flip-Joker_2022-07-8
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KUnst KULTUR JOKER 15
El Greco: „Die Anbetung
des Namen
Jesu“, um 1577/79,
Öl auf Leinwand
Foto: Patrimonio Nacional,
Real Monasterio
de San Lorenzo de El
Escorial
Wahlverwandtschaften
Das Kunstmuseum Basel zeigt eine spektakuläre Gegenüberstellung von Picasso und El Greco
Pablo Picasso:
„Evokation (Das
Begräbnis Casagemas‘)“,
1901, Öl
auf Leinwand
Foto: Musée d‘Art
Moderne de la ville de
Paris, © Succession Picasso(2022,
ProLitteris,
Zürich
Was bewegte Pablo Picasso
(1881-1973) als er 1899 auf einer
Skizze, die in Barcelona entstand,
„Yo el Greco“ vermerkte?
Neben Männern mit ausladenden
Halskrausen, Frauen
mit Kopfputz, aber neben Darstellungen
eigener Zeitgenossen.
War es, dass beide vom harten
Licht Spaniens beeinflusst waren,
von einem Interesse am
Menschen, fühlte er sich ähnlich
als Außenseiter wie es El Greco
(1541-1614) war, dass er sich einfach
als diesen bezeichnete? Die
Ausstellung im Kunstmuseum
Basel „Picasso – El Greco“ geht
dieser Frage nach und obwohl
der Titel nicht so klingt als formuliere
er eine These, tut dies
die Ausstellung. Der spanischen
Kuratorin Carmen Giménez und
Josef Helfenstein, Direktor des
Kunstmuseum Basel, geht es
darum, aufzuzeigen, wie intensiv
Picassos Auseinandersetzung
mit El Grecos Werk über
die Blaue und Rosa Periode hinaus
war und dass sich beim auf
Kreta geborenen Maler etwas
zeigte, was Picasso im Kubismus
einlöste. Die Schau ist in
Paaren organisiert, so dass sich
Vergleiche ziehen lassen.
Man muss nicht die ganze
Kunstgeschichte zur Präfiguration
der Moderne erklären, doch
natürlich bezieht sich Picasso
ganz grundsätzlich auf die Malerei.
So sagt er: „Ich habe das
Gefühl, dass Delacroix, Giotto,
Tintoretto, El Greco und der
Rest wie auch all die moder-
nen Maler, die guten und die
schlechten, die abstrakten und
die nichtabstrakten, alle hinter
mir stehen und mich bei der
Arbeit beobachten.“ El Greco
jedenfalls gehörte lange nicht
zum Kanon, erst zur Wende
zum 20. Jahrhundert fand so
etwas wie eine Neubewertung
statt. El Greco selbst fiel spätestens
nach „Die Anbetung des
Namen Jesu“, das um 1577/79
entstanden war, bei Philipp
II. in Ungnade. Der spanische
König gehört selbst zu jenen,
die El Greco kniend in Anbetung
dargestellt hat. Auf einer
zweiten Ebene haben sich die
Engel um das Christuszeichen
IHS gruppiert. Rechts jedoch
von den Gläubigen reißt ein unheimlicher,
riesiger Fisch sein
Maul auf, um die Ungläubigen
zu verschlingen. In „Evokation
(Das Begräbnis Casagemas)“,
das kurz auf den Selbstmord des
Freundes 1901 entstanden war,
variiert Picasso den zweigeteilten
Bildaufbau. Während dunkle
Gestalten, die sich gegenseitig
stützend um den Freund trauern,
bevölkern Prostituierte den
Himmel. Eine der Frauen küsst
einen Reiter auf einem Schimmel.
Anstelle des Höllentors
verweist ein Grabstein harsch
auf das Unwiederbringliche des
Todes. El Grecos christliche
Themen tauscht Picasso gegen
säkulare. Und nicht selten werden
aus Heiligen Prostituierte.
El Grecos Kompositionen sind
so komplex, dass das Religiöse
dabei fast in den Hintergrund
rückt. So wirkt der Himmel im
Hintergrund seiner büßenden
Magdalena als sei ein Blitz
durch ihn gegangen. Schwarze,
durchlöcherte Wolken verdunkeln
das Blau noch mehr, alles
wirkt gedrängt und aus der
Himmelslichtung scheint auch
kein Heil zu kommen. Doch
über den Bildaufbau hinaus faszinieren
El Grecos Menschendarstellungen.
Sein „Heiliger
Simon“ sitzt vor einem tiefen
Schwarz, der hagere Mann ist
ganz in das Buch vertieft, auf
seinem linken Ärmel, der in
unzählige, rhythmisierte Falten
fällt, liegt ein heller Glanz. In
Basel ist „L’Accordéoniste“ von
1911 gegenübergestellt, Hier ist
die Komposition kantiger und
kubistischer. Einige der Arbeiten
Picassos sind ausdrücklich
in Auseinandersetzung mit El
Greco entstanden. 1899 malt er
etwa das „Bildnis eines Mannes
nach El Greco“, während dieser
Zeit sieht sich Picasso durch die
lang gezogenen, hageren Gestalten
des Malers aus Toledo
beeinflusst.
Das Kunstmuseum Basel vereint
spektakuläre Meisterwerke,
und es erlaubt uns heute, Zeugen
eines lebhaften Dialogs über die
Jahrhunderte hinweg zu werden.
Das sollte man nicht verpassen.
Picasso El Greco. Kunstmuseum
Basel, St. Alban-Graben 16,
Basel. Dienstag bis Sonntag 10
bis 18 Uhr, Mittwoch und Freitag
10 bis 20 Uhr. Bis 25. September
2022.
Annette Hoffmann