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Armin Kohnle | Manfred Rudersdorf: Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513 bis 1532. Reformation im Kontext frühneuzeitlicher Staatswerdung (Leseprobe)

Die Kurfürsten Friedrich der Weise (1463–1525) und Johann der Beständige (1468–1532) waren Schlüsselgestalten der frühen Reformationsgeschichte. Als Landesherren Martin Luthers schufen sie den politischen Rahmen für die Ausbreitung und Durchsetzung der Wittenberger Reformation. Die Edition verfolgt das Ziel, die kirchenpolitischen Briefe und Akten dieser beiden herausragenden ernestinisch-sächsischen Reformationsfürsten erstmals auf breiter Basis für die kirchen- und allgemeinhistorische Forschung zugänglich zu machen. Zeitliche Grenzen der Edition bilden die innere Landesteilung (Mutschierung) zwischen Friedrich und Johann 1513 und der Tod des Kurfürsten Johann 1532. In diesen knapp zwei Jahrzehnten kann der Transformationsprozess von der spätmittelalterlichen zur reformatorischen Kirche Wittenberger Prägung erstmals anhand zahlreicher, teilweise bisher unbekannter Quellen nachvollzogen werden. Nicht nur Lehre, Praxis und Ordnung der Kirche, sondern auch die staatliche Verwaltung, die Kultur und der Bildungsbereich waren von dieser Umgestaltung betroffen. Damit trug die Reformation erheblich zur frühmodernen Staatswerdung bei. Band 2 bietet über 1100 Schriftstücke aus der Zeit zwischen 1518 und 1522. Martin Luther trat durch seine Thesen über den Ablass, die einen Häresieprozess nach sich zogen, seit Frühjahr 1518 immer mehr in das Blickfeld der kursächsischen Kirchenpolitik. Die in Band 2 gebotenen Quellen verdeutlichen die Sprengkraft der frühen Reformationsbewegung in einer Phase, in der sich eine obrigkeitliche Steuerung reformatorischer Prozesse noch nicht hatte ausbilden können. Daneben blieben traditionelle kirchenpolitische Themen und Konfliktlinien, wie sie bereits in Band 1 dokumentiert wurden, auch in diesen Jahren auf der Tagesordnung.

Die Kurfürsten Friedrich der Weise (1463–1525) und Johann der Beständige (1468–1532) waren Schlüsselgestalten der frühen Reformationsgeschichte. Als Landesherren Martin Luthers schufen sie den politischen Rahmen für die Ausbreitung und Durchsetzung der Wittenberger Reformation. Die Edition verfolgt das Ziel, die kirchenpolitischen Briefe und Akten dieser beiden herausragenden ernestinisch-sächsischen Reformationsfürsten erstmals auf breiter Basis für die kirchen- und allgemeinhistorische Forschung zugänglich zu machen. Zeitliche Grenzen der Edition bilden die innere Landesteilung (Mutschierung) zwischen Friedrich und Johann 1513 und der Tod des Kurfürsten Johann 1532. In diesen knapp zwei Jahrzehnten kann der Transformationsprozess von der spätmittelalterlichen zur reformatorischen Kirche Wittenberger Prägung erstmals anhand zahlreicher, teilweise bisher unbekannter Quellen nachvollzogen werden. Nicht nur Lehre, Praxis und Ordnung der Kirche, sondern auch die staatliche Verwaltung, die Kultur und der Bildungsbereich waren von dieser Umgestaltung betroffen. Damit trug die Reformation erheblich zur frühmodernen Staatswerdung bei.
Band 2 bietet über 1100 Schriftstücke aus der Zeit zwischen 1518 und 1522. Martin Luther trat durch seine Thesen über den Ablass, die einen Häresieprozess nach sich zogen, seit Frühjahr 1518 immer mehr in das Blickfeld der kursächsischen Kirchenpolitik. Die in Band 2 gebotenen Quellen verdeutlichen die Sprengkraft der frühen Reformationsbewegung in einer Phase, in der sich eine obrigkeitliche Steuerung reformatorischer Prozesse noch nicht hatte ausbilden können. Daneben blieben traditionelle kirchenpolitische Themen und Konfliktlinien, wie sie bereits in Band 1 dokumentiert wurden, auch in diesen Jahren auf der Tagesordnung.

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Die reformatorische Bewegung in Kursachsen 23<br />

Das Bild der „Zwickauer Propheten“ verfestigte sich zu einem Stereotyp der<br />

<strong>Reformation</strong>sgeschichte.<br />

In Eilenburg sorgte wiederum Luthers ehemaliger Ordensbruder Gabriel Zwilling<br />

für Unruhe, indem er hier Ende Dezember 1521 wie zuvor <strong>im</strong> Augustinereremitenkloster<br />

Wittenberg gegen die Messe sowie die kanonischen Speisegebote predigte,<br />

zum Fastenbrechen einlud <strong>und</strong> am 1. Januar 1522 schließlich das Abendmahl unter<br />

beiderlei Gestalt austeilte. Kurfürstliche Funktionseliten nahmen daran teil,<br />

ohne dagegen einzuschreiten. Johann von Kanitz, Propst auf dem Petersberg <strong>und</strong><br />

Patronatsherr für Eilenburg, teilte dies Kurfürst Friedrich heftig erregt mit. Im<br />

Verlauf <strong>des</strong> Jahres wurden die Verhandlungen zwischen Kanitz <strong>und</strong> dem Rat zu<br />

Eilenburg auf Vermittlung kursächsischer Funktionseliten so weit vorangetrieben,<br />

dass Andreas Kauxdorf als evangelischer Prediger neben dem Pfarrer <strong>des</strong> Ortes<br />

angestellt werden durfte.<br />

Verschiedene Gründe drängten Luther Anfang März 1522 dazu, die Wartburg<br />

zu verlassen. Er wollte mit Melanchthon <strong>und</strong> Spalatin seine Übersetzung <strong>des</strong><br />

Neuen Testaments durchgehen. Zugleich forderten die Ereignisse in Wittenberg<br />

sein Einschreiten. Durch eine Reihe von Predigten, die ihn sogar <strong>bis</strong> nach Zwickau<br />

<strong>und</strong> Eilenburg führten, dämmte er die in der Forschung als „Wittenberger<br />

Bewegung“ bezeichneten reformatorischen Ausschreitungen, die besser als städtische<br />

<strong>Reformation</strong> oder als Gemeindereformation beschrieben werden sollten,<br />

ein. Ein Mandat <strong>des</strong> Reichsreg<strong>im</strong>ents vom 20. Januar 1522, das die weitere Ausbreitung<br />

der <strong>Reformation</strong> unterbinden sollte, verfehlte in Kursachsen sein Ziel.<br />

Der kurfürstlichen Verwaltung ist es ebenfalls nicht gelungen, die Wittenberger<br />

Gemeindereformation zu beruhigen.<br />

Einen Versuch, die bestehende Ordnung aufrechtzuerhalten <strong>und</strong> gegen reformatorische<br />

Neuerungen zu verteidigen, stellten die Visitationsreisen der Bischöfe<br />

Johann VII. von Meißen <strong>und</strong> Adolf von Merseburg dar. Sie konnten sich dafür<br />

auf das Wormser Edikt Kaiser Karls V. berufen. Kurfürst Friedrich <strong>und</strong> Herzog<br />

Johann standen diesem Vorhaben nicht <strong>im</strong> Weg, sondern ordneten, wie bereits<br />

in anderen <strong>Kontext</strong>en, Funktionseliten ab, die die Bischöfe begleiten <strong>und</strong> sicher<br />

auch schützen sollten. Jedoch konnten die ö entlichen Predigten in Städten wie<br />

Herzberg, Colditz, Leisnig oder Schmiedeberg die sich ausbreitende <strong>Reformation</strong><br />

nicht au alten.<br />

K , Thomas: Thomas Müntzer, „Zwickauer Propheten“ <strong>und</strong> sächsische Radikale. Eine<br />

quellen- <strong>und</strong> traditionskritische Untersuchung zu einer komplexen Konstellation (Verö entlichungen<br />

der Thomas-Müntzer-Gesellschaft 12). Mühlhausen 2010.<br />

Nr. 1445, Nr. 1450 <strong>und</strong> Nr. 1451.<br />

Nr. 1612, Nr. 1620, Nr. 1624, Nr. 1628, Nr. 1676, Nr. 1678, Nr. 1684 <strong>und</strong> Nr. 1685.<br />

Nr. 1602.<br />

Nr. 1457.<br />

Nr. 1476, Nr. 1480, Nr. 1484, Nr. 1485, Nr. 1533, Nr. 1534, Nr. 1535, Nr. 1540, Nr. 1541, Nr. 1542,<br />

Nr. 1546, Nr. 1554, Nr. 1555, Nr. 1560, Nr. 1561, Nr. 1563, Nr. 1564 <strong>und</strong> Nr. 1571.

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