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Liebe Leserinnen und Leser!<br />
Wir freuen uns, dass unsere <strong>Brauerei</strong> heuer <strong>375</strong> <strong>Jahre</strong> alt wird. Gerade beim Begehen eines<br />
Jubiläums blickt man auch gerne zu den Wurzeln zurück. Und so haben wir uns in den letzten<br />
Wochen, in denen uns wohl alle die weltweite Corona Pandemie beschäftigt hat, auf eine<br />
spannende Reise in die Vergangenheit begeben. Es ist erstaunlich, wie viele Herausforderungen<br />
es immer wieder zu bewältigen gab: Persönliche Schicksalsschläge, Kriegsjahre samt deren<br />
Folgen oder Rohstoffknappheit. Erfahrungen, die durchaus auch in der Gegenwart hilfreich<br />
sein können.<br />
Unsere <strong>Brauerei</strong> konnte sich trotz mancher Rückschläge über die Jahrhunderte, vor allem<br />
in den <strong>Jahre</strong>n nach dem 2. Weltkrieg bis heute, gut entwickeln. Denn allen Brauern war stets<br />
eines gemein – die Liebe zum Brauen, das Streben nach Unabhängigkeit und Mut und Wille<br />
zur Weiterentwicklung.<br />
Unser Jubiläum gibt uns aber auch Anlass zu danken: All den vergangenen und gegenwärtigen<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, unseren verlässlichen Lieferanten und im Besonderen<br />
unseren Kunden und allen Freunden von <strong>Raschhofer</strong> Bier. Es macht Freude, mit Ihnen und<br />
für Sie zu arbeiten.<br />
Herzlichst<br />
Christoph Scheriau & Doris Scheriau-<strong>Raschhofer</strong><br />
Altheim, im Juli 2020
Meilensteine<br />
1645 Johann Wührer wird als Bräuer in Altheim genannt<br />
Mit Johann Wührer, er wird als Bräuer neben der Angergasse und der Metzgerbehausung<br />
genannt, wird die <strong>Brauerei</strong> erstmals urkundlich erwähnt (am heutigen Stadtplatz, damals<br />
Altheim Nr. 50). Aus der Obernberger Brauer-Dynastie Wührer stammt wohl auch Franz<br />
Xaver Wührer, 1829 der Gründer der ältesten italienischen Bierbrauerei in Brescia.<br />
1690 Die <strong>Brauerei</strong> übersiedelt zum heutigen Standort<br />
Zu dieser Zeit werden die Lohmaiers als „Pürpreu“ genannt. Sie kaufen das Grundstück<br />
in Hadersdorf (heute Braunauer Straße 12), verlegen die <strong>Brauerei</strong> vom Marktplatz<br />
dorthin und schaffen so Platz für die zukünftige Entwicklung. In einem Schuldbrief<br />
aus dem Jahr 1690 wird die <strong>Brauerei</strong> an diesem Standort erwähnt.<br />
1698 Cyprian Meindl erwirbt die <strong>Brauerei</strong><br />
Cyprian Meindl ist Wirt in Weng, bevor er 1698 die <strong>Brauerei</strong> in Altheim erwirbt<br />
und mitsamt Familie übersiedelt. Einer seiner Söhne ist Johann Georg Meindl, der<br />
als „Student aus Altheim“ und einer der Anführer der Bayerischen Volkserhebung<br />
1705/06 gegen die kaiserlich-österreichische Besatzung in die Geschichtsbücher ein.<br />
Siehe auch Seite 16.<br />
1755 Katharina Meindl übernimmt die <strong>Brauerei</strong><br />
Anno 1755 übernimmt Katharina als älteste Tochter von Hans Karl Meindl das väterliche<br />
Anwesen samt <strong>Brauerei</strong>. Am 28. Jänner 1755 heiratet sie Franz Fruemann, Sohn<br />
von Sebastian Fruemann, Bräuer in Massing/Bayern. Im „Rieder Bräuerbuch“ wird<br />
Franz Fruemann zu Altheim 1758 als Zunftmitglied gelistet.<br />
1760 Die Witwe Katharina Fruemann heiratet Josef Pichler<br />
Nach dem Tod ihres Gatten Franz Fruemann heiratet Katharina 1760 Josef Pichler,<br />
Sohn des Simon Pichler, Bauer in Kreuzhinternberg, Pfarre Neukirchen. 1766 legt<br />
Pichler in St. Ulrich – gegen den Willen der anderen Altheimer Brauer - einen Lagerkeller<br />
mit Ausschank (Sommerkeller) an. Siehe auch Seite 12.<br />
1773 Peter Paul Hueber kauft die <strong>Brauerei</strong>, Gasthof und Landwirtschaft<br />
1773 erwirbt Peter Paul Hueber die <strong>Brauerei</strong>. In jenem Jahr heiratet er Maria, Tochter<br />
des Josef Sesslberger, Bräuer in Pfarrkirchen. Nach deren Tod heiratet der Witwer 1777<br />
Katharina, Tochter des Michael Fischer, Bräuer in Aigen am Inn. Sie stirbt 1809, mit<br />
ihrem Grabdenkmal ist uns ein ganz besonderes Zeugnis aus jener Zeit erhalten.<br />
Siehe Seite 18.<br />
7
1791 Der Bierbräuer erwirbt die St. Ulrichskirche<br />
1791 ersteigert der Altheimer Bierbräuer Peter Paul Hueber die unter Kaiser Josef II.<br />
säkularisierte und gesperrte St. Ulrichskirche samt Liegenschaft. 1799 wird die Kirche<br />
abgetragen, 1803 errichten Peter Paul Hueber und seine Frau Katharina aus der verbliebenen<br />
Eingangsvorhalle die St. Ulrichskapelle. Siehe auch Seite 17.<br />
1869 Georg <strong>Raschhofer</strong> – Namensgeber der <strong>Brauerei</strong><br />
Nach dem Tod ihres Gatten Paul Hueber heiratet dessen zweite Frau und nunmehrige<br />
Witwe Theresia Hueber den Bräuer-Sohn Georg <strong>Raschhofer</strong> und dieser übernimmt<br />
die Führung der <strong>Brauerei</strong>. Georgs Vater ist Bräu in Aspach und damit der Urahn der<br />
<strong>Raschhofer</strong>s in Altheim. Siehe auch Seite 19.<br />
1849 Der Bierbräuer als Kommandant der Altheimer Nationalgarde<br />
1848 übernimmt Paul Hueber (Enkel des Peter Paul Hueber und Sohn des Niklaus<br />
Hueber, dieser führt die <strong>Brauerei</strong> von 1812 bis 1848) und heiratet Maria, Tochter des<br />
Georg Heinzlmann. Im Revolutionsjahr 1848 wird auch in Altheim eine Nationalgarde<br />
gegründet, 1849 ist der Bräuer Paul Hueber deren Kommandant.<br />
1871 Der Witwer Georg <strong>Raschhofer</strong> heiratet Aloisia Hatzmann<br />
Am 6. März 1870 kommt es zu einer Tragödie, die mangels ausreichender medizinischer<br />
Versorgung in jener Zeit viele Familien ereilt: Theresia <strong>Raschhofer</strong> stirbt bei der<br />
Geburt des Sohnes Georg. Im Jahr darauf heiratet der Witwer Aloisia, Tochter des<br />
Wolfgang Hatzmann vom Dornergut in Oberndorf.<br />
8<br />
9
1902 Georg <strong>Raschhofer</strong>: Brauer, Bürgermeister und Bauherr<br />
1902 übernimmt der 32-jährige Georg mit Gattin Stefanie die <strong>Brauerei</strong>. Er ist von<br />
1914 bis 1918 christlich-sozialer Bürgermeister von Altheim und setzt gemeinsam<br />
mit seiner Frau Stefanie viele Bauprojekte um. Etwa den Neubau des Ulrichskellers,<br />
die <strong>Raschhofer</strong>-Villa in Hadersdorf (heute als Bierhaus für die Gäste des „Innviertler<br />
Brauturmes“ genutzt) und die Garage am Anger. Siehe auch Seite 20.<br />
1929 Turbulente Zeiten für Georg und Maria <strong>Raschhofer</strong><br />
1929 werden <strong>Brauerei</strong>, Gasthof und Landwirtschaft an Georg <strong>Raschhofer</strong> und seine<br />
Frau Maria übergeben. Sie legen durch Tüchtigkeit, Fleiß und Sparsamkeit den Grundstein<br />
für eine erneute Aufwärtsentwicklung, besonders nach dem 2. Weltkrieg, und<br />
erwerben 1941 die Braurechte der aufgelassenen Stiftsbrauerei Reichersberg.<br />
Siehe auch Seite 20.<br />
1969 Georg und Gertraud <strong>Raschhofer</strong> – der Schritt in die Neuzeit<br />
Bereits seit seinem Studienabschluss in Weihenstephan im Jahr 1955 als Betriebsleiter<br />
und Braumeister der <strong>Brauerei</strong> tätig, übernimmt 1969 Dipl.-Brau-Ing. Georg <strong>Raschhofer</strong><br />
mit Gattin Gertraud die <strong>Brauerei</strong>. Die Mälzerei wird aufgelassen, Gasthäuser und<br />
Landwirtschaft werden verpachtet. Die <strong>Brauerei</strong> wird grundlegend neu gebaut und so<br />
die Kapazität maßgeblich erhöht. Siehe auch Seite 21.<br />
1995 Der Tod von Dipl.-Brau-Ing.Georg <strong>Raschhofer</strong> jun.<br />
In den 1990er<strong>Jahre</strong>n wird eine weitere Übergabe vorbereitet. Und zwar an den nächsten<br />
Georg. Doch 1995, wenige Wochen vor der Übernahme, schlägt das Schicksal auf<br />
tragische Weise zu. Der diplomierte Brau-Ingenieur stirbt erst 27-jährig bei einem<br />
Verkehrsunfall. Siehe auch Seite 22.<br />
1999 Die jetzigen Besitzer übernehmen die <strong>Brauerei</strong><br />
1996 treten Georgs Schwester Doris und deren Mann Christoph ins Unternehmen<br />
ein.1999 übernehmen Dr. Doris Scheriau-<strong>Raschhofer</strong> und Dr. Christoph Scheriau<br />
schließlich die Innviertler <strong>Brauerei</strong>. Die ehemaligen Banker modernisieren weiter, füllen<br />
das erste Zwickl in Flaschen ab und öffnen die <strong>Brauerei</strong> mit der Bier-Erlebniswelt<br />
„Innviertler Brauturm“. Siehe auch Seite 22.<br />
10
Aus der Hauschronik des Marktes Altheim von Josef Müller<br />
Haus Nr. 50: <strong>Raschhofer</strong> Bräubehausung Grundherrschaft Mühlheim<br />
1645 wird als Bräuer Johann Wührer neben der Angeresse (Schmiede) und<br />
Metzgerbehausung genannt.<br />
1670 findet man als Bräuer Bartholome Lohmair.<br />
Das <strong>Brauerei</strong>gebäude sowie den Wirtschaftshof findet man schon<br />
in Hadersdorf.<br />
1681 übernahm Martin, Sohn des Bartholome Lohmair die <strong>Brauerei</strong> und<br />
verehelichte sich mit Maria Veronika, Tochter des Peter Kaltenhausen<br />
von Altheim.<br />
Seine Nachfolger waren die Meindl.<br />
1698 kaufte die <strong>Brauerei</strong> der Besitzer der Taverne in Wenig (Reinthaler) Cyprian<br />
Meindl. Dieser war ein Bräuersohn von Mauerkirchen, welcher 1682 die<br />
Taverne in Wenig erwarb und sich da mit Maria, Tochter des Sebastian<br />
Deixler, Bauer auf dem Kasingergut in Hauserding vermählte. Auch die<br />
Taverne in Wenig blieb noch weiters in seinem Besitz. Aus der Ehe<br />
entstammen 3 Söhne: Hans Karl, später Besitzer, Georg, der Student und<br />
Bauernanführer und Dominikus, später Wirt in Wenig. Der Kaufpreis war<br />
3400 fl (Gulden).<br />
1709 übernahm Hans Karl die <strong>Brauerei</strong> in Altheim und verehelichte sich mit<br />
Euphrosina, Tochter des Franz Ortmaier, Löderermeister in Mauerkirchen.<br />
Dieser Ehe entspross nur eine Tochter.<br />
1755 übernahm diese Tochter Katharina Meindl die <strong>Brauerei</strong> und verehelichte<br />
sich mit Franz, Sohn des Sebastian Frühmann, Bräuer in Massing.<br />
1760 verehelichte sich die Witwe Katharina Frühmann mit Josef, Sohn des<br />
Simon Pichler, Bauer in Kreuzhinternberg in Neukirchen.<br />
1771 verehelichte sich der Witwer Josef Pichler ein zweites Mahl mit Maria,<br />
Tochter des Andreas Albrecht, Wirt zu Kastell.<br />
Aus der ersten Ehe des Josef Pichler entstammte eine Tochter, diese verehelichte<br />
sich 1776 mit Johann Hochreiter, angehender Bräuer auf Haus Nr. 85<br />
und 86 in Altheim (Baumgartner).<br />
1773 ging die <strong>Brauerei</strong> durch Kauf an Peter Paul, Sohn des Johann Hueber, Bräuer<br />
am Anger über, verehelichte sich mit Maria, Tochter des Josef Sestlberger,<br />
Bräuer in Massing.
Bierbrauer und Gastwirte<br />
„Der Brauer braut sein Bier, schlachtet im Haus, beherbergt Fremde,<br />
und diese trinken und essen ihm seine Erzeugnisse auf.<br />
Die Bürger besuchen ihn abends auf einen Trunk oder holen sich<br />
ihr Bier mit Kannen und Humpen nach Hause.“<br />
Dass diese Beschreibung einer Gaststätte um das Jahr 1500 auch auf Wirtshäuser späterer<br />
<strong>Jahre</strong> zugetroffen hat, ist wohl anzunehmen. Sicher wissen wir, dass zu unserer <strong>Brauerei</strong> über<br />
Jahrhunderte hinweg zwei Gaststätten gehörten, das Stammhaus der <strong>Brauerei</strong> am ehemaligen<br />
Marktplatz und der Ulrichskeller in St. Ulrich.<br />
Das Stammhaus (Haus Nummer 50) am Marktplatz<br />
Erstmals mit der <strong>Jahre</strong>szahl 1645 in der Müllerchronik urkundlich erwähnt, war der Braugasthof<br />
jahrhundertelang beliebter Treffpunkt der Bevölkerung. Die Entwicklung des Stammhauses<br />
unserer <strong>Brauerei</strong> am ehemaligen Marktplatz 50 (heute Stadtplatz 14) ist aber wohl auch mit der<br />
Rolle als „Verkehrsknotenpunkt und Poststation“ verbunden.<br />
Altheim war Halte -und Umstiegsstelle am Weg von München über Lambach nach Wien, es<br />
gab Pferdeställe und Bedarf an Übernachtungs- und Versorgungsmöglichkeiten für Reisende.<br />
Daraus konnte sich unsere Bräubehausung schon früh zu einem Gasthof und Beherbergungsbetrieb<br />
entwickeln.<br />
In einer <strong>Chronik</strong> aus dem Jahr 1886 steht darüber<br />
geschrieben, dass „wohl schon vor 200 <strong>Jahre</strong>n im Bräugasthof<br />
hier gut wohnen war“, auch wird das Brauerzunftschild am<br />
Haus erwähnt und ein weiteres auf dem Haus befindliches<br />
Schildchen „Herberg des ehrsamen Handewerks der<br />
Mühler und Bäcker“. Offenbar wurde damals schon eine<br />
Rundumversorgung der Gäste geboten.<br />
Um 1690 wurde das ursprüngliche “Preuhaus“ am Marktplatz<br />
in den Wirtschaftshof nach Hadersdorf – an den heutigen<br />
Standort der <strong>Brauerei</strong> – ausgelagert.<br />
Das Braugasthaus <strong>Raschhofer</strong> am damaligen Marktplatz<br />
mit kleinem Schanigarten im Jahr 1927<br />
Die Großeltern von Doris Scheriau-<strong>Raschhofer</strong> ließen nach dem 2. Weltkrieg im Gasthof die<br />
großen Säle schaffen und erneuerten die Gästezimmer und den Gasthof.<br />
Da sich Juniorchef Georg <strong>Raschhofer</strong> ab 1955 auf die <strong>Brauerei</strong> konzentrierte und sich dessen<br />
Bruder Kurt <strong>Raschhofer</strong> nach Berufsjahren in der ganzen Welt mit dem Hotel Haus Hirt in<br />
Badgastein und dem Hotel Auersperg in Salzburg mit seiner Frau Erika sesshaft machte, wurde<br />
der Gasthof verpachtet und in den 1970er-<strong>Jahre</strong>n geschlossen. Im ehemaligen Pferdestall wurde<br />
1982 mit einem Pub erneut ein Gastronomiebetrieb eingerichtet, das Haus selbst wurde 1984 zu<br />
einem Geschäftshaus umgebaut<br />
11
Der Ulrichskeller<br />
<strong>Brauerei</strong>besitzer<br />
Josef Pichler errichtete<br />
1766 den Keller in St.<br />
Ulrich, um dort Bier<br />
zu lagern, aber auch<br />
um einen Sommerkeller<br />
zu betreiben.<br />
Er wollte natürlich<br />
seinen Absatz mehren.<br />
St. Ulrich gehörte<br />
damals nicht zum<br />
Markt Altheim, war<br />
also außerhalb des<br />
damals so genannten<br />
„Burgfriedens“.<br />
Der Ulrichskeller der <strong>Raschhofer</strong> <strong>Brauerei</strong> nach dem Neubau<br />
durch Georg und Stefanie <strong>Raschhofer</strong> im Jahr 1926.<br />
Die anderen Altheimer Brauer waren gegen den Bau des Ulrichskellers, weil sie eben argwöhnten,<br />
dass Josef Pichler beabsichtige, das Bier im Ulrichskeller nicht nur einzulagern, sondern<br />
dort auch gleich zu verkaufen - praktischerweise gegenüber der Kirche St. Ulrich.<br />
Nach langem Rechtsstreit (die Prozesse gingen bis nach München) wurde dem Nachfolger des<br />
Josef Pichler als <strong>Brauerei</strong>besitzer, Peter Hueber (seit 1773), zugestanden, dass er im Ulrichskeller<br />
ausschenken dürfe – unter anderem mit dem Argument, dass dieser „das beste Bier zu machen<br />
pflegt und der Keller dermaßen gut beschaffen ist, daß das Bier bis Michaeli (Anm. 23. September),<br />
also bis zur neuen Sudzeit gut erhalten werden kann“.<br />
Gemütliche Stammtischrunde im Ulrichskeller.<br />
12
Hueber nutzte den Ulrichskeller nicht nur als Lager für die Eisblöcke aus dem sogenannten<br />
Leitl-Teich, sondern legte im Jahr 1794 „die Terrasse an und errichtete die Schieß-Stätte, einem<br />
für Jung und Alt so gern besuchten Vergnügungsort, wo die Bevölkerung die Sommermonate<br />
in gemütlichem Zusammensein Erholung und Unterhaltung fand“. Diese Schieß-Stätte war bis<br />
1873 in Betrieb.<br />
Der Ulrichskeller wurde 1926 mit Gasthaus, Saal und Salettl neu gebaut und war bis 2012 in<br />
Betrieb. Während der Renovierungsarbeiten im Jahr 2015 zogen die Flüchlingsströme durch die<br />
unmittelbare Nachbarschaft zur Grenze. Das Rote Kreuz fasste den Ulrichskeller als Asylunterkunft<br />
ins Auge, das Gebäude wurde liebevoll adaptiert und dient seit dem Jahr 2016 unter dem<br />
Namen „Gast-Haus Kastaniengarten“ als ein Zuhause für geflüchtete Menschen.<br />
Top-Gastronom und -Hoteliers<br />
aus dem Hause Kurt <strong>Raschhofer</strong><br />
Mit der Gastro-Szene eng verbunden ist die<br />
<strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> nach wie vor. Nicht<br />
nur als Bierlieferant, sondern auch durch<br />
Heiner <strong>Raschhofer</strong>, den Ur-Ur-Urenkel des<br />
„ersten“ <strong>Raschhofer</strong> und Cousin von Doris<br />
Scheriau-<strong>Raschhofer</strong>. Heiner begann seine<br />
Laufbahn 1993 mit dem „Innviertler Biergarten“<br />
in der Auerspergstraße in Salzburg,<br />
ausgeschenkt wurde damals schon vor allem<br />
Heiner <strong>Raschhofer</strong> und sein Sohn Niko.<br />
<strong>Raschhofer</strong> Zwickl. Mittlerweile besitzt Heiner <strong>Raschhofer</strong> rund 20 Lokale (<strong>Raschhofer</strong>s Rossbräu,<br />
Glorious Bastards, Indigo) in Salzburg, Linz, Innsbruck und in Deutschland und setzt die<br />
„Wirte-Tradition“ seiner Vorfahren fort. Heiner <strong>Raschhofer</strong>s Lokale wurden mehrfach international<br />
ausgezeichnet (u. a. mit der Goldenen Palme). Auch die Beherbergungstradition der Familie<br />
lebt in den Cousinen Evelyn Ikrath (Hotel Haus Hirt, Miramonte - Bad Gastein), Bettina<br />
Wiesinger (Hotel Auersperg - Salzburg) und Sabine <strong>Raschhofer</strong> weiter.<br />
Glorious Bastards-Lokale betreibt Heiner <strong>Raschhofer</strong> in Linz, Salzburg und Innsbruck.<br />
13
Das Innviertel:<br />
Eigenständig und kampfeslustig<br />
Im Innviertel gibt es die höchste <strong>Brauerei</strong>dichte in Österreich.<br />
Warum? Es war Tradition in Bayern, dass jeder größere Gasthof<br />
sein eigenes Bier braute. Und da das Innviertel bis 1779<br />
Teil von Bayern war, ist die Tradition des Bierbrauens auch<br />
heutzutage noch tief in der Region verankert.<br />
Zur Geschichte: Das Innviertel mit den Herzogshöfen Ranshofen<br />
und Mattighofen gehörte seit dem 6. Jahrhundert zum<br />
Mattiggau im bayerischen Stammesherzogtum, der nördliche<br />
Teil zum Rottachgau. Es wurde einst Innbaiern genannt und bis<br />
heute sind viele Merkmale der langen Zugehörigkeit des Gebietes<br />
zu Bayern erhalten geblieben. Ab 1507 war es ein Teil des<br />
Rentamtes Burghausen mit den damaligen Gerichten Wildshut,<br />
Braunau, Mauerkirchen, Friedburg, Schärding und Ried.<br />
Durch den Frieden von Teschen ging 1779 Innbaiern von Bayern<br />
an Österreich und wurde zum Innviertel. Mit dem Innviertel<br />
kamen die Landgerichte Schärding, Ried, Mauerkirchen,<br />
Braunau, Mattighofen, Friedburg und Wildshut an Österreich.<br />
Damit verlor der Hausruck seine Funktion als Landesgrenze,<br />
diese war nun der Inn. Der Name „Innviertel“ stammte aus<br />
einer Denkschrift Kaiser Josephs II. vom 14. April 1779.<br />
Unmut auch jenseits der Grenze<br />
Es fiel der Bevölkerung des „alten“ Innbaierns nach 1779 wegen<br />
der verwandtschaftlichen, kulturellen, rechtlichen und<br />
wirtschaftlichen Bindungen über die neue Grenze hinweg<br />
nicht leicht, nach 1779 plötzlich zu Österreich zu gehören. Als<br />
die Reformen Kaiser Josephs II. durch Einführung einer neuen<br />
Kirchen- und Schulordnung verstärkt wurden, kam es 1795<br />
bei geheimen Zusammenkünften zu Unterschriftensammlungen<br />
der Bevölkerung in der Pfarre St. Georgen. Auch die höheren<br />
Getränkesteuern, durch die <strong>Brauerei</strong>en zum Zusperren<br />
gezwungen wurden, erregten den Unmut der Bevölkerung.<br />
Kaiser Joseph verordnete darüber hinaus viele Reformen, die<br />
nicht allen Untertanen recht waren. Viele erlitten durch die<br />
Landesveränderung finanzielle Verluste. Während Braunau<br />
und Schärding im Handel und Gewerbe Einbußen erlitten, gewann<br />
Ried mit seiner zentralen Lage eher durch die neue Situation. Manche jedoch wünschten<br />
sich zu Bayern zurück. Als das Innviertel mit einem Teil des Hausruckviertels nach den Franzosenkriegen<br />
zwischen 1810 und 1816 vorübergehend wieder bayrisch wurde, gab es durchaus<br />
einige, die sich über diese „Heimkehr“ vorerst freuten. Aber Bayerns inzwischen zum König erho-<br />
Illustration: Karte aus 1779<br />
bener Herrscher Maxilimilian I. Joseph („König Max“) war Frankreich auf Gedeih und Verderb<br />
ausgeliefert und musste überdies den Russland-Feldzug des Korsen mitfinanzieren.<br />
Nicht ohne Genugtuung schrieb die Linzer Polizei 1811 an die Landesregierung, dass die Innviertler,<br />
die sich von der Rückkehr zu Bayern „Wunderdinge“ erwartet hätten, enttäuscht seien.<br />
14<br />
15
Der „Student aus Altheim“<br />
Johann Georg Meinl<br />
(geb. 1682), einer der<br />
Anführer der Bayrischen<br />
Volkserhebung<br />
1705/6, ging als „Student<br />
von Altheim“ in die Geschichte<br />
des Innviertels<br />
ein. Johann Georgs Eltern<br />
Cyprian und Maria<br />
Meindl führten in Weng<br />
die Tavernenwirtschaft<br />
Nummer 37.<br />
Im Jahr 1698 kaufte Vater<br />
Cyprian Meindl das<br />
Brauwirtshaus Nummer<br />
50 in Altheim samt <strong>Brauerei</strong><br />
und Wirtschaftshof<br />
in Hadersdorf (heute<br />
Braunauer Straße)<br />
und die Familie verließ<br />
Weng. Im ersten Jahr seines<br />
Philosophiestudiums<br />
am Burghausener Jesuitengymnasium<br />
war Johann<br />
Georg also bereits<br />
Bürger von Altheim.<br />
Johann Georg Meindl (im Kreis) beim Sturm auf Braunau im Jahr 1705.<br />
Ausschnitt aus einem Gemälde von G. v. Seyhold.<br />
Das Innviertel als Kriegsschauplatz<br />
1701 begann der Spanische Erbfolgekrieg, zwei <strong>Jahre</strong> später wurde das Innviertel als Grenzgebiet<br />
zwischen Bayern und Österreich zum Kriegsschauplatz. Der Auslöser für die ersten Unruhen<br />
war schließlich die geplante Zwangsrekrutierung von 12.000 jungen Bayern. Vielerorts<br />
kam es zu spontanen Tumulten, in Mauerkirchen etwa lieferten sich bewaffnete Männer im<br />
November 1705 mit kaiserlichen Dragonern ein erstes Gefecht. Der Kopf dieser ersten Aktion<br />
soll Johann Georg Meindl gewesen sein. Der „Student aus Altheim“ trat somit von Beginn an als<br />
Anführer der Bayerischen Volkserhebung in seiner Heimat in Erscheinung.<br />
In den folgenden Wochen eroberten die Aufständischen unter anderem Braunau und Schärding,<br />
doch das Blatt wendete sich rasch. Die Aufständischen wurden zurückgedrängt, der Aufstand<br />
gegen Österreich brach zusammen. Johann Georg Meindl wurde für vogelfrei erklärt, aber<br />
nie verhaftet. Er ging nach Salzburg und trat in die Leibgarde der Salzburger Erzbischöfe ein.<br />
1767 starb der „Student aus Altheim“ 84-jährig in Salzburg.<br />
Eine Kapelle im Familienbesitz<br />
Untrennbar mit der <strong>Brauerei</strong><br />
und ihren Besitzern verbunden<br />
war und ist die St. Ulrichskapelle,<br />
eine stumme Zeitzeugin<br />
längst vergangener Tage.<br />
Denn erstmals erwähnt wurde<br />
ein dem heiligen Ulrich geweihtes<br />
Kirchlein in Altheim<br />
im Jahr 1180. Zu Beginn des<br />
15. Jahrhunderts entstand daraus<br />
eine gotische Kirche, im<br />
18. Jahrhundert diente sie dem<br />
Militär als Garnisonskirche.<br />
Ihr Ende war 1785 gekommen,<br />
als Josef II. den Befehl erließ,<br />
die Kirche entweder zu Wohnungen<br />
umzubauen oder abzureißen.<br />
Die Kirche befand<br />
sich gegenüber des damals bereits<br />
zur <strong>Brauerei</strong> gehörenden<br />
Ulrichskellers. 1791 erwarb<br />
der damalige <strong>Brauerei</strong>besitzer<br />
Peter Paul Hueber bei einer<br />
Versteigerung das Gotteshaus,<br />
den Kirchhof, das Mesnerhaus<br />
und den Grundbesitz.<br />
Die Ulrichskapelle befindet sich seit<br />
Generationen im Familienbesitz.<br />
Von der Kirche zur Kapelle<br />
1799 wurde die Kirche abgerissen, es blieb einzig das Kirchenportal stehen, welches auf Veranlassung<br />
von Peter Hueber und seiner Frau Katharina 1803 zur St. Ulrichskapelle umgebaut wurde.<br />
Und so wurde die Kapelle von Generation zu Generation an<br />
die jeweiligen Braubesitzer „mitübergeben“. 1929 verkauften<br />
Georg und Stefanie <strong>Raschhofer</strong> (die Ur-Großeltern der<br />
heutigen <strong>Brauerei</strong>besitzerin) das Grundstück rund um die<br />
Kapelle um den Preis von 100 Schilling an die Baumeister<br />
Ferdinand und Jakob Hütter. Im Kaufvertrag wird festgeschrieben,<br />
dass die Käufer „den jeweiligen Besitzern der St.<br />
Ulrichkapelle sowie allen Besuchern derselben das Geh- und<br />
Fahrtrecht über die Pz. 725 Wiese einräumen“.<br />
Daran hat sich bis heute nichts geändert, die St. Ulrichskapelle ist nach wie vor im Besitz der<br />
Brauersfamilie – eine kleine kirchliche „Insel“ inmitten eines Privatgartens.<br />
16<br />
17
Ehefrau, Mutter, Bierbräuin<br />
Bierbrauen war Jahrhunderte lang nicht nur Männersache.<br />
„Brauen und Backen gerät nicht immer“, war<br />
ein alter Brauerspruch und man muss sich wohl vorstellen,<br />
dass die Anfänge des Bierbrauens hierzulande<br />
auch in der Küche stattfanden.<br />
Veronika, Gertraud, Euphrosine, Franziska, Stefanie,<br />
Therese, Maria und Doris. Das waren und sind<br />
jene Frauen, die untrennbar mit der <strong>375</strong>-jährigen<br />
Geschichte der <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> verbunden sind.<br />
Frauen hatten wohl immer in der Geschichte der<br />
<strong>Brauerei</strong> ein wichtiges Wort mitzureden.<br />
Etwa Katharina Hueber. Sie war die zweite Frau von<br />
Peter Hueber, 1773 bis 1812 Besitzer der <strong>Brauerei</strong>.<br />
Katharina wurde als Tochter des Michael Fischer in<br />
Grabinschrift<br />
Aigen am Inn im heutigen Bayern geboren und entstammte<br />
ebenfalls einer Brauersfamilie. Das wohl streng gläubige Ehepaar war es auch, das aus<br />
der ehemaligen Eingangsvorhalle der abgetragenen Ulrichskirche im Jahr 1803 die St. Ulrichskapelle<br />
errichten ließ.<br />
Gestorben ist Katharina Hueber im April 1809. Ihr Grabmal zeigt ihr Ebenbild in Stein gemeißelt<br />
und einen Grabstein mit frommen Bitten auf der Rückseite und einer rührenden Inschrift auf der<br />
Vorderseite. Darin wird der Katharina Hueber als „im Leben geweste bürgerl. Bierbräuin alhier in<br />
Altheim“ sowie als „tugendhafte Gattin, Mutter und Ehewirthin“ , ein alter Ausdruck für Hausfrau,<br />
gedacht.<br />
Sarkophag der Katharina Hueber<br />
18
Die G‘schicht vom <strong>Raschhofer</strong><br />
Wenn ich damals, als mein Bub 1869<br />
die Witwe des letzten Brauers aus der<br />
Brauerfamilie Hueber in Altheim, die dort gut<br />
100 Jahr´ gebraut hat, zum Braualtar führte,<br />
g´wusst hätt´, wie´s weitergeht – dass der Nam´<br />
<strong>Raschhofer</strong> auch im Jahr´2020 noch auf jedem<br />
Fassl und jeder Flasch´n steht – da wär´ ich mächtig<br />
stolz drauf g´wesen. Ich bin ja selbst Brauer, da in<br />
Aspach, und woaß genau – „Brauen“ macht zwoa a<br />
Freud, aber es is´ net immer einfach<br />
.<br />
Georg <strong>Raschhofer</strong> (1834-1906), der erste Raschofer in Altheim<br />
Lasst euch erzählen, wie die <strong>Brauerei</strong> seitdem<br />
gedeihlich bis ins Jahr´2020 voran `kommen ist.<br />
Mein Sohn Georg hat sei Arbeit in da <strong>Brauerei</strong>, im<br />
Wirtshaus und als Landwirt 33 Jahr lang recht<br />
fleißig und redlich g´macht, bis er danach an mei<br />
Enkerl übergeb´n hat. Er und sei Familie ham a<br />
gedeihliche Zeit h´ghabt.<br />
Übrigens – mei Tochter Amalia hat oan „Zwink“<br />
geheiratet und das elterliche Brauwirtshaus in<br />
Aspach übernommen. Das Wirtshaus „Zwink“ in<br />
Aspach hat ein jeder kennt.<br />
19
Mein Enkel, der auch Georg g´heißn<br />
hat, hat die <strong>Brauerei</strong> 1902 gemeinsam<br />
mit seiner Frau Steffi übernommen.<br />
Die Zeiten sind damals<br />
zunehmend rauer g´wordn. Mit viel<br />
Geschick ham´s die <strong>Brauerei</strong>, den<br />
Gasthof und die Landwirtschaft<br />
durch den Ersten Weltkrieg g´führt<br />
und obendrein noch den Ulrichskeller,<br />
das <strong>Raschhofer</strong> Anwesen in Hadersdorf<br />
und die Garage am Anger ´baut.<br />
D´Leit hamt´n megn, den Georg, weil<br />
er stets gut aufg´legt war. Drum<br />
ham´s ihn auch 1914 zum Bürgermeister<br />
von Altheim g´wählt, der er<br />
vier Jahr´ lang war.<br />
Georg <strong>Raschhofer</strong> (1870 – 1938). Er führte die <strong>Brauerei</strong> von 1902 bis 1929<br />
und damit durch die Wirren des Ersten Weltkrieges.<br />
Georg <strong>Raschhofer</strong> und seine Frau Maria. Sie legten ab der Übernahme der<br />
<strong>Brauerei</strong> 1929 den Grundstein für eine erneute Aufwärtsentwicklung.<br />
1903 ist mei Urenkerl auf d´Welt<br />
kommen. Nach der landwirtschaftlichen<br />
Mittelschul´ in Böhmisch-<br />
Leipa hat er in München die Braumeisterprüfung<br />
g´macht und die<br />
<strong>Brauerei</strong> 1929 übernommen. Auch<br />
die Zeit´n damals war´n net einfach.<br />
Denkt´s nur an die Weltwirtschaftskrise,<br />
die in dem Jahr ang´fangen<br />
hat. Aber der Georg hat sich durchg´setzt.<br />
Sei Frau, die Maria, hat des<br />
Brauwirtshaus g´führt. 1941 ham´s<br />
dem Stift Reichersberg die Braurechte<br />
um 28.000 Reichsmark abkauft und<br />
damit das Absatzgebiet für unser<br />
Bier stark erweitert.<br />
20
Warmes Bier nach Bedarf<br />
Im historischen Dokument auf der Vorderseite wurde schriftlich festgehalten und damit zugesichert,<br />
welche Leistungen (insbesondere in Form von Naturalien) der „weichenden<br />
Erbin“ Anna <strong>Raschhofer</strong> (1815 - 1882) zur Altersversorgung geliefert werden.<br />
Sie war die Stiefmutter des ersten Georg <strong>Raschhofer</strong> in Altheim. Sie war die 2. Frau des<br />
Urahns in Aspach und ist am Altheimer <strong>Raschhofer</strong> Grabstein verewigt.<br />
Jährlich<br />
3 Metzen Korn, 7 Metzen Weizen, 3 Meter kl. harte Scheiter, 2 Klafter Wid, einen<br />
gutgemesteten Frischling im Gewichte von 80 Pfund und zwar ein halbes solches mit<br />
40 Pfund zu Martini und ein halbes zu Ostern. Zu Martini 10 kg Speck, so oft was geschlachtet<br />
wird 1kg Fleisch, 10 kg Malz, 5 Lt. Wein, 5 Lt. guten Brantwein, 5 Zt schöne<br />
gute Äpfel, 5 kg Opolakerzen, 8 kl. Kernseife, 1 Hopfensack, 6 Besen, 10 Vierling<br />
Kartoffl, 120 Krautköpfe, 20 Lt. Essig, Gemüse nach Bedarf<br />
Wöchentlich<br />
1 Lt. Petroleum, 1 kg Rindschmalz, 1 kg Butter, 1 kg Zucker, 2 kg Rindfleisch, 1 kg<br />
Kalbfleisch, ¼ kg Leber, ½ kg Kaffee im Monat, 3 mal in der Woche Rindsuppe, ¼ l<br />
sauren Rahm, so oft gebacken wird, frisches Brot nach Bedarf<br />
Alle Tage<br />
3 Lt. Milch, 3 Eier, 2 Lt. Bier, Salz nach Bedarf.<br />
Alle 14 Tage<br />
2 kg Baumöhl, wenn gesotten wird, warmes Bier nach Bedarf. So oft was gebacken<br />
wird ein Teller voll in die Wohnung schicken, das Schweinefleisch muß ohne Kopf<br />
und ohne Fuß gebracht werden. Fuhrwerk, so oft eines gewünscht wird ohne Unkosten.<br />
Wenn Verwandte kommen, müssen´s beherbergt werden unentgeltlich.
Nach dem 2. Weltkrieg, nachdem sich alles ein wenig erholt hat, is´s richtig bergauf g´angen. Mein Ur-Ur-<br />
Enkerl – natürlich auch ein „Georg“ – der erste von uns, der an der Technischen Universität München in<br />
Weihenstephan Brauwesen studiert hat, hat ab 1955 die <strong>Brauerei</strong> g´führt und hat sie 1969 auch übernommen.<br />
1960 hat er unsere Mälzerei<br />
auf´gebn, dafür aber die <strong>Brauerei</strong> glei<br />
neu baut – mit an Sudhaus, ganz aus<br />
Kupfer. Mei, muss des a Freud´sein,<br />
da drin zu brauen. Natürlich haben´s<br />
jetzt viel mehr produzier´n können<br />
und die Bedeutung der <strong>Brauerei</strong> is´<br />
dadurch enorm g´stiegn.<br />
Bier brauen war überhaupt jetzt<br />
das Wichtigste für Georg und sei<br />
Frau Gertraud. Drum ham´s die<br />
Gasthäuser und die Landwirtschaft<br />
verpachtet.<br />
Georg und Gertraud <strong>Raschhofer</strong>. In ihrer Verantwortung<br />
(Betriebsleitung ab 1955, Übernahme 1969) wurde der Schritt von der<br />
Kleinbrauerei zur mittelständischen <strong>Brauerei</strong> vollzogen.<br />
21
Kurz vor der Jahrtausendwende,<br />
1995, wollten Georg und Gertraud an<br />
ihren Sohn Georg, auch ein studierter<br />
Brauingenieur, übergeb´n.<br />
Doch das Schicksal hat allen an<br />
Strich durch die Rechnung g´macht.<br />
Er is´ verunglückt, nur wenige<br />
Woch´n vor der Übergabe.<br />
Im Alter von 27 Jahr´, was für ein<br />
fürchterlicher Schlag, was für eine<br />
traurige Fügung.<br />
Was nun tun? Seine beiden<br />
Schwestern Irmgard und Doris<br />
hatten andere Berufe. Die eine<br />
Apothekerin, die andre Handlungsbevollmächtigte<br />
in einer Bank<br />
in Wien.<br />
Der 1995 verunglückte Georg <strong>Raschhofer</strong> wurde nur 27 <strong>Jahre</strong> alt.<br />
Die Doris war´s, die der Bank adieu g´sagt hat und die ins kalte Wasser g´sprungen ist. Gemeinsam mit<br />
ihrem Mann Christoph Scheriau, der Prokurist in der gleichen Bank war, is´ alles dran g´setzt word´n, Wissen<br />
und Erfahrung zu sammeln. Unermüdlich ham´s g´arbeit´, die zwoa. Bücher ham´s studiert, Vorträge<br />
besucht und Praktika bei mehreren <strong>Brauerei</strong>en in Osterreich und Deutschland ham´s absolviert.<br />
Und schießlich war´s soweit und sie ham die <strong>Brauerei</strong> 1999 übernommen.<br />
Guat is´gangen, nix is´g´schehn.<br />
Was da in die letzten 20 Jahr´ alles g´schehen is – da sag<br />
i „Respekt“. Vü is modernisiert und die Belieferung der<br />
Region verstärkt word´n. Auch das Nachbargrundstück<br />
ham´s g´kauft, um in der Zukunft Platz z´haben und die<br />
<strong>Brauerei</strong> noch einladender z´mochn.<br />
Sie ham die <strong>Brauerei</strong> für Besucher g´öffnet und den<br />
„Innviertler Brauturm“ g´schaffn, damit jeder sieht,<br />
wie fein wir <strong>Raschhofer</strong> brauen.<br />
Die <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> im Jahr 2020.<br />
22
Die heutigen <strong>Brauerei</strong>-Besitzer Doris Scheriau-<strong>Raschhofer</strong> und Christoph Scheriau mit Sohn Michael.<br />
Und bevor ich jetzt aufhör´ mit meiner Erzählung, passt´s noch einmal auf: Die 7. Generation nach<br />
meinereiner, Doris & Christophs Sohn Michael, unterstützt scho seine Eltern und praktiziert neb´n<br />
sein Studium dahoam und in anderen <strong>Brauerei</strong>en.<br />
Ich hoff´mei G´schicht hat euch ein wenig interessiert!<br />
Euer<br />
Georg <strong>Raschhofer</strong><br />
1806-1889<br />
23
24<br />
24a
24b
Einverleibung<br />
In der Einverleibungs-Urkunde wurde im Jahr 1869 vom<br />
zuständigen Bezirksgericht bewilligt, dass sich Georg <strong>Raschhofer</strong><br />
Miteigentumsrechte an den Besitzungen seiner Ehefrau Therese Huber<br />
„einverleiben“ darf und er ins Grundbuch eingetragen wird. Dieses<br />
Dokument steht daher für den Beginn der Familie <strong>Raschhofer</strong> als<br />
Bräuer in Altheim.<br />
Auf Grund des Ehevertrages vom 1 Mai 1869 wird die Einverleibung<br />
der Miteigenthumsrechte des<br />
H. Georg <strong>Raschhofer</strong><br />
auf das Bräuhaus Anwesen der Fr Therese Huber in Altheim<br />
in den Grundbüchern Mülheim Tom V Fol 222, 253 und 260 Mülheim<br />
Tom II Fol 78 Sunzing Fol 57 Reichersberg Tom 102 Fol 545,<br />
272, 693, 856, 857 Mauerberg Tom 100 Fol 11 Tom 42 Gotteshaus<br />
St. Ulrich Fol 2 Tom XIX Fol 158 Hagenauer Stern Fol 199 bewilligt,<br />
und dem Grundbuchsamte der Vollzug hiezu aufgetragen.<br />
Kk Bez Ger Mauerkirchen am 24. Mai 1869<br />
Georg <strong>Raschhofer</strong>, Bräuer in Altheim bittet um Einverleibung seiner<br />
Miteigenthumsrechte auf das Terese Hubersche Bräuhaus-anwesen<br />
in Altheim in den Grundbüchern Milheim Tom. V Fol. 222, 233, und<br />
269 Mühlheim Tom II folio 78 Sunzing Folio 57 Reichersberg Tom<br />
102 Folio 545/272, 693, 856 und 857, Mauerberg Tom. 100 Fol 11<br />
Tom. XXXXII Gotteshaus St. Ulrich Folio 2 Tom. XIX Fol. 158 und<br />
Hagenauer Stern Folio 199<br />
Zugestellt am 4/6 869 Neuhäuser<br />
Grundbüchlich behandelt 24/5 1869<br />
Penn Cst S. 7/5 1869 A. 1582/II<br />
25
Eine alte Ansicht des Altheimer<br />
Marktplatzes auf einer historischen<br />
Postkarte. Das Stammhaus der<br />
<strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> hatte die Adresse<br />
Marktplatz 50 (heute Stadtplatz 14)<br />
und ist rechts vorne zu sehen.<br />
26
Tradition trifft auf Technik<br />
Startklar zur Auslieferung des Bieres: Der <strong>Raschhofer</strong>-Fuhrpark in den 1960er-<strong>Jahre</strong>n.<br />
Wir schreiben das Jahr 1929. Georg <strong>Raschhofer</strong> übernimmt von seinem Vater die <strong>Brauerei</strong>,<br />
das dazugehörige Gasthaus und die Landwirtschaft. In den darauffolgenden Jahrzehnten seines<br />
Wirkens begann in der Ära des Großvaters der jetzigen Besitzerin eine stete Aufwärtsentwicklung<br />
der <strong>Brauerei</strong>, die besonders nach dem 2. Weltkrieg einsetzte.<br />
Ursprünglich hatte jede der Altheimer <strong>Brauerei</strong>en einen eigenen Eiskeller, in dem das im Winter<br />
von verschiedenen Weihern gewonnene Eis zur Kühlung des gelagerten Bieres verwendet wurde.<br />
In der <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> hat der herkömmliche Bierkeller in St. Ulrich 1936 ausgedient,<br />
denn Georg <strong>Raschhofer</strong> installiert<br />
in seinen Lagerkellern<br />
Die Eiserzeugung in der <strong>Brauerei</strong> einst.<br />
in der <strong>Brauerei</strong> die erste maschinelle<br />
Kühlung.<br />
Dieser zukunftsweisenden<br />
Investition folgen die erste<br />
Flaschenfüllanlage und weitere<br />
technische Neuerungen,<br />
bevor 1955 der 23-jährige<br />
Sohn Georg nach dem Abschluss<br />
seines Studiums für<br />
Brauwesen in Weihenstephan<br />
als Betriebsleiter und Braumeister<br />
ins Unternehmen<br />
einsteigt.<br />
27
Investitionen in das Wachstum<br />
Gemeinsam mit seinem Vater baut der junge Dipl.-Brau-Ingenieur praktisch die gesamte <strong>Brauerei</strong><br />
neu auf und die heutigen Produktionsabläufe in der <strong>Brauerei</strong> wurden in dieser Phase festgelegt.<br />
Auf überschaubarer Fläche entsteht<br />
eine mittelständische <strong>Brauerei</strong>, der Weg für<br />
Wachstum wird geebnet. Als Betriebsleiter<br />
und ab 1969 als Besitzer, investiert er bis in die<br />
Mitte der 1990er-<strong>Jahre</strong> unter anderem in ein<br />
neues Kupfer-Sudhaus (70 hl) mit Silogebäude<br />
(= Brauturm), eine neue Flaschenfüllanlage,<br />
neue Lagerkeller, ein neues Büro- und Sozialgebäude,<br />
eine neue Filterstraße und ein Labor<br />
zur Qualitätskontrolle. Einen Meilenstein setzt<br />
Georg <strong>Raschhofer</strong> im Jahr 1978 mit der Automatisierung<br />
der Produktion vom Malzsilo<br />
bis zum Gärkeller. Sie ermöglicht fortan, dass<br />
die Produktion auch in der Nacht und ohne<br />
Anwesenheit einer Bedienungsperson durchlaufen<br />
und gleichmäßige Bierqualität erreicht<br />
werden kann.<br />
Die Schaltzentrale der <strong>Brauerei</strong> nach<br />
der Vollautomatisierung im Jahr 1978.<br />
Modernisierung und Öffnung der <strong>Brauerei</strong><br />
Der traditionellen Brauweise (direktbefeuertes<br />
Kupfersudhaus) und dem Credo der ständigen<br />
Modernisierung bleiben auch seine Nachfolger<br />
treu. Doris Scheriau-<strong>Raschhofer</strong> und ihr Mann<br />
Christoph, die 1999 die <strong>Brauerei</strong> übernehmen,<br />
erneuern Technik und Steuerung des Sudhauses.<br />
Sie lassen wiederum eine neue Flaschenfüllanlage installieren, überarbeiten das Kühlsystem,<br />
tauschen sämtliche Kanäle inner- und außerhalb der <strong>Brauerei</strong> aus und setzen energieökonomische<br />
Schritte. Sie erwerben das Nachbargrundstück Braunauer Straße 14 und 16 (samt<br />
Gebäude) und öffnen die <strong>Brauerei</strong> für Besucher, unter anderem mit der Eröffnung des Innviertler<br />
Brauturms. Aber das ist eine andere Geschichte.<br />
Die moderne Flaschenabfüllanlage<br />
der <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong>.<br />
28
Anekdoten<br />
Ein Wührer als Brauherr in Brescia<br />
Wührer, Wierer, Wiehrer oder Wuerer – wie<br />
auch immer er sich letztendlich geschrieben<br />
haben mag: Anno 1645 wird Johann Wührer<br />
als Bräuer neben der Angergasse und der<br />
Metzgerbehausung in Altheim benannt.<br />
Johann Wührer steht damit am Beginn<br />
unserer <strong>375</strong>-jährigen Geschichte, obwohl<br />
er sehr wahrscheinlich aus Obernberg am<br />
Inn abstammte. Dieser Ort war zu jener Zeit<br />
eine Brauer-Hochburg. Franz Xaver Wührer,<br />
einer seiner Nachfahren (geb. 1792)<br />
gründete 1829 die älteste italienische <strong>Brauerei</strong><br />
in Brescia (Lombardei) und etablierte<br />
„Birra Wührer“ als bis heute bekannten<br />
Markennamen.<br />
Höhere Gewalt trifft die <strong>Brauerei</strong><br />
1732 Brand im „Meindlschen Brauhaus“ in Hadersdorf (heutiger Standort der <strong>Brauerei</strong>)<br />
1880 am 13. und 14. August d. J. kommt es durch Hochwasser zum teilweisen Einsturz des<br />
1873 neu gebauten Kuhstalles (heute Bräu Gwölb) in Hadersdorf (Braunauer Straße)<br />
1945 Brand der Heuscheune und der Stallungen in Hadersdorf<br />
2004 Brand im Wirtschaftsgebäude im Stammhaus am Stadtplatz
Gestrauchelter Bierbrauer<br />
Dass die <strong>375</strong>-jährige Geschichte der <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> auch Einblicke in die Zeit- und Sittenbilder<br />
der unterschiedlichen Jahrhunderte bietet, beweist die Geschichte eines gewissen<br />
Martin Lohmayr. Dieser hatte die <strong>Brauerei</strong> 1681 von seinem Vater Bartholomä übernommen<br />
und dürfte sich danach vor allem durch den Kauf des Wirtschaftshofes<br />
in der (heutigen) Braunauer Straße (als neuer Standort der <strong>Brauerei</strong>)<br />
verspekuliert haben. 1698 jedenfalls verkaufte er die <strong>Brauerei</strong><br />
um 3.000 Florint-Gulden an Cyprian Meindl, über den<br />
sozialen Abstieg des Martin Lohmayr ist in der „Wachbergerchronik“<br />
zu lesen: „Wegen stetem Volltrinken<br />
und den ganzen Feiertag im Bett liegenbleiben<br />
statt in die hl. Messe zu gehen, sollte<br />
1699 der Bierbrauer Martin Lachmeier<br />
(sic!) 3 Tage im Amtshause bei Wasser<br />
und Brot eingesperrt werden. Die Strafe wurde umgewandelt, der durstige Bräuer musste 3<br />
Pfund Wachs zur St. Sebastiansbruderschaft leisten.“<br />
Anmerkung der Herausgeber: Es ist uns ein Anliegen, diesem Ahnen – trotz all seiner Verfehlungen – Danke zu sagen.<br />
Denn mit der Verlegung der <strong>Brauerei</strong> im 17. Jahrhundert an den damaligen Ortsrand schuf er Entwicklungsmöglichkeiten<br />
für die Zukunft und bewies damit Weitblick. Außerdem war die Brandgefahr außerhalb des Ortskerns weit geringer.<br />
Abhämmern für vollen Hochglanz<br />
Als Georg <strong>Raschhofer</strong> 1962 in ein neues Sudhaus<br />
investiert, bestellt er unter anderem bei<br />
der deutschen Firma Ziemann eine „kupferne<br />
Maische- und Würzepfanne für Ölfeuerung,<br />
deutsche Form“. Die Bestätigung für diesen<br />
Auftrag spiegelt die Liebe des Herstellers zum<br />
Handwerk wider und lässt noch Jahrzehnte<br />
später jedes Brauerherz höher schlagen.<br />
Detailliert wird etwa aufgelistet, dass „der kupferne<br />
Boden in einem Stück gefertigt, nach<br />
innen gewölbt, mit großem, halbrunden Aufbugradius<br />
und mit der Zarge innen versenkt<br />
vernietet“ wird. Die Zarge, so ist ebenfalls zu<br />
lesen, „erhält oberhalb des Podestes ein vollkommen<br />
blankes Aussehen“ und „die Haube<br />
durch mehrfaches sorgfältiges Abhämmern<br />
einen vollen Hochglanz“. In diesem Sudhaus<br />
werden auch heute alle <strong>Raschhofer</strong> Biere gebraut.
Schlagabtausch mit dem Bierkartell<br />
Heute ist schwer nachzuvollziehen, dass es seit 1907 (bis 1980) in Österreich ein Bierkartell gab,<br />
in dem sich <strong>Brauerei</strong>en verpflichten sollten, nicht über ihr angestammtes Liefergebiet hinaus zu<br />
liefern. De facto war der österreichische Biermarkt somit aufgeteilt und es war unvorstellbar,<br />
dass sich damals Wirte oder Kaufgeschäfte das Bier, das den Kunden angeboten wurde, selbst<br />
aussuchen konnten.<br />
Natürliches Wachstum sollte so unmöglich gemacht werden. Wenn eine <strong>Brauerei</strong> ihr Bier in<br />
ein neues Absatzgebiet liefern wollte, musste sie das Recht dazu dem angestammten Lieferanten<br />
abkaufen – oder man kaufte den Mitbewerber mitsamt seinen Kunden einfach auf. Ganze<br />
Ortschaften wechselten auf diese Art den Bierlieferanten. Fast alle österreichischen <strong>Brauerei</strong>en<br />
waren besonders in der Nachkriegszeit und bis in die 1970er-<strong>Jahre</strong> Mitglieder dieser Schutzgemeinschaft.<br />
<strong>Raschhofer</strong> war nie Mitglied des Kartells. Kundenschutz bedeutete ja auch eine<br />
wesentliche Einschränkung für die weitere Entwicklung der <strong>Brauerei</strong> und das wollte man in<br />
Altheim nicht in Kauf nehmen.<br />
Heikel wurde die Sache auch deswegen, da ja auch noch in den <strong>Jahre</strong>n nach dem 2. Weltkrieg<br />
Rohstoffe wie Malz und Hopfen zentral vergeben wurden und die aufmüpfigen Altheimer<br />
Brauer hart kämpfen mussten, um doch berücksichtigt zu werden. Denn Hopfen und Malz<br />
waren knapp. <strong>Raschhofer</strong> blieb aber standhaft, fand eigene Rohstoffquellen (z. B. Getreidehändler),<br />
blieb unabhängig und konnte wachsen.<br />
Das brachte zuweilen einen heftigen Schlagabtausch mit sich:<br />
• Im März 1946 wurde die „verehrliche“ <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> vom Schutzverband darauf aufmerksam<br />
gemacht, dass diese lediglich die eigene Kundschaft und diese wieder nur bis zum<br />
Ausmaß von 40 Prozent versorgen darf. Als Grund für diese Rüge wurden „verschiedene Beschwerden“<br />
von Mitbewerbern angegeben.<br />
• Und am 20. April 1946 schreibt ein Herr Dr. Natter vom Schutzverband Österreichischer<br />
<strong>Brauerei</strong>en an die <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong>, dass beim „Landesernährungsamt von verschiedenen<br />
Seiten Beschwerde darüber geführt wird, dass Ihre verehrliche <strong>Brauerei</strong> noch immer nicht<br />
bereit ist, die ergangenen Weisungen laut Rundschreiben Nr. 1 des Landesernährungsamtes<br />
einzuhalten“. Der konkrete Vorwurf: <strong>Raschhofer</strong> beliefere noch immer für ihn fremde Kunden<br />
wie etwa Paula Irasek in Altheim (Anm. ein Gasthaus unmittelbar neben der <strong>Brauerei</strong>).<br />
29
Schreiben ohne Wirkung<br />
Etwas diplomatischer als die Ämter und der Verband agieren im Februar 1949 die damaligen<br />
Chefs der <strong>Brauerei</strong> Zipf. In einem Brief an Georg <strong>Raschhofer</strong> schreiben sie von einem vereinbarten<br />
„Burgfrieden“ zwischen ihren beiden <strong>Brauerei</strong>en. Und zwar - und hier liegt der<br />
Hund begraben – „vorausgesetzt und in der sicheren Erwartung, dass die <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong><br />
gleich dem Großteil der übrigen Innviertler <strong>Brauerei</strong>en dem Schutzverband Österreichischer<br />
<strong>Brauerei</strong>en, also dem Bierkartell, beitreten wird“. Dieser Burgfrieden sah vor, die Kunden der<br />
jeweils anderen <strong>Brauerei</strong> zu respektieren. Also dass man diese weder besuchen noch eventuellen<br />
Lieferbegehren Rechnung tragen werde. Nun, lange währte dieser Frieden nicht. <strong>Raschhofer</strong><br />
ist nachweislich nie dem Bierkartell beigetreten und hat den Schritt in ein substantielles<br />
Wachstum gewagt.<br />
Was sich heute wie eine nette Geschichte aus der Vergangenheit liest, war damals für die <strong>Brauerei</strong><br />
– gerade in der Nachkriegszeit - nicht einfach. Es ging um Rohstoffe fürs Bierbrauen, um<br />
Kunden, um Wachstum. Das erforderte wirklich Mut, Hartnäckigkeit und vorausschauendes<br />
Denken.<br />
Anmerkung: Das<br />
Bierkartell ist<br />
natürlich heute<br />
Geschichte und mit<br />
dem österreichischen<br />
Verband der<br />
<strong>Brauerei</strong>en, also der<br />
Interessensvertretung<br />
der Brauer, gab<br />
und gibt es eine sehr<br />
gute Zusammenarbeit.<br />
Die <strong>Brauerei</strong> ist<br />
auch in Ausschüssen<br />
des Verbandes<br />
vertreten.<br />
30
Dem Kartell die Stirn geboten<br />
Wachstum und überregionale Belieferung<br />
Geplant war es so zwar nicht, passiert ist es dennoch: Ende der 1960er-<strong>Jahre</strong> erschütterten die<br />
<strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> und die Handelsorganisation ADEG gemeinsam die Vorherrschaft des<br />
Bierkartells in Österreich. Was war passiert?<br />
Ab Beginn des <strong>Jahre</strong>s 1969 braute die laut damaligen Presseberichten „kleine, aber sehr moderne<br />
eingerichtete“ Altheimer <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> für die ADEG ein „Burgbräu“, welches ab<br />
Februar jenes <strong>Jahre</strong>s an oberösterreichische ADEG-Geschäfte sowie von Judenburg aus auch ins<br />
Obere Murtal geliefert wurde.<br />
Beim „Burgbräu“ handelte es sich um ein elfgrädiges<br />
Märzenbier, das in der Qualität den bekannten Marken<br />
gleichkam, was von den ADEG-Kunden auch goutiert<br />
wurde. Vom Verkaufsstart Anfang Februar bis Ende Mai<br />
1969 verkaufte die ADEG in 210 Geschäften rund 150.000<br />
Flaschen „Burgbräu“. Während die belieferten Kaufleute<br />
daher begeistert waren (sie konnten nun neben dem jeweiligen<br />
Kartellbier ihren Kunden eine zweite und regional<br />
nicht erhältliche Biersorte anbieten), hatten ADEG<br />
und <strong>Raschhofer</strong> mit diesem neuen Weg im Bierabsatz das<br />
Bierkartell in Aufruhr versetzt und bei in- und ausländischen Medien für ein großes Interesse<br />
an diesem damaligen Tabubruch gesorgt. Die überregionale Lieferung einer kleinen <strong>Brauerei</strong><br />
war damals nicht vorgesehen, das Bierkartell wusste das zu verhindern.<br />
Der erste mit „Burgbräu“-Märzenbier beladene ADEG-Laster verlässt Anfang 1969 die <strong>Brauerei</strong> in Altheim.<br />
31
Ein harter Kampf<br />
Um rechtlich gegen „<strong>Raschhofer</strong>“ vorgehen zu können, behaupteten die Kartell-<strong>Brauerei</strong>en, dass<br />
das Bier nicht den österreichischen Vorschriften entspreche und brachten über ihren Schutzverband<br />
Anzeigen gegen die ADEG und die Innviertler <strong>Brauerei</strong> ein. So kam es zu einem Gerichtsverfahren<br />
in Leoben. Der konkrete Vorwurf eines vom Kartell bestellten Gutachters: das in<br />
Altheim gebraute Bier sei untergrädig (habe also zu wenig Stammwürze) und verstoße nicht nur<br />
gegen die Leitsätze des „Codex Austriacus Alimentarius“<br />
genannten Österreichischen Lebensmittelbuches, sondern<br />
vielleicht sogar gegen das Lebensmittelgesetz.<br />
Ein Vorwurf, der durch ein Gutachten des Institutes für<br />
Gärungstechnik entkräftet wurde. Alle Bedenken gegen<br />
die Qualität dieses Produktes seien unbegründet, das<br />
„Burgbräu“ entspreche den gesetzlichen Anforderungen.<br />
Und auch von einem kolportierten „Bruch des Bierkartells“<br />
konnte keine Rede sein. Schließlich war die <strong>Brauerei</strong><br />
<strong>Raschhofer</strong> ja nie Mitglied des Kartells.<br />
Der damalige Preis von 49 Schilling entspricht einem<br />
heutigen stolzen Aktionspreis von Euro 17,53.<br />
32
„Keine Gefahr für das Bierkartell“<br />
Einzelne <strong>Brauerei</strong>besitzer sahen – obgleich Mitglied des Bierkartells<br />
– den Alleingang von ADEG und <strong>Raschhofer</strong> übrigens<br />
weniger dramatisch als der Schutzverband. Dipl.-Ing. Gustav<br />
Mautner Markhof (<strong>Brauerei</strong> Schwechat AG) etwa meint bei einer<br />
Pressekonferenz, dass dadurch keine Gefahr für das Bierkartell<br />
bestünde. Immerhin – so Mautner Markhof – würde die <strong>Brauerei</strong><br />
<strong>Raschhofer</strong> im Jahr nur etwa 10.000 Hektoliter dieses Bieres<br />
erzeugen.<br />
Das Ende der Geschichte? Sämtliche Vorwürfe wurden fallen<br />
gelassen. ADEG und die <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> hatten sich durchgesetzt,<br />
dem Bierkartell erfolgreich die Stirn geboten, auch den<br />
Weg für andere <strong>Brauerei</strong>en geebnet und einen wichtigen Schritt<br />
für eigenes Wachstum und überregionalen Bierverkauf geschaffen.<br />
Ein weiteres Standbein im Vertrieb – neben dem Kerngeschäft<br />
in der Region – wurde somit geschaffen.<br />
Das Bierkartell<br />
Was 1907 als »Schutzverband alpenländischer<br />
<strong>Brauerei</strong>en« begonnen hatte,<br />
wurde später zum Bierkartell, rechtlich<br />
abgesichert als „Kundschaftsversicherungsvertrag<br />
österreichischer <strong>Brauerei</strong>en“.<br />
Ergänzt um vier weitere Abkommen,<br />
von denen beispielsweise der „Flaschenbierkontingentierungsvertrag<br />
für das<br />
Gebiet des Polizeirayons Linz“ schon<br />
dem Namen nach einen Hauch k. u. k.<br />
vermittelte. Da war nach den Vorstellungen<br />
der späten Kaiserzeit ziemlich<br />
streng geregelt, welche <strong>Brauerei</strong>en wohin<br />
Bier liefern durften. Wenn eine <strong>Brauerei</strong><br />
ihr Bier in ein neues Absatzgebiet liefern<br />
wollte, musste sie das Recht dazu dem angestammten<br />
Lieferanten abkaufen – oder<br />
man kaufte den Mitbewerber mitsamt<br />
seinen Kunden einfach auf. 1980 wurde<br />
das Bierkartell schließlich aufgelöst.<br />
33
Unsere Brauphilosophie<br />
Als die Innviertler im Jahr 1779 Bayern<br />
hinter sich lassen, nehmen sie etwas Wichtiges mit:<br />
Das Wissen darum,<br />
wie man ein ordentliches Bier braut.<br />
Denn schließlich wurde in Bayern wohl in jeder größeren Gastwirtschaft<br />
auch eigenes Bier gebraut.<br />
Gut und gern Bier gebraut wird seit 1645 auch<br />
in der Altheimer <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong>.<br />
Und zwar mit einer klassischen Brauphilosophie und Brauweise,<br />
die heute schon selten geworden ist:<br />
Das vollwandig aus Kupfer bestehende und von<br />
unten befeuerte Sudhaus der <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong>.<br />
1) Das direktbefeuerte Kupfersudhaus<br />
– das Runde im Bier:<br />
Das Sudhaus, die Sudpfanne<br />
und der Läuterbottich der <strong>Brauerei</strong><br />
sind vollwandig aus Kupfer.<br />
Pfanne (70 hl) und Bottich sind<br />
besonders schön anzusehen, kein<br />
anderer Werkstoff außer Kupfer<br />
lässt sich so weich und kunstvoll<br />
formen. Für das Brauen ist<br />
aber vor allem die gleichmäßige<br />
Wärmleitung von Kupfer wichtig.<br />
Sie führt dazu, dass die in der<br />
<strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> acht Stunden<br />
lang gesottenen Biere besonders<br />
ausgewogenen und rund<br />
sind. Weiters wird die Sudpfanne<br />
von einer offenen Flamme befeuert.<br />
Die Malze werden daher wegen<br />
der am Pfannenboden entstehenden<br />
hohen Temperaturen<br />
karamellisiert. Biere, die in einem<br />
Kupfersudhaus gebraut werden,<br />
gären auch einfacher und leichter.<br />
Der Sudprozess wird seit 1978<br />
automatisch gesteuert – was wesentlich<br />
zur gleichmäßigen Qualität<br />
beiträgt.<br />
34
Durch die offene Gärung sieht man in den Bottichen, wie es dem Bier geht.<br />
2) Die Vergärung der Biere in<br />
offenen Gärbottichen:<br />
Die Vergärung der Biere wird<br />
in der <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> händisch<br />
gesteuert und ist aus dem<br />
automatischen Brauprozess ausgeklammert.<br />
Man sieht in offenen<br />
Bottichen, „wie es dem Bier<br />
geht“ und kann so jederzeit sieben<br />
Tage in der Woche über die<br />
Steuerung der Kühlung händisch<br />
in den Gärprozess eingreifen.<br />
Weiters werden am Ende der<br />
Gärung die Gerb- und Bitterstoffe,<br />
die sich an der Oberfläche<br />
(Kräuse genannt) ablagern,<br />
händisch abgeschöpft. Vor dem<br />
„Schlauchen“ (Umpumpen) des<br />
Jungbieres in den Lagerkeller,<br />
also vor der Reifung, werden so<br />
diese unedlen Aromastoffe abgesondert<br />
und gelangen daher<br />
nicht in das fertige Bier. Biere, die<br />
offen vergoren werden, gelten daher<br />
als besonders fein.<br />
3) Stressfreie, lange Reifung in liegenden Lagertanks:<br />
Zur Brauphilosophie der <strong>Raschhofer</strong>s gehört nicht zuletzt, dass die Tanks liegend angeordnet<br />
sind. Auf Bier in liegenden Tanks lastet weniger Druck als auf Bier in stehenden Tanks.<br />
Es kann so auf schonende Art und damit „stressfrei“ reifen - sechs bis acht Wochen und<br />
damit ausreichend lange. Die Biere aus liegenden Lagertanks sind bekömmlicher und ausgewogener,<br />
was auch wissenschaftlich belegt ist.<br />
In den liegenden Tanks lastet auf<br />
dem Bier weniger Druck, es kann<br />
stressfreier reifen.<br />
35
36
All diese Menschen sind für die Qualität der <strong>Raschhofer</strong> Biere verantwortlich.<br />
von links: Lukas Feichtinger, Engelbert Kasinger, Franz Eberl, Sylvia Dorigatti, Christoph<br />
Scheriau, Doris Scheriau-<strong>Raschhofer</strong>, Wilhelm Wiesbauer, Manuel Hemetsberger, Jasminka<br />
Zugec, Brm. Johann Eder, Waltraud Brandstetter, Herta Mairleitner, Hannes Schöppl, Johann<br />
Schießl, Franco Testor, Jürgen Schneider<br />
nicht im Bild: Enikö Tamas, Dominik Gaisböck<br />
37
Rohstoffe – eine Sache des Vertrauens<br />
Langjährige, persönliche und auf gegenseitigem Vertrauen basierende Beziehungen zu den Lieferanten<br />
sind für die Qualität des Bieres besonders wertvoll und werden regelmäßig gepflegt.<br />
Der Hopfen wird aus dem Mühlviertel und Bayern bezogen, das Malz vorwiegend aus Grieskirchen.<br />
Das Brauwasser kommt aus dem eigenen Brunnen.<br />
Alle Biere – die klassischen wie auch die Spezialitäten, Craft Biere genannt – werden im Kupfersudhaus<br />
gebraut, in den offenen Gärbottichen vergoren und reifen in den liegenden Lagertanks.<br />
38
Die Braumeister der <strong>Brauerei</strong><br />
Braumeister Johann Eder (das Foto zeigt ihn bei der Messung der Stammwürze im<br />
Sudhaus) ist seit 1991 für die Bierqualität in der <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> verantwortlich,<br />
zuvor war Christian Spatzenegger seit 1970 als Braumeister in der <strong>Brauerei</strong> tätig. Bis zu<br />
diesem Zeitpunkt hatten die <strong>Brauerei</strong>besitzer selbst die Funktionen als Betriebsleiter<br />
und Braumeister inne.<br />
Acht Mal „European Beer Star“<br />
Übrigens: Das mit Innovationsgeist gepaarte Festhalten an der Tradition und der<br />
Brauphilosophie wird auch von gestrengen Juroren gewürdigt: Denn mit mittlerweile<br />
acht Auszeichnungen ist die <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> die bisher erfolgreichste österreichische<br />
<strong>Brauerei</strong> beim „European Beer Star Award“, dem wichtigsten internationalen<br />
Wettbewerb der Branche. So konnte für <strong>Raschhofer</strong> Zwickl zwei Mal Gold (2019,<br />
2008) und ein Mal Bronze, für <strong>Raschhofer</strong> Märzen ein Mal Silber, zwei Mal Bronze<br />
sowie für <strong>Raschhofer</strong> „Lebenskünstler Wit“ zwei Mal Bronze erreicht werden. Es wird<br />
bei diesem Wettbewerb, bei dem 2019 über 2.400 Biere vertreten waren, jeweils nur<br />
ein 1., ein 2. und ein 3. Platz vergeben.<br />
39
Wie der Löwe wiehern lernte<br />
<strong>Brauerei</strong>en hatten oft neben dem Zunftschild<br />
auch zwei Löwen als Wappentier im Logo. Als<br />
Vorlage für das <strong>Raschhofer</strong> Logo diente ein<br />
altes Zunftschild (Maischbottich, Schöpfer,<br />
Maischscheit, Schaufel, Hopfendolden und<br />
Gerstenähren), das über Jahrhunderte beim<br />
Braugasthof angebracht war.<br />
Speziell und damit unverwechselbar war<br />
das Logo aber weder durch den Löwen noch<br />
durch die Braupfanne, wie alte Bierdeckel<br />
und Flaschenetiketten belegen. Das änderte<br />
sich, als der begeisterte Pferdezüchter und<br />
Turnierreiter Georg <strong>Raschhofer</strong> als frischgebackener<br />
Dipl.-Brau-Ingenieur 1955 in den<br />
Betrieb einstieg. Seine Pferdeleidenschaft<br />
wurde dem Löwen zum Verhängnis. Das<br />
Lieblingstier <strong>Raschhofer</strong>s zierte fortan das<br />
Logo der <strong>Brauerei</strong> und ist mittlerweile seit<br />
rund 60 <strong>Jahre</strong>n etabliert.<br />
Brauer und Pferdeliebhaber Georg <strong>Raschhofer</strong>.<br />
Und es war auch stimmig, denn Pferde gehörten<br />
schon immer zu einer <strong>Brauerei</strong>. Wurde<br />
doch früher Bier mit Kutschen ausgefahren<br />
und mussten auch die Pferde der in Kutschen<br />
durchreisenden Gäste im „Rossstall“ im alten<br />
Braugasthof – dem Stammhaus der <strong>Brauerei</strong><br />
am heutigen Stadtplatz - untergebracht werden.<br />
Pferde waren nicht nur Leidenschaft, sondern<br />
Teil des <strong>Brauerei</strong>geschäftes.<br />
40
Wie die Zeit vergeht...<br />
...merkt man an den Veränderungen unserer Werbemittel.
Weizen<br />
dunkel<br />
Weizen<br />
hell<br />
Märzen<br />
TEUFELS<br />
KERL<br />
Bock<br />
Porter<br />
Tausend<br />
ROTER<br />
ENGEL<br />
Red Ale<br />
sassa<br />
Lager
Das Zwickl in der Flasche<br />
Eine Österreich-Premiere feierte die <strong>Brauerei</strong><br />
<strong>Raschhofer</strong>, als 1997 in Altheim das erste unfiltrierte<br />
Bier unter der Bezeichnung „Zwickl“<br />
in Flaschen abgefüllt wurde. Damit besetzte<br />
die Innviertler <strong>Brauerei</strong> als erste <strong>Brauerei</strong> diese<br />
Spezialitäten-Nische in der Flasche. Und zwar<br />
österreichweit in Gastronomie und<br />
Lebensmittelhandel.<br />
Vom Fass wurde das bekömmliche Zwickl zuvor<br />
bereits in den Bräuwirtshäusern Heiner <strong>Raschhofer</strong>s<br />
(Innviertler Biergarten, <strong>Raschhofer</strong>‘s<br />
Rossbräu) in Salzburg ausgeschenkt, was damals<br />
außerhalb Wiens unüblich war.<br />
Europas bestes Zwickl<br />
Beim Zwickl handelt es sich um ein unfiltriertes,<br />
natürliches Bier, das seit 1993 gebraut<br />
und direkt vom Lagertank ins Fass oder<br />
in Flaschen abgefüllt wird. Das <strong>Raschhofer</strong>-Zwickl<br />
wird nicht pasteurisiert und besticht<br />
durch Ausgewogenheit, sanfte Fruchtnoten,<br />
seidigen Schimmer und viel Fülle am Gaumen.<br />
Das stolze Brauer-Ehepaar mit Braumeister Johann Eder 2019<br />
beim „European Beer Star Award“. Damals gab es für das<br />
Zwickl aus dem Hause <strong>Raschhofer</strong> erneut die Goldmedaille.<br />
Diese Eigenschaften brachten dem Zwickl<br />
aus Altheim in den <strong>Jahre</strong>n 2008 und 2019 die<br />
Goldmedaillen und damit den Europameister-Titel<br />
beim „European Beer Star Award“.<br />
41
Dr. Martin Zankow (geb. 1967), Leiter Forschung<br />
und Entwicklung für Brau- und Lebensmittelqualität,<br />
TU München-Weihenstephan<br />
Biergeschmack im Laufe der Zeit<br />
Das beliebteste Bier heutzutage ist weltweit und so auch bei<br />
uns das helle, gespundete, filtrierte, kühl getrunkene und<br />
bekömmliche Lagerbier. Doch das war nicht immer so. Die<br />
frühen Biere waren milchsauer, rauchig und wenig kohlensäurehaltig.<br />
Der Biergeschmack hat sich im Laufe der Zeit<br />
verändert, je nach Wissen und technologischem Fortschritt:<br />
wann? Prozess bzw. Anlage Auswirkung auf das Bier<br />
etwa 350 v. Chr. Holz-Fass, wenig druckstabil mehr Spritzigkeit (Milchsäure);<br />
Bier kann gespundet werden;<br />
Geschmack und Aroma je<br />
nachdem, ob mit oder ohne<br />
Gewürze zubereitet<br />
ab ausgehendem Gerstenmalz, Hopfen und Hefe Bier wird neutraler; dem heutigen<br />
Mittelalter bis 1516 als ausschließliche Zutaten für Bier ähnlicher; wesentliche<br />
Biere wurden im Reinheitsgebot Weichenstellung für das<br />
festgelegt, Würze wird gekocht; Bierbrauen.<br />
druckstabilere Fässer<br />
Mitte 19. Jhdt. Selektion Gerstensorten, Biere wurden heller und weniger<br />
mildere thermische Belastung trüb; Entwicklung der Wissenschaft<br />
auf der Darre;<br />
zur Brautechnologie; günstiges,<br />
transparentes Glas für Trinkbehälter<br />
(Schaumkultur)<br />
etwa 1840 indirekte Beheizung in der Darre Verlust von Fehl- und Raucharomen;<br />
Biere konnten vor den indirekten Darren<br />
mehr oder wenig rauchig schmecken,<br />
wie osmanisches Rosenwasser.<br />
1873 Kältemaschine neutrale Lagerbiere nunmehr überall<br />
auf der Welt produzierbar; neben der<br />
Haltbarkeit auch die Möglichkeit des<br />
Exports<br />
1883 Hefereinzucht reines Bier, ohne milchsauren Charakter;<br />
untergäriges Bier (Lagerbiertyp) wird<br />
weltweit populär<br />
1875/1892 Bügelverschluss/Kronkorken stabileres Gebinde, Haltbarkeit<br />
42
Prof. Dr. Ludwig Narziß<br />
Zum Thema vollwandiger<br />
Kupferkessel:<br />
...Kupfer hat eine<br />
stärkere Wärmeleitfähigkeit...<br />
Prof. Dr. Ludwig Narziß (geb. 1925), em. Leiter des Lehrstuhls für<br />
Technologie der <strong>Brauerei</strong> an der TU München-Weihenstephan<br />
Zum Thema offener Gärkeller:<br />
... Beim offenen<br />
Gärkeller habe ich den<br />
Vorteil, dass ich am<br />
Kräusenbild sofort<br />
erkenne, ob die Gärung<br />
plangemäß verläuft...<br />
Zu unserem Bier:<br />
...<strong>Raschhofer</strong> Bier ist<br />
ein sehr reines Bier, ein<br />
sehr angenehmes Bier<br />
und das höchste Lob ist<br />
eigentlich, dass es zum<br />
Weitertrinken anregt...<br />
43
Landkarte aus 1829<br />
Die Urmappe der Katastralgemeinden Altheim und Weyrading aus<br />
dem Jahr 1829 zeigt mit Ausnahme des heutigen „Bierhauses“ bereits<br />
alle heutigen <strong>Brauerei</strong>gebäude.<br />
7) Ulrichskapelle<br />
6) Ulrichskeller<br />
1) <strong>Brauerei</strong>/Brauturm (Braunauerstraße 12)<br />
1690 <strong>Brauerei</strong> übersiedelt auf heutigen Standort<br />
Landwirtschaft bis 1965<br />
1830 (ca.) Umbau der <strong>Brauerei</strong> (heutige Rückansicht<br />
der <strong>Brauerei</strong>)<br />
1962 Sudhaustrakt (heutige Vorderansicht der <strong>Brauerei</strong>)<br />
2018 Brauturm<br />
2) Bierhaus (Braunauerstraße 12)<br />
1929 „Auszugshaus“ bei der <strong>Brauerei</strong>einfahrt<br />
2018 „Bierhaus“ für Besucher<br />
3) Bräugwölb (Braunauerstraße 12)<br />
1873 Kuhstall mit Gewölbe<br />
1998 Gewölbe wird zu Veranstaltungsort<br />
4) Nachbarliegenschaft (Braunauerstraße 14-16)<br />
2019 Erwerb der Nachbarliegenschaft, ehem.<br />
Seifensiederei und Gasthaus<br />
1) <strong>Brauerei</strong>/Brauturm<br />
5) Stammhaus (Stadtplatz 14)<br />
1645 Braugasthof, Bräuhaus<br />
1982 Zwickl-Pub im Innenhof<br />
1984 Geschäftshaus<br />
2) Bierhaus<br />
3) Bräugwölb<br />
4) Nachbarliegenschaft<br />
5) Stammhaus<br />
Stadtplatz 14<br />
6) Ulrichskeller (St Ulrich 6)<br />
1766 Ulrichskeller, 2013 Schließung des Gasthauses<br />
2016 Gast-Haus Kastaniengarten (Haus für Flüchtende)<br />
7) Ulrichskapelle (St. Ulrich 13)<br />
1803 Ulrichskapelle (Kirchenportal aus Kirche<br />
erstmals erwähnt 1180)<br />
44<br />
45<br />
45a
Die <strong>Brauerei</strong> öffnet sich<br />
Der Innviertler Brauturm<br />
Es ist uns wichtig, dass wir unser Verständnis vom<br />
Brauen und unsere klassische Brauweise an viele<br />
Menschen vermitteln. Ein direktbefeuertes Kupfersudhaus,<br />
offene Gärung und die Reifung in liegenden<br />
Tanks — diese Kombination des traditionellen<br />
Brauens ist heutzutage selten geworden und kann<br />
bei uns im Innviertler Brauturm mit allen Sinnen<br />
erlebt werden.<br />
Nach einer dreijährigen Bauphase wurde daher die<br />
Biererlebniswelt in unserer <strong>Brauerei</strong> im <strong>Jahre</strong> 2018<br />
eröffnet. Sie ist ein Ort der Begegnung, der die Gäste<br />
hinter die Kulissen einer lebenden <strong>Brauerei</strong> blicken<br />
lässt.<br />
Mit dem Braulift geht es auf einen Aussichtsbalkon,<br />
ein Spiegelkabinett am Malzboden bildet die Kulisse<br />
für den <strong>Brauerei</strong>film und nach dem Erleben der<br />
Rohstoffe Malz und Hopfen kann man im Sudhaus<br />
die Wärme der Kupferpfannen fühlen. Ein frisch<br />
gezapftes Bier im neu gestalteten Bierhaus rundet<br />
den Besuch ab. Herzlich Willkommen!<br />
45b
Bockbier und Bierfrühling<br />
Ein Ort der Begegnung wird die <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong> außerdem zwei Mal im Jahr im <strong>Raschhofer</strong><br />
Gwölb. Zum einen beim traditionellen Bockbier-Anstich. Ein weiterer Fixpunkt für viele<br />
Besucherinnen und Besucher ist auch der Altheimer Bierfrühling mit dem Fest der Biervielfalt,<br />
bei dem es alle Biersorten der <strong>Brauerei</strong> – derzeit 13 Biere - zum Verkosten gibt.<br />
In diesem Sinne: Prost!<br />
Malz erleben<br />
Eingang zum Brauturm<br />
46
Wir danken...<br />
... für Ihr Interesse an dieser <strong>Chronik</strong>, in der wir Ihnen einen kleinen<br />
Einblick in die mitunter spannende Geschichte unseres Hauses geben<br />
wollten. Wir haben uns viel Mühe gegeben, Ihnen aus den hunderten<br />
Schriftstücken, Dokumenten und Bildern das auszufiltern, was Sie interessieren<br />
– und das, was zu einer beständigen Freundschaft zu uns und<br />
unseren Bieren führen könnte.<br />
Das Redaktions- und Gestaltungsteam (von links nach rechts)<br />
Christoph Scheriau, Doris Scheriau-<strong>Raschhofer</strong>, Andreas<br />
Schmolmüller und Peter Hans Felzmann<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber und für den Inhalt verantwortlich: Dr. Doris Scheriau-<strong>Raschhofer</strong> & Dr. Christoph Scheriau<br />
Recherche, Text- und Bildredaktion, Autoren: Dr. Doris Scheriau-<strong>Raschhofer</strong> & Dr. Christoph Scheriau<br />
Mag. Andreas Schmolmüller, Textwerkstatt „Zeit-Wort”, Wels, Prof. Peter Hans Felzmann, Leonding (Die G´schicht<br />
vom <strong>Raschhofer</strong>)<br />
Gestaltungskonzept und Umschlag: Prof. Peter Hans Felzmann, Leonding<br />
Satz und Layout: Werbegrafik Timber, Linz<br />
Druck und Bindung: Druckerei Gierzinger, Polling im Innkreis<br />
Alle Rechte vorbehalten: © <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong>, Braunauer Straße 12, 4950 Altheim; Altheim, im August 2020<br />
Quellenangaben: Dokumente, Briefe und Schriften aus dem Archiv der <strong>Brauerei</strong> <strong>Raschhofer</strong>, Wachberger-<strong>Chronik</strong><br />
(Wilhelm Wachberger, 1908) und Müller-<strong>Chronik</strong> (Josef Müller, 1865 - 1950); Ing. Rudolf und Sebastian Mitterbauer<br />
(Historiker Altheim) mit eigenen historischen Quellen zur <strong>Brauerei</strong>geschichte und Recherchen zu Altheim<br />
und zum Innviertel; Lothar Bodingbauer und Ingeborg Staufer, Heimatbuch Altheim, 1975; Hans-Michael Körner<br />
(Hg.): Große Bayerische Biographische Enzyklopädie, Band 2, H-O, K. G. Saur München 2005; Dr. Ludwig Narziß,<br />
em. Univ.-Prof. für Brautechnologie an der TU München-Weihenstephan; Dr. Martin Zarnkow, Forschungszentrum<br />
Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität, TU München-Weihenstephan; österr. Grundkataster<br />
1829, Mappendarstellung Altheim und St. Ulrich. Internetquellen: Irene und Christian Keller, Zur Geschichte des<br />
Innviertels, Forum oö. Geschichte, 2012; heimathaus.at.<br />
Fotos: Volker Weihbold, Heinz und Rudolf Mitterbauer, Archiv der <strong>Brauerei</strong>, Stadtgemeinde Altheim, Süddeutsche<br />
Zeitung<br />
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