ZGF Gorilla | Juli 2011 - Zoologische Gesellschaft Frankfurt
ZGF Gorilla | Juli 2011 - Zoologische Gesellschaft Frankfurt
ZGF Gorilla | Juli 2011 - Zoologische Gesellschaft Frankfurt
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LIEBE LESERINNEN UND LESER,<br />
LIEBE MITGLIEDER UND FREUNDE,<br />
Nach tagelanger Suche ist<br />
der perfekte Wildwechsel gefunden.<br />
Das Gras ist platt getreten, im<br />
feuchten Sand zeichnen sich deutliche<br />
Spuren ab. Ein idealer Platz für<br />
die Falle. Sorgfältig wird sie aufgebaut<br />
und ausgerichtet. Größe, Laufrichtung<br />
und Geschwindigkeit der<br />
Beute muss abgeschätzt werden.<br />
Jetzt gilt es nur noch die Vorrichtung<br />
scharf zu machen und sich zurückzuziehen. Irgendwann<br />
in dieser oder in einer der kommenden Nächte wird<br />
ein Tier in die Falle gehen. Dessen ist sich der Fallensteller<br />
sicher. Jetzt braucht er nur noch<br />
Geduld und mit der archaischen Anspannung<br />
eines Jägers und Sammlers<br />
verlässt er den zukünftigen Tatort.<br />
Doch weder Fleisch noch Fell sind dieses<br />
Fallenstellers Lohn. Es geht um<br />
Daten. Bilddaten, aufgenommen von<br />
digitalen Kamerafallen. Tatsächlich<br />
werden heute immer mehr Naturschützer<br />
und Wissenschaftler der Freilandforschung<br />
zu modernen Fallenstellern.<br />
Wo streifen Tiger durch den Urwald<br />
von Sumatra, gibt es noch Pampashirsche in Südostperu<br />
und was machen die Wölfe in Brandenburg? Mit dieser<br />
neuen Ausgabe des <strong>Gorilla</strong>s wollen wir Sie mitnehmen<br />
zu den Feldbiologen und ihren spannenden Techniken<br />
mit denen sie den besonders geheimen, scheuen und<br />
seltenen Lebenswesen Geheimnisse entlocken. Und Sie<br />
können davon ausgehen: Wenn die Experten die Speicherkarten<br />
in ihre Laptops stecken, um zu prüfen, was sie<br />
diesmal „eingefangen“ haben, dann gleicht die Spannung<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
Wie vermittelt man<br />
Millionen Asiaten, dass<br />
Fingernägelkauen ganz<br />
genauso wirksam wäre<br />
wie Nashornpulver?<br />
der eines herkömmlichen Fallenstellers, allerdings mit der<br />
Gewissheit, dass die „Beute“ ungestört und unversehrt<br />
ihres Weges gezogen ist und dass die Bilder dazu beitragen<br />
werden, den Schutz der Tiere zu verbessern.<br />
Eine ganz andere Form des Beutemachens erleben wir<br />
heute bei den Nashörnern. Mit großer Brutalität, immenser<br />
krimineller Energie und enormen Ressourcen wird<br />
den charismatischen Hornträgern nachgestellt. Die abgesägten<br />
Hörner der erschossenen Tiere werden als pulverisiertes<br />
Heilmittel in Asien mit Gold aufgewogen. Im<br />
Süden und Osten Afrikas hat ein dramatischer Kampf<br />
um die ohnehin bedrohten Dickhäuter begonnen. Und<br />
selbst in Zoos und Museen in Europa<br />
gehen Nashornhändler auf Beutezug.<br />
Eigentlich könnte man als Ersatzmittel<br />
für Nasenhorn auch Fingernägel kauen,<br />
denn beides besteht überwiegend aus<br />
Keratin. Aber wie vermittelt man das<br />
an Millionen Asiaten, die, inzwischen<br />
wohlhabend geworden, geradezu einen<br />
Run auf die teuersten Mittel der traditionellen<br />
Medizin veranstalten?<br />
Unsere Kompetenz liegt in der Sicherung<br />
der Lebensräume vor Ort. Aber wir<br />
sind in großer Sorge, was „unsere“ Schützlinge angeht<br />
und wir brauchen Sie unbedingt weiter an unserer Seite,<br />
um uns den wachsenden Aufgaben zu stellen.<br />
Herzlichst, Ihr<br />
EDITORIAL<br />
1
AKTUELLES | WELTWEIT<br />
<strong>ZGF</strong> PROJEKTHÄPPCHEN MAKING CONSERVATION | WELTWEIT COUNT<br />
Neues aus unseren Projekten, von unseren Partnern und rund um die <strong>ZGF</strong>-Projektgebiete<br />
DEUTSCHLAND<br />
Wolfsnachwuchs in der Lieberoser Heide<br />
Der Wolf ist definitiv zurück in<br />
der Niederlausitz. Seit Ende 2009<br />
weiß man, dass sich ein Tier fest in<br />
der Lieberoser Heide angesiedelt<br />
hatte und Ende Januar 2010 „fotografierten“<br />
sich zwei Tiere in einer<br />
automatischen Fotofalle (siehe Seite<br />
13). Das Wolfspaar fühlt sich offensichtlich<br />
sehr wohl auf dem früheren<br />
Truppenübungsplatz Lieberose, denn<br />
Mitte <strong>Juli</strong> rückten die Brandenburger<br />
mit der spektakulären Nachricht raus,<br />
dass es nun erstmals Nachwuchs gegeben<br />
habe.<br />
Seit einigen Jahren leben Wolfsfamilien<br />
nicht nur im sächsischen Teil<br />
der Lausitz, sondern auch in Brandenburg.<br />
So war es nur eine Frage<br />
der Zeit, bis diese seltene Tierart<br />
auch auf dem großen, relativ unzerschnittenen<br />
Gelände der Lieberoser<br />
Heide in Brandenburg wieder heimisch<br />
werden würde. „Die letzten<br />
DEUTSCHLAND<br />
Wildkatzen in der Rhön<br />
Im Jahr 2007 gelang erstmals der<br />
Nachweis einer Wildkatze in der<br />
Rhön. In den vergangenen drei<br />
Jahren konnte der <strong>ZGF</strong>-Partner<br />
RhönNatur zusammen mit den Verwaltungsstellen<br />
des Biosphärenreservates,<br />
den Naturschutzbehörden<br />
und Forstämtern der Region die Wildkatze<br />
in allen drei Landesteilen der<br />
Rhön nachweisen. Im vergangenen<br />
Jahr wurde das Monitoringnetzwerk<br />
für die Wildkatze weiter ausgebaut,<br />
um den Wissensstand über die Verbreitung<br />
der Art zu verbessern. Dem<br />
Senckenberg Labor für Wildtiergenetik<br />
in Gelnhausen gelang es, durch<br />
verbesserte Methoden nicht nur zwischen<br />
Wild- und Hauskatze zu unterscheiden,<br />
sondern auch einzelne<br />
Individuen zu identifizieren und<br />
untereinander zu vergleichen. Insgesamt<br />
wurden im letzten Jahr 73<br />
Haarproben genetisch analysiert, 35<br />
dieser Proben konnten insgesamt 22<br />
Beobachtungen von Mai und Juni<br />
<strong>2011</strong> ließen den Verdacht auf Nachwuchs<br />
stärker werden“, sagt Heiko<br />
Schumacher, Projektleiter der Stiftung<br />
Naturlandschaften Brandenburg.<br />
„Nun konnten wir auf den<br />
Stiftungsflächen tatsächlich erstmals<br />
drei Wolfswelpen für die Lieberoser<br />
In die Fotofalle getapst – zwei der vermutlich<br />
drei jungen Wölfe auf dem ehemaligen<br />
Truppenübungsplatz Lieberose. Foto: Stiftung<br />
Naturlandschaften Brandenburg<br />
Tieren zugeordnet werden. Dies ist<br />
die bislang höchste Zahl von nachgewiesenen<br />
Wildkatzen in der Rhön.<br />
Im nächsten Schritt werden nun die<br />
Ergebnisse mit Proben aus dem Jahr<br />
2009 verglichen, um herauszufinden,<br />
Europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris)<br />
Heide nachweisen.“ Die genaue Zahl<br />
der Nachkommen kannte man Mitte<br />
<strong>Juli</strong> allerdings noch nicht.<br />
„Wir freuen uns über den Wolfsnachwuchs“,<br />
betont auch Steffen Butzeck,<br />
Biologe beim Landesamt für Umwelt,<br />
Gesundheit und Verbraucherschutz<br />
des Landes Brandenburg (LUGV).<br />
„Wir wissen aber auch, dass der Wolf<br />
starke Emotionen wecken kann – positive<br />
wie auch negative. Mit zunehmender<br />
Anzahl an Wolfsrudeln in<br />
Brandenburg wächst für uns als Amt<br />
die Aufgabe, die Rückkehr des Wolfs<br />
intensiver zu begleiten. Die Überarbeitung<br />
des Wolfs-Managementplans<br />
für Brandenburg und seine Anpassung<br />
auf die aktuelle Entwicklung ist<br />
daher nur folgerichtig“, so Butzeck<br />
weiter.<br />
www.stiftung-nlb.de<br />
ob sich die einzelnen Individuen<br />
dauerhaft in der Rhön angesiedelt<br />
haben und die räumliche Ausdehnung<br />
bei einzelnen Tieren zu bestimmen.<br />
Das Projekt wird gefördert<br />
durch die Allianz Umweltstiftung.<br />
2 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong>
BULGARIEN<br />
Expertentreffen zum Geierschutz<br />
Vom 11. bis 13. Mai <strong>2011</strong> fand in<br />
Bulgarien ein Expertentreffen<br />
statt, um über den Schutz und die<br />
Wiederansiedlung von Geiern auf<br />
dem Balkan zu beraten. Mehr als 70<br />
Teilnehmer aus elf Ländern legten dabei<br />
die künftigen Prioritäten des Geierschutzes<br />
in der Region fest und entwickelten<br />
den bestehenden Balkan<br />
Vulture Action Plan (BVAP) weiter.<br />
Der 2002 entwickelte Aktionsplan,<br />
dessen Erstellung und Umsetzung<br />
maßgeblich von der <strong>ZGF</strong> mit Unterstützung<br />
der Deutschen Bundesstiftung<br />
Umwelt (DBU) gefördert wurde,<br />
steht für eine Langzeitstrategie, die<br />
den Schutz bzw. die Wiederansiedlung<br />
aller vier Geierarten auf dem<br />
Balkan verfolgt. Der Workshop wurde<br />
von der Vulture Conservation Foundation<br />
(VCF) organisiert, unterstützt<br />
wurde er durch die <strong>ZGF</strong>, die DBU,<br />
den Mohammed bin Zayed Species<br />
Conservation Fund und die EU.<br />
Von den vier Geierarten sind heute<br />
der Bartgeier (Gypaetus barbatus),<br />
der Mönchsgeier (Aegypius monachus)<br />
und auch der Schmutzgeier<br />
(Neophron percnopterus) in der<br />
Balkanregion stark bedroht. Griechenland<br />
hat noch sechs Brutpaare<br />
des Mönchsgeiers auf Kreta und 25<br />
Paare in Dadia. Die Zahl der Schmutz-<br />
RUMÄNIEN<br />
Bärenbesendung<br />
Im April gelang unserem rumänischen<br />
Projektpartner Milvus Group erstmals<br />
die Besenderung eines Braunbären in<br />
Rumänien mit einem GPS-Halsband.<br />
Mithilfe des Senders lassen sich die<br />
Aktionsräume, die saisonalen Wanderungen<br />
sowie die Lebensraumnutzung<br />
des erwachsenen Männchens<br />
bestimmen. Durch die Daten können<br />
ökologische Korridore sowie mögliche<br />
Durchlässe bzw. Querungen für<br />
geplante Straßenerweiterungen identifiziert<br />
werden. Auch soll das Projekt<br />
Empfehlungen zu Natura-2000-Gebieten<br />
für Braunbären geben, damit bestehende<br />
Schutzgebiete vergrößert<br />
und vernetzt werden können.<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
Expertentreffen. Über besseren Geierschutz wurde in Bulgarien beraten.<br />
geier sank in den letzten acht Jahren<br />
um mehr als 50 Prozent. Aktuell ist<br />
der Schmutzgeier in Bulgarien, Mazedonien,<br />
Griechenland und Albanien<br />
mit rund 85 Brutpaaren vertreten.<br />
Vom Gänsegeier (Gyps fulvus) werden<br />
im Balkangebiet insgesamt etwa<br />
400 Brutpaare des vermutet. Die<br />
Hauptursache für den Rückgang der<br />
Geier sowie der limitierende Faktor<br />
für die erfolgreiche Wiederansiedlung<br />
sind vergiftete Köder, die ausgelegt<br />
werden, um wilde Raubtiere zu bekämpfen.<br />
Ein neuer Gefährdungsfaktor<br />
entsteht durch den massiven Ausbau<br />
der Windkraft auf dem Balkan.<br />
VORTRAG 19. September <strong>2011</strong>, 19:00 Uhr<br />
Wälder weltweit<br />
im Rahmen des Waldabends<br />
Referent: Michael Brombacher<br />
<strong>ZGF</strong>-Referatsleiter Europa<br />
Veranstaltungsort: Ratssaal Kirkel<br />
Hauptstraße 10, 66459 Kirkel<br />
KASACHSTAN<br />
Saigaschutz<br />
Im Frühjahr wurde unsere Projektpartner<br />
Assocation for the Conservation of<br />
Biodiversity of Kazakhstan (ACBK)<br />
offiziell damit beauftragt, eine internationale<br />
Vereinbarung zum Schutz<br />
der Saigaantilope zu koordinieren,<br />
gemeinsam mit dem internationalen<br />
Netzwerk „Saiga Conservation Alliance“.<br />
Die Vereinbarung ist Bestandteil<br />
der UN-Konvention zum Schutz<br />
wandernder Tierarten (CMS) und koordiniert<br />
Aktivitäten, die dem Schutz<br />
der Saiga in ihrem Verbreitungsgebiet<br />
dienen. Dies unterstreicht den guten<br />
Ruf, den das <strong>ZGF</strong>-Saigaschutzprojekt<br />
und ACBK mittlerweile über Kasachstan<br />
hinaus haben.<br />
AKTUELLES | WELTWEIT<br />
<strong>2011</strong> ist das Internationale Jahr der Wälder.<br />
Auch das Biosphärenreservat Bliesgau beteiligt<br />
sich zusammen mit den anderen<br />
Nationalen Naturlandschaften und vielen<br />
regionalen Partnern unter dem Motto<br />
„Wir sind Wald <strong>2011</strong>“ am Jahr der Wälder.<br />
Thema des Waldabends ist die Buche.<br />
www.biosphaere-bliesgau.eu<br />
HTTP://<br />
Die <strong>ZGF</strong> auf Facebook<br />
Folgen Sie uns auf<br />
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Sie so auf dem Laufenden<br />
über Aktivitäten<br />
in den Projekten, Termine<br />
oder sonstigen Begebenheiten<br />
rund um die <strong>Zoologische</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong>.<br />
Auch wenn Sie selbst kein Facebook-<br />
Nutzer sind, können Sie sich die Seite<br />
selbstverständlich ansehen.<br />
www.facebook.com/<strong>Frankfurt</strong>.Zoological.<br />
Society<br />
3
NOTIZEN AUS AFRIKA<br />
AKING CONSERVATION COUNT<br />
Kurzmeldungen aus <strong>ZGF</strong>-Projekten und Projektgebieten<br />
Foto: Annette Simonson<br />
AKTUELLES | WELTWEIT<br />
TANSANIA I<br />
Alan Kijazi neuer Generaldirektor von TANAPA<br />
Die tansanische Nationalparkbehörde<br />
TANAPA wird seit Juni<br />
von Alan Kijazi als neuem Generaldirektor<br />
geleitet. Kijazi war zuvor<br />
bei TANAPA zuständig für die Bereiche<br />
Planung, Projektentwicklung<br />
und Tourismus und ist daher mit<br />
der <strong>ZGF</strong> und ihren Mitarbeitern vor<br />
Ort schon seit Jahren bestens ver-<br />
TANSANIA II<br />
Geparden in neuer Freiheit<br />
Ende April wurden in einem Haus<br />
in Arusha drei erwachsene Geparden<br />
beschlagnahmt. Die in Minikäfigen<br />
eingesperrten Tiere waren<br />
offenbar für den Verkauf ins Ausland<br />
bestimmt gewesen. Naturschützer<br />
der Zoological Society of London<br />
Gepardentrio. Die konfiszierten Tiere wurden in Tarangire freigelassen.<br />
(ZSL), der <strong>ZGF</strong> sowie der Wildlife<br />
Conservation Society (WCS) schlossen<br />
sich sofort mit dem Tanzania<br />
Wildlife Research Institute (TAWIRI)<br />
und der Tanzania Wildlife Division<br />
kurz, um die unmittelbare Wiederauswilderung<br />
der Tiere zu veranlassen.<br />
Die zwei Weibchen und ein<br />
Männchen wurden in den Tarangire<br />
Nationalpark gebracht und dort ausgewildert.<br />
Von der <strong>ZGF</strong> erhielten<br />
zwei der Tiere Sendehalsbänder, sodass<br />
die Tierärzte von TAWIRI den<br />
traut. <strong>ZGF</strong>-Programm-Manager Gerald<br />
Bigu rube, der selbst viele Jahre<br />
Direktor von TANAPA war, begrüßte<br />
den Wechsel und freut sich auf weitere<br />
enge Zusammenarbeit mit Alan<br />
Kijazi. Dieser löst Dr. Edward Kishe<br />
ab, der der <strong>ZGF</strong> ebenfalls in wichtigen<br />
Fragen stets ein enger Verbündeter<br />
war.<br />
Erfolg der Maßnahme überwachen<br />
konnten. „Dies ist der erste Fall von<br />
illegalem Gepardenhandel, der hier<br />
in Tansania aufgedeckt wurde“, berichtet<br />
Dr. Sarah Durant von ZSL,<br />
„und es beunruhigt uns, da es nahelegt,<br />
dass der Handel mit diesen<br />
geschützten Tieren ansteigt.“ Vor<br />
allem im Mittleren Osten seien die<br />
Katzen als Haustiere beliebt, sagt<br />
Durant und verweist auf Webseiten,<br />
auf denen vom Tigerbaby bis zum<br />
Geparden so ziemlich alles online zu<br />
beziehen ist.<br />
„Dem älteren Weibchen mit Sendehalsband<br />
geht es heute gut“, berichtet<br />
Helen O‘Neill vom „Serengeti<br />
Cheetah Project“, das zusammen mit<br />
TAWIRI das Monitoring der Tiere<br />
TANSANIA III<br />
Gnus auf Irrwegen<br />
Überall in der Savanne sprießt frisches,<br />
grünes Gras, bunte Blüten<br />
sprenkeln die Ebenen und rund um<br />
Seronera weiden Tausende Gnus und<br />
Zebras. Die Luft ist erfüllt von ihrem<br />
heiseren Grunzen und Bellen – und<br />
des Nachts vom Brüllen der Löwen.<br />
Jeden Nachmittag brauen sich dunkle<br />
Regenwolken am Himmel zusammen<br />
und ergießen sich oft sintflutartig<br />
über weiten Teilen der Serengeti. All<br />
dies ist im Grunde nichts Außergewöhnliches<br />
– wäre es nicht <strong>Juli</strong> und<br />
damit eigentlich Trockenzeit. An sich<br />
waren die riesigen Herden von Gnus,<br />
Zebras und Antilopen schon längst<br />
dem Regen folgend gen Norden gezogen,<br />
doch nun sind sie zurück in<br />
Seronera. Während es in der Hauptregenzeit<br />
im April staubtrocken war,<br />
regnet es bereits seit Mitte Juni fast<br />
täglich. Die Regenzeit scheint dieses<br />
Jahr gänzlich verschoben, ein Phänomen,<br />
das leider den prognostizierten<br />
Auswirkungen des Klimawandels<br />
entspricht, wonach der Wechsel zwischen<br />
Trocken- und Regenzeiten immer<br />
unzuverlässiger wird. Zudem<br />
werden die Regenfälle, wie auch die<br />
Trockenperioden, extremer.<br />
übernommen hat. Das jüngere Weibchen<br />
hatte kein Halsband bekommen,<br />
da es noch im Wachstum begriffen ist,<br />
und konnte daher nach der Auswilderung<br />
nicht weiterverfolgt werden.<br />
Das Männchen ist leider Anfang Juni<br />
gestorben. „Es war in sehr schlechter<br />
Verfassung und wurde deswegen von<br />
uns weiter zugefüttert“, so O’Neill.<br />
Trotzdem sei es zu schwach geblieben,<br />
um erfolgreich zu jagen. Unter<br />
normalen Umständen hätte man die<br />
Tiere länger auf diese Auswilderung<br />
vorbereitet und in größeren Gehegen<br />
eine gewisse Zeit aufgepäppelt,<br />
doch so etwas stand bei dem überraschenden<br />
Fund nicht zur Verfügung,<br />
sodass die Wissenschafter zu einem<br />
sogenannten „hard release“ gezwungen<br />
waren.<br />
4 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong>
Foto: Okapia/imagebroker/Malcolm Schuyl/FLPA<br />
KEINE FERNSTRASSE<br />
DURCH DIE SERENGETI<br />
Die 35. Sitzung des Welterbe-Komitees<br />
der UNESCO vom 19. bis 29. Juni<br />
in Paris war mit Spannung erwartet<br />
worden, denn dass Tansania in<br />
irgendeiner Form zu seinen Straßenbauplänen<br />
Stellung beziehen musste,<br />
war klar. Im Rahmen der Tagung<br />
sollte verhandelt werden, ob der Serengeti<br />
Nationalpark, der seit 1981<br />
UNESCO Weltnaturerbe ist, von der<br />
UNESCO auf die Liste der „gefährdeten<br />
Welterbe“ gesetzt würde. Für<br />
Tansania, das sich in seinem eigenen<br />
Slogan „The Land of Kilimanjaro,<br />
Zanzibar and the Serengeti“ nennt<br />
und mit dem Naturtourismus in diesen<br />
Regionen einen großen Teil seiner<br />
Devisen einspielt, wäre das eine<br />
Katastrophe gewesen.<br />
Eine der größten Bedrohungen der Serengeti seit Grzimeks Tagen scheint abgewendet.<br />
Bei der 35. Sitzung des Welterbe-Komitees der UNESCO in Paris kündigte die tansanischen<br />
Regierung Mitte Juni an, die umstrittene Straße quer durch den Nationalpark<br />
nicht bauen zu wollen. Ein Erfolg für alle, die sich über die letzten Monate auf den verschiedensten<br />
Ebenen intensiv dafür eingesetzt hatten.<br />
Der Druck auf Tansania war seit Bekanntwerden<br />
der Straßenpläne im<br />
Mai 2010 enorm gewesen. Von allen<br />
Seiten kam massiver Gegenwind:<br />
Wissenschaftler, Naturschutzorganisationen,<br />
die Tourismusindustrie, aber<br />
auch die internationalen Institutionen<br />
wie eben die UNESCO, die IUCN oder<br />
UNEP, die Umweltbehörde der UN,<br />
bezogen Stellung und versuchten der<br />
Regierung von Staatspräsident Jakaya<br />
Kikwete unmissverständlich klarzumachen,<br />
dass sie nicht nur im Begriff<br />
war, ein einzigartiges Naturerbe, einen<br />
Nationalpark von Weltruhm und<br />
eine der letzten Tierwanderungen unseres<br />
Planeten zu zerstören, sondern<br />
dass sie sich auch wirtschaftlich mehr<br />
Schaden als Nutzen zufügen würde.<br />
Letztendlich überzeugte die Information<br />
auf der Sachebene und führte<br />
dazu, dass der tansanische Umweltminister<br />
Ezekiel Maige gegenüber<br />
der UNESCO schriftlich klarstellte,<br />
dass man auf die ursprüngliche Fernstraße<br />
verzichten wolle und darlegte,<br />
wie Tansania den Bau seines Straßennetzes<br />
im Umfeld der Serengeti<br />
stattdessen plane. Danach soll eine<br />
Teerstraße von Osten kommend in<br />
Loliondo enden, von Westen kommend<br />
in Mugumu. Damit werden<br />
diese Gemeinden an das Straßennetz<br />
um Arusha bzw. um den Viktoria-See<br />
angebunden. Die Pisten<br />
durch den Park (die es bereits seit<br />
Jahrzehnten gibt) bleiben ungeteert,<br />
unter der Hoheit der Nationalpark-<br />
Freie Bahn. Für die große Migration der Huftiere bleibt der Zugweg in den Norden und damit der Zugang zum Wasser in der Trockenzeit frei.<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
AKTUELLES | WELTWEIT<br />
5
AKTUELLES | WELTWEIT<br />
Musoma<br />
Bariadi<br />
Lalago<br />
behörde TANAPA und wie bisher nur<br />
für touristische und administrative<br />
Zwecke nutzbar. Dass die Straße unter<br />
TANAPA-Hoheit bleibt und nicht<br />
zu einer Straße für kommerziellen<br />
Verkehr wird, ist ein entscheidender<br />
Durchbruch. Ebenso die Tatsache,<br />
dass auch die Verbindungsstücke von<br />
der Parkgrenze bis jeweils nach Loliondo<br />
und Mugumu nicht geteert werden<br />
sollen.<br />
Darüber hinaus erwäge die Regierung<br />
von Tansania, so das Statement,<br />
den Bau einer Straße von Mugumu<br />
nach Arusha, die den Serengeti Nationalpark<br />
und die Ngorongoro Conservation<br />
Area südlich umfahre.<br />
Auch wenn die tansanische Erklärung<br />
noch deutlicher jeglichen kommerziellen<br />
Verkehr durch die Serengeti<br />
hätte ausschließen können, so sind<br />
die jetzigen Äußerungen als wichtiger<br />
Schritt in die richtige Richtung<br />
Mugumu<br />
BEVÖLKERUNGSDICHTE: Im Vergleich mit der von der Regierung<br />
ursprünglich geplanten Nordroute würden beide möglichen<br />
Alternativrouten im Süden durch stärker besiedelte Regionen gehen.<br />
Mehr Menschen könnten somit von einer Straße profitieren.<br />
KENIA<br />
Waso<br />
Engarasero<br />
Mbulu<br />
zu werten. Die <strong>Zoologische</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong> hatte sich von Anfang<br />
an für eine Umfahrung der Serengeti<br />
im Süden, statt einer Durchquerung<br />
im Norden starkgemacht, eine Idee<br />
die von vielen aufgegriffen, variiert<br />
und verfeinert wurde und letztendlich<br />
eine gute Kompromisslösung zu sein<br />
scheint, den Entwicklungsinteressen<br />
gerecht zu werden und doch die Naturschutzbelange<br />
zu berücksichtigen.<br />
Insbesondere die großen Geber sind<br />
jetzt gefragt, den Entwicklungsprozess<br />
umsichtig mit dem Schutz des<br />
Serengeti-Ökosystems zu verbinden.<br />
Das deutsche Ministerium für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und<br />
Entwicklung BMZ hatte sich hierbei<br />
bereits zu Jahresbeginn helfend angeboten<br />
und Entwicklungs minister<br />
Dirk Niebel hatte wenige Tage nach<br />
dem Bekanntwerden von Tansanias<br />
Rückzug aus der umstrittenen Planung,<br />
diese Hilfe nochmals bekräftigt<br />
Legende<br />
bestehende Straßen<br />
Nord-Route<br />
Eyasi-Route<br />
Mbulu-Route<br />
Mto wa Mbu<br />
0 - 10 Einwohner / km 2<br />
10 - 50 Einwohner / km 2<br />
50 - 100 Einwohner / km 2<br />
100 - 500 Einwohner / km 2<br />
500 - 1.000 Einwohner / km2<br />
Serengeti Ökosystem (keine Bevölkerung)<br />
Serengeti Ökosystem (mit Bevölkerung)<br />
See<br />
Arusha<br />
LOGISTIK: Die South-Eyasi-Route wäre mit 628 km 80 Kilometer länger als die<br />
Nordroute, müsste dafür aber nur 674 Höhenmeter überwinden (im Gegensatz<br />
zu 1.537 bei der Nordroute). Auch der Anteil an neuzubauender Straße wäre um<br />
gut 100 km kürzer. Die Reisezeiten wären für beide Routen am Ende gleich lang.<br />
und konkretisiert. Auch die UNESCO<br />
würdigt die Erklärung von Tansania<br />
und rief die internationale Geber-<br />
Gemeinschaft dazu auf, den Bau einer<br />
Südumfahrung zu unterstützen.<br />
Tansania hingegen forderte sie dazu<br />
auf, die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />
und die sozio-ökonomische Studie<br />
zum nördlichen Straßennetz zu<br />
vollenden. Das Land muss der UN-<br />
ESCO nun einen Bericht zu all diesen<br />
Punkten bis zum 1. Februar 2012<br />
vorlegen.<br />
STUDIE<br />
Connecting Northern Tanzania. A socioeconomic<br />
comparison of the alternative<br />
routes for a highway from Arusha to<br />
Musoma.<br />
Den Vergleich der unterschiedlichen Routenführungen<br />
durch bzw. um die Serengeti<br />
herum anhand von sozioökonomischen<br />
Daten finden Sie unter www.zgf.de<br />
6 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
Grafik: <strong>ZGF</strong>, himmebraun
Herr Borner, für die <strong>Zoologische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> stellte<br />
die Auseinandersetzung um den Straßenbau eine der größten<br />
Herausforderungen seit der Ära von Bernhard Grzimek dar.<br />
Sind Sie erleichtert?<br />
Markus Borner Allerdings. Wir haben wirklich in den letzten<br />
Monaten rotiert und versucht, alle Hebel in Bewegung<br />
zu setzen, Daten zu sammeln, zusammenzustellen,<br />
zu überzeugen. Das jetzt Erreichte ist ein wichtiger<br />
Schritt und viele Leute haben dazu beigetragen, indem<br />
sie ihr Wissen, ihre Kontakte, ihre Institutionen eingebracht<br />
und Druck gemacht haben. Klar, hätte das „Nein“<br />
von Tansania noch deutlicher kommen können und einige<br />
reden das ja nun auch schon wieder klein, aber<br />
ich denke, es ist ein Abschied von der Straße durch den<br />
Norden.<br />
Neben der Straße wurde ja auch noch eine Bahnlinie durch die<br />
Serengeti diskutiert. Wie ist der Stand dabei?<br />
Tansania und Uganda haben vor wenigen Wochen ein<br />
Abkommen über den Bau eine Bahnlinie von Mwanza<br />
über Arusha nach Tanga zu den Häfen unterzeichnet.<br />
Der Verkehrsminister hat gegenüber der Presse gesagt,<br />
man wolle diese Bahnlinie nun ebenso südlich um die<br />
Serengeti herumführen. Das ist für mich ein starkes Indiz,<br />
dass es Tansania ernst meint mit einem Verkehrskonzept<br />
südlich der Schutzgebiete.<br />
Ist das nicht ohnehin die sinnvollere Streckenführung?<br />
Ja, und zwar in vielerlei Hinsicht. Unser Kollege Dr.<br />
Grant Hopcraft hat sehr umfangreiche Daten aufgearbeitet<br />
und geschaut, wie es mit den sogenannten sozioökonomischen<br />
Rahmenbedingungen aussieht. Und<br />
wenn man sich also anschaut, wie viele Menschen von<br />
einer Straßenführung durch den Norden profitieren würden<br />
und wie viele im Süden, wo die landwirtschaftlich<br />
genutzten Gebiete sind oder wie viele schulpflichtige<br />
Kinder dort Transportmöglichkeiten benötigen würden,<br />
dann wird noch klarer, dass die Südroute viel mehr Sinn<br />
macht.<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
„ WIR SIND AUF EINEM<br />
GUTEN WEG!“<br />
AKTUELLES | WELTWEIT<br />
Dr. Markus Borner ist seit drei Jahrzehnten für die <strong>ZGF</strong> in Tansania und kennt<br />
wie kein anderer die Situation in der Serengeti. Im nächsten Frühsommer wird<br />
er in Ruhestand gehen und hätte selbst nie gedacht, dass er zum Ende seiner<br />
Dienstzeit in Seronera noch einmal einen derartigen Kampf für die Serengeti<br />
würde führen müssen.<br />
Und schneller wäre sie ja auch, oder?<br />
Je nachdem wie man die Streckenführung wählt, ist<br />
sie zwar länger, aber nicht langsamer. Denn im Norden<br />
gäbe es eine Geschwindigkeitsbegrenzung innerhalb<br />
des Parks und das Gelände ist topografisch schwierig,<br />
insgesamt wären 1.537 Höhenmeter zu überwinden. Im<br />
Süden ist das weniger als die Hälte an Gefälle. Für die<br />
Bahnlinie ist allein schon aufgrund der Topografie eine<br />
Streckenführung durch den Süden das einzig Sinnvolle.<br />
Warum also nicht gleich so?<br />
Gute Frage. Der einfache Blick auf die Karte legt ja<br />
nahe, dass die Straße im Norden die geschickteste Variante<br />
wäre und irgendwie hat man sich darauf versteift.<br />
Aber ich bin froh, dass es durch die Präsentation der<br />
Daten und Fakten gelungen ist, die Entscheidungsträger<br />
umzustimmen und sie von der besseren Alternative<br />
zu überzeugen.<br />
Wie geht es jetzt weiter?<br />
Wichtig ist jetzt, dass die Planung im Süden zügig umgesetzt<br />
wird und die Geber ihre Zusagen einhalten.<br />
Deutschland hat hier ja schon einen sehr wichtigen<br />
Schritt getan, indem unser Entwicklungsministerium<br />
seine Unterstützung für die Alternativplanung noch mal<br />
bekräftigt hat. Sobald es eine gute Verkehrsverbindung<br />
im Süden gibt, hat sich die Nordroute ohnehin erledigt<br />
und wird somit auch hoffentlich nicht in ein paar Jahren<br />
von irgendjemandem wieder ausgegraben werden. Auch<br />
der bisherige Lkw-Verkehr, der jetzt schon durch den<br />
Park fährt – im Moment fahren Lkw unter 10 Tonnen sowie<br />
Busse quer durch den Park – wird dann sicherlich<br />
eine gut ausgebaute Straße außerhalb des Parks bevorzugen.<br />
Die Serengeti gewinnt damit also doppelt.<br />
7
AKTUELLES | NASHÖRNER<br />
NASHORNWILDEREI<br />
NASENHORN –<br />
WERTVOLL WIE GOLD,<br />
GEHANDELT<br />
WIE KOKAIN<br />
Seit 2008 geht die Wilderei auf Nashörner in Südafrika<br />
kontinuierlich und steil nach oben. Auch andere afrikanische<br />
Länder sind zunehmend betroffen und sogar europäische Naturkundemuseen<br />
befinden sich nun im Visier der Horndiebe.<br />
Von Dagmar Andres-Brümmer.<br />
Nashörner wurden im vergangenen Jahr in Süd-<br />
333 afrika gewildert. Das sind dreimal mehr als noch<br />
2009 und die größte Anzahl gewilderter Nashörner, die<br />
Südafrika je verbuchen musste. Und die Zahlen für<br />
<strong>2011</strong> scheinen noch schlimmer zu werden. Bis<br />
Ende April zählte die Nationalparkbehörde South<br />
African National Parks (SANParks) offiziell bereits<br />
138 gewilderte Nashörner – das sind nach nur vier<br />
Monaten bereits 40 % der 2010 getöteten Tiere. Ende<br />
Juni waren es, je nach Quelle, bereits zwischen 196 und<br />
200 Tieren.<br />
Am härtesten traf es den berühmten Krüger Nationalpark,<br />
der 2010 insgesamt 146 Nashörner verloren hat, darunter<br />
zehn der hochgradig bedrohten Spitzmaulnashörner. Eine<br />
geradezu unvorstellbare Zahl für einen derart gut bewachten<br />
Nationalpark, die zeigt, dass die Nashornwilderei<br />
mittlerweile in die Liga der organisierten Kriminalität<br />
aufgestiegen ist, die dem Rauschgift- oder Waffenhandel<br />
in nichts nachsteht.<br />
FAST 200 NASHÖRNER SIND ES BEREITS<br />
IN DIESEM JAHR<br />
Alle, die im Nashornschutz aktiv sind, beobachten diese<br />
dramatische Entwicklung in Südafrika mit größter Sorge.<br />
Für die <strong>ZGF</strong> sind Südafrika und seine Nationalparkbehörde<br />
South African National Parks (SANParks) ein wichtiger<br />
Partner in den Nashornwiederansiedlungsprojekten<br />
in Tansania und Sambia. SanParks hat mittlerweile die<br />
South African National Defence Force (SANDF) um Unterstützung<br />
gebeten und Anfang April wurde eine erste<br />
Armee-Einheit abgestellt, um die Grenze des Krüger Nationalparks<br />
zu Mosambik und Simbabwe zu kontrollieren.<br />
Bereits nach rund zwei Wochen in ihrem Einsatzgebiet<br />
konnten die SANDF-Soldaten einen ersten Erfolg vorweisen<br />
und vier mutmaßliche Wilderer im Krüger National-<br />
ALLHEILMITTEL.<br />
Der Bedarf von Hornpulver in der traditionellen asiatischen Medizin<br />
ist der Hauptmotor der aktuellen Wildereiwelle. Unter anderem das<br />
Gerücht, Nashorn pulver könnte Krebs heilen, das vor einigen Jahren in<br />
Vietnam aufkam, hat den Handel geradezu explodieren lassen.<br />
park festnehmen. Die Mosambikaner waren, bewaffnet<br />
mit Jagdgewehren, Ferngläsern, Äxten und Mobiltelefonen<br />
im Park aufgegriffen worden. Insgesamt wurden<br />
nach SANParks Angaben im ersten Quartal dieses Jahres<br />
82 Wilderer verhaftet. Dass es dabei nicht zimperlich zugeht,<br />
kann man sich vorstellen, die Nerven liegen blank.<br />
Wie Wanda Mkutshulwa von SANParks berichtet, traf beispielsweise<br />
am 24. April eine Patrouille aus Parkrangern<br />
und SANDF-Soldaten auf mutmaßliche Wilderer. Einer<br />
der Wilderer wurde im Laufe des Feuergefechtes erschossen,<br />
drei weitere verhaftet. Drei Nashornkadaver seien bei<br />
den Patrouillen in der Stolsnek Sektion des Parks allerdings<br />
auch entdeckt worden, so Mkutshulwa. Bis Ende<br />
Juni wurden im Krüger Nationalpark drei weitere Wilderer<br />
erschossen und fünf weitere verhaftet.<br />
Im Laufe der letzten Jahre ist überall in Afrika die Wilderei<br />
von Nashörnern wieder stark angestiegen. Die große<br />
Sorge der Naturschützer ist, dass die bislang auf Süd-<br />
8 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
Foto: Sid Latham/NAS/OKAPIA
afrika konzentrierte, professionell organisierte Nashornwilderei<br />
nun verstärkt auch auf andere Länder übergreift.<br />
Und diese Sorge ist berechtigt. Kaum eine Woche vergeht<br />
ohne eine Meldung, dass Nashörner in Schutzgebieten<br />
gewildert wurden (außerhalb von Schutzgebieten<br />
gibt es quasi keine Nashörner mehr), und das trotz bester<br />
Bewachung durch Parkranger. Erst Mitte Mai wurden<br />
in der kenianischen Massai Mara wieder zwei Breitmaulnashörner<br />
gewildert, obwohl sie unter Dauerbewachung<br />
seitens der Ranger standen. Und auch in Simbabwe steigt<br />
die Wilderei besorgniserregend an, denn für die mit Hubschraubern<br />
oder Kleinflugzeugen und Nachtsichtgeräten<br />
professionell ausgestatteten Wilderer ist es von Südafrika<br />
aus nur ein Katzensprung ins Nachbarland.<br />
ASTRONOMISCHE PREISE HEIZEN<br />
DIE WILDEREI AN<br />
Die astronomischen Preise, die auf dem asiatischen Markt<br />
für das Horn der Tiere bezahlt werden, haben die Wilderei<br />
in jüngster Zeit geradezu explodieren lassen und sie<br />
führen dazu, dass die Wilderer vollkommen skrupellos<br />
vorgehen und bereit sind, jedes Risiko einzugehen. Sie<br />
schrecken auch nicht davor zurück, Menschen zu erschießen,<br />
die ihrem Geschäft in die Quere kommen. Denn es<br />
ist ein einträgliches Geschäft. Nasenhorn hat den Wert<br />
von Gold bereits hinter sich gelassen und erzielt Gewinne<br />
auf dem Niveau von Kokain.<br />
Der Handel mit dem Horn ist illegal, dennoch floriert<br />
er, denn das Horn spielt seit Jahrhunderten eine wichtige<br />
Rolle in der traditionellen asiatischen Medizin. Es gilt<br />
dort als fiebersenkend und diverse Zipperlein kurierend.<br />
Ein Großteil des Nasenhorns landet in China und in Vietnam.<br />
Gerade Vietnam spielt eine entscheidende Rolle bei<br />
der aktuellen Situation. Denn dort hat das durchs Land<br />
geisternde Gerücht, das Hornpulver könne Krebs heilen,<br />
Anzahl der gewilderten Nashörner<br />
in südafrikanischen Nationalparks<br />
2007 bis 1. Halbjahr <strong>2011</strong><br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
13<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
83<br />
122<br />
333<br />
200<br />
2007 2008<br />
2009 2010 <strong>2011</strong><br />
(1. Halbjahr)<br />
Quelle: South African National Parks, WWF<br />
AKTUELLES | NASHÖRNER<br />
VERBRECHERJAGD.<br />
Nationalpark-Ranger im Krüger Nationalpark in Südafrika mit der<br />
Beute, die sie Wilderern abnehmen konnten: den beiden Hörnern eines<br />
Breitmaulnashorns.<br />
zu einem neuen Boom geführt und den Bedarf vehement<br />
nach oben getrieben. „In den 1990er-Jahren kosteten 100<br />
Gramm Nashornpulver hier ca. 750 US-Dollar“ berichtet<br />
<strong>ZGF</strong>-Projektleiter Tilo Nadler aus Vietnam. Heute liegen<br />
die Preise auf dem vietnamesischen Markt bei durchschnittlich<br />
2.500 Dollar pro 100 Gramm, teilweise gehen<br />
sie hoch bis auf 4.500 Dollar, wie Nadler vom vietnamesischen<br />
Zoll erfuhr.<br />
Kein Wunder also, dass sich findige Geschäftsleute aufmachen,<br />
alles zu ergattern, was an Nasenhorn irgendwo<br />
aufzutreiben ist. In Südafrika tauchen vermehrt vietnamesische<br />
Jagdtouristen auf, die auf Jagd-Farmen für Tausende<br />
von Dollar – legal – Nashörner schießen, um das<br />
Horn als Jagdtrophäe dann schnellstmöglich mit nach<br />
Asien zu nehmen. Auch antike Jagdtrophäen oder Kunst-<br />
STATISTIK.<br />
Die Bilanz der gewilderten Nashörner verspricht für <strong>2011</strong> noch schlimmer<br />
zu werden als für 2010. Statistisch gesehen stirbt momentan allein<br />
in Südafrika alle 20 Stunden ein Nashorn durch die Hand von Wilderern.<br />
9<br />
Foto: Gerald Cubitt/OKAPIA<br />
Foto: Daryl & Sharna Balfour/OKAPIA
Foto: Michel Gunther/BIOS/OKAPIA<br />
AKTUELLES | NASHÖRNER<br />
HORNLOS.<br />
In einigen Gebieten hat man versucht, die Nashörner vor Wilderei zu<br />
schützen, indem man das begehrt Horn absägt („Dehorning“). Ein aufwändiges,<br />
teures und für die Tiere stressiges Verfahren, das sich jedoch<br />
nicht bzw. nur bedingt als erfolgreich erwiesen hat. Zum einen wächst<br />
das Horn wieder nach, zum anderen aber töten die Wilderer solche Tiere<br />
oft trotzdem – entweder aus Frustration oder um zu vermeiden, dass sie<br />
demselben Tier nochmals vergeblich nachstellen. Zudem ist das Horn<br />
für die Tiere im täglichen Leben wichtig, bei der Nahrungssuche wie bei<br />
der Verteidigung.<br />
gegenstände aus Nasenhorn erleben einen Boom. Das<br />
englische Auktionshaus Tennants versteigerte im letzten<br />
Jahr ein Horn, das für Sage und Schreibe 164.046 US-<br />
Dollar an einen chinesischen Käufer ging und im Mai<br />
dieses Jahres fanden zwei antike, aus Nashorn gefertigte<br />
Kelche im amerikanischen Auktionshaus Leslie Hindman<br />
für 394.000 Dollar einen neuen Besitzer. Pro Stück wohlgemerkt.<br />
Auch wenn solche Stücke kaum zu Pulver geraspelt<br />
werden, zeigen sie doch, welch ungemeinen Wert<br />
das seltene Material mittlerweile hat.<br />
SELBST NATURKUNDEMUSEEN SIND<br />
NICHT MEHR SICHER<br />
Wie lukrativ der Nashornmarkt ist, bekamen unlängst<br />
auch eine Reihe europäischer Museen zu spüren, bei denen<br />
ganze Nashornschädel oder -hörner aus den Sammlungen<br />
gestohlen wurden. Im Frühsommer wurden das<br />
<strong>Zoologische</strong> Museum Hamburg und das Naturkundemuseum<br />
Bamberg Opfer der Einbrecherbanden. In einem<br />
anderen Museum konnte dem Diebstahl offenbar rechtzeitig<br />
vorgebeugt werden. Ähnliche Diebstähle waren zuvor<br />
aus Großbritannien, Portugal, Frankreich und Südafrika<br />
bekannt geworden. „Beinahe täglich wächst die Zahl der<br />
betroffenen Museen“, warnt das Konsortium Deutsche<br />
Naturwissenschaftliche Forschungssammlungen (DNFS)<br />
und empfiehlt den Museen daher dringend, Rhinozeros-Originale<br />
aus den Schausammlungen zu entfernen.<br />
Vieles deute darauf hin, dass es sich um organisiertes,<br />
internationales Verbrechen handele, schreibt das DNFS.<br />
Eine Annahme, die ins Bild passt, anlässlich der aktuellen<br />
Situation.<br />
MEHR ZUM THEMA<br />
www.rhinoconservation.org<br />
www.sanparks.org<br />
www.rhinos-irf.org<br />
10<br />
„ ICH BEFÜRCHTE, WIR M<br />
EINEN LANGEN KAMPF E<br />
Der Südafrikaner Dr. Pete Morkel gehört im Umgang mit Nashörnern<br />
zu den erfahrensten Tierärzten Afrikas. Kaum jemand hat<br />
so viele wilde Nashörner behandelt und umgesiedelt wie er.<br />
Morkel war viele Jahre für die <strong>ZGF</strong> im Ngorongoro Krater tätig,<br />
heute arbeitet er als freier Veterinär für Schutzgebiete, Forschung<br />
oder Naturschutz. Unter anderem betreut er die großen Nashornwiederansiedlungsprojekte<br />
der <strong>ZGF</strong>.<br />
Dr. Morkel, sehen Sie einen Weg aus der aktuellen Wildereikrise?<br />
Pete Morkel: Nein, es gibt keinen einfachen oder schnellen<br />
Weg aus der momentanen Nashornwilderei-Krise. Bei<br />
der Armut und Korruption in Afrika auf der einen Seite<br />
und dem neuen Reichtum und damit steigenden Bedarf<br />
in Asien auf der anderen Seite, ist es fast unmöglich, der<br />
Lage Herr zu werden. Ich befürchte, wir müssen uns auf<br />
einen langen Kampf einstellen. Und ich schätze, dass es<br />
noch sehr viel schlimmer werden wird.<br />
Welche Maßnahmen wären Ihrer Meinung nach denn dringend<br />
notwendig?<br />
Wir müssen alles tun, was irgend möglich ist. Konzentrieren<br />
sollten wir uns zunächst auf die bereits bewährten<br />
Methoden: gute Ranger draußen im Feld, die gut ausgebildet,<br />
gut ausgerüstet, diszipliniert und hoch motiviert<br />
sind. Die Überwachung und Sicherheit der Tiere können<br />
wir so noch ausbauen. Aber dann sollten wir auch<br />
schauen, was es an Hightech-Lösungen gibt. Wir brauchen<br />
die Unterstützung auf allen Ebenen: Polizei, Militär,<br />
Rechtsprechung und Naturschutzbehörden. Und die<br />
afrikanischen Länder brauchen Gesetze, die Nashornwilderei<br />
mit sehr langen Haftstrafen belegen. Einige Länder<br />
haben das noch nicht.<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong>
MÜSSEN UNS AUF<br />
EINSTELLEN“<br />
Es wird so gut wie unmöglich sein, die Nashörner in den<br />
großen, teils schlecht bewachten Parks zu schützen. Der<br />
beste Schutz für sie wäre in kleinen, üblicherweise eingezäunten,<br />
und intensiv bewachten Schutzgebieten.<br />
Das Time Magazine hat gerade in einem großen Artikel über<br />
die Wildereikrise behauptet, dass Einheimische, die Jagdlizenzen<br />
besitzen, aber auch Parkranger korrupt seien und den Wilderern<br />
helfen. Ist da was dran?<br />
Das kommt vor. Meist sind es sogar diejenigen, die ganz<br />
oben sitzen in den Behörden oder Organisationen. Selbstverständlich<br />
ist die Mehrheit der überwiegend sehr guten<br />
Leute, die in den Naturschutzbehörden, -organisationen,<br />
Parks oder Schutzgebieten arbeitet nicht korrupt. Aber<br />
es braucht nur ein schwarzes Schaf oder eine undichte<br />
Stelle, um sehr viele Nashörner ans Messer zu liefern.<br />
Wo wäre denn am besten anzusetzen, um der Lage Herr zu<br />
werden? Eher in Südafrika oder eher in Vietnam oder anderen<br />
asiatischen Abnehmerländern?<br />
Was Afrika angeht, das sagte ich ja schon. Was den asiatischen<br />
Markt betrifft, gibt es meiner Meinung nach drei<br />
Ansätze. Das Wichtigste wäre, die vietnamesischen oder<br />
chinesischen Nutzer von Nashornpulver öffentlich vorzuführen<br />
und zu diskreditieren. Und zwar mit sehr deutlichen<br />
Worten. Ich bin überzeugt, wenn sie öffentlich und<br />
international an den Pranger gestellt werden und ihr Gesicht<br />
verlieren, – was schlimm für sie ist, – dann bewegt<br />
sich was. Denn diese Länder haben in der Strafverfolgung<br />
die Kapazitäten und wären in der Lage, dem illegalen Import<br />
und Verkauf von Nasenhorn Einhalt zu gebieten.<br />
Wie könnte das aussehen mit dem Pranger?<br />
Da gäbe es viel – Demonstrationen vor den Botschaften,<br />
Aktionen bei internationalen Konferenzen, Sportereignissen,<br />
noch mehr Berichterstattung in den Medien. Also,<br />
wenn Sie dieses Foto von dem Baby, dass seine erlegte<br />
Mutter gesucht hat, in einer ganzseitigen Anzeige verwenden<br />
und in den 20 größten asiatischen bzw. internationalen<br />
Zeitungen schalten würden, dann gäbe das einen<br />
Aufschrei.<br />
Und auf politischer Ebene? Haben die afrikanischen Länder hier<br />
nicht selber auch noch einige Möglichkeiten?<br />
Absolut. Afrika hat die natürlichen Ressourcen, die<br />
China und andere asiatische Länder benötigen, um ihre<br />
boomende Wirtschaft zu befriedigen. Es ist an der Zeit,<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
AKTUELLES | NASHÖRNER<br />
TRAUER.<br />
Dieses Foto ist kaum zu ertragen. Es wurde Mitte Mai vom Zululand<br />
Wildlife Forum im Internet veröffentlicht und zeigt ein Kalb, dass seine<br />
Mutter nach einem Tag Suche gefunden hat. Die Mutter war von Wilderern<br />
mit Hunden gejagt worden und stürzte dann eine Klippe hinab.<br />
dass die Präsidenten der Länder, in denen Nashörner leben,<br />
aufstehen und ihren asiatischen Kollegen klarmachen,<br />
dass das so nicht gehen kann, dass Afrika hier eine<br />
wertvolle Ressource verliert, und dass sie von ihnen verlangen,<br />
ernst zu nehmende Maßnamen einzuleiten. Vor<br />
allem Südafrikas Präsident sollte hier vorangehen, denn<br />
das Land hat nicht nur die meisten Nashörner, es ist auch<br />
am schlimmsten von der Wilderei betroffen – und exportiert<br />
große Mengen Rohstoffe auf den asiatischen Markt.<br />
Und drittens?<br />
Drittens sollten in Ländern wie Deutschland die Leute darüber<br />
informiert werden, was hier gerade passiert und wie<br />
die Zusammenhänge sind. Und sie sollten ausgefordert<br />
werden, so lange keine chinesischen oder vietnamesischen<br />
Produkte mehr zu kaufen, bis diese Länder ernsthaft was<br />
tun, um den Import von Nashorn zu stoppen.<br />
China hat ja offensichtlich von Südafrika Nashörner gekauft, um<br />
sie auf Farmen zu halten. Wäre das eine Alternative, gewissermaßen<br />
Hornfarmen?<br />
Wenn man realistisch ist und sich den Bedarf anschaut,<br />
ist das nicht mal eine kurzfristige Lösung. Es gibt so<br />
wenige Nashörner, sie vermehren sich so langsam und<br />
das Horn wächst auch nicht schnell. Vielleicht könnt<br />
so etwas auf sehr lange Sicht funktionieren, aber allein<br />
die Vorstellung, diese wundervollen Kreaturen auf Farmen<br />
zu halten, um Horn für unnütze Pülverchen zu<br />
produzieren – also nein! Es gibt in Asien Farmen, auf<br />
denen Wildtiere, etwa Malaienbären, unter übelsten Bedingungen<br />
gehalten werden, um sie zu essen oder zu<br />
traditioneller Medizin zu verarbeiten – und es wird einer<br />
der schwärzesten Tage der Menschheit sein, wenn<br />
das mit Nashörnern auch passiert.<br />
Foto: Pro Track Anti-Poaching Unit, South Africa<br />
11
SCHWERPUNKTTHEMA | KAMERAFALLEN<br />
TIERE VOR<br />
DER KAMERA<br />
Die digitale Technik und die immer günstiger werdenden Speichermedien haben einer alten Technik<br />
der Wildtierbiologie neuen Schwung verliehen: Mithilfe von Fotofallen verschaffen sich Biologen einen<br />
Überblick über die Lebewesen eines Gebiets und spüren seltenen Arten nach.<br />
Von Georg Rüschemeyer<br />
Wildschweinplage? Horden von<br />
kahlfressenden Rehen? Nie gesehen.<br />
Beim Spaziergang durch den<br />
deutschen Wald bekommt man von<br />
dem Hoch-, Schalen- und Niederwild,<br />
das darin leben soll, normalerweise<br />
nichts mit. Nicht anders im<br />
tropischen Regenwald, dem Hotspot<br />
zoologischer Biodiversität: Wer<br />
sich hier durchs Unterholz schlägt,<br />
sieht oft tagelang nur Insekten und<br />
ein paar Vögel. Dabei gibt es die<br />
größeren Waldbewohner durchaus.<br />
Nur sind Rothirsch, <strong>Gorilla</strong> und<br />
Okapi von Natur aus scheu. Sie riechen<br />
und hören den zweibeinigen<br />
Besucher schon Meilen gegen den<br />
Wind und machen sich davon, lange<br />
bevor dieser etwas von ihrer Anwesenheit<br />
ahnt.<br />
WOCHENLANG AUF<br />
DER LAUER<br />
Das geht nicht nur lärmenden Großfamilien<br />
so – selbst erfahrene Zoologen<br />
tun sich schwer, den Objekten<br />
ihrer Forschung in freier Wildbahn<br />
näherzukommen. Das Spurenlesen<br />
gehört deshalb zur Grundausbildung<br />
jedes Wildtierbiologen,<br />
auch wenn es nicht immer ein-<br />
IMG_0011 IMG_0018<br />
Überraschungen in Peru<br />
Als Robert Williams im letzten November seine frisch in Pampas del Heath installierte<br />
Kamerafalle überprüfte, staunte er nicht schlecht. „Leider war das erste Säugetier, das drauf<br />
war, sehr charakteristisch für die Probleme in der Region in diesem Jahr“, so Williams. Zwei<br />
mit Gewehren bewaffnete Holzfäller waren zu sehen, wie sie früh morgens auf dem Weg in<br />
das Schutzgebiet sind. Wenige Tage später konnte sich Williams jedoch über eine biologische<br />
Sensation freuen: einen Mähnenwolf. Williams hatte an der Stelle bereits Kot gefunden und<br />
nun bestätigte die Kamera seine Vermutung. „Das ist der erste bestätigte Nachweis für den<br />
Mähnenwolf in Peru seit vielen Jahren“, freut er sich. Das Reservat Pampas del Heath war<br />
in den1970er-Jahren von den <strong>ZGF</strong>-Mitarbeitern Dr. Kai Otte und Dr. Rudolf Hofmann mit ins<br />
Leben gerufen worden, heute ist es Teil des Nationalparks Bahuaja Sonene. In der Region gibt<br />
es ständig massive Probleme mit illegaler Holzfällerei.<br />
deutige Ergebnisse liefert. „Sie können<br />
sich gar nicht vorstellen, wie<br />
viel Zeit wir früher mit getrocknetem<br />
Kot verbracht haben. Die Diskussionen,<br />
von welchem Tier der<br />
stammen könnte, zogen sich über<br />
Stunden hin“, erinnert sich William<br />
McShea, seit zwei Jahrzehnten<br />
Wildtierbiologe bei der amerikanischen<br />
Smithsonian Institution.<br />
Doch in den vergangenen 15 Jahren<br />
habe sein Fachgebiet eine tech-<br />
12 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong>
DCSC_013618_NA DCSC_013620_NA DCSC_013624_NA<br />
An der Kreuzung geblitzt<br />
Ende März wurde dieser Wolf auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Jüterbog West geblitzt, als er früh morgens mit seiner Beute im Maul des<br />
Weges zog. Auf Jüterbog Ost wurden vier weitere Tiere gesehen. Die Sachsenwölfe hatten im letzten Jahr 26 Welpen, es kommt also einiges in<br />
Bewegung im neuen deutschen Wolfsland.<br />
nische Revolution erlebt. Fotofallen<br />
haben den Erfolg der Pirsch deutlich<br />
gesteigert. Batteriebetriebene<br />
Kameras, an bekannten Wildwechseln<br />
oder Wasserstellen installiert,<br />
können wochenlang rund um die<br />
Uhr auf der Lauer liegen, bis ihre<br />
Bewegungssensoren ein Tier vor der<br />
Linse melden und den Auslöser betätigen.<br />
STOLPERDRÄHTE UND<br />
MAGNESIUMPULVER<br />
Ganz neu ist die Erfindung allerdings<br />
nicht: Als ihr Vater gilt der<br />
amerikanische Fotograf George Shiras,<br />
der Ende des 19. Jahrhunderts<br />
als Erster Rehe, Biber und andere<br />
Wildtiere bei ihren nächtlichen Aktivitäten<br />
ablichtete. Shiras arbeitete<br />
mit Stolperdrähten, um mit Magnesiumpulver<br />
bestückte Blitzlichter zu<br />
zünden. Dessen sekundenlang gleißendes<br />
Licht und der laute Knall<br />
versetzten die Tiere allerdings in<br />
Todesangst – eines von Shiras berühmtesten<br />
Bildern zeigt scheinbar<br />
fliegende Rehe, die panisch in alle<br />
Richtungen davonspringen.<br />
Als die Technik in den 1990er-Jahren<br />
neuerlich aufkam, war die Begeisterung<br />
der Zoologen häufig<br />
noch verhalten. Ein einziger neugieriger<br />
Waschbär reichte glatt aus, um<br />
alle verfügbaren 36 analogen Bilder<br />
auf dem Film zu füllen. Auch die<br />
schweren Autobatterien, mit denen<br />
einige frühe Geräte betrieben wurden,<br />
minderten den Spaß bei der Arbeit<br />
an entlegenen Einsatzorten.<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
Inzwischen hat ausgefeilte Digitaltechnik<br />
viele dieser Probleme gelöst.<br />
Auf einer Speicherkarte haben Tausende<br />
von Fotos und kurzen Videos<br />
Platz, Sensoren und intelligente<br />
Elektronik schalten die Kamera vorübergehend<br />
ab, wenn es sich mal<br />
wieder eine ganze Affenbande vor<br />
der Linse gemütlich gemacht hat.<br />
Leistungsstarke Lithium-Batterien<br />
oder Solarpanele halten die Geräte<br />
über Wochen hinweg am Laufen.<br />
Dabei können moderne Geräte<br />
die Tiere mitmilfe berührungsloser<br />
Bewegungssensoren und unsichtbarer<br />
Infrarotblitze weitgehend unbemerkt<br />
ablichten. Das schone nicht<br />
DCSC_0870<br />
DCSC_0556<br />
SCHWERPUNKTTHEMA | KAMERAFALLEN<br />
nur scheue Arten, es sei auch besser<br />
für das Gerät, sagt McShea: Wilderer<br />
und illegale Holzfäller ließen sich<br />
nicht gern bei ihrer Arbeit beobachten<br />
und zerstörten immer wieder<br />
Kamerafallen. „Und auch Elefanten<br />
mögen keine Kameras. Wann immer<br />
sie können, reißen sie sie vom<br />
Baum und trampeln darauf herum“,<br />
Bären dagegen sehen in den tarnfarbenen<br />
Kästen offenbar eher eine<br />
erfreuliche Abwechslung vom Alltag<br />
und spielen ausgiebig damit, wenn<br />
man die Kameras danach noch wiederfindet,<br />
sind sie mit unscharfen<br />
Nahaufnahmen von Maul, Tatzen<br />
und Bauch der Tiere gefüllt.<br />
Mancher Bär mag keine Kameras<br />
Mithilfe von zehn Kamerafallen hat Rob<br />
Williams Andenbären in der Chaparri Conservation<br />
Area im Norden Perus untersucht.<br />
Bis dahin hatte man angenommen, dass<br />
Andenbären nachtaktiv sind, die Kameras in<br />
Chaparri hingegen bewiesen das Gegenteil.<br />
„Während des gesamten Beobachtungsjahres<br />
ist uns kein einziger Bär nachts vor die<br />
Linse gelaufen, ihre Hauptaktivitäten waren<br />
morgens zwischen 9 und 11 Uhr sowie<br />
nachmittags zwischen 15 und 17 Uhr. Etwas<br />
ernüchternd war die Erkenntnis ja schon, wir<br />
hätten uns in der Vergangenheit also sparen<br />
können, zur Bärenbeobachtung um 4 Uhr<br />
früh aufzubrechen,“ berichtet Williams.<br />
Einer der Bären war jedoch nicht sehr<br />
kooperativ und zerlegte die Kamerafalle in<br />
all ihre Einzelheiten.<br />
13<br />
Fotos: R. Williams, Stiftung Naturlandschaften Brandenburg, Zoo <strong>Frankfurt</strong>, Petko Tzvetkov
SCHWERPUNKTTHEMA | KAMERAFALLEN<br />
P1000752 P1000753<br />
Digitale Revolution<br />
Die digitale Fotografie und der Preisverfall bei Speicherkarten haben die Fotofallentechnik für Biologen zunehmend attraktiv gemacht. Die kleinen<br />
wasserdichten Kameras werden im Gelände so positioniert, dass sie potenzielle Wildwechsel oder Plätze an denen die zu studierenden Tiere<br />
erwartet werden, überwachen. Jede Bewegung vor der Kamera aktiviert diese und die Kamera schießt ein Foto oder auch eine Serie, je nach<br />
Einstellung. So ist eine Überwachung rund um die Uhr möglich oder auch nur während einer gewünschten Zeitperiode.<br />
Im Digitalzeitalter sind das keine<br />
unersetzlichen Verluste mehr. Gute<br />
Kamerafallen sind inzwischen<br />
schon für wenige Hundert Euro<br />
zu bekommen, was bei der erforderlichen<br />
Anzahl von mindestens<br />
dreißig Fallen, die McShea schon<br />
für ein kleineres Untersuchungsgebiet<br />
veranschlagt, sehr zu ihrer<br />
Verbreitung beigetragen hat. ,,Zoologen<br />
profitieren von der großen<br />
Nachfrage durch Jäger, die sich mit<br />
den Kameras einen Überblick über<br />
die Aktivitäten in ihrem Revier<br />
verschaffen wollen“, sagt Christof<br />
Schenck, Geschäftsführer der <strong>Zoologische</strong>n<br />
<strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong>.<br />
HEIMISCHE IGEL ODER<br />
UNBEKANNTE RAUBTIERE<br />
Schenck, der auch in seinem eigenen<br />
Garten Igel und Nachbars Katze mit<br />
einer Kamera nachstellt, schwärmt<br />
vom Spaß am Fallenstellen, den man<br />
sich hier guten Gewissens gönnen<br />
dürfe. Vor allem aber seien Fotofallen<br />
zu einem unersetzlichen Instrument<br />
bei der Erforschung seltener<br />
und scheuer Großsäuger geworden.<br />
So geben die Schnappschüsse<br />
aus dem täglichen und noch häufiger<br />
nächtlichen Privatleben der<br />
Tiere einen Überblick, welche Arten<br />
AVI_0869 AVI_1507 AVI_2333<br />
überhaupt im Untersuchungsgebiet<br />
vorkommen. Dabei kommt es immer<br />
wieder zu spektakulären Überraschungen,<br />
etwa, als 2006 ein kleiner<br />
Trupp der Angolanischen Riesen-<br />
Rappenantilope geblitzt wurde, die<br />
seit Jahrzehnten als ausgestorben<br />
galt. Oder als Forschern des World<br />
Wildlife Funds vor acht Jahren auf<br />
Borneo ein etwa katzen großes, der<br />
Wissenschaft bisher unbekanntes<br />
Raubtier in die Falle tappte, das<br />
mangels weiterer Sichtungen noch<br />
immer auf seine wissenschaftliche<br />
Beschreibung wartet. Und auch in<br />
Deutschland bekommen Forscher<br />
seltene Arten wie Wildkatze, Luchs<br />
Verkehrsknotenpunkt<br />
Diese Fotofalle unserer Kollegen im Projekt im bulgarischen Osogovo-Gebirge stand perfekt positioniert an einem regelrechten Verkehrsknotenpunkt<br />
der Waldtiere. Ein Dachs, ein Wolf, ein Luchs sowie mehrere Rehe und Wildschweine wurden nacheinander vor dem kleinen Felsvorsprung<br />
fotografiert.<br />
14 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong>
IMG_0569<br />
DCSC_2301<br />
oder Wolf fast ausschließlich auf Bildern<br />
aus der Fotofalle zu Gesicht.<br />
GESICHTSERKENNUNG<br />
MITTELS SOFTWARE<br />
Solche „Presence/Absence“-Daten<br />
sind nur der Anfang. „Aus der Summe<br />
der Sichtungen einer Art lassen sich<br />
auch Rückschlüsse auf deren Bestandsdichte<br />
ziehen“, sagt Schenck.<br />
Dafür muss man allerdings unterscheiden<br />
können, ob es sich auf den<br />
Aufnahmen um unterschiedliche Individuen<br />
oder immer wieder um dasselbe<br />
Tier handelt. Bei vielen Arten,<br />
bei denen auch für erfahrene Zoologen<br />
ein Tier wie das andere aussieht,<br />
ist das kaum möglich. Viel genauer<br />
sind solche Bestandsschätzungen<br />
bei Tieren wie Menschenaffen oder<br />
Raubkatzen, die sich anhand individueller<br />
Merkmale in Fellmuster<br />
oder Gesicht unterscheiden lassen.<br />
Hier erlauben die Fotos auch Rückschlüsse<br />
auf das Verhalten einzelner<br />
Tiere: Zu welchen Zeiten hält sich<br />
das Tier in welchen Teilen des Untersuchungsgebietes<br />
auf? Wann sucht<br />
es Futter- oder Schlafplätze auf? Wie<br />
reagiert es auf Störungen seines Lebensraums<br />
durch den Menschen?<br />
Fotofallen haben die Arbeit von<br />
Wildtierbiologen verändert. Weniger<br />
geworden ist sie dadurch nicht.<br />
Denn die schier unbegrenzten Möglichkeiten<br />
der digitalen Fotografie<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
erzeugen einen Wust von Bildern<br />
und Videos, die es zu sortieren und<br />
auszuwerten gilt. Arbeit, die demnächst<br />
vom Computer übernommen<br />
werden könnte. So soll Software, die<br />
ursprünglich für die automatische<br />
Erkennung menschlicher Gesichter<br />
entwickelt wurde, demnächst auch<br />
Primatenforschern des Max-Planck-<br />
Instituts für evolutionäre Anthropologie<br />
in Leipzig dabei helfen, die<br />
Gesichter von Menschenaffen auf<br />
Abertausenden von Fotos und Videos<br />
zu identifizieren. Auch Tigerstreifen<br />
oder die weißen Punktmuster auf der<br />
Haut von Walhaien eignen sich zur<br />
maschinellen Erfassung.<br />
Der effizienteren Nutzung von Kamerafallenfotos<br />
aus aller Welt soll<br />
auch eine Anfang März online gegangene<br />
Website der Smithsonian<br />
Institution dienen (http://siwild.<br />
si.edu). Kurator McShea vergleicht<br />
die Sammlung mit jenen endlosen<br />
Reihen von Schubladen, in denen<br />
Naturkundemuseen ihre Sammlungen<br />
aufbewahren, die bislang<br />
als Referenz für aktuelle und historische<br />
Verbreitungsgebiete oder die<br />
Variabilität einer Art dienten. Wie<br />
im Museum, ist auch in Mc Sheas<br />
Bilddatenbank jedes einzelne Tier<br />
mit Namen sowie Ort und Zeit der<br />
Aufnahme digital etikettiert. Die<br />
Online-Suchfunktionen seien für<br />
professionelle Bedürfnisse allerdings<br />
noch etwas dürftig, räumt<br />
SCHWERPUNKTTHEMA | KAMERAFALLEN<br />
Big Brother im Zoo<br />
Alles in Ordnung bei Tigerin MALEA und ihren Babys in der Wurfbox? Und was treiben die<br />
Süßwasserkrokodile eigentlich nachts? Auch bei den behüteten Zootieren lassen sich manche<br />
Fragen nur mit der Hilfe von Technik beantworten. Dies ist etwa der Fall, wenn Sozialverhalten,<br />
Gesundheitszustand oder die Jungtieraufzucht kontrolliert werden müssen, ohne dass die Tiere<br />
durch die unmittelbare Präsenz von Pflegern gestört werden. Tiermanagement und Forschung<br />
profitieren dabei gleichermaßen von Überwachungssystemen. Auch die Zeit vor, während und<br />
nach der jüngsten Tigergeburt im Zoo <strong>Frankfurt</strong> wurde von Kameras aufgezeichnet. Mit ihrer<br />
Hilfe konnte man schon früh beobachten, wie sich das Verhalten der werdenden Mutter veränderte.<br />
Die Ruhephasen verlängerten sich und einige Tage vor der Geburt wurde sie merklich<br />
nervöser. Die lückenlose Dokumentation solcher Ereignisse hilft den Pflegern, sich auf die<br />
Geburt einzustellen, Auffälligkeiten zu analysieren und sie im Team zu besprechen.<br />
Ein Infrarot-Überwachungssystem kommt in <strong>Frankfurt</strong> bei den Süßwasser-Krokodilen zum<br />
Einsatz. Mit seiner Hilfe lassen sich die Reptilien nachts beobachten. Dadurch gewonnene<br />
Erkenntnisse, etwa über die Eiablage und die Interaktion der Tiere, dienen der Haltungsoptimierung,<br />
sind aber auch Grundlage für Forschungsarbeiten zur Zootierhaltung.<br />
McShea ein. Das mindert nicht die<br />
Faszination des Laien, der beim Surfen<br />
durch die grob nach Artname<br />
und Fundregion gegliederte Bilderflut<br />
nicht nur auf die hübschesten<br />
Schnappschüsse stößt, sondern alles<br />
wissenschaftlich verwertbare Material<br />
zu Gesicht bekommt.<br />
Die ersten 200.000 Bilder stammen<br />
sämtlich aus neun Forschungsprojekten<br />
der Smithsonian Institution.<br />
Doch in Zusammenarbeit mit Forschern<br />
aus aller Welt soll schon bald<br />
eine zentrale Datenbank für Fallenfotos<br />
entstehen. Mittelfristig sollen<br />
auch Hobbyfallensteller („citizen<br />
scientists“) ihre digitalen Alben zur<br />
Veröffentlichung einreichen können.<br />
Denn auch wenn darauf keine neuen<br />
Arten zu entdecken sind: Für Zoologen<br />
kann selbst der Igel aus dem<br />
Garten oder die Wildsau aus dem<br />
Wald nebenan von Interesse sein. Es<br />
kommt nur auf die Fragestellung an.<br />
Webseite der Smithsonian Institution<br />
http://siwild.si.edu<br />
--------------<br />
Georg Rüschemeyer ist Biologe und<br />
schreibt als freier Journalist hauptsächlich<br />
für die Wissenschaftsseiten<br />
der <strong>Frankfurt</strong>er Allgemeinen Sonntagszeitung<br />
über Themen aus der Biologie,<br />
Medizin und Psychologie.<br />
15
SCHWERPUNKTTHEMA | KAMERAFALLEN<br />
UNTERHALTUNG ODER WISSENSCHAFT?<br />
Zwölf verschiedene Tiger wanderten innerhalb von nur zwei Monaten vor den<br />
Kamerafallen des WWF im Dschungel von Bukit Tigapuluh vorbei und wurden<br />
dabei geknipst. Doch bringt das den Schutz der Tiere weiter?<br />
UNMÖGLICH, sich dem Charme dieser<br />
drei knuddeligen Tigerbabys zu entziehen,<br />
wie sie da minutenlang direkt<br />
vor der Kamera mit einem großen trockenen<br />
Blatt kämpfen. Irgendwo im<br />
Dschungel von Bukit Tigapuluh sind<br />
sie zu Hause, im Zentrum der indonesischen<br />
Insel Sumatra. Mittlerweile<br />
aber kann die halbe Welt den kleinen<br />
Sumatratigern beim Spielen zuschauen.<br />
Das Video, aufgezeichnet<br />
von einer automatischen Kamerafalle<br />
des WWF, ist auf dessen Webseite zu<br />
sehen und natürlich auch bei Youtube,<br />
und erreicht so die Herzen vieler<br />
Tigerfreunde. Aber liefert es auch<br />
echte Erkenntnisse über die Tiger von<br />
Bukit Tigapuluh?<br />
„Wir hatten 47 Aufnahmen von Tigern<br />
auf unseren Kamerafallen, die wir<br />
sechs Individuen zuordnen konnten“,<br />
berichtet Karmila Parakkasi, die<br />
das Tiger-Forschungsteam des WWF<br />
in Indonesien leitet. „So viele hatten<br />
wir noch nie im ersten Monat einer<br />
Beprobung. Und die Ergebnisse des<br />
zweiten Monats waren noch überraschender:<br />
nicht nur eine Tigerfamilie,<br />
sondern gleich zwei. Mit nochmals<br />
sechs Tigern.“<br />
Ob die Bilderausbeute deswegen so<br />
gut war, weil die Kameras gut positioniert<br />
waren oder weil in der Tat<br />
der Lebensraum der Tiger derart<br />
schrumpft, dass sich mehr Tiger immer<br />
kleiner werdende Waldstücke<br />
teilen müssen, da ist sich Parakkasi<br />
nicht so sicher. Die Kameras standen<br />
in einem Waldgebiet zwischen dem<br />
Bukit Tigapuluh Nationalpark und<br />
dem Bukit Rimbang Baling Wildlife<br />
Sanctuary, das Gebiet selbst besitzt<br />
keinen Schutzstatus.<br />
BUKIT IST AUCH TIGERLAND<br />
Bukit Tigapuluh kennen <strong>ZGF</strong>-<br />
Freunde vor allem im Zusammenhang<br />
mit Orang-Utans, denn hier<br />
IMG_0031<br />
Medienstar. Eine Tigerin mit drei Jungtieren wurde in Bukit Tigapuluh gefilmt.<br />
führt die <strong>ZGF</strong> seit Jahren ein sehr<br />
erfolgreiches Wiederansiedlungsprogramm<br />
für Sumatra-Orang-Utans<br />
durch. Doch Bukit Tigapuluh ist<br />
auch Tigerland. Es gehört zu den<br />
sogenannten „Tiger Conservation<br />
Landscapes“ und ist eins von sechs<br />
Gebieten, für das die indonesische<br />
Regierung mehr Schutz zugesagt hat.<br />
GEWICHT DURCH BILDER<br />
„Wir wissen, dass in Bukit Tigapuluh<br />
noch ungefähr 30 der insgesamt rund<br />
400 Sumatra-Tiger der Insel vorkommen“,<br />
sagt Dr. Antje Müllner, die<br />
für Südostasien verantwortliche Referatsleiterin<br />
der <strong>ZGF</strong>. „Mit eigenen<br />
Augen zu sehen, dass es erfolgreich<br />
Nachwuchs bei den Großkatzen gibt,<br />
ist dennoch toll. Und die Aufnahmen<br />
sind mehr als nur nette Filmchen. Sie<br />
geben unserer Forderung nach langfristigem<br />
Schutz für Bukit Tigapuluh<br />
noch deutlich mehr Gewicht.“<br />
Gemeinsam mit dem WWF Indonesien<br />
und anderen Organisationen<br />
vor Ort versucht die <strong>ZGF</strong>, die Waldflächen<br />
um den Bukit Tigapuluh<br />
IMG_0032<br />
IMG_0033 SUM_124_A<br />
Nationalpark herum zu „Naturschutzkonzessionen“<br />
zu machen, d.h., sie<br />
zu pachten, um sie dem Zugriff der<br />
großen Papierkonzerne zu entziehen<br />
und vor der Abholzung zu bewahren.<br />
Die Aufnahmen der Tiger helfen<br />
da nicht nur, die Herzen der Menschen<br />
zu berühren und Spenden für<br />
das Vorhaben zu sammeln, sie helfen<br />
auch, den Druck auf die Entscheidungsträger<br />
zu erhöhen, indem ein<br />
gesteigertes öffentliches Interesse an<br />
der Region und am Thema besteht.<br />
„Durch die sozialen Medien machen<br />
solche Aufnahmen heute unglaublich<br />
schnell die Runde und erreichen<br />
viele Menschen“, sagt Müllner.<br />
Die süßen Tigerkinder beim Spielen<br />
sind trotz allem ein Glückstreffer und<br />
dürfen aufgrund ihrer Medienwirksamkeit<br />
nicht zu dem Schluss verleiten,<br />
man müsse nur eine Kamera an<br />
den nächstbesten Baum hängen. Parakkasi<br />
und ihre Kollegen haben im<br />
Süden der Provinz Riau 28 potenzielle<br />
Tigergebiete mit Rastern von<br />
jeweils 17 x 17 Kilometern und einer<br />
gesamten Transektlänge von 1.094<br />
Kilometern untersucht.<br />
16 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
Fotos: WWF Indonesien
Die Riesenotterbestände geben Anlass zur Sorge<br />
Mit den Riesenottern hat für die <strong>ZGF</strong> in Peru alles angefangen. Vor mehr als zwanzig Jahren. Obwohl das<br />
<strong>ZGF</strong>-Peruprogramm mittlerweile zu einem umfassenden Regenwaldschutzprogramm angewachsen ist,<br />
steht die Zählung der Riesenotter noch immer jedes Jahr auf dem Programm unseres Teams in Peru.<br />
Von Dr. Robert Williams<br />
Seit 1990 hat die <strong>ZGF</strong> jedes Jahr Riesenotterzählungen<br />
und -beobachtungen durchgeführt und seitdem entwickelt<br />
sie auch Managementpläne, die sicherstellen sollen,<br />
dass Tourismus und Otter verträglich nebeneinander existieren<br />
können. Auf den Seen, auf denen Ottertourismus<br />
angeboten wird, waren wir damit sehr erfolgreich und<br />
es haben beide davon profitieren können – die Otter genauso<br />
wie die Touristen bzw. die Tourveranstalter und<br />
Guides. Trotzdem geht die Art an anderen Orten zurück.<br />
Der Riesenotter (Pteronura brasiliensis) ist der größte<br />
Otter der Welt und der sozialste. Außerdem ist er tagaktiv,<br />
was ihn im Amazonasgebiet, wo es generell schwierig<br />
ist, große Säugetiere zu Gesicht zu bekommen, zu<br />
einer der zentralen Art für den Naturtourismus macht.<br />
Der Riesenotter bevorzugt in Peru einen sehr speziellen<br />
Lebensraum, nämlich Altarme. In diesen von den Flüssen<br />
längst abgeschnittenen und zu Seen gewordenen ehemaligen<br />
Flussschleifen fühlen sich die Otter wohl, und in<br />
den großen Seen können sie mit einer Dichte von bis<br />
zu zehn Tieren pro Quadratkilometer vorkommen. Da jedoch<br />
die Seen an sich nur einen winzigen Bruchteil der<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
AUS DEN PROJEKTEN | PERU<br />
Landschaft inner halb der großen Regenwaldgebiete darstellen,<br />
sind die Otter auf die Gesamtfläche betrachtet<br />
wiederum extrem selten und mit einem Tier pro 250 Quadratkilometer<br />
rund fünfmal seltener als der Jaguar.<br />
Diese Spezialisierung auf genau diesen einen Typ von Lebensraum<br />
macht den Riesenotter allerdings sehr anfällig,<br />
wenn menschliche Aktivitäten an den Seen dazu führen,<br />
dass er entweder zu stark gestört wird oder dass sein Lebensraum<br />
gar volkommen zerstört wird. Von daher sind<br />
selbst so riesige Schutzgebiete wie der Manu Nationalpark<br />
mit rund 1,7 Millionen Hektar nicht ausreichend,<br />
um das langfristige Überleben der Riesenotterpopulationen<br />
sicherzustellen.<br />
2008 hat die <strong>ZGF</strong> in Peru damit angefangen, alle Seen<br />
und Flüsse im Wassereinzugsgebiet des Madre de Dios,<br />
das ist ein Gebiet von rund 90.000 Quadratkilometern,<br />
zu untersuchen. Wir wollen die Verbreitung der Otterpopulationen<br />
dort besser verstehen. Die ersten Ergebnisse<br />
unserer Untersuchungen sind beunruhigend. Man<br />
17
Karte: <strong>ZGF</strong> Peru<br />
AUS DEN PROJEKTEN | PERU<br />
Otterzählung. Larissa Silva und ihr Team verbringen während der<br />
Riesen otterzählungen unzählige Stunden im Boot. Die peruanische<br />
Biologin arbeitet für die <strong>ZGF</strong> in Puerto Maldonado und kennt sich wie<br />
kaum jemand sonst mit den aktuellen Beständen aus.<br />
sieht, dass es den Populationen innerhalb der Schutzgebiete<br />
gut geht, die Anzahl an Tieren steigt und sie vermehren<br />
sich gut. Doch außerhalb der Schutzgebiete geht<br />
die Art weiter zurück und in großen Bereichen gibt es<br />
mittlerweile gar keine Otter mehr. Das bedeutet, dass die<br />
in den Schutzgebieten verbliebenen Populationen zunehmend<br />
voneinander isoliert sind.<br />
Hauptgrund für diesen Rückgang ist die Zunahme und<br />
die Ausweitung der völlig unkontrollierten Goldwäsche-<br />
Veränderung der Riesenotterbestände<br />
rei in den Flüssen, aber auch in den Seen und Palmsümpfen<br />
(diese Sümpfe waren vor Hunderten von Jahren mal<br />
Flüsse). An keinem einzigen See an dem Gold gewaschen<br />
wird, leben noch Riesenotter.<br />
Im vergangenen Jahr haben wir eine umfangreiche<br />
Riesen otter-Studie im Tambopata Nationalreservat und<br />
im angrenzenden Bahuaja Sonene Nationalpark durchgeführt.<br />
Es war das erste Mal, dass wir das gesamte Gebiet<br />
innerhalb eines Jahres untersuchen konnten. 13 Gruppen<br />
von Riesenottern haben wir 2010 im Rahmen der Untersuchung<br />
gefunden. Doch leider darf die erfreuliche Tatsache,<br />
dass es den Ottern in einigen Seen hervorragend<br />
geht, nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Bestand im<br />
Vergleich zur Situation vor zehn Jahren deutlich zurückgegangen<br />
ist. Im Laufe der letzten zehn Jahre sind innerhalb<br />
der Schutzgebiete und der angrenzenden Puffer zonen 15<br />
Riesenotter-Gruppen verschwunden.<br />
Leider finden am Malinowski, einem der Grenzflüsse des<br />
Schutzgebietes, heftigste Goldwaschaktivitäten statt. So<br />
ist es nicht verwunderlich, dass an diesem Fluss sechs<br />
Ottergruppen verschwunden sind. Fünf Gruppen jedoch<br />
sind innerhalb des Schutzgebietes verschwunden, und<br />
zwar an Flüssen, wo es weder Goldwäscherei noch Tourismus<br />
gibt. So wie es aussieht, wurden diese Tiere wohl<br />
von den ortsansässigen Fischern getötet, die sie als Konkurrenz<br />
um den Fisch betrachten.<br />
Nächstes Jahr werden wir eine ausführliche Zählung im<br />
Manu Nationalpark sowie in benachbarten Gebieten in<br />
Angriff nehmen. Die aktuellsten Zählungen dort haben<br />
uns gezeigt, dass es wohl bis zu 12 Gruppen gibt und wir<br />
Aktuelle sowie zusätzliche<br />
frühere Vorkommen des<br />
Riesen otters in Tambopata<br />
und Bahuaja Sonene<br />
18 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong>
wollen nun einen umfassenden Überblick gewinnen, ob<br />
und wie die Art dort beeinträchtigt wird und was wo<br />
konkret getan werden muss, um die Gefährdung zu reduzieren.<br />
Parallel dazu werden wir in der Region Tambopata die<br />
Schutzmaßnahmen verstärken und untersuchen, inwieweit<br />
die Otter wirklich von Fischern verfolgt werden. Und natürlich<br />
werden wir unser umfassendes Bildungsprogramm<br />
für Kinder aus der Provinzhauptstadt Puerto Maldonado<br />
weiterführen. Im Rahmen von Schulprogrammen führen<br />
wir rund 2000 Kinder pro Jahr an die Otter heran und dieses<br />
Jahr haben wir das Ganze nochmal eine Nummer aufgestockt:<br />
mit dem ersten Riesenotter Festival. Das Festival<br />
generierte immense Aufmerksamkeit für die Art und für<br />
die Bedeutung, die sie für die Region und ihren Naturtourismus<br />
hat.<br />
Unsere große Hoffnung jedoch ruht auf einem neuen Gesetz,<br />
das zurzeit in Vorbereitung ist. Es soll die Goldwäscherei<br />
entlang der Flüsse und Seen der Region verbieten.<br />
Den Riesenottern böte das die Chance, ihre verloren gegangenen<br />
Lebensräume irgendwann wieder besiedeln zu<br />
können. Denn eins ist klar: Obwohl in den letzten 21 Jahren<br />
viel passiert ist beim Riesenotterschutz, haben wir<br />
noch ein gewaltiges Stück Arbeit vor uns, damit das imposanteste<br />
Raubtier des Amazonas auf lange Sicht überleben<br />
wird.<br />
--------------<br />
Der Brite Dr. Robert Williams leitet das „Andes to Amazon<br />
Conservation Programme“ der <strong>ZGF</strong> in Peru.<br />
VORTRAG<br />
Mittwoch, 7. September <strong>2011</strong>, 18:00 Uhr<br />
Von den Anden zum Amazonas –<br />
Das Regenwaldschutzprogramm der<br />
<strong>Zoologische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
Dr. Antje Müllner | <strong>ZGF</strong>-Referatsleiterin Südamerika<br />
Die Wälder am Ostabhang der Anden in Peru gehören zu den<br />
biologisch vielfältigsten Lebensräumen der Erde. Von über 5.000<br />
Meter Höhe fallen sie hinab ins Amazonas-Tiefland und bieten somit<br />
die unterschiedlichsten Lebensräume für eine große Vielfalt an<br />
Tier- und Pflanzenarten.<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
Seit mehr als 20 Jahren setzt sich<br />
die <strong>ZGF</strong> für die Erhaltung dieser<br />
einmaligen Region ein. Die <strong>ZGF</strong>-<br />
Referatsleiterin für Südamerika, Dr.<br />
Antje Müllner, berichtet in ihrem<br />
Vortrag von der Arbeit vor Ort – und<br />
zeigt Bilder aus einem einzigartig<br />
schönen Gebiet.<br />
RIESENOTTER-<br />
FESTIVAL <strong>2011</strong><br />
AUS DEN PROJEKTEN | PERU<br />
Was bringt mehr Aufmerksamkeit für eine Tierart als ein<br />
Festival? Das erste Riesenotter-Festival in Peru hat jedenfalls<br />
der Bekanntheit des Riesenotters im eigenen<br />
Land enormen Vorschub geleistet. Vom 21. bis zum 28.<br />
Mai fand das von der <strong>ZGF</strong> zusammen mit dem Nationalreservat<br />
Tambopata, der GIZ sowie der Regionalregierung<br />
und dem peruanischen Umweltministerium<br />
organisierte Festival in Puerto Maldonado statt.<br />
Bei dem Festival ging es um Aktionen und Aktivitäten<br />
rund um den Riesenotter. Es gab einen Straßenumzug,<br />
Kunstwettbewerbe, eine Fotoausstellung und vieles<br />
mehr. 12 Schulen beteiligten sich an den Programmen<br />
und insgesamt 1.285 Grundschüler konnten dabei<br />
viel über ihre Umwelt lernen, vor allem aber die Otter<br />
direkt in Tambopata erleben. 109 Tourismus-Studenten<br />
erhielten ein intensives Training, wie ein otterfreundlicher<br />
Tourismus aussehen muss und 30 Honoratioren<br />
aus der Region ließen sich von den Otterfachleuten vor<br />
Ort informieren, darunter der Regionalpräsident und<br />
der für den Sandovalsee zuständige Bürgermeister.<br />
Eine der Hauptaktionen des Festivals war die erste<br />
simultane Otterzählung im Tambopata Schutzgebiet.<br />
40 Riesenotter in fünf Gruppen wurden von den Beobachtern<br />
während der einen Woche registriert.<br />
Für die Riesenotter hat sich das ganze Spektakel doppelt<br />
gelohnt. 12.024 Menschen unterzeichneten einen<br />
Aufruf an den Regionalpräsidenten, den Riesenotter<br />
zum Botschafter der Region Madre de Dios zu machen.<br />
Und zum Ende der Festivaltage wurde er tatsächlich<br />
per präsidialem Dekret zur „Vorzeigeart“ von Madre de<br />
Dios gekürt. Der Schutz der Art wird damit hoffentlich<br />
zukünftig etwas leichter fallen. Und das nächste Otterfestival<br />
ist auch schon geplant, für den 19. bis 25. Mai<br />
2012.<br />
Riesenotterstimmung. Auf den Straßen von Puerto Maldonado<br />
wird der Otter gefeiert.<br />
19
AUS DER GESELLSCHAFT | <strong>ZGF</strong> INTERN<br />
MICHAEL BROMBACHER koordiniert Europaprojekte<br />
Zum ersten April hat Michael Brombacher<br />
die Referatsleitung Europa bei<br />
der <strong>ZGF</strong> übernommen. Der 38-jährige<br />
Geoökologe ist kein Unbekannter für<br />
die <strong>ZGF</strong>. In den letzten zehn Jahren arbeitete<br />
er hauptsächlich für die Royal<br />
Society for the Protection of Birds<br />
(RSPB) in Zentralasien sowie anfänglich<br />
für NABU/BirdLife im Kaukasus.<br />
In den letzten sechs Jahren lebte er<br />
in Kasachstan und unterstützte den<br />
DONALD BOAG neu in der Serengeti<br />
Im Mai stieß der Brite Donald Boag<br />
als Leiter der Finanzverwaltung zum<br />
Team des Afrikabüros der <strong>ZGF</strong> in der<br />
Serengeti. Doch bevor der Finanzexperte<br />
seine Arbeit aufnehmen konnte,<br />
musste er erst einmal ein sehr spezielles<br />
Problem mit seiner Bank klären.<br />
Die forderte nämlich nach seinem Umzug<br />
von Malawi in die Serengeti den<br />
NEUER PARTNER für Handysammlung<br />
Die Handysammelaktion der Naturschutzbotschafter<br />
läuft mit einem<br />
neuen Recyclingpartner weiter. Wie<br />
bisher können alte Mobiltelefone<br />
beim Zoobesuch in eines der Sammelfässer<br />
am Eingang oder im Borgori-Wald<br />
eingeworfen werden. Auch<br />
das Versenden der ausrangierten Geräte<br />
ist nun wieder möglich. Auf der<br />
Aufbau von Naturschutzorganisationen,<br />
die 2010 Partner von BirdLife<br />
International wurden. Darüber hinaus<br />
arbeitete er an der Umsetzung des Important<br />
Bird Area (IBA) Programmes<br />
für Zentralasien, das bis vor Kurzem<br />
ein weißer Fleck auf der Weltkarte der<br />
IBAs war.<br />
Wolfgang Fremuth, der das <strong>ZGF</strong>-Europareferat<br />
über zehn Jahre geführt<br />
hatte, koordiniert nun die gemeinsamen<br />
Bestrebungen der albanischen<br />
Behörden, der Kreditanstalt für Wiederaufbau<br />
(KfW) und der Österreichischen<br />
Bundesforst AG (ÖBf), den<br />
Schutz des Prespa Nationalparks in Albanien<br />
zu verbessern und ein grenzüberschreitendes<br />
Biosphärenreservat<br />
einzurichten. Darüber hinaus unterstützt<br />
er die Ausweitung der <strong>ZGF</strong>-Naturschutzaktivitäten<br />
in Osteuropa.<br />
Nachweis einer ordnungsgemäßen<br />
Wohnadresse. Das ist in der Serengeti<br />
schwierig, da es keine Straßen, Hausnummern<br />
oder Postleitzahlen gibt. Er<br />
könne auch eine Stromrechnung als<br />
Nachweis einreichen. Boags machen<br />
ihren Strom über Sonne und Generator<br />
selbst. In dem Fall täte es auch<br />
eine Wasserrechnung, meinte die<br />
Dame von der Bank daraufhin. Nun,<br />
das Wasser kommt aus dem Himmel<br />
in eine Regenwasserzisterne. Eine Telefonrechnung<br />
vielleicht? Es gibt kein<br />
Festnetz dort draußen. Dann eine Mobilfunkrechnung?<br />
In Tansania telefoniert<br />
man nur mit Prepaid-Karten.<br />
Der verzweifelten Dame von der Bank<br />
konnte letztlich mit einem Schreiben<br />
der <strong>ZGF</strong> geholfen werden.<br />
Internetseite www.wirkaufens.de/<br />
zgf können ab sofort alte Telefone<br />
zugunsten des Berggorilla-Projektes<br />
der <strong>ZGF</strong> verkauft werden. Geräte, die<br />
keinen Marktwert mehr haben, können<br />
kostenfrei recycelt werden.<br />
www.naturschutz-botschafter.de<br />
www.wirkaufens.de/zgf<br />
NOMINIERUNG für<br />
Naturschutzbotschafter<br />
Die Naturschutzbotschafter von <strong>ZGF</strong><br />
und Zoo sind für den Deutschen Engagementpreis<br />
nominiert. Die Ehrenamtlichen<br />
sind seit sechs Jahren im<br />
Zoo <strong>Frankfurt</strong> unterwegs und informieren<br />
die Besucher über bedrohte<br />
Tierarten, die Naturschutzarbeit der<br />
<strong>ZGF</strong> und zeigen, was jeder selbst zum<br />
Schutz der Natur beitragen kann. Die<br />
40 Ehrenamtlichen wurden nun aufgrund<br />
ihres Einsatzes für den Schutz<br />
der biologischen Vielfalt und für<br />
nachhaltiges Konsumverhalten für<br />
den Deutschen Engagementpreis vorgeschlagen.<br />
Die Entscheidung über<br />
die Preisträger wird im Herbst fallen.<br />
Die Auszeichnung wird verliehen<br />
vom Bündnis für Gemeinnützigkeit,<br />
einem Zusammenschluss von großen<br />
Dachverbänden und unabhängigen<br />
Organisationen sowie von Experten<br />
und Wissenschaftlern. Förderer<br />
des Preises sind das Bundesministerium<br />
für Familie, Senioren, Frauen<br />
und Jugend (BMFSFJ) und der Zukunftsfonds<br />
der Generali Deutschland<br />
Holding AG. Projektleiterin Anja<br />
Kinzelmann freut sich über die Nominierung:<br />
„Die Ehrenamtlichen stellen<br />
uns jährlich mehr als 3.000 Stunden<br />
ihrer Freizeit zur Verfügung. Bereits<br />
die Nominierung zeigt, dass die Arbeit<br />
der Naturschutzbotschafter öffentlich<br />
wahrgenommen und als preiswürdig<br />
eingeschätzt wird.“ Nun gilt es, Daumen<br />
zu drücken, dass aus der Nominierung<br />
auch eine Auszeichnung wird.<br />
40 Naturschutzbotschafter arbeiten ehrenamtlich<br />
für den Zoo und die <strong>ZGF</strong>.<br />
20 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong>
EINLADUNG<br />
zur Mitgliederversammlung <strong>2011</strong> der <strong>Zoologische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
Im Namen des Vorstandes möchte ich hiermit alle Mitglieder der<br />
<strong>Zoologische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong> von 1858 e. V. zu unserer jährlichen<br />
Mitgliederversammlung im September herzlich einladen.<br />
Datum Mittwoch, 14. September <strong>2011</strong><br />
Beginn 15:30 Uhr<br />
Ort Ausstellungssaal im Zoo-<strong>Gesellschaft</strong>shaus<br />
des Zoos <strong>Frankfurt</strong><br />
Bernhard-Grzimek-Allee 1<br />
60316 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Was haben ein 50. Geburtstag,<br />
eine Hochzeit,<br />
ein Schulkonzert und<br />
eine Theateraufführung gemeinsam?<br />
Derartige und ähnliche<br />
Anlässe wurden bisher<br />
von <strong>ZGF</strong>-Unterstützern genutzt, um aktiv auf un- un-<br />
sere Naturschutzarbeit hinzuweisen und Spenden<br />
zu sammeln. Im Münsterland wird Karten gespielt,<br />
in Baden-Württemberg auf Straßenfesten gesammelt,<br />
in Hessen Kinder theater aufgeführt, in Berlin werden<br />
D-Mark Restbestände gesammelt und in Rheinland-<br />
Pfalz Bücher verkauft. Wir sind immer wieder begeistert,<br />
auf welche Ideen unsere Mitglieder und Spender<br />
kommen. Herzlichen Dank Ihnen allen für Ihr großes<br />
Engagement!<br />
Dass die Organisation und Durchführung von Aktionen<br />
sehr viel Spaß machen kann, weiß <strong>ZGF</strong>-Unterstützer<br />
Hans-Jürgen Kopkow aus eigener Erfahrung<br />
zu berichten: „Es ergeben sich dabei viele gute Kontakte<br />
und Gespräche. Das Wertvollste aber ist, dass<br />
das ohnmächtige Gefühl ‚da kann man sowieso nichts<br />
ausrichten’ – verschwindet“, sagt Kopkow. Haben Sie<br />
auch eine gute Idee? Wenn Sie aktiv werden möchten<br />
und bei Ihren Geburtstags- oder Hochzeitsgästen<br />
für uns sammeln möchten, unterstützen wir Sie gerne<br />
mit Materialien zur <strong>ZGF</strong> und zu den Ihnen am Herzen<br />
liegenden Projekten. Für das Spendensammeln gibt<br />
es verschiedene Möglichkeiten, die wir Ihnen vorstellen<br />
möchten:<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
Gerhard Kittscher, <strong>ZGF</strong>-Präsident<br />
Tagesordnung<br />
1. Begrüßung<br />
2. Geschäftsbericht & Jahresabschluss 2010<br />
3. Beschlussfassung über den Jahresabschluss 2010<br />
4. Entlastung des Vorstandes<br />
5. Wahl des Abschlussprüfers<br />
6. Wahl des Vorstandes<br />
7. Verschiedenes<br />
Kaffeepause<br />
anschließend Präsentation der Naturschutzarbeit der<br />
<strong>ZGF</strong> im Jahre 2010 durch die Referatsleiter/innen und<br />
Möglichkeit zur Diskussion.<br />
HELFEN SIE UNS – MIT GUTEN IDEEN<br />
Sie können Ihre Gäste um eine Spende per Überweisung<br />
unter einem bestimmten Stichwort bitten.<br />
Um es Ihren Gästen dabei so einfach wie möglich<br />
zu machen, stellen wir Ihnen gerne entsprechende<br />
Überweisungsträger zur Verfügung, die Sie<br />
z. B. mit Ihrer Einladung verschicken können. Eine<br />
Spendenbescheinigung schicken wir Ihren Gästen<br />
direkt zu.<br />
Sie sammeln auf Ihrer Feier selbst und überweisen<br />
uns den Gesamtbetrag.<br />
Seit Anfang des Jahres können Sie auch Ihre eigene<br />
Spendenaktion auf unserer Internetseite durchführen<br />
und Ihre Freunde über E-Mail oder Ihre sozialen<br />
Netzwerke darüber informieren.<br />
Gerne helfen wir Ihnen<br />
bei der Planung. Übrigens:<br />
Auch für unseren<br />
Präsidenten Gerhard<br />
Kittscher ist es Ehrensache,<br />
zu seinem Geburtstag<br />
um eine Spende für<br />
die <strong>ZGF</strong> zu bitten.<br />
KONTAKT:<br />
Claudia Carda-Döring<br />
carda@zgf.de<br />
Telefon 069 - 94 34 46 17<br />
Fax 069 - 439 348<br />
AUS DER GESELLSCHAFT | <strong>ZGF</strong> INTERN<br />
Claudia Carda-Döring, Monika<br />
Lennig und Dr. Susanne Schick<br />
betreuen die Mitglieder, Förderer<br />
und Spender der <strong>ZGF</strong>.<br />
21
AUS DER GESELLSCHAFT | <strong>ZGF</strong> INTERN<br />
Danke<br />
Mobilmachen für den Regenwald<br />
Als Hans-Jürgen<br />
Kopkow aus Rot<br />
am See von der<br />
Bedrohung der<br />
letzten Regenwaldinseln<br />
auf<br />
Sumatra erfuhr,<br />
Hans-Jürgen Kopkow stand für ihn<br />
fest: „Hier muss<br />
schnell und wirksam gehandelt werden,<br />
um den Urwald vor dem Zu-<br />
Gemeinsam für die Serengeti<br />
Die Aktionsgemeinschaft Artenschutz<br />
(AGA) e. V. unterstützte die <strong>ZGF</strong> mit<br />
einer Spende für den Schutz der Serengeti.<br />
Die AGA setzt sich seit mehr<br />
als 20 Jahren für die Erhaltung von<br />
bedrohten Tier- und Pflanzenarten<br />
und deren Lebensräume ein. „Als<br />
wir von den Plänen vom Bau einer<br />
Fernstraße durch die Wildnis der Serengeti<br />
erfahren haben, waren wir<br />
entsetzt. Wir dachten sofort, dass<br />
sich hier Naturschutzorganisationen<br />
mit vereinten Kräften gegen dieses<br />
Projekt wenden müssen“, so Brigitte<br />
Peter, geschäftsführendes Vorstandsmitglied<br />
der AGA. Damit hat auch die<br />
AGA ein gutes Stück zum jetzigen Erfolg<br />
in der Serengeti beigetragen.<br />
griff der habgierigen Papierkonzerne<br />
zu bewahren.“ Der aktive Rentner<br />
wandte sich mit persönlichen Briefen<br />
an die Inhaber großer Firmen in seiner<br />
Region und bat um eine Unterstützung<br />
für das <strong>ZGF</strong> Orang-Utan-Projekt<br />
– mit Erfolg! Eine Firma konnte er bereits<br />
gewinnen, die das Projekt mit<br />
einer Spende unterstützt. Mit seinem<br />
Engagement möchte Kopkow, der im<br />
Hochschwarzwald als Waldbauern-<br />
Artenvielfalt in Prien<br />
Mit einem Benefizabend unterstützte<br />
die Biologie-Abschlussklasse des Ludwig-Thoma-Gymnasiums<br />
in Prien am<br />
Chiemsee das Orang-Utan-Schutzprojekt<br />
der <strong>ZGF</strong> auf Sumatra. In einem<br />
reich bebilderten Vortrag entführte<br />
Biologielehrer Thomas Gerl seine<br />
Zuschauer in die Welt der Artenvielfalt<br />
und zeigte, wie man Biodiversität<br />
heute erforscht. Das musikalische<br />
und kulinarische Rahmenprogramm<br />
wurde von den Schülern selbst auf<br />
die Beine gestellt und der Erlös von<br />
550 Euro kommt komplett dem <strong>ZGF</strong>-<br />
Projekt zugute. Für seine Aktivitäten<br />
auf dem Gebiet des Umweltschutzes<br />
hat das Gymnasium bereits Auszeichnungen<br />
erhalten und darf sich „Umweltschule<br />
in Europa“ nennen.<br />
Biologie-Abschlussklasse des Ludwig-Thoma-<br />
Gymnasiums in Prien<br />
VIELE MITGLIEDER UND FREUNDE DER <strong>ZGF</strong> TRAGEN<br />
MIT IHREN GANZ PERSÖNLICHEN SPENDENAKTIONEN<br />
ZU UNSERER NATURSCHUTZARBEIT BEI.<br />
AN DIESER STELLE MÖCHTEN WIR IHNEN DAFÜR GANZ<br />
HERZLICH DANKEN.<br />
bub aufgewachsen ist, etwas von den<br />
Erfahrungen zurückgeben, die er machen<br />
durfte. Tief berührt hat ihn auch<br />
das Engagement von Bernhard Grzimek<br />
für die bedrohte Tierwelt. Naturliebhaber<br />
Kopkow engagiert sich<br />
heute in Naturschutzorganisationen,<br />
veranstaltet Vogelstimmenführungen<br />
und bringt als ehemaliger Lehrer den<br />
Grundschulkindern die heimische Artenvielfalt<br />
nahe.<br />
Seilhüpfen für Orangs<br />
Schülerinnen und Schüler der <strong>Frankfurt</strong><br />
International School.<br />
Die vier vierten Klassen der <strong>Frankfurt</strong><br />
International School beschlossen<br />
selbst aktiv zu werden, nachdem<br />
sie im Unterricht das Thema bedrohte<br />
Tiere behandelt hatten und sammelten<br />
stolze 2600 Euro. Diese stattliche<br />
Summe kam auf eine besonders sportliche<br />
Art und Weise zusammen: Sie<br />
Kinder sprangen Seil und ließen sich<br />
die Luftsprünge von Sponsoren durch<br />
Spendengeld „vergolden“. Das Geld<br />
kommt den Orang-Utans auf Sumatra<br />
zugute.<br />
Haben Sie auch eine individuelle Idee, wie Sie die <strong>ZGF</strong> unterstützen könnten? Möchten Sie Ihren Geburtstag oder eine Gelegenheit<br />
zum Anlass nehmen, Gutes zu tun und für ein <strong>ZGF</strong>-Projekt zu spenden? Sprechen Sie uns an: Frau Monika Lennig, Telefon:<br />
069/943446-0, Lennig@zgf.de. Anregungen und Infos zu obigen Beispielen finden Sie auf www.zgf.de unter „Helfen und fördern“.<br />
22 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong>
BRIEFE AN DIE REDAKTION<br />
ZUM LESERBRIEF<br />
„STILBLÜTENSAMMLUNG“<br />
GORILLA 2/<strong>2011</strong><br />
Nicht alles, was Zeitschriften von Naturschutzvereinigungen,<br />
etwa der <strong>ZGF</strong>-<br />
<strong>Gorilla</strong>, berichten und formal oder<br />
inhaltlich bieten, muss allen Lesern<br />
zusagen. Ich schätze z.B. kritische, ungeschminkte,<br />
von nicht allzu viel Optimismus<br />
durchzogene Darstellungen<br />
und realistische Einschätzungen. Autorenaussagen,<br />
ehrlich, lesbar und ei-<br />
FUTTER FÜR DIE KLEIDERAFFEN<br />
GORILLA 2/<strong>2011</strong><br />
In dem Beitrag von Frau Dr. Streicher<br />
über die Kleideraffen von Danang<br />
steht, dass die Tiere in Zoos wegen<br />
Fehlernährung nicht gehalten werden<br />
können. Gleichzeitig werden Kleideraffen<br />
im EPRC im Nationalpark Cuc<br />
Phuong erfolgreich in Gefangenschaft<br />
gehalten und vermehren sich<br />
dort. Worin liegt der Unterschied in<br />
der Haltungsform?<br />
Hans-H. Oehlerking, Schieder-Schwalenberg<br />
Antwort der Redaktion: Der Unterschied<br />
liegt darin, dass die Tiere in Cuc Phuong in ihrem<br />
natürlichen Verbreitungsgebiet sind. Das<br />
nigermaßen verständlich geschrieben,<br />
sind mir lieber als Zeitungsseiten mit<br />
den meist unglaubwürdigen Politikeraussagen.<br />
Natur- und Umweltschutzmitteilungen<br />
haben nicht zuvorderst<br />
literarische Kriterien zu erfüllen. Wer<br />
dort nach „Stilblüten“ fahndet, um sie<br />
unter „Tränen-Lachen“ zum Besten zu<br />
geben, ausgerechnet in Lehrerzim-<br />
heißt, ihr natürliches Futter ist vor Ort verfügbar,<br />
was in Zoos in Deutschland oder anderswo<br />
auf der Welt nicht der Fall ist. In Cuc<br />
Phuong gibt es fast 20 Pflegerinnen und Pfleger<br />
von denen einige nichts anderes machen,<br />
als am Rande des Nationalparks Futterpflanzen<br />
für die Tiere zu sammeln. Sie bringen<br />
jeden Tag rund 350 Kilo frisches Pflanzenmaterial<br />
zum EPRC, zusammengesetzt aus einer<br />
Vielzahl von Pflanzenarten. Zoos können das<br />
verständlicherweise nicht tun und sind darauf<br />
angewiesen, aus den vor Ort verfügbaren<br />
Früchten und Blättern eine Ersatzdiät zusammenzustellen.<br />
Damit klappt die Haltung von einigen<br />
Arten gut, von anderen – wie eben den<br />
Kleideraffen – jedoch nicht so gut.<br />
Grünfutter. 350 Kilogramm Futterpflanzen werden im EPRC jeden Tag aufbereitet.<br />
<strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong><br />
mern, hat sich höchst schulmeisterlich<br />
simpel am Objekt vertan. Ich war<br />
38 Jahre lang selber Lehrer und kenne<br />
ein wenig die oft dünkelhaft-hohle<br />
Atmosphäre mancher Lehrerzimmer,<br />
wo kaum mehr als Engagement nach<br />
Vorschrift gedeiht. Naturschutz – soweit<br />
Lehrplan!<br />
Hansjörg Schupp, Appetshofen<br />
GRENZE VERSCHWUNDEN<br />
GORILLA 2/<strong>2011</strong><br />
In Ihrer Ausgabe 2/<strong>2011</strong> im Artikel<br />
„Das grüne Rückgrat Europas“ haben<br />
Sie in der Graphik auf Seite 14, links<br />
oben, die Slowakei vergessen. Na ja,<br />
ich denke die Slowaken haben auch<br />
ein paar Bären bei sich im Wald.<br />
Markus Masset, München<br />
Den Karpaten-Artikel im letzten<br />
<strong>ZGF</strong>-<strong>Gorilla</strong> 2/<strong>2011</strong> habe ich mit<br />
großem Interesse gelesen. Bei der<br />
Abbildungslegende auf Seite 14 wird<br />
auch völlig richtig bemerkt, dass sich<br />
der Karpatenbogen über 7 Länder ...<br />
von der Slowakei bis Polen erstreckt.<br />
Auf der nebenstehenden Karte fehlt<br />
jedoch die Slowakei und Ungarn expandiert<br />
nach Norden hin bis an die<br />
polnische Grenze!<br />
<strong>Juli</strong>a Altmann, <strong>Frankfurt</strong> a.M.<br />
Antwort der Redaktion: Stimmt, hier ist<br />
uns ein Fehler unterlaufen, die slowakischungarische<br />
Grenze ist unglücklicherweise<br />
im Laufe der Kartenbearbeitung verloren<br />
gegangen.<br />
Möchten Sie Kritik, Lob oder<br />
Anregungen zum <strong>ZGF</strong>-<strong>Gorilla</strong><br />
loswerden? Scheiben Sie uns:<br />
<strong>Zoologische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />
Bernhard-Grzimek-Alle 1<br />
60316 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
E-Mail: presse@zgf.de<br />
LESERMEINUNG<br />
Bitte geben Sie Ihren Namen und Ihre Adresse<br />
mit an, denn anonyme Zuschriften werden von<br />
uns nicht veröffentlicht. Auch behalten wir uns<br />
vor, lange Zuschriften sinngemäß zu kürzen.<br />
23
AUS DEM ZOO FRANKFURT<br />
DER NEUBAU VON BÄRENANLAGE UND ZOOHAUPTEINGANG<br />
SCHREITET ZÜGIG VORAN<br />
Nach einer langen Planungsphase sind<br />
die Baumaßnahmen für das neue Bären-<br />
und Brüllaffengehege und den<br />
modernen Zooeingang nun im vollen<br />
Gange. Die alte Bärenanlage aus dem<br />
Jahre 1958 ist völlig verschwunden.<br />
Auch einige zum Teil kranke Bäume<br />
mussten weichen. Andere wiederum<br />
TIGERNACHWUCHS IM DOPPELPACK<br />
Anfang Mai sind im Zoo <strong>Frankfurt</strong> drei<br />
Sumatra-Tiger zur Welt gekommen.<br />
In der Nacht vom 4. auf den 5. Mai<br />
wurde die Geburt von einer Kamera<br />
in der Wurfbox aufgezeichnet. „Schon<br />
bald nach der Geburt war klar, dass<br />
eines der Babys nicht lebensfähig<br />
werden aufwendig geschützt und<br />
in die neue Anlage, für die über 70<br />
Neupflanzungen vorgesehen sind,<br />
integriert.<br />
Das Fundament des neuen Zooeingangs<br />
wurde bereits in Teilen gegossen<br />
und mit einem Blick auf die<br />
Nördlich vom Zoogesellschaftshaus wächst das Gebäude für die Innengehege der neuen<br />
Bären-Anlage mit der Rostkatzenzuchtstation in die Höhe.<br />
war“, sagt Zoodirektor Manfred Niekisch.<br />
Für Mutter MALEA war es nicht<br />
die erste Geburt: Im Herbst 2010<br />
hatte sie ihre ersten Jungtiere, diese<br />
hatte sie allerdings nicht angenommen.<br />
„Diesmal läuft alles perfekt“,<br />
freut sich Niekisch. „MALEA ist eine<br />
Schmusen, schlafen, spielen: der unbeschwerte Alltag im <strong>Frankfurt</strong>er Katzendschungel.<br />
Baustelle kann man schon erahnen,<br />
wie der Gebäudekomplex aussehen<br />
wird. Im neuen Zooeingang ist viel<br />
Platz, um die Besucher über Ausstellungen<br />
und Veranstaltungen im Zoo zu<br />
informieren. Außerdem wird sich dort<br />
der lange vermisste Zooshop befinden.<br />
Bei einer neu gestalteten Fläche von<br />
mehr als 5.000 Quadratmetern muss<br />
viel Technik für Kassensysteme, die<br />
neuen Außengehege und die Rostkatzen-Zuchtstation<br />
untergebracht<br />
werden. Das Gebäude hinter der<br />
großen, naturnah gestalteten Außenanlage<br />
wird für das Publikum nicht<br />
zugänglich sein. Hier entstehen Technikräume,<br />
Innengehege und Pflegerbereiche.<br />
Die Bauarbeiten gehen zügig voran,<br />
sodass der Zeitplan aus heutiger Sicht<br />
eingehalten werden kann. Er sieht die<br />
Eröffnung des neuen Haupteingangs<br />
für den Sommer 2012 vor, die Tieranlagen<br />
folgen im Herbst.<br />
vorbildliche Mutter und kümmert sich<br />
liebevoll um ihren Nachwuchs.“<br />
Bereits nach weniger als drei Wochen<br />
hat MALEA mit ihren Jungtieren die<br />
Wurfbox verlassen. Damit habe keiner<br />
gerechnet, so Niekisch. „Offenbar<br />
ist sie aber so entspannt und sicher,<br />
dass sie die Kleinen mit in die Innenanlage<br />
genommen hat.“ Anfang<br />
<strong>Juli</strong> wurden die zwei Sumatra-Tiger<br />
geimpft und bei dieser Gelegenheit<br />
nach dem Geschlecht geschaut. Das<br />
Ergebnis: Es sind zwei kerngesunde<br />
Männchen.<br />
Seit über einem Vierteljahrhundert<br />
zieht in <strong>Frankfurt</strong> eine Tigermutter<br />
nun ihre Jungen wieder selbst auf.<br />
Die Nachzucht ist ein wichtiger Beitrag<br />
zur Arterhaltung. Sumatra-Tiger<br />
sind im Freiland vom Aussterben bedroht.<br />
Die <strong>ZGF</strong> engagiert sich für den<br />
Schutz der Tiger im Regenwald von<br />
Bukit Tigapuluh in Zentralsumatra.<br />
24 <strong>ZGF</strong> GORILLA | AUSGABE 3/<strong>2011</strong>