br />
Vgl. M , Ernst: Martin Luther <strong>und</strong> We<strong>im</strong>ar. We<strong>im</strong>ar 1983, S. 26; sowie We<strong>im</strong>ar <strong>und</strong> die<br />
<strong>Reformation</strong>. Luthers Obrigkeitslehre <strong>und</strong> ihre Wirkungen, hrsg. von Christopher Spehr, Michael<br />
Haspel <strong>und</strong> Wolfgang Holler. Leipzig 2016.
20 Einleitung<br />
Predigten mündeten schließlich in Luthers Schrift „Von weltlicher Obrigkeit“, die<br />
1523 publiziert wurde.<br />
In dem Maße, in dem das Interesse <strong>Johanns</strong> an Luther <strong>und</strong> seiner Theologie wuchs,<br />
nahm auch sein Engagement für <strong>des</strong>sen Anliegen zu. Gerade der von ihm regierte<br />
Lan<strong>des</strong>teil wurde zu einem Raum, in dem sich reformatorische Vielfalt ausbreiten<br />
konnte. Thomas Müntzer, Jakob Strauß, Wolfgang Stein, Nikolaus Hausmann –<br />
sie alle wirkten <strong>im</strong> Ein ussgebiet <strong>Johanns</strong>. Johann kannte diese Geistlichen oder<br />
war zumin<strong>des</strong>t über sie informiert.<br />
Am 7. Oktober 1521 starb <strong>Johanns</strong> zweite Ehefrau, Margarethe von Anhalt, nach<br />
kurzer Krankheit. Sie wurde in der Stadtkirche St. Peter <strong>und</strong> Paul in We<strong>im</strong>ar<br />
begraben, wobei die Ausgestaltung von Begräbnisliturgie <strong>und</strong> Memoria noch<br />
ganz den Zeremonien <strong>des</strong> Spätmittelalters entsprach. Über Margarethe von<br />
Anhalt ist wenig bekannt, jedoch unterstützte sie ihren Ehemann o enbar in<br />
<strong>des</strong>sen geistlichen Interessen. Ihr Bruder, Wolfgang von Anhalt, gehörte zu den<br />
ein ussreichen Räten am Hof Herzog <strong>Johanns</strong>.<br />
4 Die reformatorische Bewegung in Kursachsen<br />
Zu den Folgeerscheinungen <strong>des</strong> Auftretens von Martin Luther gehörte die Verbreitung<br />
reformatorischer Gedanken, die zum Teil sogar über die Vorstellungen<br />
<strong>und</strong> Reformvorschläge Luthers hinausgingen. Sie wurden auf verschiedenen<br />
Kommunikationswegen weitergetragen, zu denen Flugschriften oder Predigten<br />
gehörten. Dadurch verbreitete sich die Wittenberger <strong>Reformation</strong> zum Teil unkontrolliert,<br />
<strong>und</strong> es entstand besonders in den Städten eine sowohl inhaltlich als<br />
auch hinsichtlich ihrer praktischen Ausdrucksformen vielfältige reformatorische<br />
Bewegung. Doch dies beschäftigte die kursächsische <strong>Kirchenpolitik</strong> nicht, solange<br />
es zu keinen konkreten Beschwerden kam.<br />
Im Zusammenhang mit der sich ausbreitenden <strong>Reformation</strong> konzentrierte sich die<br />
kursächsische <strong>Kirchenpolitik</strong> nach 1518 neben dem Schutz Luthers zunächst auf<br />
die Beteuerung, dass man keine Häresien fördern wolle. Besonders die Leipziger<br />
Disputation, die Johannes Eck vom 27. Juni <strong>bis</strong> zum 15. Juli 1519 mit Andreas Karl-<br />
WA 11, S. 229–281.<br />
Vgl. Nr. 1111, Nr. 1738 <strong>und</strong> Nr. 1426. Zu Jakob Strauß vgl. B , Joach<strong>im</strong>: Die Bedeutung von<br />
Jakob Strauß in der frühen ernestinischen reformatorischen Bewegung. In: Jakob Strauß <strong>und</strong><br />
der reformatorische Wucherstreit. Die soziale D<strong>im</strong>ension der <strong>Reformation</strong> <strong>und</strong> ihre Wirkungen,<br />
hrsg. von Joach<strong>im</strong> Bauer <strong>und</strong> Michael Haspel. Leipzig 2018, S. 64–107.<br />
Nr. 1350.<br />
Nr. 1338 <strong>und</strong> Nr. 1341.<br />
Nr. 967, Nr. 979 <strong>und</strong> Nr. 1007.<br />
B , Joach<strong>im</strong> <strong>und</strong> M , Stefan: Alternative Predigt? Beobachtungen <strong>zur</strong> kursächsischen<br />
Predigerlandschaft neben Luther, Karlstadt <strong>und</strong> Müntzer <strong>bis</strong> 1525 (Verö entlichungen der<br />
Thomas-Müntzer-Gesellschaft 25). Mühlhausen 2018.
Die reformatorische Bewegung in Kursachsen 21<br />
stadt <strong>und</strong> Martin Luther führte, veranlasste Kurfürst Friedrich zu Zurückhaltung,<br />
obwohl ihn die Vorgänge o ensichtlich interessierten. Gegenüber Johannes<br />
Eck antwortete er ausweichend <strong>und</strong> hob später hervor, dass Luther durch Eck<br />
zu seinen Aussagen verführt worden sei. Denn nun kam durch Äußerungen<br />
Luthers, die die Legit<strong>im</strong>ität <strong>und</strong> Autorität von Papst <strong>und</strong> Konzilien bestritten,<br />
eine neue Dynamik in die ö entliche Diskussion. Dies hatte beispielsweise <strong>zur</strong><br />
Folge, dass Kurfürst Friedrich <strong>und</strong> Herzog Johann ab 1520 sehr genau registrierten,<br />
welche Schriften der Wittenberger Gelehrte in den Druck gab. Sie gingen<br />
wahrscheinlich so vor, um nicht ständig von Luthers Alleingängen überrascht zu<br />
werden.<br />
Größte Aufregung verursachte die Verö entlichung der Bannandrohungsbulle<br />
„Exsurge Domine“, von der die Bischöfe Johann von Meißen <strong>und</strong> Adolf von<br />
Merseburg verlangten, dass sie in ihren Bistümern angeschlagen werden sollte.<br />
Dies betraf auch kursächsische Städte wie Leisnig. Da sich eine Verö entlichung<br />
dauerhaft nicht verhindern ließ, wurde die Bulle teilweise so angebracht, dass sie<br />
kaum Leser nden konnte. Dies zeigt, dass sich Luthers Gedanken zu diesem<br />
Zeitpunkt bereits verbreitet hatten <strong>und</strong> dass er Unterstützer besaß.<br />
Dementsprechend lassen sich nicht nur in Wittenberg Neuerungen feststellen,<br />
die durch reformatorisches Gedankengut ausgelöst wurden. Die durch den Bergbau<br />
reiche <strong>und</strong> <strong>im</strong> Vergleich zu anderen urbanen Räumen Kursachsens große<br />
Stadt Zwickau kann als Beispiel für die Ausbildung einer frühen reformatorischen<br />
Bewegung angeführt werden. Hier traten Thomas Müntzer oder Nikolaus<br />
Hausmann auf <strong>und</strong> best<strong>im</strong>mten durch ihre Predigten die reformatorische<br />
Entwicklung. Dies führte unweigerlich zu Spannungen mit den ortsansässigen<br />
Franziskanern.<br />
Einen ersten Höhepunkt in der Verbreitung der reformatorischen Bewegung, die<br />
man in dieser Phase als Gemeindereformation verstehen kann, stellt die Zeit der<br />
Abwesenheit Luthers von Wittenberg, vor allem <strong>im</strong> Herbst 1521 <strong>und</strong> Frühjahr<br />
Nr. 913.<br />
Nr. 912, Nr. 914, Nr. 925, Nr. 953 <strong>und</strong> Nr. 1085.<br />
Z. B. Nr. 837, Nr. 858, Nr. 939, Nr. 1026, Nr. 1046, Nr. 1068, Nr. 1107, Nr. 1110, Nr. 1129, Nr. 1159,<br />
Nr. 1181, Nr. 1201, Nr. 1202, Nr. 1325 oder Nr. 1377.<br />
Zur Verbreitung der Bulle in Kursachsen vgl. z. B. Nr. 1123, Nr. 1126, Nr. 1137 <strong>und</strong> Nr. 1184.<br />
Nr. 1204, Nr. 1205 <strong>und</strong> Nr. 1213. Vgl. ABKG 1, S. 153f., Nr. 190f. <strong>und</strong> S. 155, Nr. 193.<br />
Nr. 1222.<br />
K , Julia: Die Bürger von Zwickau <strong>und</strong> ihre Kirche. Kirchliche Institutionen <strong>und</strong> städtische<br />
Frömmigkeit <strong>im</strong> späten Mittelalter (Schriften <strong>zur</strong> sächsischen Geschichte <strong>und</strong> Volksk<strong>und</strong>e 45).<br />
Leipzig 2013.<br />
Nr. 1111 <strong>und</strong> Nr. 1286.<br />
Nr. 1287 <strong>und</strong> Nr. 1314.<br />
Nr. 1650.
22 Einleitung<br />
1522, dar. Eine erste Konsequenz aus den umlaufenden reformatorischen Meinungen<br />
zog der Propst von Kemberg, Bartholomäus Bernhardi, der <strong>im</strong> August<br />
1521 Gertraude Pannier heiratete. Dies stand ihm als Geistlichem nach kanonischem<br />
Recht nicht zu. Bernhardi war an der Universität bekannt <strong>und</strong> erhielt<br />
Unterstützung von Philipp Melanchthon <strong>und</strong> Andreas Karlstadt, die ihm halfen,<br />
eine Verteidigungsschrift aufzusetzen, die für Kardinal Albrecht von Mainz <strong>und</strong><br />
Magdeburg best<strong>im</strong>mt war. Den Aufforderungen <strong>des</strong> Kardinals, ihm bei der Verfolgung<br />
<strong>des</strong> Falls zu helfen, kam Friedrich nicht nach. Um seinen Standpunkt<br />
darzulegen, schickte er seinen erfahrenen Rat Hans von der Planitz nach Halle.<br />
Doch waren sowohl die Heirat Bernhardis als auch die darauf folgenden Diskussionen<br />
nur der Beginn einer Entwicklung, die in zunehmendem Maß auf<br />
die Ableitung praktischer Konsequenzen aus der Theologie Luthers hinwirkte.<br />
Innerhalb der Wittenberger Institutionen Universität, Allerheiligenstift, Augustinereremitenkloster<br />
<strong>und</strong> Stadtgemeinde wurde seit September 1521 heftig über<br />
den religiösen Weg der Gemeinde diskutiert. Luther hatte bereits vor seinem<br />
Wartburgaufenthalt zahlreiche der nun zu klärenden Felder in seinen Schriften<br />
behandelt. Dazu gehörten die Feier der Messe, die Sakramente, das Freiheitsverständnis<br />
oder das allgemeine Priestertum. Entsprechend gri en nun seine<br />
Weggefährten Gabriel Zwilling, Philipp Melanchthon <strong>und</strong> Andreas Karlstadt<br />
seine Gedanken auf <strong>und</strong> versuchten, sie in die Praxis zu überführen. Dies hatte<br />
die Veränderung der Messe <strong>zur</strong> Folge, bei der allmählich in allen Wittenberger<br />
Kirchen der Canon Missae abgestellt sowie die Anzahl der Messen verringert<br />
wurden. Im Allerheiligenstift kam es sogar so weit, dass sich keine Priester<br />
mehr fanden, die die zahlreichen Messstiftungen übernehmen wollten. Ihren<br />
Höhepunkt erreichte diese Entwicklung mit der Austeilung <strong>des</strong> Abendmahls unter<br />
beiderlei Gestalt durch Andreas Karlstadt am Weihnachtstag 1521.<br />
Zudem kamen nach Weihnachten 1521 Nikolaus Storch, Thomas Drechsel <strong>und</strong><br />
Markus Thomae nach Wittenberg, die Melanchthon mit ihren theologischen<br />
Überlegungen, die er als „prophetisch“ beschrieb, verw<strong>und</strong>erten. Beunruhigt<br />
schrieb er an Kurfürst Friedrich, weil er nicht wusste, wie er mit ihnen diskutieren<br />
sollte. Nur Luther könne beurteilen, was von ihren Reden zu halten sei. Der<br />
Kurfürst musste Melanchthon raten, sich von diesen Leuten fernzuhalten, weil<br />
Luther zu diesem Zeitpunkt unmöglich nach Wittenberg <strong>zur</strong>ückkehren könne.<br />
Später kam durch Luthers Umschreibung für diese drei Männer die Bezeichnung<br />
„Zwickauer Propheten“ auf, die suggeriert, dass sie eine Gemeinschaft bildeten.<br />
Vgl. M : Wittenberger Bewegung (wie Anm. 45); sowie K , Natalie: Ritualwandel<br />
<strong>und</strong> Deutungshoheit. Die frühe <strong>Reformation</strong> in der Residenzstadt Wittenberg 1500–1533 (Spätmittelalter,<br />
Humanismus, <strong>Reformation</strong> 74). Tübingen 2014, bes. S. 141–242.<br />
Nr. 1304, Nr. 1305, Nr. 1317 <strong>und</strong> Nr. 1321.<br />
Z. B. Nr. 1342, Nr. 1346, Nr. 1351, Nr. 1356, Nr. 1374, Nr. 1397, Nr. 1398, Nr. 1402 u. a.<br />
Nr. 1374.<br />
Nr. 1435.<br />
Nr. 1434 <strong>und</strong> Nr. 1440.
Die reformatorische Bewegung in Kursachsen 23<br />
Das Bild der „Zwickauer Propheten“ verfestigte sich zu einem Stereotyp der<br />
<strong>Reformation</strong>sgeschichte.<br />
In Eilenburg sorgte wiederum Luthers ehemaliger Ordensbruder Gabriel Zwilling<br />
für Unruhe, indem er hier Ende Dezember 1521 wie zuvor <strong>im</strong> Augustinereremitenkloster<br />
Wittenberg gegen die Messe sowie die kanonischen Speisegebote predigte,<br />
zum Fastenbrechen einlud <strong>und</strong> am 1. Januar 1522 schließlich das Abendmahl unter<br />
beiderlei Gestalt austeilte. Kurfürstliche Funktionseliten nahmen daran teil,<br />
ohne dagegen einzuschreiten. Johann von Kanitz, Propst auf dem Petersberg <strong>und</strong><br />
Patronatsherr für Eilenburg, teilte dies Kurfürst Friedrich heftig erregt mit. Im<br />
Verlauf <strong>des</strong> Jahres wurden die Verhandlungen zwischen Kanitz <strong>und</strong> dem Rat zu<br />
Eilenburg auf Vermittlung kursächsischer Funktionseliten so weit vorangetrieben,<br />
dass Andreas Kauxdorf als evangelischer Prediger neben dem Pfarrer <strong>des</strong> Ortes<br />
angestellt werden durfte.<br />
Verschiedene Gründe drängten Luther Anfang März 1522 dazu, die Wartburg<br />
zu verlassen. Er wollte mit Melanchthon <strong>und</strong> Spalatin seine Übersetzung <strong>des</strong><br />
Neuen Testaments durchgehen. Zugleich forderten die Ereignisse in Wittenberg<br />
sein Einschreiten. Durch eine Reihe von Predigten, die ihn sogar <strong>bis</strong> nach Zwickau<br />
<strong>und</strong> Eilenburg führten, dämmte er die in der Forschung als „Wittenberger<br />
Bewegung“ bezeichneten reformatorischen Ausschreitungen, die besser als städtische<br />
<strong>Reformation</strong> oder als Gemeindereformation beschrieben werden sollten,<br />
ein. Ein Mandat <strong>des</strong> Reichsreg<strong>im</strong>ents vom 20. Januar 1522, das die weitere Ausbreitung<br />
der <strong>Reformation</strong> unterbinden sollte, verfehlte in Kursachsen sein Ziel.<br />
Der kurfürstlichen Verwaltung ist es ebenfalls nicht gelungen, die Wittenberger<br />
Gemeindereformation zu beruhigen.<br />
Einen Versuch, die bestehende Ordnung aufrechtzuerhalten <strong>und</strong> gegen reformatorische<br />
Neuerungen zu verteidigen, stellten die Visitationsreisen der Bischöfe<br />
Johann VII. von Meißen <strong>und</strong> Adolf von Merseburg dar. Sie konnten sich dafür<br />
auf das Wormser Edikt Kaiser Karls V. berufen. Kurfürst Friedrich <strong>und</strong> Herzog<br />
Johann standen diesem Vorhaben nicht <strong>im</strong> Weg, sondern ordneten, wie bereits<br />
in anderen <strong>Kontext</strong>en, Funktionseliten ab, die die Bischöfe begleiten <strong>und</strong> sicher<br />
auch schützen sollten. Jedoch konnten die ö entlichen Predigten in Städten wie<br />
Herzberg, Colditz, Leisnig oder Schmiedeberg die sich ausbreitende <strong>Reformation</strong><br />
nicht au alten.<br />
K , Thomas: Thomas Müntzer, „Zwickauer Propheten“ <strong>und</strong> sächsische Radikale. Eine<br />
quellen- <strong>und</strong> traditionskritische Untersuchung zu einer komplexen Konstellation (Verö entlichungen<br />
der Thomas-Müntzer-Gesellschaft 12). Mühlhausen 2010.<br />
Nr. 1445, Nr. 1450 <strong>und</strong> Nr. 1451.<br />
Nr. 1612, Nr. 1620, Nr. 1624, Nr. 1628, Nr. 1676, Nr. 1678, Nr. 1684 <strong>und</strong> Nr. 1685.<br />
Nr. 1602.<br />
Nr. 1457.<br />
Nr. 1476, Nr. 1480, Nr. 1484, Nr. 1485, Nr. 1533, Nr. 1534, Nr. 1535, Nr. 1540, Nr. 1541, Nr. 1542,<br />
Nr. 1546, Nr. 1554, Nr. 1555, Nr. 1560, Nr. 1561, Nr. 1563, Nr. 1564 <strong>und</strong> Nr. 1571.
24 Einleitung<br />
Bode<br />
Saale<br />
Saale<br />
Saale<br />
Werra<br />
Unstrut<br />
Helme<br />
Gera<br />
Unstrut<br />
Elbe<br />
Weiße Elster<br />
Weiße Elster<br />
Bistum<br />
istum<br />
Halberstadt<br />
Bistum<br />
Bistum<br />
Hil<strong>des</strong>he<strong>im</strong><br />
Erz<strong>bis</strong>tum<br />
Mainz<br />
Bistum<br />
Würzburg<br />
Bistum<br />
Bamberg<br />
Bistum<br />
Naum<br />
<strong>bis</strong>tum<br />
Erz-<br />
Magdeburg<br />
Plötzky<br />
Bürgel<br />
Roda<br />
Orlamünde<br />
Mildenfurth<br />
Weida<br />
Pößneck<br />
Neustadt<br />
Saalfeld<br />
Königsberg<br />
Coburg<br />
Mönchröden<br />
Sonnefeld<br />
Plauen<br />
Jena<br />
Berka<br />
Oberwe<strong>im</strong>ar<br />
We<strong>im</strong>ar<br />
Zwätzen<br />
Liebstedt<br />
Ettersburg<br />
Ichtershausen<br />
Gotha<br />
Eisenach<br />
Creuzburg<br />
Georgenthal<br />
Reinhardsbrunn<br />
Weißenborn<br />
Allendorf<br />
Veilsdorf<br />
Cronschwitz<br />
Eisenberg<br />
Lausnitz<br />
Petersberg<br />
Heusdorf<br />
Na<strong>und</strong>orf<br />
Kapellendorf
Spree<br />
Die reformatorische Bewegung in Kursachsen 25<br />
Bistum Lebus<br />
stum<br />
Brandenburg<br />
Dahnsdorf<br />
zum<br />
Erz<strong>bis</strong>tum<br />
Magdeburg<br />
Elbe<br />
Wittenberg<br />
burg<br />
Steinlaußig<br />
Lichtenberg<br />
Dommitzsch<br />
Herzberg<br />
Schwarze Elster<br />
Bistum Meißen<br />
Neiße<br />
Brehna<br />
Torgau<br />
Sitzenroda<br />
Weiße Elster<br />
Bistum<br />
Gr<strong>im</strong>ma<br />
Merseburg<br />
Eicha<br />
Mulde<br />
N<strong>im</strong>bschen<br />
Buch<br />
Elbe<br />
Pleiße<br />
KLÖSTER UND STIFTE IN KURSACHSEN UM 1520<br />
stum<br />
istum<br />
Altenburg<br />
Remse<br />
Frankenhausen<br />
Cr<strong>im</strong>mitschau<br />
Naumburg<br />
Zwickau<br />
Zwickauer<br />
Mulde<br />
Zschopau<br />
Grünhain<br />
Freiberger Mulde<br />
Antoniter<br />
Augustiner-Chorherren<br />
Augustiner-Chorfrauen<br />
Augustinereremiten<br />
Benediktiner<br />
Benediktinerinnen<br />
Deutscher Orden<br />
Dominikaner<br />
Dominikanerinnen<br />
Franziskaner<br />
Franziskanertertiarinnen/<br />
Beginen<br />
Johanniter<br />
Karmeliter<br />
Kartäuser<br />
Kollegiatstift<br />
Magdalenerinnen<br />
Prämonstratenser<br />
Wilhelmiten<br />
Zisterzienser<br />
Zisterzienserinnen<br />
Weiße Elster<br />
Bistum<br />
Regensburg<br />
Erz<strong>bis</strong>tum<br />
Prag<br />
ernestinisches<br />
Kurfürstentum Sachsen<br />
Bistumsgrenzen<br />
Karte: Dipl.-Des. Sascha Jaeck, Saskia Jähnigen M.A.<br />
Fluss<br />
0 25km
26 Einleitung<br />
5 Die Klöster <strong>im</strong> Herrschaftsbereich der Ernestiner<br />
Besonderes Interesse Kurfürst <strong>Friedrichs</strong> <strong>und</strong> Herzog <strong>Johanns</strong> galt <strong>im</strong> Rahmen<br />
ihrer <strong>Kirchenpolitik</strong> den Klöstern <strong>und</strong> Stiften, die in ihrem Territorium lagen oder<br />
zu denen sie persönliche Beziehungen unterhielten. Am Vorabend der <strong>Reformation</strong><br />
erstreckte sich in ihrem Herrschaftsbereich eine Kloster- <strong>und</strong> Stiftslandschaft<br />
von bemerkenswerter Dichte <strong>und</strong> ordensspezi scher Diversität, die sich aus 80<br />
Ordenshäusern, Kommenden <strong>und</strong> Stiften zusammensetzte (vgl. Karte). Vor allem<br />
der thüringische Lan<strong>des</strong>teil zeichnete sich dabei durch eine hohe Konzentration<br />
geistlicher Institutionen aus. Kollegiatstifte existierten in Wittenberg, Altenburg,<br />
Gotha <strong>und</strong> Eisenach. Unter den Klöstern waren insbesondere Niederlassungen<br />
der Mendikanten zahlreich vertreten. Franziskaner, Augustinereremiten <strong>und</strong> Dominikaner<br />
siedelten vorrangig in den größeren urbanen Zentren Kursachsens<br />
wie Eisenach, Altenburg, Zwickau oder Wittenberg <strong>und</strong> boten vielerorts ein<br />
alternatives Angebot <strong>zur</strong> regulären Pfarrseelsorge. Über teils weitreichende<br />
Gr<strong>und</strong>herrschaften verfügten hingegen die auf dem Land niedergelassenen Benediktiner<br />
<strong>und</strong> Zisterzienser, deren Äbte sogar die ernestinischen Landtage<br />
Dieser Abschnitt entstand <strong>im</strong> Austausch mit Saskia Jähnigen.<br />
Zu den <strong>bis</strong> 1300 erfolgten Klostergründungen <strong>im</strong> Raum der heutigen B<strong>und</strong>esländer Sachsen <strong>und</strong><br />
Sachsen-Anhalt sowie <strong>des</strong> östlichen Thüringen vgl. S<br />
, Walter: Kirchengeschichte<br />
Sachsens <strong>im</strong> Mittelalter, Bd. 2 (Mitteldeutsche Forschungen 27). Köln/Wien 2 1983, S. 165–350.<br />
Zu den hoch- <strong>und</strong> spätmittelalterlichen Klostergründungen in Thüringen vgl. S , Hans<br />
K.: Die Kirche <strong>im</strong> Hoch- <strong>und</strong> Spätmittelalter. In: Geschichte Thüringens, Bd. 2.2: Hohes <strong>und</strong><br />
spätes Mittelalter, hrsg. von Hans Patze <strong>und</strong> Walter Schlesinger (Mitteldeutsche Forschungen<br />
48). Köln/Wien 1973, S. 77–99, 104–110; H , Rudolf: Thüringische Kirchengeschichte,<br />
Bd. 1. Jena 1937 (ND Waltrop 2000), S. 165–203, 242–256; zusammenfassend auch B , Enno:<br />
Martin Luthers Orden in Neustadt an der Orla. Das Kloster der Augustiner-Eremiten <strong>und</strong> seine<br />
Mönche (Beiträge <strong>zur</strong> Geschichte <strong>und</strong> Stadtkultur 13). Jena 2007, S. 21–30; zu den Frauenklöstern<br />
vgl. W , Petra: Klosterlandschaft – Frauenklosterlandschaft. Das Beispiel Thüringen. In:<br />
Landschaft(en). Begri e, Formen, Implikationen, hrsg. von Franz J. Felten, Harald Müller <strong>und</strong><br />
Heidrun Ochs (Geschichtliche Lan<strong>des</strong>k<strong>und</strong>e 68). Stuttgart 2012, S. 279–350; eine Auflistung<br />
der thüringischen Klöster bietet O , Bernhard: Thüringische Klöster vor 1800. Eine<br />
Übersicht. Leipzig 1959; vgl. auch die mit Literaturverweisen versehene Liste bei H ,<br />
Thüringische Kirchengeschichte 1, S. 299–314.<br />
Für die Niederlassungen der Franziskaner <strong>im</strong> thüringischen Raum vgl. Für Gott <strong>und</strong> die Welt.<br />
Franziskaner in Thüringen. Text- <strong>und</strong> Katalogband <strong>zur</strong> Ausstellung in den Mühlhäuser Museen<br />
vom 29. März <strong>bis</strong> 31. Oktober 2008, hrsg. von Thomas T. Müller, Bernd Schmies <strong>und</strong> Christian<br />
Loefke (Mühlhäuser Museen. Forschungen <strong>und</strong> Studien 1). Paderborn u. a. 2008. Zu den Niederlassungen<br />
der Augustinereremiten s. K<br />
, Adalbero: Geschichte der deutschen<br />
Augustiner-Eremiten, Bd. 5: Die sächsisch-thüringische Provinz <strong>und</strong> die sächsische Reformkongregation<br />
<strong>bis</strong> zum Untergang der beiden. Würzburg 1974.<br />
Für einzelne zisterziensische <strong>und</strong> benediktinische Niederlassungen auf dem Boden <strong>des</strong> ernestinischen<br />
Herrschaftsgebiets kann auf die entsprechenden Bände der Germania Benedictina<br />
<strong>zur</strong>ückgegri en werden, s. Die Mönchs- <strong>und</strong> Nonnenklöster der Zisterzienser in Hessen <strong>und</strong><br />
Thüringen, hrsg. von Friedhelm Jürgensmeier <strong>und</strong> Regina E. Schwerdtfeger (Germania Benedictina<br />
Bd. IV/1 u. 2). St. Ottilien 2011; Die benediktinischen Mönchsklöster in Mecklenburg-
Die Klöster <strong>im</strong> Herrschaftsbereich der Ernestiner 27<br />
besuchten. Für die Niederlassungen der Benediktiner lässt sich noch für das späte<br />
15. <strong>und</strong> frühe 16. Jahrh<strong>und</strong>ert die Förderung von Reformen durch die Ernestiner<br />
nachvollziehen, die schließlich den Anschluss von Konventen an die Bursfelder<br />
Union begünstigte. Darunter war auch das Kloster Reinhardsbrunn <strong>im</strong> Thüringer<br />
Wald, das für die ernestinischen Lan<strong>des</strong>herren aufgr<strong>und</strong> seiner Gründung durch<br />
die Landgrafen von Thüringen <strong>und</strong> als deren Grablege eine herausragende Bedeutung<br />
als Ort fürstlicher Memoria darstellte. Noch 1493 war das Ordenshaus<br />
von Kurfürst Friedrich als Begräbnisstätte in Erwägung gezogen worden, sollte<br />
sich die angeregte Reform positiv entwickeln. Zudem können 28 Frauenklöster<br />
benannt werden, als deren weltliche Herren die Ernestiner in Erscheinung<br />
traten. Die Mehrheit dieser Konvente lebte unter der Benediktsregel. Waren<br />
zahlreiche Frauenklöster ab ca. 1200 als Zisterzen gegründet worden, ist eine<br />
Ordensinkorporation nur <strong>im</strong> Falle <strong>des</strong> Klosters N<strong>im</strong>bschen gesichert sowie für das<br />
Katharinenkloster in Eisenach anzunehmen. Während <strong>im</strong> Fall <strong>des</strong> Eisenacher<br />
Klosters die Einhaltung der zisterziensischen Observanz noch 1522 durch das<br />
Mutterkloster Pforta überprüft wurde, changierten die Gewohnheiten anderer<br />
zisterziensischer Gründungen hingegen wiederholt <strong>und</strong> können aufgr<strong>und</strong> einer<br />
lückenhaften Überlieferung nicht durchgängig erfasst werden. Für einige Frauenklöster<br />
kann eine spätere Hinwendung zum Benediktinerorden nachvollzogen<br />
werden, die, wie <strong>im</strong> Falle <strong>des</strong> Klosters Oberwe<strong>im</strong>ar, <strong>im</strong> Zusammenhang mit den<br />
aus Kloster Bursfelde ausgehenden Reform<strong>im</strong>pulsen zu sehen ist.<br />
Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen <strong>und</strong> Sachsen, hrsg. von Christof Römer <strong>und</strong> Monika<br />
Lücke (Germania Benedictina Bd. X/1 u. 2). St. Ottilien 2012.<br />
W , Harald: Herrschaft <strong>und</strong> Memoria. Die Wettiner <strong>und</strong> ihre Hausklöster <strong>im</strong> Mittelalter<br />
(Schriften <strong>zur</strong> sächsischen Geschichte <strong>und</strong> Volksk<strong>und</strong>e 32). Leipzig 2010, S. 290.<br />
Vgl. BAKFJ 1, S. 52, Nr. 1.<br />
Die herrschaftspolitische Zugehörigkeit <strong>des</strong> Benediktinerinnenklosters Remse bildete bspw. wiederholt<br />
einen Streitpunkt, da gleichermaßen die sächsischen Kurfürsten als auch die Herren von<br />
Schönburg Ansprüche erhoben. Diese Ansprüche setzten die Ernestiner <strong>im</strong> Zuge der Einführung<br />
der <strong>Reformation</strong> jedoch schließlich kompromisslos durch, weshalb das Kloster auch auf der<br />
beigegebenen Karte erscheint.<br />
K , Anne-Katrin: Geschichte <strong>des</strong> Klosters N<strong>im</strong>bschen. Von der Gründung 1243 <strong>bis</strong> zu seinem<br />
Ende 1536/1542 (Arbeiten <strong>zur</strong> Kirchen- <strong>und</strong> Theologiegeschichte 7). Leipzig 2003, S. 31–36. Zur<br />
Problematik der Ordenszugehörigkeit von Frauenklöstern zwischen Saale <strong>und</strong> Neiße vgl. ebd.,<br />
S. 137–177. Weiterführend dazu auch F , Franz J.: Zisterzienserinnen in Deutschland.<br />
Beobachtungen <strong>und</strong> Überlegungen zu Ausbreitung <strong>und</strong> Ordenszugehörigkeit. In: Unan<strong>im</strong>ité<br />
et diversité cisterciennes. Filiations – Réseaux – Relectures du XIIe au XVIIe siècle. Actes du<br />
Quatrième Colloque International du C.E.R.C.O.R. Dijon, 23–25 Septembre 1998 (Traveaux et<br />
Recherches XII). Saint-Étienne 2000, S. 345–389.<br />
Nr. 1467, Nr. 1618.<br />
F , Barbara: Das Erfurter Peterskloster <strong>im</strong> 15. Jahrh<strong>und</strong>ert. Studien <strong>zur</strong> Geschichte der<br />
Klosterreform <strong>und</strong> der Bursfelder Union (Verö entlichungen <strong>des</strong> Max-Planck-Instituts für Geschichte<br />
34/Studien <strong>zur</strong> Germania Sacra 11). Göttingen 1973, S. 334.
28 Einleitung<br />
In der von den Ernestinern zwischen 1518 <strong>und</strong> 1522 verfolgten Klosterpolitik<br />
lassen sich bereits eingeschlagene Wege weiterverfolgen, beispielsweise Begünstigungen<br />
<strong>zur</strong> Förderung begonnener Reformen zu gewähren oder Pröpste <strong>und</strong><br />
Vorsteher für Frauenklöster zu best<strong>im</strong>men. Neue Schwerpunkte entstanden<br />
hingegen durch die Verbreitung von Martin Luthers theologischen Positionen.<br />
Sie wurden wohl zunächst in Luthers eigenem Orden, den Augustinereremiten,<br />
weitergetragen, drangen aber zugleich durch Flugschriften oder mündliche<br />
Weitergabe rasch in andere Klöster vor. Indem Luther Frömmigkeitsformen der<br />
Papstkirche an der Heiligen Schrift prüfte, geriet beispielsweise die Heilsförderlichkeit<br />
der monastischen Lebensweise gr<strong>und</strong>legend in Frage. Diese Gedanken<br />
entfalteten seit dem Beginn der 1520er Jahre ihre Wirkung <strong>im</strong> Umfeld der Klöster<br />
<strong>und</strong> Stifte. Bereits <strong>im</strong> Spätherbst 1521 verließen einzelne Mönche unter diesem<br />
Eindruck ihre Klöster. Ausgehend von den Niederlassungen der Augustinereremiten<br />
<strong>und</strong> Franziskaner in Wittenberg, deren vormalige Angehörige schon um den<br />
Jahreswechsel 1521/22 als reformatorische Prediger oder Handwerker in Erscheinung<br />
traten, strahlte die Austrittsbewegung bald in weitere Lan<strong>des</strong>teile aus. Zu<br />
Beginn <strong>des</strong> Jahres 1522 erhielten diese Entwicklungen durch den Wittenberger<br />
Kapitelbeschluss der Augustinereremiten vom 6. Januar, den Erlass von Terminierverboten<br />
durch lokale Stadträte sowie die Publikation von Luthers Schrift<br />
„De votis monasticis judicium“ <strong>im</strong> Februar weiteren Aufwind. Klosteraustritte<br />
können in der Folge unter anderem für die Augustinereremitenklöster in Neustadt<br />
an der Orla, Gr<strong>im</strong>ma <strong>und</strong> Herzberg nachgewiesen werden. Daneben mussten<br />
Friedrich <strong>und</strong> Johann von Sachsen auf Beschwerden einzelner Klöster reagieren,<br />
die sich auf die Verbreitung <strong>und</strong> Disputation reformatorischer Lehren, Störungen<br />
ihrer Zeremonien oder gar Angri e auf Ordenspersonen <strong>und</strong> Klostergüter<br />
bezogen. Das Wegbrechen von Einkommensquellen für die Konvente, aber<br />
auch der Wunsch einzelner Ordensmänner nach der Verwirklichung eines evan-<br />
Vgl. Nr. 1744.<br />
Vgl. Nr. 961, Nr. 964, Nr. 971, Nr. 980 <strong>und</strong> Nr. 985.<br />
Nr. 1379.<br />
S , Johannes: Klöster <strong>und</strong> Mönche in der hessischen <strong>Reformation</strong> (Quellen <strong>und</strong> Forschungen<br />
<strong>zur</strong> <strong>Reformation</strong>sgeschichte 67). Gütersloh 1997, S. 128–143; L , Bernhard: Mönchtum<br />
<strong>und</strong> <strong>Reformation</strong>. Luthers Auseinandersetzung mit dem Mönchsideal <strong>des</strong> Mittelalters (Forschungen<br />
<strong>zur</strong> Kirchen- <strong>und</strong> Dogmengeschichte 12). Göttingen 1963.<br />
Vgl. Nr. 1374, Predigtaktivitäten <strong>des</strong> Gabriel Zwilling in Eilenburg: Nr. 1445, Nr. 1448, Nr. 1450,<br />
Nr. 1454 <strong>und</strong> Nr. 1462.<br />
WA 8, S. 564–669. Bereits am 11. November 1521 teilte Luther sein Vorhaben Georg Spalatin mit,<br />
eine Schrift über die Mönchsgelübde zu verfassen (Nr. 1377).<br />
Nr. 1588 <strong>und</strong> Nr. 1591 sowie Nr. 1607 <strong>und</strong> Nr. 1750.<br />
Vgl. Nr. 1735.<br />
Vgl. Nr. 1340.<br />
Vgl. Nr. 1507, Nr. 1517, Nr. 1558 <strong>und</strong> Nr. 1704.
Die Klöster <strong>im</strong> Herrschaftsbereich der Ernestiner 29<br />
geliumsgemäßen Lebens außerhalb <strong>des</strong> Klosters, trugen zudem die Frage nach<br />
dem Umgang mit den Klostergütern an die weltliche Obrigkeit heran.<br />
Am Rande sei auf einen kleinen Neuf<strong>und</strong> zu Luthers Briefwechsel hingewiesen:<br />
Am 22. November 1522 wandte sich Kurfürst Friedrich laut Kanzleivermerk an<br />
Martin Luther <strong>und</strong> den Konvent <strong>des</strong> Augustinereremitenklosters Wittenberg <strong>zur</strong><br />
Klärung o ener Finanzfragen. Diese Quelle erhellt ein wenig die wirtschaftliche<br />
Situation <strong>des</strong> in Au ösung begri enen Klosters.<br />
Die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter der Leipziger Arbeitsstelle freuen sich,<br />
den 2. Band der <strong>Briefe</strong> <strong>und</strong> <strong>Akten</strong> <strong>zur</strong> <strong>Kirchenpolitik</strong> <strong>Friedrichs</strong> <strong>des</strong> <strong>Weisen</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Johanns</strong> <strong>des</strong> <strong>Beständigen</strong> hiermit der Ö entlichkeit übergeben zu können, obwohl<br />
die Arbeiten daran zwei Jahre lang unter den schwierigen Bedingungen der<br />
Corona-Pandemie voranschreiten mussten. In dieser Perspektive liest man einige<br />
Quellen dieses Ban<strong>des</strong> mit einem anderen Blick, denn auch die Menschen <strong>des</strong><br />
16. Jahrh<strong>und</strong>erts litten unter Seuchen. Mag ihr Ein uss auf die kursächsische<br />
<strong>Kirchenpolitik</strong> auch gering gewesen sein, erscheint das Leben der Menschen<br />
damals wie heute angesichts solch außergewöhnlicher Vorkommnisse dennoch<br />
in einem neuen Licht.<br />
Stefan Michel<br />
Vgl. Nr. 1607 <strong>und</strong> Nr. 1750.<br />
Nr. 1711. Stefan Michel ist dieser Neuf<strong>und</strong> gelungen, der ihn zusammen mit Ulrike Ludwig für<br />
diesen Band ediert hat.<br />
Vgl. Nr. 674, Nr. 956, Nr. 990, Nr. 1146, Nr. 1174, Nr. 1177, Nr. 1231, Nr. 1382, Nr. 1384 <strong>und</strong> Nr. 1449.
Handschreiben <strong>und</strong> Kanzleischreiben<br />
Die Korrespondenz zwischen Kurfürst Friedrich <strong>und</strong><br />
Herzog Georg von Sachsen<br />
Am 27. März 1520 schrieb Kurfürst Friedrich aus Lochau an Herzog Georg: „Ich<br />
habe eur lieb schreyben vernomen, auch eur lieb antwort in der nassauischen<br />
sachen auß der cantzley entpfangen <strong>und</strong> schreibe eur lieb darauf hiemit wider<br />
auß der cantzley, wie eur lieb vernemen werden.“ Friedrich bestätigte den Erhalt<br />
zweier Schreiben <strong>des</strong> Vetters – eines Hand- sowie eines Kanzleischreibens. Als<br />
Reaktion auf Letzteres kündigte er seine Antwort ebenfalls mittels eines Kanzleischreibens<br />
an. Über diese Auskunft hinaus war das Thema kein Gegenstand<br />
für eine weitere Erörterung. Vielmehr gab Friedrich in seinem Handschreiben<br />
eine ausführliche Rückmeldung zu Georgs Anliegen in <strong>des</strong>sen Handschreiben,<br />
sich mit Friedrich zwecks eines persönlichen Austausches nach Ostern zu tre en.<br />
Herzog Georg hatte die Dringlichkeit angeführt, über aktuelle Angelegenheiten<br />
zu berichten, die sowohl Kurfürst Friedrich als auch das gesamte Haus Sachsen<br />
betrafen. Mit Blick darauf kündigte Friedrich an, dass er Georg am letzten Osterfeiertag<br />
oder am Tag darauf einen Termin für eine Zusammenkunft mitteilen<br />
werde. Abschließend ging er noch auf Neuigkeiten ein <strong>und</strong> berichtete, dass er<br />
am heutigen Tag nach Wittenberg aufbrechen wolle, um dort die Osterzeit zu<br />
verbringen.<br />
Im Folgenden sollen einige quellenkritische Beobachtungen zu Hand- <strong>und</strong> Kanzleischreiben<br />
anhand der Kommunikation zwischen Kurfürst Friedrich <strong>und</strong> Herzog<br />
Georg vorgetragen werden. Beide Fürsten waren Lan<strong>des</strong>herren innerhalb <strong>des</strong><br />
Reichsverban<strong>des</strong>. Ihre Herrschaftsgebiete waren nicht nur benachbart, sondern<br />
in vielfältiger Weise miteinander verschränkt. Ihre Väter waren Brüder <strong>und</strong> hatten<br />
anfänglich noch gemeinsam das Kurfürstentum Sachsen regiert <strong>und</strong> eine<br />
gemeinsame Politik betrieben. Die Korrespondenzen zwischen Friedrich <strong>und</strong><br />
Georg zeugen von ihrer engen Verwandtschaft, der gemeinsamen wettinischen<br />
Tradition, den problembehafteten Folgen der Leipziger Teilung, aber auch von<br />
noch bestehenden gemeinsamen Hausinteressen. Die Forschungen der letzten<br />
SächsHStA Dresden, 10024 Gehe<strong>im</strong>er Rat (Gehe<strong>im</strong>es Archiv), Loc. 08498/01, fol. 28rv, ediert<br />
in: L , Friedrich Albert von: Züge aus dem Familienleben der Herzogin Sidonie <strong>und</strong><br />
ihrer fürstlichen Verwandten aus dem XV. <strong>und</strong> XVI. Jahrh<strong>und</strong>ert (Mittheilungen <strong>des</strong> königlich<br />
sächsischen Alterthums-Vereins. Historischen Inhalts 1). Dresden 1852, S. 119f., Nr. 42.
32 Handschreiben <strong>und</strong> Kanzleischreiben<br />
Jahrzehnte zum Verhältnis der beiden Wettiner basierten vor allem auf vorhandenen<br />
Editionen aus albertinischer Sicht, wie der Ausgabe der „<strong>Akten</strong> <strong>und</strong> <strong>Briefe</strong><br />
<strong>zur</strong> <strong>Kirchenpolitik</strong> Herzog Georgs“. Darüber hinaus wurde mehrfach auf die<br />
Masse <strong>des</strong> noch unerschlossenen Quellenmaterials zum Thema verwiesen. Neuerdings<br />
bietet die Edition der „<strong>Briefe</strong> <strong>und</strong> <strong>Akten</strong> <strong>zur</strong> <strong>Kirchenpolitik</strong> <strong>Friedrichs</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>Weisen</strong> <strong>und</strong> <strong>Johanns</strong> <strong>des</strong> <strong>Beständigen</strong>“ zahlreiches neues Quellenmaterial vor<br />
allem aus der ernestinischen Überlieferung, speziell Schriftstücke, in denen sich<br />
kirchenpolitische Handlungen <strong>und</strong> Motive <strong>Friedrichs</strong> widerspiegeln. Projektbedingt<br />
handelt es sich um eine Auswahl aus der Gesamtkorrespondenz zwischen<br />
Friedrich <strong>und</strong> Georg zwischen <strong>1513</strong> <strong>und</strong> 1525. Im Zusammenhang mit der Recherche<br />
nach Schreiben, die kirchenpolitisch relevante Aussagen enthalten, war<br />
zu re ektieren, welche unterschiedlichen Themen die überlieferten Schriftstücke<br />
zum Inhalt haben. Über welche Angelegenheiten diskutierten Friedrich <strong>und</strong><br />
Georg überhaupt miteinander <strong>und</strong> von wem gingen welche Initiativen aus? Welche<br />
Kommunikationswege <strong>und</strong> -möglichkeiten nutzten Friedrich <strong>und</strong> Georg für<br />
die Abst<strong>im</strong>mung verschiedener Themen? Welche Probleme sollten auf welchen<br />
Wegen <strong>und</strong> mit welchen Mitteln gelöst werden? Die systematische Analyse der<br />
überlieferten Schreiben bietet neue Erkenntnisse sowohl zum speziellen Thema<br />
<strong>des</strong> Verhältnisses der beiden Protagonisten als auch allgemein zu inhaltlichen <strong>und</strong><br />
formalen Kriterien fürstlicher Korrespondenz zu Beginn <strong>des</strong> 16. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />
1 Die Korrespondenzpartner<br />
Im Jahr 1485 teilten die Väter <strong>Friedrichs</strong> <strong>und</strong> Georgs, Kurfürst Ernst <strong>und</strong> Herzog<br />
Albrecht, aus familieninternen Gründen das wettinische Herrschaftsgebiet<br />
<strong>Akten</strong> <strong>und</strong> <strong>Briefe</strong> <strong>zur</strong> <strong>Kirchenpolitik</strong> Herzog Georgs von Sachsen. Bd. 1: 1517–1524, hrsg. von<br />
Felician Gess. Leipzig 1905 (ND Leipzig 1985); sowie ebd., Bd. 2: 1525–1527, hrsg. von Felician<br />
Gess. Leipzig 1917 (ND Leipzig 1985).<br />
Vgl. B , Enno: Nähe <strong>und</strong> Distanz: Friedrich der Weise <strong>und</strong> Herzog Georg von Sachsen<br />
(1486–1525). In: Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen. Politik, Kultur <strong>und</strong> <strong>Reformation</strong>, hrsg.<br />
von <strong>Armin</strong> <strong>Kohnle</strong> <strong>und</strong> Uwe Schirmer (Quellen <strong>und</strong> Forschungen <strong>zur</strong> sächsischen Geschichte 40).<br />
Leipzig 2015, S. 123–141. An neueren Beiträgen zum Verhältnis zwischen den beiden Wettinern<br />
vgl. <strong>des</strong> Weiteren W , Christian: Der <strong>Reformation</strong>skon ikt <strong>im</strong> Haus Sachsen. Herzog<br />
Georg als Gegenspieler der ernestinischen <strong>Reformation</strong>sfürsten. In: Die <strong>Reformation</strong>. Fürsten –<br />
Höfe – Räume, hrsg. von <strong>Armin</strong> <strong>Kohnle</strong> <strong>und</strong> <strong>Manfred</strong> <strong>Rudersdorf</strong> (Quellen <strong>und</strong> Forschungen<br />
<strong>zur</strong> sächsischen Geschichte 42). Leipzig 2017, S. 292–313; sowie S , Uwe: Zank <strong>und</strong><br />
Streit seit Anbeginn: Das kon iktreiche Verhältnis zwischen dem ernestinischen Kurfürsten<br />
Friedrich III. <strong>und</strong> dem albertinischen Herzog Georg (1500–1508). In: Die Ernestiner. Politik, Kultur<br />
<strong>und</strong> gesellschaftlicher Wandel, hrsg. von Werner Greiling, Gerhard Müller, Uwe Schirmer, Helmut<br />
G. Walther (Verö entlichungen der Historischen Kommission für Thüringen. Kleine Reihe 50).<br />
Köln/We<strong>im</strong>ar/Wien 2016, S. 73–92. Einige Wertungen sind auf der Basis <strong>des</strong> in der Edition der<br />
„<strong>Briefe</strong> <strong>und</strong> <strong>Akten</strong> <strong>zur</strong> <strong>Kirchenpolitik</strong> <strong>Friedrichs</strong> <strong>des</strong> <strong>Weisen</strong> <strong>und</strong> <strong>Johanns</strong> <strong>des</strong> <strong>Beständigen</strong>“ neu<br />
erhobenen <strong>und</strong> präsentierten Quellenmaterials zu prüfen.
Die Korrespondenzpartner 33<br />
untereinander auf. Davon, dass sich diese Lan<strong>des</strong>teilung letztlich als dauerhaft erweisen<br />
sollte, gingen die beiden Fürsten <strong>und</strong> ihre Räte zunächst nicht aus. Um eine<br />
spätere Wiedervereinigung zu erleichtern, sah der Teilungsvertrag gemeinsamen<br />
Besitz, gemeinsame Zuständigkeiten <strong>und</strong> Nutzungsrechte sowie Verzahnungen<br />
beider Territorien – <strong>des</strong> Kurfürstentums Sachsen <strong>und</strong> <strong>des</strong> Herzogtums Sachsen –<br />
vor. Ernst als der ältere Bruder hatte die sächsische Kurwürde inne <strong>und</strong> fungierte<br />
als Familienoberhaupt <strong>des</strong> wettinischen Gesamthauses. Nach seinem Tod 1486<br />
trat sein 23-jähriger Sohn Friedrich als Kurfürst Friedrich III. von Sachsen die<br />
Nachfolge an. Fast 40 Jahre lang, <strong>bis</strong> 1525, währte die Regierungszeit dieses Wettiners<br />
ernestinischer Linie. Regierender Fürst <strong>des</strong> Herzogtums Sachsen blieb <strong>bis</strong><br />
1500 <strong>Friedrichs</strong> Onkel, Albrecht. Dieser weilte Ende <strong>des</strong> 15. Jahrh<strong>und</strong>erts häu g<br />
außerhalb Sachsens <strong>und</strong> übertrug bereits 1488 seinem damals 17-jährigen Sohn<br />
Georg die inneren Angelegenheiten, also die Regierungsgeschäfte <strong>im</strong> Herzogtum.<br />
Im Jahr 1500 folgte Georg seinem verstorbenen Vater in der Regentschaft, die er<br />
<strong>bis</strong> zu seinem Tod 1539 ausübte. Friedrich <strong>und</strong> Georg, die nur ein Altersabstand<br />
von acht Jahren trennte, regierten also zeitgleich fast vier Jahrzehnte lang.<br />
Mit Blick auf die Kommunikation zwischen den beiden wettinischen Fürsten<br />
ist als erstes Ergebnis zu konstatieren, dass es einen regen Austausch gab, sowohl<br />
mündlich als auch schriftlich unter Beachtung <strong>und</strong> Befolgung best<strong>im</strong>mter<br />
struktureller <strong>und</strong> formaler Regeln. Der mündliche Austausch erfolgte <strong>im</strong> Rahmen<br />
von persönlichen Tre en der Fürsten, durch Gesandte, durch ihre Räte auf<br />
den regelmäßigen Rätetre en <strong>und</strong> mittels Boten, die nicht selten zusätzlich zum<br />
überbrachten Brief auch eine mündliche Botschaft vorzutragen <strong>und</strong> die gegebene<br />
Antwort zu berichten hatten. In schriftlicher Form sind die Handschreiben <strong>und</strong><br />
Kanzleischreiben zwischen den beiden Fürsten überliefert, Instruktionen für die<br />
jeweiligen Gesandtschaften <strong>und</strong> Räte sowie Berichte <strong>und</strong> Protokolle von deren<br />
Beratungen <strong>und</strong> Rätetre en.<br />
Im engeren Kommunikationskreis spielte auf ernestinischer Seite der jüngere<br />
Bruder <strong>Friedrichs</strong>, Johann der Beständige, eine maßgebliche Rolle. Beide Brüder<br />
p egten einen intensiven schriftlichen Austausch, der sich auch auf die Korrespondenz<br />
mit Herzog Georg auswirkte. Georg wandte sich mit seinen Anliegen<br />
auch an Johann, wohl wissend, dass sich die Brüder zeitnah verständigten. Häu g<br />
erhielt Georg von Friedrich die Auskunft, dass er in einer best<strong>im</strong>mten Frage erst<br />
Johann informieren <strong>und</strong> sich mit ihm abst<strong>im</strong>men müsse, bevor er eine Antwort<br />
geben könne. Schreiben <strong>des</strong> jeweils anderen wurden abgeschrieben <strong>und</strong> dem<br />
eigenen Schreiben <strong>zur</strong> Information <strong>des</strong> Empfängers als Beilage mitgegeben. Etliche<br />
in Abschrift überlieferte Schreiben, aber auch Konzepte, die Vorschläge für<br />
Antwortschreiben darstellten <strong>und</strong> untereinander ausgetauscht wurden, zeugen<br />
Vgl. B , Karlheinz: Die wettinischen Länder von der Leipziger Teilung 1485 <strong>bis</strong> zum<br />
Naumburger Vertrag 1554 (Atlas <strong>zur</strong> Geschichte <strong>und</strong> Lan<strong>des</strong>k<strong>und</strong>e von Sachsen C 3.1). Leipzig<br />
2010.
34 Handschreiben <strong>und</strong> Kanzleischreiben<br />
von dieser Dreieckskommunikation. Das enge Verhältnis zwischen Friedrich <strong>und</strong><br />
Johann war bedingt durch die gemeinsame Regierung. Trotz der <strong>1513</strong> vereinbarten<br />
Mutschierung blieb die politische Einheit Kursachsens bestehen. Zudem war<br />
absehbar, dass Johann seinem Bruder Friedrich, der unverheiratet <strong>und</strong> damit ohne<br />
legit<strong>im</strong>e Erben geblieben war, <strong>im</strong> Kurfürstenamt nachfolgen würde.<br />
Auf albertinischer Seite waren die Verhältnisse anders gelagert. Georg hatte Söhne,<br />
die als Stellvertreter ihres Vaters bei <strong>des</strong>sen Abwesenheit in der Korrespondenz<br />
zwischen Georg <strong>und</strong> Friedrich eine zwischengeschaltete Rolle spielten. Seit Anfang<br />
der 1520er Jahre nahmen Johann der Jüngere <strong>und</strong> Friedrich der Jüngere<br />
Schreiben der Ernestiner entgegen, leiteten diese weiter, führten Verhandlungen,<br />
st<strong>im</strong>mten sich mit ihrem Vater ab <strong>und</strong> gaben schriftlich Antwort. Der Bruder<br />
Georgs, Heinrich, spielte in diesem Kommunikationsnetz keine greifbare Rolle.<br />
Er verfügte seit 1505 über ein eigenes Herrschaftsgebiet, Freiberg, <strong>und</strong> wurde<br />
von Georg nur punktuell für einzelne Sachfragen, die das Gesamtterritorium<br />
betrafen, <strong>zur</strong> Beratung hinzugezogen. So erscheint Heinrich beispielsweise in den<br />
Quellen, die sich um Bergwerksfragen drehen. Laut der Leipziger Teilung blieb die<br />
Nutzung der Bergwerke <strong>im</strong> gemeinsamen wettinischen Besitz, so dass es hier eine<br />
Verständigungsebene mit den Ernestinern gab. Gemeinsam agierten Friedrich,<br />
Johann, Georg <strong>und</strong> Heinrich auch als Vormünder <strong>des</strong> hessischen Landgrafen<br />
Philipp.<br />
2 Formale Aspekte der Korrespondenz<br />
Die meisten Stücke <strong>des</strong> Schriftverkehrs zwischen Kurfürst Friedrich <strong>und</strong> Herzog<br />
Georg be nden sich <strong>im</strong> Thüringischen Hauptstaatsarchiv We<strong>im</strong>ar <strong>und</strong> <strong>im</strong> Sächsi-<br />
Dies belegen etliche in BAKFJ 2 aufgenommene Schreiben. Die Beteiligung Hz. <strong>Johanns</strong> d. J. von<br />
Sachsen als Ansprechpartner <strong>und</strong> Vertreter seines abwesenden Vaters ist bereits 1518 greifbar,<br />
vgl. Nr. 723, Nr. 725, Nr. 728.<br />
Einige solcher Schreiben in Bergwerksangelegenheiten, die aber keine kirchenpolitisch relevanten<br />
Passagen enthalten, be nden sich <strong>im</strong> Bestand 10024 Gehe<strong>im</strong>er Rat (Gehe<strong>im</strong>es Archiv)<br />
<strong>im</strong> Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden. Ein weiteres gemeinsames Thema waren Münzangelegenheiten,<br />
die den gesamten wettinischen Raum <strong>und</strong> alle Familienmitglieder betrafen, die<br />
untereinander abgest<strong>im</strong>mt wurden <strong>und</strong> entsprechende Schriftlichkeit produzierten.<br />
Vgl. z. B. BAKFJ 1, Nr. 68, Nr. 91, Nr. 123. Auch in der Angelegenheit <strong>des</strong> Burggrafentums zu<br />
Magdeburg <strong>und</strong> <strong>des</strong> Salzgrafenamts zu Halle wurde Hz. Heinrich von Sachsen einbezogen, vgl.<br />
Nr. 1438, Nr. 1447.<br />
Zur wettinischen, speziell ernestinischen Überlieferung <strong>und</strong> deren Aufbewahrungsorten vgl.<br />
den Überblicksbeitrag von B , Dagmar: Wissen <strong>und</strong> Macht. Zur Genese <strong>und</strong> Funktion <strong>des</strong><br />
Ernestinischen Gesamtarchivs in We<strong>im</strong>ar. In: Mens et Manus. Kunst <strong>und</strong> Wissenschaft an den<br />
Höfen der Ernestiner, hrsg. von Franziska Bomski, Hellmut Th. Seemann <strong>und</strong> Thorsten Valk.<br />
Göttingen 2016, S. 17–33 (Anfang <strong>des</strong> 16. Jahrh<strong>und</strong>erts: Briefgewölbe in Leipzig für Urk<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> Schriften beider Linien; Aufbewahrung von Schriftstücken der ernestinischen Linie in<br />
We<strong>im</strong>ar, Torgau <strong>und</strong> Wittenberg).
Formale Aspekte der Korrespondenz 35<br />
schen Hauptstaatsarchiv Dresden. Von einem Schreiben sind nicht selten sowohl<br />
das Konzept als auch die Ausfertigung oder eine zeitgenössische Abschrift überliefert.<br />
Die beiden Wettiner korrespondierten in frühneuhochdeutscher Sprache<br />
ohne fremdsprachige Einschübe. Die Schreiben, die Friedrich <strong>und</strong> Georg austauschten,<br />
gehören zum Typ der fürstlichen Stan<strong>des</strong>korrespondenz. Idealtypisch<br />
sind Kanzleischreiben <strong>und</strong> Handschreiben zu unterscheiden.<br />
Bei den Kanzleischreiben verwendete der das Schreiben ausstellende Fürst den<br />
Wir-Stil. Die Schreiben wurden durch einen Kanzleischreiber in der Kanzlei<br />
ausgefertigt. Bei Friedrich ndet sich rechts unten auf dem Blatt vielfach das<br />
Zeichen <strong>des</strong> Sekretärs beziehungsweise Kanzlers Hieronymus Rudlo . Allgemeine<br />
Merkmale der Kanzleischreiben sind die gesteigerte Förmlichkeit <strong>und</strong> die Höflichkeitsformulierungen,<br />
gut greifbar in den Eingangs- <strong>und</strong> Schlussformeln der<br />
Schreiben. Die <strong>im</strong> Fall <strong>Friedrichs</strong> <strong>und</strong> Georgs verwendete hö iche Anrede lautete<br />
in beide Richtungen: „Unnser fruntlich dinst <strong>und</strong> was wir liebs <strong>und</strong> guts vermogen<br />
allezceit zuvor. Hochgebornner furst, lieber vetter“.<br />
Im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden be ndet sich eine Akte mit r<strong>und</strong> 90 behändigten<br />
Ausfertigungen von Handschreiben <strong>Friedrichs</strong> an Georg von den 1490er Jahren <strong>bis</strong> Anfang der<br />
1520er Jahre, SächsHStA Dresden, 10024 Gehe<strong>im</strong>er Rat (Gehe<strong>im</strong>es Archiv), Loc. 08498/01. Etliche<br />
dieser Schreiben sind ediert in: L : Herzogin Sidonie (wie Anm. 1). Darüber hinaus<br />
nden sich in etlichen <strong>Akten</strong> <strong>des</strong> Bestan<strong>des</strong> 10024 Gehe<strong>im</strong>er Rat (Gehe<strong>im</strong>es Archiv) zahlreiche<br />
weitere Stücke der Korrespondenz zwischen Friedrich <strong>und</strong> Georg. Weitere Schreiben be nden<br />
sich <strong>im</strong> Bestand SächsHStA Dresden, 10004 Kopiale, z. B. Nr. 125, Nr. 137.<br />
„Unter fürstlicher Stan<strong>des</strong>korrespondenz verstehen wir (Mitteilungs-)Schreiben, die selbstständige<br />
Herrscher (bzw. Lan<strong>des</strong>herren innerhalb <strong>des</strong> Reichsverban<strong>des</strong>) untereinander austauschten.“<br />
H<br />
, Michael: <strong>Akten</strong>k<strong>und</strong>e. Urk<strong>und</strong>en- <strong>und</strong> <strong>Akten</strong>lehre der Neuzeit.<br />
Wien/Köln/We<strong>im</strong>ar 2009, S. 173–176, Zitat S. 173. Im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert gab es mehrere Schriftstückarten,<br />
die mit „Brief“ bezeichnet wurden. Aus archivalisch-hilfswissenschaftlicher Sicht<br />
sind die Schriftstücke der Fürstenkorrespondenz <strong>zur</strong> Gattung der <strong>Akten</strong> oder Urk<strong>und</strong>en zu<br />
zählen <strong>und</strong> nicht zu den <strong>Briefe</strong>n als einer quellenk<strong>und</strong>lichen Gattung, auch wenn es formale<br />
Übereinst<strong>im</strong>mungen gibt, vgl. ebd., S. 45f.; sowie Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung<br />
in die Historischen Hilfswissenschaften, hrsg. von Friedrich Beck <strong>und</strong> Eckart Henning.<br />
Köln/We<strong>im</strong>ar/Wien 4 2004, speziell S. 90, 111f. Zu fürstlichen Korrespondenzen in der Frühen<br />
Neuzeit vgl. zudem M , Heinrich-Otto: Archivalienk<strong>und</strong>e vom 16. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>bis</strong> 1918.<br />
Leipzig 1969, S. 130–136; sowie K M , Ingeborg: Fürsten <strong>und</strong> Fürstenbriefe. Zur<br />
Briefkultur <strong>im</strong> 16. Jahrh<strong>und</strong>ert an gehe<strong>im</strong>en <strong>und</strong> o ziellen preußisch-braunschweigischen Korrespondenzen<br />
(Studien <strong>zur</strong> Geschichte Preußens 38). Köln 1986. Allgemein zu „Brief“ vgl. die<br />
Beiträge aus verschiedenen Fachrichtungen in: Handbuch Brief. Von der Frühen Neuzeit <strong>bis</strong> <strong>zur</strong><br />
Gegenwart, 2 Bde., hrsg. von Marie Isabel Matthews-Schlinzig, Jörg Schuster, Gesa Steinbrink<br />
<strong>und</strong> Jochen Strobel. Berlin/Boston 2020.<br />
Verwendung <strong>des</strong> Majestätsplurals, z. B. Hz. Georg an Kf. Friedrich: „Wier haben euer liebe<br />
vorschinner tzeit antzeigen lassen, das wier glaublichen bericht enpfangen [...]“ (BAKFJ 2,<br />
Nr. 972).<br />
Zitat: BAKFJ 1, Nr. 29 (Kanzleischreiben, Ausfertigung, Kf. Friedrich an Hz. Georg, 17. Juni<br />
<strong>1513</strong>). Vgl. auch BAKFJ 2, Nr. 972 (Kanzleischreiben, Ausfertigung, Hz. Georg an Kf. Friedrich,<br />
14. November 1519).
36 Handschreiben <strong>und</strong> Kanzleischreiben<br />
Die Handschreiben dagegen wurden <strong>im</strong> persönlich-vertraulicheren Ich-Stil verfasst.<br />
Sie sind formal deutlich reduzierter. Die Anrede lautete nur noch „Hochgeborner<br />
furst, fruntlicher liber vetter“ – die Diensterbietung fehlt. Auch die<br />
Außenadresse wurde persönlicher <strong>und</strong> deutlich kürzer gefasst als bei den Kanzleischreiben.<br />
Der Anteil der Eigenhändigkeit <strong>des</strong> schreibenden Fürsten ist in den Handschreiben<br />
<strong>im</strong> Gegensatz zu den Kanzleischreiben <strong>im</strong> Allgemeinen sehr hoch. In einigen,<br />
vor allem älteren De nitionen werden daher Handschreiben gleichbedeutend<br />
mit eigenhändigen Schreiben gesehen, was neuere Darstellungen ausdrücklich<br />
ablehnen. Das konkrete Beispiel der Korrespondenz zwischen Friedrich <strong>und</strong><br />
Georg zeigt, dass der Anteil der Eigenhändigkeit sehr unterschiedlich sein konnte.<br />
Eigenhändigkeit ist ein wichtiges Kriterium, spielt aber tatsächlich keine ausschlaggebende<br />
Rolle. Eindeutigere Kriterien für die Unterscheidung der Kanzleischreiben<br />
von den Handschreiben sind die Verwendung <strong>des</strong> Wir-Stils <strong>und</strong> der<br />
Grad an Förmlichkeit <strong>und</strong> stärkerem Zeremoniell. Nur ein Teil der Handschreiben<br />
von Friedrich an Georg ist von Friedrich komplett eigenhändig geschrieben<br />
worden. Be<strong>im</strong> Rest stammten die Texte eindeutig von einer anderen Schreiberhand<br />
– sie entstanden also mit Fremdbeteiligung. Möglicherweise hing dies mit<br />
den Krankheitsanfällen <strong>Friedrichs</strong> zusammen, aufgr<strong>und</strong> derer er nicht mit der<br />
eigenen Hand schreiben konnte. Bei allen untersuchten Handschreiben ndet sich<br />
die persönliche Unterschrift <strong>Friedrichs</strong> in Form eines Monogramms. Die Handschreiben<br />
von Georg an Friedrich sind dagegen stets eigenhändig geschrieben<br />
<strong>und</strong> mit einer eigenhändigen Unterschrift in Form <strong>des</strong> Namenszuges versehen<br />
worden.<br />
Bei den meisten, aber nicht bei allen Handschreiben <strong>Friedrichs</strong> <strong>und</strong> Georgs ndet<br />
sich unter der Adresse der Vermerk „zu eigenen Händen“. Sie waren also nur<br />
an den jeweils anderen Fürsten auszuhändigen <strong>und</strong> durch diesen zu ö nen. Im<br />
Gegensatz dazu gingen die Kanzleischreiben in die Kanzlei <strong>und</strong> wurden dort<br />
geö net, gelesen <strong>und</strong> weitergereicht. In der Kanzlei wurden dann auch die Antwortschreiben<br />
<strong>im</strong> Auftrag <strong>des</strong> Fürsten, der als Aussteller in unterschiedlichen<br />
Graden persönlich mitwirken oder gar keinen Anteil an Inhalt, Gestaltung <strong>und</strong><br />
Verwendung der 1. Person Singular: z. B. Kf. Friedrich an Hz. Georg: „e. l. schreyben habe ich<br />
vorleßen [. . .]“ (BAKFJ 1, Nr. 472).<br />
Zitat: BAKFJ 1, Nr. 472 (Handschreiben, Ausfertigung, Kf. Friedrich an Hz. Georg, 22. Januar<br />
1517). Vgl. auch BAKFJ 2, Nr. 828 (Handschreiben, Ausfertigung, Hz. Georg an Kf. Friedrich,<br />
25. Januar 1519).<br />
S , Gerhard: <strong>Akten</strong>. In: Die archivalischen Quellen (wie Anm. 10), S. 74–90, speziell S. 90;<br />
H : <strong>Akten</strong>k<strong>und</strong>e (wie Anm. 10), S. 175; sowie M : Archivalienk<strong>und</strong>e (wie<br />
Anm. 10), S. 132.<br />
Wie viel Eigenhändigkeit <strong>Friedrichs</strong>, vor allem in seinen letzten Lebensjahren, in seinen Monogrammen<br />
tatsächlich enthalten ist, wäre noch systematisch zu untersuchen.<br />
Z. B. BAKFJ 2, Nr. 828 mit der Unterschrift „Jorg, herzog zcu Sachssen etc.“.
Inhaltliche Aspekte der Korrespondenz 37<br />
Ausführung haben konnte, erstellt. Mit Blick auf Kurfürst Friedrich konnte der<br />
Auftrag <strong>zur</strong> Ausstellung an die Kanzlei nicht nur durch den Fürsten selbst erfolgen,<br />
sondern auch durch <strong>des</strong>sen Hofräte. Laut der ernestinischen Hofratsordnung<br />
von 1499 durften die min<strong>des</strong>tens vier Räte <strong>des</strong> Hofrats alle Angelegenheiten, die<br />
das Kurfürstentum betrafen, ohne direkte Beteiligung <strong>des</strong> Fürsten verhandeln<br />
<strong>und</strong> entscheiden sowie in diesen Fällen durch die Kanzlei Schreiben unter dem<br />
Siegel <strong>und</strong> Namen <strong>Friedrichs</strong> ausstellen lassen. Die Schreiben sollten dann unter<br />
Anwesenheit <strong>des</strong> Kanzlers <strong>und</strong> eines Kanzleischreibers auf einer Ratssitzung<br />
durch die Räte kontrolliert <strong>und</strong> ver- bzw. besiegelt werden. Nur bei wichtigeren<br />
Angelegenheiten („großs <strong>und</strong> swere hendel“) sollten sie zuvor den Kurfürsten kontaktieren,<br />
ihm den Fall <strong>und</strong> ihre Meinung dazu vorbringen <strong>und</strong> die Entscheidung<br />
<strong>Friedrichs</strong> dazu abwarten. Die Hofräte hatten sich am kurfürstlichen Haupthof<br />
oder an einem passenden Ort <strong>im</strong> Land aufzuhalten. Weilte Friedrich nicht in<br />
Kursachsen konnten in zeitlich dringenden Fällen auch Schreiben, die über Routineangelegenheiten<br />
der inneren Lan<strong>des</strong>verwaltung hinausgingen, von den Räten<br />
beantwortet werden unter ausdrücklichem Verweis darauf, dass sie in Vertretung<br />
<strong>des</strong> abwesenden Fürsten agierten oder dass die Rückkehr <strong>Friedrichs</strong> abzuwarten<br />
sei. Der Hauptsitz der Kanzlei Kurfürst <strong>Friedrichs</strong> befand sich in Torgau. Zusätzlich<br />
wurden Nebensitze genutzt, wie in Wittenberg. Zudem wurde Friedrich<br />
auf seinen Reisen innerhalb Kursachsens <strong>und</strong> <strong>im</strong> Reich von Kanzleischreibern,<br />
mitunter auch vom amtierenden Kanzler selbst, begleitet, die Unterlagen der<br />
Kanzlei mitführten.<br />
3 Inhaltliche Aspekte der Korrespondenz<br />
Der Schriftverkehr zwischen Friedrich <strong>und</strong> Georg bewegte sich gleichzeitig auf<br />
zwei getrennten Ebenen. Die Kanzleischreiben sind dem o ziellen Weg der<br />
Kanzleien zuzuordnen <strong>und</strong> die Handschreiben dem privaten Bereich der beiden<br />
Fürsten. Dies spiegelt sich auch <strong>im</strong> Inhalt wider.<br />
Gr<strong>und</strong>legende Best<strong>im</strong>mungen <strong>zur</strong> Kanzlei, der dort eingehenden <strong>und</strong> ausgehenden Schriftlichkeit<br />
sowie den Rechten <strong>und</strong> P ichten der Räte, die den Hofrat bildeten, nden sich in der<br />
Hofratsordnung von 1499, BAKFJ 1, Nr. 2.<br />
BAKFJ 1, Nr. 2 (Punkte 1 <strong>bis</strong> 8).<br />
Vgl. z. B. Nr. 1152, Nr. 1228.<br />
Zur Entwicklung der kursächsischen Kanzlei <strong>und</strong> zu ihrem Personal vgl. K , Gerhard:<br />
Die kursächsische Kanzleisprache zwischen 1486 <strong>und</strong> 1546. Studien zum Aufbau <strong>und</strong> <strong>zur</strong><br />
Entwicklung. Berlin 2 1969. Zu den Zentralorten sowie den wechselnden Aufenthaltsorten der<br />
Verwaltungsbehörden Hofrat <strong>und</strong> Kanzlei vgl. S , Uwe, Der kursächsisch-ernestinische<br />
Fürstenhof unter Friedrich dem <strong>Weisen</strong> (1486–1525). In: Kurfürst Friedrich der Weise (wie<br />
Anm. 3), S. 230–250.<br />
Vgl. L , Thomas, Zwischen Reisen <strong>und</strong> Residieren. In: Kurfürst Friedrich der Weise (wie<br />
Anm. 3), S. 201–229, speziell S. 219f.
38 Handschreiben <strong>und</strong> Kanzleischreiben<br />
Die Kanzleischreiben transportierten allgemeinen Geschäftsverkehr <strong>und</strong> Verwaltungsangelegenheiten.<br />
Häu g wurde in diesen Schreiben nur ein Thema behandelt,<br />
das der Mitteilung, gemeinsamen Abst<strong>im</strong>mung <strong>und</strong> Entscheidung bedurfte.<br />
Überwiegend fanden diese Vereinbarungen durch Räteverhandlungen statt, die in<br />
den zwischen den beiden Fürsten ausgetauschten Schreiben thematisiert wurden.<br />
Im Vorfeld der Tre en ihrer Räte ging es um Termine <strong>und</strong> Orte der Tre en sowie<br />
um die Abst<strong>im</strong>mung der Themen, die besprochen werden sollten. Nach den Beratungen<br />
ihrer Räte st<strong>im</strong>mten sich die Fürsten über die weitere Vorgehensweise ab<br />
oder thematisierten nochmals einzelne Beschlüsse beziehungsweise noch o ene<br />
Fragen.<br />
Die Zahl der Kanzleischreiben, die kirchenpolitische Themen zwischen Friedrich<br />
<strong>und</strong> Georg behandelten, stieg ab 1517 signi kant an, einhergehend mit der allgemein<br />
dichter werdenden Überlieferung um 1520 <strong>und</strong> mit den neuen Fragen <strong>und</strong><br />
Problemen <strong>im</strong> Zusammenhang mit Martin Luther. Das Thema „Luther“ wurde<br />
allerdings in den Kanzleischreiben zwischen den Ernestinern <strong>und</strong> Albertinern<br />
erst seit Beginn <strong>des</strong> Jahres 1523 das beherrschende Thema. Davor drehten sich<br />
die Kanzleischreiben um andere Inhalte wie zum Beispiel die Lieferung von P astersteinen<br />
aus dem Gebiet Georgs für den Bau der Allerheiligenstiftskirche in<br />
Wittenberg oder ein Tre en <strong>zur</strong> Beratung, wie auf die Bedrohung durch die<br />
Türken zu reagieren sei. Ein größeres Thema waren die Erfurter Angelegenheiten.<br />
So sollten die Räte <strong>Friedrichs</strong> <strong>und</strong> Georgs auf ihren Tre en eine gemeinsame<br />
Lösung in der Frage der geistlichen Gerichtsbarkeit <strong>und</strong> der Belastung ihrer Untertanen<br />
durch die Geistlichkeit zu Erfurt nden. Zahlreiche Schreiben entstanden<br />
ab 1515 <strong>im</strong> Zusammenhang mit dem Thema Subsidium: Die Geistlichkeit in den<br />
wettinischen Gebieten Mainzer Diözese bat Friedrich, Johann <strong>und</strong> Georg wiederholt<br />
um Schutz vor verschiedenen Geldforderungen <strong>des</strong> neuen Erz<strong>bis</strong>chofs<br />
Albrecht von Mainz – es gab mehrere Räteverhandlungen in der Sache, <strong>und</strong><br />
die Wettiner setzten gemeinsame Schreiben an Albrecht auf. Ein gemeinsames<br />
Handeln erforderten die Verteidigung <strong>und</strong> der Erhalt alter Privilegien <strong>und</strong> <strong>des</strong><br />
Besitzstan<strong>des</strong> der Wettiner. So forderte Herzog Georg ausdrücklich von Friedrich<br />
Unterstützung <strong>und</strong> den Rat der kurfürstlichen Räte in Bezug auf Quedlinburg ein.<br />
In einem konkreten Fall 1516 beschwerten sich Friedrich <strong>und</strong> Johann bei Georg, dass ein neues<br />
Tre en ihrer Räte angesetzt werden muss, weil Georgs Räte bei der Verhandlung nicht über die<br />
nötige Instruktion verfügten. Georg entschuldigte sich in seinem Antwortschreiben dafür, dass<br />
die Verhandlung erfolglos verlief. Als Gr<strong>und</strong> gab er eine Verspätung <strong>des</strong> Boten an (BAKFJ 1,<br />
Nr. 366, Nr. 371).<br />
BAKFJ 1, Nr. 29.<br />
BAKFJ 1, Nr. 433.<br />
BAKFJ 1, Nr. 361. Weitere Kanzleischreiben zwischen Friedrich <strong>und</strong> Georg zu verschiedenen<br />
Erfurter Angelegenheiten nden sich in: SächsHStA Dresden, 10024 Gehe<strong>im</strong>er Rat (Gehe<strong>im</strong>es<br />
Archiv), Loc. 09853/06.<br />
Vgl. u. a. BAKFJ 1, Nr. 287.
Inhaltliche Aspekte der Korrespondenz 39<br />
Obgleich 1517 nur Georg für das Stift Quedlinburg zuständig war, betonte er, dass<br />
die Wettiner gemeinsam reagieren müssten, damit die Ehre <strong>und</strong> die Rechte <strong>des</strong><br />
Hauses Sachsen nicht geschmälert würden. Friedrich <strong>und</strong> Johann seien aufgr<strong>und</strong><br />
der Leipziger Teilung von 1485 schuldig, ihm in dieser Angelegenheit zu helfen.<br />
Mittels Räteverhandlungen <strong>und</strong> Kanzleischreiben wurde auch das Thema der<br />
gemeinsamen Abwehr fremden Ablasses verhandelt, in das ebenfalls Herzog<br />
Johann involviert wurde. Ohne Wissen <strong>und</strong> Zust<strong>im</strong>mung der drei Fürsten sollte<br />
in den wettinischen Herrschaftsgebieten kein päpstlicher Ablass mehr gestattet<br />
sein. Über Ausnahmen, wie zugunsten der Menschen <strong>und</strong> der Kirche von Brüx,<br />
verständigten sich Friedrich, Johann <strong>und</strong> Georg mittels Kanzleischreiben. Mit<br />
Kanzleischreiben wandte sich Georg auch in Streit- <strong>und</strong> Gerichtsfällen, die ihre<br />
Untertanen <strong>und</strong> beide Territorien betrafen, an Friedrich.<br />
Es ging in den Kanzleischreiben also überwiegend um Themen, die sich aus der<br />
Leipziger Teilung ergaben, aus der gemeinsamen wettinischen Tradition herrührten,<br />
beide wettinische Linien betrafen oder gemeinsam für alle wettinischen<br />
Herrschaftsgebiete <strong>und</strong> Zuständigkeiten geregelt werden sollten. Die Beteiligung<br />
<strong>und</strong> der Anteil der jeweiligen Räte an den Themen waren hoch <strong>und</strong> sind in den<br />
Korrespondenzen greifbar. Als treibende Kraft ist auf der Basis der überlieferten<br />
Schriftstücke Herzog Georg zu identi zieren.<br />
Die Inhalte der Handschreiben zwischen Friedrich <strong>und</strong> Georg weisen eine persönlichere<br />
Ebene, größere Vertrautheit <strong>und</strong> Vertraulichkeit auf. Es ist aber festzuhalten,<br />
dass auch diesem Kommunikationsweg nicht alles anvertraut wurde. Friedrich zog<br />
nicht selten die mündliche Erklärung ausdrücklich dem geschriebenen Wort vor.<br />
So antwortete er am 22. November 1517 auf ein Schreiben Georgs: „E. l. haben mir<br />
auch durch ir schreyben wol orsachen gegeben, e. l. darau zcu antworthen, aber<br />
nach dem von solchen sachen meyns bedenkens baß zcu reden dan zcu schreyben,<br />
wyl ichs allßo byß wyl got zcu unßern zußamhen komen beruhen lassen <strong>und</strong><br />
allsdan meynen guthen wan nicht vorhalden.“ In <strong>Friedrichs</strong> Schreiben wurde<br />
oft ein Thema nur mit einem Schlagwort angerissen <strong>und</strong> dann auf die weiteren<br />
Gespräche dazu verwiesen. Auch die Frage der weiteren Gehe<strong>im</strong>haltung beschäftigte<br />
den Kurfürsten. So legte Friedrich am 31. Mai 1520 seinem Handschreiben an<br />
Vgl. BAKFJ 1, Nr. 482, Nr. 540. Friedrich antwortete in der Angelegenheit Georg auch mittels<br />
Kanzleischreiben, BAKFJ 1, Nr. 483, Nr. 497. Auch BAKFJ 2 enthält einige Kanzleischreiben<br />
zwischen Georg <strong>und</strong> Friedrich <strong>im</strong> Zusammenhang mit der quedlinburgischen Angelegenheit,<br />
u. a. Nr. 885, Nr. 962.<br />
BAKFJ 1, Nr. 505, Nr. 517.<br />
Vgl. u. a. Nr. 691, Nr. 843, Nr. 1077.<br />
SächsHStA Dresden, 10024 Gehe<strong>im</strong>er Rat (Gehe<strong>im</strong>es Archiv), Loc. 08498/01, fol. 44r (BAKFJ 1,<br />
Nr. 640); baß = besser, wan = Meinung.
40 Handschreiben <strong>und</strong> Kanzleischreiben<br />
Georg einen Zettel mit neuen Nachrichten bei <strong>und</strong> bat Georg in seinem Schreiben,<br />
den Zettel nach dem Lesen zu zerreißen <strong>und</strong> nicht weiterzugeben.<br />
Die Handschreiben waren zumeist kurz, enthielten aber dennoch in der Regel<br />
mehrere Themen. Bei den vermischten Inhalten ging es um Jagden, um Turniere,<br />
aber auch um Austausch in politischen Belangen, um Informationen über Ereignisse<br />
<strong>und</strong> Entwicklungen in Europa <strong>und</strong> <strong>im</strong> Reich. Es ging um persönliche<br />
Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Krankheitsfragen sowie um allgemeine Gerüchte, um Hochzeiten<br />
<strong>und</strong> To<strong>des</strong>fälle in fürstlichen Familien. Auch die eigene, die wettinische<br />
Gesamtfamilie erschien mehrfach in privaten Zusammenhängen. Häu g ließ<br />
Friedrich Grüße an die Frauen in Georgs Umgebung ausrichten – er freute sich,<br />
dass Barbara, Georgs Ehefrau, ein Marienbild ge el, <strong>und</strong> vermittelte Cranach als<br />
Maler für weitere Auftragsbilder an die Albertiner. Friedrich berichtete auch über<br />
Absprachen mit seinem Bruder Johann. Zudem ging es in den Handschreiben um<br />
die Vereinbarung von persönlichen Tre en, seltener um die Zusammenkünfte<br />
der Räte. Häu g berichtete Friedrich über seine Reisebewegungen <strong>und</strong> wann<br />
er gedachte, wo wie lange zu sein. Etliche Handschreiben zwischen Georg <strong>und</strong><br />
Friedrich, die den Tod Kaiser Max<strong>im</strong>ilians <strong>und</strong> die Nachfolgefrage thematisierten,<br />
elen in das Jahr 1519.<br />
Mit Blick auf die Themen ist festzustellen, dass es <strong>bis</strong> 1519 in den Handschreiben<br />
nur wenige Aussagen mit kirchenpolitischer Relevanz gab, zumeist elen diese<br />
in den Bereich der persönlichen Frömmigkeit. Freude wurde über die guten<br />
Erträge aus den Bergwerken ausgedrückt, die von der Gnade Gottes zeugten, die<br />
er den Wettinern bereits vielfältig erzeigt habe. Für Friedrich war es ein wichtiges<br />
persönliches Anliegen, in allen Dingen den Glauben in Gott zu setzen <strong>und</strong> den<br />
göttlichen Geboten zu folgen, damit Gott ihn nicht verlässt <strong>und</strong> ihn nicht straft.<br />
Um ein gemeinsames Ausschreiben gegen Gotteslästerung ging es <strong>im</strong> März <strong>1513</strong>.<br />
Eine Dopplung der Themen ist in Schreiben Georgs an Friedrich in der Angelegenheit<br />
der Heiligenerhebung Bischof Bennos von Meißen zu verzeichnen, die<br />
Georg sehr am Herzen lag. Im Jahr 1519 bat er Friedrich mehrfach mit Hand- <strong>und</strong><br />
Kanzleischreiben um persönlichen Einsatz, speziell um Unterstützungsschreiben<br />
an den Papst <strong>und</strong> die Kurie <strong>im</strong> gemeinsamen Projekt – ein Lan<strong>des</strong>heiliger sollte<br />
schließlich <strong>zur</strong> Förderung <strong>des</strong> Gottesdienstes <strong>und</strong> der Andacht <strong>des</strong> ganzen Volkes<br />
Der entsprechende Zettel ndet sich auch nicht mehr bei der überlieferten Ausfertigung,<br />
SächsHStA Dresden, 10024 Gehe<strong>im</strong>er Rat (Gehe<strong>im</strong>es Archiv), Loc. 08498/01, fol. 3rv+3/1v, ediert<br />
in: L : Herzogin Sidonie (wie Anm. 1), S. 132, Nr. 58.<br />
BAKFJ 1, Nr. 640.<br />
Vgl. u. a. Nr. 828 mit Verweis auf etliche weitere Handschreiben in der Akte SächsHStA Dresden,<br />
10024 Gehe<strong>im</strong>er Rat (Gehe<strong>im</strong>es Archiv), Loc. 10670/04; vgl. auch Nr. 898.<br />
Vgl. BAKFJ 1, Nr. 472; BAKFJ 2, Nr. 883.<br />
BAKFJ 1, Nr. 14.
Veränderung der Korrespondenz durch die Luthersache 41<br />
<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Sachsen dienen. Die Antworten <strong>Friedrichs</strong> an Georg entsprachen<br />
dann der jeweils durch Georg genutzten Form <strong>des</strong> Schreibens.<br />
4 Veränderung der Korrespondenz durch die<br />
Luthersache<br />
In der Korrespondenz zwischen den beiden Fürsten taucht nach <strong>bis</strong>herigem Untersuchungsstand<br />
der Name Martin Luther zum ersten Mal in einem Handschreiben<br />
<strong>Friedrichs</strong> an Georg Ende Dezember 1518 auf. Der Kurfürst hatte gerade durch<br />
Karl von Miltitz eine päpstliche Botschaft sowie Informationen über Maßnahmen<br />
gegen Luther erhalten. Friedrich vermutete, dass ihm die Goldene Rose nicht<br />
gegeben wird, wenn er nicht Luther vertreibt <strong>und</strong> als Ketzer bezeichnet.<br />
Ein Jahr später, nach der Leipziger Disputation <strong>im</strong> Sommer, begannen <strong>im</strong> Dezember<br />
1519 <strong>und</strong> verstärkt <strong>im</strong> Zeitraum zwischen Oktober 1521 <strong>bis</strong> April 1522<br />
mehrere Serien von Handschreiben Georgs an Friedrich, in denen der Albertiner<br />
eindringlich <strong>und</strong> wiederholt vor Luther, <strong>des</strong>sen Schriften <strong>und</strong> den Folgen der<br />
Ketzerei warnte. Er listete Missstände auf, wollte die Verfasser von Büchern <strong>und</strong><br />
Schmähschriften ermitteln lassen <strong>und</strong> drängte Friedrich zum Handeln sowie zu<br />
politischen Maßnahmen gegen Luther <strong>und</strong> <strong>des</strong>sen Anhänger. Georg appellierte<br />
an Fürstenp icht <strong>und</strong> Familienehre. Sogar das Bergwerksargument tauchte in<br />
schriftlichen <strong>und</strong> mündlichen Botschaften Georgs an Friedrich wieder auf: Georg<br />
warnte, dass, wenn Friedrich nicht eingreife, er nicht nur sein eigenes Seelenheil<br />
gefährde, sondern auch das Wohl <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>. Mit Frieden, Reichtum <strong>und</strong> Mehrung<br />
der Bergwerke habe Gott die Wettiner für ihren Kampf gegen die Hussiten<br />
belohnt, was nun gefährdet werde, da Häresie zu Gottes Ungnade führe.<br />
Friedrich antwortete auf die Schreiben Georgs ebenfalls mit Handschreiben.<br />
Er dankte für die Warnungen, verwies aber darauf, dass Luthers Meinung von<br />
vielen Gelehrten für christlich gehalten werde, <strong>und</strong> erklärte hinhaltend, dass er<br />
sich nie angemaßt habe, Luthers Lehre zu verantworten. Da Georg mit seinem<br />
Anliegen bei Friedrich nicht durchdrang, sandte er <strong>im</strong> November <strong>und</strong> Dezember<br />
1521 Handschreiben an Herzog Johann mit der Warnung vor der Lehre Luthers<br />
<strong>und</strong> der dringenden Bitte, dass Johann den Kurfürsten, seinen Bruder, in dieser<br />
Sache auf <strong>des</strong>sen Untätigkeit hin anspricht. Auch Johann antwortete darauf mit<br />
Vgl. Nr. 921 (Handschreiben), Nr. 972 (Kanzleischreiben), Nr. 983 (Kanzleischreiben).<br />
Vgl. Nr. 922 (Handschreiben), Nr. 975 (Kanzleischreiben), Nr. 984 (Kanzleischreiben).<br />
Nr. 806.<br />
Nr. 998.<br />
Die überlieferten Schreiben zwischen Georg <strong>und</strong> Friedrich, die seit 1519 <strong>bis</strong> 1525 Themen mit<br />
Bezug zu Luther <strong>und</strong> der reformatorischen Bewegung in Kursachsen beinhalten, werden in<br />
BAKFJ 2 <strong>und</strong> 3 geboten.<br />
Z. B. Nr. 999.
42 Handschreiben <strong>und</strong> Kanzleischreiben<br />
Handschreiben <strong>und</strong> wiegelte ab. Anfang 1522 wurde der Ton rauer <strong>und</strong> Friedrich<br />
antwortete energischer: Er verwahrte sich gegen die scharfen Antworten <strong>und</strong><br />
Vorwürfe gegen ihn von Seiten Georgs.<br />
Das Thema Luther tauchte <strong>bis</strong> zum 11. April 1522 ausschließlich in Handschreiben<br />
auf, das heißt <strong>bis</strong> kurz nach der Rückkehr Luthers von der Wartburg nach<br />
Wittenberg, worauf Herzog Georg in seinem letzten Handschreiben auch einging,<br />
um damit zu schließen, dass Gott nun die Angelegenheiten <strong>Friedrichs</strong> zum Besten<br />
richten möge. Georg wolle mit seinen langen, das heißt für Handschreiben<br />
ungewöhnlich umfangreichen Schriften, die vergeblich waren, Friedrich nicht<br />
belästigen <strong>und</strong> werde dies nicht mehr tun.<br />
Nach dem 11. April 1522 konnte <strong>bis</strong>lang kein Handschreiben mehr zwischen Georg<br />
<strong>und</strong> Friedrich ermittelt werden, weder mit kirchenpolitischen Bezügen noch ohne.<br />
Die schon länger greifbare <strong>und</strong> zunehmende Entfremdung zwischen Friedrich<br />
<strong>und</strong> Georg führte zu einer Zäsur, die sich in ihrer Korrespondenz niederschlug –<br />
<strong>und</strong> das nicht nur inhaltlich, sondern auch formal. In der Lutherfrage wurde<br />
nach Monaten <strong>des</strong> Schweigens ab Januar 1523 durch Georg eine neue Form <strong>des</strong><br />
Schreibens benutzt, die <strong>bis</strong> dahin noch nie verwendet worden war. Es handelte<br />
sich um ein Kanzleischreiben, das <strong>im</strong> Wir-Stil verfasst wurde <strong>und</strong> mit einer ausführlichen<br />
Anrede begann. Aus den früher gewechselten Handschreiben wurden<br />
einige Elemente übernommen, die in den älteren Kanzleischreiben so nicht enthalten<br />
waren, was zum Beispiel <strong>zur</strong> Dopplung der Unterschrift führte. Unter<br />
die Ausfertigung durch einen Kanzleischreiber setzte Georg noch eigenhändig<br />
seinen Namen. Neu war auch, dass die Kanzleischreiben zu eigenen Händen <strong>des</strong><br />
Empfängers gingen. Die Antwort <strong>Friedrichs</strong> folgte dann dem formalen Vorbild<br />
<strong>des</strong> Schreibens von Georg. Bis zum Tod <strong>Friedrichs</strong> am 5. Mai 1525 hielten beide<br />
Seiten an dieser Form <strong>des</strong> Austausches fest. Parallel zu dieser neuen Form wurde<br />
über die Zäsur <strong>des</strong> Jahres 1522 hinweg auch weiterhin die ursprüngliche Form<br />
der Kanzleischreiben verwendet – dann sogar ebenfalls für Themen, die Luther<br />
<strong>und</strong> die reformatorische Bewegung in Kursachsen betrafen.<br />
Beate Kusche<br />
Nr. 1391, Nr. 1396, Nr. 1433.<br />
Nr. 1509.<br />
Nr. 1569.<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. N 33, fol. 17r–19r+22v (Kanzleischreiben neue Form, Ausfertigung,<br />
Hz. Georg an Kf. Friedrich, 17. Januar 1523).<br />
SächsHStA Dresden, 10024 Gehe<strong>im</strong>er Rat (Gehe<strong>im</strong>es Archiv), Loc. 10299/08, fol. 96r–97v (Kanzleischreiben<br />
neue Form, Ausfertigung, Kf. Friedrich an Hz. Georg, 21. Januar 1523).<br />
Vgl. u. a. Nr. 1401, Nr. 1409, Nr. 1612, Nr. 1617; LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. N 33, fol. 186rv<br />
(Kanzleischreiben alte Form, Abschrift, Hz. Georg an Kf. Friedrich, 1. Mai 1523); SächsHStA<br />
Dresden, 10024 Gehe<strong>im</strong>er Rat (Gehe<strong>im</strong>es Archiv), Loc. 10300/01, fol. 258rv (Kanzleischreiben<br />
alte Form, Ausfertigung, Kf. Friedrich an Hz. Georg, 28. April 1523).
Editionsrichtlinien<br />
1 Gr<strong>und</strong>sätzliches<br />
Die Edition bietet die Quellen <strong>zur</strong> <strong>Kirchenpolitik</strong> <strong>Friedrichs</strong> <strong>des</strong> <strong>Weisen</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Johanns</strong> <strong>des</strong> <strong>Beständigen</strong> in chronologischer Reihenfolge. Wichtigstes Auswahlkriterium<br />
für die Aufnahme einer Quelle in diese Edition ist, dass daraus das<br />
Handeln <strong>Friedrichs</strong> <strong>und</strong> <strong>Johanns</strong> von Sachsen deutlich wird.<br />
Je<strong>des</strong> Schriftstück wird durch einen Kopfteil, ein Regest <strong>und</strong> Angaben der Formalbeschreibung<br />
abgebildet. Danach kann eine Teiledition der kirchenpolitisch<br />
relevanten Abschnitte oder eine Volledition <strong>des</strong> Quellentextes folgen.<br />
Bei der Nennung „Kf. Friedrich von Sachsen“ <strong>und</strong> „Hz./Kf. Johann von Sachsen“<br />
wird auf die Angabe der Bezeichnung „von Sachsen“ verzichtet.<br />
2 Kopfteil<br />
Der Kopfteil enthält die laufende Nummer <strong>des</strong> Schriftstückes innerhalb der Edition,<br />
Ausstellungsort <strong>und</strong> -datum sowie den Aussteller <strong>und</strong> Empfänger <strong>des</strong> Stückes.<br />
Das Datum wird in die heute gebräuchliche Datierungsform übertragen <strong>und</strong> in<br />
der Reihenfolge Tag Monat Jahr angegeben. Zusätzlich wird die Tagesangabe<br />
nach der Quelle in moderner Schreibweise in Klammern geboten.<br />
Im Normalfall werden der Aussteller <strong>und</strong> der Empfänger genannt. Bei Schriftstücken<br />
ohne konkreten Empfänger oder Empfängerkreis folgt nach der Nennung<br />
<strong>des</strong> Ausstellers, durch einen Doppelpunkt getrennt, die Angabe <strong>des</strong> Quellentyps.<br />
Fehlen in der Quelle Angaben zu Ausstellungsort <strong>und</strong> -datum sowie Aussteller<strong>und</strong><br />
Empfängernamen werden diese durch die Bearbeiter nach Möglichkeit ergänzt<br />
<strong>und</strong> in eckigen Klammern geboten.<br />
3 Regest<br />
Für je<strong>des</strong> Schriftstück wird ein Regest geboten. Für die Inhaltsangabe wird die<br />
Quelle in Sinnabschnitte gegliedert, die sich nach Aufbau <strong>und</strong> Inhalt <strong>des</strong> betre enden<br />
Schriftstückes richten <strong>und</strong> durchnummeriert werden. Die Nummern stehen in<br />
eckigen Klammern <strong>und</strong> dienen in der ggf. vorhandenen Voll- oder Teiledition, in<br />
der sie wiederholt werden, dem schnelleren Auf nden der <strong>im</strong> Regest bezeichneten
44 Editionsrichtlinien<br />
Sinnabschnitte. Der Schwerpunkt liegt auf den Passagen mit kirchenpolitischer<br />
Relevanz. Nicht die kursächsische <strong>Kirchenpolitik</strong> betre ende Themen werden <strong>im</strong><br />
Regest möglichst knapp abgebildet <strong>und</strong> können, dem Aufbau der Quelle folgend,<br />
in einer Sinneinheit zusammengefasst sein.<br />
Alle Schriftstücke werden vollständig <strong>im</strong> Regest abgebildet, so dass die kirchenpolitisch<br />
relevanten Passagen auch in ihren <strong>Kontext</strong> eingeordnet werden können.<br />
Der Umfang eines Regests richtet sich danach, ob für das regestierte Schriftstück<br />
eine Volledition, eine Teiledition oder keine Edition erfolgt.<br />
Vor bzw. nach dem Regest wird durch „! Nummer in der Edition“ auf Schriftstücke<br />
der Korrespondenz der entsprechenden Aussteller oder Empfänger verwiesen,<br />
die dem betre enden Stück inhaltlich als Anfrage- oder Antwortschreiben vorausgehen<br />
oder nachfolgen. Zudem enthält das Regest Verweise „[Nr. Nummer in der<br />
Edition]“ auf Schriftstücke, auf die direkt Bezug genommen wird, sowie Verweise<br />
„[vgl. Nr. Nummer in der Edition]“ auf Schriftstücke, die inhaltlich weiterführend<br />
sind.<br />
Werden <strong>im</strong> Regest Wörter aus dem Quellentext wiedergegeben, so sind diese<br />
kursiv geschrieben. Durch den Bearbeiter vorgenommene inhaltlich-sachliche<br />
Ergänzungen stehen in eckigen Klammern.<br />
4 Formalbeschreibung<br />
Die Formalbeschreibung bietet präzise Informationen zum Aufbewahrungsort<br />
(Einrichtung, Bestand, Akte, Blatt/Umfang), <strong>zur</strong> Überlieferungsform, zum Beschreibsto<br />
, wenn es sich um Pergament handelt, sowie zum Vorhandensein <strong>und</strong><br />
<strong>zur</strong> Anzahl der Siegel bei Urk<strong>und</strong>en. Die der Edition zugr<strong>und</strong>egelegte Fassung<br />
<strong>des</strong> Schriftstückes wird mit „A“ gekennzeichnet. Weitere ermittelte Überlieferungen<br />
werden einzeln mit fortlaufenden Großbuchstaben aufgeführt. Anschließend<br />
folgen gegebenenfalls vorhandene Editionen. Dabei wird in der Regel nur die<br />
aktuellste wissenschaftliche Edition angegeben. Eine weitere Edition kann angeführt<br />
werden, wenn sie ebenfalls wissenschaftlich eingeführt ist oder einen<br />
sonstigen Mehrwert (z. B. durch Faks<strong>im</strong>ile oder Übersetzung) bietet.<br />
Hinzutreten können Hinweise <strong>zur</strong> Quellenkritik oder Datierung, wenn dies aufgr<strong>und</strong><br />
der Bescha enheit <strong>des</strong> jeweiligen Schriftstückes notwendig erscheint.<br />
Kanzlei- <strong>und</strong> Registraturvermerke werden in der Formalbeschreibung nur wiedergegeben,<br />
wenn sie für die Bewertung der Quelle notwendig sind.
Editionsgr<strong>und</strong>sätze 45<br />
5 Editionsgr<strong>und</strong>sätze<br />
5.1 Allgemein<br />
Ausschlaggebend für die Darstellung der Quellentexte ist bei verschiedenen genetischen<br />
Stufen die letzte zu ermittelnde Fassung, d. h. die Edition wird auf<br />
der Gr<strong>und</strong>lage der letzten Entstehungsstufe <strong>des</strong> Dokuments vorgenommen. Im<br />
Original übergeschriebene Textteile bzw. Einfügungen am Rand werden in den<br />
laufenden Text integriert; <strong>im</strong> Original gestrichene Worte werden nicht in den<br />
laufenden Text aufgenommen. Damit soll erreicht werden, dass der Text den<br />
Inhalt <strong>des</strong> Dokuments so wiedergibt, wie ihn sein/e Verfasser in der letztgültigen<br />
Form verstanden wissen wollte/n. Die Streichungen, Einfügungen <strong>und</strong> Korrekturen<br />
werden <strong>im</strong> textkritischen Apparat eines Schriftstückes nur dann kenntlich<br />
gemacht, wenn sie über die Korrektur von Schreibfehlern oder Formulierungen<br />
deutlich hinausgehen.<br />
Die Edition hat zwei Apparate: Der erste dient zu textkritischen Anmerkungen<br />
<strong>und</strong> wird mit hochgestellten Kleinbuchstaben gekennzeichnet. Der zweite ist<br />
ein Sachkommentar <strong>und</strong> wird numerisch gekennzeichnet <strong>und</strong> auf ein unbedingt<br />
notwendiges Maß <strong>zur</strong> Identi zierung von Personen, Orten, Ereignissen, Daten<br />
<strong>und</strong> Zitaten, <strong>zur</strong> Erklärung von Begri en sowie für Verweise auf kontextbezogene<br />
Quellen beschränkt.<br />
Auslassungen in der Edition werden durch [...] gekennzeichnet.<br />
Versehen in der Vorlage werden an den entsprechenden Stellen mit [!] gekennzeichnet.<br />
Lücken <strong>im</strong> Text der Vorlage infolge von Schäden werden durch [---] gekennzeichnet,<br />
sofern der Buchstabenbestand nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit erschlossen<br />
werden kann. Die erschlossenen Buchstaben werden in eckigen Klammern<br />
kursiv wiedergegeben.<br />
Auf Beschädigungen <strong>des</strong> Originals wird in der Formalbeschreibung hingewiesen.<br />
Große Fehlstellen werden <strong>im</strong> textkritischen Apparat gekennzeichnet.<br />
Unsichere Lesungen werden mit [?] gekennzeichnet.<br />
5.2 Editionsregeln für deutsche Texte<br />
Groß- bzw. Kleinschreibung: Satzanfänge <strong>und</strong> Eigennamen werden groß geschrieben.<br />
Für Titel <strong>und</strong> Abkürzungen kann zugunsten der Deutlichkeit die Großschreibung<br />
verwendet werden. Im Übrigen gilt der Gr<strong>und</strong>satz der Kleinschreibung.<br />
Normalisierungen einzelner Buchstaben: Die Buchstaben „u“ <strong>und</strong> „i“ werden nur<br />
vokalisch gebraucht, dagegen die Buchstaben „v“, „w“ <strong>und</strong> „j“ nur konsonantisch.<br />
Für die Kombination „ij“ wird <strong>im</strong>mer „ii“ genutzt. Übergeschriebene Vokale werden<br />
als Umlaute wiedergegeben. Doppelvokale werden beibehalten, ebenso „ß“,<br />
metathetisches „h“, „gk“ <strong>und</strong> „dt “. Für „sz“wird „ß“ genutzt. Sind die Verbindun-
46 Editionsrichtlinien<br />
gen „cz“ <strong>und</strong> „tz“ nicht eindeutig zu unterscheiden, wird für den betre enden<br />
Text einheitlich „cz“ verwendet. Konsonantenverdopplungen werden <strong>im</strong> Fall <strong>des</strong><br />
doppelten „n“ am Wortende nicht wiedergegeben.<br />
Die Getrennt- <strong>und</strong> Zusammenschreibung folgt der Vorlage, sofern diese eindeutig<br />
ist.<br />
Die Worttrennung am Zeilenumbruch <strong>und</strong> die Interpunktion orientieren sich zugunsten<br />
der leichteren Lesbarkeit <strong>und</strong> <strong>des</strong> Verständnisses <strong>des</strong> Textes am modernen<br />
Gebrauch.<br />
Fremdsprachige Einschübe bleiben unverändert.<br />
Abkürzungen, Ligaturen <strong>und</strong> Abbreviaturen werden bei Eindeutigkeit stillschweigend<br />
aufgelöst. Ausgenommen davon sind Abkürzungen von Währungen <strong>und</strong><br />
Maßeinheiten ( .; ßo; tlr. usw.) sowie von Herrschaftstiteln <strong>und</strong> standardisierten<br />
Anreden. Diese werden <strong>im</strong> Abkürzungsverzeichnis aufgelöst.<br />
„dz“ wird als „das“ bzw. „dass“, „wz“ als „was“ wiedergegeben.<br />
O ensichtliche Verschreibungen in der Vorlage werden stillschweigend korrigiert.<br />
Die <strong>im</strong> Quellentext ausgeschriebenen Zahlen sowie die ara<strong>bis</strong>chen <strong>und</strong> römischen<br />
Zahlzeichen werden vorlagengetreu übernommen (bei römischen Zi ern gilt die<br />
Regel der Großschreibung). Ordnungszahlen werden mit Punkt geschrieben.<br />
Folgende Ausnahme gilt: Bei Drucken folgen die Groß- bzw. Kleinschreibung<br />
sowie die Interpunktion der Vorlage.<br />
5.3 Editionsregeln für lateinische Texte<br />
Die frühneuzeitliche Schreibweise wird in der Regel beibehalten.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich wird Kleinschreibung verwendet. Eigennamen <strong>und</strong> Satzanfänge<br />
werden hingegen groß geschrieben.<br />
Normalisierungen einzelner Buchstaben: Die Buchstaben „i“ <strong>und</strong> „u“ werden nur<br />
vokalisch, „j“ <strong>und</strong> „v“ nur konsonantisch wiedergegeben. „w“ ist ggf. in „vu“ (z. B.<br />
wird „wlt“ zu „vult“) bzw. „vu“ in „w“ aufzulösen. Sind „ci“ <strong>und</strong> „ti“ graphisch nicht<br />
zu unterscheiden, wird die Schreibweise der klassischen Philologie bevorzugt.<br />
Alle eindeutigen Kürzungen <strong>und</strong> Ligaturen werden stillschweigend aufgelöst. Die<br />
Übernahme von Siglen oder deren Bildung bleibt davon unberührt. e-caudata<br />
wird mit „ae“ bzw. „oe“ wiedergegeben.<br />
Für Zahlzeichen, Getrennt- <strong>und</strong> Zusammenschreibung <strong>und</strong> Interpunktion gelten<br />
die Regelungen für deutsche Texte.
Quellenteil
Nr. 659 [erste Hälfte] 1518 67<br />
659 [erste Hälfte] 1518<br />
[Kf. Friedrich]: Stiftung<br />
[1] Die von [Kf. Friedrich] errichtete Stiftung von jeweils vier Messen am Mittwoch,<br />
Donnerstag, Sonnabend <strong>und</strong> Sonntag in der Allerheiligenstiftskirche zu Wittenberg soll<br />
durch vier neu zu bestellende Priester wie folgt gehalten werden: [2] Best<strong>im</strong>mungen<br />
<strong>zur</strong> Durchführung der Messen <strong>und</strong> zu den P ichten der Priester. [3] Best<strong>im</strong>mungen <strong>zur</strong><br />
Entlohnung der Priester mit jährlich je 15 Gulden <strong>und</strong> mit Präsenzgeldern.<br />
A LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. O 158, fol. 32r–35v (Reinschrift).<br />
B LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. O 222, fol. 2r–8v (Konzept, von Georg Spalatin).<br />
Bem. Zur Datierung vgl. Nr. 744.<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
[1] Von den vier neuen priestern, auf den sontag, mitwoch, donerstag <strong>und</strong><br />
sambstag in aller heyligen stiftkirchen alhie zcu Wittemberg zcugebrauchen,<br />
1518. [2] Am sontag <strong>und</strong> donerstag lißet: Der erste auf sandt Mertens altar, der<br />
ander auf sandt Lorentzen altar, der dritte auf unßer lieben frauen altar, der vierde<br />
auf der heyligen drey konig altar. Am mitwoch lißet: Der erste auf sandt Mertins<br />
altar, der ander auf sandt Lorentzen altar, der dritte auf sandt Katheryn altar, der<br />
vierde auf sandt Sigm<strong>und</strong>s altar. Am sambstag lißet: Der erste auf sandt Katheryn<br />
altar, der ander auf sandt Sigm<strong>und</strong>s altar, der dritt auf sandt Annen altar, der<br />
vierde auf der heyligen aposteln altar.<br />
Die vier priester sollen alle suntag, so bald man frue nach den geczeytten unser<br />
lieben frauen das gesungen ambt von der heyligen dreyfaldickeyt anhebt, yn aller<br />
heyligen kirchen vorhanden seyn. Und wenn man das kyrieleyson untter der<br />
heyligen dreyfaldickeit ambt singet, soll der eyn priester außghen <strong>und</strong> seyn ambt<br />
der heyligen meß anheben zculeßen. Der ander priester soll außgeen, so bald<br />
man die epistel untter dem gesungen ambt von der heyligen dreyfaltikeyt anhebt.<br />
Der dritt priester soll unter dem evangelio <strong>des</strong> gesungen ambts von der heyligen<br />
dreyfaltickeyt außgeen. Der vierd priester soll untter der prefacion <strong>des</strong> gesungen<br />
ambts von der heyligen dreyfaltickeyt außgeen.<br />
Und wenn keyn groß fest auf den suntag zcur zceyt fellt, so sollen benante vier<br />
priester alle von der heyligen dreyfaltikeyt leßen <strong>und</strong> drey collecten nemen: Czum<br />
ersten de sancta trinitate, czum andern generalem pro omnibus delibus vivis et<br />
defunctis <strong>und</strong> die dritte de beatiss<strong>im</strong>a virgine.<br />
Wo aber auf den suntag der hochsten fest eyns kombt, sollen benante vier priester<br />
auch von dem fest leßen <strong>und</strong> abermals drey collecten nemen: Die erste de festo,<br />
die ander generalem pro omnibus delibus vivis et defunctis <strong>und</strong> die dritte von<br />
der heyligen dreyfaltikeyt.<br />
Alle mitwoch sollen die vier priester abermals vor dem anfang unser lieben frauen<br />
gesungen ambt in aller heyligen kirchen seyn <strong>und</strong> sich gleych wie am sontag mit<br />
dem außgeen halten: Der erst soll untter dem kyrieleison <strong>des</strong> gesungen ambts
68 [erste Hälfte] 1518 Nr. 659<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
von unßer lieben frauen außgeen, der ander <strong>und</strong>er der episteln, der dritte <strong>und</strong>ter<br />
dem evangelio <strong>und</strong> der vierde <strong>und</strong>ter der prefacion <strong>des</strong>selben gesungen ambts.<br />
Sie sollen auch alle vier von unßer lieben frauen, was man zcur zceyt heldet, leßen<br />
<strong>und</strong> drey collecten nemen: Die erste von unßer lieben frauen, die ander generalem<br />
pro omnibus delibus vivis et defunctis <strong>und</strong> die dritt de omnibus sanctis.<br />
So aber der hochsten fest eyns auf den mitwoch kem, sollen sie von dem fest<br />
leßen <strong>und</strong> drey collecten nemen: Die erste von dem feste, die ander generalem<br />
pro omnibus delibus vivis et defunctis <strong>und</strong> die dritte von unser lieben frauen.<br />
Alle donerstag sollen die vier priester abermals vor dem anfang <strong>des</strong> heyligen<br />
warleychnams messe in aller heyligen kirchen seyn <strong>und</strong> untter dem umbgang<br />
zcu dem ambt <strong>des</strong> heyligen warleychnams meß biß an die casel angeczogen, zcu<br />
nechst vor dem priester, der das ambt von dem heyligen warleychnam heldt, ye<br />
zcwen <strong>und</strong> zcwen miteynander mit brynnenden kertzen in iren henden geen. Und<br />
biß der ambthalder den segen vor dem anfang <strong>des</strong> heyligen warleychnams messe<br />
gibt vor <strong>des</strong> heyligen creutz altar knyen. Und nach dem segen miteynander in die<br />
sacristen geen. Und sich mit dem außgeen wie am sontag <strong>und</strong> mitwoch halten:<br />
Alßo das der erste untter dem kyrieleison außgee, der ander untter der episteln,<br />
der dritt untter dem evangelio <strong>und</strong> der vierd untter der prefacion.<br />
Sie sollen auch alle vier von dem heyligen warleychnam leßen <strong>und</strong> drey collecten<br />
nemen: Die erste von dem heyligen warleychnam, die ander generalem pro<br />
omnibus vivis et defunctis <strong>und</strong> die dritte de omnibus sanctis.<br />
So aber auf den donerstag der hochsten fest eyns el, ßo sollen sie von dem fest<br />
leßen <strong>und</strong> drey collecten nemen: Die erste de festo, die ander de corpore Christi<br />
<strong>und</strong> die dritt pro omnibus vivis et defunctis.<br />
Alle sambstag sollen die vier priester vor dem ende <strong>des</strong> gesungen ambts von unser<br />
lieben frauen in aller heyligen kirchen seyn <strong>und</strong> untter dem requiem, das die<br />
korknaben singen, <strong>und</strong> sunst untter dem monat gesungen requiem sich abermals<br />
mit irem außgeen wie am sontag, mitwoch <strong>und</strong> donnerstag teylen. Der erst soll<br />
außgheen untter dem kyrieleison, der ander untter der epistell, der dritt untter dem<br />
evangelium <strong>und</strong> der vierdt untter der prefacion. Sie sollen auch alle requiem leßen<br />
<strong>und</strong> drey collecten nemen: Die erste pro f<strong>und</strong>atoribus, die ander pro parentibus<br />
<strong>und</strong> die dritt pro omnibus delibus defunctis.<br />
Es sollen auch dieße vier priester zcur zceyt <strong>des</strong> eynigk werden, das ein wochen<br />
umb die andern eyner zcum ersten, andern, dritten oder viertten, unordnung <strong>und</strong><br />
unfug zcuvormeyden, außgee.<br />
Weytter sollen die vier priester p ichtig seyn, an hernach vorczeychenten festen in<br />
aller heyligen kyrchen in der ersten <strong>und</strong> andern vesper bey dem umbgang <strong>und</strong> der<br />
homeß sein: Am heyligen christag, am heyligen ostertag, am fest der heyligthumb<br />
weysung, am heyligen p ngstag, an allen unßer lieben frauen festen, am fest<br />
aller lieben heyligen, am karfreytag, den osterabendt <strong>und</strong> vor der ostermetten
Nr. 660 2. Januar 1518 69<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
bey den sechs besuchung <strong>des</strong> grabs , am fest der heyligen dreyfaltikeyt, am fest<br />
<strong>des</strong> heyligen warleychnams, am fest der kirchweyhung <strong>und</strong> an sandt Annentag.<br />
Benante vier priester sollen auch, so o t sie bey gedachten götlichen ambten <strong>und</strong><br />
bey den procession der metten <strong>und</strong> vesper seynt, gleych den andern personen<br />
der kirchen korrock tragen.<br />
So aber das benant requiem wurd auf eyn freytag gesungen, wie dann geschiedt,<br />
wenn auf den sambstag oder sonabend eyn feyertag eynfelt, so sollen die vier<br />
priester ir vier messen am sambstag <strong>und</strong>ter unser lieben frauen meß leßen, mit<br />
oben angeczeygter außteylung ym außgeen, <strong>und</strong> von dem fest leßen <strong>und</strong> drey<br />
collecten nemen: Die erste von fest, die ander pro omnibus delibus defunctis<br />
<strong>und</strong> die dritte de beatiss<strong>im</strong>a virgine.<br />
[3] Dafur sollen eyn itlicher priester fun tzehen gulden jerlichen haben, davon<br />
inen alle quatember yr geburender teyl gegeben werden. Weytter sollen sie auch<br />
die presentz von der besuchung <strong>des</strong> grabs haben. Und was man hinfur fur neue<br />
fest <strong>und</strong> memorien durch churfurstliche <strong>und</strong> furstliche darlegung wirt aufrichten,<br />
do sollen sie auch presentz von haben <strong>und</strong> darbey seyn.<br />
660 2. Januar 1518 (Sonnabend nach Circumcisionis)<br />
Abt Johann <strong>und</strong> Konvent <strong>des</strong> Zisterzienserklosters Sittichenbach an<br />
Kf. Friedrich<br />
! Nr. 654 [1] Abt Johann <strong>und</strong> der Konvent <strong>des</strong> Zisterzienserklosters Sittichenbach<br />
bestätigen den Eingang eines <strong>Briefe</strong>s [Nr. 654] von Kf. Friedrich. Darin forderte der Kf.<br />
vom Abt, den Untertanen <strong>des</strong> Klosters zu befehlen, gegenüber dem Schosser [Hans Zeiß]<br />
zu Allstedt Wiedergutmachung zu leisten <strong>und</strong> alles zu tun, um aus der Acht entlassen<br />
zu werden, damit der Schosser zu keinen weiteren Maßnahmen gegen die Leute <strong>des</strong><br />
Klosters genötigt ist. [2] Der Abt gibt dagegen zu bedenken, dass der Schosser von<br />
Allstedt sowie einige Adlige <strong>und</strong> Älteste zugestehen, dass der Hirte von Mittelhausen<br />
<strong>im</strong> Gehölz <strong>des</strong> Klosters seine Herde zum Schaden <strong>des</strong> Klosters weiden ließ. Das Gehölz<br />
liegt in der Landwehr <strong>im</strong> Amt Allstedt, <strong>und</strong> das Dorf Mittelhausen darf sein Vieh darin<br />
weiden lassen, allerdings ohne die jungen Bäume <strong>des</strong> Klosters zu beschädigen. [3] Trotz<br />
mehrfacher Aufforderungen hat der Hirte mutwillig <strong>und</strong> mit Schaden seine Tiere <strong>im</strong><br />
genannten Gehölz weiden lassen. Als er aber wieder über die Grenze in ihr Gehölz kam,<br />
ließ ihn der Abt festsetzen, um die Rechte klären zu lassen. [4] Das Waldstück liegt <strong>im</strong><br />
Gebiet Hz. Georgs von Sachsen <strong>und</strong> steht unter der Gerichtsbarkeit <strong>des</strong> Klosters, wie die<br />
Begrenzung deutlich zeigt (vorreint unnd vorsteint). Deshalb können sie dem Schosser<br />
nicht gestatten, den Ort zu besichtigen. Abt <strong>und</strong> Konvent st<strong>im</strong>men aber zu, dass Räte<br />
Kf. <strong>Friedrichs</strong> <strong>und</strong> Hz. Georgs das Gehölz inspizieren. Auf diese Weise sollen Eingri e in<br />
ihre Rechte verhindert werden, die dem Kloster zum Nachteil gereichen. Die Beschlüsse<br />
der Räte wollen sie beachten. [5] Weil der Schosser [Hans Zeiß] dieses Entgegenkommen<br />
659 Vgl. BAKFJ 1, Nr. 508.
70 3. Januar 1518 Nr. 661<br />
nicht berücksichtigt <strong>und</strong> über den Schultheißen die Acht verhängt hat, bitten sie den Kf.<br />
als einen grosmechtigen liebhaber der grechtigkeit, ihnen Glauben zu schenken <strong>und</strong> die<br />
Acht <strong>bis</strong> zu einer Besichtigung <strong>des</strong> Ortes aufzuheben. Ihre Klosteruntertanen sollen nicht<br />
unnötig beschwert werden. [6] Zettel: Abt <strong>und</strong> Konvent bitten den Kf., weiteren Klagen<br />
nicht zu glauben <strong>und</strong> auf ihre Bitte zu antworten.<br />
A<br />
Ed.<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. Kk 1286, fol. 6r–8v, Zettel: 7rv (Ausfertigung).<br />
Urk<strong>und</strong>enbuch Mansfeld, S. 493, Nr. 218 (Regest).<br />
661 Altenburg, 3. Januar 1518 (Sonntag nach <strong>des</strong> Heiligen Neuen Jahrstag)<br />
Kf. Friedrich an Amtmann [Hans von der Planitz] zu Gr<strong>im</strong>ma<br />
[1] Kf. Friedrich erinnert den Amtmann zu Gr<strong>im</strong>ma [Hans von der Planitz] an die Auseinandersetzung<br />
<strong>des</strong> Amts Gr<strong>im</strong>ma mit dem Benediktinerinnenkloster Geringswalde über<br />
die Obergerichtsbarkeit über das Dorf Zschannewitz. In dieser Sache sind zwar schon viele<br />
Schriften ausgetauscht worden, jedoch kam die Äbtissin [Katharina von Ulstetten] <strong>bis</strong>her<br />
der Auflage nicht nach, ihre Rechte vor dem Amtmann von Leisnig [Georg von Kitzscher]<br />
zu belegen. [2] Deshalb übte während der Abwesenheit von [Planitz] der Schosser zu<br />
Gr<strong>im</strong>ma [Friedrich Stumpfel] die Gerichtsrechte über Zschannewitz ordnungsgemäß aus.<br />
Da die Äbtissin nichts unternahm, gri die Frau von Schönburg ein, später schrieb Ernst<br />
von Schönburg zu Glauchau <strong>und</strong> Waldenburg an Kf. Friedrich [Nr. 413], wie [Planitz] den<br />
übersendeten Unterlagen entnehmen kann. [3] Auf ein nochmaliges Schreiben Ernst<br />
von Schönburgs hat Kf. Friedrich geantwortet, dass die Äbtissin ihr Anliegen [Planitz]<br />
<strong>und</strong> anderen Verordneten vortragen <strong>und</strong> ihre Rechtsansprüche klären soll. Kf. Friedrich<br />
be ehlt [Planitz], die Äbtissin vorzuladen <strong>und</strong> in Anwesenheit von Ramsfelt von Staupitz,<br />
Gregor Groß <strong>und</strong> Melchior Thiel anzuhören. Die Ergebnisse der Anhörung soll [Planitz]<br />
mit den Rechtsansprüchen der Äbtissin sowie einem eigenen Bedenken, in dem er<br />
Vorschläge für das weitere Vorgehen unterbreitet, an den Kf. senden.<br />
A<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. Kk 491, fol. 4rv (Konzept).<br />
662 Altenburg, 3. Januar 1518<br />
(am Sonntag dem Achten <strong>des</strong> heiligen Apostels <strong>und</strong> Evangelisten Sankt Johannes)<br />
Konrad Gerhart, Johann von Haubitz <strong>und</strong> das Kapitel <strong>des</strong> Georgenstifts<br />
zu Altenburg: Quittung<br />
Dekan Konrad Gerhart, Senior <strong>und</strong> Scholaster Johann von Haubitz <strong>und</strong> das Kapitel <strong>des</strong><br />
Georgenstifts zu Altenburg bestätigen, dass Hz. Johann am heutigen Tag 200 Gulden<br />
661 Wahrscheinlich Anna von Schönburg, die Mutter <strong>des</strong> Ernst II. von Schönburg.
Nr. 663 4. Januar 1518 71<br />
Zinsgroschen für die Stiftung der Sieben Gezeiten vom Leiden <strong>und</strong> Sterben Christi <strong>und</strong><br />
der Jungfrau Maria in ihrer Stiftskirche übergeben hat.<br />
A<br />
LATh – StA Altenburg, Lan<strong>des</strong>regierung, 4251, fol. 71rv (Ausfertigung).<br />
663 Rom, 4. Januar 1518 (die IIII. Januarii 1517)<br />
Papst Leo X. an Kf. Friedrich<br />
[1] Papst Leo X. teilt Kf. Friedrich mit, dass die Berichte vom Sieg der Türken über den<br />
[mamlukischen] Sultan von Ägypten [Tuman Bay], die er <strong>bis</strong>her als Gerüchte gedeutet<br />
hatte, nun durch schriftliche Nachrichten von verschiedenen Orten als wahr bestätigt<br />
wurden. Der Papst weiß nun, dass der Sultan nicht nur besiegt, sondern auch getötet wurde<br />
<strong>und</strong> dass <strong>des</strong>sen Gebiete unter türkische Oberhoheit gerieten. [2] Papst Leo X. mahnt<br />
eindringlich vor der Gefahr dieser Situation für die Christen, für die christlichen Herrscher<br />
<strong>und</strong> ihre Herrschaftsgebiete, zumal wenn die Türken Illyrien <strong>und</strong> Pannonien erobern<br />
oder mithilfe von Schi en Italien angreifen. [3] Papst Leo X. fordert Kf. Friedrich auf,<br />
<strong>zur</strong> Verteidigung <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> bereitzustehen. Friedrich soll, wenn er einen Vorschlag <strong>zur</strong><br />
Verteidigung <strong>des</strong> christlichen Glaubens hat, diesen zügig zuerst dem Papst unterbreiten,<br />
damit der Papst den Vorschlag mit den anderen christlichen Fürsten besprechen kann.<br />
Zudem soll Kf. Friedrich bei Ks. Max<strong>im</strong>ilian <strong>und</strong> anderen Personen seinen Ein uss nutzen,<br />
damit sie sich ebenfalls in der Angelegenheit engagieren.<br />
A LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. B 1584, fol. 11rv (Ausfertigung, Pergament, lateinisch).<br />
Bem. Datierung: Die päpstliche Kanzlei verwendete den Calculus Florentinus. Das Jahr 1518 ist<br />
sichergestellt durch die gleichzeitige Datierung nach dem 5. Ponti katsjahr Papst Leos X.<br />
664 Meißen, 6. Januar 1518 (am Tag der Heiligen Drei Könige)<br />
Johannes Hennig an Kf. Friedrich<br />
! Nr. 655 [1] Johannes Hennig, Dekan <strong>des</strong> Domstifts zu Meißen, hat das Schreiben <strong>des</strong><br />
Kf. wegen <strong>des</strong> Rats der Stadt Liebenwerda erhalten [Nr. 655]. [2] Weil die k . Amtleute<br />
den Fall bereits verhandelt haben, hat er den Arrest gegen die Erben <strong>des</strong> [Heinrich]<br />
Bretzendorf aufgehoben. Er möchte nicht, dass sich jemand über seine Urteile beklagt.<br />
Die Gegenseite soll ihre Anliegen ebenfalls dem Kf. vortragen.<br />
A<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. Kk 845, fol. 2rv (Ausfertigung).<br />
662 Am 14. Mai 1518 zahlte Georg Spalatin an Konrad Gerhart 60 Gulden für dieselbe Stiftung<br />
aus, die ihm Johann Rie<strong>des</strong>el <strong>im</strong> Auftrag Hz. <strong>Johanns</strong> übergeben hatte. Die gesiegelte<br />
Quittung be ndet sich in: FB Gotha, Chart. A 378, fol. 83rv.
72 7. Januar 1518 Nr. 665<br />
665 Zwickau, 7. Januar 1518 (Donnerstag nach Trium regum)<br />
Kf. Friedrich <strong>und</strong> Hz. Johann: Verfügung<br />
[1] Kf. Friedrich <strong>und</strong> Hz. Johann erinnern an ihre Stiftung der Sieben Leiden Mariens<br />
für die Schlosskirche Torgau [vgl. Nr. 1]. [2] Sie verordnen für die Stiftung 350 Gulden<br />
jährlich aus den Einnahmen <strong>des</strong> Amts, <strong>des</strong> Geleits <strong>und</strong> der Stadt Torgau <strong>und</strong> best<strong>im</strong>men<br />
deren Verwendung.<br />
A<br />
Ed.<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, Urk<strong>und</strong>en Staatsarchiv, 1518 Januar 7, unfol., 1 Bl. (Ausfertigung,<br />
Pergament, 2 Siegel).<br />
Urk<strong>und</strong>enbuch Torgau, S. 93, Nr. 230 (Regest mit Teiledition).<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
[1] Von gots gnaden wir Friderich, <strong>des</strong> Heyligen Romischen Reichs<br />
ertzmarsschalgk, churfurst etc. <strong>und</strong> Johans, gebrudere, herzogen zu Sachssen,<br />
lantgraven in Duringen <strong>und</strong> marggraven zu Meyssen bekennen fur uns <strong>und</strong> unser<br />
erben <strong>und</strong> thun kunt mit disem unserm brieve gein mennigklich. Nachdem wir<br />
aus verleyhong gotis <strong>des</strong> almechtigen uns miteinander vereinigt <strong>und</strong> eine stiftong<br />
in der kirchen auf unserm slosse zu Torgau auf ewig zeit aufzerichten, nemlich<br />
das allen tag dy gezeiten der hochgelobtn <strong>und</strong> allerkeuschten gebererin, der<br />
jungfrauen sand Marien, <strong>und</strong> etliche ambt der heyligen messen durch vier erliche<br />
priester, siebn chorschuler, <strong>und</strong>er den einer custos sein sol, einen organisten <strong>und</strong><br />
dreien knaben gesungen <strong>und</strong> gelesen werden sollen, inhalts <strong>und</strong> besagung einer<br />
sonderlichen stiftong, die wir derhalben aufgericht. [2] Damit abir nu dieselb<br />
unser stiftong unabbruchlich moige gehalten werden, so haben wir auf allen <strong>und</strong><br />
ytzlichen unsern nutzongen, einkommen <strong>und</strong> jarrenten unsers ambts, gleyts <strong>und</strong><br />
der stadt Torgau dreyh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> funfzig reynische gulden, nemlich h<strong>und</strong>ert<br />
funfzehen gulden von dem ambt, h<strong>und</strong>ert zwenzig gulden vom gleyt <strong>und</strong> h<strong>und</strong>ert<br />
funfzehen gulden von den jarrenten zu Torgau jerlich zu angezeigter unser<br />
stiftong verordent, dovon dan alle jar einem ydern priester dreyssig gulden, einem<br />
ytzlichen chorschuler zwenzig gulden, dem organisten funf<strong>und</strong>zwenzig gulden<br />
<strong>und</strong> einem knaben funfzehen reynisch gulden fur kost <strong>und</strong> loen sol gegeben<br />
werden. Und dy zwenzig gulden, so an solcher summa ubirbleiben, fur wachs,<br />
das man zu obberurten gezeiten <strong>und</strong> ambten verbrauchen wirdet, <strong>und</strong> zu ander<br />
notturft der kirchen verordent haben, das wir dan hiemit in kraft dyses briefs<br />
zu solcher stiftong verweisen <strong>und</strong> verordnen. Und bevelen daruf itzigen <strong>und</strong><br />
zukonftigen unsern schossern, gleytzleuten <strong>und</strong> dem rate zu Torgau mit disem<br />
brieve ernstlich, das sy von allen <strong>und</strong> ytzlichen unsern nutzongen, einkommen<br />
<strong>und</strong> jarrenten dy obberurten dreyh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> funfzig gulden reynisch ein yder<br />
seinen teyll wye angezeigt zu gnanter unser stiftong alle jar <strong>und</strong> eines ydern
Nr. 666 8. Januar 1518 73<br />
30<br />
besondern halb uf sand Walpurgistag <strong>und</strong> dy ander hel te auf sand Michelstag<br />
geben <strong>und</strong> uberreichen <strong>und</strong> nu auf sand Walburgistag schirstkonftig mit der<br />
ersten tagzeit anfahen, <strong>des</strong> sol ir yder seins teyls in rechnong entnommen werden<br />
<strong>und</strong> geschiecht daran unser ernstliche meynong. Zu urk<strong>und</strong>e hat unser yder sein<br />
insiegell wissentlich an dysen brief hengen lassen.<br />
666 Rom, 8. Januar 1518 (die VIII. Januarii 1517)<br />
Kardinalskollegium an Kf. Friedrich<br />
[1] Das Kardinalskollegium teilt Kf. Friedrich mit, dass Papst [Leo X.] durch zahlreiche<br />
Schreiben <strong>und</strong> Nachrichten davon überzeugt wurde, dass die Informationen vom Sieg <strong>des</strong><br />
Sultans [<strong>des</strong> Osmanischen Reichs Sel<strong>im</strong> I.] über den Sultan von Ägypten [Tuman Bay]<br />
wahr sind. Der Sultan von Ägypten wurde getötet <strong>und</strong> seine Gebiete unter türkische<br />
Herrschaft gestellt. [2] Die Kardinäle ermahnen in Anbetracht der großen Gefahr<br />
die christlichen Fürsten eindringlich, dass diese ihre Streitigkeiten beilegen <strong>und</strong> sich<br />
<strong>zur</strong> Verteidigung <strong>des</strong> Glaubens <strong>und</strong> christlicher Gebiete unter der Führung <strong>des</strong> Papstes<br />
zusammen nden. Sie erbitten von Kf. Friedrich Ratschläge <strong>und</strong> fordern ihn auf, in der<br />
Angelegenheit tätig zu werden. Er soll an die christlichen Könige <strong>und</strong> Fürsten schreiben<br />
zugunsten eines heiligen <strong>und</strong> notwendigen Kreuzzuges (expeditio).<br />
A LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. B 1584, fol. 6rv+12rv (Ausfertigung, lateinisch).<br />
Bem. Zur Datierung vgl. Nr. 663.<br />
667 [Altenburg], 9. Januar 1518 (Sonnabend nach Epiphanie domini)<br />
Dekan [Konrad Gerhart], Senior <strong>und</strong> Kapitel <strong>des</strong> Georgenstifts zu Altenburg<br />
an Hz. Johann<br />
Dekan [Konrad Gerhart], Senior <strong>und</strong> Kapitel <strong>des</strong> Georgenstifts zu Altenburg übersenden<br />
Hz. Johann auf <strong>des</strong>sen Wunsch die Bestätigung [Nr. 662] der hzl. Stiftung der Sieben<br />
Gezeiten vom Leiden <strong>und</strong> Sterben Christi <strong>und</strong> der Jungfrau Maria in ihrer Stiftskirche<br />
über 200 Gulden. Sie wollen den Hz. in ihren Andachten bedenken.<br />
A<br />
LATh – StA Altenburg, Lan<strong>des</strong>regierung, 4251, fol. 73rv (Ausfertigung).<br />
665 1. Mai.<br />
29. September.
74 13. Januar 1518 Nr. 668<br />
668 Altenburg, 13. Januar 1518 (am XIII. Tag <strong>des</strong> Jenners)<br />
Dekan [Konrad Gerhart], Senior <strong>und</strong> Kapitel <strong>des</strong> Georgenstifts zu Altenburg<br />
an Kf. [Friedrich]<br />
[1] Dekan [Konrad Gerhart], Senior <strong>und</strong> Kapitel <strong>des</strong> Georgenstifts zu Altenburg erinnern<br />
Kf. [Friedrich] daran, dass er mit hohem nanziellen Aufwand <strong>und</strong> sonstiger Unterstützung<br />
<strong>zur</strong> Steigerung <strong>des</strong> gottesdienstlichen Lebens ihrer Kirche die Stiftung der Sieben<br />
Gezeiten vom Leiden <strong>und</strong> Sterben Christi <strong>und</strong> der Jungfrau Maria gefördert hat. [2] Mit<br />
allem, was der Stiftung dient, wollen sie sich an den Kf. wenden. Deshalb informieren<br />
sie ihn über die Auseinandersetzungen mit den Testamentsvollstreckern <strong>des</strong> verstorbenen<br />
Pfarrers von Bornshain, der 100 Gulden bei dem inzwischen auch verstorbenen Bf.<br />
[Johann III.] von Naumburg hinterlegt hat. Das Geld liegt ihrer Ansicht nach, die von<br />
Fabian von Feilitzsch bestätigt wird, noch dort. Da Kf. [Friedrich] ein gutes Verhältnis zu<br />
dem neuen Bf. [Philipp] von Naumburg hat, bitten ihn die Vertreter <strong>des</strong> Georgenstifts,<br />
sich bei [Philipp] bei Gelegenheit dafür einzusetzen, dass das Geld an ihr Stift für die<br />
erwähnte neue Stiftung ausgezahlt wird. Zur Begründung führen sie an, dass der Pfarrer<br />
von Bornshain ein Lehnsträger ihres Stifts war. [3] Weiterhin erinnern Dekan, Senior<br />
<strong>und</strong> Kapitel <strong>des</strong> Georgenstifts den Kf. an die Stiftung einer hölzernen Annenkapelle <strong>im</strong><br />
k . Wald vor etwa zwei Jahren durch einen k . Förster. Darin wurde auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
einer Bestätigung <strong>des</strong> Bf. von Naumburg <strong>bis</strong>her Messe gelesen. Sie schlagen nun vor,<br />
diese Kapelle zu der neuen Stiftung in ihrer Stiftskirche zu ziehen. Möglicherweise kann<br />
dadurch Wachs gekauft oder ein weiterer Priester unterhalten werden. [4] Sie bitten<br />
Kf. [Friedrich], mit dem Bf. von Naumburg über diese Kapelle zu verhandeln, deren<br />
Stiftungsvermögen in ihre neue Stiftung eingegliedert werden könnte, weil die Kapelle<br />
auf k . Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden steht <strong>und</strong> die Eingliederung keine Probleme nach sich zieht. Sie<br />
vertrauen darauf, dass so die Stiftung wächst <strong>und</strong> dem ganzen Bistum zugute kommt. Im<br />
Gegenzug bieten sie an, sich um die Baulast <strong>und</strong> die Gottesdienste der Kapelle zu kümmern,<br />
wenn sie auch weiterhin von den Menschen besucht wird. Es ist zu befürchten, dass<br />
diese Kapelle sonst wieder zugr<strong>und</strong>e geht. Sie danken dem Kf. für seine Unterstützung<br />
<strong>und</strong> unterstellen sich seiner weiteren Fürsorge. Sie ho en, dass der Kf. sich zugunsten<br />
der neuen Stiftung be<strong>im</strong> Bf. durchsetzt.<br />
A<br />
LATh – StA Altenburg, Lan<strong>des</strong>regierung, 4251, fol. 74r–75v (Abschrift).<br />
669 Saint-Mihiel, 13. Januar 1518 (octavo die Epiphanie)<br />
Joach<strong>im</strong> von Maltzan an Kf. Friedrich<br />
[1] Joach<strong>im</strong> von Maltzan erinnert Kf. Friedrich an <strong>des</strong>sen Bitte um Übersendung von<br />
Reliquien, die Friedrich durch Vermittlung <strong>des</strong> Kanzlers [Antoine Duprat] an Kg. [Franz I.]<br />
von Frankreich richtete [Nr. 543]. Der Kg. versprach, Friedrich die Reliquien mit einem Gesandten<br />
zu schicken [Nr. 643]. [2] Der französische Kg. hat nun einige Reliquien, unter<br />
anderem je eine Partikel <strong>des</strong> hl. Martin <strong>und</strong> der hl. Maria Magdalena, in goldene Reliquiare<br />
fassen lassen <strong>und</strong> Maltzan beauftragt, diese an Friedrich als Geschenk zu übergeben.
Nr. 670 15. Januar 1518 75<br />
Maltzan ho t, am 9. oder 10. Februar in Erfurt einzutre en, <strong>und</strong> bittet Kf. Friedrich, ihm<br />
dann einen Tre punkt für die Übergabe mitzuteilen. [3] Maltzan unterrichtet Friedrich<br />
über die Pläne <strong>des</strong> Hz. von Lüneburg [Heinrich der Mittlere von Braunschweig-Lüneburg]<br />
<strong>zur</strong> Verheiratung seines Sohnes Hz. Otto mit einer Angehörigen <strong>des</strong> französischen Königshauses<br />
sowie für die Versorgung seines anderen Sohnes Hz. Ernst mit einem Dienst<br />
am französischen Hof. [4] Zettel: Maltzan betont, dass niemand denken soll, er sei<br />
aus anderen Gründen als den genannten vom französischen Kg. geschickt worden, auch<br />
wenn er ho t, Angelegenheiten verhandeln zu können, mit denen Friedrich zufrieden<br />
sein wird. ! 679<br />
A<br />
Ed.<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. C 366, fol. 34r–36v, Zettel: 35r (Ausfertigung, eigh., zu<br />
eigenen Händen).<br />
RTA.JR 1, S. 49 Anm. 1, S. 50 Anm. 2 (Regest mit Teiledition).<br />
670 Torgau, 15. Januar 1518 (Freitag nach Sancti Erhardi)<br />
Kf. Friedrich an Johannes Hennig<br />
[1] Kf. Friedrich teilt Johannes Hennig, Dekan <strong>des</strong> Domstifts zu Meißen, mit, dass sich die<br />
Bürger zu Torgau Peter Reppisch <strong>und</strong> Ewald Hesler wegen einer geistlichen beschwerung<br />
durch den O zial <strong>des</strong> Domstifts [Georg von Rotschitz] an ihn gewandt haben, wie aus<br />
beiliegendem Bittschreiben zu ersehen ist. [2] Kf. Friedrich kennt die Ursachen für<br />
die vermeintliche Beschwerung nicht. Deshalb weist er auch <strong>im</strong> Namen seines Bruders,<br />
Hz. Johann, den Dekan an, den O zial zu veranlassen, die Beschwerung fallenzulassen.<br />
Sollte diese jedoch rechtmäßig sein, soll Hennig dies dem Kf. belegen.<br />
A<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. Kk 843, fol. 1rv (Konzept).<br />
671 Wittenberg, 2. Februar 1518 (am Tag Puri cationis Marie virginis)<br />
[Kf. Friedrich] an Bf. [Hieronymus] von Brandenburg<br />
[1] [Kf. Friedrich] informiert Bf. [Hieronymus] von Brandenburg über ein Schreiben<br />
<strong>des</strong> Amtmanns zu Belzig Georg von Zschaderitz. Dieser teilte dem [Kf.] mit, dass sich<br />
die Vorsteher der Annenkirche in Kuhlowitz wegen <strong>des</strong> Banns beschwert haben. Die<br />
Beschwer<strong>des</strong>chrift liegt bei. Ebenso wandte sich auch Hans von Ziesar wegen der Beschwerungen<br />
durch den Bf. <strong>und</strong> seinen Vikar an den [Kf.] <strong>und</strong> bat um Unterstützung.<br />
669 In einem <strong>und</strong>atierten Schreiben Joach<strong>im</strong>s von Maltzan an Kf. Friedrich [zwischen 13. <strong>und</strong><br />
22. Februar 1518] teilte Maltzan mit, dass er einige Dinge bereits mit Fabian von Feilitzsch<br />
besprochen hat. Wenn jedoch ein persönliches Tre en mit Friedrich zustande gekommen<br />
wäre, hätte der Kf. gemerkt, dass Maltzan nicht ohne Gr<strong>und</strong> vom französischen Kg. geschickt<br />
wurde. Maltzan ho te auf weitere Verhandlungen mit dem Kf. (LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA,<br />
Reg. C 366, fol. 37r, Ausfertigung, teilweise ediert in: RTA.JR 1, S. 50 Anm. 5).
76 6. Februar 1518 Nr. 672<br />
[2] Bf. [Hieronymus] weiß von den Verhandlungen ihrer beiderseitigen Räte wegen<br />
dieser Angelegenheit in Belzig. Da sich die Räte nicht gütlich einigen konnten, wurde<br />
vereinbart, ein Gerichtsurteil einzuholen, an <strong>des</strong>sen Weisungen sich Hans von Ziesar <strong>und</strong><br />
die Vorsteher halten sollen. [Kf. Friedrich] ging davon aus, dass weder Hans von Ziesar<br />
noch die Vorsteher der Annenkirche in Kuhlowitz vom Bf. oder seinem Vikar weiter mit<br />
dem Bann belegt werden. [3] [Kf. Friedrich] bittet daher, den Bann zu lösen. Geschieht<br />
das nicht, so ist der [Kf.] gezwungen, seinen Untertanen auf anderen Wegen zu ihrem<br />
Recht zu verhelfen. ! 672<br />
A<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. B 1103, fol. 14rv (Konzept).<br />
672 Ziesar, 6. Februar 1518 (Sonnabend Dorothee virginis)<br />
Bf. Hieronymus von Brandenburg an Kf. Friedrich<br />
! 671 [1] Bf. Hieronymus von Brandenburg hat das Schreiben [Nr. 671] Kf. <strong>Friedrichs</strong><br />
wegen Hans von Ziesar am 4. Februar empfangen. Dem Schreiben <strong>des</strong> Kf. waren etliche<br />
Beschwerdezettel der Kirchväter von Kuhlowitz beigelegt. [2] Der Bf. ist unverschuldet<br />
in den Streit geraten <strong>und</strong> hat dies dem Kf. <strong>und</strong> seinen Räten mehrfach schriftlich <strong>und</strong><br />
mündlich mitgeteilt in der Ho nung, damit nicht das Missfallen oder die Ungnade <strong>des</strong> Kf.<br />
zu erregen. [3] Bf. Hieronymus <strong>und</strong> seinem Stift entstehen <strong>im</strong>mer mehr Probleme aus<br />
diesem Streit mit den k . Untertanen, die sie <strong>bis</strong>her mit Rücksicht auf den Kf. ertragen<br />
haben. Daher bittet Bf. Hieronymus, dass der Kf. einen Tag best<strong>im</strong>mt, an dem er den Bf.<br />
persönlich in dieser Sache anhört. ! 674<br />
A<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. B 1103, fol. 15rv (Ausfertigung).<br />
673 Bosau, 10. Februar 1518 (Mittwoch Scholastice)<br />
Abt [Jodokus Scharf] <strong>und</strong> Konvent <strong>des</strong> Benediktinerklosters Bosau an<br />
Kf. Friedrich<br />
[1] Abt [Jodokus Scharf] <strong>und</strong> der Konvent <strong>des</strong> Benediktinerklosters Bosau teilen Kf. Friedrich<br />
mit, dass Bf. [Philipp] von Freising <strong>und</strong> Naumburg sie auf ihr Bittschreiben hin<br />
aufgefordert hat, sich erneut mit ihren Anliegen an den Kf. zu wenden, wenn dieser in<br />
Altenburg ist. [2] Sie bitten den Kf. nochmals, ihnen das Holz, das ihnen aufgr<strong>und</strong><br />
einer Stiftung von <strong>Friedrichs</strong> Vorfahren zusteht, <strong>zur</strong> Erhaltung ihres Klosterhofs in dem<br />
671 Die Auseinandersetzungen dauerten bereits Jahre an, vgl. BAKFJ 1.<br />
673 Der Akte liegt eine Notiz aus der k . Kanzlei vom 26. Januar 1518 bei, die den Inhalt eines<br />
Schreibens an Bf. [Philipp] von Freising <strong>und</strong> Naumburg zusammenfasst (vgl. LATh – HStA<br />
We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. Kk 87, fol. 7r, Konzept, <strong>und</strong> fol. 8r, Abschrift).
Nr. 674 12. Februar 1518 77<br />
Dorf Roda zukommen zu lassen. [3] Im Hinblick auf die Angelegenheit <strong>des</strong> Caspar von<br />
Zschieren zu Ehrenberg <strong>und</strong> <strong>des</strong> Georg von der Gabelentz bitten sie den Kf., einen Termin<br />
für eine Anhörung anzusetzen. Sie unterstellen sich seinem Schutz.<br />
A<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. Kk 87, fol. 6rv (Ausfertigung).<br />
674 Altenburg, 12. Februar 1518 (Freitag nach Apollonie)<br />
Kf. Friedrich an Bf. [Hieronymus] von Brandenburg<br />
! 672 [1] Kf. Friedrich hat die Antwort [Nr. 672] von Bf. [Hieronymus] von Brandenburg<br />
auf sein Schreiben [Nr. 671], verb<strong>und</strong>en mit der Bitte um eine persönliche Anhörung,<br />
empfangen. [2] Der Kf. hatte den Bf. auf ein Tre en ihrer beider Räte in Belzig <strong>und</strong> die<br />
dort gefassten Beschlüsse hingewiesen, die Friedrich für gerecht hält. Bf. [Hieronymus]<br />
soll selbst überlegen, was angemessen ist <strong>und</strong> entsprechend handeln, so dass sich die<br />
Untertanen <strong>des</strong> Kf. nicht weiter über unrechtmäßige Beschwerungen durch den Bf. beklagen<br />
müssen. [3] Wegen der momentan grassierenden Seuchen <strong>und</strong> verschiedener<br />
Verp ichtungen kann Kf. Friedrich keinen Verhandlungstag ansetzen. Will der Bf. ihm<br />
etwas mitteilen, soll er es schriftlich (in schri ten zu unsern handen) machen. Der Kf. wird<br />
ihm nach Gelegenheit antworten.<br />
A<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. B 1103, fol. 16r–17v (Konzept).<br />
675 [Wittenberg], 15. Februar 1518 (quinta dec<strong>im</strong>a Februarii)<br />
Martin Luther an Georg Spalatin<br />
[1] Martin Luther bittet Georg Spalatin, dem Kf. seinen Dank für das Wildbret zu übermitteln,<br />
das Kf. [Friedrich] den neuen Magistern [der Universität Wittenberg] übersandte.<br />
[2] Luther antwortet auf zwei Fragen Spalatins, zum einen nach der Absicht (intentio),<br />
die jemand haben sollte, der opfert oder gute Werke vollbringt, zum anderen nach der<br />
Wirkung <strong>des</strong> Ablasses. Luther hebt demgegenüber die Bedeutung der Almosen hervor.<br />
673 Am 20. März 1518 schrieb Fabian von Feilitzsch an Kf. Friedrich, dass der Abt <strong>des</strong> Benediktinerklosters<br />
Bosau in der Streitsache mit Caspar von Zschieren <strong>und</strong> Dietrich von Breitenbach<br />
am heutigen Tag vorgeladen wurde. Während der Abt <strong>und</strong> Breitenbach erschienen, blieb<br />
Zschieren ohne triftige Gründe fern. Daher wurde die Angelegenheit nun an den Amtmann<br />
[Sebastian von Kötteritzsch zu Altenburg] übergeben (LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg.<br />
Gg 980b, fol. 8r–11v).<br />
675 Georg Spalatin hatte dieselben Fragen auch an Andreas Karlstadt gerichtet. In seiner<br />
Antwort vom 5. Februar 1518 verwies dieser u. a. auf seinen Augustinkommentar, für <strong>des</strong>sen<br />
Drucklegung er eine Unterstützung von Kf. Friedrich in Höhe von 30 Gulden erbat (KGK 1.2,<br />
S. 737–742, Nr. 69).
78 16. Februar 1518 Nr. 676<br />
[3] Luther teilt Spalatin mit, dass seine Gegner behaupten, er handele <strong>im</strong> Auftrag Kf.<br />
[<strong>Friedrichs</strong>] <strong>und</strong> sei von ihm zu Missgunst gegenüber Ebf. [Albrecht] von Magdeburg<br />
angestiftet worden. Er bedauert sehr, dass der Kf. seinetwegen in Verdacht gerät <strong>und</strong> er<br />
Anlass zu Unfrieden zwischen den beiden Fürsten bietet. [4] Luther ist einverstanden,<br />
dass der Kf. ihn zu einer Disputation oder einem Prozess schickt, wenn ihm Geleit gewährt<br />
wird. [Friedrich] soll nicht in Luthers Angelegenheiten hineingezogen werden.<br />
Luther bezieht sich auf Johannes Reuchlin, der belangt wurde, während Luther nicht<br />
beachtet wird, weil seine Gegner erkennen, dass sie ihn nicht überwinden können.<br />
A<br />
Ed.<br />
LASA Dessau, Z 8, Nr. 9, fol. 1rv (Ausfertigung, eigh., lateinisch).<br />
WA.Br 1, S. 144–147, Nr. 59 (Volltext); W 15, Sp. 2381–2385, Nr. 4 (Volltext, Übersetzung).<br />
676 Nürnberg, 16. Februar 1518 (Eritag nach Valentini)<br />
Ältere Herren <strong>des</strong> Rats der Stadt Nürnberg an Kf. Friedrich<br />
[1] Die Älteren Herren <strong>des</strong> Rats der Stadt Nürnberg teilen Kf. Friedrich mit, dass ihnen<br />
die Kinder <strong>und</strong> die Verwandten ihres verstorbenen Ratsschreibers Georg Spengler von<br />
einem Befehl Papst [Leos X.] an den Provinzial [Hermann Rabe] der Dominikanerprovinz<br />
Saxonia berichtet haben. Der Papst wies den Provinzial an, die Tochter <strong>des</strong> Ratsschreibers,<br />
Martha Spengler, die vor etlichen Jahren in das Dominikanerinnenkloster Weida<br />
geschickt wurde, in das Dominikanerinnenkloster Engelthal zu versetzen [vgl. Nr. 656<br />
<strong>und</strong> Nr. 658]. [2] Obwohl [Hermann Rabe] dem Papst zum Gehorsam verp ichtet ist,<br />
hat er <strong>bis</strong>her den Befehl nicht befolgt, unter Bezug auf Kf. Friedrich als Lan<strong>des</strong>fürsten <strong>und</strong><br />
Schutzherrn <strong>des</strong> Klosters Weida. Daher hat Martha Spengler die Älteren Herren um ein<br />
Unterstützungsschreiben an Kf. Friedrich gebeten. [3] Die Älteren Herren sind Martha<br />
Spengler wohlgesonnen. Außerdem halten sie es für wichtig, in das Kloster Engelthal, in<br />
dem die Durchsetzung der Reform problematisch verläuft, eine fromme Person, die aus<br />
einer Nürnberger Familie stammt <strong>und</strong> in die sie daher besonderes Vertrauen legen, zu<br />
675 Ähnliche Aussagen nden sich in Martin Luthers Brief an Georg Spalatin vom 22. Februar<br />
1518. Luther betonte hier, dass ihm das Gerücht, Kf. [Friedrich] habe seine Thesen veranlasst,<br />
nichts ausmacht <strong>und</strong> er nur Angst hat, dass zwischen den Fürsten Feindschaft entsteht.<br />
Er befürchtete ein Vorgehen <strong>des</strong> Kf. [Joach<strong>im</strong>] von Brandenburg. Außerdem antwortete<br />
Luther auf die Frage Spalatins zum Nutzen der Dialektik für die Theologen, den er strikt<br />
verneinte <strong>und</strong> die Dialektik in der Theologie sogar als schädlich bezeichnete (WA.Br 1,<br />
S. 149–151, Nr. 61, lateinisch, übersetzt in: W 15, Sp. 2399–2402, Nr. 10, beide mit Au ösung<br />
der Datierung „die S. Petro Sacro“ mit 22. Februar, dieser Datierung wird hier gefolgt).<br />
Zum Streit Johannes Reuchlins mit dem Dominikanerorden vgl. BAKFJ 1, Nr. 89, Nr. 93<br />
<strong>und</strong> Nr. 154.<br />
676 Die sieben Älteren Herren bildeten einen Ausschuss innerhalb <strong>des</strong> Nürnberger Stadtrats<br />
<strong>und</strong> stellten die eigentliche Exekutive dar.
Nr. 677 16. Februar 1518 79<br />
schicken. Daher bitten sie Kf. Friedrich, die Versetzung zu bewilligen <strong>und</strong> den Provinzial<br />
nicht an der Ausübung seines Befehls zu hindern.<br />
A<br />
Ed.<br />
StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Ratskanzlei, Briefbücher Nr. 77, fol. 212rv (Abschrift).<br />
Westphal: Korrespondenz, S. 483f., Nr. 303 (Volltext).<br />
677 Nürnberg, 16. Februar 1518 (Eritag nach Valentini)<br />
Anton Tucher an Kf. Friedrich<br />
[1] Anton Tucher hat das Schreiben Kf. <strong>Friedrichs</strong> wegen der Hinterlegung der 120 Gulden<br />
für das Reichskammergericht erhalten <strong>und</strong> etliche an Johann Renner gerichtete<br />
<strong>Briefe</strong> an den ksl. Hof weitergeleitet. Er hat die 120 Gulden für Friedrich besorgt <strong>und</strong><br />
hinterlegt, der Kf. kann eine Quittung bekommen. [2] Tucher unterstützt die Bitte<br />
[Nr. 676] der Älteren Herren <strong>des</strong> Rats der Stadt Nürnberg, die sie an den Kf. wegen der<br />
Nonne Martha Spengler gerichtet haben. Er setzt sich für die Familie der Nonne ein, weil<br />
ihr Vater [Georg Spengler] jahrelang Ratsschreiber in Nürnberg war <strong>und</strong> Tucher mit<br />
ihnen verwandtschaftlich verb<strong>und</strong>en ist. Die Familie ho t, dass die Vermittlung Tuchers<br />
bei Kf. Friedrich erfolgreich ist <strong>und</strong> Martha Spengler entsprechend dem Befehl Papst<br />
[Leos X.] versetzt wird. [3] Tucher bittet, dass der Kf. sich gnädig gegenüber ihm <strong>und</strong><br />
der Familie Spengler erzeigt. Der Provinzial [Hermann Rabe] der Dominikanerprovinz<br />
Saxonia kann Martha Spengler durch eine andere reformierte Nonne ersetzen <strong>und</strong> so die<br />
Belastung durch ihren Weggang gering halten.<br />
A<br />
Ed.<br />
StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Ratskanzlei, Briefbücher Nr. 77, fol. 212v–213r (Abschrift).<br />
Westphal: Korrespondenz, S. 484f., Nr. 304 (Volltext).<br />
678 Augsburg, 20. Februar 1518 (am zwanzigsten Tag <strong>des</strong> Monats Februar)<br />
Ks. Max<strong>im</strong>ilian an Kf. Friedrich<br />
[1] Ks. Max<strong>im</strong>ilian informiert Kf. Friedrich als seinen Rat <strong>und</strong> Statthalter darüber, dass er<br />
Philipp, Bf. von Freising <strong>und</strong> Administrator <strong>des</strong> Bistums Naumburg, die Regalien, Lehen<br />
<strong>und</strong> weltlichen Güter (weltligkeit) <strong>des</strong> Stifts Naumburg schriftlich verliehen hat. [2] Der<br />
Ks. beauftragt Kf. Friedrich, an seiner Stelle den Lehnseid von Bf. Philipp <strong>bis</strong> zum 18. April<br />
einzuholen. Der Bf. soll dem Ks. <strong>und</strong> dem Reich Treue <strong>und</strong> Gehorsam schwören sowie<br />
dasjenige leisten, wozu er als geistlicher Reichsfürst dem römischen Kaiser als seinem<br />
Lehnsherrn verp ichtet ist. Friedrich soll berichten, ob der Eid abgelegt wurde oder nicht.<br />
A<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. B 1005, fol. 22rv (Abschrift).
80 22. Februar 1518 Nr. 679<br />
679 Altenburg, 22. Februar 1518 (Montag nach Invocavit)<br />
Kf. Friedrich an Joach<strong>im</strong> von Maltzan<br />
! 669 [1] Kf. Friedrich erinnert Joach<strong>im</strong> von Maltzan an <strong>des</strong>sen Brief [Nr. 669], in<br />
dem Maltzan ihm mitteilte, dass er von Kg. [Franz I.] von Frankreich beauftragt wurde,<br />
Friedrich etliche Reliquien zu überbringen. Friedrich entsandte darau in Fabian von<br />
Feilitzsch, der Maltzan die Meinung <strong>Friedrichs</strong> <strong>zur</strong> Überbringung der Reliquien mitteilte.<br />
[2] Dem Bericht Feilitzschs hat Friedrich entnommen, dass Maltzan persönlich den Kf.<br />
aufsuchen will. Friedrich fordert Maltzan daher auf, am 4. März zunächst von seinem<br />
Aufenthaltsort Berlin nach Jüterbog <strong>und</strong> am Folgetag nach Schweinitz zu reisen, von wo<br />
aus der Kf. ihn zu sich holen wird.<br />
A<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. C 366, fol. 42r (Konzept).<br />
680 22. Februar 1518 (Montag Cathedra Petri)<br />
Martin Leubel an Kf. Friedrich <strong>und</strong> Hz. Johann<br />
[1] Martin Leubel, Bürger zu Leipzig, erinnert Kf. Friedrich <strong>und</strong> Hz. Johann an seine<br />
<strong>bis</strong>herigen Wohltaten, die der Stadt Jena zugute gekommen sind. Entsprechend wollte er<br />
auch die Kirche St. Michael durch den Bau einer steinernen Empore für die Nonnen <strong>des</strong><br />
Zisterzienserinnenklosters fördern. Bisher verrichten die Nonnen ihre St<strong>und</strong>engebete<br />
<strong>und</strong> Gottesdienste auf einem hölzernen Chor, der jedoch nicht feuersicher ist <strong>und</strong> den<br />
Kirchenraum verstellt, wie Kf. Friedrich <strong>und</strong> Hz. Johann selbst gesehen haben. Mit<br />
Kenntnis <strong>und</strong> Empfehlung <strong>des</strong> Schossers [Sebastian Wöllner], <strong>des</strong> Rats der Stadt Jena<br />
<strong>und</strong> anderer Sachverständiger sowie auf Bitten <strong>und</strong> mit Einverständnis der Nonnen<br />
hat Leubel zu seiner Seelen Seligkeit den Steinmetzmeister Hieronymus aus Jena mit<br />
dem Bau beauftragt. Dafür hat er ihm bereits eine Anzahlung geleistet. [2] Als Leubel<br />
heute auf eigene Kosten von Leipzig nach Jena in der Erwartung gekommen ist, dass die<br />
Steine für das Gewölbe seiner Forderung entsprechend fertig zugehauen sind <strong>und</strong> der<br />
Bau vorbereitet ist, damit bei besserem Wetter umso schneller weitergearbeitet werden<br />
kann, hat er festgestellt, dass der Steinmetz die Arbeit sehr nachlässig angeht <strong>und</strong> unter<br />
anderem <strong>im</strong> Verzug mit dem Behauen der Steine ist. [3] Wenn dieser Bau dem Kf. <strong>und</strong><br />
dem Hz. nicht entgegen ist, bittet Leubel sie, dass sie in Jena befehlen, den Bau schleunigst<br />
fortzusetzen <strong>und</strong> was dafür nötig ist zu unternehmen. Was Leubel tun kann, will er gern<br />
erfüllen.<br />
679 Der Akte liegt eine Notiz <strong>des</strong> Fabian von Feilitzsch vom 13. Februar 1518 bei, in der er<br />
vermerkte, dass Joach<strong>im</strong> von Maltzan die Nachricht Kf. <strong>Friedrichs</strong> in Berlin abwarten will,<br />
um sich nach deren Erhalt an den angegebenen Ort zum Kf. zu begeben <strong>und</strong> die Aufträge<br />
<strong>des</strong> Kg. [Franz I.] von Frankreich auszuführen (LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. C 366,<br />
fol. 41r, Konzept). Am 26. Februar bestätigte Joach<strong>im</strong> von Maltzan Ort <strong>und</strong> Tag <strong>des</strong> Tre ens<br />
mit Kf. Friedrich (ebd., fol. 43rv, Ausfertigung).
Nr. 681 24. Februar 1518 81<br />
A LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. Kk 701, fol. 1rv+3v (Ausfertigung).<br />
Ed. Urk<strong>und</strong>enbuch Stadt Jena 2, S. 459f., Nr. 1208 (Volltext).<br />
Bem. Das Schreiben wurde durch Degenhart Pfe nger, den Leubel darum gebeten hatte, an<br />
Kf. Friedrich <strong>und</strong> Hz. Johann weitergeleitet (vgl. LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. Kk 701,<br />
fol. 2rv).<br />
681 Wittenberg, 24. Februar 1518 (am Tag Matthie apostoli)<br />
Propst Henning [Göde], Dekan [Lorenz Schlamau] <strong>und</strong> Kapitel <strong>des</strong> Allerheiligenstifts<br />
zu Wittenberg an Kf. Friedrich<br />
[1] Propst, Dekan <strong>und</strong> Kapitel <strong>des</strong> Allerheiligenstifts zu Wittenberg haben das Schreiben<br />
Kf. <strong>Friedrichs</strong> vom 9. Februar mit beigelegten Abschriften von <strong>Briefe</strong>n Hz. Georgs von<br />
Sachsen erhalten. Inhalt der Schreiben Hz. Georgs war ein Schuldbrief <strong>des</strong> Kard. Melchior<br />
[von Meckau], Bf. von Brixen, den er be<strong>im</strong> Allerheiligenstift zu treuen Händen hinterlegte.<br />
[2] Nach dem Tod <strong>des</strong> Kard. [1509] wandte sich <strong>des</strong>sen Erbe Helfrich von Meckau an den<br />
Kf. <strong>und</strong> teilte ihm mit, dass er seinen Verwandten Heinrich von Könneritz bevollmächtigt<br />
hat, den Schuldbrief <strong>zur</strong>ückzuholen. Der Kf. wies darau in die Stiftsherren an, den Brief<br />
gegen Quittung an Könneritz zu übergeben. [3] Die Stiftsherren befürchteten jedoch<br />
Unkosten, da Kard. Melchior Testamentsvollstrecker in Rom hatte <strong>und</strong> <strong>im</strong> Allgemeinen die<br />
Päpste an den hinterlassenen Gütern der Kardinäle interessiert sind. Da die Stiftsherren<br />
zudem das Mandat <strong>des</strong> Helfrich von Meckau als nicht rechtskräftig ansahen, teilten sie<br />
nach einigen Auseinandersetzungen Heinrich von Könneritz mit, dass sie den Schuldbrief<br />
an den Kf. senden wollen, was durch ihren Propst Henning [Göde] umgesetzt wurde.<br />
Sie verwiesen Könneritz an die k . Kanzlei, dieser reiste nach dem 18. Januar 1512 aus<br />
Wittenberg ab. Über den weiteren Verbleib <strong>des</strong> Schuldbriefs wissen die Stiftsherren<br />
nichts. Wegen <strong>des</strong> Baus der Präpositur zu Meißen liegen jedoch <strong>Briefe</strong> <strong>des</strong> Helfrich von<br />
Meckau <strong>und</strong> <strong>des</strong> Heinrich von Könneritz in der Angelegenheit bei ihnen. [4] Zettel:<br />
Die Stiftsherren schicken Kf. Friedrich Abschriften der noch bei ihnen be ndlichen<br />
Schreiben.<br />
A<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. Kk 1381, fol. 1r–2v, Zettel: 5r (Ausfertigung).<br />
681 Der Akte liegen Abschriften von folgenden vier Schriftstücken bei: Ein <strong>und</strong>atierter Brief [um<br />
18. Januar 1512] <strong>des</strong> Heinrich von Könneritz an Kf. Friedrich, in dem er aus seiner Sicht den<br />
Vorgang um die von den Stiftsherren verweigerte Herausgabe <strong>des</strong> Schuldbriefes schilderte<br />
<strong>und</strong> den Kf. um Unterstützung bat (LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. Kk 1381, fol. 3rv); ein<br />
Schreiben Kf. <strong>Friedrichs</strong> an die Stiftsherren <strong>des</strong> Allerheiligenstifts vom 19. Januar 1512 mit<br />
der Aufforderung, Könneritz den Schuldbrief auszuhändigen (ebd., fol. 4r); ein Brief Helfrich<br />
von Meckaus an die Stiftsherren vom 21. Januar <strong>1513</strong>, in dem er seine Aufforderung um<br />
Übergabe der Urk<strong>und</strong>e an Könneritz bekräftigte <strong>und</strong> <strong>des</strong>sen Bevollmächtigung bestätigte<br />
(ebd., fol. 4rv); eine Abschrift der Vollmacht, datiert auf den 15. Oktober 1509, die Helfrich<br />
von Meckau für Heinrich von Könneritz ausstellte <strong>und</strong> in der er ihn als seinen Prokurator<br />
einsetzte (ebd., fol. 4v+6rv).
82 26. Februar 1518 Nr. 682<br />
682 Wittenberg, 26. Februar 1518 (Freitag nach Invocavit)<br />
Rektor [Balthasar Fabricius], Magister <strong>und</strong> Doktoren der Universität<br />
Wittenberg an Kf. Friedrich<br />
[1] Rektor, Magister <strong>und</strong> Doktoren der Universität Wittenberg erinnern Kf. Friedrich<br />
an ihr Recht, einen Vikar für die Pfarrkirche Orlamünde zu nominieren <strong>und</strong> dem Kf.<br />
als Patron zu präsentieren. Dieses Recht wurde ihnen vom Kf. verliehen <strong>und</strong> durch<br />
eine päpstliche Bulle bestätigt. [2] Die Vikarie ist nach der Resignation <strong>des</strong> <strong>bis</strong>herigen<br />
Besitzers Wolfgang Geißendorfer vakant. Daher haben die Universitätsmitglieder einhellig<br />
Konrad Glitzsch als neuen Vikar ausgewählt, der gelehrt ist <strong>und</strong> geeignet, Gemeinde <strong>und</strong><br />
Kirche vorzustehen. [3] Sie ho en, dass dem Kf. als Stifter Glitzsch genehm ist <strong>und</strong><br />
bitten ihn, Glitzsch dem O zial [Heinrich Bosse] <strong>des</strong> Marienstifts zu Erfurt entsprechend<br />
der Bulle als Vikar zu präsentieren <strong>und</strong> dafür zu sorgen, dass er ordnungsgemäß in das<br />
Amt eingesetzt wird.<br />
A<br />
Ed.<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. O 408, fol. 1rv (Ausfertigung).<br />
Barge: Andreas Bodenstein 2, S. 568f., Nr. 17a (Volltext).<br />
683 Torgau, 27. Februar 1518 (die penult<strong>im</strong>a Februarii)<br />
Kf. Friedrich an Mgf. Francesco II. von Mantua<br />
! Nr. 645 [1] Kf. Friedrich freut sich über den Brief [Nr. 645] <strong>des</strong> Mgf. Francesco II.<br />
von Mantua vom 4. Dezember 1517 aus Mantua, den er gestern erhielt. [2] Die Bitte<br />
Kf. <strong>Friedrichs</strong> um Reliquien [Nr. 603a] sollte nicht dazu führen, Mantua zu berauben oder<br />
einen ganzen Körper eines Heiligen zu erhalten, sondern betraf einige Partikel. Diese<br />
sollen in der Allerheiligenstiftskirche in Wittenberg dem Wohl aller Christen <strong>und</strong> der<br />
dauerhaften Erinnerung an die Verb<strong>und</strong>enheit der Dynastien Mantua <strong>und</strong> Sachsen dienen.<br />
[3] Bereits viele Päpste, Ks. Max<strong>im</strong>ilian, einige Kardinäle, der König von Ungarn <strong>und</strong><br />
Könige von Frankreich sowie viele andere christliche Fürsten <strong>und</strong> Adlige beschenkten<br />
Kf. Friedrich <strong>und</strong> seine Vorfahren mit Reliquien. [4] Kf. Friedrich dankt Mgf. Francesco II.<br />
von Mantua für die Verhandlungen mit seinem Bruder Kard. [Sigismondo Gonzaga] <strong>und</strong><br />
die Zust<strong>im</strong>mung, Kf. Friedrich einige Reliquien zu schicken. [5] Kf. Friedrich bittet<br />
nochmals um Partikel, die über die Leute der Fugger in Rom zu ihm gelangen können.<br />
A<br />
AS Mantova, Archivio Gonzaga, b. 514, fol. 322r–323v (Ausfertigung, lateinisch, von Georg<br />
Spalatin).<br />
[1] Salutem plur<strong>im</strong>am. Literis vestrae pietatis, princeps illustris et consanguinee<br />
chariss<strong>im</strong>e, ad nos Mantuae IIII. decembris anni superioris MDXVII datis et a<br />
682 Bulle <strong>des</strong> Papstes Julius II. vom 20. Juni 1507 <strong>zur</strong> Inkorporation der Allerheiligenstiftskirche<br />
in die Universität Wittenberg (UA Halle-Wittenberg, Rep. 1, U 47, Ausfertigung, ediert in:<br />
Israel: Wittenberger Universitätsarchiv, S. 66–68, Nr. 83, Regest).
Nr. 684 27. Februar 1518 83<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
no<strong>bis</strong> heri acceptis nihil no<strong>bis</strong> inpraesentiarum est iuc<strong>und</strong>ius utpote plenis vestri<br />
erga nos studii et amoris. [2] Caeterum nihil minus vel volu<strong>im</strong>us vel petiv<strong>im</strong>us,<br />
quam ut pietas vestra civitatem suam venerabilibus divorum reliquiis propter<br />
nos nudaret vel ut integrum alicuius sancti corpus no<strong>bis</strong> muneri mitteret. Sed<br />
ut particulas saltem aliquas venerabilium reliquiarum no<strong>bis</strong> benevole <strong>im</strong>pertiret<br />
ex suo principatu, quem non dubitamus hoc piarum et sacrarum opum genere<br />
esse orentiss<strong>im</strong>um. Haec igitur petitionis nostrae meta fuit, ut consequeremur a<br />
vestra pietate aliquas sacrarum reliquiarum particulas, quae in ecclesiam omnium<br />
sanctorum civitatis et arcis nostrae electoralis Vuittenbergae collocatae, non<br />
minus communi christianorum saluti, quam perpetuae propinquitatis nostrae<br />
memoriae, quae inter illustres domus mantuanam et saxonicam multis abhinc<br />
temporibus est insignis et praecip[ua] pro<strong>des</strong>sent. [3] Ita en<strong>im</strong> al[iqu]ot<br />
pontif[ici]s max<strong>im</strong>i, ita sereniss<strong>im</strong>us et invictiss<strong>im</strong>us dominus Max<strong>im</strong>ilianus<br />
romanorum <strong>im</strong>perator Augustus, dominus noster clementiss<strong>im</strong>us, ita nonnulli<br />
reverendiss<strong>im</strong>orum sanctae romanae ecclesiae cardinalium, ita rex Daciae, ita<br />
aliquot reges Gallorum, ita alii multi principes et opt<strong>im</strong>ates christiani, non<br />
minus maiores et parentes nostros quam nos reliquiis venerabilibus donaverunt.<br />
[4] Quapropter gratias pietati vestrae habemus, quod non solum no<strong>bis</strong> pientiss<strong>im</strong>e<br />
responderit, sed etiam benevolentiss<strong>im</strong>e cum reverendiss<strong>im</strong>o in Christo, illustri<br />
principe, sanctae romanae ecclesiae cardinale, fratre suo germano, consanguineo<br />
nostro amantiss<strong>im</strong>e egerit, ut consenserit pro sua bene centia vel praecipua no<strong>bis</strong><br />
aliquas mittere reliquias. [5] Quod ergo reliquum est, rogamus vehementer,<br />
ut venerabiles reliquias non integras, sed particulas aliquot earum e suo<br />
principatu quantulascumque no<strong>bis</strong>cum pie et benevole comunicet et nonnullas<br />
particulas reliquiarum a fratre suo germano domino cardinale consanguineo<br />
nostro chariss<strong>im</strong>o <strong>im</strong>petratas [acceptasque] Fuggariorum ministris et factoribus<br />
Romae degentibus transmittat ex urbe ad nos mittendas. Hoc en<strong>im</strong> erit no<strong>bis</strong><br />
omnium gratiss<strong>im</strong>um et mansurum in aede divorum omnium quicquid pietas<br />
vestra miserit reliquiarum veluti perpetuum monumentum eius, quae inter<br />
utrumque nostrum intercedit et amiciciae et cognationis coniunctiss<strong>im</strong>ae. Valeat<br />
pietas vestra una cum suis omnibus et opt<strong>im</strong>e et diutiss<strong>im</strong>e.<br />
684 Torgau, 27. Februar 1518 (die penult<strong>im</strong>a Februarii)<br />
[Kf. Friedrich] an Kard. [Sigismondo Gonzaga] von Mantua<br />
[1] [Kf. Friedrich] bezieht sich gegenüber Kard. [Sigismondo Gonzaga] von Mantua auf das<br />
Schreiben [Nr. 645] <strong>des</strong> Mgf. Francesco II. von Mantua, in welchem der Mgf. ankündigte,
84 27. Februar 1518 Nr. 685<br />
dass der Kard. dem [Kf.] Reliquien einiger Heiliger zuschickt. [2] [Kf. Friedrich] bedankt<br />
sich sehr <strong>und</strong> betont die enge Verbindung zwischen ihren beiden Dynastien.<br />
A<br />
Ed.<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. O 214, fol. 14r+16v (Konzept, lateinisch, von Georg<br />
Spalatin).<br />
Berbig: Spalatiniana 1907, S. 523, Nr. VIIa (Volltext).<br />
685 Torgau, 27. Februar 1518 (Samstag nach Invocavit)<br />
Kf. Friedrich an [Hermann] Rabe<br />
[1] Kf. Friedrich übersendet [Hermann] Rabe die Unterstützungsschreiben [Nr. 676 <strong>und</strong><br />
Nr. 677] <strong>des</strong> Rats der Stadt Nürnberg <strong>und</strong> Anton Tuchers für die Nonne Martha Spengler<br />
<strong>des</strong> Dominikanerinnenklosters Weida. [2] Der Kf. hat dem Rat geschrieben, dass er<br />
nähere Erk<strong>und</strong>igungen einholen <strong>und</strong> dann antworten will. Friedrich fordert Rabe auf,<br />
ihm mitzuteilen, wie in der Angelegenheit weiter zu verfahren ist <strong>und</strong> was er dem Rat zu<br />
Nürnberg erwidern soll.<br />
A<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. Kk 1454, fol. 5rv (Konzept).<br />
686 Lochau, 6. März 1518 (Samstag nach Reminiscere)<br />
Rat Kf. [<strong>Friedrichs</strong>]: Protokoll<br />
[1] Der k . Rat berichtet, dass Kf. [Friedrich] die Anfragen Joach<strong>im</strong> von Maltzans, die<br />
dieser nach der Übergabe der Reliquien <strong>des</strong> Kg. [Franz I.] von Frankreich am 5. März<br />
an den Kf. richtete, vernommen hat. [Friedrich] befahl darau in, Maltzan Folgen<strong>des</strong><br />
mitzuteilen: Kf. [Friedrich] verweist auf sein gutes Verhältnis zu den Vorfahren von<br />
[Franz I.], Kg. Karl VIII. von Frankreich <strong>und</strong> Kg. Ludwig XII. von Frankreich, obwohl er<br />
auch mit ihnen nicht persönlich bekannt war. Dies gilt auch für seine Beziehungen zu<br />
Kg. [Franz I.], wie [Friedrich] aus <strong>des</strong>sen <strong>bis</strong>heriger fre<strong>und</strong>licher Haltung, den Schreiben<br />
<strong>und</strong> der Schenkung der Reliquien bemerkt hat. [2] Kf. [Friedrich] zweifelt daher nicht,<br />
dass der französische Kg., wenn er die Bedingungen für die Wahl eines römischen Königs<br />
bedenkt, sein Anliegen, welches dem Kf. zum Nachteil auferlegt wird, <strong>zur</strong>ückzieht. In<br />
anderen Belangen will [Friedrich] dem französischen Kg. gern entgegenkommen.<br />
684 Am 19. April 1518 stellte Donatus de Pretis ein Kredenzschreiben, das an Kf. Friedrich<br />
gerichtet war, für Gabriele de Naghen [Meghen?], Nuntius <strong>des</strong> Kard. Sigismondo von<br />
Mantua, aus (LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. C 489, fol 1rv). Der Nuntius war als<br />
Überbringer (latore) [der Reliquie?] <strong>und</strong> als Gesandter in verschiedenen Angelegenheiten<br />
zu Kf. Friedrich geschickt worden.
Nr. 687 6. März 1518 85<br />
A<br />
B<br />
Ed.<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. C 366, fol. 44rv (Konzept).<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. C 366, fol. 45r–47v (Konzept, mit Abweichungen zu<br />
Überlieferung A. Die Fassung Überlieferung B ging wohl nicht aus, sie enthält neben<br />
einigen anderslautenden Formulierungen einen detaillierteren Abschnitt <strong>zur</strong> Königswahl,<br />
den die Überlieferung A nicht aufweist.).<br />
RTA.JR 1, S. 51f. Anm. 3 (Regest mit Teiledition).<br />
687 [Bosau], 6. März 1518 (Sonnabend nach Reminiscere)<br />
Abt [Jodokus Scharf] <strong>und</strong> Konvent <strong>des</strong> Benediktinerklosters Bosau an<br />
Hz. Johann<br />
[1] Abt [Jodokus Scharf] <strong>und</strong> Konvent <strong>des</strong> Benediktinerklosters Bosau berichten<br />
Hz. Johann von ihrer an ihn <strong>und</strong> Kf. Friedrich wiederholt gerichteten Bitte [vgl. Nr. 673],<br />
ihnen das durch ein ksl. Privileg zugesagte Holz aus dem Kammerforst <strong>zur</strong> Unterhaltung<br />
ihres Klosterhofs in dem Dorf Roda zu geben. Das Privileg liegt in Abschrift bei. [2] In<br />
dieser Angelegenheit schrieben sie bereits an Bf. [Philipp] von Freising <strong>und</strong> Naumburg<br />
<strong>und</strong> baten ihn, sich für ihr Kloster bei Kf. Friedrich <strong>und</strong> Hz. Johann zu verwenden, weil<br />
deren Vorfahren zu den Mitstiftern <strong>und</strong> Patronen gehören. Jedoch erhielten sie <strong>bis</strong>her<br />
keine abschließende Antwort. Der Bf. wollte sich erst mit dem Hz. besprechen. [3] In<br />
Anbetracht, dass Hz. <strong>Johanns</strong> Vorfahren ihr Kloster mitgegründet haben, bitten ihn Abt<br />
<strong>und</strong> Konvent <strong>des</strong> Klosters Bosau, sich bei Kf. Friedrich für ihr Anliegen zu verwenden.<br />
A<br />
LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg. Kk 87, fol. 3rv (Ausfertigung).<br />
688 [Altenburg], 7. März 1518 (Sonntag Oculi)<br />
Dekan [Konrad Gerhart], Senior <strong>und</strong> Kapitel <strong>des</strong> Georgenstifts zu Altenburg<br />
an Kf. [Friedrich]<br />
[1] Dekan [Konrad Gerhart], Senior <strong>und</strong> Kapitel <strong>des</strong> Georgenstifts zu Altenburg teilen Kf.<br />
[Friedrich] mit, dass Nikolaus Stange, der <strong>bis</strong>her die Kapelle St. Michael in Gerstenberg<br />
bei Altenburg als Lehn innehatte, gestorben ist. Nach dem Erlöschen <strong>des</strong> Geschlechts<br />
von Knau zu Treben <strong>und</strong> Haselbach hat Kf. [Friedrich] das Recht, diese Stelle zu besetzen.<br />
[2] Da Johann Stumpf <strong>im</strong> Georgenstift die geringste Vikarie besitzt, von der er sich kaum<br />
erhalten kann, hat er das Kapitel gebeten, sich bei Kf. [Friedrich] für ihn zu verwenden.<br />
Dekan, Senior <strong>und</strong> Kapitel bitten Kf. [Friedrich] <strong>zur</strong> Förderung <strong>des</strong> Stifts <strong>und</strong> Aufbesserung<br />
der betre enden Vikarie, Stumpf das angezeigte Lehn zu übertragen.<br />
A<br />
LATh – StA Altenburg, Lan<strong>des</strong>regierung, 4251, fol. 76rv (Abschrift).<br />
687 Urk<strong>und</strong>e Kg. <strong>Friedrichs</strong> II. (später Ks.) aus dem Jahr 1215 (LATh – HStA We<strong>im</strong>ar, EGA, Reg.<br />
Kk 87, fol. 2r).
Die Edition „<strong>Briefe</strong> <strong>und</strong> <strong>Akten</strong> <strong>zur</strong> <strong>Kirchenpolitik</strong> <strong>Friedrichs</strong> <strong>des</strong> <strong>Weisen</strong> <strong>und</strong> <strong>Johanns</strong> <strong>des</strong> <strong>Beständigen</strong><br />
<strong>1513</strong> <strong>bis</strong> <strong>1532.</strong> <strong>Reformation</strong> <strong>im</strong> <strong>Kontext</strong> <strong>frühneuzeitlicher</strong> <strong>Staatswerdung</strong>“ ist ein Forschungsvorhaben<br />
der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig <strong>und</strong> wird <strong>im</strong> Rahmen<br />
<strong>des</strong> Akademienprogramms von der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland <strong>und</strong> dem Freistaat Sachsen gefördert.<br />
Das Akademienprogramm wird koordiniert von<br />
der Union der deutschen<br />
Akademien der Wissenschaften.<br />
Diese Publikation wird mitfinanziert durch<br />
Steuermittel auf der Gr<strong>und</strong>lage <strong>des</strong> vom<br />
Sächsischen Landtag beschlossenen Haushalts.<br />
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Satz: Martin Sievers, Radoslav Petkov (Trier Center for Digital Humanities) <strong>und</strong><br />
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Druck <strong>und</strong> Binden: Hubert & Co., Göttingen<br />
ISBN 978-3-374-04961-5 // eISBN (PDF) 978-3-374-07173-9<br />
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