16.08.2022 Aufrufe

Leseprobe: Heinrich Wegmann: Strassen mit Persönlichkeit

  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Heinrich</strong> <strong>Wegmann</strong> wurde in Zürich geboren und hat als Bürger dieser Stadt<br />

eine sehr hohe Affinität zur Stadt Zürich zu ihrer Geschichte. Als Vielleser<br />

haben ihn seine Interessen für Kultur, Geschichte, Politik und Gesellschaft<br />

auf die Idee gebracht, sich auf die Spuren der in Zürich <strong>mit</strong> einem <strong>Strassen</strong>namen<br />

geehrten zu machen.<br />

Unterstützt von Stadt Zürich Kultur<br />

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;<br />

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<br />

http://dnb.dnb.de abrufbar.<br />

Das Werk einschliesslich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist<br />

ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,<br />

Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen<br />

Systemen.<br />

© 2022 allerArt im Versus Verlag AG, Zürich<br />

Weitere Informationen zu Büchern aus dem Versus Verlag unter<br />

www.versus.ch<br />

Umschlaggestaltung: Kevin T. Fischer <strong>mit</strong> Fotografien von <strong>Heinrich</strong> <strong>Wegmann</strong><br />

Fotografien: <strong>Heinrich</strong> <strong>Wegmann</strong><br />

Entwurf und Satz: Kevin T. Fischer · Leutenberg<br />

Printed in Germany<br />

ISBN 978-3-909066-21-6


«Die Stadt Zürich liegt unter 47° 23’ nördlicher Breite und<br />

8° 33’ östlicher Länge von Greenwich, am nördlichen Ende<br />

des Zürichsees und an beiden Ufern der Limmat, in einer<br />

nach Süden und Norden offenen Talmulde. Der Seespiegel<br />

glänzt bei <strong>mit</strong>tlerem Wasserstand 406 Meter über Meer.»<br />

Kurt Guggenheim


Inhalt<br />

Zum Geleit … 8<br />

1. Einleitung … 13<br />

Wie werden die <strong>Strassen</strong>namen vergeben? … 15<br />

Kategorien … 17<br />

Statistik … 19<br />

2. Vom Kreis 1 zum Kreis 12: Fakten und persönliche Gedanken zu einer<br />

Auswahl von Geehrten … 21<br />

Kreis 1 – City, Altstadt links und rechts der Limmat … 21<br />

Kreis 2 – Enge, Wollishofen, Leimbach … 33<br />

Kreis 3 – Wiedikon … 42<br />

Kreis 4 – Aussersihl … 48<br />

Kreis 5 – Industriequartier … 56<br />

Kreis 6 – Unterstrass und Oberstrass … 59<br />

Kreis 7 – Fluntern, Hottingen, Hirslanden, Witikon … 68<br />

Kreis 8 – Riesbach … 82<br />

Kreis 9 – Altstetten, Albisrieden … 85<br />

Kreis 10 – Höngg, Wipkingen … 89<br />

Kreis 11 – Oerlikon, Affoltern, Seebach … 97<br />

Kreis 12 – Schwamendingen … 120<br />

Fazit meiner Wanderungen durch die Quartiere … 122<br />

3. Eine Handvoll spezieller Geschichten … 127<br />

Zweimal ein Muss für Zürcherinnen und Zürcher:<br />

Ida Bindschedler und Kurt Guggenheim … 127<br />

Eine Amour fou: Lydia Welti-Escher und Karl Stauffer … 128<br />

Nicht so nüchtern, wie die Erläuterungstafel vermuten lässt:<br />

Karl Schmid … 131<br />

Zwei Frühsozialisten in Wollishofen: Robert Owen und<br />

Wilhelm Weitling … 133<br />

6


Das Zivilgesetzbuch und eine Liebesgeschichte: Eugen Huber … 137<br />

Drei faszinierende Frauen, die <strong>mit</strong>einander in Verbindung standen:<br />

Therese Giehse, Erika Mann und Annemarie Schwarzenbach … 139<br />

4. Alle <strong>Strassen</strong>, die Personen ehren, von A bis Z <strong>mit</strong> Bildern … 143<br />

5. Quellenangaben und weiterführende Literatur … 200<br />

6. Namensverzeichnis … 202<br />

7


10


11


12


Einleitung<br />

1. Einleitung<br />

Zürich ist nicht reich an Denkmälern. Würde man die Bewohnerinnen und<br />

Bewohner unserer schönen Stadt nach solchen fragen, dann brächten es<br />

wohl, so vermute ich jedenfalls, die meisten im besten Fall auf fünf Nennungen:<br />

Alfred Escher am Bahnhofplatz, Ulrich Zwingli vor der Wasserkirche,<br />

<strong>Heinrich</strong> Pestalozzi auf der Wiese zwischen Bahnhofstrasse und Lintheschergasse,<br />

Hans Waldmann am westlichen Ende der Münsterbrücke und allenfalls<br />

noch Gottfried Keller bei der Hafenanlage Enge. Sehr viele mehr gibt<br />

es in Tat und Wahrheit auch nicht, sieht man von einigen Gedenktafeln an<br />

Häusern und von Grabmälern auf Friedhöfen ab.<br />

Nun sind aber <strong>Strassen</strong>namen, die Personen ehren, in gewisser Weise ja<br />

auch Denkmäler. Leider fehlen jedoch bei vielen dieser <strong>Strassen</strong> Beschilderungen<br />

<strong>mit</strong> den Angaben zur Person 1 , oder sie befinden sich an wenig frequentierten<br />

Lagen, so dass man kaum <strong>mit</strong> ihnen Bekanntschaft macht. Vor<br />

einiger Zeit hat mich deshalb die Neugier gepackt und ich wollte erfahren,<br />

welchen Männern und Frauen die Ehre zuteil geworden ist, <strong>mit</strong> einer Strasse<br />

verewigt zu werden. So habe ich mich im April 2018 daran gemacht, die<br />

entsprechenden <strong>Strassen</strong> aus verschiedenen Quellen zusammenzusuchen<br />

und sie anschliessend zu durchwandern und zu fotografieren. Im November<br />

2018 war diese Arbeit abgeschlossen. Im Anschluss daran bis Oktober<br />

2020 habe ich über 169 Geehrte, deren Namen mir bei meinen Streifzügen<br />

ins Auge gestochen waren, einige zusätzliche biographische Informationen<br />

zusammen <strong>mit</strong> persönlichen Impressionen zu Papier gebracht. Das Resultat<br />

liegt nun in dieser Studie vor, die keinen wissenschaftlichen Anspruch erhebt<br />

und auch den einen oder anderen Fehler aufweisen kann.<br />

Ich selbst bin Stadtzürcher, habe, von fünf Jahren im Ausland abgesehen,<br />

mein Leben in dieser Stadt verbracht und bin kulturell und historisch<br />

interessiert. Trotzdem wäre ich vor dieser Arbeit kaum in der Lage gewesen,<br />

über viel mehr als zu einem Viertel der <strong>Persönlichkeit</strong>en, nach denen eine<br />

1 Diesbezüglich bekam ich von der Leiterin der <strong>Strassen</strong>benennungskommission, Frau Charlotte Koch<br />

Keller, folgende Antwort: «Bei den Beschilderungen gibt es erst seit geraumer Zeit die Praxis, dass<br />

Legenden aufgeführt werden, weil das wirklich für die Bevölkerung interessant ist. Aus Kostengründen<br />

werden aber nur diejenigen ‹alten› Schilder ersetzt, die defekt sind oder aus unerfindlichen Gründen<br />

verschwunden sind. Alle anzupassen käme leider viel zu teuer.»<br />

13


Strasse benannt worden ist, etwas Gescheites zu sagen. Es gilt allerdings zu<br />

relativieren, dass viele Geehrte Professoren, Lehrer, Geistliche oder lokale<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en der Quartiere waren, die man nicht unbedingt kennen<br />

muss, oder anders gesagt: Viele Namen sind unspektakulär und, von wenigen<br />

Ausnahmen abgesehen, haben sie auch einen Bezug zur Stadt Zürich<br />

bzw. zu den früheren Gemeinden. Eine John-F.-Kennedy-Strasse beispielsweise,<br />

die es in der westlichen Welt in manchen Grossstädten gibt, sucht<br />

man in Zürich vergebens. Das heisst nun aber nicht, dass die Beschäftigung<br />

<strong>mit</strong> diesen <strong>Strassen</strong>namen langweilig gewesen wäre, im Gegenteil. Meine<br />

Streifzüge waren sehr lehrreich und haben mir manche Protagonisten, die<br />

diese Stadt in irgendeiner Form geprägt haben, näher gebracht.<br />

Die Zweifel, die bezüglich der Integrität einiger <strong>mit</strong> Denkmälern geehrten<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en herrschen, werden in jüngster Zeit immer häufiger<br />

geäussert. Lautstark wird über die Entfernung dieses oder jenes Denkmals<br />

debattiert. Von in die Kritik geratenen Personen, die <strong>mit</strong> einem <strong>Strassen</strong>namen<br />

geehrt worden sind, erwähne ich, wo mir bekannt, deren «dunkle»<br />

Punkte, ohne mich aber direkt in diese Debatte einzuschalten.<br />

Ich habe 398 <strong>Strassen</strong>namen 2 identifiziert, die Personen ehren. Davon<br />

sind 19 <strong>Strassen</strong> erst in Planung. Kommt dieselbe Person mehrmals vor<br />

(z.B. Spyristrasse, Spyriplatz, Spyristeig), dann zählt diese einmal. Das<br />

gleiche gilt für die ganz wenigen <strong>Strassen</strong>, die mehrere Personen ehren<br />

(z.B. Giacomettistrasse/-weg, die Alberto, Antonio Augusto und Giovanni<br />

Giacometti ehren).<br />

Viele <strong>Strassen</strong>namen sind nach alten Zürcher Familien (z.B. Füsslistrasse,<br />

Schweizergasse), Hausnamen (z.B. Forsterstrasse, Geigergasse), damaligen<br />

Anwohnern (z. B. Arbenzstrasse, Dennlerstrasse) oder auch Unternehmen<br />

(z. B. Escher Wyss-Platz, Steinfelsplatz) benannt und sind nicht als eine explizite<br />

Ehrung einer Person zu verstehen. Diese <strong>Strassen</strong> sind deshalb auch<br />

nicht Bestandteil dieser Studie. Gestützt habe ich mich insbesondere auf<br />

die Erläuterungen in der Publikation «Die <strong>Strassen</strong>namen der Stadt Zürich»<br />

letztmals erschienen 1999 (siehe Seite 15).<br />

2 Der Einfachheit halber spreche ich immer von <strong>Strassen</strong>namen. Gemeint sind natürlich auch Gassen,<br />

Wege, Steige, Quais, Plätze, Brücken, Stege, Höfe, Parks, Gärten, Anlagen und Terrassen.<br />

14


Einleitung<br />

Man müsste eigentlich annehmen, dass <strong>Strassen</strong>namen, die eine Person<br />

ehren, postum vergeben werden. Tatsächlich habe ich aber 10 <strong>Strassen</strong> identifiziert,<br />

deren Namen schon existierten, als diese Personen noch lebten.<br />

Fünf von diesen, die Böcklin-, Orelli-, Stüssi-, Welti- und Wilfriedstrasse,<br />

erwähne ich in meinen nachfolgenden Impressionen. Die Bachmannstrasse<br />

in Affoltern, die gemäss dem Hinweisschild den Betreiber einer Zuckersägerei,<br />

<strong>Heinrich</strong> Bachmann (1859–1944), ehrt, den Namen aber schon seit<br />

1933 trägt, wurde ursprünglich wohl eher nach der Anstösserfamilie Bachmann<br />

benannt. Verbleiben so<strong>mit</strong> vier Personen, die, für mich nicht ganz<br />

erklärlich, schon zu Lebzeiten <strong>mit</strong> einem <strong>Strassen</strong>namen geehrt worden sind:<br />

• Friedrich Hegar (1841–1927), Musiker und Komponist, im Jahr 1909<br />

• Johann Isler (1840–1930), Kreisinstruktor der 6. Division, im Jahr 1900<br />

• Gustav Anton Zeuner (1828–1907), Professor an der ETH, im Jahr 1898<br />

• <strong>Heinrich</strong> Zölly (1862–1937), Direktor Escher Wyss AG, im Jahr 1915<br />

Wie werden die <strong>Strassen</strong>namen vergeben?<br />

Zwei lesenswerte Publikationen, nämlich «Eisernes Zeit und Frechenmätteli»,<br />

herausgegeben 2008 von der <strong>Strassen</strong>benennungskommission der Stadt Zürich,<br />

sowie «Die <strong>Strassen</strong>namen der Stadt Zürich», herausgegeben in Ko-Produktion<br />

des Stadtarchivs Zürich und des Verlags Hans Rohr, geben zur Frage,<br />

wie <strong>Strassen</strong>namen vergeben werden, umfassend Auskunft. Aus ersterer sei<br />

kurz zitiert:<br />

«Die <strong>Strassen</strong>benennungskommission – die Polizeivorsteherin, der Stadtgeometer,<br />

die Stadtarchivarin, ein Mitarbeiter der Stadtarchäologie, der Leiter<br />

Werterhaltung des Tiefbauamts und eine Sekretärin – trifft sich jedes Jahr ca.<br />

sechs Mal. Sie macht jährlich zwischen zehn und zwanzig Namensvorschläge für<br />

<strong>Strassen</strong>, Wege, Plätze, Brücken und Areale, die neu gebaut werden oder bisher<br />

noch keinen Namen hatten. Sie stellt entsprechende Anträge an den Stadtrat,<br />

der als politische Behörde die <strong>Strassen</strong>namen beschliesst. Es kann vorkommen,<br />

dass der Stadtrat einen Vorschlag der Kommission nicht unterstützt und ihn zur<br />

Nachbearbeitung zurückgibt.»<br />

15


16<br />

Und weiter:<br />

«Immer wieder gelangen Institutionen und Privatpersonen <strong>mit</strong> dem Vorschlag<br />

an die Kommission, eine bestimmte Person <strong>mit</strong> einem <strong>Strassen</strong>namen zu ehren.<br />

Manchmal kann ein Vorschlag aufgenommen und realisiert werden. Allzu oft<br />

bleibt den Namen nur der Platz auf einer Warteliste, da es kein unbenanntes<br />

<strong>Strassen</strong>stück im entsprechenden Stadtgebiet gibt (…) Die <strong>Strassen</strong>benennungskommission<br />

gibt keinen Namensvorschlag an den Stadtrat weiter, zu dem nicht<br />

der entsprechende Quartierverein sein Einverständnis gegeben hat.»<br />

In letzterer Publikation ist betreffend Namenwahl zu lesen:<br />

«Bei der Namenwahl ist auch darauf zu achten, dass nicht jeder Name sich<br />

für jede Strasse eignet. Es würde doch komisch wirken, wenn eine grosse Verkehrsstrasse<br />

Maierislistrasse oder umgekehrt eine kleine Sackgasse zu Ehren einer<br />

bedeutenden <strong>Persönlichkeit</strong> benannt würde.»<br />

Dazu kann ich nur sagen: «Schön wär’s!». Wie wir sehen werden, gibt<br />

es nicht wenige kleine und versteckte <strong>Strassen</strong>, die der Bedeutung ihres<br />

Namensgebers in keiner Art und Weise gerecht werden.<br />

Präzisiert wird dort auch folgendes:<br />

«Doch die überaus zahlreichen Benennungen nach Grundeigentümern,<br />

Anstössern und Bauherren können nur dann zu den ‹ehrenden› <strong>Strassen</strong>namen<br />

gezählt werden, wenn die Absicht der Ehrung ausdrücklich hervorgehoben<br />

wurde, (…) denn die namentliche Erwähnung sollte jenen Leuten vorbehalten<br />

bleiben, bei welcher die Absicht der öffentlichen Ehrung bezeugt ist oder doch<br />

angenommen werden kann.»<br />

Ich gehe <strong>mit</strong> den Autoren einig, die es «für richtig [halten], dass in Zürich<br />

in erster Linie jene <strong>Persönlichkeit</strong>en geehrt werden, die <strong>mit</strong> unserer Stadt<br />

oder unserem Land in Berührung kamen».


1<br />

2. Vom Kreis 1 zum Kreis 12:<br />

Fakten und persönliche Gedanken zu<br />

einer Auswahl von Geehrten<br />

Kreis 1 – City, Altstadt links<br />

und rechts der Limmat<br />

Im Kreis 1 stösst man, nicht unerwartet,<br />

auf einige historische <strong>Persönlichkeit</strong>en.<br />

Hier befindet sich auch die älteste, nämlich<br />

1840 nach einer Person benannte<br />

Strasse oder richtiger, ein kleiner Platz:<br />

Die Stüssihofstatt, <strong>mit</strong> ihrem charakteristischen<br />

Brunnen, benannt nach dem<br />

Bürgermeister Rudolf Stüssi, gefallen<br />

1443 in der Schlacht bei St. Jakob an der<br />

Sihl während des alten Zürichkrieges.<br />

Zwei weiteren Bürgermeistern <strong>mit</strong> grossen<br />

Namen begegnen wir hier, nämlich<br />

Rudolf Brun, erster Bürgermeister Zürichs<br />

und Initiator der Zunftverfassung, geehrt<br />

<strong>mit</strong> der Rudolf-Brun-Brücke, und Hans<br />

Waldmann. Waldmann, der Held der<br />

Burgunderkriege, schuf sich durch seine<br />

rücksichtslose Herrschaft immer mehr<br />

Feinde und wurde 1489 entmachtet,<br />

gefangengenommen und enthauptet. Die<br />

Waldmannstrasse ist allerdings nur eine<br />

kurze Sackgasse, die in nördlicher Richtung<br />

von der Rämistrasse abzweigt. Da ist<br />

dann das Waldmann-Denkmal am westlichen<br />

Ende der Münsterbrücke schon eher<br />

standesgemäss.<br />

Stüssihofstatt<br />

Rudolf-Brun-Brücke<br />

Waldmannstrasse<br />

21


Heiri-Steg<br />

Der Heiri-Steg führt von der Rudolf-Brun-Brücke neben dem Heimatwerk<br />

hinunter zur Schipfe. Der hölzerne Steg ist ein Bijou und ist dem ehemaligen<br />

Stadtrat <strong>Heinrich</strong> (Heiri) Burkhardt gewidmet, der 1978 im Amt verstorben<br />

war. Im Protokoll der Namensgebung wird nicht erläutert, warum nur die<br />

Dialektkurzform des Vornamens und nicht der volle Name des Politikers<br />

angegeben wird. Es steht einzig: «Das Bauamt 1 (<strong>Strassen</strong>inspektorat) wird<br />

eingeladen, den Namen ‹Heiri-Steg› in das offizielle Verzeichnis der <strong>Strassen</strong>namen<br />

aufzunehmen und zusätzlich eine Gedenktafel <strong>mit</strong> dem vollen<br />

Namen und der Funktion von Dr. <strong>Heinrich</strong> Burkhardt an einer geeigneten<br />

Stelle am oder beim Steg anzubringen.» Warum <strong>Heinrich</strong> Burkhardts <strong>mit</strong><br />

diesem Steg gedacht wird, hätte ich übrigens auch gerne aus dem Protokoll<br />

erfahren, finde aber darin keinerlei diesbezügliche Information.<br />

<strong>Strassen</strong>namen in der City sind natürlich die am meisten beachteten. Andererseits<br />

entstehen hier nicht, wie in den Aussenquartieren, laufend neue<br />

<strong>Strassen</strong> und Plätze, die nach einem Namen suchen. Umso erfreulicher ist<br />

es, dass seit 1999 doch noch neun interessante <strong>Persönlichkeit</strong>en <strong>mit</strong> einem<br />

<strong>Strassen</strong>namen hinzugekommen sind, die ich alle kurz erwähnen möchte.<br />

Davon sind vier Frauen.<br />

22


Friedrich-Glauser-Gasse<br />

Robert-Walser-Gasse<br />

Die eine Gasse rechts, die andere links der Limmat: die Friedrich-Glauser-<br />

Gasse und die Robert-Walser-Gasse ehren zwei Schweizer Schriftsteller, die<br />

es in ihrem Leben alles andere als einfach hatten, heute jedoch für ihr Werk<br />

hohes Ansehen geniessen. Friedrich Glauser, morphiumsüchtig und immer<br />

wieder im Gefängnis oder in Heilanstalten sitzend, eine Zeit lang auch<br />

Fremdenlegionär, gilt heute als Begründer der deutschsprachigen Kriminalliteratur.<br />

Viele kennen wohl seine Wachtmeister-Studer-Romane, die teilweise<br />

auch verfilmt worden sind. Mit nur 42 Jahren starb Friedrich Glauser<br />

1938 in Nervi, Italien, völlig unerwartet im Beisein von Berthe Bendel, die<br />

er am nächsten Tag heiraten wollte. Die genaue Todesursache bleibt unklar.<br />

Auf der anderen Seite Robert Walser, der die Menschen und die Natur liebte,<br />

trotzdem aber sein Leben lang ein einsamer Einzelgänger und Träumer blieb<br />

und immer am Rande des Wahnsinns stand. Die letzten 23 Jahre seines<br />

Lebens verbrachte er in einer Heilanstalt in Herisau, wo er am Weihnachtstag<br />

1956 während eines Spaziergangs an einem Herzschlag starb. Sein Grab<br />

befindet sich auf dem Friedhof Manegg in Wollishofen. Der Roman «Der<br />

Gehülfe» (heute hiesse er wohl «Der Angestellte»), zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

entstanden, gilt als Robert Walsers wichtigstes Werk. Wunderbar<br />

auch die Geschichte «Der Spaziergang», aus der ich einen kurzen Abschnitt<br />

zitiere, den wir uns in Zeiten der Umweltzerstörung und Klimakrise zuhause<br />

an die Wand nageln sollten: «Wo wollten wir armen Menschen sein, wenn<br />

es keine treue Erde gäbe? Was hätten wir noch, wenn wir dieses Schöne und<br />

Gute nicht hätten? Wo sollte ich sein, wenn ich nicht hier sein dürfte? Hier<br />

habe ich alles, und anderswo hätte ich nichts.»<br />

23


Kurt-Guggenheim-Strasse<br />

Die Kurt-Guggenheim-Strasse ist nach<br />

einem weiteren grossen Schriftsteller<br />

und Literaturpreisträger der Stadt Zürich<br />

benannt, auf dessen Hauptwerk «Alles<br />

in Allem» ich zusammen <strong>mit</strong> Ida Bindschedlers<br />

(siehe Kreis 8, 83) «Turnachkindern»<br />

in Kapitel 3, Seite 127 etwas<br />

vertiefter eingehe.<br />

Der Caroline-Farner-Weg, von der<br />

Hohen Promenade zum Bellevue führend,<br />

erinnert an die nach Marie<br />

Heim-Vögtlin zweite Schweizer Ärztin.<br />

Dass sie ab 1877 als erste Frau überhaupt<br />

als Allgemeinärztin praktizierte, auch<br />

Männer behandelte und <strong>mit</strong> ihrer Freundin<br />

Anna Pfrunder zusammenlebte,<br />

führte zu einer veritablen Rufmordkampagne<br />

gegen sie, die sogar in einer Untersuchungshaft von acht Wochen<br />

wegen angeblicher Veruntreuung von Mündelgeldern gipfelte. Auch wenn<br />

Caroline Farner vollumfänglich freigesprochen wurde, löste die ganze Affäre,<br />

die auch über die Schweiz hinaus Wellen schlug, heftige Aggressionen gegen<br />

emanzipierte und akademisch gebildete Frauen aus.<br />

Caroline-Farner-Weg<br />

Lydia-Welti-Escher-Hof<br />

Der Lydia-Welti-Escher-Hof, zwischen<br />

Kunsthaus und Hirschengraben, ist nach<br />

der Tochter von Alfred Escher benannt,<br />

die der Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />

die «Gottfried-Keller-Stiftung»<br />

vermachte. Ihre tragische Liebesgeschichte<br />

<strong>mit</strong> dem Maler Karl Stauffer<br />

streife ich kurz in Kapitel 3, Seite 128.<br />

24


von A bis Z<br />

4. Alle <strong>Strassen</strong>, die Personen ehren,<br />

von A bis Z <strong>mit</strong> Bildern<br />

Strasse<br />

Achermannweg<br />

Arnold Achermann<br />

(1890–1970)<br />

Erster Präsident des Schulkreises<br />

Glatttal.<br />

Kreis<br />

Quartier<br />

Name seit<br />

Text Seite<br />

Kreis 11<br />

Oerlikon<br />

1971<br />

–<br />

Kategorie<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus Lehre und<br />

Erziehung<br />

Adolf-Lüchinger-Strasse<br />

Adolf Lüchinger<br />

(1894–1949)<br />

Stadtpräsident 1944–1949.<br />

Kreis 3<br />

Wiedikon<br />

1952<br />

–<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus der Politik<br />

Agnes-Robmann-Weg<br />

Agnes Robmann<br />

(1876–1951)<br />

Kämpferin für Frauenrechte,<br />

Präsidentin des Zürcher<br />

Arbeiterinnenvereins.<br />

Kreis 3<br />

Wiedikon<br />

1995<br />

43<br />

Reformerinnen<br />

Förderer,<br />

Aktivistinnen,<br />

Pioniere<br />

Albert-Einstein-Strasse/<br />

Einsteinbrücke<br />

Albert Einstein<br />

(1879–1955)<br />

Begründer der Relativitätstheorie;<br />

einer der bedeutendsten<br />

Wissenschaftler<br />

der Neuzeit; Nobelpreis<br />

1921; Schweizer Staatsbürger<br />

seit 1901.<br />

Albert-Näf-Platz<br />

Albert Näf (1874–1961)<br />

Letzter Gemeindepräsident<br />

von Oerlikon (1916–1933).<br />

Kreis 10<br />

ETH Hönggerberg<br />

1973<br />

92<br />

Kreis 11<br />

Oerlikon<br />

1962<br />

–<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus Natur- und<br />

Geisteswissenschaft<br />

Lokale <strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus<br />

den Quartieren<br />

bzw. den früheren<br />

Gemeinden<br />

143


Albert-Schneider-Weg<br />

Albert Schneider<br />

(1836–1904)<br />

Aus Albisrieden stammender<br />

Jurist; Professor<br />

an der Universität von<br />

1878–1904, Verfasser des<br />

Zürcher Privatrechtlichen<br />

Gesetzbuches von 1887.<br />

Albert-Steiner-Garten<br />

Albert Steiner (1905–1996)<br />

Architekt, Stadtbaumeister<br />

von Zürich 1943–1957.<br />

Professor für Architektur an<br />

der ETH 1957–1970.<br />

Kreis 9<br />

Albisrieden<br />

1950<br />

–<br />

Kreis 10<br />

ETH Hönggerberg<br />

2010<br />

–<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus Lehre und<br />

Erziehung<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus Architektur,<br />

Bau- und Ingenieurwesen<br />

Albin-Zollinger-Platz<br />

Albin Zollinger<br />

(1895–1941)<br />

Schriftsteller (Pfannenstiel).<br />

Von 1922 bis zu seinem<br />

Tod als Lehrer in Oerlikon<br />

tätig.<br />

Alfred-Altherr-Terrasse<br />

Alfred Altherr (1875–1945)<br />

Leiter der Kunstgewerbeschule<br />

1912–1938.<br />

Gründer des Schweiz.<br />

Werkbundes 1913.<br />

Kreis 11<br />

Oerlikon<br />

1980<br />

97<br />

Kreis 6<br />

Oberstrass<br />

2014<br />

109<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus Literatur und<br />

Journalismus<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus Lehre und<br />

Erziehung<br />

Alfred-Escher-Strasse<br />

Alfred Escher (1819–1882)<br />

Staatsmann und Wirtschaftsführer,<br />

Initiator<br />

der Gotthardbahn und<br />

des -tunnels. Er nahm<br />

wie kein anderer Einfluss<br />

auf die politische und<br />

wirtschaftliche Entwicklung<br />

der Schweiz im 19. Jahrhundert.<br />

Alfred-Strebel-Weg<br />

Alfred Strebel (1884–1943)<br />

Letzter Gemeindepräsident<br />

von Albisrieden.<br />

Kreis 2<br />

Enge<br />

1886<br />

34<br />

Kreis 9<br />

Albisrieden<br />

1960<br />

–<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus der Wirtschaft<br />

Lokale <strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus<br />

den Quartieren<br />

bzw. den früheren<br />

Gemeinden<br />

Ampèrestrasse/<br />

Ampèresteg<br />

André-Marie Ampère<br />

(1775–1836)<br />

Französischer Physiker,<br />

nach ihm wurde die Einheit<br />

der elektrischen Stromstärke<br />

benannt.<br />

Kreis 10<br />

Wipkingen<br />

1918<br />

95<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus Natur- und<br />

Geisteswissenschaft<br />

144


von A bis Z<br />

Angererstrasse<br />

Gottfried Angerer<br />

(1851–1909)<br />

Deutscher Komponist, von<br />

Waldsee; von 1887 bis zu<br />

seinem Tod Musikdirektor<br />

in Zürich.<br />

Anna-Häuptli-Weg<br />

Anna Häuptli (1895–1977)<br />

Posthalterin in Schwamendingen<br />

bis 1960.<br />

Legat an die Gemeinnützige<br />

Gesellschaft des<br />

Kantons Zürich.<br />

Anna-Heer-Strasse<br />

Anna Heer (1863–1918)<br />

Ärztin, die zusammen <strong>mit</strong><br />

ihrer Berufskollegin Marie<br />

Heim-Vögtlin die ehemalige<br />

Schweizerische Pflegerinnenschule<br />

gründet.<br />

Annemarie-Schwarzenbach-Weg<br />

Annemarie Schwarzenbach<br />

(1908–1942)<br />

Zürcher Schriftstellerin und<br />

Journalistin, Fotoreporterin,<br />

Verfasserin von Reiseberichten.<br />

Anny-Klawa-Platz<br />

Anny Klawa-Morf<br />

(1894–1993)<br />

Arbeiterin und Aktivistin<br />

der Zürcher Arbeiterbewegung.<br />

Engagierte sich für<br />

bessere Lebensbedingungen<br />

der Arbeiterschaft und<br />

die Gleichberechtigung der<br />

Frauen.<br />

Kreis 2<br />

Enge<br />

1926<br />

–<br />

Weg in Planung Kreis 12<br />

Schwamendingen<br />

2013<br />

–<br />

Kreis 6<br />

Unterstrass<br />

1935<br />

63<br />

Weg in Planung Kreis 11<br />

Oerlikon<br />

1996<br />

106, 139<br />

Kreis 4<br />

Aussersihl<br />

2009<br />

48<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus der Musik<br />

Lokale <strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus<br />

den Quartieren<br />

bzw. den früheren<br />

Gemeinden<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus der Medizin<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus Literatur und<br />

Journalismus<br />

Reformerinnen,<br />

Förderer, Aktivistinnen,<br />

Pioniere<br />

Anton-Higi-Strasse<br />

Anton Higi (1885–1951)<br />

Stadtrat von Zürich (1938–<br />

1946) und Architekt.<br />

Kreis 11<br />

Affoltern<br />

1952<br />

–<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus der Politik<br />

Armin-Bollinger-Weg<br />

Armin Bollinger<br />

(1913–1995)<br />

Professor an der Handelshochschule<br />

St. Gallen,<br />

Verfasser der Ortsgeschichte<br />

Oerlikon.<br />

Kreis 11<br />

Oerlikon<br />

1996<br />

–<br />

<strong>Persönlichkeit</strong>en<br />

aus Lehre und<br />

Erziehung<br />

145

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!