SB_20890BRLP
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2021<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Modellentwicklung zur<br />
Vorauslegung von reibgeschweißten<br />
Aluminium-Stahl<br />
Hybridverbindungen durch<br />
ganzheitliche Abbildung der<br />
Verbindungsbildung mittels<br />
FEM
Modellentwicklung zur<br />
Vorauslegung von<br />
reibgeschweißten Aluminium-<br />
Stahl Hybridverbindungen<br />
durch ganzheitliche Abbildung<br />
der Verbindungsbildung mittels<br />
FEM<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 20.890 BR<br />
DVS-Nr.: 05.3268<br />
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg<br />
Institut für Werkstoff- und Fügetechnik<br />
Lehrstuhl Fügetechnik<br />
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg<br />
Institut für Mechanik Juniorprofessur Fluid-<br />
Struktur Kopplung in Mehrkörpersystemen<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 20.890 BR / DVS-Nr.: 05.3268 der Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die<br />
AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen<br />
Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2021 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 533<br />
Bestell-Nr.: 170643<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-533-0<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Schlussbericht vom 30.06.2022<br />
zu IGF-Vorhaben Nr. 20890 BR<br />
Thema<br />
Modellentwicklung zur Vorauslegung von reibgeschweißten Aluminium-Stahl<br />
Hybridverbindungen durch ganzheitliche Abbildung der Verbindungsbildung mittels FEM<br />
Berichtszeitraum<br />
01.12.2019 bis 31.12.2021 (Projekt wurde verlängert)<br />
Forschungsvereinigung<br />
Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
Forschungseinrichtung(en)<br />
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Werkstoff- und Fügetechnik, Lehrstuhl für<br />
Fügetechnik<br />
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Mechanik, Juniorprofessur Fluid-Struktur<br />
Kopplung in Mehrkörpersystemen
Seite V des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20.890 BR<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Nomenklatur<br />
VII<br />
1 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung 1<br />
2 Stand der Technik 4<br />
2.1 Modellierungsansatz: Verbindungsbildung und -festigkeit . . . . . . . . . . . . . 4<br />
2.2 Simulation des Reibschweißprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
2.3 Numerische Spannungsanalyse an Schweißbauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />
3 Forschungsziel und Lösungsweg 14<br />
4 Schweißversuche und Prozesssimulation 16<br />
4.1 Planung und Durchführung von Reibschweißversuchen . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
4.2 Simulation der Reibschweißversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
5 Verbindungsbildung und -festigkeit 25<br />
5.1 Experimentelle Ermittlung der Verbindungsfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
5.2 Analyse der Verbindungsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
5.2.1 Lichtmikroskopische Untersuchung der Kontaktebene . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
5.2.2 Rasterelektronenmikroskopische Untersuchung der Kontaktebene . . . . . . . . 29<br />
5.3 Modellierung der Verbindungsbildung und Simulation der Verbindungsfestigkeit 32<br />
5.4 Fazit: Berechnung der zulässigen Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />
6 Struktursimulation 38<br />
6.1 Experimentelle Analyse der Härte in der Wärmeeinflusszone . . . . . . . . . . . 38<br />
6.2 Planung und Durchführung der Wärmebehandlungsversuche . . . . . . . . . . . 39<br />
6.2.1 Versuchsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
6.2.2 Versuchsaufbau und Erprobung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />
6.2.3 Versuchsdurchführung und Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />
6.2.4 Ermittlung der plastischen Materialeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />
6.3 Modellentwicklung und -validierung: Härte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />
6.4 Aufbau und Erprobung der Struktursimulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />
6.5 Fazit: Berechnung der vorhandenen Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />
7 Simulationsmethodik: Validierung und Anwendung 58<br />
7.1 Validierung der Simulation für die Verbindungsfestigkeit . . . . . . . . . . . . . 58<br />
7.2 Anwendung der Struktursimulation: Simulation Kerbzugversuch . . . . . . . . . 60<br />
8 Transfermaßnahamen 63<br />
8.1 Geplante Transfermaßnahmen während der Projektlaufzeit . . . . . . . . . . . . 63<br />
8.2 Geplante spezifische Transfermaßnahmen nach Abschluss des Vorhabens . . . . 64<br />
8.3 Durchgeführte Transfermaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />
9 Gegenüberstellung der Ergebnisse mit den Zielsetzungen 68
Seite VI des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20.890 BR<br />
10 Erläuterung zur Verwendung der Zuwendungen 70<br />
10.1 Forschungseinrichtung 1 (OvGU - IWF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />
10.2 Forschungseinrichtung 2 (OvGU - IFME) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />
11 Wissenschaftlich-technischer und wirtschaftlicher Nutzen der Forschungsergebnisse<br />
für kleine und mittlere Unternehmen 71<br />
11.1 Wissenschaftlich-technischer Beitrag der Forschungsergebnisse . . . . . . . . . . 71<br />
11.2 Wirtschaftlicher Nutzen der Forschungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />
Anhang 72<br />
Literaturverzeichnis 85<br />
Abbildungsverzeichnis 91<br />
Tabellenverzeichnis 92
Seite 1 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20.890 BR<br />
1 Wissenschaftlich-technische und<br />
wirtschaftliche Problemstellung<br />
Die heutigen ingenieurwissenschaftlichen Anstrengungen im Bereich der Produktentwicklung<br />
konzentrieren sich zunehmend auf eine effiziente Nutzung von Energie- und Rohstoffressourcen.<br />
Vor diesem Hintergrund gewinnt das Gestaltungsprinzip des konsequenten Leichtbaus<br />
im Maschinen- und Anlagenbau mehr und mehr an Bedeutung. Ein möglicher Ansatz ist die<br />
gezielte Ausnutzung technologischer Eigenschaften verschiedener Materialien in Hybridstrukturen.<br />
Das verfolgte Ziel ist dabei stets eine fortdauernde Verbesserung der Produkteigenschaften<br />
hinsichtlich der Funktionserfüllung, -sicherheit und -dichte sowie die Reduzierung<br />
des Ressourceneinsatzes und des Energieverbrauches. Entsprechend ihres Einsatzgebietes,<br />
im Automobil- und Transportwesen, dem Werkzeug- und Vorrichtungsbau und in der Luftund<br />
Raumfahrtindustrie, bestehen Hybridstrukturen häufig aus Kombinationen metallischer<br />
Werkstoffe mit Aluminiumlegierungen. Die Gebrauchstauglichkeit einer solchen Struktur<br />
hängt maßgeblich von der werkstoffadäquaten Ausbildung der Fügezone ab. Zahlreiche etablierte<br />
Fügeverfahren können deshalb nur bedingt angewandt werden, da sie unter anderem<br />
dem unterschiedlichen Verhalten der Fügepartner in der Herstellungsphase nicht Rechnung<br />
tragen (z.B. divergierende physikalische Eigenschaften der Werkstoffe beim Schmelzschweißen)<br />
oder durch zusätzliche Fügeelemente den Aufwand für die Fügeoperationen deutlich<br />
erhöhen (z.B. bei Niet- und Schraubenverbindungen). Vor diesem Hintergrund bieten Fügeverfahren<br />
wie das Rotationsreibschweißen 1 , welche auf der plastischen Deformation der<br />
Fügepartner beruhen, einen erheblichen Vorteil. Dieses ermöglicht die Realisierung einer<br />
stoffschlüssigen Verbindung ohne das Aufschmelzen der Grundwerkstoffe und ohne die Verwendung<br />
von weiteren Fügeelementen, Schweißhilfsstoffen oder Schweißzusätzen. Gewöhnlich<br />
werden beim Reibschweißen zwei zumeist rotationsymmetrische Werkstücke an ihren<br />
Kontaktflächen relative zueinander bewegt und unter Ausnutzung der dabei entstehenden<br />
Wärme und unter Aufbringung einer axialen Kraft miteinander verschweißt. Abb. 1-1 illustriert<br />
den Aufbau des Verfahrens für das Fügen einer Verbindung aus Aluminium und Stahl.<br />
Die bestimmenden Prozessparameter sind die Axialkraft F z sowie die Drehzahl n. Hinsichtlich<br />
des zeitlichen Verlaufs von Axialkraft und Drehzahl wird der Reibschweißprozess generell<br />
in eine Reibphase und eine anschließende Stauchphase unterteilt. Das wesentliche Ziel der<br />
Reibphase ist die Erzeugung von Reibungswärme für die anschließende elastisch-plastische<br />
Deformation der Werkstoffe in der Stauchphase. Diese ermöglicht das Verdrängen von Verunreinigungen<br />
und Oxiden aus der Fügezone, sodass die Werkstoffe unmittelbar in Kontakt<br />
treten können. Als Folge können Diffusionsvorgänge stattfinden, die Festkörperreaktionen<br />
zwischen den beteiligten Fügepartnern ermöglichen und auf diese Weise eine stoffschlüssige<br />
Verbindung schaffen. Im Falle von reibgeschweißten Hybridverbindungen aus Aluminium<br />
und Stahl bildet sich in der Fügezone durch die ablaufenden Festkörperreaktionen intermetallische<br />
Phasen (IMP). Ihre Entstehung basiert auf der begrenzten Löslichkeit von Eisen<br />
in Aluminium und umgekehrt im festen Zustand. Untersuchungen [2] zeigen, dass sich die<br />
Phasen FeAl 3 (Θ-Phase) und Fe 2 Al 5 (η-Phase) bilden.<br />
Aufgrund der Präzision, Robustheit, Reproduzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit ist das Reib-<br />
1 Es sei daraufhingewiesen, dass nachfolgend aus nur noch der Begriff Reibschweißen verwendet wird, gemeint<br />
ist jedoch immer das Roatationsreibschweißen.
Seite 2 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20.890 BR<br />
Stator<br />
Rotor<br />
t ≠ 0<br />
n(t)<br />
F z (t)<br />
Stahl<br />
t = 0<br />
Aluminium<br />
Spannmittel<br />
Spannmittel<br />
Abbildung 1-1: Prinzipieller Aufbau des Rotationsreibschweißens<br />
schweißen ein industriell verbreitetes und gut etabliertes Fügeverfahren. Bereits heute können<br />
serientauglich reibgeschweißte Aluminium-Stahl-Hybridbauteile hergestellt werden [2].<br />
Entscheidend für die Auslegung solcher Hybridstrukturen sind die Kenntnisse der zulässigen<br />
σ zul und der vorhandenen Beanspruchung σ vor . Mit ihrer Hilfe kann die konstruktive<br />
Schweißsicherheit S der Verbindungen beurteilt werden:<br />
S = σ vorh<br />
σ zul<br />
≤ 1. (1-1)<br />
Unter der Voraussetzung, dass bei reibgeschweißte Aluminium-Stahl-Hybridbauteilen die<br />
Verbindung den schwächsten Bereich der Struktur darstellt, kann die zulässige Beanspruchung<br />
mithilfe der Verbindungsfestigkeit 2 R, welche durch einen geeigneten Versuch ermittelt<br />
werden muss, und einem Sicherheitsbeiwert S zul , welcher durch die gewählte Konstruktionsrichtlinie<br />
festgelegt wird, berechnet werden:<br />
σ zul =<br />
R<br />
S zul<br />
mit S zul ≥ 1. (1-2)<br />
Die Verbindungsfestigkeit ist das Resultat der Verbindungsbildung im Schweißprozess. Daher<br />
ist es nativ die Verbindungsfestigkeit über eine Korrelation mit der Verbindungsbildung zu<br />
beschreiben. Trotz der langjährigen empirischen Erforschung sind für den Reibschweißprozess<br />
bisher keine zuverlässigen Modellierungsansätze zur prädiktive Abschätzung der Verbindungsbildung<br />
erprobt. Aus diesem Grund kann eine Verbesserung der Verbindungsbildung<br />
und eine damit verbundenen Erhöhung der Festigkeit der Schweißverbindung auf Basis der<br />
Prozessparametrierung, der Fügegeometriegestaltung und der Werkstoffauswahl ausschließlich<br />
experimentell erprobt werden. Die vorhandene Beanspruchung einer Schweißverbindung<br />
wird durch die geometrische Abmessung des Bauteils, die anliegende Belastung sowie die<br />
Umgebungs-und Lagerungsrandbedingungen bestimmt. Ihre Berechnung ist oftmals nur numerisch<br />
möglich. Die numerische Simulation der wirkenden Spannungen in Schweißbauteilen<br />
ist zwar heute gängige Praxis, wird jedoch hauptsächlich unter der Annahme eines<br />
linear-elastischem Materialverhaltens ohne die Berücksichtigung der Gefügeänderungen in<br />
der Wärmeeinflusszone 3 (WEZ) und der damit verbundenen Änderung des plastischen Materialverhaltens<br />
(Fließgrenze und Verfestigungsverhalten) durchgeführt. Dadurch wird die<br />
Spannungsverteilung nur unzureichend abgebildet, weshalb hohe Sicherheitsbeiwerte bei der<br />
Auslegung angewendet werden, was zu einer Überdimensionierung der Schweißverbindung<br />
2 Die Verbindungsfestigkeit bezeichnet die höchstmögliche Beanspruchbarkeit, welche am Werkstoffübergang<br />
des Schweißbauteils ertragen werden kann.<br />
3 An dieser Stelle sei noch ergänzt, dass auch die WEZ den schwächsten Bereich innerhalb eines Schweißbauteils<br />
darstellen kann. In diesem Fall ist für die Berechnung der zulässigen Beanspruchung die Verbindungsfestigkeit<br />
R in Glg. (1-2) entsprechend durch die Festigkeit der WEZ zu ersetzen.
Seite 3 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20.890 BR<br />
führen kann. Dieses Vorgehen steht jedoch im Widerspruch zum Ziel des Einsatzes von Hybridverbindungen<br />
als Leichtbaustrukturen. Darüber hinaus ist unter der Annahme linearelastischen<br />
Materialverhaltens eine Beurteilung der Schweißsicherheit bei Überlastszenarien<br />
nicht realisierbar. Als Konsequenz ist eine elastisch-plastische Auslegung der Schweißbauteilverbindung<br />
notwendig. Es ist leicht zu erkennen, dass ein Forschungsbedarf sowohl für die<br />
Berechnung der vorhandenen Beanspruchung im Schweißbauteil als auch für die Abschätzung<br />
der zulässigen Beanspruchung der Schweißverbindung besteht. Ziel des Forschungsvorhabens<br />
ist die Entwicklung und Erprobung von geeigneten Modellierungsansätzen für die prädiktive<br />
elastisch-plastische Vorauslegung von reibgeschweißten Hybridverbindungen.
Seite 4 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 20.890 BR<br />
2 Stand der Technik<br />
2.1 Modellierungsansatz: Verbindungsbildung und<br />
-festigkeit<br />
Die Verbindungsfestigkeit von Schweißbauteilen wird durch die Verbindungsbildung im<br />
Schweißprozess bestimmt. Es ist deshalb naheliegend die Verbindungsfestigkeit über eine<br />
Korrelation mit der Verbindungsbildung zu beschreiben. Beim Reibschweißen ist die Verbindungsbildung<br />
das Resultat von Festkörperreaktionen, welche infolge von Diffusionsvorgängen<br />
stattfinden können, die wiederum erst durch einen unmittelbaren Kontakt zwischen<br />
den am Fügeprozess beteiligten Werkstoffoberflächen ermöglicht werden. Im Kontext der<br />
Verbindungsbildung ist unter dem Begriff des unmittelbaren Kontakts ein direkter Kontakt 4<br />
zwischen den beiden metallischen Grundwerkstoffen gemeint. Vor dem Hintergrund, dass die<br />
Beschaffenheit der Oberfläche von metallischen Werkstoffen weder ideal glatt noch frei von<br />
Oxiden und Verunreinigungen ist, kann ein unmittelbarer Kontakt im Schweißprozess nicht<br />
initial entstehen. Voraussetzung dafür ist das bestehende und infolge des Aufbrechens und<br />
Verdrängens von Oxiden und Verunreinigung entstehende Hohlräume geschlossen werden,<br />
bis sich schließlich ein unmittelbarer Kontakt eingestellt hat. Diesen Vorgang des Schließens<br />
von Hohlräumen durch Deformation hat Tanaka [3] experimentell und numerisch<br />
hinsichtlich der Einflußgrößen untersucht. Tanaka zeigte, dass die Reduktion des Volumens<br />
eines Hohlraumes ∆V unter einer Druckbelastung von der, den Hohlraum umgebenden,<br />
Spannungstriaxialität T abhängig ist. Die Spannungstriaxialität ist das Verhältnis aus dem<br />
hydrostatischem Druck p und der Vergleichsspannung nach Huber-von Mises 5 σ, welche<br />
mithilfe des Cauchy-Spannunstensor T und des Einstensors I berechnet werden:<br />
T = p σ<br />
mit p = 1 3 sp (T ) und σ = √<br />
3<br />
2 T ′ : T ′ und T ′ = T − pI. (2-1)<br />
Darin kennzeichnen sp (□) die Spur und □ ′ den Deviator des Tensors. Um das Schließen von<br />
Hohlräumen quantitativ zu beschreiben schlug Tanaka eine Modellgleichung vor, die einen<br />
Indikator w 6 berechnet:<br />
w =<br />
t∫<br />
end<br />
t 0<br />
−T ˙εdt mit ˙ε =<br />
√<br />
2<br />
3 D′ : D ′ und D ′ = D − 1 sp (D) I, (2-2)<br />
3<br />
der mit der Reduktion des Volumens von Hohlräumen funktional korreliert werden kann:<br />
∆V = V (t 0) − V (t end )<br />
V (t 0 )<br />
= F (w) . (2-3)<br />
4 Metall-zu-Metall-Kontakt<br />
5 Im Folgenden wird die Vergleichsspannung nach Huber-von Mises nur noch als von Mises-Spannung<br />
bezeichnet.<br />
6 Es ist zu beachten, dass die Spannungstriaxialität für einen Druckspannungszustand negative ist, sodass<br />
der Indikator einen positiven Wert annimmt.