Evolution und Populationsgenetik
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GL Biologie IA<br />
<strong>Evolution</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Populationsgenetik</strong><br />
Zusammenfassung Kapitel 22-27<br />
Anic Ostertag, Mai 2008
Inhaltsverzeichnis<br />
Kapitel 22 – <strong>Evolution</strong> <strong>und</strong> Darwin................................................4<br />
Behauptungen Darwins................................................................................................................................4<br />
Hauptideen Darwins.....................................................................................................................................4<br />
Natürliche Selektion......................................................................................................................................4<br />
<strong>Evolution</strong>.......................................................................................................................................................4<br />
Morphologie – Homologien...........................................................................................................................4<br />
Biogeographie: geographische Verbreitung der Arten.................................................................................5<br />
Fossilienbelege.............................................................................................................................................5<br />
Kapitel 23 – Die <strong>Evolution</strong> von Populationen.................................6<br />
<strong>Populationsgenetik</strong>....................................................................................6<br />
Die Synthetische <strong>Evolution</strong>stheorie vereinigte Darwins Selektionstheorie <strong>und</strong> Mendels Genetik ..............6<br />
Der Genpool einer Population ist durch die Häufigkeit ihrer Allele definiert...............................................6<br />
Das Hardy-Weinberg-Gesetz beschreibt eine nicht evolvierende Population..............................................6<br />
Ursachen der Mikroevolution......................................................................7<br />
Mikroevolution ist ein Wandel in der Allelfrequenz einer Population von Generation zu Generation. ........7<br />
Die beiden Hauptursachen für Mikroevolution sind genetischer Drift <strong>und</strong> natürliche Selektion ................7<br />
Genetische Variabilität: Gr<strong>und</strong>lage für die natürliche Selektion.....................7<br />
Genetische Variabilität tritt innerhalb von Populationen auf.......................................................................7<br />
Mutationen <strong>und</strong> sexuelle Rekombination erzeugen genetische Variabilität................................................8<br />
Diploidie <strong>und</strong> balancierte Polymorphismen erhalten die Variabilität...........................................................8<br />
Nähere Betrachtung der natürlichen Selektion als Mechanismus der adaptiven<br />
<strong>Evolution</strong>...................................................................................................9<br />
Die evolutionäre Fitness ist der relative Beitrag eines Individuums zum Genpool der nächsten<br />
Generation....................................................................................................................................................9<br />
Die Selektion kann sich gerichtet, disruptiv oder stabilisierend auf ein variierendes Merkmal auswirken. 9<br />
Die natürliche Selektion begünstigt sexuelle Fortpflanzung......................................................................10<br />
Sexuelle Selektion kann zu auffälligen sek<strong>und</strong>ären Geschlechtsunterschieden führen ...........................10<br />
Die natürliche Selektion kann keine perfekten Organismen hervorbringen..............................................10<br />
Kapitel 24 – Die Entstehung der Arten........................................12<br />
Was ist eine Art?......................................................................................12<br />
Der biologische Artbegriff betont die reproduktive Isolation (Barrieren verhindern Kreuzung)................12<br />
Präzygotische <strong>und</strong> postzygotische Fortpflanzungsbarrieren isolieren die Genpools biologischer Arten...12<br />
Der biologische Artbegriff hat einige gravierende Beschränkungen.........................................................13<br />
Möglichkeiten der Artbildung....................................................................13<br />
Allopatrische Artbildung: Geographische Barrieren können zur Entstehung von Arten führen.................13<br />
Sympatrische Artbildung: eine neue Art kann inmitten des geographischen Verbreitungsgebietes ihrer<br />
Ausgangsart entstehen...............................................................................................................................14<br />
Das Modell des Punktualismus regte Forschungen über die Geschwindigkeit der Artbildung an.............14<br />
Von der Artbildung zur Makroevolution......................................................14<br />
Die meisten evolutionären Strukturen sind abgeänderte Versionen älterer Strukturen...........................14<br />
„Evo-Devo“-Forschung: Gene, welche die Entwicklung steuern, spielen auch in der <strong>Evolution</strong> eine<br />
wichtige Rolle.............................................................................................................................................14<br />
Reicht die Synthetische Theorie zur Erklärung der Makroevolution?.........................................................15<br />
Ein <strong>Evolution</strong>strend bedeutet nicht, dass die <strong>Evolution</strong> zielgerichtet verläuft...........................................15<br />
Kapitel 25 – Phylogenie <strong>und</strong> Systematik.....................................16<br />
Fossilienbelege <strong>und</strong> geologische Zeit........................................................16<br />
Sedimentgesteine sind die reichhaltigsten Quellen für Fossilien...............................................................16<br />
Paläntologen verfügen über eine Vielzahl von Methoden, um Fossilien zu datieren.................................16<br />
Die Fossilienbelege stellen eine wesentliche, aber unvollständige Chronik der Stammesgeschichte dar16<br />
Die Phylogenie hat eine biogeographische Triebfeder in der Kontinentaldrift..........................................16<br />
Die Geschichte des Lebens ist geprägt durch wiederholte Massenaussterben.........................................17<br />
Systematik: Die Verbindung zwischen Klassifizierung <strong>und</strong> Phylogenie..........17<br />
Die Taxonomie wendet ein hierarchisches Klassifizierungssystem an......................................................17<br />
Die moderne phylogenetische Systematik beruht auf kladistischen Analysen (Kladistik)........................17<br />
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Die Systematiker können die Phylogenie aus molekularen Daten ableiten...............................................18<br />
Das Prinzip der Parsimonie hilft den Systematikern, die Phylogenie zu rekunstruieren → Stammbäume 19<br />
Stammbäume sind hypothetisch................................................................................................................19<br />
Mithilfe molekularer Uhren lässt sich die <strong>Evolution</strong>szeit verfolgen............................................................19<br />
Kapitel 26 – Die junge Erde <strong>und</strong> die Entstehung des Lebens ........21<br />
Einführung in die Geschichte des Lebens ..................................................21<br />
Vor 3.5 bis 4 Mrd. Jahren entstand das Leben auf der Erde.......................................................................21<br />
Prokaryoten bestimmten die <strong>Evolution</strong>sgeschichte von Beginn an für etwa 1.5 Mrd Jahren allein ..........21<br />
Sauerstoff begann sich in der Atmosphäre vor 2.7 Mrd. Jahren anzureichern...........................................21<br />
Eukaryotisches Leben bildete sich vor 2.1 Mrd. Jahren..............................................................................21<br />
Vielzellige Eukaryoten erschienen vor 1.2 Mrd. Jahren..............................................................................21<br />
Die Vielfalt der Tiere vergrösserte sich explosionsartig während des frühen Kambrium..........................21<br />
Pflanzen, Pilze <strong>und</strong> Tiere eroberten das Festland vor etwa 500 Mio Jahren..............................................21<br />
Der Ursprung des Lebens..........................................................................22<br />
Die ersten Zellen könnten durch chemische <strong>Evolution</strong> auf der jungen Erde entstanden sein: Eine<br />
Übersicht.....................................................................................................................................................22<br />
Die spontane abiotische Entstehung von Biomonomeren ist eine Überprüfbare Hypothese....................22<br />
Bei experimenteller Simulation der Bedingungen auf der Ur-Erde kondensieren Biomonomere zu<br />
Makromolekülen.........................................................................................................................................23<br />
Das erste genetische Material war vermutlich nicht DNA, sondern RNA...................................................23<br />
Protobionten konnten sich durch Selbstassemblierung bilden, wie Simulationsexperimente zeigen.......23<br />
Mit Erbinformation ausgestattete Protobionten wurden durch die natürliche Selektion angepasst .........23<br />
Die Entstehung des Lebens bleibt ein Objekt der wissenschaftlichen Spekulation, <strong>und</strong> es gibt alternative<br />
Vorschläge zu den verschiedenen Schlüsselprozessen..............................................................................23<br />
Die Hauptlinien des Lebens ......................................................................24<br />
Das 5-Reiche-System..................................................................................................................................24<br />
Das Einteilen der Organismen in Reiche ist noch nicht abgeschlossen. ...................................................24<br />
Kapitel 27 – Prokaryoten <strong>und</strong> die Entstehung der<br />
Stoffwechselvielfalt..................................................................25<br />
Die Welt der Prokaryoten.........................................................................25<br />
Prokaryoten gibt es (fast) überall – Übersicht............................................................................................25<br />
Bacteria <strong>und</strong> Archaea bilden die beiden Hauptzweige der prokaryotischen <strong>Evolution</strong> .............................25<br />
Bau, Funktion <strong>und</strong> Fortpflanzung der Prokaryoten......................................25<br />
Fast alle Prokaryoten besitzen eine Zellwand ausserhalb ihrer Plasmamembran.....................................25<br />
Viele Prokaryoten können sich gerichtet fortbewegen..............................................................................26<br />
In Zellaufbau <strong>und</strong> Genomorganisation unterscheiden sich die Prokaryoten f<strong>und</strong>amental von den<br />
Eukaryoten..................................................................................................................................................27<br />
Populationen von Prokaryoten wachsen <strong>und</strong> adaptieren sich sehr schnell...............................................27<br />
Diversität der Ernährung <strong>und</strong> des Stoffwechsels.........................................28<br />
Prokaryoten können nach der Art ihrer Kohlenstoff- <strong>und</strong> Energiequellen in 4 Kategorien eingeteilt<br />
werden:.......................................................................................................................................................28<br />
Die Photosynthese entstand in der Stammesgeschichte der Prokaryoten schon früh..............................29<br />
Eine Übersicht der prokaryotischen Vielfalt................................................29<br />
Die molekulare Systematik führt zu einer phylogenetischen Klassifizierung der Prokaryoten..................29<br />
Wissenschaftler finden eine grosse Vielfalt von Archaea in extremen Lebensräumen <strong>und</strong> in den Ozeanen<br />
....................................................................................................................................................................31<br />
Die ökologische Bedeutung der Prokaryoten..............................................33<br />
Prokaryoten sind unentbehrlich für das Recycling chemischer Elemente in Ökosystemen......................33<br />
Viele Prokaryoten leben mit anderen Organismen eng zusammen...........................................................33<br />
Pathogene Prokaryoten verursachen viele menschliche Krankheiten.......................................................34<br />
Menschen nutzen Prokaryoten in Forschung <strong>und</strong> Biotechnologie..............................................................34<br />
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Kapitel 22 – <strong>Evolution</strong> <strong>und</strong> Darwin<br />
Kapitel 22 – <strong>Evolution</strong> <strong>und</strong> Darwin<br />
Behauptungen Darwins<br />
1. Moderne Arten entwickelten sich aus altertümlichen Formen (Gemeinsame Abstammung mit fortwährender<br />
Modifikation = neu aus alt.)<br />
2. Natürliche Selektion ist Hauptmechanismus für <strong>Evolution</strong><br />
Hauptideen Darwins<br />
Die natürliche Selektion ist der unterschiedliche Fortpflanzungserfolg (die ungleiche Überlebens- <strong>und</strong> Fortpflanzungsfähigkeit<br />
von Individuen). Begünstigte Merkmale sind in der nächsten Generation überdurchschnittlich<br />
repräsentiert. Diese zunehmende Häufigkeit begünstigter Merkmale in einer Population ist <strong>Evolution</strong>.<br />
Die natürliche Selektion erfolgt durch eine Wechselwirkung der Umwelt <strong>und</strong> der unter den einzelnen<br />
Organismen einer Population vorhandenen Variabilität. Das Produkt der natürlichen Selektion ist die Anpassung<br />
von Organismen/Populationen an ihre Umwelt.<br />
Natürliche Selektion<br />
• Natürliche Selektion beruht auf einem unterschiedlichen Fortpflanzungserfolg, ermöglicht durch eine erbliche<br />
Variation unter den Individuen einer Population <strong>und</strong><br />
der Tendenz einer Population, sehr viel mehr Nachkommen<br />
hervorzubringen, als die Umwelt aufnehmen kann.<br />
• Die natürliche Selektion führt zur Anpassung, zum Vorhandensein<br />
erblicher Merkmale, die für die lokale Umgebung<br />
gut geeignet sind.<br />
• Natürliche Selektion ist zeit- <strong>und</strong> ortsabhängig.<br />
• Sie kann ausschliesslich erbliche Variationen verstärken<br />
oder verringern. Erworbenen Merkmale werden nicht vererbt<br />
(entgegen Lamarck)<br />
<strong>Evolution</strong><br />
• Selektion → evolutionäre Anpassung → <strong>Evolution</strong> 1<br />
• Gradualismus: Eine Sicht der Erdgeschichte, die massive Veränderungen als das kumulative Ergebnis<br />
langsamer, aber kontinuierlicher Prozesse erklärt (Hutton <strong>und</strong> Lyell). → Ebnete der Abstammungslehre<br />
den Weg.<br />
• Population = kleinste Einheit die evolvieren kann<br />
• Beagle, Entdeckung: Pflanzen <strong>und</strong> Tiere der gemässigten Regionen Südamerikas näher verwandt mit denen<br />
in den tropischen Gebieten des Kontinents, als mit den Arten aus den gemässigten Breiten Europas<br />
Beispiel: <strong>Evolution</strong> von insektizidresistenten Insekten → ein Insektizid erzeugt keine resistenten Individuen,<br />
sondern es selektiert resistente Insekten, die bereits in der Population vorhanden waren.<br />
Morphologie – Homologien<br />
• Vielfalt des Lebens → Produkt der <strong>Evolution</strong><br />
• Homologien: Merkmalsähnlichkeiten infolge gemeinsamer Abstammung<br />
• Anatomische Homologien (homologe Strukturen): anatomische Anzeichen für <strong>Evolution</strong>. Gr<strong>und</strong>legende<br />
Struktur wurde modifiziert, weil sie bei jeder Art eine andere Funktion erfüllt.<br />
• Im Laufe der <strong>Evolution</strong> finden Umbauprozesse statt (Um- nicht Neubauten) → historische Einschränkungen<br />
1 Genetische Zusammensetzung der Population im Laufe der Zeit geändert<br />
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Kapitel 22 – <strong>Evolution</strong> <strong>und</strong> Darwin<br />
• Rudimentäre Organe: historische Überbleibsel von Körperteilen, die bei Vorfahren wichtige Funktionen<br />
erfüllten<br />
• Embryologische Homologien: z.B. Wirbeltiere Kiementaschen<br />
• Molekulare Homologien: Pflanzen – Mensch sonst nicht vergleichbar aber DNA, RNA, genetischer<br />
Code im Wesentlichen universell<br />
• Homologien spiegeln taxonomische Hierarchie des Stammbaums des Lebens wider → Entwicklungsgeschichte.<br />
Die entwicklungsgeschichtlichen Beziehungen zwischen den Arten sind in ihrer DNA <strong>und</strong> ihren<br />
Proteinen dokumentiert – in den Genen <strong>und</strong> deren Produkten.<br />
Biogeographie: geographische Verbreitung der Arten<br />
• Arten in der Regel näher mit anderen Spezies aus dem gleichen Gebiet verwandt als mit Arten aus anderen<br />
Gebieten, aber mit gleicher Lebensweise. Bsp. Gleitbeutler näher mit Känguru, als mit Gleithörnchen<br />
(Nordamerika) verwandt.<br />
• Endemische Arten: nirgendwo sonst auf der Erde vorkommende Arten<br />
• Die meisten Inselarten sind mit Arten auf dem nächstgelegenen Festland oder benachbarten Inseln verwandt.<br />
• Konvergente <strong>Evolution</strong>: die Entwicklung von ähnlichen Merkmalen<br />
bei miteinander nicht verwandten Arten, die im Lauf der<br />
<strong>Evolution</strong> durch Anpassung an eine ähnliche Funktion <strong>und</strong> ähnliche<br />
Umweltbedingungen ausgebildet wurden. Bsp. Ähnlichkeit<br />
zwischen Gleitbeutlern <strong>und</strong> Gleithörnchen.<br />
Fossilienbelege<br />
Prokaryoten – Fische – Amphibien – Reptilien – Säugetiere & Vögel<br />
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konvergente <strong>Evolution</strong>
Kapitel 23 – Die <strong>Evolution</strong> von Populationen<br />
Kapitel 23 – Die <strong>Evolution</strong> von<br />
Populationen<br />
<strong>Populationsgenetik</strong><br />
• Individuen werden ausgelesen, aber Populationen evolvieren<br />
Die Synthetische <strong>Evolution</strong>stheorie vereinigte Darwins Selektionstheorie<br />
<strong>und</strong> Mendels Genetik<br />
(1940er Jahre)<br />
Der Genpool einer Population ist durch die Häufigkeit ihrer Allele<br />
definiert<br />
• Population = lokal begrenzte Gruppe von Individuen derselben Art<br />
• Art = Gruppe von Populationen, die sich in der Natur potenziell untereinander fortpflanzen können<br />
• Individuen in der Nähe eines Populationszentrums im Durchschnitt näher miteinander verwandt als mit<br />
Mitgliedern anderer Populationen<br />
• Genpool = Gesamtbestand an Genen in einer Population zu einem bestimmten Zeitpunkt. Er besteht aus<br />
sämtlichen Allelen an allen Genorten bei allen Individuen der Population<br />
• Wenn alle Vertreter einer Population homozygot für dasselbe Allel sind → dieses Allel ist im Genpool fixiert<br />
• Der Genpool einer Population ist durch Häufigkeit (Frequenz) ihrer Allele definiert<br />
Das Hardy-Weinberg-Gesetz beschreibt eine nicht evolvierende<br />
Population<br />
• d.h. das sexuelle Vermischen der Allele bei der Meiose <strong>und</strong> die zufällige Befruchtung wirkt sich nicht auf<br />
den Gesamtgenpool einer Population aus. Es beschreibt, auf welche Weise das System Mendels keine<br />
Tendenz zeigt, Allelfrequenzen zu ändern.<br />
• Für die natürliche Selektion ist genetische Variabilität erforderlich, auf eine genetisch gleichförmige Population<br />
kann sie nicht einwirken.<br />
• Hardy-Weinberg-Gleichung → Allelhäufigkeit in einem Genpool (Figure 23.5, Abb. 23.3)<br />
p + q = 1; p 2 + 2pq + q 2 = 1<br />
Frequenz des Frequenz des Frequenz des<br />
Genotyps XX Genotypen Xx u. xX Genotyps xx<br />
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Kapitel 23 – Die <strong>Evolution</strong> von Populationen<br />
• Um im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht zu sein, muss eine Population 5 Bedingungen erfüllen:<br />
• Eine sehr grosse Population<br />
• Keine Migration<br />
• Keinerlei Mutationen<br />
• Völlig zufällige Paarung<br />
• Keine natürliche Selektion<br />
Eine Abweichung von der Stabilität eines Genpools → i.d.R. <strong>Evolution</strong><br />
Ursachen der Mikroevolution<br />
Mikroevolution ist ein Wandel in der Allelfrequenz einer Population von<br />
Generation zu Generation.<br />
Das ist bereits dann der Fall, wenn sich die Häufigkeiten von Allelen für nur einen einzigen Genort ändern.<br />
Die beiden Hauptursachen für Mikroevolution sind genetischer Drift <strong>und</strong><br />
natürliche Selektion<br />
(Genfluss <strong>und</strong> Mutationen).<br />
→ natürliche Selektion stets vorteilhaft<br />
→ genetischer Drift, Genfluss, Mutationen sind<br />
positiv, negativ oder neutral<br />
• natürliche Selektion: hängt vorteilhafte Genotypen<br />
in einer Population an <strong>und</strong> erhält sie<br />
• genetischer Drift: bei kleinen Populationen<br />
→ „Stichprobenfehler“ (verschwindet später<br />
nach Vergrösserung der Population wieder);<br />
zufällige Veränderung der Allelfrequenzen<br />
einer Population<br />
• Flaschenhals- 2 <strong>und</strong> Gründereffekt 3 können Populationen<br />
so stark schrumpfen lassen, dass sie klein genug für einen<br />
genetischen Drift sind (z.B. Amish people)<br />
• Genfluss: genetischer Austausch aufgr<strong>und</strong> von Wanderungen<br />
fruchtbarer Individuen oder Gameten zwischen Populationen.<br />
Verringert tendenziell die Unterschiede zwischen<br />
Populationen. Ist er intensiv genug → vermischen benachbarter<br />
Populationen zu einer einzigen Population mit gemeinsamem<br />
Genpool<br />
• Mutationen: Veränderungen an der DNA eines Organismus. An einem bestimmten Genlocus selten, aber<br />
die kumulativen Effekte von Mutationen an allen Loci kann sich bedeutend auswirken (auf lange Sicht)<br />
→ natürliche Selektion.<br />
Genetische Variabilität: Gr<strong>und</strong>lage für die<br />
natürliche Selektion<br />
Genetische Variabilität tritt innerhalb von Populationen auf<br />
Individuelle Variation tritt in Populationen aller sich sexuell fortpflanzenden Arten auf<br />
Nicht die gesamte Variabilität ist erblich Bsp. Farbe Landkärtchen<br />
2 Drastische Reduktion der Populationsgrösse aufgr<strong>und</strong> von Katastrophen verringert deren Variabilität<br />
3 Genetischer Drift in einer neuen Kolonie (isolierte Insel, See…)<br />
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Kapitel 23 – Die <strong>Evolution</strong> von Populationen<br />
Variabilität innerhalb Populationen<br />
Die meiste erbliche Variabilität besteht aus quantitativen Merkmalen, die kontinuierlich innerhalb einer<br />
Population variieren (z.B. Grösse von Blumen).<br />
Quantitative Variabilität deutet i.d.R. auf polygene Vererbung hin, ein sich addierender Effekt von zwei oder<br />
mehreren Genen auf ein einziges phänotypisches Merkmal.<br />
Qualitative (diskrete) Merkmale (z.B. Blütenfarbe), lassen sich auf Entweder-oder-Basis klassifizieren,<br />
weil sie im Allgemeinen durch einen einzigen Genlocus mit unterschiedlichen Allelen bestimmt werden, die<br />
zu voneinander abweichenden Phänotypen führen.<br />
Polymorphismus bezieht sich nur auf diskrete Merkmale; wenn für ein Merkmal, zwei oder mehr unterschiedliche<br />
Morphen jeweils in ausreichend hoher Häufigkeit repräsentiert sind.<br />
Ermitteln der genetischen Variabilität<br />
Gendiversität = Ø %-Satz heterozygoter Loci<br />
Nucleotiddiversität = Unterschiede zwischen Individuen in den Nucleotid-Sequenzen<br />
Variabilität zwischen Populationen<br />
Die meisten Arten zeigen eine geographische Variation. Diese kann auch innerhalb von Populationen auftreten.<br />
Erstens weil Fleckenhaft verteilte Variabilität oder zweitens weil in Unterpopulationen gegliedert.<br />
Kline: Kontinuierliche Veränderung eines Merkmals entlang einer geographischen Achse → „Merkmalsgradient“<br />
z.B. Ø Körpergrösse nordamerik. Säugetier- <strong>und</strong> Vogelarten steigt mit zunehmendem Breitengrad<br />
(Oberfläche : Volumen).<br />
Mutationen <strong>und</strong> sexuelle Rekombination erzeugen genetische Variabilität<br />
Mutation<br />
Treten meistens in somatischen Zellen auf <strong>und</strong> gehen mit dem Tod des Individuums verloren. Nur solche<br />
Zell-Linien die Keimzellen produzieren, können weitervererbt werden. Eine Mutation, die ein Protein genügend<br />
verändert, um seine Funktion zu beeinflussen, ist häufiger nachteilig als vorteilhaft. Mutationen können<br />
aufgr<strong>und</strong> veränderter Umweltbedingungen von negativ auf positiv wechseln. Generationszeit entscheidend<br />
für Geschwindigkeit von genetischen Variabilitätsveränderungen.<br />
Sexuelle Rekombination<br />
2 Gameten → 1 Zygote; Crossing over<br />
Diploidie <strong>und</strong> balancierte Polymorphismen erhalten die Variabilität<br />
d.h. wirken der natürlichen Selektion entgegen, die Variation zu verringern.<br />
Diploidie<br />
Rezessive Allele können aufgr<strong>und</strong> ihrer Ausbreitung durch heterozygote Individuen in einer Population<br />
überdauern → latente Variabilität. Je seltener das rezessive Allel, desto grösser der Schutz vor natürlicher<br />
Selektion. Bei veränderten Umweltbedingungen können diese Allele plötzlich Vorteile bringen.<br />
Balancierter Polymorphismus<br />
= Fähigkeit der natürlichen Selektion, stabile Häufigkeiten von zwei oder mehr Phänotypen in einer Population<br />
zu erhalten.<br />
2 Mechanismen:<br />
1) Heterozygotenvorteil (Heterosiseffekt): Heterozygoten bessere Überlebenschancen <strong>und</strong> Fortpflanzungserfolg<br />
2) häufigkeitsabhängige Selektion: Überlebensfähigkeit <strong>und</strong> Fortpflanzungserfolg irgendeiner Morphe geht<br />
zurück, wenn dieser Phänotyp in der Population zu häufig wird (z.B. Parasiten – Wirt)<br />
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Kapitel 23 – Die <strong>Evolution</strong> von Populationen<br />
Neutrale Variabilität<br />
Variabilitäten, die sich nicht offensichtlich als Erfolg oder Misserfolg erweisen → neutral<br />
Nähere Betrachtung der natürlichen Selektion als<br />
Mechanismus der adaptiven <strong>Evolution</strong><br />
Adaptive <strong>Evolution</strong> = Mischung aus Zufall <strong>und</strong> Auslese<br />
● Zufall: bei der Entstehung neuer genetischer Variationen durch Mutation <strong>und</strong> sexuelle Rekombination<br />
● Auslese: beim Einwirken der Selektion, wenn diese die Ausbreitung einiger zufälligen Varianten<br />
gegenüber anderen begünstigt<br />
Die evolutionäre Fitness ist der relative Beitrag eines Individuums zum<br />
Genpool der nächsten Generation<br />
Die „evolutionäre Fitness“ oder Darwin-Fitness ist der Beitrag eines Individuums zum Genpool der nächsten<br />
Generation im Verhältnis zu den Beiträgen anderer Individuen.<br />
Relative Fitness<br />
Beitrag eines Genotyps zur nächsten Generation im Verhältnis zu den Beiträgen alternativer Genotypen (im<br />
Bezug auf einen Locus).<br />
Entscheidend ist nicht das Überleben, sondern der Fortpflanzungserfolg.<br />
Ein Lebewesen setzt seinen Phänotyp <strong>und</strong> nicht seinen Genotyp der Umwelt aus.<br />
Durch ihre Einwirkung auf Phänotypen passt die natürliche Selektion eine Population an deren Umwelt an,<br />
indem sie vorteilhafte Genotypen im Genpool zunehmen lässt oder erhält.<br />
Die relative Fitness eines Allels hängt von dem gesamten genetischen Umfeld ab, indem es wirkt.<br />
Die Selektion kann sich gerichtet, disruptiv oder stabilisierend auf ein<br />
variierendes Merkmal auswirken<br />
Gerichtete Selektion<br />
Am häufigsten in Zeiten von Umweltveränderungen oder Abwanderungen in Lebensräume mit veränderten<br />
Umweltbedingungen. Sie verschiebt die Häufigkeitskurve für Variationen eines phänotypischen Merkmals<br />
in die eine oder andere Richtung, indem sie zunächst relativ seltene Individuen begünstigt, die für dieses<br />
Merkmal vom Durchschnitt abweichen.<br />
Disruptive Selektion<br />
Wenn sich Umweltbedingungen auf eine Weise verändern, die Individuen an beiden Extremen eines phänotypischen<br />
Spektrums gegenüber den dazwischen liegenden Phänotypen begünstigt.<br />
Stabilisierende/optimierende Selektion<br />
Wirkt gegen extreme Phänotypen <strong>und</strong> begünstigt die gewöhnlicheren, dazwischen liegenden Varianten. Sie<br />
verringert die Variabilität <strong>und</strong> erhält den Ist-Zustand für ein bestimmtes phänotypisches Merkmal.<br />
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Kapitel 23 – Die <strong>Evolution</strong> von Populationen<br />
Die natürliche Selektion begünstigt sexuelle Fortpflanzung<br />
Gemessen am Reproduktionserfolg ist Sex einer ungeschlechtlichen Fortpflanzung weit unterlegen. Aber die<br />
genetische Variabilität auf kurze Sicht – von Generation zu Generation – hat wohl Bedeutung. z.B. Wirt-Parasit-Beziehung<br />
(Rote-Königin-Effekt) – Krankheitsresistenzen<br />
Sexuelle Selektion kann zu auffälligen sek<strong>und</strong>ären<br />
Geschlechtsunterschieden führen<br />
→ Sexual-/ Geschlechtsdimorphismus: oft Grössenunterschied, farbenprächtiges Gefieder, Mähne, Geweih,<br />
andere Zierden<br />
Intrasexuelle Selektion<br />
= Selektion innerhalb desselben Geschlechts<br />
Direkte Konkurrenz unter den Individuen eines Geschlechts um anders geschlechtliche Partner (z.B. Rangkämpfe<br />
unter Männchen = ritualisiertes Imponiergehabe)<br />
Intersexuelle Selektion<br />
= Partnerwahl (gewöhnlich das Weibchen)<br />
Paradox: einige der Merkmale, die offenbar anziehend auf Geschlechtspartner wirken, scheinen in keiner<br />
anderen Hinsicht adaptiv zu sein <strong>und</strong> können in der Natur sogar ein gewisses Risiko bergen. Aber sie steigert<br />
den Fortpflanzungserfolg <strong>und</strong> bleiben so erhalten. Sie signalisieren (vermutlich) auch Ges<strong>und</strong>heit. (Trotz<br />
auffälligerem Aussehen, wurden sie nicht gefressen.)<br />
Die natürliche Selektion kann keine perfekten Organismen hervorbringen<br />
1) die <strong>Evolution</strong> ist durch historische Einschränkungen limitiert<br />
2) Anpassungen sind oft Kompromisse<br />
3) Nicht jeder <strong>Evolution</strong>sschritt ist adaptiv. Zufall wirkt mit.<br />
4) Die Selektion kann nur existierende Varianten begünstigen<br />
…<br />
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Kapitel 23 – Die <strong>Evolution</strong> von Populationen<br />
…<br />
…<br />
Die natürliche Selektion wirkt auf der Basis „besser als“.<br />
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Kapitel 24 – Die Entstehung der Arten<br />
Kapitel 24 – Die Entstehung der Arten<br />
Makroevolution<br />
Entstehung neuer taxonomischer Gruppen (neue Arten, Gattungen, Familien oder sogar Reiche)<br />
Artbildung<br />
= Speziation, das Entstehen neuer Arten, entscheidender Prozess<br />
Fossilienf<strong>und</strong>e dokumentieren zwei verschiedene Muster der Artbildung<br />
1) Anagenese = phylogenetische <strong>Evolution</strong>; Anhäufung von Veränderungen<br />
bei der Umwandlung einer Art in eine Andere<br />
2) Divergenz bzw. Kladogenese = Artspaltung; eine Stammart spaltet<br />
sich in zwei gleichzeitig existierende Schwesterarten auf. Mehrere dieser<br />
Ereignisse → Stammesverzweigung.<br />
Nur bei der Kladogenese erhöht sich die Artenzahl <strong>und</strong> somit die biologische Vielfalt.<br />
Was ist eine Art?<br />
Der biologische Artbegriff betont die reproduktive Isolation (Barrieren<br />
verhindern Kreuzung)<br />
Art = Population oder Gruppe von Populationen, deren Mitglieder sich unter natürlichen Bedingungen kreuzen<br />
können <strong>und</strong> dabei lebensfähige, fruchtbare Nachkommen hervorbringen<br />
Biospezies = grösste Einheit von Populationen, in der genetischer Austausch möglich <strong>und</strong> der genetisch von<br />
anderen solchen Populationen isoliert ist.<br />
Präzygotische <strong>und</strong> postzygotische Fortpflanzungsbarrieren isolieren die<br />
Genpools biologischer Arten<br />
Präzygotische (progame) Barrieren<br />
verhindern eine Paarung zwischen Arten oder die Befruchtung der Eizelle<br />
Habitatisolation: Populationen leben in verschiedenen Lebensräumen <strong>und</strong> treffen nicht aufeinander<br />
Verhaltensisolation: wenige oder keine sexuelle Anziehung zwischen ♀ <strong>und</strong> ♂.<br />
Zeitliche Isolation: die Paarung/Blüte erfolgt zu verschiedenen Jahres- oder Tageszeiten<br />
⇒ Paarung<br />
• Mechanische Isolation: Unterschiede im Bau der Geschlechtsorgane/Blüten verhindern eine Kopulation/<br />
Pollenübertragung<br />
• Gametische Isolation: bei artfremden weiblichen <strong>und</strong> männlichen Gameten passen die molekularen Erkennungsmechanismen<br />
nicht zueinander<br />
⇒ Befruchtung<br />
Postzygotische (metagame) Barrieren<br />
• Bastardsterblichkeit: Hybridzygoten entwickeln sich nicht oder erreichen nicht die Geschlechtsreife<br />
• Bastardsterilität: die Hybriden produzieren keine funktionsfähigen Gameten<br />
• Bastardzusammenbruch: die Nachkommen von Hybriden sind nur eingeschränkt lebensfähig oder –<br />
fruchtbar<br />
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Kapitel 24 – Die Entstehung der Arten<br />
Der biologische Artbegriff hat einige gravierende Beschränkungen<br />
Alternative Artbegriffe<br />
Der biologische Artbegriff ist oft untauglich, da Kreuzungsfähigkeit (s. oben) nicht überall untersucht werden<br />
kann (z.B. Fossilien, sich asexuell vermehrende Arten). Deshalb Einordnung nach baulicher (morphologischer)<br />
<strong>und</strong> biochemischer Merkmale.<br />
• Ökologischer Artbegriff: definiert Art anhand ihrer ökologischer Nische, d.h. die von ihr genutzten Umweltressourcen<br />
• Pluralistischer Artbegriff: unterschiedliche Faktoren definieren eine Art<br />
• Morphologischer Artbegriff: charakterisiert jede Art hinsichtlich ihrer einzigartigen Kombination baulicher<br />
Merkmale<br />
• Genealogischer Artbegriff: definiert eine Art als Gruppe von Organismen mit einzigartiger genetischer<br />
Geschichte<br />
Möglichkeiten der Artbildung<br />
Allopatrische Artbildung: Geographische Barrieren können zur<br />
Entstehung von Arten führen<br />
Bedingungen<br />
Geologische Prozesse können Populationen auftrennen (z.B. Gebirgszug, Landbrücke, Absinken des Wasserspiegels<br />
→ kleinere Seen) oder einige Individuen gehen vom Festland auf Inseln. Wahrscheinlichkeit<br />
von allopatrischer Artbildung nimmt zu, wenn eine Population sowohl klein als auch isoliert ist. Der Genpool<br />
einer kleinen, isolierten Population wird sich viel eher durch genetische Drift <strong>und</strong> natürliche Selektion<br />
erheblich verändern. (Bsp. Salamander)<br />
Adaptive Radiation auf Inselketten<br />
Inseln sind weit genug voneinander entfernt, dass Populationen<br />
in Isolation evolvieren können, aber nahe<br />
genug beieinander, dass es gelegentlich zu Ausbreitungsereignissen<br />
kommen kann. Eine solche <strong>Evolution</strong><br />
vieler unterschiedlicher angepasster Arten aus<br />
einem gemeinsamen Vorfahren bezeichnet man als<br />
adaptive Radiation.<br />
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Kapitel 24 – Die Entstehung der Arten<br />
Sympatrische Artbildung: eine neue Art kann inmitten des<br />
geographischen Verbreitungsgebietes ihrer Ausgangsart entstehen<br />
Polyploide Artbildung bei Pflanzen<br />
Entstehen durch Zufälle bei der Zellteilung, die zu einem zusätzlichen Chromosomensatz führen, eine Mutationsform<br />
→ Autopolyploidie; Allopolyploidie (Hybrid zweier verschiedener Arten), i.d.R. steril, aber ungeschlechtliche<br />
Vermehrung durch Ableger. Viele Nahrungspflanzen die wir anbauen sind polyploid.<br />
Sympatrische Artbildung bei Tieren<br />
z.B. wenn genetische Faktoren einige Tiere auf Ressourcen festlegen, die von der<br />
Elternpopulation nicht genutzt werden → Isolation<br />
Das Modell des Punktualismus regte Forschungen über die<br />
Geschwindigkeit der Artbildung an<br />
Modell des Punktualismus<br />
Eine Art verändert sich dann am stärksten, wenn sie gerade von ihrer<br />
Elternart abgezweigt wurde <strong>und</strong> wandelt sich anschliessend für den<br />
Rest ihrer Existenz nur noch geringfügig (Sichtweise auf äussere Anatomie<br />
<strong>und</strong> Skelett beschränkt).<br />
Modell des Gradualismus<br />
Von einem gemeinsamen Ahnen abstammende Arten divergieren in ihrer<br />
Morphologie allmählich immer mehr, weil sie Schritt um Schritt<br />
spezifische Anpassungen entwickeln (bei Fossilien eher selten gef<strong>und</strong>en).<br />
Von der Artbildung zur Makroevolution<br />
= die kumulativen Veränderungen durch Millionen von Artbildungsepisoden im Laufe von gewaltigen<br />
Zeiträumen<br />
Die meisten evolutionären Strukturen sind abgeänderte Versionen<br />
älterer Strukturen<br />
In einigen Fällen entwickelten sich sehr komplexe Strukturen aus einfacheren mit derselben gr<strong>und</strong>legenden<br />
Funktion z.B. das Auge.<br />
<strong>Evolution</strong>äre Neuheiten können jedoch auch durch die allmähliche Verbesserung existierender Strukturen<br />
für neue Funktionen entstehen. → Exaptation, Erklärung dafür, wie sich neuartige Merkmale allmählich<br />
über eine Reihe von Zwischenstadien herausbilden können, von denen jedes in der gegenwärtigen Umwelt<br />
der Organismen eine Funktion erfüllt.<br />
„Evo-Devo“-Forschung: Gene, welche die Entwicklung steuern, spielen<br />
auch in der <strong>Evolution</strong> eine wichtige Rolle<br />
(evolution – development)<br />
Gene, welche die Entwicklung programmieren, steuern Geschwindigkeit, zeitliche Abstimmung <strong>und</strong> räumliche<br />
Muster von Veränderungen der Gestalt eines Lebewesens (Zygote → erwachsener Organismus). Die<br />
Gestalt eines Lebewesens hängt z.T. von der relativen Wachstumsrate seiner verschiedenen Körperteile während<br />
der Entwicklung ab. Diese Proportionierung → allometirsches Wachstum (z.B. Schädelform Schimpanse<br />
– Mensch).<br />
Die <strong>Evolution</strong> einer Morphologie, die durch eine Modifikation des allometrischen Wachstums entsteht, ist<br />
ein Bsp. für Heterochronie = evolutionäre Veränderung in der zeitlichen Abstimmung oder der Geschwindigkeit<br />
von Entwicklungsschritten (z.B. Füsse von Salamander). Eine relativ geringe genetische Verände-<br />
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Kapitel 24 – Die Entstehung der Arten<br />
rung kann so verstärkt werden, dass daraus eine gravierende morphologische Veränderung resultiert, die<br />
Makroevolution kennzeichnet. Durch Heterochronie kann sich auch das „Timing“ der Entwicklung zur Geschlechtsreife<br />
im Vergleich zur Entwicklung somatischer Organe ändern → Neotenie oder „Paedomorphose“.<br />
D.h. manche Arten behalten als erwachsene Tiere Merkmale bei, die bei ihren Vorfahren für Juvenilstadien<br />
kennzeichnend waren (z.B. Axolotl (Schwanzlurchart)). Die Heterochronie beeinflusst die <strong>Evolution</strong><br />
der Morphologie, indem sie die Entwicklungsgeschwindigkeit verschiedener Körperteile ändert. Dies geschieht<br />
dadurch, dass die Entwicklung eines bestimmten Körperteils zu einem anderen Zeitpunkt beginnt<br />
oder endet.<br />
Makorevolution kann auch aus der Veränderung von Genen resultieren, die Position <strong>und</strong> räumliche Organisation<br />
von Körperteilen steuern → homöotische Gene. Die Produktion einer bestimmten Klasse von homöotischen<br />
Genen, die sogenannten Hox-Gene, liefern Informationen über die Lage in einem Tierembryo. Diese<br />
Positionsinformationen veranlassen Zellen, sich zu Strukturen zu entwickeln, die für diese bestimmte<br />
Stelle passend sind. Modifikationen der Hox-Gene können sich tiefgreifend auf die Morphologie auswirken.<br />
(Bsp. <strong>Evolution</strong> Tetrapoden aus den Fischen; Wirbeltiere aus Wirbellosen)<br />
Reicht die Synthetische Theorie zur Erklärung der Makroevolution?<br />
• Synthetische Theorie: Wechselwirkungen zwischen Organismus <strong>und</strong> Umwelt<br />
• Frankfurter Theorie: Wechselwirkungen zwischen dem Organismus <strong>und</strong> seinen Teilchenstrukturen<br />
Ein <strong>Evolution</strong>strend bedeutet nicht, dass die <strong>Evolution</strong> zielgerichtet<br />
verläuft<br />
(Bsp. <strong>Evolution</strong> Pferd)<br />
Artenselektion: Diejenigen Arten, die am längsten überdauern <strong>und</strong> die grösste Zahl neuer Arten hervorbringen,<br />
bestimmen die Richtung des Hauptevolutionstrends.<br />
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Kapitel 25 – Phylogenie <strong>und</strong> Systematik<br />
Kapitel 25 – Phylogenie <strong>und</strong> Systematik<br />
Fossilienbelege <strong>und</strong> geologische Zeit<br />
Fossilien = erhalten gebliebene Überreste oder Abdrücke von Organismen, die in der Vergangenheit lebten.<br />
Sie treten innerhalb der Schichten von Sedimentgesteinen, die den Verlauf der geologischen Zeit kennzeichnen,<br />
in einer geordneten Abfolge auf <strong>und</strong> bilden zusammengenommen den Fossilnachweis.<br />
Sedimentgesteine sind die reichhaltigsten Quellen für Fossilien<br />
Sedimentgesteine = Mineralschichten die sich aus Wasser ablagern<br />
● Sand → Sandstein<br />
● Schlamm → Schiefer<br />
● Harz → Bernstein<br />
• Organische Überreste selten, wenn, dann häufig Pollen<br />
• Harte, mineralreiche Teile, wie Schalen, Panzer, Knochen, Zähne<br />
• Versteinerungen (Abdrücke der Organismen)<br />
• Spurenfossilien (→Verhalten)<br />
Paläntologen verfügen über eine Vielzahl von Methoden, um Fossilien zu<br />
datieren<br />
Relative Datierung<br />
Weil jüngere Sedimente auf ältere aufgelagert werden, teilen uns die Sedimentsschichten Lage um Lage das<br />
relative Alter der Fossilien mit. Die Schichten an einer F<strong>und</strong>stelle kann man oft durch das Vorhandensein<br />
ähnlicher Fossilien, sog. Leitfossilien (index fossils), mit den Schichten an einer anderen F<strong>und</strong>stelle in Zusammenhang<br />
bringen. Die besten Leitfossilien sind Schalen von Meerestieren, die weit verbreitet waren.<br />
Geologische Zeitskala<br />
4 Erdzeitalter (= Perioden): Präkambium, Paläozoikum, Mesozoikum (Zeitalter der Reptilien), Känozoikum;<br />
je noch in Epochen unterteilt<br />
Die Grenzen zwischen diesen Zeitaltern entsprechen Zeiten von Massenaussterben, in denen viele Lebensformen<br />
verschwanden <strong>und</strong> anschliessend durch eine Radiation der Überlebenden ersetzt wurden.<br />
Absolute Datierung<br />
Methoden<br />
• Radiometrische Datierung für organisches Material ( 12 C : 14 C, t1/2 = 5730 J.)<br />
• Uran-238 für Gesteinsdatierung (t1/2 = 4.5 Mio. J.), kommt in geschmolzenem Lava vor<br />
• L-/D-Aminosäuren: wenn Lebewesen stirbt, wandeln sich L-AS in D-AS um = Racemisierung<br />
Die Fossilienbelege stellen eine wesentliche, aber unvollständige<br />
Chronik der Stammesgeschichte dar<br />
Die Phylogenie hat eine biogeographische<br />
Triebfeder in der Kontinentaldrift<br />
Die Kontinentalwanderung ordnet die globale Geographie fortlaufend neu.<br />
• Pangea vor ca. 250 Mio. Jahren<br />
• Laurasia / Gondwana vor ca. 180 Mio. Jahren<br />
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Kapitel 25 – Phylogenie <strong>und</strong> Systematik<br />
Die Geschichte des Lebens ist geprägt durch wiederholte<br />
Massenaussterben<br />
Die bedeutendsten Masssenaussterben:<br />
im Perm vor ca. 250 Mio. Jahren<br />
über 90% der marinen Tierarten tot, auch viele Organismen auf dem<br />
Festland<br />
• Plattentektonik: Gründung Pangea<br />
• evtl. O2-Mangel in den Ozeanen<br />
am Ende der Kreide vor ca. 65 Mio. Jahren<br />
> 50% mariner Arten tot, viele Familien landlebender Organismen<br />
<strong>und</strong> alle Dinosaurier<br />
• kälteres Klima durch Kontinentaldrift, Vulkane <strong>und</strong> andere Prozesse<br />
• evtl. Aufprall eines Asteroiden oder grossen Kometen (Einschlaghypothese)<br />
gestützt durch Iridium-reiche Sedimentschicht<br />
zwischen Mesozoikum <strong>und</strong> Känozoikum; Chicxulub-Einschlagkrater<br />
im Golf von Mexiko<br />
• Kombination möglich<br />
Systematik: Die Verbindung zwischen<br />
Klassifizierung <strong>und</strong> Phylogenie<br />
Die Taxonomie wendet ein hierarchisches Klassifizierungssystem an<br />
Die binäre Nomenklatur<br />
Gattung art / Genus species<br />
Hierarchische Klassifizierung<br />
Domäne – Reich – Stämme – Klassen – Ordnungen – Gattungen –<br />
Arten = Taxa (Taxon)<br />
Phylogenetische Bäume (Stammbäume) spiegeln die hierarchische<br />
Klassifizierung taxonomischer Gruppen wieder.<br />
Die moderne phylogenetische Systematik<br />
beruht auf kladistischen Analysen (Kladistik)<br />
Monophyletische Gruppen (Monophyla, Kladen)<br />
Kladogramm = Stammbaum mit einer Reihe von dichotomen (gabelartigen)<br />
Verzweigungspunkten; Darstellung der chronologischen<br />
Abfolge von Verzweigungen während der Stammesgeschichte einer Gruppe von Organismen<br />
Klade = Clade = einzelner <strong>Evolution</strong>szweig im Kladogramm = monophyletische Gruppe = Monophylum<br />
Erstellen eines Kladogramms<br />
Unterscheidung von Homologie <strong>und</strong> Analogie:<br />
• Homologie: Ähnlichkeit aufgr<strong>und</strong> gemeinsamer Abstammung, divergente <strong>Evolution</strong> (z.B. Vordergliedmassen<br />
bei Säugetieren)<br />
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Kapitel 25 – Phylogenie <strong>und</strong> Systematik<br />
• Analogie: Ähnlichkeit aufgr<strong>und</strong> von Konvergenz, konvergente <strong>Evolution</strong> (z.B. Flügel von Fledermäusen<br />
<strong>und</strong> Flügel von Vögeln, Kameraaugen der Wirbeltiere <strong>und</strong> Tintenfische)<br />
• Homologiekriterium:<br />
• Kriterium der Lage<br />
• Kriterium der Kontinuität (Embryonalentwicklung, Fossilien)<br />
• Kriterium der spezifischen Qualität (je komplexer zwei ähnliche Strukturen sind, desto weniger wahrscheinlicher<br />
ist es, dass sie sich unabhängig voneinander entwickelt haben; z.B. Schädel(knochen) von<br />
Schimpanse <strong>und</strong> Mensch)<br />
Identifizierung gemeinsam abgeleiteter Merkmale:<br />
alle ähnlichen<br />
Merkmale<br />
Analogien<br />
Homologien<br />
Aussgengruppenvergleich: beruhen auf der Annahme, dass es sich bei Homologien, die sowohl in den<br />
Aussengruppen, als auch in den Innengruppen auftreten, um primitive Merkmale handeln muss.<br />
Chronologie der phylogenetischen Verzweigung nicht verwechseln mit den Zeitpunkten der Entstehung der<br />
Organismen, die verglichen werden. Chronologie im Kladogramm ist relativ, nicht absolut.<br />
Die Systematiker können die Phylogenie aus molekularen Daten ableiten<br />
Je später zwei Arten von einem gemeinsamen Vorfahren abzweigten, desto ähnlicher sollten ihre DNA <strong>und</strong><br />
ihre AS-Sequenzen sein. Die molekulare Systematik ermöglicht es, phylogenetische Beziehungen festzustellen,<br />
die durch die vergleichende Anatomie <strong>und</strong> andere nicht molekulare Methoden nicht erkennbar sind.<br />
(z.B. sehr nahe Verwandte, Vergleiche zwischen morphologisch total unterschiedlichen Arten)<br />
Phylogenetische Daten aus DNA-Sequenzen<br />
primitiv<br />
(angestammt);<br />
(Plesiomorphie)<br />
abgeleitet (nur bei diesem<br />
Monophylum auftretend);<br />
(Apomorphie)<br />
DNA-Sequenzen liefern ein quantitatives Werkzeug zum Erstellen von Kladogrammen, deren Verzweigungspunkte<br />
durch Mutationen der DNA-Sequenz definiert sind, die jede monophyletische Gruppe kennzeichnen<br />
– die Synapomorphien der molekularen Systematik.<br />
rDNA verändert sich relativ langsam → Erforschung von Beziehungen zwischen Taxa, die sich bereits vor<br />
h<strong>und</strong>erten Mio. Jahren auseinander entwickelten.<br />
mtDNA evolviert sehr rasch → Erforschung von Beziehungen zwischen relativ nahe miteinander verwandten<br />
Arten oder sogar von Populationen derselben Art<br />
18/34<br />
gemeinsames<br />
primitives<br />
Merkmal =<br />
Synplesiomorphie<br />
gemeinsames<br />
abgeleitetes<br />
Merkmal =<br />
Synapomorphie
Kapitel 25 – Phylogenie <strong>und</strong> Systematik<br />
Alignment (Abgleich) von DNA-Sequenzen<br />
Haben sich die beiden Spezies (die wir vergleichen) erst vor relativ kurzer Zeit aus einem gemeinsamen<br />
Vorfahren entwickelt, so werden die beiden Sequenzen homologer DNA-Regionen wahrscheinlich noch die<br />
gleiche Länge aufweisen. Im Gegensatz dazu kann bei den homologen DNA-Sequenzen weniger nahe verwandter<br />
Arten nicht nur die Basensequenz, sondern auch die Gesamtlänge unterschiedlich sein (z.B. durch<br />
Mutationen wie Insertion oder Deletion).<br />
Das Prinzip der Parsimonie hilft den Systematikern, die Phylogenie zu<br />
rekunstruieren → Stammbäume<br />
Jede Basenänderung, z.B. Punktmutation, beim DNA-Sequenzvergleich ist ein evolutionäres Ereignis.<br />
Prinzip der Parsimonie (Sparsamkeit)<br />
= ein Naturphänomen sollte mit der einfachsten Hypothese erklärt werden,<br />
die zu den vorliegenden Fakten passt.<br />
Systematiker erstellen mithilfe des Prinzips der Parsimonie Stammbäume,<br />
die der kleinsten Zahl evolutionärer Veränderungen entsprechen.<br />
s. Abb. 25.16 (deutsche Version) oder Figure 25.15 (englische Version)<br />
Stammbäume sind hypothetisch<br />
Man wählt aus allen möglichen, die einfachste <strong>und</strong> beste Alternative aus.<br />
Für jedes Merkmal einer Art – molekulares oder morphologisches – ist erbliche<br />
Konformität häufiger als Veränderungen.<br />
Mithilfe molekularer Uhren lässt sich die<br />
<strong>Evolution</strong>szeit verfolgen<br />
Diese neuen Methoden der zeitlichen Datierung bauen auf der Beobachtung auf, dass zu mindest einige Regionen<br />
von Genomen mit konstanter Geschwindigkeit evolvieren. Neben Cytochrom c eigenen sich für solche<br />
molekularen Stammbäume v.a. Hämoglobin sowie Histone, denn die <strong>Evolution</strong>sgeschwindigkeit dieser<br />
drei Proteinfamilien ist sehr unterschiedlich.<br />
Die Verwendung molekularer Uhren als absolutes Zeitmass<br />
Für ein Gen mit einer zuverlässigen durchschnittlichen <strong>Evolution</strong>sgeschwindigkeit kann man die molekulare<br />
Uhr an der Echtzeit eichen.<br />
Bsp. Datierung des Ursprungs von HIV (sprang mehrmals auf den Menschen über)<br />
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Kapitel 25 – Phylogenie <strong>und</strong> Systematik<br />
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Kapitel 26 – Die junge Erde <strong>und</strong> die Entstehung des Lebens<br />
Kapitel 26 – Die junge Erde <strong>und</strong> die<br />
Entstehung des Lebens<br />
Einführung in die Geschichte des Lebens<br />
Vor 3.5 bis 4 Mrd. Jahren entstand das<br />
Leben auf der Erde<br />
prokaryotisches Leben war bereits auf der relativ jungen Erde<br />
erfolgreich<br />
Prokaryoten bestimmten die<br />
<strong>Evolution</strong>sgeschichte von Beginn an für<br />
etwa 1.5 Mrd Jahren allein<br />
� Fossilien in Stromatoliten (fossile Matten von Mikroorganismen)<br />
Sauerstoff begann sich in der Atmosphäre<br />
vor 2.7 Mrd. Jahren anzureichern<br />
• Cyanobakterien: oxygene Photosynthese; ca. vor 3.5 Mrd. Jahren entstanden<br />
• anoxygene Photosynthese wahrscheinlich schon sehr früh bei Prokaryoten entstanden<br />
� 2 reagierte mit gelöstem Eisen � Eisenoxid<br />
fällt aus → O2 begann aus den Gewässern auszugasen (Spuren in der Rotfärbung von eisenreichen terristrischen<br />
Gesteinen, begann vor ca. 2.7 Mrd. Jahren)<br />
• O2 reicherte sich im Wasser an, bis dieses gesättigt war O<br />
• Akkumulation von atmosphärischem O2 nahm in der Zeit zwischen 2.7 <strong>und</strong> 2.2 Mrd. Jahren kontinuierlich<br />
zu, schoss dann aber ziemlich abrupt auf einen Wert, der 10% über dem heutigen lag<br />
• O2 Entwicklung löschte viele prokaryotische Gruppen aus (anaerob)<br />
Eukaryotisches Leben bildete sich vor 2.1 Mrd. Jahren<br />
Endosymbiontentheorie (s. Figure 26.13 englische Version)<br />
Vielzellige Eukaryoten erschienen vor 1.2 Mrd. Jahren<br />
• Die Entstehung komplexer Zellen schuf die Voraussetzung für eine Diversifizierung des eukaryotischen<br />
Lebens<br />
• Zellteilung <strong>und</strong> Differenzierung � vielzellige Organismen<br />
• älteste Fossilien: 1.2 Mrd. Jahre alte Algen; grössere<br />
Fossilien erst ab ca. 570 Mio. Jahren<br />
• Schneeball Erde: Eiszeit von 750 – 570 Mio. Jahren<br />
• während frühem Kambrium: die Hauptgruppe der Tiere<br />
entstanden<br />
Die Vielfalt der Tiere vergrösserte sich<br />
explosionsartig während des frühen<br />
Kambrium<br />
Pflanzen, Pilze <strong>und</strong> Tiere eroberten das<br />
Festland vor etwa 500 Mio Jahren<br />
• Anpassungen verhindern das Austrocknen � Cuticula<br />
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Kapitel 26 – Die junge Erde <strong>und</strong> die Entstehung des Lebens<br />
• Pflanzen eroberten das Festland in enger Gemeinschaft mit den Pilzen (Wurzlen – Pilze)<br />
• Fische � Amphibien � Reptilien �<br />
• vor ca. 50 – 60 Mio. Jahren gab es bereits die meisten Grossgruppen (Ordnungen) der rezenten Säuger<br />
einschliesslich der Ordnung der Primaten<br />
• Entwicklungslinie Mensch zweigt von der Linie der übrigen Primaten erst vor etwa 5 Mio Jahren ab<br />
Der Ursprung des Lebens<br />
Die ersten Zellen könnten durch chemische <strong>Evolution</strong> auf der jungen<br />
Erde entstanden sein: Eine Übersicht<br />
Die Lösung des Paradoxons der Biogenese<br />
Lange Zeit galt die Theorie der Urzeugung (Leben enstand spontan, aus dem Nichts). Soweit wir aber wissen,<br />
entsteht heutzutage alles neue Leben auf der Erde durch die Reproduktion schon existierenden Lebens.<br />
� Biogenese (Leben-aus-Leben). (Forschung: Louis Pasteur)<br />
Die Bedingungen der jungen Erde waren ganz anders. Es gab z.B. relativ wenig atmosphärischen Sauerstoff<br />
für Oxidationsprozesse. Energiequellen wie Licht, vulkanische Aktivität <strong>und</strong> UV-Strahlen waren wesentlich<br />
intensiver als heute.<br />
Die Lösung des „Paradoxons der Biogenese“ ist, dass das Leben nicht irgendwo im Weltall auf einem anderen<br />
erdähnlichen Planten begann (Panspermien-Hypothese). Das Leben entwickelte sich auf der jungen<br />
Erde, die eine Welt mit ganz besonderen Eigenschaften war.<br />
Die Vier-Stadien-Hypothese der Entstehung des Lebens<br />
Die meisten Biologen vertreten heute die Hypothese, chemische <strong>und</strong> physikalische Prozesse auf der sehr<br />
jungen Erde hätten dazugeführt, dass schrittweise einfache Zellen entstanden.<br />
Populäres Szenario: die ersten Organismen entstanden im Verlauf einer chemischen <strong>Evolution</strong> in vier Standien.<br />
1) Abiotische Synthese <strong>und</strong> Akkumulation kleiner organischen Moleküle, darunter die späteren Biomonomere,<br />
z.B. Aminosäuren, Nukleotide<br />
2) Verknüpfung dieser Monomere zu polymeren Makromolekülen, z.B. Proteine, Nukleinsäuren<br />
3) Entstehung selbst-replizierender Moleküle, die eine Vererbung von Eigenschaften zuliessen<br />
4) Verpackung all dieser Moleküle in „Protobionten“, d.h. membranumhüllte Vesikel, deren Inneres<br />
andere chemische Eigenschaften zeigt als ihre Umgebung.<br />
Die spontane abiotische Entstehung von Biomonomeren ist eine<br />
Überprüfbare Hypothese<br />
Hypothese (1920er Jahre)<br />
• die spezifischen Bedingungen auf der primitiven Erde hätten bestimmte chemische Reaktionen begünstigt<br />
• organische Verbindungen aus anorganischen Vorstufen synthetisiert, die in der Uratmosphäre <strong>und</strong> im Urmeer<br />
vorhanden waren<br />
• früher reduzierende Atmosphäre (hauptsächlich vulkanische Gase), heute oxidierende Atmosphäre<br />
• Energie aus UV-Strahlen (damals noch keine Ozonschicht); die junge Sonne emittierte vermutlich mehr<br />
UV-Strahlung als heute<br />
Urey-Miller Experiment (1953)<br />
• Laborbedingungen mit Bedingungen auf Ur-Erde vergleichbar<br />
• Atmosphäre: H2O (g), H2, CH4, NH3<br />
Säugetiere<br />
Vögel<br />
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Kapitel 26 – Die junge Erde <strong>und</strong> die Entstehung des Lebens<br />
• heutige Vulkane: CO, CO2, N2, H2O (g)<br />
• vermutlich zusätzlich noch H2S, HCN <strong>und</strong> Spuren von O2 in Uratmosphäre<br />
• � abiotische Synthese von organischen Verbindungen (z.B. Aminosäuren)<br />
Es könnte aber auch sein, dass die Uratmosphäre keine wesentliche Rolle bei diesen chemischen Reaktionen<br />
gespielt hat. Stattdessen könnten Unterwasservulkane <strong>und</strong> die schwarzen Raucher die notwendigen Komponenten<br />
geliefert haben.<br />
Bei experimenteller Simulation der Bedingungen auf der Ur-Erde<br />
kondensieren Biomonomere zu Makromolekülen<br />
Proteinoide = abiotische Polypeptide<br />
Lösung organischer Monomere auf heissem Gestein � Polymerisation<br />
Das erste genetische Material war vermutlich nicht DNA, sondern RNA<br />
RNA-Moleküle vermutlich die ersten Enzyme<br />
Molekulare Replikation in einer RNA-Welt<br />
• RNA wirkt autokatalytisch<br />
• RNA-Katalysatoren = Ribozyme (Entfernen von Introns; helfen mit RNA zu synthetisieren (insbesondere<br />
rRNA, tRNA))<br />
• abiotische Replikation von RNA: RNA-Monomere � Bildung kurzer RNA-Polymere � Assemblierung<br />
einer komplementären RNA-Kette � komplementäre Kette dient als Matrize für die Herstellung einer<br />
Kopie des ursprünglichen “Gens”<br />
Protobionten konnten sich durch Selbstassemblierung bilden, wie<br />
Simulationsexperimente zeigen<br />
Protobionten = Vorläufer der lebenden Zellen; gebildet durch Aggregation von abiotisch entstandenen Makromolekülen;<br />
nicht zur exakten Reproduktion imstande; bildeten jedoch einen von der Umgebung abgeschlossenen<br />
chemischen Reaktionsraum; zeigten schon Stoffwechsel <strong>und</strong> Erregbarkeit<br />
Mit Erbinformation ausgestattete Protobionten wurden durch die<br />
natürliche Selektion angepasst<br />
Die Entstehung des Lebens bleibt ein Objekt der wissenschaftlichen<br />
Spekulation, <strong>und</strong> es gibt alternative Vorschläge zu den verschiedenen<br />
Schlüsselprozessen.<br />
Wo begann das Leben?<br />
• Seichtes Wasser oder feuchte Sedimente? (Bis vor kurzem favorisierte Hypothese.)<br />
• Gr<strong>und</strong> des Meeres? (weniger exponiert; schwarze Raucher)<br />
Leben nicht nur auf Erde beschränkt?<br />
• Mars<br />
• Jupiter-Mond Europa (flüssiges Wasser unter eisbedeckter Oberfläche entdeckt)<br />
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Kapitel 26 – Die junge Erde <strong>und</strong> die Entstehung des Lebens<br />
Die Hauptlinien des Lebens<br />
Das 5-Reiche-System<br />
Das Einteilen der Organismen in Reiche ist noch nicht abgeschlossen.<br />
Die Taxonomie befindet sich in einem ständigen Entwicklungsprozess.<br />
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Kapitel 27 – Prokaryoten <strong>und</strong> die Entstehung der Stoffwechselvielfalt<br />
Kapitel 27 – Prokaryoten <strong>und</strong> die<br />
Entstehung der Stoffwechselvielfalt<br />
Die Welt der Prokaryoten<br />
Prokaryoten gibt es (fast) überall – Übersicht<br />
Überall wo man Leben findet, sind auch Prokaryoten. Ihre Einfluss auf die Erde <strong>und</strong> alles Leben ist immens.<br />
• Krankheitserreger<br />
• nützliche Darmerreger<br />
• Kohlenstoff-Recycling<br />
• Zersetzen von totem organischem Material<br />
• ...<br />
Wenn aus irgendeinem Gr<strong>und</strong> alle Prokaryoten plötzlich zugr<strong>und</strong>e gingen, würden die chemischen Kreisläufe,<br />
die das Leben erst ermöglichen, versiegen <strong>und</strong> damit auch die Existenz aller anderen Lebensformen unmöglich<br />
werden. Umgekehrt aber könnte prokaryotisches Leben auch in der Abwesenheit der Eukaryoten<br />
fortdauern, so wie es bereits früher für 1.5 Mrd. Jahren der Fall war.<br />
Prokaryoten leben oft in enger Gemeinschaft miteinander oder mit Eukaryoten<br />
• Symbiose<br />
• Symbiontentheorie<br />
Rezente Prokaryoten sind ausserordentlich vielfältig in ihrer Struktur <strong>und</strong> Stoffwechselphysiologie.<br />
Etwa 5000 Arten sind heute bekannt. Gemäss Schätzungen zwischen 400'000 <strong>und</strong> 4 Mio.<br />
Bacteria <strong>und</strong> Archaea bilden die beiden Hauptzweige der<br />
prokaryotischen <strong>Evolution</strong><br />
Archaea: die meisten Arten besiedeln extreme Lebensräume z.B. Heisse Quellen <strong>und</strong> Salzseen<br />
Unterscheiden sich in vielen Strukturdetails, in biochemischen <strong>und</strong> physiologischen Eigenschaften<br />
Bau, Funktion <strong>und</strong> Fortpflanzung der Prokaryoten<br />
• Einzellige, zwei- oder mehrzellige Verbände<br />
• Vielfalt von Zellformen; die Häufigsten:<br />
• Kugeln (Kokken)<br />
• Stäbchen (Bazillen)<br />
• Spiralen (Spirillen <strong>und</strong> Spirochaeten)<br />
• ∅ meistens 1.5 �m (Vgl. eukaryotische Zellen 10-100 �m)<br />
Fast alle Prokaryoten besitzen eine Zellwand ausserhalb ihrer<br />
Plasmamembran<br />
Zellwand stabilisiert Form der Zelle, bildet mechanische Schutz, bewahrt Zelle in einem hypotonischen Milieu<br />
vor dem Platzen (hypertonische Umgebung � Plasmolyse). Unterscheidet sich in chemischer Zusamm-<br />
mensetzung <strong>und</strong> molekularer Konstruktion deutlich von Zellwand bei Pflanzen, Pilzen <strong>und</strong> Protisten.<br />
• Hauptbestandteil Pflanzen-Zellwand: Cellulose<br />
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Kapitel 27 – Prokaryoten <strong>und</strong> die Entstehung der Stoffwechselvielfalt<br />
• Zellwände der meisten Eubakterien: Murein, ein Peptidoglykan (Polysaccharidketten, die durch Oligopeptide<br />
quervernetzt sind); die Oligopeptide verschiedener Bakterienarten können sich im Aufbau unterscheiden<br />
• Zellwände der Archaea: Murein fehlt<br />
Gram-Färbung<br />
Werkzeug zur Identifizierung von Eubakterien (unterschiedlicher Zellwandaufbau)<br />
• Gram-positive Bakterien: einfachere Zellwände mit relativ hohem Anteil an Peptidoglykan<br />
• Gram-negative Bakterien: komplexere Struktur (eine äussere Membran umhüllt die Zellwand, sie enthält<br />
Lipopolysaccharide) <strong>und</strong> weniger Peptidoglykan<br />
Unter den pathogenen Bakterien sind die Gram-negativen im Allgemeinen gefährlicher als die Gram-positiven<br />
Arten.<br />
• Lipopolysaccharide oft toxisch<br />
• die äussere Membran hilft den pathogenen Keimen sich von der Abwehrkräften des Wirtes zu schützen<br />
• Gram-negative Bakterien generell resistenter gegen Antibiotika, weil die äussere Membran den Durchtritt<br />
dieser Wirkstoffe verhindert.<br />
Viele Antibiotika, z.B. Penicilin, hemmen die Synthese der Quervernetzungen in Murein � verhindern Bil-<br />
dung einer funktionstüchtigen Zellwand, besonders bei Gram-positiven Bakterien � sehr selektive Antibio-<br />
tika.<br />
Viele Prokaryoten scheiden klebrige Substanzen aus, die noch eine weitere schützende Hülle um die Zellwand<br />
herum bilden � Kapsel.<br />
• Ermöglichen dem Organismus sich an ihr Substrat anzuheften<br />
• pathogene Bakterien: zusätzlicher Schutz gegen die Abwehrsysteme des Wirts<br />
• halten auch die Zellen vieler Prokaryoten zusammen die in Kolonien leben<br />
Pili (sing. Pilus = „Fimbrien“) = fädige Oberflächenstrukturen, mit denen sich Bakterien aneinander oder an<br />
ihr Substrat heften<br />
Sexpili: auf Konjugation spezialisiert; halten die Partner beieinander, während DNA-Fragmente übertragen<br />
werden.<br />
Viele Prokaryoten können sich gerichtet fortbewegen<br />
Am häufigsten erfolgt Bewegung durch Geisseln (Flagellen). Aufbau Geissel anders als bei Eukaryoten; nur<br />
1/10 so dick, nicht von Ausstülpung der Plasmamembran umhüllt (Abb. 27.7)<br />
Durch Filamente (Spirochäten): mehrere Filamente liegen unter der äusseren Zellwand, basale Antriebe an<br />
den Zellpolen, wenn die Filamente rotieren, bewegt sich die biegsame Zelle wie ein Korkenzieher.<br />
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Kapitel 27 – Prokaryoten <strong>und</strong> die Entstehung der Stoffwechselvielfalt<br />
Einige Prokaryoten scheiden schleimige Fäden aus, die sich an das Substrat heften. Bewegung indem sie<br />
diese Fäden weiter durch drüsenähnliche Öffnungen der Zellwand ausstossen � dadurch vorangetrieben.<br />
In heterogener Umgebung viele Prokaryoten zur Taxis in der Lage � „Chemotaxis“<br />
• Phototaxis (photosynthetisierende Prokaryoten)<br />
• Aerotaxis (Reaktion auf Sauerstoffkonzentration)<br />
• Geotaxis (Wahrnehmung der Erdschwerkraft)<br />
• Hygrotaxis (Reaktion auf Feuchtigkeit)<br />
• Magnetotaxis (Reaktion auf Magnetfelder)<br />
• Osmotaxis (Reaktion auf Osmolarität)<br />
• Thermotaxis (Reaktion auf Wärme)<br />
• Rheotaxis (Reaktion auf Strömung)<br />
• Galvanotaxis (Reaktion auf elektrischer Strom)<br />
• Thigmotaxis (Reaktion auf Berührung)<br />
In Zellaufbau <strong>und</strong> Genomorganisation unterscheiden sich die<br />
Prokaryoten f<strong>und</strong>amental von den Eukaryoten<br />
• Membranumhüllender Zellkern fehlt<br />
• ausgeprägte Kompartimentierung durch innere Membrane fehlt;<br />
einige Prokaryoten besitzen jedoch zur Vergrösserung der inneren<br />
Oberfläche eine Anzahl spezialisierter Membrane (normalerweise<br />
Einstülpungen der Plasmamembran) � Erfüllung physiologische<br />
Funktionen<br />
• kleinere, weniger komplexe Genome (im ∅ 1/1000 der eukaryotischen DNA-Menge)<br />
• in den meisten prokaryotischen Zellen DNA als ein Gewirr von Fasern in der Nucleotid-Region konzentriert<br />
� doppelsträngiges, ringförmiges DNA-Molekül (andere Struktur als eukaryotische DNA)<br />
• zusätzlich zum Chromosom kann die Zelle der Prokaryoten noch kleinere DNA-Ringe enthalten � Plas-<br />
mide (tragen meistens nur wenige Gene).<br />
Meistens können Bakterien ohne Plasmide überleben, weil alle essentiellen Funktionen von chromosomalen<br />
Genen codiert werden. Aber durch Plasmide werden die Zellen mit Genen für Antibiotikaresistenzen,<br />
für die Metabolisierung seltener, ungewöhnlicher Substrate <strong>und</strong> für die Lösung anderer Sonderaufgaben<br />
ausgestattet.<br />
Plasmide replizieren sich unabhängig vom Chromosom <strong>und</strong> viele können (bei der Konjugation) zwischen<br />
Zellen übertragen werden.<br />
• Bakterielles Ribosom kleiner; Unterschiede in Protein- <strong>und</strong> RNA-Gehalt � selektive Wirkung von gewis-<br />
sen Antibiotika<br />
Populationen von Prokaryoten wachsen <strong>und</strong> adaptieren sich sehr schnell<br />
• Asexuelle Reproduktion durch Zweiteilung (= binäre Spaltung) während DNA-Synthese fast kontinuierlich<br />
verläuft<br />
• es existiert weder Meiose noch Mitose<br />
• 3 Mechanismen des Gentransfers:<br />
• Transformation: Gene aus der Umgebung in die Zelle aufgenommen; ermöglicht Gentransfer über<br />
Artengrenzen hinweg<br />
• Konjugation: Gene gelangen direkt von einer prokaryotischen Zelle in die andere<br />
• Transduktion: Gene zwischen Prokaryoten durch Viren übertragen = Übertragung einer variablen<br />
Menge von DNA von einer Zelle auf eine andere<br />
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Kapitel 27 – Prokaryoten <strong>und</strong> die Entstehung der Stoffwechselvielfalt<br />
• Mutationen = Hauptquelle der genetischen Variabilität bei Prokaryoten.<br />
Kurze Generationszeit ermöglicht prokaryotischen Populationen, sich sehr schnell an Umweltveränderungen<br />
anzupassen, indem durch Mutationen <strong>und</strong> Rekombinationen entstandene Gentypen selektioniert werden.<br />
Die Bedingungen für optimales Wachstum, wie Temperatur, pH-Wert, Salzgehalt, Nährstoffe usw unterscheiden<br />
sich von Art zu Art.<br />
Manche Bakterien bilden resistente Zellen gegen Umwelteinflüsse � Endosporen. Um diese zu töten ist<br />
selbst kochendes Wasser noch zu wenig heiss. Deshalb autoklaviert man Gegenstände <strong>und</strong> Medien im Labor<br />
im Autoklav, ein Überdruck-Kocher, der Sporen durch Erhitzen auf über 120°C abtötet.<br />
Eine generelle Eigenschaft vieler Mikroorganismen ist die Freisetzung von Antibiotika (um die Konkurrenz<br />
loszuwerden). Das sind chemische Verbindungen, die das Wachstum anderer Mikroorganismen hemmen.<br />
Diversität der Ernährung <strong>und</strong> des Stoffwechsels<br />
Vielfalt des Stoffwechsels der Prokaryoten ist grösser als bei allen Eukaryoten zusammen.<br />
Prokaryoten können nach der Art ihrer Kohlenstoff- <strong>und</strong> Energiequellen<br />
in 4 Kategorien eingeteilt werden:<br />
Art der Ernährung Energiequelle Kohlenstoffquelle Typen von Organismen<br />
autotroph<br />
photoautotroph Licht CO2 Photosynthese treibende Prokaryoten<br />
inkl. Cyanobakterien;<br />
Pflanzen; bestimmte Protisten<br />
(Algen)<br />
chemoautotroph Anorganische Substanzen<br />
(Bsp. H2S, NH3, Fe 2+ )<br />
heterotroph<br />
CO2 Bestimmte Prokaryoten<br />
Bsp. Sulfolobus, (Statuenfresser)<br />
photoheterotroph Licht org. Verbindungen Bestimmte Prokaryoten<br />
chemoheterotroph org. Verbindungen org. Verbindungen Viele Prokaryoten <strong>und</strong> Protisten;<br />
Pilze; Tiere; einige parasitische<br />
Pflanzen<br />
(am häufigsten)<br />
Bsp. Saprobier 4 , Parasiten 5 , Lactobacillus,<br />
E. coli<br />
Stickstoffmetabolismus<br />
Prokaryoten sind für die Schlüsselreaktionen im Stickstoffkreislauf der Natur verantwortlich. (s. Stickstoffkreislauf<br />
Figure 54.17 oder Abb. 54.18)<br />
Die Beziehungen des Energiestoffwechsels zum Sauerstoff<br />
● Obligate Aerobier: O2 für Zellatmung, ohne O2 kein Wachstum<br />
● Fakultative Aerobier: nutzen O2 wenn vorhanden, können auch unter anaeroben Bedingungen<br />
durch Gärung (Fermentation) wachsen<br />
● Obligate Anaerobier: können O2 nicht nutzen <strong>und</strong> werden sogar abgetötet; einige wachsen ausschliesslich<br />
durch Fermentation andere setzen chemische Energie durch anaerobe Atmung frei<br />
4 Mirkobielle Saprobionten; Fäulnisbewohner, die als Abbauer ihre Nährstoffe aus totem organischem Material absorbieren<br />
5 Beziehen ihre Nährstoffe aus den Körperflüssigkeiten lebender Wirten<br />
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Kapitel 27 – Prokaryoten <strong>und</strong> die Entstehung der Stoffwechselvielfalt<br />
Die Photosynthese entstand in der Stammesgeschichte der Prokaryoten<br />
schon früh<br />
Alle Gr<strong>und</strong>formen der Ernährung <strong>und</strong> fast alle bekannten Stoffwechselwege entwickelten sich bereits bei<br />
den Prokaryoten, noch bevor die Eukaryoten entstanden. Alle wesentlichen Stoffwechselfähigkeiten, die<br />
man unter den rezenten Prokaryoten beobachten kann, entwickelten sich wahrscheinlich innerhalb der ersten<br />
Jahrmilliarden der Geschichte des Lebens.<br />
Es gibt eine begründete Hypothese, die besagt, dass sich die Photosynthese während dieser allgemeinen Zunahme<br />
der metabolischen Diversität relativ früh entwickelte. Der Energiestoffwechsel ist auch bei den einfachsten<br />
Photoautotrophen sehr komplex. Man nimmt an, das die allerersten Organismen wahrscheinlich Heterotrophe<br />
waren, aus denen sich Autotrophe entwickelten, obwohl die meisten Heterotrophen, die wir heute<br />
beobachten können, wahrscheinlich von Photosynthese treibenden Vorfahren abstammen.<br />
Hypothese: die Photosynthese entwickelte sich nur 1x. Der nachträgliche Verlust der Fähigkeit zur Photosynthese<br />
erklärt die fleckenhafte Verteilung dieser Eigenschaft im Stammbaum.<br />
Ein weiterer Beweis für die frühe Entstehung der Photosynthese ist das Alter der Cyanobakterien. Sie sind<br />
die einzigen autotrophen Prokaryoten, die O2 freisetzten, indem sie Wasser mithilfe ihrer Lichtreaktion spalten.<br />
Gemäss geologischen Bef<strong>und</strong>en, begann die Akkumulation des atmosphärischen O2 vor mindestens 2.7<br />
Mrd. Jahren ← viele Cyanobakterien. Prokaryotische Fossilien in Stromatolithen (3.5 Mrd. Jahre alt) die rezenten<br />
Cyanobakterien stark ähneln. Cyanobakterien (komplexe oxygene Photosynthese) entwickelten sich<br />
vermutlich aus Vorfahren, die einen einfacheren oxygenen Photosyntheseapparat besassen.<br />
Die <strong>Evolution</strong> der Cyanobakterien veränderte die Bedingungen auf der Erde dadurch in radikaler Weise,<br />
dass sich die reduzierenden Bedingungen in oxidierende umwandelten. → <strong>Evolution</strong> der zellulären Atmung.<br />
Eine Übersicht der prokaryotischen Vielfalt<br />
Die molekulare Systematik führt zu einer phylogenetischen<br />
Klassifizierung der Prokaryoten<br />
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Kapitel 27 – Prokaryoten <strong>und</strong> die Entstehung der Stoffwechselvielfalt<br />
Wissenschaftler finden eine grosse Vielfalt von Archaea in extremen<br />
Lebensräumen <strong>und</strong> in den Ozeanen<br />
Archaea nennt man auch Extremophile, man kann sie in 3 Gruppen einteilen<br />
• Methanogene<br />
• Energiegewinnung durch H2 + CO2 � CH4<br />
• obligate Anaerobier<br />
• leben in Sümpfen <strong>und</strong> Sedimenten stehender Gewässer, wo andere Mikroben bereits allen Sauerstoff<br />
verbraucht haben<br />
• in Abwasserbehandlung von praktischer Bedeutung<br />
• dienen auch der Biogasgewinnung aus organischen Abfällen<br />
• verschiedene Arten leben im Darm der Tiere (Rinder, Termiten, andere Pflanzenfresser)<br />
• extrem Halophile<br />
• leben an sehr salzhaltigen Orten (z.B. Salzsee, Totes Meer)<br />
• z.B. Purpurbakterien (purpurfarbener Teppich), Haloferax volcanii<br />
• extrem Thermophile<br />
• heisse Standorte, optimal 60 – 80˚C<br />
• Sulfolobus acidocaldarius lebt in heissen Quellen, Energiegewinnung durch Oxidation von Schwefel<br />
• andere schwefeloxidierende Arten leben in der Nähe von hydrothermalen Tiefseeschloten<br />
Es gibt auch noch kälteliebende Mikroben (Psychrophile) die im Meereis leben (z.B. Polaromonas vacuolata)<br />
<strong>und</strong> alkali-liebende Mikroben (Alkaliphile) die in Natronseen leben (z.B. Natronobacterium gregoryi).<br />
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Kapitel 27 – Prokaryoten <strong>und</strong> die Entstehung der Stoffwechselvielfalt<br />
5 monophyletische Grossgruppen der Bacteria<br />
Proteobakterien • grösste Gruppe innerhalb der Bakterien<br />
• physiologische Unterteilung in<br />
• photoautotrophe<br />
• photoheterotrophe<br />
• chemoautotrophe<br />
• chemoheterotrophe<br />
Alpha-Proteobakterien Viele Arten als Symbionten oder Parasiten eng<br />
assoziert mit eukaryotischem Wirt<br />
z.B. Rhizobium (Stickstofffixierung bei Wurzelknöllchen<br />
der Leguminosen), Agrobacterium<br />
(Bildung von Pflanzentumoren)<br />
aus aeroben Alpha-Proteobakterien entwickelten<br />
sich die Mitochondrien (Endosymbiontenthorie)<br />
Beta-Proteobakterien z.B. Nitrosomas (Bodenbakterien die wichtige<br />
Rolle beim Stickstoffrecycling spielen)<br />
Gamma-Proteobakterien z.B. Schwefelpurpurbakterien wie Chromatium<br />
(photoautotroph)<br />
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z.B. Pathogene wie Legionella (Legionärskrankheit),<br />
Salmonella, Vibrio cholerae, Escherichia<br />
coli
Kapitel 27 – Prokaryoten <strong>und</strong> die Entstehung der Stoffwechselvielfalt<br />
Gram-positive<br />
Bakterien<br />
Delta-Proteobakterien z.B. Myxobakterien, Bdellovibrio bacteriophorus<br />
Epsilon-Proteobakterien Mit den Delta-Proteobakterien eng verwandt<br />
z.B. Heliobacter pylori (Magengeschwüre)<br />
Actinomyceten bilden oft Kolonien aus verzweigten Hyphen<br />
von medizinischer Bedeutung Tuberkulose- <strong>und</strong><br />
Lepraerreger<br />
die meisten leben aber frei <strong>und</strong> beteiligen sich an<br />
Zersetzung organischer Rückstände<br />
z.B. Streptomyces (Antibiotika)<br />
Einzellig wachsende Bakterien z.B. Sporenbildner wie Bacillus, Clostridium:<br />
Cyanobakterien Photoautotroph (die einzigen mit pflanzenähnlicher,<br />
oxygener Photosynthese)<br />
Chloroplasten haben sich aus Cyanobakterien<br />
gebildet (Endosymbiontentheorie)<br />
einzellig oder filamentöse in Ketten wachsend,<br />
überall häufig wo es Wasser gibt<br />
Chlamydien Parasiten, können nur im Inneren von Tierzellen<br />
überleben<br />
Spirochäten Heterotroph<br />
Gram-negative Zellwand für Bakterien ungewöhnlich,<br />
das sie kein Peptidoglykan enthält<br />
viele sind freilebend<br />
haben interne Flagellum-ähnliche Filamente<br />
(Fortbewegung)<br />
Bacillus anthracis (verursacht Anthrax)<br />
Clostridium botulismus (Botulismus))<br />
Staphylococcus (z.B. S. pneumoniae)<br />
Streptococcus (z.B. S. Pyogenes = Erreger von<br />
Scharlach)<br />
Mycoplasmen (die einzigen Bakterien ohne Zellwand)<br />
z.B. Anabaena lemmermannii, Oscillatoria sp.,<br />
Nostoc sp., Anabaena sp., Synechococcus sp.<br />
z.B. Chlamydia trachomatis (häufigster Erreger<br />
von Blindheit)<br />
z.B. Treponema pallidium (Erreger der Syphilis),<br />
Borrelia burgdorferi (Erreger der Lyme-Borreliose)<br />
Die ökologische Bedeutung der Prokaryoten<br />
Prokaryoten sind unentbehrlich für das Recycling chemischer Elemente<br />
in Ökosystemen<br />
• Destruenten: Aufnahme von Nährstoffen aus toten organischen Substanzen <strong>und</strong> Umwandlung in anorganische<br />
Verbindungen<br />
• Vermittlung der Rückkehr der Elemente aus nichtbiologischen Quellen in das Sammelbecken organischer<br />
Verbindungen. z.B. autotrophe Prokaryoten wichtige Glieder in der Nahrungskette<br />
• Als einzige Organismen in der Lage, organische Moleküle zu transformieren, die Elemente wie Eisen,<br />
Schwefel, Stickstoff <strong>und</strong> Wasserstoff enthalten z.B. Cyanobakterien, Stickstofffixierer<br />
Viele Prokaryoten leben mit anderen Organismen eng zusammen<br />
• Symbiose (Symbionten): gegenseitiger Nutzen; Wirt (wenn einer viel grösser ist als der andere)<br />
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Kapitel 27 – Prokaryoten <strong>und</strong> die Entstehung der Stoffwechselvielfalt<br />
• Kapose: eine Art hat einen Vorteil, die andere weder Vor- noch Nachteil<br />
• z.B. Kommensalismus: Kommensale betätigt sich als „Mitesser“ ohne den Wirt zu schädigen<br />
• Parasitismus: Parasit lebt auch Kosten des Wirts<br />
Vor allem die Symbiose spielte wahrscheinlich eine wesentliche Rolle bei der <strong>Evolution</strong> der Prokaryoten<br />
<strong>und</strong> auch bei der Entstehung der Eukaryoten. z.B. Pflanzen-Knöllchenbakterien (Leguminosen)<br />
Pathogene Prokaryoten verursachen viele menschliche Krankheiten<br />
Um pathogen zu sein, muss ein Parasit in den Wirt eindringen <strong>und</strong> dessen inneren Abwehrkräften so gut widerstehen,<br />
dass er beginnen kann sich zu teilen; dies wiederum schadet oft dem Wirt.<br />
Etwa die Hälfte der menschlichen Krankheiten wird durch Bakterien verursacht.<br />
Manche Pathogene sind opportunistisch. D.h. sie sind normale Bewohner des menschlichen Körpers <strong>und</strong> lösen<br />
nur eine Krankheit aus, wenn die Abwehrkräfte stark geschwächt sind. (z.B. Streptcoccus pneumoniae)<br />
Der Arzt Robert Koch war der erste, der eine bestimmte Krankheit einem spezifischen Bakterium zuordnen<br />
konnte. Er definierte 4 Kriterien, die heute noch Richtlinien für die medizinische Mikrobiologie darstellen.<br />
Kochs Postulate: Um ein spezifisches Pathogen als den Auslöser einer bestimmten Krankheit ansprechen zu<br />
können, muss der Wissenschaftler<br />
● den gleichen Keim in allen erkrankten Individuen finden<br />
● das Pathogen aus dem erkrankten Organismus isolieren <strong>und</strong> in Reinkultur halten<br />
● die Krankheit in Versuchstieren durch Infektion mit der Reinkultur auslösen<br />
● das Pathogen nach dem Ausbruch der Krankheit aus dem Versuchstier wiedergewinnen<br />
die meisten pathogenen Bakterien verursachen Krankheiten durch die Bildung von Toxinen (Exo- oder Endotoxine).<br />
Exotoxine sind Proteine, welche von der Bakterienzelle ausgeschieden werden. Sie können Symptome hervorrufen,<br />
ohne dass ein Bakterium tatsächlich zugegen ist. Exotoxine gehören zu den stärksten Giften, die<br />
man kennt. Z.B. Clostridium botulinum (Botulismus), Vibrio cholerae (Cholera), bestimmte Stämme von E.<br />
coli (Reisedurchfall)<br />
Endotoxine sind Bestandteile der äusseren Membran bestimmter Gram-negativer Bakterien. Z.B. Salmonella<br />
thyphi (Typhus), nahezu alle Salmonella<br />
Bekämpfung: Verbesserte Hygieneverhältnisse, Aufklärung der Bevölkerung, Antibiotika. Mehr als die<br />
Hälfte unserer Antibiotika werden von Bodenbakterien der Gattung Streptomyces gebildet. In der Natur beeinträchtigen<br />
diese Verbindungen die konkkurierenden Mikroben.<br />
Borreliose ist gegenwärtig in Europa <strong>und</strong> USA die am weitesten verbreitete bakterielle Krankheit, die durch<br />
tierische Schädlinge übertragen werden kann. Sie wird durch Spirochäten der Art Borrelia burgdorfeii ausgelöst,<br />
die durch Zecken übertragen werden können.<br />
Eine schwerwiegende ges<strong>und</strong>heitliche Bedrohung in unserer Zeit ist die häufige Entstehung von Stämmen<br />
pathogener Bakterien die gegen Antibiotika resistent sind.<br />
Menschen nutzen Prokaryoten in Forschung <strong>und</strong> Biotechnologie<br />
• Modellsysteme für Stoffwechsel <strong>und</strong> molekulare Mechanismen z.B. E.coli<br />
• Umwelt-Mikrobiologie: Nutzung von Mikroorganismen für die Beseitigung von Verschmutzungen des<br />
Bodens, der Luft <strong>und</strong> des Wassers<br />
• z.B. anaerobe prokaryotische Organismen bei der Abwasserbehandlung<br />
• z.B. Methanogene → aus Abfällen Biogas<br />
• viele Bodenbakterien wie Pseudomonaden können Erdölbestandteile abbauen → z.B. Ölverschmutzungen<br />
nach Tankerunglücken<br />
• Bakterien bauen auch Pestizide <strong>und</strong> andere synthetische Verbindungen ab<br />
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Kapitel 27 – Prokaryoten <strong>und</strong> die Entstehung der Stoffwechselvielfalt<br />
• Pharmaunternehmen kultivieren Bakterien, die Vitamine <strong>und</strong> Antibiotika produzieren<br />
• Lebensmittelindustrie benutzt Bakterien, um Milch in Joghurt umzuwandeln <strong>und</strong> verschiedene Käsesorten<br />
herzustellen<br />
Durch gentechnische Veränderungen können diese Fähigkeiten verbessert werden.<br />
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