Festspielzeit Sommer 2022 - 2
Das Magazin der Bregenzer Festspiele
Das Magazin der Bregenzer Festspiele
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DAS MAGAZIN DER<br />
BREGENZER FESTSPIELE<br />
FESTSPIEL<br />
ZEIT<br />
AUSGABE 4 | BREGENZER FESTSPIELE 20. JULI – 21. AUGUST <strong>2022</strong><br />
GUT GEPROBT IST<br />
HALB GEWONNEN<br />
Spiel, Gesang und Timing:<br />
Ein Einblick in die Proben<br />
für Madame Butterfly<br />
VERTRAUTES MATERIAL<br />
MIT EIGENLEBEN<br />
Von Neuer Musik und<br />
künstlicher Intelligenz: Brigitta<br />
Muntendorf über Melencolia<br />
INVESTITION IN<br />
DIE ZUKUNFT<br />
Die neue Orchesterakademie<br />
als Anziehungspunkt für junge<br />
Menschen aus aller Welt
10<br />
Einer großen<br />
Liebe nachspüren<br />
Werke der Fotokünstlerin<br />
Viktoria Sorochinski im Foyer<br />
des Festspielhauses<br />
INHALT<br />
4<br />
Gut geprobt ist<br />
halb gewonnen<br />
Spiel, Gesang und Timing:<br />
Ein Einblick in die Proben<br />
für Madame Butterfly<br />
7<br />
Technik mit<br />
Durchblick<br />
11<br />
Von Smokings<br />
und Sitzkissen<br />
Festspiel-Accessoires<br />
für alle Fälle<br />
12<br />
Vertrautes Material<br />
mit Eigenleben<br />
Von Neuer Musik und künstlicher<br />
Intelligenz: Komponistin Brigitta<br />
Muntendorf über Melencolia<br />
16<br />
Else mal anders<br />
Bittersüß und schaurig-komisch:<br />
Der Online-Röntgenblick der<br />
Madame Butterfly-Kulisse<br />
Ein Stummfilm mit Maschek<br />
und der Musicbanda Franui<br />
Innere Einkehr<br />
Mit Dallmayr die<br />
<strong>Festspielzeit</strong> genießen<br />
2
18<br />
Investition in<br />
die Zukunft<br />
30<br />
Bregenzer<br />
Festspiele 2023<br />
Konzertmeisterin Sophie<br />
Heinrich im Gespräch über<br />
die Orchesterakademie<br />
Liebe und Rache im Festspiel-<br />
haus und ein Wiedersehen auf<br />
der Seebühne<br />
26<br />
Die Kunst des<br />
Unbehagens<br />
Impressum<br />
BREGENZER FESTSPIELE GMBH<br />
INHALT<br />
Das KUB lädt zur <strong>Sommer</strong>-<br />
ausstellung – und zum<br />
Konzert mit Éna Brennan<br />
Platz der Wiener Symphoniker 1<br />
6900 Bregenz | Austria<br />
T +43 5574 407-5<br />
www.bregenzerfestspiele.com<br />
Herausgeber Bregenzer Festspiele GmbH<br />
Intendantin Elisabeth Sobotka<br />
22<br />
Das Klangfarben-<br />
Chamäleon<br />
Die vielen Facetten des<br />
Symphonieorchesters Vorarlberg<br />
28<br />
Den <strong>Sommer</strong> erleben<br />
Entdecken und Verweilen<br />
in Bregenz<br />
Redaktion Kathrin Grabher, Lisa Kloos,<br />
Axel Renner, Olaf A. Schmitt<br />
Gestaltung moodley brand identity |<br />
Bregenzer Festspiele – Kathrin Grabher<br />
Druck Buchdruckerei Lustenau<br />
Lektorat Thorsten Bayer Text<br />
Tex te Erich Nyffenegger (S. 4 ff.) | Thorsten Bayer (S. 10) |<br />
Dallmayr (S. 11 r.) | Julia Decker (S. 12 ff.) | Laura Bruckner<br />
(S. 16 f.) | Florian Amort (S. 18 ff.) .) | Elisabeth Merklein<br />
(S. 22 ff.) | KUB / red. (S. 26 f.) | Bregenz Tourismus & Stadtmarketing<br />
(S. 28 f.)<br />
Abbildungsnachweise Kathrin Grabher (Titelbild –<br />
Bühnenbild Madame Butterfly, Lisa Mathis S. 3 l. u., S. 21,<br />
S. 24) | Dietmar Mathis (S. 2 l. o., S. 4, S. 6) | Screenpix<br />
(S. 2 l. u., S. 7) | Viktoria Sorochinski (S. 2 m. o., S. 10) |<br />
echofactory (S. 2 r. o., S. 15) | Wiener Konzerthaus, Andrea<br />
Humer (S. 2 r. u., S. 16) | Markus Morianz (S. 3 l. o., S. 18) |<br />
Dan Bradica, Courtesy of the artist, David Zwirner, New York,<br />
und Sadie Coles, HQ, London © Jordan Wolfson (S. 3 m. o.) |<br />
Christiane Setz, visitbregenz (S. 3 m. u., S. 29) | moodley<br />
brand identity (S. 3. r, S. 30, S. 31) | Kathrin Grabher (S. 8) |<br />
Dallmayr (S. 11 r.) | Vincent Stefan (S. 14) | Martin Rottenkolber<br />
(S. 12) | Thomas Schrott (S. 23) | Josh White Courtesy of the<br />
artist und Sadie Coles, HQ, London © Jordan Wolfson (S. 26) |<br />
Anja Köhler (S. 27) | Udo Mittelberger (S. 28)<br />
Erschienen im Juli <strong>2022</strong>. Es gelten<br />
die AGB sowie die Datenschutzerklärung<br />
der Bregenzer Festspiele GmbH.<br />
Änderungen vorbehalten.<br />
Wir möchten darauf hinweisen, dass uns alle<br />
Geschlechter gleich wichtig sind, selbst wenn<br />
es uns manchmal nicht gelingen sollte, dies<br />
auch schriftlich auszudrücken.<br />
3
4
GUT GEPROBT IST<br />
HALB GEWONNEN<br />
BEIM SPIEL AUF DEM SEE IST SCHON IN DER VORBEREITUNG ALLES EIN<br />
BISSCHEN ANDERS ALS BEI GEWÖHNLICHEN OPERN-PRODUKTIONEN.<br />
ETWA DIE ERKENNTNIS, WIE WEIT STIMMEN AUCH OHNE MIKROFON AUF<br />
EINER 1.340-QUADRATMETER-BÜHNE IM FREIEN TRAGEN. EIN EINBLICK<br />
IN DIE PROBEN FÜR MADAME BUTTERFLY.<br />
MADAME BUTTERFLY<br />
Nein, geh nochmal zurück,<br />
bitte. Nein, nicht dort hin,<br />
sondern da hin!« Regisseur<br />
Andreas Homoki steht in kurzen<br />
Hosen und Sonnenbrille unter<br />
einem schwülwarmen <strong>Sommer</strong>himmel.<br />
Von der Zuschauertribüne aus<br />
dirigiert er mit dem Mikrofon in<br />
der Hand vier Darstellerinnen und<br />
Darsteller des Spiels auf dem See<br />
Madame Butterfly. Gesprochen wird<br />
Englisch. Gesungen Italienisch.<br />
Seit Mitte Juni hat die intensive<br />
Vorbereitungsphase für das Stück<br />
begonnen. Heute auf dem Probenplan:<br />
Szenen aus dem zweiten und<br />
dritten Akt. Aber Homoki hält es<br />
nicht lange auf der Tribüne – und er<br />
eilt über einen schmalen Steg übers<br />
Wasser auf die Bühne, um direkt<br />
zu erklären und unmittelbar vorzumachen.<br />
Als Grundierung für<br />
die Stimmen der Sängerinnen und<br />
Sänger spielt die Korrepetitorin<br />
am Klavier. Wer Präsenz, körperliches<br />
Spiel, Gesang und Timing<br />
präzise auf einen Punkt bringen will,<br />
braucht Übung. Und Ausdauer.<br />
Wenn die Darstellerinnen und<br />
Darsteller für Giacomo Puccinis<br />
berühmte Oper erstmals die Seebühne<br />
betreten, um zu probieren,<br />
liegt allerdings schon ein weiterer<br />
Weg hinter ihnen, wie der künstlerische<br />
Produktionsleiter Lukas<br />
Fricker erklärt: »Im Mai fanden<br />
anderthalb Wochen lang Vorproben<br />
in Zürich statt. Die Proben in Bregenz<br />
dauern ungefähr fünf Wochen.<br />
Auf der Seebühne wird in der Regel<br />
vormittags und abends probiert.<br />
In den letzten zwei Probewochen<br />
starten die Endproben mit kompletten<br />
Durchläufen.«<br />
Und wie ist das mit den Hauptrollen,<br />
die dreifach besetzt sind?<br />
Proben diese gemeinsam? »Nein,<br />
in der Regel getrennt«, erklärt<br />
Fricker. »Während eine Besetzung<br />
auf der Seebühne probt, ist die<br />
andere parallel auf der Werkstattbühne<br />
und die dritte hat zum<br />
Beispiel eine musikalische Einzelprobe<br />
oder eine Kostümanprobe.<br />
Musikalische Proben finden häufig<br />
auch mit allen Sängerinnen und<br />
Sängern statt und sie wechseln<br />
sich dann ab innerhalb der Probe.«<br />
Das zeigt: Nicht nur für das Spiel<br />
selbst braucht es Regie, auch die<br />
Koordination der Vorbereitung<br />
will orchestriert sein. Oder in Personen<br />
ausgedrückt: »Insgesamt<br />
sind drei Regieassistenten im Einsatz<br />
sowie sieben weitere Teammitglieder<br />
für Stage Management<br />
und Inspizienz«, rechnet Lukas<br />
Fricker vor.<br />
Andreas Homoki führt Mezzosopranistin<br />
Aytaj Shikhalizada jetzt<br />
in die richtige Position. Sie spielt<br />
den Part der Suzuki. Was das Publikum<br />
später nicht sehen wird: Aytaj<br />
Shikhalizada trägt Knieschoner,<br />
ganz ähnlich wie eine Fliesenlegerin.<br />
5
SPIEL AUF DEM SEE<br />
Madame Butterfly-Regisseur Andreas Homoki (im gestreiften Shirt) vermittelt den<br />
Sängerinnen und Sängern sein Inszenierungskonzept. Die Regieassistentin hält<br />
seine Anweisungen im Regiebuch schriftlich fest.<br />
Der Grund ist einfach: Im Verlauf<br />
der Handlung wird sie nicht nur<br />
einmal auf die Knie fallen. Gerade in<br />
der Probensituation, wenn Abläufe<br />
immer und immer wieder durchgespielt<br />
werden müssen, ist Schutz<br />
besonders wichtig.<br />
Auch Łukasz Załęski in der Rolle<br />
des B. F. Pinkerton und Brett<br />
Polegato als Sharpless sehen bei<br />
der Seebühnenprobe komplett anders<br />
aus als später bei der Premiere.<br />
Eher wie Touristen, mit Sonnenbrille<br />
und Strohhut. Einzig Hamida<br />
Kristoffersen trägt ein ausladendes,<br />
knallpinkes Kleid. Faszinierend<br />
dabei: Während der Probe verstärkt<br />
kein Mikrofon die Stimmen der<br />
Sängerinnen und Sänger. Trotzdem<br />
füllen sie kraftvoll nicht nur den<br />
Bühnenraum – ihr Stimmvolumen<br />
reicht bis zum hintersten Platz der<br />
Zuschauertribüne.<br />
Das einem zerknitterten Stück<br />
Papier nachempfundene Bühnenbild<br />
der diesjährigen Inszenierung<br />
hat gewisse Tücken. Denn die<br />
Oberfläche ist nie ganz eben. Die<br />
Darstellenden müssen sich erst<br />
daran gewöhnen, damit kleinere<br />
Stolperer später nicht mehr<br />
vorkommen. »Eine besondere<br />
Herausforderung – bei den Proben<br />
wie beim Spiel auf dem See selbst<br />
auch – können die Witterungsbedingungen<br />
sein«, erklärt Lukas Fricker.<br />
»Einerseits proben und spielen wir<br />
auch bei Regen, das ist für einige<br />
eine neue Erfahrung. Andererseits<br />
kann es bei dem hellen flächigen<br />
Bühnenbild auch zu sehr hohen<br />
Temperaturen kommen.« Zumindest<br />
Letzteres ist dann während<br />
der regulären Aufführungen, die mit<br />
dem Sonnenuntergang beginnen,<br />
kein Thema mehr. Bis es so weit ist,<br />
wird aber noch etwas Zeit vergehen<br />
und Regisseur Andreas Homoki<br />
wird bis dahin noch viele Male ausrufen:<br />
»Nein, geh nochmal zurück,<br />
bitte. Nein, nicht dort hin, sondern<br />
da hin!«<br />
SPIEL AUF DEM SEE<br />
MADAME BUTTERFLY<br />
Giacomo Puccini<br />
Oper in drei Akten (1904) |<br />
Libretto von Luigi Illica und<br />
Giuseppe Giacosa | In italienischer<br />
Sprache mit deutschen<br />
Übertiteln<br />
Vorstellungen<br />
20. Juli - 21. August <strong>2022</strong><br />
Alle Spieltermine und<br />
Infos finden Sie auf<br />
www.bregenzerfestspiele.com<br />
Das Spiel auf dem See wird<br />
präsentiert von<br />
6
TECHNIK MIT<br />
DURCHBLICK<br />
MIT DEM ONLINE-RÖNTGENBLICK DER BREGENZER<br />
FESTSPIELE LASSEN SICH DIE TECHNISCHEN RAFFINESSEN<br />
DER MADAME BUTTERFLY-KULISSE ERKUNDEN<br />
RÖNTGENBLICK<br />
Die Bregenzer Festspiele<br />
laden erneut zu einer faszinierenden<br />
Entdeckungstour<br />
in und unter die Seebühne:<br />
Mit dem Online-Röntgenblick auf<br />
vtour.bregenzerfestspiele.com lässt<br />
sich der Aufbau des über 3.000<br />
Quadratmeter großen Papierbilds<br />
für Madame Butterfly von der<br />
Außenhülle aus Fassadenputz<br />
über die Trägerkonstruktion aus<br />
Holz und Stahl bis zu den Unterwasser-Einrichtungen<br />
Schicht für<br />
Schicht entblättern. Auch sämtliche<br />
Leitungen für Strom, Zu- und Abwasser<br />
lassen sich einblenden.<br />
VIRTUELL ERWEITERTE<br />
REALITÄT<br />
Ein Fachwerk aus Stahl, versteckte Bühnentechnik und Schienen unter Wasser:<br />
Der Röntgenblick offenbart, was dem Publikum normalerweise verborgen bleibt.<br />
Besonders spannend ist der Röntgenblick<br />
am Handy direkt vor Ort:<br />
Wer auf der Tribüne Platz nimmt<br />
und das Smartphone auf die Bühne<br />
richtet, kann sowohl auf die echte<br />
Opernkulisse blicken als auch gleichzeitig<br />
in sie hinein. Der Bildschirm<br />
zeigt dynamisch jeweils jenen Teil<br />
der Bühne, auf den das Handy<br />
gerichtet wird. So kann man sich<br />
vom obersten Punkt in 23,2 Metern<br />
Höhe bis ganz nach unten zu den<br />
Unterwasserkonstruktionen bewegen.<br />
Die unterschiedlichen Ebenen<br />
des Röntgenblicks sind zudem mit<br />
Info-Punkten versehen, die Details<br />
der einzelnen Bestandteile liefern.<br />
FÜHRUNGEN HINTER<br />
DIE KULISSEN<br />
Für alle, die das Bühnenbild gerne<br />
»im echten Leben« erkunden<br />
möchten, bieten Führungen die<br />
Möglichkeit, die größte Seebühne<br />
der Welt einmal selbst zu betreten.<br />
Interessierte erfahren außerdem<br />
Wissenswertes über den Spielbetrieb,<br />
die Geschichte der Bregenzer<br />
Festspiele und die Inszenierung von<br />
Madame Butterfly. Karten für die<br />
täglich mehrmals stattfindenden<br />
Führungen sind im Onlineshop der<br />
Bregenzer Festspiele und im Ticket<br />
Center erhältlich.<br />
Hier geht's direkt<br />
zum Röntgenblick<br />
und mitten hinein<br />
ins Bühnenbild von<br />
Madame Butterfly:<br />
7
»Die Liebe tötet nicht,<br />
sondern gibt Leben,<br />
und lächelt in<br />
himmlischer Freude.«<br />
MADAME BUTTERFLY, ERSTER AKT
AUSSTELLUNG IM SHOWROOM<br />
EINER GROSSEN LIEBE<br />
NACHSPÜREN<br />
DIE BREGENZER FESTSPIELE UND LEICA PRÄSENTIEREN<br />
FOTOGRAFIEN VON VIKTORIA SOROCHINSKI<br />
Drei Jahre lang hofft die<br />
Geisha Cio-Cio-San, genannt<br />
Madame Butterfly, dass ihr<br />
geliebter Marineleutnant Pinkerton<br />
aus den USA zu ihr zurückkehrt.<br />
Schließlich kommt er – doch die<br />
Geschichte endet alles andere als<br />
glücklich. Die Phase der Hoffnung<br />
einzufangen und einen Bezug zur<br />
Seebühne herzustellen: Das waren<br />
die Vorgaben an Fotokünstlerin<br />
Viktoria Sorochinski, deren Werke<br />
diesen <strong>Sommer</strong> im Foyer des Festspielhauses<br />
zu sehen sind.<br />
Die Ausstellung ist eine Kooperation<br />
des Festivals mit der Firma<br />
Leica, kuratiert wird sie von Miriam<br />
Marzura, Managerin der Leica<br />
Galerie in Wien. Sie war von Anfang<br />
an begeistert von Sorochinskis<br />
stimmungsvollen Fotoserien, ihrem<br />
behutsamen Blick und der themenbezogenen<br />
Verknüpfung der<br />
Elemente: »Viktoria Sorochinskis<br />
Werke für die Bregenzer Festspiele<br />
ziehen die Betrachter sanft in die<br />
Gedankenwelt der Madame Butterfly<br />
und schlagen gleichzeitig den Bogen<br />
von Japan nach Europa.«<br />
Nicht nur Szenen rund um die<br />
Seebühne lichtete Sorochinski ab,<br />
auch einen Ausflug auf den Pfänder,<br />
den Bregenzer Hausberg, nutzte<br />
die Künstlerin für ihre Bilder. Vom<br />
Bodensee reiste sie weiter zu einer<br />
Ausstellung nach Tokio. Mit im Gepäck<br />
hatte sie einige Stoffe aus der<br />
Festspiel-Requisite. In Japan traf<br />
sie eine 88-jährige Dame, die noch<br />
als Tänzerin aktiv ist und Kimonos<br />
10<br />
sammelt, sowie deren Enkelin. Für die<br />
Fotografin die idealen Protagonistinnen,<br />
um Cio-Cio-Sans Gefühls- und<br />
Gedankenwelt in Szene zu setzen.<br />
Viktoria Sorochinski wurde 1979<br />
in der Ukraine geboren. Sie lebte in<br />
Russland, Israel, Kanada und den<br />
USA, bevor sie 2013 nach Berlin zog.<br />
Ihre Werke wurden in 23 Ländern ausgestellt.<br />
In ihrer Arbeit bewegt sich<br />
die Künstlerin zwischen Dokumentation<br />
und Fiktion. Familiendynamik,<br />
Tradition, Kultur und Mythologie<br />
sind zentrale Themen.<br />
Die Ausstellung wird<br />
präsentiert von
VON SMOKINGS<br />
UND SITZKISSEN<br />
Innere<br />
Einkehr<br />
Dass ein Opernbesuch keine<br />
steife Angelegenheit sein<br />
muss, beweisen die Bregenzer<br />
Festspiele Jahr für Jahr aufs<br />
Neue. Besonders das Spiel auf dem<br />
See steht für den Grundgedanken<br />
des Festivals: qualitätsvolle Opern<br />
für ein breites Publikum zu bieten<br />
und möglichst vielen Menschen<br />
zugänglich zu machen. Entsprechend<br />
unterschiedlich sind auch<br />
die Besucherinnen und Besucher.<br />
Junge Paare, unternehmungslustige<br />
Seniorinnen, Opernkenner<br />
und Menschen mit der simplen<br />
Freude am großen Freiluftspektakel<br />
mischen sich beim Spiel auf<br />
dem See auf der nahezu 7.000<br />
Plätze fassenden Tribüne. Und<br />
ohne hier die cineastische Illusion<br />
zerstören zu wollen: Anders als<br />
im James-Bond-Abenteuer Ein<br />
Quantum Trost dargestellt, in<br />
dem der Geheimagent einige<br />
Bösewichte über die Seebühne<br />
jagt, kleiden sich längst nicht<br />
alle in glitzernde Abendkleider<br />
und Smokings – die sind tatsächlich<br />
eher selten zu finden.<br />
Dresscode gibt es keinen, und<br />
nachdem abends die Temperaturen<br />
am See deutlich sinken<br />
können, empfehlen die Bregenzer<br />
Festspiele ihrem Publikum<br />
im Zweifelsfall warme und<br />
wetterfeste Kleidung. Die echten<br />
Seebühnen-Expertinnen und<br />
-Experten machen es sich mit<br />
einem Sitzkissen auf der Tribüne<br />
gemütlich und sind mit<br />
kühlendem Fächer und leichten<br />
Decken für alle Eventualitäten<br />
gerüstet. Diese »Festspiel-Grundausstattung«<br />
ist<br />
auch im Shop des Festivals,<br />
online oder im Festspielhaus,<br />
erhältlich – diesen <strong>Sommer</strong> in<br />
Madame Butterfly-Rot. So lässt<br />
sich Festspielatmosphäre auch<br />
mit nach Hause nehmen.<br />
Alle geistig hervorragenden<br />
Menschen sind Melancholiker.<br />
Das zumindest<br />
behauptete Aristoteles. Heute<br />
stehen wir diesem Gefühl, das<br />
zwischen Nachdenklichkeit und<br />
Wehmut changiert, oft zwiespältig<br />
gegenüber. Was bringt es, seinen<br />
eigenen Gedanken nachzuhängen,<br />
wenn die nächste Ablenkung nur<br />
einen Klick weit entfernt liegt?<br />
Die sanften Moll-Töne des Lebens<br />
können sich durchaus positiv auswirken.<br />
Melancholie bringt uns zur<br />
Ruhe, zur Besinnung. Der Rückzug<br />
vom Alltagstrubel lässt den Geist<br />
klarer werden für die richtigen<br />
Entscheidungen. Gleichzeitig kann<br />
die Auszeit unsere Fantasie beflügeln,<br />
die Kreativität wird angeregt.<br />
Melancholie und Genie rücken näher<br />
zusammen. Was bekanntlich bereits<br />
die alten Griechen wussten. Gönnen<br />
wir uns also öfters diese Momente<br />
der inneren Einkehr. Am Besten<br />
mit einem Kännchen Kaffee oder<br />
doppelten Espresso.<br />
PARTNER DER BREGENZER FESTSPIELE | SHOP<br />
Dallmayr wünscht Ihnen viel<br />
Genuss und eine wunderbare<br />
<strong>Festspielzeit</strong>!<br />
11
WERKSTATTBÜHNE
VERTRAUTES<br />
MATERIAL MIT<br />
EIGENLEBEN<br />
Die Komponistin Brigitta Muntendorf beschäftigt sich in ihrem neuesten Werk<br />
Melencolia mit einer besonderen Gemütsstimmung und schafft einen<br />
abwechslungsreichen und inspirierenden Abend. Ein Gespräch über mögliche<br />
Erlösung, Neue Musik und Künstliche Intelligenz.<br />
MELENCOLIA<br />
Ihr Stück Melencolia haben Sie<br />
nach dem Gefühl der Melancholie<br />
benannt. Wie definieren Sie<br />
Melancholie: als Krankheit und<br />
Vorstufe zur Depression oder als<br />
Schwester der Genialität?<br />
Brigitta Muntendorf: Das Schöne an<br />
der Melancholie ist, sie entzieht sich<br />
eindeutigen Zuschreibungen und<br />
jeder Versuch einer Definition führt<br />
zur Vereinfachung und somit zur<br />
Entzauberung oder Verflachung.<br />
Ich würde Melancholie als eine Haltung<br />
beschreiben, die uns erlaubt<br />
oder uns vielleicht auch zwingt,<br />
Widersprüche zu beobachten und<br />
auszuhalten. Ein Stillstand, der<br />
jedoch keinesfalls – wie bei der<br />
Depression – pathologisch ist,<br />
sondern uns in eine tiefe Auseinandersetzung<br />
mit uns und der Welt<br />
führt. Würden wir der Unbestimmtheit,<br />
der Vergänglichkeit und Widersprüchlichkeit<br />
einen festen Stellenwert<br />
in unserem Denken und Fühlen<br />
einräumen, könnten wir auf diesem<br />
Planeten vielleicht eine andere Form<br />
des Zusammenlebens finden.<br />
Sie verwenden Texte aus verschiedenen<br />
Jahrhunderten zum Thema<br />
Melancholie: Was, außer der Überschrift,<br />
verbindet einen 500 Jahre<br />
alten Text des Schriftstellers Robert<br />
Burton mit der zeitgenössischen<br />
Lyrik von Kae Tempest?<br />
Es ist die jeweilige Suche nach aktuellen<br />
Antworten auf die immer und<br />
immer gleichen Fragen, die sich nie<br />
ändern werden. Aber die Antworten<br />
sind in jeder Generation, jeder kulturellen<br />
Verwurzelung und sozialen<br />
Umgebung anders. Zu Burtons Zeit<br />
13<br />
kam der Begriff und die Praxis der<br />
Anatomie in Kunst, Medizin und<br />
Wissenschaft auf, so versucht er in<br />
der »Anatomie der Melancholie«,<br />
die Gründe der – unglücklichen –<br />
Melancholie anhand von Beobachtungen<br />
des menschlichen Verhaltens<br />
zu erforschen. Die Texte von Kae<br />
Tempest holen die Götter vom<br />
Himmel an die Supermarktkasse<br />
und der Schriftsteller Jean-Philippe<br />
Toussaint findet in Zinédine Zidanes<br />
Kopfstoß bei der Fußball-WM 2006<br />
das zutiefst melancholische Moment:<br />
die letzte Flucht vor dem<br />
vollendeten Werk.<br />
Albrecht Dürers Bild Melencolia I<br />
wird in der Beschreibung zu ihrem<br />
Stück als »Sinnbild für die Widersprüche<br />
und das Unlösbare inmitten<br />
menschlicher Sehnsucht
WERKSTATTBÜHNE<br />
nach Erlösung« beschrieben. Warum<br />
beschäftigt sich das Musiktheater<br />
so gern mit dem Erlösergedanken?<br />
Unser Stück Melencolia schaut mit<br />
einem Lächeln auf den Wunsch nach<br />
Erlösung, denn das Stück stiftet<br />
mehr Chaos als Ordnung, entwickelt<br />
musikalisch eine ganz eigene Logik<br />
und wirft mehr Fragen auf, als es<br />
beantwortet. In der Melancholie gibt<br />
es keine Erlösung, es gibt nur Gedankenschleifen,<br />
Assoziationen, Verkettungen.<br />
Und ebenso erlebt der<br />
Abend einen ständigen Wandel und<br />
spielt mit fließenden Übergängen<br />
zwischen weit voneinander entferntem<br />
Bild-, Video- und Musikmaterial.<br />
Die Künstlerische Leitung haben<br />
Sie zusammen mit Moritz Lobeck<br />
übernommen. Wie kam es zu dieser<br />
Zusammenarbeit?<br />
Wir haben schon einige Projekte zusammen<br />
gemacht, wie zum Beispiel<br />
Covered Culture, eine audiovisuelle<br />
Installation über das Phänomen der<br />
Hymne ausgehend von der Europahymne<br />
mit über 100 Chorsängerinnen<br />
und -sängern und Performen-<br />
den, die in verschiedenen Museen<br />
und Galerien in China, Japan und<br />
Korea präsentiert wurde – und das<br />
während der Pandemie. Wir haben<br />
von Berlin, Köln oder Dresden aus<br />
Proben geleitet, Videos gedreht,<br />
Aufbauten koordiniert und an<br />
Openings teilgenommen, danach<br />
wussten wir, dass wir ein gutes Team<br />
sind! Als Kulturwissenschaftler,<br />
Operndramaturg und Festivalkurator<br />
bringt Moritz Lobeck ein<br />
übergreifendes und ganz anders<br />
ausgeprägtes Kontextdenken in die<br />
Zusammenarbeit, das mich kompositorisch<br />
sehr inspiriert.<br />
Haben Sie ein Publikum vor Augen,<br />
wenn Sie komponieren?<br />
Es macht mir großen Spaß, mich<br />
immer wieder in den Zustand des<br />
Rezipierens zu versetzen. Ich denke<br />
an ein Publikum, das Lust hat,<br />
Assoziationen zu entwickeln und<br />
ihnen zu folgen. Ich denke an ein<br />
Publikum, das vielleicht gerade<br />
gestresst von der Arbeit kommt,<br />
den Döner noch in der Hand.<br />
Oder sich schon lange vorgenommen<br />
hat, sich einmal zeitgenössischer<br />
Musik zu stellen.<br />
Merken Sie, dass es immer noch<br />
Berührungsängste mit Neuer<br />
Musik gibt?<br />
Es existieren vor allem Vorurteile –<br />
aber die Neue Musik ist kein Absolutum,<br />
sie ist ein Spektrum.<br />
Ich habe die Erfahrung gemacht,<br />
dass Menschen, die sich mit Neuer<br />
Musik schwertun, mit meiner Musik<br />
leichter einen Zugang finden, was<br />
vielleicht daran liegt, dass ich viel<br />
mit Referenzen arbeite, mit Material,<br />
das uns vertraut erscheint, in<br />
meiner Musik aber ein Eigenleben,<br />
eigene Zusammenhänge entwickelt.<br />
Ich betrachte das »Neue« immer<br />
als eine Umdeutung bestehender<br />
Bedeutungen.<br />
Die klassische Musik wurde über<br />
Jahrhunderte von Männern dominiert.<br />
Wie geht es Ihnen als Komponistin<br />
im Jahr <strong>2022</strong>?<br />
Ich selbst hatte selten Probleme<br />
als Komponistin, sehe aber, dass es<br />
noch viel zu tun gibt, und habe daher<br />
seit 2013 die Leitung eines Festivals<br />
in Kooperation mit dem Deutschlandfunk<br />
in Köln inne, das dezidiert<br />
Komponistinnen fördert. Wir müssen<br />
noch viel »aufräumen«, vor<br />
allem mit dem männlich geprägten<br />
Schöpfermythos, schließlich wurde<br />
der über Jahrhunderte hinweg<br />
zelebriert. Aber jetzt gerade findet –<br />
zumindest in den westlichen Ländern<br />
– ein Umdenken statt und Komponistinnen<br />
werden sehr gefördert.<br />
Dennoch braucht es noch viel Zeit:<br />
Als Professorin für Komposition<br />
an der Hochschule in Köln sehe ich,<br />
dass nur 20 Prozent der Bewerbungen<br />
für diesen Jahrgang von Frauen<br />
kamen – es fehlt einfach an weiblichen<br />
Vorbildern.<br />
Sie arbeiten auch mit Künstlicher<br />
Intelligenz (KI). An welcher Stelle in<br />
Ihrem Stück kommt KI zum Einsatz?<br />
Die Vielfältigkeit der musikalischen Ausrichtung kennt beim experimentierfreudigen<br />
Ensemble Modern keine Grenzen. Für Melencolia liehen die Musikerinnen und<br />
Musiker digitalen Avataren ihre Stimmen und Gesichter.<br />
Ich habe die Stimmen von zwei<br />
Mitgliedern des Ensemble Modern<br />
mittels einer KI geklont – das heißt,<br />
ich habe längere Sprechpassagen<br />
14
MELENCOLIA<br />
Im musikalischen, spielerischen und auch humorvollen Umgang mit Stereotypen<br />
aus Renaissance, Romantik, Pop und Kitsch begibt sich Melencolia auf die Suche<br />
nach der befreienden melancholischen Stimmung.<br />
ihrer Stimmen in einem Versuch<br />
aufgenommen und damit eine KI<br />
gefüttert, die gelernt hat, diese<br />
Stimmen zu imitieren – das Ergebnis<br />
ist erschreckend nah am Original.<br />
Eine der beiden Stimmen ist eine<br />
Schrei-KI. Normalerwiese hören<br />
wir künstliche Stimmen immer als<br />
digitale Dienstleister, zum Beispiel<br />
Alexa oder Navigationsstimmen.<br />
In Melencolia führen die Stimmen<br />
ihr Eigenleben, schreien uns an,<br />
sind melancholisch, poetisch, verzweifelt<br />
oder gelangweilt.<br />
Screens, Bühne, Drohnen und Chor:<br />
Was für ein Setting erwartet das<br />
Publikum bei Melencolia?<br />
Niemand muss Angst vor der Technologie<br />
und KI an diesem Abend<br />
haben, es ist alles recht menschlich<br />
geworden. Einerseits befindet<br />
sich das Publikum einer frontalen<br />
Bühnensituation gegenüber, gleichzeitig<br />
ist es aber von bis zu 60 Lautsprechern<br />
umgeben inmitten einer<br />
3D-Klanglandschaft. Es gibt zwei<br />
Greenscreen-Studios auf der Bühne,<br />
in denen die Musikerinnen und Musiker<br />
oder der Chor beim Betreten<br />
immer wieder in virtuelle Welten versetzt<br />
werden können. Die Mitglieder<br />
des Ensemble Modern sind das ganze<br />
Stück über auf der Bühne, wechseln<br />
ihre Rollen zwischen Performenden<br />
oder Musizierenden. Vor Beginn<br />
des Stücks kann das Publikum eine<br />
Smartphone-App auf dem Platz vor<br />
der Werkstattbühne anwenden, die<br />
Objekte aus Dürers Bild Melencolia I<br />
werden als animierte Wesen auf dem<br />
Gelände platziert – dabei entsteht<br />
eine Art Handychor als Ouvertüre<br />
zum Stück. Aber so viel Technik<br />
Melencolia auch nutzt: Mir ist es ein<br />
großes Anliegen, sie immer wieder<br />
verschwinden zu lassen, um andere<br />
Kommunikation zu ermöglichen.<br />
Sie sind Deutsch-Österreicherin.<br />
Was ist Ihre Verbindung zu Bregenz?<br />
Ich bin österreichische Staatsbürgerin,<br />
da meine Mutter in Vorarlberg<br />
geboren ist. Sie hat sogar 1959 bei<br />
Die verkaufte Braut im Festspielchor<br />
mitgesungen und erzählt mir immer<br />
wieder amüsiert, wie jedes Mal bei<br />
den Proben irgendwer von den damaligen<br />
rumpligen Holzkonstruktionen<br />
ins Wasser gefallen ist. Ich habe<br />
viel Zeit in Österreich verbracht:<br />
Meine halbe Familie lebt in der Nähe<br />
von Bregenz.<br />
WERKSTATTBÜHNE<br />
MELENCOLIA<br />
Brigitta Muntendorf |<br />
Moritz Lobeck<br />
Eine Show gegen die Gleichgültigkeit<br />
des Universums | Uraufführung<br />
Premiere<br />
18. August <strong>2022</strong> – 20.00 Uhr<br />
Vorstellung<br />
20. August – 20.00 Uhr |<br />
Werkstattbühne<br />
Auftragswerk der Bregenzer<br />
Festspiele und des Ensemble Modern<br />
Gefördert von der Kulturstiftung<br />
des Bundes (Deutschland)<br />
FESTSPIELFRÜHSTÜCK<br />
Brigitta Muntendorf im<br />
Gespräch mit Moderator<br />
Stefan Höfel (ORF)<br />
14. August <strong>2022</strong> – 9.30 Uhr |<br />
Seefoyer<br />
15
ELSE MAL<br />
ANDERS<br />
16
Franui ist immer für<br />
Überraschungen gut – im<br />
falschen Film ist man bei<br />
ihnen nie. Gemeinsam<br />
mit dem Kabarett-Duo<br />
Maschek widmet sich die<br />
Osttiroler Musicbanda<br />
nun dem Stummfilmklassiker<br />
Fräulein Else<br />
aus dem Jahr 1929.<br />
St. Moritz. Einer der schillerndsten<br />
Kurorte der Welt. Idyllische<br />
Schneelandschaften.<br />
Türkisblaue Bergseen. Noble Grand<br />
Hotels. Luxus und Extravaganz,<br />
wohin das Auge blickt. Wochen der<br />
Unbeschwertheit. Doch dann: ein<br />
Brief. Die Familie vor dem Bankrott.<br />
Die einzige Hoffnung: ein reicher<br />
Kunsthändler. Dessen Angebot:<br />
zutiefst unmoralisch. Die Entscheidung:<br />
die Familie retten oder auf<br />
Selbstbestimmung bestehen.<br />
Was tun?<br />
Die Novelle Fräulein Else, 1924 veröffentlicht,<br />
zählt zu den bekanntesten<br />
Werken Arthur Schnitzlers und<br />
blickt auf unzählige Bearbeitungen,<br />
insbesondere filmischer Art, zurück.<br />
Die erste dieser Bearbeitungen, ein<br />
Stummfilm aus dem Jahr 1929, wird<br />
heuer bei den Bregenzer Festspielen<br />
zum Ausgangspunkt eines Abends,<br />
der das Werk wieder zum Leben erweckt<br />
und dabei neue, überraschend<br />
heutige Sichtweisen eröffnet.<br />
Fräulein Else verhandelt eine Geschichte,<br />
deren Dimensionen sich<br />
zugegebenermaßen nicht unbedingt<br />
für eine launige Bearbeitung, wie sie<br />
Maschek so meisterhaft beherrscht,<br />
anbietet. Die Geschichte der 19-jährigen<br />
Else, die ihre Familie vor dem<br />
finanziellen Ruin retten soll, dabei<br />
jedoch an der Forderung des Geldgebers<br />
zerbricht, sich ihm nackt zu<br />
zeigen, wirkt gerade vor dem Hintergrund<br />
gegenwärtiger Debatten besonders<br />
aktuell. Wie begegnet man<br />
heute dieser Thematik angemessen?<br />
Im Fall von Maschek entschied man<br />
sich dazu, das filmische Material<br />
zu zerlegen und neu zu collagieren,<br />
ohne aber dabei die Verbindung zum<br />
Original aufzugeben. Das Original:<br />
der gleichnamige Stummfilm, bei<br />
dem Paul Czinner als Regisseur und<br />
Drehbuchautor wirkte, seine Frau<br />
Elisabeth Bergner als Darstellerin<br />
der Else. Jahrelang drehte Bergner<br />
fast ausschließlich mit ihrem Mann –<br />
ein erfolgsverwöhntes Traumpaar<br />
des deutschen Films. Doch Czinners<br />
Umarbeitung des Werks hin zum<br />
Stummfilm stellte ihn vor eine Herausforderung.<br />
Schildert Schnitzler die Geschichte<br />
der jungen Else als inneren Monolog,<br />
also allein über ihre intimsten<br />
Gedanken und Empfindungen, galt<br />
es für den Stummfilm, ohne diese<br />
Innenschau auszukommen. Es entstanden<br />
Bilder, die teils erheblich<br />
von der literarischen Vorlage<br />
abwichen – sehr zum Leidwesen<br />
Schnitzlers: »Die Leistung von<br />
Elisabeth [Bergner] wundervoll –<br />
nur ist es […] eine ganz andere Else<br />
als ich gedichtet hatte.« Dementsprechend<br />
kontrovers wurde der<br />
Film auch vonseiten der Kritiker<br />
besprochen: Verlangten die einen,<br />
Czinner gar die »Schankkonzession«<br />
zu entziehen, war man anderswo<br />
voll des Lobes über die freie<br />
Adaption der Novelle und besonders<br />
über die schauspielerische Leistung<br />
Elisabeth Bergners.<br />
Ebendieser Film aus der Frühzeit<br />
des Kinos wird nun – knapp 100<br />
Jahre nach der Veröffentlichung –<br />
erneut zum Ausgangspunkt eines<br />
Remakes. Nachdem sie sich bereits<br />
2019 mit Reigen höchst erfolgreich<br />
einem Werk Schnitzlers gewidmet<br />
hatte, entschloss sich die Musicbanda<br />
Franui zur Vertonung von Fräulein<br />
Else. Wie aber mit dem Fehlen<br />
des inneren Monologs umgehen? Der<br />
Suche nach einer Antwort auf diese<br />
Frage entsprang eine außergewöhnliche<br />
Idee: die Zusammenarbeit mit<br />
Maschek. Das Kabarettisten-Duo,<br />
das seit über 20 Jahren mithilfe<br />
von Neusynchronisationen einen<br />
parodistisch-kritischen Blick auf die<br />
Tagespolitik wirft, gleicht mittels<br />
Live-Synchronisation und treffsicherer<br />
Pointen das fehlende sprachliche<br />
Moment aus, während die Musik<br />
die Verbindung zu Schnitzlers Welt<br />
des Fin de Siècle aufrechterhält. So<br />
werden die Bilder von Czinner zum<br />
Ausgangspunkt neuer Geschichten,<br />
die sich einer eindeutigen Interpretation<br />
entziehen, dabei aber nicht<br />
auf Anleihen aus dem Hier und Jetzt<br />
verzichten. Vor dem Hintergrund<br />
der winterlichen Idylle in St. Moritz<br />
treffen Welten aufeinander, aus deren<br />
Symbiose ein unwiderstehlicher<br />
Abend des Unerwarteten entsteht.<br />
Tragische Innenschau trifft auf<br />
launigen Außenblick, totale Stille auf<br />
vieldeutige Klangwelt.<br />
FESTSPIELHAUS<br />
FRÄULEIN ELSE<br />
Musicbanda Franui |<br />
Maschek<br />
Remake des Stummfilms<br />
Fräulein Else nach Arthur<br />
Schnitzlers Novelle (D 1929,<br />
Regie: Paul Czinner) | Live<br />
synchronisiert und vertont<br />
Vorstellung<br />
3. August – 17.00 Uhr<br />
Festspielhaus<br />
FRÄULEIN ELSE<br />
17
FESTSPIELHAUS<br />
18
INVESTITION IN<br />
DIE ZUKUNFT<br />
ORCHESTERAKADEMIE<br />
Sie ist Konzertmeisterin der Wiener Symphoniker, Professorin für Violine am<br />
Vorarlberger Landeskonservatorium und Dozentin der neu ins Leben<br />
gerufenen Bregenzer Orchesterakademie: Sophie Heinrich spricht im Interview<br />
über die Auswahl junger Talente, ihre Wünsche zum Start der neuen<br />
Nachwuchsschmiede und darüber, wie hierarchisches Denken den Blick<br />
auf das Zusammenspiel im Orchester verstellen kann.
FESTSPIELHAUS<br />
Frau Heinrich, von wem ging<br />
eigentlich die Initiative zur<br />
Errichtung einer Orchesterakademie<br />
aus?<br />
Sophie Heinrich: Die Idee kam von<br />
unserem ehemaligen Chefdirigenten<br />
Andrés Orozco-Estrada, dem<br />
die Arbeit mit dem musikalischen<br />
Nachwuchs sehr am Herzen liegt.<br />
Es ist schade, dass er nun nicht<br />
mehr bei deren Umsetzung dabei ist.<br />
An seiner Stelle übernimmt Daniel<br />
Cohen die musikalische Leitung<br />
der Orchesterakademie. Cohen hat<br />
selbst als Geiger im West-Eastern<br />
Divan Orchestra wertvolle Erfahrungen<br />
in einem Akademieorchester<br />
sammeln können. Wir kennen uns<br />
auch gut, 2019 dirigierte er die Oper<br />
im Festspielhaus, Jules Massenets<br />
Don Quichotte. 2021 folgten einige<br />
Vorstellungen von Giuseppe Verdis<br />
Rigoletto. Er wird die Orchesterakademie<br />
sicher hervorragend leiten.<br />
Über 300 Personen aus der ganzen<br />
Welt haben sich für die Orchesterakademie<br />
beworben. Ist das allein<br />
nicht schon ein Erfolg?<br />
Das sehe ich auch so. Es spiegelt<br />
auch den großen Wunsch der<br />
Studierenden wider, Erfahrungen<br />
im Orchester zu sammeln.<br />
»Die Akademie ist bereits<br />
jetzt ein Anziehungspunkt<br />
für junge Leute aus<br />
der ganzen Welt.«<br />
Ich selbst habe als Jugendliche<br />
mit Freude und Dankbarkeit in<br />
vielen Jugendorchestern gespielt.<br />
Ich hatte dann großes Glück und<br />
durfte bereits mit 21 Jahren bei<br />
20<br />
den Berliner Philharmonikern als<br />
Substitut arbeiten. Ich habe deshalb<br />
nie in Nachwuchsschmieden<br />
wie dem Gustav Mahler Jugendorchester<br />
gespielt. Aber ich glaube<br />
total an das Konzept und den<br />
Nutzen der Orchesterakademien<br />
für Studierende! Es ist nicht nur<br />
eine tolle Plattform zum gegenseitigen<br />
internationalen Austausch,<br />
gerade auch für junge Leute, die<br />
nicht aus einem Musikerhaushalt<br />
kommen. Ich halte es auch für<br />
eminent wichtig, die Orchesterausbildung<br />
schon in frühen Jahren<br />
angeboten zu bekommen. Man<br />
arbeitet mit erstklassigen Mentoren,<br />
die in renommierten Orchestern<br />
musizieren und ihr Wissen und ihren<br />
Erfahrungsschatz weitergeben.<br />
Erfahrungen, die man womöglich im<br />
Konzertfachstudium gar nicht machen<br />
kann. An den Hochschulen und<br />
Universitäten wird man ja vornehmlich<br />
auf die Karriere als Solist oder<br />
als Solistin vorbereitet.<br />
Das ist auch sinnvoll, weil junge<br />
Instrumentalisten später auch<br />
solistisch vorspielen müssen, um<br />
eine Orchesterstelle zu bekommen.<br />
Was aber an den Hochschulen eher<br />
vernachlässigt wird, sind Aspekte<br />
des gemeinsamen Musizierens.<br />
Wie spielt man überhaupt in einer<br />
Gruppe? Klingt banal, ist es aber<br />
überhaupt nicht. Ich finde es auch<br />
bedauerlich, dass im Studium nicht<br />
mehr Kammermusik gemacht wird.<br />
Diese ganzen Erfahrungen in einer<br />
Gruppe, in einem Team, gehen bei<br />
einer rein solistischen Ausbildung<br />
wirklich verloren. Umso mehr freue<br />
ich mich, dass es die Orchesterakademie<br />
in diesem Jahr zum<br />
ersten Mal gibt. Die Entwicklungsmöglichkeiten<br />
sind gewaltig: Es<br />
gibt nicht nur das Vorarlberger Landeskonservatorium<br />
in Feldkirch –<br />
die zukünftige Stella Vorarlberg<br />
Privathochschule für Musik –, das<br />
ebenfalls ein Kooperationspartner<br />
ist. Die neue Orchesterakademie<br />
ist bereits jetzt ein unglaublicher<br />
Anziehungspunkt für junge Leute<br />
aus der ganzen Welt.
Wie wählt man denn überhaupt aus<br />
über 300 Bewerbungen die richtigen<br />
Personen aus?<br />
Als Vierjährige begann Sophie Heinrich das Violinspiel und steht seitdem<br />
auf der Bühne, seit 2019 ist sie Konzertmeisterin der Wiener Symphoniker.<br />
In diesem <strong>Sommer</strong> bietet das Orchester – gemeinsam mit den Bregenzer<br />
Festspielen und dem Vorarlberger Landeskonservatorium – mit der Orchester-<br />
akademie eine erstklassige Ausbildungsplattform für junge Menschen.<br />
Was erwartet die Mitglieder der<br />
Orchesterakademie?<br />
Die jungen Musikerinnen und<br />
Musiker proben eine Woche lang<br />
intensiv das Konzertprogramm,<br />
das am 14. August in einer Matinee<br />
präsentiert wird. Es beginnt mit<br />
Stimmproben, die von einem Mitglied<br />
der Wiener Symphoniker als<br />
Mentor betreut werden. Die ersten<br />
Violinen sind beispielsweise bei mir.<br />
Der Dirigent führt anschließend in<br />
Tutti-Proben die Stimmen zusammen<br />
und arbeitet an der musikalischen<br />
Interpretation. In dieser<br />
komprimierten Zeit kann man viel<br />
lernen. Uns Dozentinnen und Dozenten<br />
kommt dabei eine wichtige<br />
Rolle zu. Natürlich setzt man vielversprechende<br />
Talente gerne auch<br />
an die vorderen Pulte, nicht zuletzt<br />
auch, damit sie Erfahrungen in einer<br />
Führungsposition machen können.<br />
Man muss dennoch vermitteln, wie<br />
wichtig auch die hinteren Pulte sind,<br />
um einen homogenen Gruppenklang<br />
zu realisieren. Das möchte<br />
ich auf jeden Fall ansprechen. Diese<br />
sehr streng hierarchisch gedachten<br />
Orchestersysteme finde ich auch<br />
etwas aus der Zeit gefallen. Die jungen<br />
Leute sind so fantastisch ausgebildet,<br />
es sollte wirklich mehr die<br />
Teamarbeit im Vordergrund stehen.<br />
Ein Wunsch von mir ist auch, junge<br />
Frauen zu motivieren, damit sie<br />
sich auch auf Führungspositionen<br />
bewerben. Auch die Hochkultur<br />
sollte gleichberechtigter und vielfältiger<br />
werden.<br />
Das erste Pult der Orchesterakademie<br />
ist ja auch mit zwei<br />
Musikerinnen besetzt …<br />
… und das ist ausschließlich von<br />
den Leistungen her begründet,<br />
wenngleich es kein einfacher Prozess<br />
war. Jede Bewerberin und<br />
jeder Bewerber musste ein Video<br />
mit ausgewählten Orchesterstellen –<br />
Auszüge aus Schostakowitschs<br />
Symphonie Nr. 5 d-Moll – einsenden.<br />
Interessenten an einer Führungsposition<br />
konnten zusätzlich noch<br />
zwei Solostellen aufnehmen. Die<br />
überzeugendste Bewerbung in der<br />
Stimmgruppe Violine kam jedoch<br />
von einer jungen Frau, die die Solostellen<br />
nicht eingespielt hatte.<br />
Sie hatte es sich schlicht nicht zugetraut.<br />
Ich habe sie dann angerufen<br />
und gesagt, sie soll sie unbedingt<br />
noch einspielen. Die nachgereichten<br />
Videos waren so eindeutig im<br />
Vergleich, dass sie nun unsere Konzertmeisterin<br />
ist. Frauen brauchen<br />
manchmal einen »kleinen Tritt<br />
in den Allerwertesten«. Sie haben<br />
oftmals kein großes Selbstvertrauen,<br />
stattdessen eine Menge<br />
Zweifel – das muss sich ändern!<br />
Mit System. Meine Kollegin aus den<br />
zweiten Geigen, Frau Elzbieta Sojka,<br />
und ich haben zunächst einmal<br />
unabhängig voneinander alle Bewerbungsvideos<br />
der Violinen gesichtet.<br />
Manches hört man sofort, da sind<br />
die Entscheidungen eindeutig. Manche<br />
Videos musste man aber auch<br />
zwei oder dreimal spielen. Auch die<br />
Körpersprache ist ein Kriterium,<br />
vor allem, wenn es darum geht, ob<br />
diese Person eine Gruppe anführen<br />
kann. Es ist ein langwieriges,<br />
anstrengendes Verfahren und man<br />
muss viel Zeit investieren. Zuhören<br />
ist eine Qualität im Leben wie in der<br />
Musik, die geübt werden muss und<br />
Kraft kostet. Nach der Sichtung<br />
haben wir stundenlang zusammengesessen<br />
und die Entscheidungen<br />
getroffen. Es gab ein paar Kandidaten,<br />
über die wir diskutieren mussten,<br />
aber die meisten Entscheidungen<br />
fielen ziemlich schnell und im<br />
Einvernehmen. Erst danach haben<br />
wir die Lebensläufe gelesen.<br />
Was wünschen Sie der Orchesterakademie?<br />
Ich denke, die Orchesterakademie<br />
passt perfekt nach Bregenz. Sie ergänzt<br />
und bereichert das Festival<br />
und bildet ein Pendant zum Opernstudio.<br />
Und wer weiß, was alles<br />
noch möglich sein wird? Bregenz im<br />
<strong>Sommer</strong> ist mit seiner traumhaften<br />
Lage am Bodensee und seiner einzigartigen,<br />
entspannten Festivalatmosphäre<br />
ein Ort der Begegnung,<br />
den Sie so nicht einmal in Salzburg<br />
finden können.<br />
Die Orchesterkonzerte<br />
werden präsentiert von<br />
ORCHESTERAKADEMIE<br />
21
SYMPHONIEORCHESTER VORARLBERG<br />
DAS KLANGFARBEN-<br />
CHAMÄLEON<br />
Im Graben, auf der Bühne und in der Kirche: Das Symphonieorchester<br />
Vorarlberg präsentiert die vielen Facetten seines Klangspektrums.<br />
Bei Joseph Haydns Armida begleitet es die jungen Talente des Opernstudios<br />
in sämtlichen Gefühlslagen, und zum krönenden Abschluss der Saison<br />
laden die Lokalmatadore zu einem fulminanten Ritt durch russische Gefilde.
DAS KLANGFARBEN-CHAMÄLEON<br />
Es beschwört Donner und<br />
Blitz herauf, lässt Vögel<br />
zwitschern, Bäche säuseln<br />
und sogar einen ganzen Zauberwald<br />
wachsen – unter dem Dirigenten<br />
Jonathan Brandani hat das<br />
Symphonieorchester Vorarlberg<br />
einiges zu tun. Für Naturereignisse<br />
ist es ebenso zuständig wie für heftige<br />
Gefühlsstürme, und davon gibt<br />
es in Joseph Haydns Armida jede<br />
Menge. Die Opera seria widmet sich<br />
einem häufig bearbeiteten Sujet<br />
der Musikgeschichte: der unmöglichen<br />
Liebe zwischen der sarazenischen<br />
Zauberin Armida und dem<br />
eigentlich verfeindeten Kreuzritter<br />
Rinaldo, der ob seiner Gefühle<br />
kampfunfähig wird und zwischen<br />
Leidenschaft und Pflicht hin- und<br />
hergerissen ist.<br />
SENSIBLE SEELENMALER<br />
19. Jahrhundert waren die Zauberin<br />
und der Kreuzritter Dauergäste<br />
auf den Opernbühnen, und auch<br />
Haydns Fassung hielt sich nach der<br />
überaus erfolgreichen Uraufführung<br />
1784 vier Jahre im Repertoire<br />
des Schlosstheaters Esterháza.<br />
Dass es dann jedoch bald recht<br />
still um Armida wurde, hat auch damit<br />
zu tun, dass Haydns Verdienste<br />
um Symphonie und Streichquartett<br />
sein Schaffen als Opernkomponist<br />
allzu lange überstrahlten.<br />
Die Wiederentdeckung lohnt sich:<br />
Wenn Haydn das Seelenleben der<br />
Protagonisten in den schillerndsten<br />
Klangfarben zeichnet, das gesamte<br />
Kaleidoskop menschlicher Emotionen<br />
ausbreitet und sie in all ihrer<br />
Gegensätzlichkeit krachend aufeinanderprallen<br />
lässt, erweist er sich<br />
als Musikdramatiker par excellence.<br />
Nach Die Italienerin in Algier<br />
ist das Symphonieorchester<br />
Vorarlberg im August erneut<br />
im Theater am Kornmarkt<br />
zu erleben: in Haydns Oper<br />
Armida unter der Leitung<br />
von Jonathan Brandani.<br />
Der beliebte Stoff basiert auf dem<br />
1581 veröffentlichten Vers-Epos Das<br />
befreite Jerusalem von Torquato<br />
Tasso und hat bereits etliche Komponisten<br />
vor Haydn inspiriert – von<br />
Jean-Baptiste Lully über Georg<br />
Friedrich Händel bis zu Christoph<br />
Willibald Gluck. Vor allem im 18. und<br />
SAKRALE LOBPREISER<br />
Aber auch der Kirchenmusiker<br />
Haydn kommt in dieser Saison nicht<br />
zu kurz: In der Pfarrkirche Herz-<br />
Jesu erklingt die feierliche Missa<br />
B-Dur, besser bekannt unter dem<br />
Namen Theresienmesse. Dabei wird<br />
23
SYMPHONIEORCHESTER VORARLBERG<br />
Im Konzert unter der Leitung ihres Chefdirigenten Leo McFall begeben sich die Musikerinnen<br />
und Musiker des Symphonieorchesters Vorarlberg auf eine musikalische Russlandreise.<br />
24
der gebürtige Brite Leo McFall den<br />
Takt vorgeben, der seine Karriere<br />
als Assistent des großen Bernard<br />
Haitink begann, mit dem Deutschen<br />
Dirigentenpreis und einem Opus<br />
Klassik ausgezeichnet wurde und<br />
dem Symphonieorchester Vorarlberg<br />
seit der Spielzeit 2020|21 als<br />
Chefdirigent vorsteht.<br />
Das Werk gehört zu den sechs<br />
späten Messen, die Joseph Haydn<br />
alljährlich zum Namenstag der<br />
Fürstengattin Maria Josepha<br />
Hermenegilda schuf. Es wurde 1799<br />
von der Eisenstädter Hofkapelle<br />
uraufgeführt, die zu jenem Zeitpunkt<br />
noch deutlich reduziert war:<br />
Neun Jahre zuvor hatte sie der<br />
damals amtierende Fürst Anton I.<br />
Esterházy ganz aufgelöst, erst<br />
unter dessen Nachfolger Nikolaus II.<br />
wurde 1794 der alte Haydn remobilisiert,<br />
um den Klangkörper nach<br />
und nach wieder aufzubauen. Daher<br />
besticht auch die Theresienmesse<br />
durch ihren auffallend schlanken<br />
Orchesterklang.<br />
GEFEIERTER MEISTER<br />
Ganz und gar nicht schlank wird<br />
hingegen die satte Symphonik bei<br />
der Matinee ausfallen, mit der das<br />
Orchester traditionell die Bregenzer<br />
Festspiele beschließt. Abermals<br />
unter der bewährten Leitung von<br />
Chefdirigent Leo McFall steht ein<br />
ausgedehnter Streifzug durch<br />
russische Klangwelten auf dem<br />
Programm, und den Auftakt macht<br />
eine musikalische Kostbarkeit, die<br />
lange als verschollen galt: der Chant<br />
funèbre, ein Trauergesang, den<br />
Igor Strawinski 1908 für seinen just<br />
verstorbenen Lehrer und Mentor<br />
Nikolai Rimski-Korsakow komponiert<br />
hatte.<br />
Direkt nach der Uraufführung<br />
1909 im St. Petersburger Konservatorium<br />
hatten sich die Noten scheinbar<br />
in Luft aufgelöst. 106 Takte, die<br />
106 Jahre verschwunden blieben –<br />
bis 2015 ein kompletter Satz mit<br />
Orchesterstimmen auftauchte,<br />
der hinter vielen anderen Archivbeständen<br />
versteckt gewesen war.<br />
Ein Glücksfund, der keine Fragen<br />
offenlässt, weshalb Strawinski<br />
den Chant funèbre rückblickend<br />
einmal als sein »bestes Werk vor<br />
dem Feuervogel« bezeichnete.<br />
In seiner spätromantischen Klangästhetik<br />
gleicht es einer düsteren<br />
Prozession, bei der die einzelnen<br />
Instrumente feierlich am Grab<br />
vorbeidefilieren und dem Meister<br />
Tribut zollen.<br />
AUFWIEGLER UND<br />
SCHICKSALSBOTEN<br />
Ein weiteres Frühwerk, diesmal<br />
von Sergej Prokofjew, ist das 1917<br />
fertiggestellte Konzert für Violine<br />
und Orchester Nr. 1. Die Idee zu<br />
dem zärtlich-zerbrechlichen Anfangsthema,<br />
das »sognando« –<br />
träumend also – zu spielen ist,<br />
hatte der Komponist bereits 1915<br />
als verliebter 24-Jähriger. Doch im<br />
Verlauf des Werkes zieht Prokofjew<br />
ganz andere Saiten auf: Violine und<br />
Orchester stacheln sich gegenseitig<br />
hoch, katapultieren sich in schwindelnde<br />
Höhen, stürzen abgrundtief<br />
hinab und steigern sich in einen<br />
hochvirtuosen Rausch – ein Bravourstück<br />
für jeden Violinisten, und ein<br />
ganz besonderes Erlebnis in der<br />
Bregenzer Interpretation der preisgekrönten<br />
Ausnahmegeigerin Alina<br />
Pogostkina.<br />
Zu guter Letzt erklingt mit der<br />
Symphonie Nr. 5 aus dem Jahr 1888<br />
eine der beliebtesten Kompositionen<br />
von Peter Iljitsch Tschaikowski.<br />
»Völlige Ergebung in das Schicksal<br />
oder, was dasselbe ist, in den unergründlichen<br />
Ratschluss der Vorsehung«,<br />
notierte er zum einleitenden<br />
Andante – weshalb der Volksmund<br />
auch gerne von der »Schicksalssymphonie«<br />
spricht. Die Besonderheit:<br />
ein »Schicksalsthema«, das in<br />
allen Sätzen in veränderter Gestalt<br />
wiederkehrt, um schließlich im<br />
majestätischen Finale mit großer<br />
Geste aufzutrumpfen. Ein willkommener<br />
Anlass für Leo McFall und<br />
das Symphonieorchester Vorarlberg,<br />
nochmals alle Register zu<br />
ziehen – ein würdiger Abschluss für<br />
eine facettenreiche Saison.<br />
FESTMESSE<br />
17. Juli – 10.00 Uhr |<br />
Pfarrkirche Herz-Jesu<br />
Kirchenchor Herz-Jesu<br />
Kirchenchor Hohenems St. Karl<br />
Symphonieorchester Vorarlberg<br />
Dirigent Leo McFall<br />
Chorleitung Wolfgang<br />
Schwendinger<br />
Mit Sarah Yang, Kady<br />
Evanyshyn, Patrik Reiter und<br />
Pierpaolo Martella<br />
Joseph Haydn Theresienmesse<br />
B-Dur Hob. XXII:12<br />
ORCHESTERKONZERT<br />
SYMPHONIEORCHESTER<br />
VORARLBERG<br />
21. August – 11.00 Uhr |<br />
Festspielhaus<br />
Dirigent Leo McFall<br />
Violine Alina Pogostkina<br />
Igor Strawinski Chant funèbre<br />
Sergej Prokofjew Konzert für Violine<br />
und Orchester Nr. 1 D-Dur op. 19<br />
Peter I. Tschaikowski<br />
Symphonie Nr. 5 e-Moll op. 64<br />
OPERNSTUDIO AM KORNMARKT<br />
ARMIDA<br />
Joseph Haydn<br />
Premiere<br />
15. August <strong>2022</strong> – 19.30 Uhr<br />
Vorstellungen<br />
17. & 19. August – 19.30 Uhr |<br />
Theater am Kornmarkt<br />
Das Opernstudio wird<br />
präsentiert von<br />
Mit freundlicher Unterstützung<br />
des Internationalen Gesangs-<br />
wettbewerbs NEUE STIMMEN<br />
der Liz Mohn Center gGmbH<br />
DAS KLANGFARBEN-CHAMÄLEON<br />
25
DIE KUNST DES<br />
UNBEHAGENS<br />
KUNSTHAUS BREGENZ<br />
Unbequem wird es für die Besucherinnen und Besucher der<br />
<strong>Sommer</strong>ausstellung des KUB, beim Konzert mit Éna Brennan kann es<br />
sich das Publikum bequem machen.<br />
Nur einen kurzen Spaziergang<br />
durch die Seeanlagen<br />
von der Festspielbühne<br />
entfernt steht als glasverhüllter<br />
Solitär das Kunsthaus Bregenz.<br />
Seit seiner Eröffnung 1997 zählt das<br />
KUB weltweit sowohl architektonisch<br />
als auch programmatisch zu<br />
den herausragenden Ausstellungshäusern<br />
für zeitgenössische Kunst.<br />
Die <strong>Sommer</strong>ausstellung zeigt dieses<br />
Jahr den US-amerikanischen Künstler<br />
Jordan Wolfson.<br />
Jordan Wolfson – Untitled 2019 | Brass Star<br />
Bekannt für seine eindringlichen<br />
und beunruhigenden Arbeiten,<br />
untersucht Wolfson in unterschiedlichen<br />
Medien und Formaten die<br />
gegenwärtigen Bedingungen der<br />
Kunst, der Technologie und der<br />
Massenmedien. Seine Motive bezieht<br />
der Künstler aus der Gaming-<br />
Industrie, aus Internet-Clips,<br />
Comic-Strips oder Gesichtserkennungssoftwares.<br />
Wolfsons Werke<br />
sind dabei alles andere als leicht<br />
bekömmlich und stellen unbequeme<br />
Fragen: Wie werden Bilder und<br />
Informationen verarbeitet? Wie<br />
dringen Technologien in unser<br />
Denken und in unsere Wahrnehmungen<br />
ein? Wie gehen wir mit<br />
Themen wie Sexismus, Rassismus<br />
und Homophobie um? Was machen<br />
unsere Ängste mit uns?<br />
26
Éna Brennan begeisterte das Publikum bereits beim ersten Einblick zum neuen Opernatelier der Bregenzer Festspiele.<br />
Im Konzert im KUB ist die junge Künstlerin erneut zu erleben.<br />
KONZERT IM KUB<br />
In seiner Virtual-Reality-Installation<br />
Real Violence nimmt Wolfson<br />
die Besucherinnen und Besucher<br />
mit ins virtuelle New York und lässt<br />
sie unheimlich realitätsnah in die<br />
Großstadt eintauchen. Wolkenkratzer<br />
ragen in den Himmel, Autos<br />
und gelbe Taxis rauschen vorbei,<br />
Straßenlärm ist zu hören. Doch<br />
dann ereignet sich ein ungeheuerlicher<br />
Vorfall: Ein Mann prügelt einen<br />
anderen mit einem Baseballschläger<br />
zu Tode. Als tatenlose Zeugen des<br />
Geschehens werden Besucherinnen<br />
und Besucher zu (Mit-)Schuldigen.<br />
GEGEN RASSISMUS<br />
UND UNTERDRÜCKUNG<br />
Im Erdgeschoss des KUB sind<br />
zwanzig Hologramm-Ventilatoren<br />
befestigt, sie drehen sich mit hoher<br />
Geschwindigkeit und erzeugen die<br />
Illusion von Bildern, die im Raum<br />
schweben, rotieren, pulsieren und<br />
zersplittern. In Artists Friends<br />
Racists mischen sich Emojis, Davidsterne<br />
und die Arme einer Zeichentrickfigur<br />
unter Porträts berühmter<br />
Künstlerinnen und Künstler. Auch<br />
Wolfson reiht sich ein. Den Projektionen,<br />
die Wolfsons Bewunderung<br />
und Wertschätzung für seine Künstlerkollegen<br />
und Freunde Ausdruck<br />
verleihen, sind Bilder gegenüber-<br />
gestellt, die seine Verachtung<br />
zeigen für unterdrückerische Autoritäten<br />
und für die subtilen und<br />
offensichtlichen Formen eines in<br />
die moderne weiße Identität eingeschriebenen<br />
Rassismus.<br />
KONZERT MIT ÉNA BRENNAN<br />
UND MITGLIEDERN DES SOV<br />
Die <strong>Sommer</strong>ausstellung ist auch<br />
dieses Jahr Schauplatz des Konzerts<br />
im KUB, das in Kooperation<br />
mit den Bregenzer Festspielen einen<br />
weiteren Einblick in das Bregenzer<br />
Opernatelier bietet. Kuratiert<br />
wird das Konzert von Éna Brennan,<br />
die auf vielfältige Weise künstlerisch<br />
tätig ist: Sie spielt Geige, singt<br />
und komponiert, erzeugt elektronische<br />
Klänge und ist zudem als<br />
Grafikdesignerin tätig. Im Rahmen<br />
des Opernateliers arbeitet sie derzeit<br />
als Komponistin gemeinsam mit<br />
Regisseur David Pountney und dem<br />
bildenden Künstler Hugo Canoilas<br />
an einem neuen Musiktheaterwerk.<br />
2024 soll es bei den Bregenzer Festspielen<br />
seine Uraufführung feiern.<br />
In den Mittelpunkt des Konzert<br />
im KUB rückt die belgisch-irische<br />
Künstlerin ein Streichquartett, das<br />
Musik von Komponistinnen und Komponisten<br />
verschiedenster Genres<br />
aus dem 20. und 21. Jahrhundert<br />
spielt. Wie verändert Musik unsere<br />
Wahrnehmung von Raum und Zeit?<br />
Geraten wir durch Klänge gar ins<br />
Schweben und lassen uns in andere<br />
Sphären entführen? Mit ihrem betörenden<br />
Programm lädt Éna Brennan<br />
gemeinsam mit Musikerinnen und<br />
Musikern des Symphonieorchesters<br />
Vorarlberg das Publikum zu einer<br />
außergewöhnlichen Reise zu den<br />
eigenen Sinnen ein.<br />
DAS KUB PRÄSENTIERT:<br />
JORDAN WOLFSON<br />
16. Juli – 9. Oktober <strong>2022</strong><br />
Öffnungszeiten in<br />
der Festspielsaison<br />
Montag bis Sonntag:<br />
10.00 - 18.00 Uhr<br />
Donnerstag:<br />
10.00 - 20.00 Uhr<br />
www.kunsthaus-bregenz.at<br />
KONZERT IM KUB<br />
9. August – 21.00 Uhr<br />
Mit Éna Brennan sowie<br />
Musikerinnen und Musikern<br />
des SOV<br />
27
DEN SOMMER<br />
ERLEBEN<br />
BREGENZ ERLEBEN<br />
Wer in Bregenz unterwegs ist, hätte manchmal gerne mehr. Mehr Stunden, mehr<br />
vom Tag, mehr vom See und Berg. Warum das so ist? Vielleicht wegen der<br />
vielen besonderen hidden places, also der versteckt-schönen Plätzen, die es<br />
am österreichischen Abschnitt des Bodenseeufers gibt.<br />
Das schier unendliche Angebot<br />
von Bregenz lässt sich<br />
schlecht in ein paar Worten<br />
beschreiben. Was Bregenz neben<br />
der malerisch schönen Lage am<br />
Bodensee so einzigartig macht,<br />
sind die Events der Landeshauptstadt,<br />
die das ganze Jahr über<br />
das Stadtleben prägen. »Events<br />
eignen sich aus unserer Sicht<br />
ideal dazu, den Facettenreichtum<br />
der Stadt Bregenz aufzuzeigen<br />
und vor allem erlebbar zu machen«,<br />
erklärt der Geschäftsführer der<br />
Bregenz Tourismus & Stadtmarketing<br />
GmbH Robert S. Salant das<br />
Vorgehen seines 15-köpfigen Teams.<br />
MUSEEN & GALERIEN<br />
Das Kunsthaus Bregenz (KUB)<br />
und das vorarlberg museum zeigen<br />
bereits von außen ihre Einzigartigkeit.<br />
Das Kunsthaus Bregenz wurde<br />
1997 vom international renommierten<br />
und mit dem Pritzker-Preis<br />
ausgezeichneten Schweizer Architekten<br />
Peter Zumthor erbaut.<br />
Es zählt zu den bedeutendsten<br />
Museumsbauten der zeitgenössischen<br />
Architektur.<br />
Inspiriert von Terra-Sigillata-<br />
Gefäßen, römischer Keramik aus<br />
der Museumssammlung, nutzten<br />
die Künstler den Boden handelsüblicher<br />
PET-Flaschen als Form<br />
und versahen die Außenwand des<br />
vorarlberg museums mit einer<br />
auf den ersten Blick zufällig wirkenden,<br />
de facto aber in einem<br />
komplexen mathematischen Verfahren<br />
berechneten Struktur.<br />
Die Ausstellungen zur Geschichte<br />
Vorarlbergs, Volkskunde und<br />
Archäologie richten sich an alle,<br />
die Freude am Entdecken haben.<br />
EVENTS & KULINARIK<br />
Ein weiterer <strong>Sommer</strong>-Höhepunkt<br />
ist das Bregenzer Hafenfest, das<br />
vom 26. bis 28. August <strong>2022</strong> den<br />
Hafenvorplatz in eine atmosphärische<br />
Kulisse für ein vielfältiges<br />
kulinarisches und musikalisches<br />
Angebot verwandelt.<br />
Natürlich kommt auch die Kulinarik<br />
in Bregenz nicht zu kurz. Unter<br />
der Überschrift »Das kulinarische<br />
Dutzend« (www.visitbregenz.com)<br />
sind witzig-frech und übersichtlich<br />
zwölf Lokale beschrieben und bebildert.<br />
Von der gemütlichen Bierbar<br />
über trendige Frühstückscafés<br />
bis zum feinen Haubenlokal – alle<br />
finden einen Ort zum Verweilen je<br />
nach Gusto.<br />
Weitere Informationen unter<br />
www.visitbregenz.com<br />
28
29<br />
BREGENZ ERLEBEN
BREGENZER FESTSPIELE 2023<br />
PROGRAMM<br />
VORSCHAU<br />
BREGENZER FESTSPIELE 2023<br />
OPER IM FESTSPIELHAUS<br />
ERNANI<br />
GIUSEPPE VERDI<br />
Sechs Jahre bevor Giuseppe<br />
Verdi in Rigoletto einem brisanten<br />
Stoff über die Rache<br />
des Narren an seinem Machthaber<br />
zu Weltruhm verhalf, komponierte<br />
er bereits ein packendes Drama um<br />
Liebe und Rache. Auch diese Oper,<br />
Ernani, beruht auf einem Theaterstück<br />
des französischen Autors<br />
Victor Hugo, dessen Text Verdi<br />
zu seinem einzigartigen Stil mit<br />
ergreifenden Arien, mitreißenden<br />
Chören und effektvollen Szenen<br />
inspirierte. Ernani wurde zu einer<br />
seiner meistgespielten Opern im<br />
19. Jahrhundert.<br />
eint der gemeinsame Wunsch, sich<br />
am König zu rächen. Als dieser im<br />
Dom zu Aachen zum neuen Kaiser<br />
gewählt wird, droht er jedoch den<br />
Verschwörern mit harten Strafen.<br />
Elvira erwirkt die Begnadigung und<br />
wird Ernani versprochen. Doch der<br />
gekränkte Silva erinnert sich an<br />
ein früheres Versprechen seines<br />
Rivalen und heizt unbarmherzig die<br />
Rachestimmung erneut an.<br />
Lyrisches Drama in vier<br />
Akten (1844) | Libretto von<br />
Francesco Maria Piave |<br />
In italienischer Sprache mit<br />
deutschen Übertiteln<br />
PREMIERE<br />
19. Juli 2023 – 19.30 Uhr<br />
Es ist die Rache, die die drei<br />
männlichen Hauptfiguren immer<br />
wieder antreibt, und natürlich dreht<br />
sie sich um die Liebe zu einer Frau.<br />
Der Rebellenführer Ernani erkennt<br />
im spanischen König Carlo den<br />
Mörder seines Vaters und möchte<br />
sich umso mehr an ihm rächen,<br />
als dieser seiner eigenen Geliebten<br />
Elvira die Liebe gesteht. Sie<br />
soll jedoch mit Silva verheiratet<br />
werden, was Ernani versucht zu<br />
verhindern. Diese beiden wiederum<br />
Dieser fiktiven Handlung mit<br />
Verweisen auf das 16. Jahrhundert<br />
widmen sich Lotte de Beer und<br />
Christof Hetzer, die ihren Phantasiereichtum<br />
im Umgang mit<br />
historischen Stoffen 2017 in der<br />
Inszenierung von Rossinis Moses in<br />
Ägypten bewiesen haben. Erneut<br />
arbeiten sie mit dem Dirigenten<br />
Enrique Mazzola zusammen, der<br />
seine Leidenschaft für Verdis Musik<br />
bei Rigoletto auf der Seebühne zum<br />
Ausdruck brachte.<br />
VORSTELLUNGEN<br />
23. Juli – 11.00 Uhr<br />
31. Juli – 19.30 Uhr<br />
Festspielhaus<br />
Musikalische Leitung Enrique Mazzola<br />
Inszenie rung Lotte de Beer<br />
Bühne | Kostüme Christof Hetzer<br />
Prager Philharmonischer Chor<br />
Wiener Symphoniker<br />
Bühnenmusik in Kooperation mit dem<br />
Vorarlberger Landeskonservatorium<br />
30
SPIEL AUF DEM SEE<br />
M ADA ME BUTTERFLY<br />
GIACOMO PUCCINI<br />
Giacomo Puccinis Madame<br />
Butterfly, eine der heute<br />
meistgespielten Opern, ist<br />
einen weiteren <strong>Sommer</strong> lang auf der<br />
Seebühne zu erleben. Bühnenbildner<br />
Michael Levine erfand mit dem<br />
feingezeichneten japanisch wirkenden<br />
Papier eine magische Plattform<br />
im Bodensee für die ergreifende<br />
Geschichte der Cio-Cio-San. Mit<br />
atmosphärischen Videoprojektionen<br />
und Antony McDonalds farbenprächtigen<br />
Kostümen inszeniert<br />
Andreas Homoki, Intendant des<br />
Opernhauses Zürich, diese ergreifende<br />
Oper in der einzigartigen<br />
Kulisse am Bregenzer Seeufer.<br />
Oper in drei Akten (1904) | Libretto<br />
von Luigi Illica und Giuseppe<br />
Giacosa | In italienischer Sprache<br />
mit deutschen Übertiteln<br />
PREMIERE<br />
20. Juli 2023 – 21.15 Uhr<br />
VORSTELLUNGEN<br />
21., 22., 23., 25., 26., 27., 28.,<br />
29. & 30. Juli – 21.15 Uhr<br />
1., 2., 4., 5., 6., 9., 10., 11., 12.,<br />
13., 15., 18., 19. & 20. August –<br />
21.00 Uhr<br />
Seebühne | Festspielhaus<br />
Musikalische Leitung<br />
Enrique Mazzola, Yi-Chen Lin<br />
Inszenie rung Andreas Homoki<br />
Bühne Michael Levine<br />
Kostüme Antony McDonald<br />
Bregenzer Festspielchor<br />
Prager Philharmonischer Chor<br />
Wiener Symphoniker<br />
ORCHESTERKONZERTE<br />
WIENER SYMPHONIKER<br />
Wie Giacomo Puccini ein<br />
musikalisches Japan<br />
erfand oder Giuseppe<br />
Verdi in Ernani einen spanischen<br />
Herrscher des 16. Jahrhunderts in<br />
Musik fasste, zeigt die einzigartige<br />
Fähigkeit der Musik, mit wenigen<br />
Klängen eine ganze Welt in unserer<br />
Phantasie entstehen zu lassen.<br />
Länder, Gestalten und Kulturen,<br />
aber auch mehrere Jahrhunderte<br />
vereinen sich über Grenzen hinweg<br />
und verändern unsere Wahrnehmung.<br />
Richard Strauss lädt zum<br />
höfischen Tanz und schwelgt in<br />
seinen Vier letzten Liedern in satten<br />
Klangfarben. Die barocke Virtuosität<br />
und Improvisationsfreude lässt<br />
der israelische Komponist Ayal<br />
Adler in seiner Uraufführung wieder<br />
aufleben, in welcher der Dirigent<br />
Omer Meir Wellber auch als Solist<br />
am Cembalo und Akkordeon zu<br />
erleben ist.<br />
Im dritten Violinkonzert der<br />
Komponistin Grazyna Bacewicz<br />
führt der österreichische Geiger<br />
Benjamin Schmid in das volkstümliche<br />
Polen. Der melodische<br />
Reichtum Erich Wolfgang Korngolds<br />
prägt bis heute den Hollywood-<br />
Sound, den der österreichische<br />
Komponist im Exil zu großer<br />
Popularität verhalf. Walt Disneys<br />
Fantasia wiederum machte Paul<br />
Dukas’ Zauberlehrling weltberühmt,<br />
wo Goethes literarische Figur mitreißend<br />
vor unseren Augen erscheint.<br />
Ein auf den Straßen von Odessa<br />
bekanntes Lied prägt das Scherzo<br />
von Dmitri Schostakowitschs zweitem<br />
Cellokonzert, das der russische<br />
Komponist mit seinem unvergleichlichen<br />
grotesken Humor verarbeitete.<br />
Mit diesem Konzert ist der<br />
aus der Vorarlberg stammende<br />
Cellist Kian Soltani erneut bei den<br />
Bregenzer Festspielen zu erleben.<br />
31<br />
24. Juli 2023 – 19.30 Uhr<br />
Dirigent | Cembalo | Akkordeon<br />
Omer Meir Wellber<br />
Werke von Ayal Adler und<br />
Richard Strauss<br />
30. Juli 2023 – 11.00 Uhr<br />
Dirigent Dirk Kaftan<br />
Sopran Marlis Petersen<br />
Werke von Richard Strauss u. a.<br />
7. August 2023 – 11.00 Uhr<br />
Dirigentin Marie Jacquot<br />
Violine Benjamin Schmid<br />
Werke von Maurice Ravel, Grazyna<br />
Bacewicz und Erich Wolfgang Korngold<br />
SYMPHONIEORCHESTER<br />
VORARLBERG<br />
20. August 2023 – 11.00 Uhr<br />
Dirigent Leo McFall<br />
Violoncello Kian Soltani<br />
Werke von Paul Dukas, Dmitri<br />
Schostakowitsch, Antonín Dvořak
Viel Vorfreude wünschen<br />
die Partner der Bregenzer Festspiele.<br />
HAUPTSPONSOREN<br />
GREEN ENERGY<br />
PARTNER<br />
PRODUKTIONSSPONSOREN<br />
GrECo International AG<br />
Hilti Foundation<br />
LIEBHERR-Turmdrehkrane<br />
Wiener Städtische Versicherung AG<br />
CO-SPONSOREN & PARTNER<br />
AGM<br />
Coca-Cola<br />
Dallmayr Kaffee<br />
Hendrick's Gin<br />
Kryolan<br />
Leica Camera<br />
Mohrenbrauerei<br />
Paul Mitchell<br />
Pfanner & Gutmann<br />
Rauch Fruchtsäfte<br />
Red Bull<br />
Ricola<br />
Römerquelle<br />
Schlumberger (Wein- und<br />
Sektkellerei)<br />
SUBVENTIONSGEBER<br />
PARTNER