flip-Joker_2022-07-8
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kunst KULTUR JOKER 17
Ungleiches Doppel
Carola Faller-Barris und Tobias Eder in der Katholischen Akademie
Eine kaputte Masche kann
den gesamten Pulli ruinieren.
Anlass und Auswirkung scheinen
dabei in keinem rechten
Verhältnis zu stehen. In Carola
Faller-Barris Zeichnungen
„Stricksublimierungen“ fallen
die Maschen, sie sind zerschnitten
oder aufgerieben und
was für ein Wunder überhaupt,
dass ein bloßer Faden ein so
komplexes Gewirk erschaffen
kann. Was wiegt mehr, der
Ärger über das verdorbene
Stück oder die Freude daran,
was Hände bewirken können?
In Faller-Barris Zeichnungen
übernimmt der Strich das
Garn. Bildfüllend fügt sich
auf farbigem Hintergrund eine
Masche in die andere, bis auf
die eine, die eben fällt. „(Ver)
Störungen“ heißt die gemeinsame
Ausstellung mit Tobias
Eder, von dem großformatige
Prints in der Katholischen
Akademie zu sehen sind.
Carola Faller-Barris hat über
Jahre hinweg die Darstellung
von Strukturen perfektioniert.
Was auch immer das Material
ihrer Gebilde ist, die oft
plastisch sind: Objekte und
Gefäße, der Strich der Zeichnung
tritt an deren Stelle. Er
folgt nicht allein den Bewegungen,
wie etwa Wolle in
einem Gestrick läuft oder wie
aus Rohr Dinge geflochten
werden können, er ahmt auch
die jeweiligen Eigenschaften
und Oberflächen nach, sei es,
dass man glaubt die Wärme
des Garns zu spüren oder das
Störrische pflanzlichen Materials.
In Faller-Barris zweiter
Serie, die in der Katholischen
Akademie zu sehen sind, geht
es über die bloße Beobachtung
hinaus, ihre gezeichneten Gebilde
haben etwas Surreales.
Da erinnert eine Kugel an eine
Frucht, dabei könnte die Oberfläche
auch aus lauter kleinen
Kegeln zusammengesetzt sein
und einer Art Wehrturm fehlt
ein drittes Bein, das mit einem
Stück Holz verstärkt ist. Wenn
es hier um Verstörungen geht,
dann sind sie auf gewisse Weise
heiter, die Abweichung vom
Standard könnte man auch Humor
nennen.
Tobias Eder mag mehr in
Systemen denken, doch die
Paarung will nicht recht einleuchten.
Der Freiburger
Künstler verbindet in seinen
Prints Text- und Bildebene. Die
Textebene weist einen eindeutigen
kirchlichen Kontext auf.
Es sind Zitate aus „Christ in
der Gegenwart“, wodurch die
Serie zudem etwas von einer
Auftragsarbeit bekommt. Dann
wiederum ist es ein Ausschnitt
mit dem Autor bekennendem
Katholik Martin Mosebach.
Die Bildebene dazu sieht aus
wie Found Footage. Ein Rendering
der Kathedrale von
Chartres, manchmal sind es
nur Streifen oder digital bearbeitete
Oberflächen. Ein Bezug
lässt sich nicht herstellen. Und
der Bruch, der dadurch entsteht,
wirkt so beliebig, dass
sich keine Provokation einstellen
will, nicht einmal durch die
Nähe zur Gebrauchsgrafik.
Carola Faller-Barris, Tobias
Eder: Verstörungen. Katholische
Akademie, Wintererstr.
1, Freiburg. Mo-Fr 8.30 bis
18.15 Uhr. Bis 2. September
2022.
Annette Hoffmann
Arbeit von Carola Faller-Barris
Foto: Kath. Akademie Freiburg
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