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Hinz&Kunzt_350_April

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Das Hamburger<br />

Straßenmagazin<br />

Seit 1993<br />

N O <strong>350</strong><br />

Apr.22<br />

2,20 Euro<br />

Davon 1,10 Euro für<br />

unsere Verkäufer:innen<br />

Auf gute<br />

Nachbarschaft


Editorial<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>350</strong>/APRIL 2022<br />

Steffi Treiber (links)<br />

hat ein neues<br />

Upcycling-Unikat<br />

gebaut. Beim<br />

Termin im nur<br />

4,5 °C kalten<br />

Atelier durfte<br />

Redakteurin<br />

Annette Woywode<br />

auch mal kurz<br />

die Japansäge<br />

schwingen.<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

wie wollen wir in Zukunft leben? Wie können wir Frieden und Demokratie,<br />

die nun schon lange unser Land prägen, in Zukunft bewahren?<br />

Seit der Kreml-Herrscher Krieg über die Ukraine gebracht hat, sind<br />

diese Fragen drängend wie lange nicht. Die Bilder, die auf uns einstürzen,<br />

machen mich hilflos. Die Welle der Hilfsbereitschaft<br />

hingegen ermutigt. Das Bewusstsein ist groß: Die, die da kommen,<br />

könnten du oder ich sein – und es sind vor allem Menschen in Not.<br />

Was gutes Miteinander im Kleinen ausmacht, beschäftigt uns im<br />

Schwerpunkt Nachbarschaft. Vor unserer Haustür, in St. Georg,<br />

lässt sich lernen, wie Konflikte durch ein aktives Miteinander im Stadtteil<br />

vermieden werden. Wir haben uns erklären lassen, wie daran im<br />

Herzen dieses besonderen Viertels seit vielen Jahren gearbeitet wird.<br />

Bei einem Streifzug durch die Stadtteile zeigen wir Ihnen, welche<br />

Bedeutung Kioske als Begegnungsort und Informationsbörse haben.<br />

Und in unserer Gartenkolumne erfahren Sie, warum Kleingärtner:innen<br />

die besten Nachbar:innen der Welt sind. Nefeli<br />

Kavouras’ Literaturkolumne können Sie wieder in unserer Mai-<br />

Aus gabe lesen. Wir wollen in den kommenden Monaten abwechseln:<br />

mal ein Blick in die Gartenwelt, mal einer in die Welt der Schreibkunst.<br />

Eine gute Nachricht gibt es für Hamburgs Obdachlose: Die Stadt<br />

hält die Winternotunterkünfte bis Ende <strong>April</strong> geöffnet. Wie jedes<br />

Jahr stehen die Menschen dann allerdings vor der Frage, wo sie in<br />

den Sommermonaten schlafen sollen. Dabei gibt es leerstehende<br />

Büro gebäude, die sich zu Wohnraum umbauen ließen – wenn<br />

Eigentümer:innen und Stadt es nur wollten.<br />

<br />

Viel Spaß beim Lesen!<br />

Ihr Ulrich Jonas<br />

Schreiben Sie uns an: briefe@hinzundkunzt.de<br />

FOTOS SEITE 2: DMITRIJ LELTSCHUK (UNTEN), MAURICIO BUSTAMANTE (OBEN)<br />

TITELFOTOS: ADOBE STOCK/RAINER FUHRMANN, ISTOCK/WEAVER1234<br />

2


Inhalt <strong>April</strong> 2022<br />

06<br />

Hamburg hilft<br />

ukrainischen<br />

Geflüchteten.<br />

10<br />

Sollten alte Büros<br />

abgerissen oder<br />

umgebaut werden?<br />

Stadtgespräch<br />

06 Welle der Hilfsbereitschaft<br />

So unterstützen Hamburger:innen ukrainische Geflüchtete.<br />

10 Umbauen statt neu bauen<br />

Umbau als Rezept gegen die Wohnungsnot<br />

14 Wohnen statt shoppen<br />

In Rendsburg wurde ein Kaufhaus zum Altenheim.<br />

18 Eine Schutzhütte als Mahnung<br />

Eine Werbekampagne macht auf Obdachlosigkeit aufmerksam.<br />

Nachbarschaft<br />

22 Experte für Nachbarschaft<br />

Niels Spohrmann ist Hausmeister aus Leidenschaft.<br />

26 Kaugummi, Kippen und Klönschnack<br />

Kioske sind weit mehr als eine schnelle Supermarkt-Alternative.<br />

34 Alle Türen bleiben auf<br />

Im Schorsch in St. Georg trifft sich die Nachbarschaft.<br />

Bauen&Basteln<br />

38 Alte Schachtel? Nein. Neues Regal!<br />

Steffi Treiber peppt die alten Weinkisten einer Leserin auf.<br />

Freunde<br />

44 Herr Blohm kommt rum<br />

Versteigerung zugunsten von Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

48<br />

Schauspieler<br />

Bruno Alexander<br />

im Porträt<br />

26<br />

Kioske: mehr<br />

als bunte Tüten<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

48 Worüber wird hier eigentlich gelacht?<br />

Jungschauspieler Bruno Alexander startet durch.<br />

52 Tipps für den <strong>April</strong><br />

56 Kolumne: Ode an die Nachbarschaft<br />

58 Momentaufnahme: Hinz&Künztlerin Janina<br />

Rubriken<br />

04 Gut&Schön<br />

16 Zahlen des Monats<br />

20 Meldungen<br />

46 Buh&Beifall<br />

57 Rätsel, Impressum<br />

Wir unterstützen Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. Hanse Werk


Ode an die „Fabrik“<br />

50 Jahre Fabrik in Ottensen<br />

(H&K 340) – das feiert nun auch das<br />

neue, auf 500 Exemplare limitierte Buch<br />

des langjährigen Fabrik-Mitarbeiters<br />

und Verlegers Denis Brudna und von<br />

Katharina Dietrich. Mehr als 900 Fotos<br />

und viele intime und lesenswerte Texte<br />

von Zeitzeug:innen, der subventionierte<br />

Preis beträgt 29,90 Euro. JOC<br />

JOC<br />

•<br />

Weitere Infos: www.photonews.de/produkt/<br />

die-fabrik-geschichte-und-geschichten


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Gut&Schön<br />

Für Obdachlose<br />

Citynahe Hilfe<br />

In den ehemaligen<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Räumen<br />

in der Altstädter<br />

Twiete finden obdachlose<br />

Menschen auch in<br />

Zukunft Hilfe. Die<br />

Caritas stellt im „Stütz-<br />

Punkt“ Gepäck-Lagermöglichkeiten<br />

im<br />

Schließfach bereit, um<br />

etwa Behördengänge<br />

unkomplizierter<br />

erledigen zu können.<br />

Sozialarbeit er:innen<br />

bieten Beratung an<br />

und Ärzt:innen eine<br />

kostenlose medizinische<br />

Behandlung. JOC<br />

•<br />

FOTOS: DENIS BRUDNA (LINKS), IMKE LASS (OBEN), PICTURE ALLIANCE/PHOTOPQR/LE BIEN<br />

PUBLIC/MAXPPP (LINKS UNTEN), FAIR TRADE STADT HAMBURG (UNTEN RECHTS), HINZ&KUNZT<br />

Mit 18 Europa erobern<br />

Tolles Angebot für 18-Jährige in der<br />

Europäischen Union: Vom 7. bis 21.<br />

<strong>April</strong> können sie sich beim Jugendprogramm<br />

„DiscoverEU“ bewerben<br />

und mit Glück einen 30 Tage gültigen<br />

Bahnpass gewinnen, um kostenlos<br />

viele Teile Europas zu bereisen<br />

und deren Vielfalt zu entdecken. Die<br />

Voraussetzung: Der eigene Geburtstag<br />

liegt zwischen dem 1. Juli 2003<br />

und dem 30. Juni 2004. Man kann<br />

sich auch mit Freund:innen gemeinsam<br />

bewerben. Reisezeitraum: zwischen<br />

Juli 2022 und Juni 2023. JOC<br />

•<br />

Infos: www.europa.eu/youth/<br />

discovereu_de<br />

Happy Birthday, BrotRetter!<br />

Alles andere als ein <strong>April</strong>scherz:<br />

Auf den Tag genau seit sechs Jahren<br />

ist am 1. <strong>April</strong> 2022 das Team der<br />

BrotRetter im Einsatz – eine vom<br />

Start weg erfolgreiche Kooperation<br />

von Hinz&<strong>Kunzt</strong> und der Bäckerei<br />

Junge, die in Lohbrügge ihren<br />

Anfang nahm. Die gute Idee:<br />

Backwaren vom Vortag werden im<br />

BrotRetter-Laden am Marktplatz<br />

Rothenburgsort zu günstigen Preisen<br />

verkauft – von einem Team aus<br />

Fachverkäufer:innen und ehemaligen<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Verkäufer:innen. Für<br />

Letztere ist es die Gelegenheit, in<br />

einen sozialversicherungspflichtigen<br />

Job auf dem ersten Arbeitsmarkt<br />

zurückzukehren – unbefristet. Das<br />

Geschäft ist montags bis donnerstags<br />

von 7.30 bis 14<br />

Uhr geöffnet,<br />

freitags bis<br />

14.30 Uhr und<br />

am Samstag<br />

bis 13 Uhr.<br />

JOC<br />

•<br />

Fairer Lotse<br />

Wie fair und<br />

nach welchen<br />

Maßgaben arbeitet<br />

der Laden<br />

meines Vertrauens<br />

wirklich? Eine<br />

Antwort auf<br />

diese und ähnliche<br />

Fragen will<br />

der Stadtplan<br />

geben, den die<br />

Initiative Fair Trade Stadt Hamburg<br />

auf ihrer Webseite herausgebracht<br />

hat. Dort können Interessierte<br />

gezielt nach Händler:innen suchen<br />

oder nach fairen Angeboten für<br />

ganze Branchen oder einzelnen Artikeln<br />

forschen – von Blumen über<br />

Lebensmittel bis hin zu Weltläden.<br />

Der Faire Stadtplan will so einen<br />

Überblick geben über die diversen<br />

Akteur:innen und Angebote. Basis<br />

für einen Eintrag sind die Kriterien<br />

des Forums Fairer Handel, einem<br />

Netzwerk von Organisationen. JOC<br />

•<br />

Infos: www.fairtradestadt-hamburg.de<br />

5


Gutes Ankommen:<br />

Ehrenamt liche<br />

nehmen Geflüchtete<br />

am Hauptbahnhof<br />

in Empfang.


Welle der<br />

Hilfsbereitschaft<br />

Tausende Geflüchtete aus der Ukraine suchen<br />

in unserer Stadt Schutz. Viele Hamburger:innen<br />

helfen – mit Rat, Tat, Spenden oder Wohnraum.<br />

TEXTE: JONAS FÜLLNER, ULRICH JONAS<br />

FOTOS: DMITRIJ LELTSCHUK


Stadtgespräch<br />

Hamoudi floh selbst vor dem Krieg und hilft jetzt neu ankommenden Geflüchteten.<br />

Vom Geflüchteten zum<br />

Hanseatic-Helper<br />

Die vergangenen Wochen haben Erinnerungen bei<br />

Hamoudi hochgespült. „Es ist schrecklich. Du<br />

kannst die Sprache nicht, bist ziemlich verloren“,<br />

erinnert sich der gebürtige Syrer, der 2015 vor dem<br />

Krieg in seiner Heimat floh. Die Stimmung in<br />

Deutschland war eine andere als jetzt. Von einer<br />

„Flüchtlingskrise“ war die Rede. Helfer:innen wurden<br />

als „Gutmenschen“ tituliert. Zum Glück gab<br />

es von dieser Sorte Mensch viele. Etwa im Karoviertel,<br />

wo das Hilfsprojekt „Kleiderkammer“ in<br />

den Messehallen zu einem Anziehungspunkt für<br />

Unterstützer:innen wurde. Sie gründeten den<br />

Verein Hanseatic Help zu dem Hamoudi Kontakte<br />

knüpfte und bei dem er 2016 ein Freiwilliges<br />

Soziales Jahr absolvierte. Obwohl er später eine<br />

Ausbildung begann, sortiert der 28-Jährige weiterhin<br />

ehrenamtlich Kleidung. Zuletzt für Obdachlose.<br />

Jetzt für Geflüchtete aus der Ukraine. Hamoudi<br />

weiß, was Krieg bedeutet: „Meine Eltern blieben in<br />

der Heimat. Sie wurden bombardiert, überlebten,<br />

aber ich hatte eine Weile keinen Kontakt. Es war<br />

entsetzlich“, erinnert sich der junge Syrer. JOF<br />

•<br />

„Wir müssen helfen!“<br />

Edgar Leisle ist der Krieg sehr nah. Seine<br />

Frau stammt aus Kiew, und in dem<br />

Supermarkt, den der 42-Jährige in<br />

Tonndorf führt, kaufen Ukrainer:innen<br />

nicht nur ein, einige arbeiten auch dort.<br />

Schnell beschließt der Vater zweier<br />

Söhne: „Wir müssen helfen!“ Gemeinsam<br />

mit seiner Schwester startet er einen<br />

Spendenaufruf – mit überwältigender<br />

Resonanz. „Die Menschen fanden<br />

es toll, dass wir selbst fahren und<br />

sicherstellen, dass die Hilfe ankommt.“<br />

Zwei Kleinlaster voll mit Medikamenten,<br />

Verbandsmaterial und Lebensmitteln<br />

kamen innerhalb weniger Tage<br />

zusammen. Die haben Leisle und ein<br />

Mitstreiter an der polnisch-ukrainischen<br />

Grenze an Freiwillige übergeben,<br />

die die Hilfsgüter weiterverteilen. Mitte<br />

März brachte ein Lkw 33 Paletten<br />

Brot in die Ukraine, eine gemeinsame<br />

Initiative norddeutscher Mix-Markt-<br />

Betreiber:innen. Weitere Paletten mit<br />

Verbandsmaterial hat der Kaufmann<br />

mit dem Leiter einer Sanitätsschule gesammelt,<br />

ebenso Injektionsspritzen,<br />

Tragen und Defibrillatoren. Die warten<br />

auf den nächsten Transport.<br />

Eine Tante von Leisles Frau sowie<br />

eine Cousine mit zwei Töchtern leben<br />

nun bei ihnen – sie sind aus Kiew geflohen.<br />

Edgar Leisle kam in Kasach s-<br />

Sammelt Hilfsgüter für die Ukraine: Edgar Leisle<br />

8<br />

tan zur Welt. Aufgewachsen ist er in Sibirien,<br />

1994 mit den Eltern nach<br />

Deutschland gekommen. „Aber es geht<br />

nicht darum, wo man herkommt. Es<br />

geht darum, den Schmerz der Menschen<br />

in der Ukraine zu lindern.“ UJO<br />


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Stadtgespräch<br />

IN DER RUHE<br />

LIEGT DIE KRAFT<br />

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Neues Zuhause<br />

Bei der Amalie Sieveking-Stiftung (Geschäftsführerin<br />

Annika Gürtler 4. von links)<br />

kommen fünf geflüchtete Frauen unter.<br />

Als Annika Gürtler von der Not Anastasias<br />

und Tetyanas erfährt, beschließt<br />

die Geschäftsführerin der Amalie Sieveking-Stiftung<br />

sofort: Wir helfen! Drei<br />

Tage haben Mutter und Tochter für<br />

ihre Flucht benötigt. Da Anastasia auf<br />

den Rollstuhl angewiesen ist, brauchte<br />

es viele Unterstützer:innen. Die ersten<br />

Nächte kommen die beiden übergangsweise<br />

bei einer Landsfrau unter, die<br />

schon länger in Hamburg lebt, so wie<br />

Soja (77), Lesia (49) und Vlada (23) –<br />

Oma, Mutter und Tochter – auch.<br />

Doch wo sollen die Frauen auf längere<br />

Sicht bleiben? Nur wenige Notunterkünfte<br />

sind für Menschen mit Handicap<br />

ausgelegt. Da fügt es sich gut, dass<br />

bei der Amalie Sieveking-Stiftung gerade<br />

Platz ist. Die Stiftung bietet Wohnraum<br />

für Menschen ab 60 Jahre, die<br />

es auf dem Markt besonders schwer<br />

haben. Unter denen stehen die nächsten<br />

9<br />

Unterstützerinnen schon bereit, erzählt<br />

Annika Gürtler. „Wir haben Patinnen<br />

gefunden, pensionierte Lehrerinnen<br />

oder Sozialarbeiterinnen, die sich um<br />

den Sprachunterricht kümmern.“<br />

Tetyana kommen Tränen der<br />

Dankbarkeit, als sie von der Flucht<br />

erzählt: „Ich bin sehr berührt von den<br />

vielen Freiwilligen, die uns geholfen<br />

haben“, sagt sie. „Die arbeiten Tag und<br />

Nacht, manche schlafen nur zwei oder<br />

drei Stunden. Dabei haben sie selbst<br />

Familien!“ Tochter Anastasia vermisst<br />

die Verwandten, die sie zurücklassen<br />

mussten: „Hier ist es sehr schön“, sagt<br />

sie. „Aber unser Herz ist in der Ukraine<br />

geblieben.“ Auch Vlada sorgt sich –<br />

und schmiedet Pläne; sie möchte ihr<br />

Psychologiestudium fortsetzen und<br />

knüpft Kontakte. Oma Soja sagt nur<br />

einen Satz: „Ich wünsche mir, dass der<br />

Krieg schnell zu Ende geht.“ UJO<br />

•<br />

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Stadtgespräch<br />

Umbauen statt<br />

neu bauen<br />

Trotz aller Anstrengungen bleibt Wohnraum in<br />

Hamburg knapp – und teuer. Andere Städte zeigen,<br />

wie der Umbau von Büros die Lage entspannen kann.<br />

TEXT: NIELS BOEING<br />

FOTOS: KONRATH UND WENNEMAR ARCHITEKTEN INGENIEURE (S.12) /<br />

FOTOGRAFIE DORFMÜLLER KLIER (S.14) / PHILIP SAUER (S.15)<br />

A<br />

ls hätten zwei Jahre Pandemie<br />

die Hamburger:innen<br />

nicht genug belastet, hat<br />

sich die Wohnungsnot in<br />

der Hansestadt weiter verschärft. Der<br />

Mietenspiegel verzeichnet den höchsten<br />

Anstieg seit 20 Jahren, die Zahl neu gebauter<br />

Sozialwohnungen hinkt dem Bedarf<br />

weit hinterher. In den Innenstadtlagen<br />

gleichen bezahlbare Wohnungen<br />

schon länger einem Sechser im Lotto.<br />

Selbst für WG-Zimmer werden inzwischen<br />

600, 700 Euro aufgerufen. Es<br />

fehlen: Wohnungen, Wohnungen,<br />

Wohnungen. Die Antwort seitens der<br />

Politik lautet: bauen, bauen, bauen.<br />

Doch so simpel ist es leider nicht.<br />

Einerseits ist freies Bauland in der<br />

Stadt knapp. Andererseits hat sich inzwischen<br />

herumgesprochen, dass Abriss<br />

und Neubau alles andere als nachhaltig<br />

sind. Beides produziert jede Menge<br />

Kohlendioxidemissionen und Sondermüll.<br />

Und auch neue Siedlungen am<br />

Stadtrand sind keine Lösung, denn sie<br />

versiegeln naturnahe Flächen und verstärken<br />

den Pendler:innenverkehr.<br />

Doch es gibt eine auch in Hamburg<br />

b isher weitgehend ungenutzte Möglichkeit:<br />

Bürogebäude in Wohnraum<br />

Früher ein Ort zum Arbeiten, heute<br />

einer zum Wohnen: das ehemalige<br />

Thyssen Trade Center in Düsseldorf.<br />

umzubauen. Vergangenes Jahr standen<br />

hier knapp 580.000 Quadratmeter<br />

Büroflächen leer, und angesichts des<br />

Trends zum Homeoffice könnten es<br />

noch mehr werden.<br />

Büros zu Wohnungen – geht das?<br />

Tatsächlich ist die Umwandlung anderswo<br />

bereits im Gange. Frankfurt hat<br />

2005 als erste deutsche Stadt eine<br />

Fachabteilung dafür gegründet. Jede<br />

dritte Wohnung in der Main-Metropole<br />

entsteht mittlerweile auf ehemaligen<br />

Büroflächen. Spitzenreiter des vergangenen<br />

Jahrzehnts war Berlin, auf das<br />

ein Drittel aller bundesweiten Umwandlungen<br />

entfiel. Wie ein Kurzgutachten<br />

der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes<br />

Bauen (ARGE) in Kiel gezeigt<br />

hat, rechnet sich das Umdenken: Die<br />

reinen Umbaukosten pro Quadratmeter<br />

– abzüglich des Grundstücks- oder<br />

Rohbaupreises – liegen im Vergleich<br />

zum Neubau bei knapp 40 Prozent.<br />

Umwandlungen haben noch andere<br />

Vorteile. „Die städtebaulichen<br />

Vorgaben oder gar Wettbewerbe entfallen“,<br />

sagt der Düsseldorfer Architekt<br />

Harald Wennemar. „Und der Zeitraum<br />

vom Beginn des Umbaus bis zur ersten<br />

Vermietung ist deutlich kürzer.“ Hinzu<br />

komme, dass das Bauvolumen von Gewerbegebäuden<br />

üblicherweise deutlich<br />

größer ist als das von Wohnhäusern.<br />

Der Architekt kennt das Thema aus<br />

eigener Erfahrung: Er hat mit seinem<br />

Büro das ehemalige Thyssen Trade<br />

11


Wurde abgerissen statt umgebaut: die sogenannte<br />

Post-Pyramide in der Hamburger City Nord<br />

Center im Osten von Düsseldorf umgebaut,<br />

das 2011 von Thyssenkrupp aufgegeben<br />

wurde. In dem extravaganten<br />

ringartigen Gebäude-Ensemble standen<br />

plötzlich 40.000 Quadratmeter Büroflächen<br />

leer. Weil sich kein Nachmieter<br />

fand, beschloss der neue Eigentümer,<br />

das Immobilienunternehmen Catella,<br />

den Bau in 340 Wohnungen umzuwandeln.<br />

Baurechtlich kann nach dem<br />

Kauf eines Bürogebäudes zwar nicht<br />

einfach losgelegt werden: In Gewerbegebieten<br />

muss zunächst der Bebauungsplan<br />

geändert werden, was bis zu zwei<br />

Jahre dauern kann. Doch in sogenannten<br />

Mischgebieten, die Wohnen<br />

und Gewerbe vorsehen – so wie beim<br />

Thyssen-Gebäude – geht es schneller.<br />

Hier sorgte die Stadt Düsseldorf für<br />

eine zügige Genehmigung.<br />

Auch technisch haben Bürogebäude<br />

ihre eigenen Herausforderungen: Es<br />

gibt viel weniger Toiletten als in Wohnhäusern,<br />

und Treppenhäuser und Fahrstühle<br />

befinden sich meist im Innern.<br />

Beim Thyssen Trade Center musste<br />

Wennemars Büro deshalb neun Treppenhäuser<br />

durch Geschosse „stanzen“,<br />

und für die benötigten 900 Bäder und<br />

Viele Bürogebäude<br />

hätten<br />

nicht verschwinden<br />

müssen.<br />

12<br />

Küchen waren mehr als 7000 Kernbohrungen<br />

nötig. An den Fassaden wurden<br />

Balkone aufgehängt. Es geht also.<br />

„Im Zuge der Klimadebatte könnte<br />

die bereits vorhandene Bausubstanz<br />

einen anderen Stellenwert bekommen.<br />

Dann werden Gebäude wie in der<br />

Hamburger City Nord nicht mehr einfach<br />

so abgerissen“, sagt ARGE-<br />

Geschäftsführer Dietmar Walberg. Ab<br />

1964 im Geiste der Nachkriegsmoderne<br />

mit Dutzenden Bürogebäuden und<br />

weiten Zwischenräumen errichtet, traf<br />

ihre Architektur ab den 2000er-Jahren<br />

den heutigen Zeitgeist, aber auch technische<br />

Standards nicht mehr. Die markante<br />

Oberpostdirektion etwa, im<br />

Volksmund „Post-Pyramide“ genannt,<br />

stand ab 2011 weitgehend leer, 2017<br />

kam der Abriss.<br />

Die 96.000 Quadratmeter Geschossfläche,<br />

die nun durch einen<br />

Neubau ersetzt werden sollen, hätten<br />

vielleicht nicht verschwinden müssen.<br />

Die Architektur-Professor:innen Andreas<br />

Hild und Faraneh Farnoudi von<br />

der Technischen Universität München<br />

haben in einer Studie systematisch<br />

unter sucht, wie man Bürogebäude verschiedenster<br />

Baujahre geschickt auch<br />

in kleinere Wohnungen umwandeln<br />

könnte. Mit dem von ihnen entwickel-


Im ehemaligen Hauptgebäude der Phoenix-Werke in Harburg<br />

wohnen heute vor allem Student:innen – zu stolzen Preisen.<br />

ten Typenkatalog sei es „jetzt sehr<br />

schnell möglich, standardisierte Grundrisse<br />

für eine effiziente Umsetzung“ zu<br />

schaffen, so ihr Fazit.<br />

Die entscheidende Frage, die sich<br />

dann stellt: Wie teuer wird der Wohnraum,<br />

der entsteht? Das ehemalige<br />

Hauptgebäude der Phoenix-Werke<br />

nahe des Harburger Bahnhofs dient<br />

heute vor allem Student:innen als<br />

Zuhause. Die Preise, die sie für die<br />

17 bis 25 Quadratmeter kleinen Apartments<br />

bezahlen, sind allerdings beachtlich:<br />

380 bis 900 Euro inklusive<br />

aller Nebenkosten sind es beim Vermieter<br />

„Vivo@Phoenix“, 890 Euro bei<br />

„PHNX“. Im sogenannten Aparthotel,<br />

das ebenfalls im alten Hauptgebäude<br />

untergebracht ist, kommen auch sogenannte<br />

Business-Longstay-Gäste unter:<br />

für 1150 Euro im Monat, plus 200 Euro<br />

Endreinigung. •<br />

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Öffnungszeiten: Dienstag - Freitag 10.00 - 19.00 Uhr<br />

Samstag 10.00 - 14.00 Uhr


Stadtgespräch<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>350</strong>/APRIL 2022<br />

Wohnen<br />

statt shoppen<br />

Zum Altenheim umgebaut:<br />

der ehemalige<br />

„Hertie“ in Rendsburg<br />

Ob Altenheim oder Wohnungen: Ehemalige Kaufhäuser<br />

können ein zweites Leben erhalten – wenn es gewollt ist.<br />

TEXT: ULRICH JONAS<br />

FOTOS: ALLOHEIM SENIOREN-RESIDENZEN SE<br />

M<br />

an kann jedes Kaufhaus<br />

zu Wohnungen umbauen.<br />

Und das ist in jedem<br />

Fall günstiger als Neubau.“<br />

Der Mann, der das behauptet,<br />

sollte es wissen: Werner Schaffer hat<br />

einen ehemaligen „Hertie“ in ein<br />

Altenheim verwandelt, in Rendsburg,<br />

mitten in der Stadt. Die 110 Menschen,<br />

die neuerdings dort leben, genießen die<br />

zentrale Lage, sagt der Architekt. „Die<br />

können vor die Tür gehen und stehen<br />

auf dem Marktplatz.“ Und nur<br />

200 Meter weiter liegt die Fußgängerzone<br />

mit den Cafés.<br />

Die Geschichte des Rendsburger<br />

Kaufhauses ist typisch für die Branche:<br />

In den 1950er-Jahren gebaut, stand es<br />

14<br />

seit 2009 leer. Erst sieben Jahre später,<br />

2016, wechselte es den Besitzer. Zu der<br />

Gruppe regionaler Investor:innen, die<br />

das Haus kauften, gehört auch der<br />

Sohn des Architekten Schaffer. Was<br />

der Umbau zum Altenheim gekostet<br />

hat, will der Vater nicht verraten.<br />

„Geschäftsprinzip.“ Er nennt andere<br />

bemerkenswerte Zahlen: Anfangs habe


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Stadtgespräch<br />

Die Fußgängerzone<br />

liegt 200<br />

Meter entfernt –<br />

zur Freude der<br />

Senior:innen.<br />

der vormalige Eigentümer acht Millionen<br />

Euro für seine Immobilie gefordert.<br />

Nach sieben Jahren Leerstand war es<br />

nur noch eine Million.<br />

Dass ein ehemaliges Warenhaus<br />

heute zum Wohnen dient, ist die Ausnahme,<br />

sagt Nina Hangebruch. Die<br />

Stadtentwicklungsforscherin aus Dortmund<br />

hat für ihre Doktorarbeit<br />

220 Beispiele in ganz Deutschland untersucht.<br />

An rund 30 Standorten wird<br />

heute gewohnt statt gekauft. Doch umgebaut<br />

wurde dafür nur eine Handvoll<br />

Immobilien, so die Forscherin. Bei den<br />

anderen erfolgten Abriss und Neubau.<br />

Das könne sich aber bald ändern:<br />

Immer mehr Menschen kaufen im<br />

Internet ein, immer weniger in den<br />

I nnenstädten. Die Fläche, die der<br />

Handel für den Verkauf benötige,<br />

werde deshalb kleiner, der Umsatz<br />

ebenso. Das habe Folgen, so die Forscherin:<br />

„Der Handel konnte immer<br />

höchste Mieten zahlen. Künftig kann er<br />

das, wenn überhaupt, höchstens für die<br />

Erdgeschossflächen.“<br />

Die Coronapandemie hat den<br />

Wandel noch beschleunigt, wie ein<br />

Blick in die Hamburger Innenstadt<br />

zeigt: Wo bis Herbst 2020 Galeria<br />

Kaufhof und Karstadt Sports ihre<br />

Waren feilboten, herrscht heute weitgehender<br />

Leerstand. Nur das Erdgeschoss<br />

des früheren Kaufhofs hat sich<br />

übergangsweise in ein Schnäppchenparadies<br />

verwandelt. Was langfristig aus<br />

dem Haus wird, ist unklar. Die Wüstenrot<br />

& Württembergische AG, der die<br />

Immobilie gehört, beantwortet Nachfragen<br />

nur mit dem Hinweis, dass es<br />

„keinen neuen Sachstand zu vermelden<br />

gibt“. Ebenso wortkarg gibt sich die<br />

R+V Versicherung AG, Eigentümerin<br />

des benachbarten ehemaligen Karstadt<br />

Sports-Hauses: „Bitte haben Sie Verständnis,<br />

dass wir uns zu laufenden<br />

Mietvertragsverhandlungen nicht äußern<br />

können.“<br />

In Berlin-Lichtenberg haben zwei<br />

Investoren aus dem Westerwald vorgemacht,<br />

wie in einem ehemaligen<br />

Kaufhaus preiswerter Wohnraum ent­<br />

stehen kann: Sie ließen ein leer stehendes<br />

Einkaufszentrum in 86 preiswerte<br />

Wohnungen umbauen (siehe H&K<br />

Nr. 282). Warum folgen andere nicht<br />

diesem guten Beispiel? Architekt Werner<br />

Schaffer hat eine Erklärung: Die<br />

Immobilien befänden sich oft in den<br />

Händen großer Konzerne, die weltweit<br />

agierten. Die würden die Häuser unrealistisch<br />

hoch bewerten, um ihre Bilanzen<br />

zu schönen – und könnten sich<br />

auch jahrelangen Leerstand leisten:<br />

„Einem Fonds, der eine oder zwei Milliarden<br />

Euro schwer ist, fällt der Ausfall<br />

der Mieteinnahme gar nicht auf.“ •<br />

ulrich.jonas@hinzundkunzt.de<br />

Kommt von der Elbe.<br />

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Zahlen des Monats<br />

Klimaschutz<br />

Abschaffprämie<br />

für Autos<br />

2000 Euro<br />

für jeden Menschen, der sein Auto abschafft, fordert der Verkehrsexperte<br />

Michael Kopatz. Die Prämie sollen diejenigen bekommen, die ihren Wagen<br />

verkaufen und mindestens ein Jahr autofrei leben. Der Gedanke dahinter:<br />

Viele würden die „Abschaffprämie“ zum Anlass nehmen, zunächst den<br />

Kauf eines neuen Wagens aufzuschieben und später feststellen, dass<br />

sich auch ohne eigenes Auto gut leben lässt, sagt der Wissenschaftler vom<br />

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie: „Das dürfte wohl der<br />

weitaus effektivste Beitrag zu Klimaschutz und Verkehrswende sein, den<br />

man leisten kann.“<br />

Parallel, so Kopatz, könnten die Kommunen den Anreiz zum Autoverzicht<br />

mit eigenen Maßnahmen verstärken: etwa durch ein günstiges Ticket für<br />

den Nahverkehr und flächendeckende Carsharing-Angebote. Bislang habe<br />

sich keine der etablierten Parteien seine Vorschläge zu eigen gemacht, so<br />

der Forscher. Dabei wünschen sich laut einer Umfrage 80 Prozent der<br />

Menschen in Deutschland weniger Autos in ihrer Umgebung. Immerhin<br />

40 Prozent können sich vorstellen, auf ein eigenes Auto zu verzichten.<br />

Doch trotz aller Bekenntnisse zum Umweltschutz: Die Zahl der Autos in<br />

Deutschland wächst beständig. Bundesweit gibt es inzwischen mehr als<br />

48 Millionen Pkw – knapp 7 Millionen mehr als 2010. Würde jede:r zehnte<br />

Autobesitzer:in die „Abschaffprämie“ beanspruchen, entstünden dem Staat<br />

einmalig Kosten in Höhe von knapp 10 Milliarden Euro. Zum Vergleich:<br />

Dreimal so viel, knapp 30 Milliarden Euro, fließen nach Berechnungen<br />

des Umweltbundesamtes jedes Jahr in die Förderung klimaschädlichen<br />

Verkehrsverhaltens: etwa in Form von Steuernachlässen für Dienstwagen<br />

oder Pendelfahrten. •<br />

TEXT: ULRICH JONAS<br />

ILLUSTRATION: ESTHER CZAYA<br />

Mehr Infos: www.wupperinst.org und www.umweltbundesamt.de<br />

17


Stadtgespräch<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>350</strong>/APRIL 2022<br />

Sie rücken Obdachlosigkeit<br />

in den Fokus:<br />

mobile Werbetafeln<br />

Eine Schutzhütte<br />

als Mahnung<br />

Eine mobile Werbetafel weist in Hamburg seit dieser Woche auf das Schicksal<br />

obdachloser Menschen hin. Auch als Notschlafplatz dient das „City Life Billboard“.<br />

TEXT: JONAS FÜLLNER<br />

FOTO: PHILIPP & KEUNTJE<br />

B<br />

is spätestens 2030 soll niemand<br />

mehr auf der Straße<br />

leben müssen. Neben der<br />

Europäischen Union und<br />

der Bundesregierung bekennen sich<br />

inzwischen fast alle Bundesländer zu<br />

diesem hehren Ziel – auch Hamburg.<br />

Da sich die Zahl der Obdachlosen in<br />

der Stadt im vergangenen Jahrzehnt<br />

verdoppelt hat, sind Zweifel angebracht.<br />

Der Senat müsse dringend<br />

sein Engagement verstärken, fordern<br />

jetzt nicht mehr nur Sozialeinrichtungen,<br />

sondern auch Werbetreibende in<br />

Hamburg. Mit der Kampagne „City<br />

Life Billboard“ rückt die Agentur<br />

Philipp und Keuntje das Thema im<br />

Zusammenspiel mit Hinz&<strong>Kunzt</strong> in<br />

18<br />

den Fokus der Öffentlichkeit. Auf einer<br />

mobilen Werbetafel können Unternehmen<br />

Anzeigen schalten, während<br />

der Anhänger gleichzeitig Obdachlosen<br />

als Schutzraum dient. Sogar übernachten<br />

ist dort möglich: Im Inneren<br />

des mobilen Wagens dient ein weicher,<br />

isolierter Boden als Notschlafplatz.<br />

Einen Wasseranschluss gibt es zwar<br />

nicht, aber immerhin einen Stromanschluss,<br />

eine abschließbare Tür und<br />

einen Notausgang.<br />

Für die ersten Wochen konnte die<br />

Werbekampagne bereits Sponsor:innen<br />

f inden, die die Kosten decken. Mit<br />

möglichen weiteren Einnahmen sollen<br />

Wohnungen oder Hostels für Menschen,<br />

die auf der Straße leben, angemietet<br />

werden. „Wohnen ist ein Grundrecht.<br />

Deshalb ist es ein Armutszeugnis<br />

für unser Land, dass dieses Grundrecht<br />

so vielen Menschen vorenthalten wird“,<br />

sagt Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Geschäftsführer Jörn<br />

Sturm. Hinz&<strong>Kunzt</strong> vertrete weiterhin<br />

den Anspruch, Menschen von der Straße<br />

dauerhaft in Wohnungen unterzubringen.<br />

Trotzdem sei das „City Life<br />

Billboard“ eine gute Gelegenheit, Aufmerksamkeit<br />

für das Thema Obdachlosigkeit<br />

zu schaffen. „Durch die Positionierung<br />

des Wagens an prominenten<br />

Hamburger Plätzen rücken die Schicksale<br />

der Wohnungslosen in das Bewusstsein<br />

der Menschen.“ •<br />

jonas.fuellner@hinzundkunzt.de


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Stadtgespräch<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>350</strong>/APRIL 2022<br />

Meldungen<br />

Politik & Soziales<br />

Hartz IV<br />

Sanktionsmoratorium „light“?<br />

Das von der Ampel-Koalition versprochene<br />

Sanktionsmoratorium<br />

bei Hartz IV soll kommen – in einer<br />

Light-Version. Das geht aus Ankündigungen<br />

der Bundesregierung hervor.<br />

Demnach sollen sogenannte Pflichtverletzungen<br />

von Hartz-IV-Beziehenden<br />

bis Jahresende vom Jobcenter<br />

nicht mehr mit einer Kürzung der<br />

Hilfe bestraft werden. Wer ohne wichtigen<br />

Grund nicht zu vereinbarten<br />

Terminen erscheine, müsse „weiterhin<br />

mit leistungsrechtlichen Konsequenzen<br />

rechnen“, so das Bundesarbeitsministerium.<br />

Laut Bundesagentur für<br />

Arbeit haben die Jobcenter vergangenes<br />

Jahr bis Ende November bundesweit<br />

163.448 Sanktionen verhängt,<br />

in Hamburg waren es <strong>350</strong>1 Geldkürzungen.<br />

In den weitaus meisten Fällen<br />

kürzt das Amt wegen sogenannter<br />

Meldeversäumnisse die Hilfe um<br />

10 Prozent – und kann das nach den<br />

Plänen der Regierung auch weiterhin<br />

tun. Ausgesetzt würden nur die Kürzungen<br />

um 30 Prozent, etwa wegen<br />

der Weigerung, an einer Maßnahme<br />

teilzunehmen. Der Grünen-Sozialpolitiker<br />

Andreas Audretsch kritisierte<br />

die geplante Ausnahmeregelung für<br />

das Nichterscheinen bei Terminen:<br />

„An dieser Stelle werden wir im parlamentarischen<br />

Verfahren nacharbeiten.“<br />

Wann der Gesetzentwurf im<br />

Bundestag diskutiert wird, ist unklar.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat<br />

2019 geurteilt, dass die Kürzungspraxis<br />

der Jobcenter in Teilen nicht mit<br />

dem Grundgesetz vereinbar ist. UJO<br />

•<br />

Winternotprogramm<br />

Stadt lässt Notunterkünfte länger offen<br />

Das städtische Winternotprogramm für Obdachlose läuft dieses Jahr pandemiebedingt<br />

bis Ende <strong>April</strong>. Mit der Verlängerung um einen Monat wolle die Stadt<br />

„eine hinreichende Versorgung mit existenziellen Hilfsangeboten“ sicherstellen, bis<br />

Tagesaufenthaltsstätten und Beratungsstellen wieder „effektiv genutzt werden<br />

können“, erklärte die Sozialbehörde. Die zuletzt gering belegte Unterkunft Schmiedekoppel<br />

wurde Anfang März für Obdachlose geschlossen, um dort Geflüchtete<br />

unterzubringen. Zuletzt nutzten rund 650 Menschen pro Nacht die Winternotunterkünfte<br />

der Stadt. 100 fanden in Wohncontainern Schutz vor der Kälte, die anderen<br />

in zwei Großunterkünften. Eine davon ist ein ehemaliges Hotel in Billbrook, das<br />

wegen des vergleichsweise hohen Standards – Doppelzimmer mit eigenem Bad –<br />

gut angenommen wird: Die 200 Betten waren jede Nacht nahezu vollständig belegt.<br />

Welche Schlussfolgerungen die Stadt daraus zieht, will sie nach Ende des Programms<br />

erklären. Dann dürfte auch die insgesamt geringe Beliebtheit des Angebots Thema<br />

werden: Offiziell leben mindestens 2000 Obdachlose in Hamburg – die meisten von<br />

ihnen auch im Winter offenkundig auf der Straße. UJO<br />

•<br />

Wohnungslose<br />

Die Unterkunft wird zum Dauerzustand<br />

Gut 10.000 Menschen in Hamburg leben seit mehr als fünf Jahren in sogenannter<br />

öffentlich-rechtlicher Unterbringung. Das teilte der Senat auf Anfrage der<br />

Linksfraktion mit. Insgesamt wohnten vor Ausbruch des Ukraine-Krieges rund<br />

27.500 Menschen in städtischen Unterkünften. Die Mehrzahl von ihnen könnte<br />

in normalem Wohnraum leben, wenn es ihn für sie gäbe: Gut 5000 Betroffene<br />

haben ihre Wohnung verloren, weitere 12.500 sind Zugewanderte, die das Recht<br />

haben, in eigenen vier Wänden zu leben, aber keine finden. Der Ukraine-Krieg<br />

dürfte die Lage weiter verschärfen. Bis Redaktionsschluss (20. März) hatte<br />

Hamburg bereits 10.447 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die tatsächliche<br />

Zahl dürfte deutlich höher sein, da viele zunächst bei Verwandten, Bekannten<br />

oder hilfsbereiten Hamburger:innen untergekommen sind. UJO<br />

•<br />

Wohnraumschutz<br />

Leerstand ohne Ende in der Grindelallee?<br />

Die Stadt scheint nicht in der Lage zu sein, den jahrelangen Leerstand von<br />

Wohnungen in der Grindelallee 80 zu beenden. 45.000 Euro Zwangsgelder<br />

hat der Eigentümer bislang nicht bezahlt, ein Gerichtsbeschluss, nach dem er<br />

sein Haus auf Vordermann bringen muss, bleibt ohne Wirkung. In dem schmucken<br />

Altbau stehen seit mittlerweile bald drei Jahren bis zu 26 Wohnungen leer.<br />

Die Linke und der Mieterverein zu Hamburg fordern, das Amt solle deshalb einen<br />

Zwangsverwalter einsetzen, die Stadt wartet allerdings den Ausgang eines<br />

Rechtsstreits ab. „Leider nutzt das Bezirksamt hier nicht sämtliche Mittel aus“, so<br />

Mieter:in nenschützer Paul-Hendrik<br />

Mann. Die Einsetzung eines Treuhänders<br />

sei „rechtlich zulässig und erforderlich“.<br />

UJO<br />

•<br />

20<br />

Mehr Infos und Nachrichten unter:<br />

www.hinzundkunzt.de<br />

ILLUSTRATION: ISTOCK/OLGA KURBATOVA


Auf gute<br />

Nachbarschaft!<br />

Sie sind täglich um, über und unter uns. Läuft es normal,<br />

bemerken wir sie kaum. Läuft es schlecht, machen sie<br />

Stress. Und läuft es so richtig gut, werden aus Nachbar:innen<br />

Freund:innen. Wie gute Nachbarschaft gelingen kann, ist<br />

Thema unseres Schwerpunkts. Wir haben einen Hauswart<br />

gefragt, wie er für gelungenes Miteinander sorgt (S. 22).<br />

Stellen Kioske vor, die besondere Orte der Begegnung<br />

sind (S. 26). Und haben erkundet, wie ein<br />

Nachbarschaftszentrum in St. Georg unterschiedlichste<br />

Menschen im Stadtteil zusammenführt (S. 34).


Nachbarschaft<br />

Experte für<br />

Nachbarschaft<br />

Niels Spohrmann weiß, was gute Nachbarschaft<br />

ausmacht – und wo es manchmal hakt. Seit 27 Jahren<br />

ist er Hausmeister bei der Hansa Baugenossenschaft.<br />

TEXT: JONAS FÜLLNER<br />

FOTOS: MIGUEL FERRAZ<br />

Hand aufs Herz: Wie viele<br />

der Menschen in Ihrem<br />

Mietshaus kennen Sie<br />

wirklich? Zwei, drei, vier?<br />

Räumliche Nähe führt nicht automatisch<br />

zu Gemeinschaft. Leichter zu<br />

Konflikten. Ein Beispiel? Ich bin gerade<br />

in einen Neubau mit Fahrradkeller gezogen.<br />

Die Tür hat einen Knauf, keinen<br />

Griff, und muss also nicht verriegelt<br />

werden. Wenn man sie vernünftig<br />

schließt. Trotzdem wurde sie kürzlich<br />

doppelt verschlossen. Passiv-aggressive<br />

Reaktion auf ein Fehlverhalten? Oder<br />

gar ein Konflikt? Niels Spohrmann<br />

muss lachen, wenn er solche Erzählungen<br />

hört. Sie sind sein Alltag. Der Hauswart<br />

der Hansa Baugenossenschaft betreut<br />

rund 500 Wohnungen. Konflikte<br />

moderieren, Streit lösen und Mieter:innen<br />

helfen ist sein Job. Seit 27 Jahren.<br />

Mit rund 10.000 Wohnungen zählt<br />

die Hansa zu den größten „Playern“ in<br />

Hamburg. Niels Spohrmanns Einsatzgebiet<br />

liegt im Stadtzentrum: St. Georg,<br />

Hafencity und St. Pauli. „Als ich bei der<br />

Hansa anfing, hatten wir noch einen<br />

Piepser wie ein Oberarzt“, erinnert er<br />

sich. „Da musste ich mir eine Telefonzelle<br />

suchen, um die Zentrale zurückzurufen.“<br />

Gepiepst habe es allerdings nur selten.<br />

Heute hingegen klingelt sein Telefon<br />

jede Viertelstunde. „Es hat sich schon<br />

verdammt geändert. Alles muss sofort<br />

Früher über Piepser, heute über<br />

Smartphone für die Mieter:innen<br />

erreichbar: Niels Spohrmann<br />

sein. Früher war es anders. Die Leute<br />

waren entspannter“, sagt der 62-Jährige,<br />

dem man sein Alter nicht ansieht.<br />

Hält ihn seine Arbeit jung? Niels<br />

Spohrmann lacht verlegen und verweist<br />

auf die Gene. Dass ihn der Job erfüllt<br />

und zugleich immer wieder vor neue<br />

Aufgaben stellt, dürfte allerdings dazu<br />

beitragen, dass ihm noch keine grauen<br />

Haare wachsen. Wobei auch unter den<br />

Hansa-Mitgliedern nicht nur Friede-<br />

Freude-Eierkuchen herrscht: „Einen<br />

Karton klein zu reißen, kriegen einige<br />

nicht auf die Reihe“, echauffiert sich<br />

Spohrmann. Wenn der Hauswart an<br />

überquellende Papiercontainer denkt,<br />

schwillt ihm der Kamm. „Die Rücksichtslosigkeit<br />

wird größer“, sagt der<br />

gebürtige Hamburger. Das sei aber<br />

wohl kein spezifisches Verhalten seiner<br />

Mieter:innen, sondern eine gesellschaftliche<br />

Entwicklung.<br />

Dennoch ist Spohrmann glücklich.<br />

„Es gibt viele, die sich bedanken. Das<br />

ist schön“, sagt der Hauswart. Natürlich<br />

gebe es auch Menschen, die sich<br />

beklagen. Wenn Handwerksarbeiten zu<br />

lange dauern, Reparaturen nicht<br />

schnell genug erfolgen. Doch auch die<br />

Hansa brauche die Hilfe von Fremdfirmen,<br />

die manchmal völlig ausgelastet<br />

wären. Zudem komme es immer öfter<br />

vor, dass Einzelteile nicht lieferbar<br />

s eien. Das führe verständlicherweise zu<br />

Unmut. Grundsätzlich habe er aber<br />

das Gefühl, dass die Bewohner:innen<br />

zufrieden seien. Und der Kontakt<br />

zwischen ihnen gut funktioniere.<br />

23


Rubrik<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>350</strong>/APRIL 2022<br />

Oben: Vor 16 Jahren entstand der<br />

Neubau im Brau-Viertel auf St. Pauli.<br />

Unten: Niels Spohrmann im Gespräch mit<br />

Anwohnerin Nadine Soetbeer-Lissek<br />

Seit 16 Jahren ist der Hauswart für die<br />

Bewohner:innen der Hansa-Häuser im<br />

Stadtzentrum zuständig. Zu einigen<br />

pflegt er ein fast schon persönliches<br />

Verhältnis. „Die melden sich sogar bei<br />

mir ab, wenn sie in den Urlaub fahren“,<br />

sagt Spohrmann nicht ohne Stolz.<br />

Fest angestellte Hausmeister oder<br />

eine „Anlaufstation für alles“ (Spohrmann)<br />

leisten sich heutzutage immer<br />

weniger Hauseigentümer:innen. Dort<br />

wo sie noch im Einsatz sind, ist es für<br />

die Mieter:innen ein Segen. „Wo ich<br />

24<br />

Sie gerade sehe“ ist der Satz, den er am<br />

häufigsten höre, sagt Spohrmann.<br />

Durch den engen Kontakt zu den Genossenschaftsmitgliedern<br />

ließen sich<br />

oftmals Situationen auflösen, bevor sie<br />

zu einem Problem würden.<br />

Trotzdem denke er manchmal sehnsüchtig<br />

an früher zurück. „Wenn es bei<br />

Oma Meyer hieß ,Bei meiner Lampe,<br />

da geht was nicht‘, haste noch eine neue<br />

Glühbirne reingedreht. Das gehörte zur<br />

Mieter:innenbetreuung dazu.“ Heute<br />

sei alles enger getaktet und der Verwaltungsaufwand<br />

viel größer. Ein Großteil<br />

seiner Arbeitszeit gehe für die Dokumentation<br />

von Mängeln und anderem<br />

drauf. Auch die gesetzlichen Vorschriften<br />

seien immer mehr geworden. Aber<br />

auch die Bewohner:innenschaft habe<br />

sich gewandelt. „Es kommen immer<br />

weniger Leute auf die Idee, mir einen<br />

Kaffee anzubieten“, sagt der Hauswart.<br />

Nicht unwesentlich sei der Wandel<br />

der Kommunikationsmittel. Traf man<br />

früher seinen Hauswart noch zu<br />

Sprechzeiten in dessen Büro an, melden<br />

sich die meisten Mieter:innen heutzutage<br />

lieber per E-Mail bei der Verwaltung.<br />

„Die neue Nachbarschaft trifft<br />

sich nicht mehr im Treppenhaus, sondern<br />

bei WhatsApp“, meint Spohrmann.<br />

Fast in jedem Haus gebe es inzwischen<br />

eine derartige Chat-Gruppe:<br />

„Das kann gut sein, aber auch anstrengend<br />

werden, wenn die sich gegenseitig<br />

aufpushen und in kleine Probleme<br />

reinsteigern.“<br />

Immerhin, diese Gruppen sind ein<br />

Beleg, dass zwischen den Mieter:innen<br />

kommuniziert wird. Und damit Kennenlernen<br />

und gutes Zusammenleben


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

auch gelingt, fördert die Hansa<br />

sogar Nachbarschaftsfeste finanziell.<br />

Es bräuchten sich nur ein paar<br />

Bewohner:innen zusammentun und<br />

schon könne es losgehen, erklärt der<br />

Hauswart, der in den Anfangsjahren<br />

selbst die Feste für die Nachbarschaft<br />

im Brau-Quartier organisiert hat. Grill,<br />

Musikanlage und Spielgeräte stellt die<br />

Hansa. Trotzdem wird nicht in jeder<br />

Hansa-Wohnsiedlung regelmäßig gefeiert.<br />

Spohrmann findet das schade.<br />

Ob einige die Mühen scheuen? Vielleicht<br />

sollte der Hauswart die Debatte<br />

via WhatsApp anstoßen? Nein, die Einladung,<br />

Mitglied solcher Gruppen zu<br />

werden, hat er bislang dankend abgelehnt,<br />

sagt er. Zu ausufernd solle die<br />

Betreuung lieber nicht werden. Es gebe<br />

auch so genug zu tun. Er könne für die<br />

Rahmenbedingungen sorgen. Am Ende<br />

liege es an den Nachbar:innen, ob sie<br />

sich anfreunden oder nicht.<br />

Und dann erzählt er noch eine<br />

skurrile Begebenheit aus seinem Arbeitsleben.<br />

Vor Jahren habe ihn eine<br />

Mieterin angerufen: „Herr Spohrmann,<br />

da liegt einer in seiner Wohnung<br />

seit einer Viertelstunde auf dem Boden<br />

neben dem Bett. Können Sie mal prüfen,<br />

was da los ist? Nicht, dass der tot<br />

ist.“ Da war der gelernte Schlosser mit<br />

seinem Latein am Ende. Denn er war<br />

nicht vor Ort. Und er hatte keine Idee,<br />

auf welche Wohnung die Mieterin<br />

blickte. Eine Stunde später klingelte<br />

sein Telefon erneut – und brachte<br />

Erleichterung: „Der ist wieder aufgestanden“,<br />

hieß es am anderen Ende<br />

der Leitung.<br />

Dass Niels Spohrmann mal keine<br />

Lösung hat, kommt sonst selten vor.<br />

Schließlich kennt kaum jemand die<br />

Mieter:innen, aber auch die Bauten so<br />

gut wie er. Beim Brau-Quartier war er<br />

vor 16 Jahren sogar in die Fertigstellung<br />

der Häuser miteinbezogen. Eine<br />

Besonderheit, denn lange Jahre verwalteten<br />

die Hamburger Genossenschaften<br />

nur noch ihre Bestände. Der Neubau<br />

auf St. Pauli sorgte damals für Schlagzeilen.<br />

Auch weil die Hansa damit in<br />

neue Mietpreisdimensionen vorstieß.<br />

„Die Genossenschaften werden moderner,<br />

und sie haben durch interessante<br />

Nachbarschaft<br />

„Die Nachbarschaft<br />

trifft sich<br />

auf WhatsApp.“<br />

NIELS SPOHRMANN<br />

Neubauten, eben auch nicht mehr nur<br />

diese altbackenen Häuser aus den<br />

1950er-Jahren“, hält Niels Spohrmann<br />

der Kritik entgegen. Als die Bauten<br />

Ende der 2000er-Jahre fertiggestellt<br />

und Mieten von knapp über zehn Euro<br />

pro Quadratmeter verlangt wurden,<br />

war das auf St. Pauli noch eine Ausnahme.<br />

Heutzutage wohnt man im Brau-<br />

Quartier deutlich günstiger als in den<br />

umliegenden Straßen, in denen für<br />

unsanierte Altbauten inzwischen weit<br />

mehr verlangt wird. „Natürlich steigen<br />

auch bei uns die Mieten“, sagt Spohrmann.<br />

„Aber wir liegen mit dem<br />

Durchschnitt unserer Mieten immer<br />

unter dem Hamburger Mietenspiegel.“<br />

Wohl auch ein Grund, warum Nachbarschaft<br />

bei den Genossenschaften<br />

leichter fällt: Wer überteuerte Mieten<br />

zahlt, ist mit dem Angebot schneller<br />

unzufrieden und beschwert sich.<br />

Vor allem aber fehlt privaten Wohnungsunternehmen,<br />

die aus Kostengründen<br />

auf einen Hauswart verzichten,<br />

ein menschlicher Kummerkasten<br />

wie Niels Spohrmann, der für bessere<br />

Nachbarschaft sorgt. Kürzlich traf ich<br />

im Treppenhaus meinen Hauswart. Ich<br />

hatte schon ein „Ach, wo ich Sie gerade<br />

treffe“ auf den Lippen, als er mich ansprach:<br />

„Hallo, Herr Füllner. Die Tür<br />

zum Fahrradkeller bekommt übrigens<br />

einen Türschließer. Die fällt dann selbst<br />

zu, hat ja einen Knauf und muss also<br />

nicht mehr abgeschlossen werden ...“<br />

Niels Spohrmann hätte jetzt sicherlich<br />

noch angefügt: „Das gehört schließlich<br />

zum Service dazu.“ •<br />

Jonas Füllner ist erst kürzlich<br />

umgezogen und bereits jetzt<br />

völlig begeistert vom überaus<br />

freundschaftlichen Umgang<br />

zwischen den Nachbar:innen.<br />

jonas.fuellner@hinzundkunzt.de<br />

ANKER<br />

DES<br />

LEBENS<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong> bietet obdachlosen<br />

Menschen Halt. Eine Art<br />

Anker für diejenigen, deren<br />

Leben aus dem Ruder<br />

gelaufen ist. Möchten Sie<br />

uns dabei unterstützen und<br />

gleichzeitig den Menschen,<br />

die bei Hinz&<strong>Kunzt</strong> Heimat und<br />

Arbeit gefunden haben, helfen?<br />

Dann hinterlassen Sie etwas<br />

Bleibendes – berücksichtigen<br />

Sie uns in Ihrem Testament!<br />

Als Testamentsspender:in<br />

wird Ihr Name auf Wunsch<br />

auf unseren Gedenk-Anker<br />

in der Hafencity graviert.<br />

Ein maritimes Symbol für<br />

den Halt, den Sie den sozial<br />

Benachteiligten mit Ihrer<br />

Spende geben.<br />

Wünschen Sie ein<br />

persönliches Gespräch?<br />

Kontaktieren Sie unseren<br />

Geschäfts führer Jörn Sturm.<br />

Tel.: 040/32 10 84 03 oder<br />

E-Mail: joern.sturm@hinzundkunzt.de<br />

25


26


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Rubrik<br />

Kaugummi,<br />

Kippen und<br />

Klönschnack<br />

Wenn der Supermarkt schon geschlossen<br />

hat und die Tanke zu weit weg ist, retten<br />

Kioske gestressten Großstädter:innen<br />

den Abend. Aber die kleinen Läden ums<br />

Eck können noch mehr: Hier treffen sich<br />

Nachbar:innen und Fremde, Alte und<br />

Junge, Einsame und Partygänger:innen.<br />

Man kommt für eine Packung Zigaretten<br />

und geht mit einer ganzen Lebensgeschichte.<br />

Ein Gang durch eine Parallelwelt<br />

in Altona, Ottensen, Harburg und Wedel.<br />

TEXT: SIMONE DECKNER<br />

FOTOS: DMITRIJ LELTSCHUK<br />

Kioskbetreiber Robin Meric vor seinem<br />

Arbeitsplatz in der Stresemannstraße.<br />

27


Im Kiosk von Sakir<br />

Büjükodabasi wurde früher<br />

Obst und Gemüse verkauft<br />

(oben). Lichtkunst von Claudia<br />

Kulenkampff und Florian<br />

Tampe auf dem Dach des<br />

Kulturkiosks Blohmstraße<br />

28


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Nachbarschaft<br />

Kiosk 2000, Ottensen<br />

„Ein Traumjob ist das nicht“<br />

Die blauen Haifische kosten zehn Cent. Die weißen Mäuse auch. Draußen, auf der Plastikklappe,<br />

steht mit Edding geschrieben, ob der Süßkram für die gemischte Tüte mit oder ohne Gelatine ist.<br />

„Es gibt hier im Viertel viele Veganer und Muslime, für die ist das wichtig“, sagt Kioskbetreiber<br />

Sakir Büjükodabasi. Er selbst greift auch manchmal zu, aber seine Lieblingssorte ist gerade aus.<br />

1999 hat der Sohn türkischer Einwanderer den Kiosk übernommen. „Kiosk 2000“, das klang nach<br />

Zukunft. „Meine Eltern haben hier früher Obst und Gemüse verkauft, aber dann zog nebenan ein<br />

‚Penny‘ ein, und wir mussten uns etwas überlegen.“ Damals gab es in der Bahrenfelder Straße nur<br />

einen weiteren Kiosk. Und das Cornern war noch lange nicht erfunden. Jetzt hängt hier am<br />

Wochenende das Szenevolk auf den Fußwegen ab und versorgt sich mit billigem Kioskbier, Kippen<br />

und Kaugummi. Doch der Hype hat seinen Preis. „Auch bei uns hat sich die Miete verdoppelt, aber<br />

das ist immer noch super für die Verhältnisse in Ottensen. Diesen Laden würdest du für diese<br />

Miete jetzt niemals mehr bekommen“, sagt Sakir. Corona hat ihn aber hart getroffen: „Wir durften ja<br />

ab 22 Uhr keinen Alkohol mehr verkaufen. Unser Geschäft fängt aber erst ab 20 Uhr an. Das war<br />

wirklich schwierig.“ Erst langsam entspannt sich die Lage wieder. Dennoch sieht Sakir seinen<br />

Job kritisch: „Ich sage jedem, der einen Kiosk aufmachen will: ‚Du hast kein Privatleben mehr.<br />

Du arbeitest nur noch.‘ Ein Traumjob ist das nicht.“ Derzeit konzentriert er sich auf seinen<br />

neuen Laden: ein kleines Nudel-Restaurant in derselben Straße. „Da machen wir alles selbst.“<br />

Die Zahl 2000 im Kiosknamen, sie klingt jetzt fast schon ein wenig retro. •<br />

Ein Kiosk-Klassiker:<br />

die bunte oder gemischte Tüte –<br />

nicht nur bei Kindern beliebt<br />

Kiosk 2000 Bahrenfelder Straße 141, Ottensen, Mo–Do 7–1 Uhr, Fr+Sa 7–3 Uhr, So 9–1 Uhr<br />

Kulturkiosk Blohmstraße, Harburger Binnenhafen<br />

„Man wundert sich, dass so was überlebt“<br />

Pferdebockwurst gibt es hier nicht mehr, auch keine „Hafenlümmel“,<br />

eine Art größere Wiener Würstchen. Und will man ein Bierchen trinken,<br />

muss man es selbst mitbringen, denn: Seit 2015 wird am Kiosk<br />

Blohmstraße nichts mehr verkauft. Ein altes Werbeplakat mit dem<br />

Aufdruck „Hamburger Knacker“ erinnert noch an geschäftige Zeiten.<br />

Damals, als der Kiosk von Hafenarbeitern belagert wurde, die hier<br />

gern ihre Mittagspause verbrachten. Bereits 1876 eröffnete die kleine<br />

Trinkhalle. Erst 139 Jahre später hörte der letzte Pächter auf, weil die<br />

Stadt das Gelände neu bebauen wollte. Ein paar Harburger:innen<br />

retteten das „schrullige Kleinod“ (Denkmalverein) und machten einen<br />

„Kulturkiosk“ daraus. Seither finden hier mehrmals im Jahr Lesungen,<br />

Ausstellungen und Open-Air-Konzerte statt. „Wir haben den Kiosk<br />

zufällig bei einer Fahrradtour entdeckt“, sagt Künstlerin Claudia<br />

Kulenkampff. Gemeinsam mit Florian Tampe war sie auf der Suche<br />

nach vergessenen Orten für ein neues Projekt. „Der Kiosk hat förmlich<br />

geschrien: ‚Nehmt doch mich!‘“, sagt sie und lacht. Beide finden: Dieser<br />

Ort gehört gewürdigt. „Der Binnenhafen ist wie die Hafencity von<br />

Harburg: Alles türmt sich immer höher, das Viertel ist im Wandel“,<br />

sagt Kulenkampff. Und Tampe ergänzt: „Mittendrin steht dann dieses<br />

schiefe Ding. Man wundert sich, dass so was überlebt.“ Die<br />

Künstler:innen setzten dem Kiosk eine Lichtinstallation aufs Dach<br />

und hüllten den klapprig gewordenen Korpus mit einem Umhang ein,<br />

auf dem Fotos anderer vergessener Orte gedruckt sind. Im Februar<br />

leuchtete der Kiosk jede Nacht für vier Stunden, betrieben mit Solartechnik.<br />

„Wir haben erstaunlich viel Anerkennung bekommen für so<br />

ein relativ kleines Kunstprojekt“, sagt Florian Tampe. Bei der Vernissage<br />

waren sogar einige Hafenarbeiter dabei, die schon lange im Ruhestand<br />

sind. Nur Pferdewurst zur Feier des Tages gab es nicht.<br />

•<br />

29<br />

Kulturkiosk Blohmstraße<br />

Blohmstraße 28/Ecke Kanalplatz, Harburg Binnenhafen,<br />

geöffnet nur bei Veranstaltungen,<br />

www.facebook.com/kulturkiosk


Blitz-Kiosk, Altona-Nord<br />

„Das ist wie eine Therapie“<br />

Zack! Schon wieder hat der Blitzer auf der Stresemannstraße ausgelöst.<br />

1,03 Millionen Euro hat die fleißigste Radarfalle der Stadt<br />

vergangenes Jahr eingebracht. Schräg gegenüber, auf der anderen<br />

Straßenseite, sitzen junge Menschen auf einer Bierbank und grinsen.<br />

Sie haben gewettet, wen es wohl als nächstes erwischt – ein beliebter<br />

Zeitvertreib am Blitz-Kiosk. „Über den Namen habe ich mir viele<br />

Gedanken gemacht“, sagt Betreiber Robin Meric. Am Ende wurde es<br />

der offensichtliche. Seit 2017 steht Robin hinterm Verkaufstresen,<br />

geplant war das nicht: „Ich bin Koch und wollte eigentlich ein kleines<br />

Restaurant aufmachen“, sagt der 35-Jährige. Doch die Fläche war<br />

dafür viel zu klein, also: Kiosk. „Wir haben mitten im Winter eröffnet,<br />

einem Winter, in dem es noch richtig geschneit hat“, erinnert sich<br />

Robin. 16-Stunden-Tage, wenig Schlaf, aber nach einem halben Jahr<br />

lief es. Seine Stammkund:innen sind Student:innen, viele wohnen<br />

gleich nebenan. „Bevor es den Kiosk gab, kannten die sich kaum.<br />

Jetzt ist das anders“, sagt Robin. Wie auf Bestellung läuft ein junger<br />

30


Nachbarschaft<br />

Gegenüber vom Blitz-Kiosk steht eine Radarfalle – seit Neuestem<br />

blitzt sie mit Lasertechnologie. Kioskbetreiber Robin Meric<br />

(kleines Foto) ist eine familiäre Atmosphäre wichtig: Die mögen<br />

auch sein Neffe (großes Foto, sitzend) und sein Mitarbeiter.<br />

Mann am Kiosk vorbei und grüßt ihn. „Mir ist eine familiäre<br />

Stimmung ganz wichtig. Wenn du mal einen traurigen Tag hast,<br />

komm vorbei! Wir können über alles reden. Das ist hier wie eine<br />

Therapie.“ Die langen Nächte – am Wochenende kann es schon mal<br />

bis vier Uhr in der Früh gehen – machen Robin eigentlich nichts aus.<br />

Seit er Vater eines dreijährigen Kindes ist, versucht er allerdings<br />

etwas kürzer zu treten. Aber nach der langen Corona-Flaute zählt<br />

jeder Tag. „Ich hoffe, dass es wieder wie vorher wird“, sagt Robin.<br />

Gut, dass er jede Menge positiver Geschichten auf Lager hat:<br />

„Es gibt da zwei Leute, die sich hier immer getroffen haben. Die sind<br />

jetzt verheiratet.“ Er hätte auch sagen können: Die wurden hier vom<br />

Blitz getroffen. •<br />

Blitz-Kiosk<br />

Stresemannstr. 126, Altona-Nord,<br />

Mo–Do + So 10–0 Uhr, Fr+Sa 10–3.30 Uhr<br />

31


Kiosk und Getränke Otto, Wedel<br />

„Verkaufen ist mein Leben“<br />

Peter Otto steht seit 50 Jahren<br />

am Kiosk-Tresen. Ein anderes<br />

Leben hat er nie gewollt.<br />

Montagvormittag in Wedel. Im Minutentakt gehen<br />

Kund:innen in Peter Ottos Kiosk ein und aus: „Eine Lucky für<br />

zehn, und ne rote Pall Mall kannste auch noch mal bringen,<br />

bitte. Und gib mir doch auch noch ein Feuerzeug dazu, so<br />

ein weißes.“ Es sind fast ausschließlich Stammkund:innen,<br />

die hier Zigaretten kaufen, leere Getränkeflaschen gegen<br />

volle tauschen und sich die Tageszeitung holen. „Wenn mal<br />

jemand kommt, den ich nicht kenne, erschrecke ich mich<br />

richtig“, sagt der 76-jährige Chef und lacht. Seit 50 Jahren<br />

bedient er seine Kund:innen am Galgenberg schon. „Ich<br />

h abe nie etwas anderes gewollt als Verkaufen, das ist mein<br />

Leben“, sagt Otto und sortiert ein paar Zigarettenschachteln<br />

ein. Jeden Tag, außer sonntags, steht er nachts um eins auf,<br />

füllt Ware auf und kocht frischen Kaffee. Um vier Uhr öffnet<br />

32


Nachbarschaft<br />

Bunte Tüte:<br />

Kiosk-Wissen in Kurzform<br />

• Die Zahl der Kioske in Deutschland sinkt<br />

seit Jahren. 23.100 soll es noch<br />

geben (Stand: 2021), vor zehn Jahren waren<br />

es noch rund 28.000.<br />

• Gesamtumsatz der Kioske in Deutschland:<br />

rund 7,5 Mrd. Euro<br />

• 71 Prozent der Kioskbesitzer:innen in Deutschland<br />

haben einen Migrationshintergrund.<br />

• Die Preise für Waren im Kiosk sind im Durchschnitt<br />

zwischen 37 und 53 Prozent höher als im Supermarkt.<br />

• Hannover gilt als Kiosk-Hochburg in<br />

Deutschland: Mehr als 300 Kioske gibt es in<br />

der niedersächsischen Landeshauptstadt.<br />

(Quellen: Competence Center for on-the-go Consumption,<br />

NDR, Handelsblatt, Welt)<br />

HAMBURGER NEBENSCHAUPLÄTZE<br />

DER ETWAS ANDERE<br />

STADTRUNDGANG<br />

Wollen Sie<br />

Hamburgs City<br />

einmal mit<br />

anderen Augen<br />

sehen? Abseits<br />

der glänzenden<br />

Fassaden zeigen wir<br />

Orte, die in keinem<br />

Reiseführer stehen:<br />

Bahnhofsmission<br />

statt Rathaus und<br />

Tagesaufenthaltsstätte<br />

statt Alster.<br />

Sie können mit<br />

unserem Stadtführer<br />

Chris zu Fuß auf<br />

Tour gehen, einzeln<br />

oder als Gruppe<br />

bis 25 Personen.<br />

Auch ein digitaler<br />

Rundgang ist<br />

möglich. Das ist fast<br />

genauso spannend.<br />

Offener Rundgang am Sonntag, 10.4. und 24.4.22, jeweils 15 Uhr<br />

Reguläre Rundgänge bequem selbst buchen unter:<br />

www.hinzundkunzt.de/stadtrundgang<br />

Digitale Rundgänge bei friederike.steiffert@hinzundkunzt.de oder<br />

Telefon: 040/32 10 84 04<br />

Kostenbeitrag: 5 Euro/10 Euro<br />

pro Person<br />

er, meist wartet da schon ein Stammkunde auf ihn. Auch<br />

seine Frau, mit der er seit 56 Jahren verheiratet ist, hat er<br />

hier kennengelernt: „Ich habe über dem Kiosk gewohnt und<br />

sie eine Straße weiter, das war optimal“, sagt er und lacht<br />

erneut. Wenn Kund:innen ein Wehwehchen plagt, googeln<br />

sie mögliche Ursachen nicht im Internet, sondern fragen<br />

ihn: „Die Leute sagen immer: ‚Du weißt doch alles!“, sagt<br />

Otto. So viel Einsatz hat seinen Preis: Im Urlaub war er<br />

zuletzt vor 21 Jahren. Normal, findet er. Außerplanmäßig<br />

geschlossen war noch nie, darauf ist er stolz: „Wenn hier zu<br />

ist, dann müsste ich tot sein!“ An die Rente denkt der Kioskbetreiber<br />

nicht. „Ich muss nicht zu Hause auf dem Sofa<br />

sitzen und in die Glotze gucken, da verblödet man.“ Solange<br />

sein Körper noch will, macht Peter Otto weiter. Dann kommt<br />

wieder Kundschaft: „Moin Dieter, wie immer?“ •<br />

Getränkemarkt & Kiosk Otto<br />

Galgenberg 94, Wedel,<br />

Mo–Fr 4–12.30 Uhr und 14–18 Uhr,<br />

Sa 4–13 Uhr, So geschlossen<br />

Simone Deckner hat sich<br />

früher nach der Schule Esspapier<br />

und saure Gurken in ihre bunte<br />

Tüte gepackt. Bei dieser Recherche<br />

gab es heißen Kaffee – so<br />

ändern sich die Zeiten.<br />

redaktion@hinzundkunzt.de<br />

ILLUSTRATION: ESTHER CZAYA<br />

Wie klingt<br />

Hamburg?<br />

Schüler:innenwettbewerb von<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong> und AUDIYOU<br />

Wie klingt für euch Hamburg?<br />

Welche Menschen und Orte gehören dazu?<br />

Wir sind gespannt darauf, was für Persönlichkeiten,<br />

Geschichten oder auch Klänge ihr findet.<br />

Macht unsere Stadt hörbar!<br />

Gestaltet aus den Ideen einen Hörbeitrag, egal<br />

in welcher Form. Das kann eine kleine Geschichte,<br />

eine Reportage, ein Hörspiel, ein Song, ein Interview<br />

oder etwas anderes sein. Hauptsache, es ist hörbar<br />

und nicht länger als vier Minuten.<br />

Wir sind gespannt darauf! Aus allen Einsendungen<br />

wählt eine Expert:innen-Jury ihre Favoriten und<br />

stellt diese bei einer großen Abschlussveranstaltung<br />

für alle Teilnehmer:innen im Juni 2022 vor.<br />

Dabei gibt es viele Preise zu gewinnen.<br />

Einsendeschluss:<br />

2. Juni 2022<br />

Mehr Informationen, Teilnahmebedingungen<br />

und das Anmeldeformular gibt es<br />

unter hinzundkunzt@audiyou.de oder<br />

bei Stephanie Landa, Tel. 040 – 46 07 15 38.<br />

33


Alle Türen<br />

bleiben auf<br />

Im Stadtteilzentrum Schorsch in<br />

St. Georg treffen die unterschiedlichsten<br />

Menschen aufeinander. Sie schaffen<br />

es, Konflikte zu lösen, bevor sie<br />

überhaupt entstehen.<br />

TEXT: ANNA-ELISA JAKOB<br />

FOTOS: IMKE LASS


Nachbarschaft<br />

Das Schorsch in St. Georg<br />

bietet unterschiedlichsten<br />

Gruppen Raum. Bedingung:<br />

Die Tür muss immer für<br />

andere offenstehen.<br />

M<br />

itten in St. Georg, eine<br />

Straße entfernt von der<br />

„Gaybar Extratour“,<br />

zwischen dem Duft von<br />

Baklava und Nawashev-Gebäck, mit<br />

Blick auf Spielplatz und Kirchturm –<br />

hier steht das „Schorsch“.<br />

Auf 1400 Quadratmetern finden<br />

hier alle Raum, die Raum suchen;<br />

und so ist es ganz selbstverständlich,<br />

dass sich an manchen Tagen die Fridaysfor-Future-Kids,<br />

die Gruppe „Konfirmanden<br />

deutschafrikanisch“ und<br />

die „Regenbogenfamilie“ in Räumen<br />

„Wir<br />

vermeiden<br />

aktiv Konflikte.“<br />

PETRA THIEL, SCHORSCH-GESCHÄFTSFÜHRERIN<br />

direkt nebeneinander treffen. Die Bedingung:<br />

Ein Raum des Kinder- und<br />

Jugendzentrums muss immer ein offener<br />

sein. Denn alle, die interessiert sind,<br />

egal, ob aus dem Stadtteil oder von<br />

anderswo, sollen mitmachen dürfen.<br />

Was vor allem klingt wie eine schöne<br />

Idee, zeigt mittlerweile Wirkung im<br />

ganzen Stadtteil. „Wir vermeiden aktiv<br />

Konflikte“, sagt Petra Thiel, seit 1996<br />

im Stadtteil in der Kinder- und Jugendarbeit<br />

aktiv und Geschäftsführerin des<br />

35


Nachbarschaft<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>350</strong>/APRIL 2022<br />

Mehdi Aroui und Petra Thiel kennen St. Georg seit vielen Jahren – und schätzen das Miteinander im Stadtteil.<br />

Schorsch. Dessen Räume seien eine<br />

Ressource, die sie nutzten, um Menschen<br />

zu zeigen, dass es „auch noch<br />

andere Lebensmodelle gibt“ und dass<br />

diese oft nur eine Tür weiter stattfinden.<br />

Wer die Regeln der anderen<br />

kenne, meint Thiel, müsse die ja nicht<br />

gleich gut finden. Doch: „Je mehr sich<br />

die Menschen kennenlernen, desto<br />

mehr führt das zu einem konfliktfreien<br />

Miteinander.“<br />

Wie gut das normalerweise funktioniert,<br />

hat sich ausgerechnet gezeigt, als<br />

es nicht funktionierte. In der Coronapandemie<br />

und vor allem während<br />

der Lockdown-Phasen mussten sie im<br />

Schorsch häufig die Türen schließen,<br />

Kinder abweisen, den Einlass kontrollieren.<br />

Also genau das, was dem<br />

offenen Konzept widerspricht. Ob sich<br />

dadurch etwas verändert hat? „Tatsächlich<br />

kam es schneller zu Konflikten“,<br />

sagt Petra Thiel. Alle seien angespannter<br />

gewesen, die Jugendlichen<br />

schneller emotional. Miteinander auszukommen<br />

– das hätten viele erst wieder<br />

lernen müssen. Vor allem innerhalb<br />

der Familien habe es in dieser Zeit<br />

viel Streit gegeben. „Die Nachfrage für<br />

Beratungen von Familien hat sich fast<br />

verdoppelt.“<br />

Wenige Gehminuten vom Schorsch<br />

entfernt, weist Mehdi Aroui den Weg in<br />

die Muhajirin Moschee. Direkt neben<br />

dem „Tango Tanzstudio“ führt ein<br />

schmaler Gang zum Schuhregal und<br />

von dort über weichen Teppichboden<br />

in den Gebetssaal. Das Mittagsgebet ist<br />

„Wir sind<br />

wie eine große<br />

Familie.“<br />

MEHDI AROUI, AL MANAR STIFTUNG<br />

gerade vorbei, die Moschee deswegen<br />

leer. Aroui ist Vorsitzender der Al Manar<br />

Stiftung, einer islamischen Bildungsstiftung,<br />

die sich früher vor allem<br />

in der Moschee traf. Irgendwann sei ihnen<br />

der Platz aus gegangen. Dann gründete<br />

sich 2014 das Schorsch und lud die<br />

islamische Gemeinde zur Eröffnungsfeier<br />

ein.<br />

36<br />

Damals, erzählt Aroui, standen sie alle<br />

auf dem Spielplatz vor dem Schorsch,<br />

eine kleine Bühne war aufgebaut. Geschäftsführerin<br />

Thiel und der Pastor<br />

aus dem Viertel sagten beide: Das<br />

Schorsch wird zwar kirchlich gefördert,<br />

doch vor allem ist es von der Stadt<br />

Hamburg finanziert. Es sei offen für alle,<br />

lautete ihr Versprechen. Auch Aroui<br />

sollte auf die Bühne. Er wusste damals<br />

noch nicht, wie gut das funktionieren<br />

würde. Aroui hoffte nur, sie würden ihr<br />

Versprechen halten. Heute sagt er:<br />

„Das haben sie. Mittlerweile sind wir<br />

wie eine große Familie.“<br />

Als sie das erste Mal nach einem<br />

Raum im Schorsch fragten, fühlte sich<br />

seine islamische Gemeinde dennoch vor<br />

den Kopf gestoßen. Warum sollte jede:r<br />

reinkommen dürfen, wenn sie etwas besprachen?<br />

Wozu die Tür für alle öffnen,<br />

wenn es doch um ihre muslimische<br />

Gemeinde ging? Bedeutet das Toleranz?<br />

Doch sie ließen sich das Konzept<br />

erklären und willigten ein. Transparenz,<br />

so sagt Aroui, sei ihnen selbst sehr<br />

wichtig. Seit Jahren posten sie jede<br />

Predigt auf Facebook. Damit Skepsis


Peeerssssönnliicheee<br />

Assssssssiissssteeennz<br />

Nachbarschaft<br />

gar nicht erst entsteht, dafür umso mehr Dialog. Das<br />

bedeutet nicht, dass es keine Konflikte mehr gibt –<br />

aber dass sie gelöst werden, bevor sie sich verfestigen.<br />

Jedes Jahr organisiert Aroui den „Ramadan-<br />

Pavillon“. Nach dem Fasten mit den Jugendlichen<br />

der muslimischen Gemeinde folgt in einem großen<br />

Zelt ein Essen mit Freund:innen und Bekannten.<br />

Auch Menschen aus dem Schorsch sind eingeladen.<br />

„Dort können sie sehen, dass wir uns nicht wie ausgehungerte<br />

Vampire auf die Mahlzeiten stürzen, sondern<br />

alles sehr gesittet zugeht“, sagt Aroui und lacht.<br />

Was er damit meint: Egal welche abstrusen Bilder<br />

und Vorurteile über die anderen sich in den Köpfen<br />

festgesetzt haben – mithilfe des Schorsch setzen sie<br />

die Realität entgegen. „Im Schorsch wurden wir<br />

nicht nur zum Essen eingeladen, sondern auch zum<br />

Kochen, und ja, sogar zum Einkaufen“, sagt Aroui.<br />

Auch an diesem Nachmittag will er gleich noch<br />

weiter zum Einkaufen, das Abendessen für eine<br />

Jugendfreizeit besorgen. Dafür ist er extra zum<br />

Steindamm gefahren, denn er sagt: „Das Beste bekommt<br />

man hier, in St. Georg.“<br />

Wenn Geschäftsführerin Thiel von St. Georg<br />

spricht, meint sie weniger den Stadtteil, sondern den<br />

„Sozialraum“. Denn hier, nahe des Hauptbahnhofs,<br />

bewegen sich tagsüber rund viermal so viele<br />

Menschen, wie im Viertel wohnen. Ähnlich ist es im<br />

Schorsch: Nur rund die Hälfte derjenigen, die dort<br />

regelmäßig zusammenkommen, lebt in der Nachbarschaft.<br />

Die andere Hälfte stammt aus Stadtteilen wie<br />

Harburg, Altona, Borgfelde. Auch Aroui beobachtet:<br />

„Viele junge Menschen identifizieren sich mit diesem<br />

Stadtteil, obwohl sie hier nicht wohnen.“<br />

Aroui ist im Hamburg der Achtzigerjahre<br />

groß geworden. Er zeigt die Straße hinab auf die<br />

St.Georg-Borgfelde-Schule: Dort habe er damals<br />

Arabisch gelernt. Nun wachsen seine Kinder im<br />

Stadtteil auf. Sie gehen zum Arabischunterricht und<br />

in die Moschee, so wie er damals. Nur das Schorsch,<br />

das ist neu. •<br />

redaktion@hinzundkunzt.de<br />

OSTERMARSCH 2022<br />

NEIN ZUM<br />

KRIEG!<br />

Abrüsten statt Aufrüsten!<br />

Russische Truppen raus aus der<br />

Ukraine!<br />

Keine NATO-Expansion!<br />

Keine atomare Aufrüstung!<br />

Hamburger Forum für Völkerverständigung<br />

und weltweite Abrüstung e.V.<br />

www.hamburgerforum.org<br />

DEEEIINN NNEEEUEEERR<br />

JOB<br />

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Demonstration<br />

18. <strong>April</strong> um 13 Uhr<br />

Reeperbahn<br />

(Höhe Spielbudenplatz)<br />

Gastfamilien gesucht!<br />

Für 3 bis 6 Monate haben Sie eine Chance,<br />

einen jungen Menschen aus dem Ausland gegen<br />

eine Entschädigung aufzunehmen. Alle Infos unter:<br />

https://copernicus-stipendium.de/gastfamilien<br />

Kontaktieren Sie uns unter<br />

copernicus@hamburg.de oder 0176 / 30198955.<br />

Leichte Sprache:<br />

Es gibt den Text auch in Leichter<br />

Sprache. Scannen Sie den<br />

QR-Code mit dem Handy.<br />

Dann klicken Sie auf den Link.<br />

Der Text in Leichter Sprache öffnet<br />

sich. Oder Sie gehen auf unsere<br />

Webseite www.hinzundkunzt.de und suchen dort<br />

nach „Leichte Sprache“.<br />

www.huklink.de/<strong>350</strong>-leichte-sprache<br />

37<br />

abasto<br />

ökologische Energietechnik<br />

Für mehr soziale Wärme<br />

und eine klimaschonende<br />

Strom- und Wärmeversorgung.<br />

www.abasto.de


Minibord<br />

Schlüsselregal<br />

Mini-Ablage<br />

Nach getanem Job: Steffi Treiber<br />

freut sich über das bunte Ergebnis.<br />

Alte Schachtel?<br />

Nein. Neues Regal!<br />

Upcycling-Expertin Steffi Treiber zeigt,<br />

wie aus ausgedienten Weinkisten bunte Regale entstehen.<br />

TEXT: ANNETTE WOYWODE<br />

FOTOS: MAURICIO BUSTAMANTE<br />

D<br />

iese drei Weinkisten haben<br />

ein veredeltes Weiterleben verdient,<br />

so stabil wie sie gefertigt<br />

sind“, schrieb uns Leserin Iris Roß.<br />

Mit ihrer E-Mail nahm sie an der Verlosung<br />

teil, zu der wir in der Dezemberausgabe<br />

(H&K Nr. 346) eingeladen<br />

hatten. Die 52-Jährige hatte Glück: Ihr<br />

Name wurde aus dem Lostopf gezogen.<br />

Deshalb holten wir ihre kleinen,<br />

hölzernen Kisten ab und brachten sie<br />

in Steffi Treibers Atelier. Dort baute<br />

die Upcycling-Expertin drei farbenfrohe<br />

Mini-Wandregale daraus – wie Iris<br />

Roß es sich gewünscht hatte. „Ich<br />

38<br />

bin total begeistert vom Upcycling“,<br />

schrieb sie uns noch. „Ich arbeite auch<br />

selber Dinge auf, allerdings vornehmlich<br />

aus Stoff, da ich Modedesign studiert<br />

habe. Das Bearbeiten von Holz<br />

ist mir sehr fremd, aber ich finde es<br />

spannend.“ Mithilfe der Bauanleitung<br />

von Steffi Treiber macht sich Iris Roß<br />

beim nächsten Mal vielleicht selbst ans<br />

Werk. •<br />

annette.woywode@hinzundkunzt.de


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Bauen&Basteln<br />

Schlüsselregal<br />

Die Schlüsselanhänger:<br />

• Bohrmaschine und 3er-Bohrer • 2 cm x 2 cm Quadratleiste<br />

(gibt es im Baumarkt als Meterware) • Bleistift<br />

• Farbschale • Holzwasserbeize • Leinöl • zwei Baumwolltücher<br />

(alte Socke oder T-Shirt) • Handschuhe • Feile<br />

• 1,5 mm Drahtseil • Seitenschneider • 80er-Schleifpapier<br />

• 3 Pressklemmen, entsprechend der Dicke des Drahtseils<br />

Das Regal:<br />

• Zange • Schraubendreher<br />

• Schreinerwinkel (oder Lineal) • 80er-Schleifpapier<br />

Das brauchen Sie:<br />

• Bohrmaschine und 3er-Bohrer • Bleistift • 2 Schraubzwingen<br />

• Handsäge (Steffi Treiber nutzt eine Japansäge)<br />

• Zum Bemalen: wasserlöslicher Buntlack, Abtropfwanne,<br />

Pinsel, Schaumwalze • zwei Haken<br />

Mini-Garderobe:<br />

• siehe das Material für das Schlüsselregal (bis auf zwei Haken)<br />

• Paketschnur • Schere • Klebstoff<br />

Mini-Ablage:<br />

• siehe das Material für das Schlüsselregal (bis auf zwei Haken)<br />

Schlüsselregal – so geht’s:<br />

Wir beginnen mit den Schlüsselanhängern, denn die brauchen wir später zum Maßnehmen.<br />

3<br />

1<br />

4<br />

2<br />

Die Schlüsselanhänger<br />

1 Von der Quadratleiste drei 2 cm mal 2 cm<br />

große Würfel absägen.<br />

2 Mit dem Lineal von Ecke zu Ecke Linien ziehen,<br />

sodass in der Mitte ein Kreuz entsteht.<br />

3 Die Kanten der Würfel glatt schmirgeln.<br />

4 Am Mittelpunkt des Kreuzes mit dem Bohrer<br />

ein Loch durch jeden Würfel bohren.<br />

39


Bauen&Basteln<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>350</strong>/APRIL 2022<br />

5<br />

6 7<br />

8 9<br />

Nun bauen wir<br />

das eigentliche Regal:<br />

5 Holzwasserbeize in eine Farbschale füllen.<br />

Handschuhe überziehen und Baumwolllappen<br />

mit Beize tränken. Die Holzwürfel damit abtupfen,<br />

um ihnen eine schöne dunkle Farbe zu geben.<br />

Sobald die Würfel trocken sind, zweites Tuch mit<br />

Leinöl tränken und die Würfel mit dem Öl versiegeln.<br />

6 Drahtseil auf Länge zuschneiden (hier 21 cm).<br />

7 Beide Enden durch das Loch fädeln, sodass eine<br />

Schlaufe entsteht. Die Enden des Drahtseils mit einer<br />

Pressklemme verschließen, damit sich die Schlaufe<br />

nicht lösen kann. Dafür eine Zange zu Hilfe nehmen.<br />

8 Die überstehenden Enden mit dem Seitenschneider<br />

abklemmen.<br />

9 Zum Schluss die Drahtseil-Enden glatt schleifen, damit<br />

man sich später nicht am scharfen Draht verletzten<br />

oder Löcher in die Kleidung reißen kann.<br />

1<br />

Zur Erinnerung:<br />

So soll es am<br />

Ende aussehen.<br />

2<br />

Schlüsselregal<br />

1 Kistendeckel mit Zange und Schraubendreher abtrennen.<br />

2 Die Unterseite des Regals soll nur noch so tief sein, dass die Schlüsselanhänger<br />

bequem daran Platz finden. Um die richtige Größe zu bestimmen,<br />

einen der Holzwürfel anhalten und das Maß einzeichnen.<br />

40


3 a+b Mit dem<br />

Schreinerwinkel je<br />

eine schräge Linie<br />

auf die Seiten des<br />

Regals und eine<br />

weitere Linie an<br />

der Unterseite<br />

des Regals<br />

einzeichnen.<br />

4 a+b Kiste mit<br />

den zwei Schraubzwingen<br />

auf der<br />

Arbeitsunterlage<br />

fixieren. Mit der<br />

Handsäge entlang<br />

der Linien das<br />

Holz zusägen.<br />

3a<br />

4a<br />

3b<br />

4b<br />

5a<br />

5b<br />

5 a-c Wir arbeiten nun an der abgesägten<br />

Unter seite weiter: In gleichem Abstand über die<br />

Regal unterseite verteilt die Positionen für die drei<br />

Schlüsselanhänger anzeichnen (als Linie, denn<br />

dort sollen Spalten entstehen, in die die Schlüsselanhänger<br />

später hineingeschoben werden können)<br />

sowie für die zwei Haken (als Punkt, denn dort<br />

werden die Haken später bloß hineingeschraubt).<br />

Tipp: Als Begrenzung fürs Aussägen der Spalten ans<br />

Ende der Linie mit dem Bohrer je ein Loch setzen.<br />

5c<br />

8<br />

9<br />

10<br />

6 Entlang der Linien nun Schlitze ins Holz sägen, sodass das Drahtseil<br />

des Schlüsselanhängers bequem hindurch geschoben werden kann.<br />

7 Die Kiste entlang der gesamten Sägeflächen sorgfältig abschmirgeln.<br />

6 7<br />

8 Zuletzt das Holz lackieren: zuerst<br />

mit dem Pinsel die Ecken, dann die<br />

glatten Seiten mit der Schaumrolle.<br />

9 Nach dem Trocknen die zwei<br />

Haken an den gewünschten Stellen<br />

der Regalunterseite eindrehen.<br />

10 An der Rückseite auf gleicher Höhe<br />

zwei Markierungen für die Auf hängung<br />

setzen und Löcher bohren. Fertig!<br />

41<br />

Weiter mit dem Minibord!


Bauen&Basteln<br />

Minibord – so geht’s:<br />

Zur Orientierung:<br />

das fertige Minibord<br />

4<br />

5<br />

6<br />

1 2<br />

1 Kistendeckel abtrennen (siehe S. 40 unten)<br />

2 Bereich, der entfernt werden soll, mit dem<br />

Bleistift anzeichnen. Kiste mit den zwei<br />

Schraubzwingen auf der Arbeitsunterlage<br />

fixieren und markierten Bereich aussägen.<br />

Sägeflächen gründlich mit Schleifpapier<br />

glatt schmirgeln.<br />

3 Sollte die Kiste – wie hier – genagelt sein,<br />

mit einem Schraubendreher (Steffi nutzt einen<br />

Klammerheber) die Kistenwand abheben.<br />

3<br />

4 Überstehende Nägel mit dem<br />

Seitenschneider abknipsen.<br />

5 Da die Kiste nicht geleimt, sondern<br />

genagelt bzw. die Bretter ineinander<br />

gesteckt waren, kann man hier nach<br />

Wunsch einfach mit der Zange die<br />

kleinen Holzwürfelchen ziehen.<br />

6 Mit dem 3er-Bohrer mittig in die<br />

nun herausragenden Holzzähnchen<br />

je ein Loch bohren. Regal nach<br />

Wunsch lackieren (siehe hierzu<br />

S. 41, Bild 8).<br />

7a<br />

7b 7c 8<br />

7 a-c Nach dem Trocknen die Paketschnur durch die Löcher fädeln,<br />

sodass auf der Regalvorderseite ein Fallschutz entsteht.<br />

Tipp: Damit sich die Schnur besser durch die Löcher fädeln lässt,<br />

das eine Ende zuvor mit Klebstoff bestreichen und trocknen lassen.<br />

8 Nun die Schnur auf Spannung bringen und am Anfang<br />

und Ende mit je einem Knoten fixieren. Zuletzt die Löcher für die<br />

Aufhängung bohren (siehe Seite 41, Bild 10). Fertig!<br />

42


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Bauen&Basteln<br />

Mini-Ablage – so geht’s:<br />

Diese Form soll<br />

das Regal erhalten.<br />

2<br />

1a<br />

3a<br />

1b<br />

1 Deckel abtrennen und Kiste mit den zwei Schraubzwingen<br />

auf der Arbeitsunterlage fixieren. Den auszusägenden Bereich<br />

mit dem Bleistift anzeichnen und mit der Handsäge absägen.<br />

2 Sägekanten gründlich mit Schleifpapier glatt schmirgeln.<br />

3 Auf gleicher Höhe zwei Löcher für die Aufhängung bohren.<br />

4 Kiste nach Wunsch lackieren und trocknen lassen. Fertig!<br />

4<br />

Upcycling-Unikat gesucht?<br />

Fehlt Ihnen in Ihrer Wohnung ein dekorativer Gegenstand? Haben Sie Altes oder Ungenutztes<br />

im Schrank, auf dem Dachboden oder im Keller, aus dem etwas Neues entstehen kann?<br />

Mit Glück baut Ihnen Steffi Treiber daraus ein Upcycling-Unikat!<br />

Schicken Sie uns bis zum 30. Mai 2022 eine E-Mail an redaktion@hinzundkunzt.de. Schreiben<br />

Sie uns, was Ihnen fehlt und schicken Sie Handyfotos oder einen Handyfilm dazu: 1) von den ungenutzten<br />

Dingen, die Steffi Treiber fürs Upcycling verwenden könnte und 2) von der Leerstelle in Ihrer Wohnung.<br />

Unter allen Einsendungen losen wir eine:n Kandidat:in aus. Im Raum Hamburg holen wir<br />

den Gegenstand ab. Nach der Bauphase bringen wir Ihr neues Lieblingsstück zu Ihnen nach Hause.<br />

Einschränkung: Der Gegenstand muss mit einem normalen Pkw leicht zu transportieren sein.<br />

Die Bauanleitung für dieses Upcycling-Unikat veröffentlichen wir in unserer September-Ausgabe 2022.<br />

Glücklich:<br />

Gewinnerin Iris<br />

Roß mit einem der<br />

neuen Regale.


Freunde<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>350</strong>/APRIL 2022<br />

Ulrike Johannsen,<br />

Hans-Gerhard Meyer und<br />

Birgit Peuker (von links) bei der<br />

Übergabe des Kunstwerks<br />

Herr Bohm kommt rum<br />

Birgit Peuker und Herr Bohm sind unzertrennlich: Er hilft der Professorin,<br />

auf soziale Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen. Das Ungewöhnliche:<br />

Herr Bohm ist ein Bild, das sie zugunsten von Hinz&<strong>Kunzt</strong> ersteigert hat.<br />

TEXT: MISHA LEUSCHEN<br />

FOTO: LENA HEILER<br />

Wenn Birgit Peuker von<br />

Herrn Bohm erzählt,<br />

meint sie zwar eigentlich<br />

sein Porträt. Dieses<br />

Gemälde hat jedoch inzwischen so etwas<br />

wie ein Eigenleben entwickelt. Wie<br />

die 49-Jährige mit ihm zusammengekommen<br />

ist, erzählt sie immer wieder<br />

gern: Regelmäßig pendelt die Professorin<br />

für „Ernährung und Hauswirtschaft<br />

und ihre berufliche Didaktik“ aus ihrer<br />

Heimatstadt Dresden zur Arbeit an die<br />

Europa-Universität Flensburg. Bei den<br />

Zwischenstopps in Hamburg kaufte sie<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong> immer bei ihrem Stammverkäufer.<br />

Dann kam Corona, und das<br />

Pendeln hörte auf.<br />

Bei ihrer ersten Reise nach dem<br />

Lockdown sprach sie in Hamburg<br />

prompt ihr Verkäufer an: „Er hat mich<br />

gleich erkannt, ich ihn aber nicht“, erzählt<br />

Birgit Peuker. „Ich hatte ihn völlig<br />

vergessen und war so erschüttert über<br />

mich selbst!“ Im Magazin entdeckte sie<br />

dann das Bild von Herrn Bohm, das zugunsten<br />

von Hinz&<strong>Kunzt</strong> versteigert<br />

werden sollte. „Dieser eindringliche<br />

Blick! Dieses Bild musste ich haben.“<br />

44<br />

Das Porträt von Klaus-Dieter Bohm hat<br />

der Hamburger Künstler Hans-Gerhard<br />

Meyer 2006 gemalt. Er hatte sich<br />

über die Diskussion geärgert, dass<br />

Obdachlose bei der Austragung der<br />

Fußball-Weltmeisterschaft das Stadtbild<br />

stören könnten. Am Bahnhof traf<br />

er den wohnungslosen Klaus-Dieter<br />

Bohm und überzeugte ihn davon, sich<br />

malen zu lassen. Im Hintergrund des<br />

Bildes ist das Rathaus zu sehen, um auf<br />

das Stillschweigen dort hinzuweisen.<br />

Maler und Porträtierter trafen sich<br />

noch einmal, Klaus-Dieter Bohm gefiel


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Freunde<br />

JA,<br />

ICH WERDE MITGLIED<br />

IM HINZ&KUNZT-<br />

FREUNDESKREIS.<br />

Damit unterstütze ich die<br />

Arbeit von Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />

sein Bild. Was aus ihm geworden ist,<br />

weiß Hans-Gerhard Meyer nicht.<br />

Nach mehreren Ausstellungen<br />

spendete er das Bild im Jahr 2020 für<br />

die Versteigerung zugunsten von<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>. So kam Birgit Peuker ins<br />

Spiel, die das Bild erwarb. Es hängt indes<br />

nicht bei ihr zu Hause. Sie stellt es<br />

ihrer Universität als Leihgabe zur<br />

Verfügung. „Als Team haben wir<br />

uns vorgenommen, stets mindestens<br />

ein Projekt durchzuführen, das<br />

Menschen im Fokus hat, die zu wenig<br />

Beachtung finden. Herr Bohm erinnert<br />

uns daran“, sagt sie.<br />

Überrascht hat sie aber die starke<br />

emotionale Reaktion ihrer Studierenden,<br />

als das Bild kürzlich übergeben<br />

wurde. Obwohl die Studierenden bereits<br />

zum Thema Armut gearbeitet<br />

hatten, war die Wirkung groß: „Eine<br />

Studentin hat geweint, eine andere<br />

wurde sehr wütend und betroffen<br />

wegen der sozialen Ungerechtigkeit“,<br />

erzählt Birgit Peuker und staunt immer<br />

noch darüber, wie Herr Bohm Menschen<br />

berührt. Das will sie für ihre<br />

Arbeit nutzen. „Das Bild ist ein<br />

Wachmacher.“<br />

Mit Herrn Bohm hält Birgit Peuker<br />

nun Vorträge, er ist im sozialen Netzwerk<br />

LinkedIn vertreten, und die Professorin<br />

denkt darüber nach, Herrn<br />

Bohm twittern zu lassen, „wissenschaftlich<br />

natürlich.“ Sensibel passe sie<br />

darauf auf, dass Herr Bohm – der reale –<br />

sich nicht benutzt fühlen könne, sagt sie<br />

selbstkritisch. Doch es gehe ihr um den<br />

Symbolwert des Bildes, nicht um<br />

die wirkliche Person: „Das Bild ist ein<br />

eigener Charakter mit einer eigenen<br />

Geschichte, die wir fortschreiben.“ •<br />

redaktion@hinzundkunzt.de<br />

Meine Jahresspende beträgt:<br />

60 Euro (Mindestbeitrag für<br />

Schüler:innen/Student:innen/<br />

Senior:innen)<br />

100 Euro<br />

Euro<br />

Datum, Unterschrift<br />

Ich möchte eine Bestätigung<br />

für meine Jahresspende erhalten.<br />

(Sie wird im Februar des Folgejahres zugeschickt.)<br />

Meine Adresse:<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Nr.<br />

PLZ, Ort<br />

Telefon<br />

E-Mail<br />

Einzugsermächtigung:<br />

Dankeschön<br />

Ich erteile eine Ermächtigung zum<br />

Bankeinzug meiner Jahresspende.<br />

Ich zahle: halbjährlich jährlich<br />

Wir danken allen unseren Spender:innen, die<br />

uns im März 2022 unterstützt haben, sowie<br />

allen Mitgliedern im Freundeskreis von<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>! Ausdrücklich danken wir allen<br />

Spender:innen – kleine Beträge und große<br />

Beträge werden geschätzt! Auch unseren<br />

Unterstützer:innen auf Facebook: ein großes<br />

Dankeschön!<br />

DANKESCHÖN EBENFALLS AN:<br />

• wk it services<br />

• Produktionsbüro Romey von Malottky GmbH<br />

• die Hamburger Tafel<br />

• die Obstmonster GmbH<br />

• Hanseatic Help<br />

• Axel Ruepp Rätselservice<br />

• die Hamburger Kunsthalle<br />

• die Trauergäste von Johannes Elvers,<br />

der mit 100 Jahren verstorben ist<br />

• die Geburtstagsgäste von Tina Lütkehölter<br />

• die Glücksspirale<br />

• die Gesamtschule Stellingen für den Erlös<br />

aus dem Verkauf der Baumwolltaschen<br />

„Corona will be yesterday“<br />

• Julia und Sven Knigge und<br />

ihre Geburtstagsgäste<br />

• die AMP Schulbegleitung Hamburg<br />

• die Konfirmand:innen der Ev. Kirchengemeinde<br />

St. Peter und Paul in Bardowick<br />

NEUE FREUNDE:<br />

• Alexandra Callenberg • Christel Eschert<br />

• Christian Frerichs • Benedikt Just<br />

• Jakob Krafft • Peter Nahke<br />

• Fabian Pfeifer • Franz Rössle<br />

• Christian Schneider • Sabine Schulz<br />

• Christina Seyd • Wolfgang Wendt<br />

• Antje Wiese • Luise und Joachim Zettl<br />

IBAN<br />

BIC<br />

Bankinstitut<br />

Ich bin damit einverstanden, dass mein Name in<br />

der Rubrik „Dankeschön“ in einer Ausgabe des<br />

Hamburger Straßenmagazins veröffentlicht wird:<br />

Ja<br />

Nein<br />

Wir garantieren einen absolut vertraulichen<br />

Umgang mit den von Ihnen gemachten Angaben.<br />

Die übermittelten Daten werden nur zu internen<br />

Zwecken im Rahmen der Spendenverwaltung<br />

genutzt. Die Mitgliedschaft im Freundeskreis ist<br />

jederzeit kündbar. Wenn Sie keine Informationen<br />

mehr von uns bekommen möchten, können<br />

Sie jederzeit bei uns der Verwendung Ihrer<br />

personenbezogenen Daten widersprechen.<br />

Unsere Datenschutzerklärung können Sie<br />

einsehen unter www.huklink.de/datenschutz<br />

Bitte Coupon ausschneiden und senden an:<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Freundeskreis<br />

Minenstraße 9, 20099 Hamburg<br />

Wir unterstützen Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. Hanse Werk<br />

45<br />

HK <strong>350</strong>


Buh&Beifall<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>350</strong>/APRIL 2022<br />

Was unsere Leser:innen meinen<br />

Patenkind entdeckt dank Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

„Tolle Zeitschrift“<br />

H&K 349: „Die Geldverbesserer“<br />

Zufällig habe ich heute Ihre tolle Zeitschrift<br />

erworben und sie sehr gerne<br />

gelesen! Respekt, was für eine super<br />

Arbeit Sie machen! DEBORAH DIETRICH<br />

Habe die März-Ausgabe gelesen, war<br />

enttäuscht! Habt ihr zuviel Geld oder<br />

warum reist euer Fotograf bis nach<br />

Argentinien für einen Bericht über<br />

Lithium-Gewinnung, das doch eher die<br />

reiche Mittelschicht betrifft? CHRISSIE<br />

Anmerkung der Redaktion: Der freie Fotograf<br />

hat die Reise selbst bezahlt. Im Übrigen<br />

stellt die Umweltzerstörung in den ärmeren<br />

Ländern des globalen Südens ein Problem<br />

dar, das nicht nur die Mittelschicht hierzulande<br />

betrifft – sondern vor allem auch die<br />

Benachteiligten dort.<br />

Patenkind entdeckt dank H&K<br />

H&K 348, „Ich war voll der Nischenheini“<br />

Ich wollte ein großes Dankeschön<br />

sagen, ich habe über eure Ausgabe mit<br />

dem Bericht über den Schauspieler Jan<br />

Georg Schütte und sein Engagement<br />

für die Accion Humana in Ecuador<br />

mein künftiges Patenkind George<br />

Axiel entdeckt. Es bereichert mich<br />

sehr, dass ich nun sein Leben begleiten<br />

darf. Natürlich schmälert das nicht<br />

mein künftiges Engagement für die<br />

obdachlosen Menschen in Hamburg.<br />

<br />

SABINE<br />

„Großartige Aktion“<br />

H&K 348, „Siegeszug eines Plastikstuhls“<br />

Warum gibt es kein Spendenkonto in<br />

Deutschland, über das man diese großartige<br />

Aktion (mit Spendenbescheinigung)<br />

unterstützen kann?! MARTIN HILL<br />

Anmerkung der Redaktion: Die Organisation<br />

Free Wheelchair Mission, über die in dem<br />

Dokumentarfilm „Monobloc“ berichtet wird,<br />

hat ihren Sitz in den USA. Spenden werden<br />

also von dort eingeworben, über die Internetseite<br />

www.freewheelchairmission.org<br />

Leser:innenbriefe geben die Meinung der<br />

Verfasser:innen wieder, nicht die der Redaktion.<br />

Wir behalten uns vor, Briefe zu kürzen. Über Post<br />

an briefe@hinzundkunzt.de freuen wir uns.<br />

Wir trauern um<br />

Daiga Freidenfelde<br />

11. Dezember 1983 – Oktober 2020<br />

Daiga starb nach schwerer Krankheit in ihrer Heimat<br />

Lettland, wie wir erst kürzlich erfahren haben.<br />

Die Verkäufer:innen und das Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Team<br />

100Jahre<br />

Trauern<br />

ist<br />

heilsam.<br />

Wenn die Welt<br />

auf einmal<br />

stillsteht.<br />

Zuverlässige und<br />

persönliche Hilfe im<br />

Trauerfall – jederzeit.<br />

Immer für Sie da.<br />

040 - 24 84 00<br />

trostwerk.de<br />

andere bestattungen<br />

040 43 27 44 11<br />

SCHNELL<br />

SCHALTEN<br />

Anzeigen: 040/28 40 94-0<br />

anzeigen@hinzundkunzt.de<br />

www.gbi-hamburg.de


<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

Newcomer: Jungschauspieler Bruno Alexander steht am liebsten hinter der Kamera (S. 48).<br />

Neustart: Unser Gartenkolumnist meldet sich aus der Winterpause zurück (S. 56).<br />

Neue Herausforderung: Hinz&Künztlerin Janina unterstützt unser Reinigungsteam (S. 58).<br />

Der US-amerikanische Bildhauer<br />

Tom Sachs hat die<br />

Deichtorhallen in eine interaktive<br />

Raumfahrt-Landschaft<br />

verwandelt. Zum Abschluss<br />

der Ausstellung lädt er zu einer<br />

Space Mission zum Asteroiden<br />

4-Vesta. Deichtorhallen,<br />

Deichtorstraße 1, So, 10.4.,<br />

ab 10 Uhr, 12 Euro<br />

FOTO: TOM SACHS


Worüber wird hier<br />

eigentlich gelacht?<br />

Er war Boris Becker und auch im „Tatort“ zu sehen.<br />

Doch der Hamburger Jungschauspieler Bruno Alexander<br />

steht lieber hinter der Kamera. Vor Kurzem erst<br />

in der erfolgreichen Serie „Die Discounter“.<br />

TEXT: ANNA-ELISA JAKOB<br />

FOTOS: ANDREAS HORNOFF, PYJAMA PICTURES GMBH/MANJU SAWHNEY (S. 50) ,<br />

MANJU SAWHNEY/AMAZON (S. 50 OBEN), STEPHAN PICK (S.51),


Lebt zwischen<br />

Party und Nachtschicht<br />

im Schnitt raum:<br />

Bruno Alexander


B<br />

runo Alexander fläzt sich<br />

auf einem Stuhl im spärlich<br />

eingerichteten Büro seiner<br />

Produktionsfirma, Sneaker<br />

auf Parkettboden, Cap aus Cord zu<br />

lockeren Klamotten, vor ihm steht eine<br />

Flasche Club-Mate. Es wäre ziemlich<br />

einfach, ihn in dieser Umgebung als<br />

glatt gebügelten Kreativling zu beschreiben:<br />

junger Schauspieler, 23, Abitur<br />

in Eimsbüttel und gerade in eine WG<br />

in der Schanze gezogen, weil er es von<br />

dort nicht weit hat zu seinen liebsten<br />

Clubs. An der Wand hinter ihm hängen<br />

ein paar zerfetzte Klebestreifen, Überreste<br />

eines „Brainstormings“, wie er<br />

anmerkt. Deswegen sehe die Wand<br />

leider ziemlich „broke“ aus.<br />

Anglizismen benutzt der Hamburger<br />

sowieso sehr gerne, zum Beispiel die,<br />

dass er beim Arbeiten in seine „zone“<br />

kommen müsse. Und Humor, den alle<br />

verstünden, im besten Falle „cringe“ sei.<br />

Für mehr „Meme-Potenzial“.<br />

Im Büro der Produktionsfirma<br />

„Kleine Brüder“ gibt es auch eine<br />

Küche. Dort stehen Kaffeepulver, Gin,<br />

Basilikum, Olivenöl, Vollkornpasta und<br />

Weißwein, ansonsten ist hier wenig zu<br />

Zuletzt stand Bruno Alexander für „Die Discounter“ vor und hinter<br />

der Kamera. Produziert wurde die Serie u. a. von Christian Ulmen (2. von links).<br />

sehen – sorry –, denn gerade verbringen<br />

die Firmenmitglieder ihre Zeit lieber<br />

auf einem Gutshof auf dem Land.<br />

„Kleine Brüder“ sind Bruno Alexander<br />

und seine alten Schulfreunde: Emil und<br />

Oskar Belton, Leo Fux und Max Mattis.<br />

Gerade versorgen sie ihre Followerschaft<br />

auf Instagram mit Bildern aus<br />

dem Gutshaus, albern dort auf der<br />

Couch herum, mehr Party als Arbeit,<br />

darunter steht: „Wir schreiben.“<br />

Doch es wäre falsch, Bruno Alexander<br />

nach diesen Beobachtungen als eine Art<br />

aufstrebenden Dandy der Schauspielszene<br />

zu stilisieren; als einen, der mit<br />

qualmender Kippe im Interview sitzt<br />

und von Partys und Projekten erzählt<br />

(obwohl er an diesem Nachmittag genau<br />

das tut). Denn ja, Bruno Alexander ist<br />

sehr jung, sehr talentiert und geht gerne<br />

feiern. Doch bis vor Kurzem stand er<br />

auch monatelang jeden Tag um 18 Uhr<br />

50


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

auf und ging um sieben Uhr morgens<br />

wieder ins Bett, damit er die Serie „Die<br />

Discounter“ im Dunkeln schneiden<br />

konnte. Weil er sich besser konzentrieren<br />

kann, wenn es um ihn herum einfach<br />

still ist, niemand schreibt einem Nachrichten,<br />

wenn „alle pennen“.<br />

Zwar wurde Bruno Alexander als<br />

Schauspieler bekannt: „Die Pfefferkörner“,<br />

Boris Becker in „Der Rebell“,<br />

„Die Kinder vom Bahnhof Zoo“. Aber<br />

natürlich muss man mit ihm jetzt<br />

erst mal über diese Supermarkt-Serie<br />

sprechen, bei der er nicht nur eine<br />

Hauptrolle gespielt, sondern auch<br />

Drehbuch geschrieben, Regie geführt<br />

und geschnitten hat. Die Serie begleitet<br />

die fiktive Filiale „Kolinskis“ in Hamburg-Altona.<br />

Es gibt einen deprimierten<br />

Filialleiter und ziemlich viele weitere<br />

deprimierte Angestellte, die nur auf<br />

den nächsten Feierabend hinarbeiten.<br />

Der Einzige unter ihnen, der etwas<br />

Ehrgeiz zeigt, ist Titus, gespielt von<br />

Bruno Alexander.<br />

Die Serie scheint ein großer Erfolg<br />

zu werden, obwohl – oder gerade weil –<br />

sie mit vielem bricht, was die deutsche<br />

Fernsehlandschaft prägt. Es wird vorher<br />

nicht geprobt und dann improvisiert,<br />

im Grunde „ist alles erlaubt“, sagt Bruno<br />

Alexander. Sogar, auch das darf<br />

man seit Dezember auf Amazon Prime<br />

bestaunen, dass einer der Schauspieler<br />

spontan in den Supermarkt uriniert.<br />

Wer den Schauspieler Bruno Alexander<br />

kennenlernen möchte, muss aber<br />

vor allem eine andere Serie sehen: „Intimate“.<br />

Die ist sein Herzensprojekt, wie<br />

er sagt, daran arbeiten er und seine Produktionsfirma<br />

schon seit sechs Jahren.<br />

Eine Staffel ist auf Youtube zu sehen,<br />

und in diesem Jahr können sie eine weitere<br />

produzieren, unterstützt von Christian<br />

Ulmen. Die Serie handelt von peinlichen<br />

Momenten aus dem Leben der<br />

fünf Jungs, die Rollen spielen sie selbst.<br />

Es gibt darin eine Szene, in der<br />

Bruno Alexander seinen Dozenten vor<br />

dem ganzen Uni-Kurs vorführt, obwohl<br />

der sich gerade erstaunlich verletzlich<br />

gezeigt hat. Später versuchen er und<br />

sein Kumpel gar, den Hamster des<br />

Dozenten umzubringen und hängen<br />

ihn hierfür an einem Faden auf. Ist<br />

Bruno<br />

Alexanders<br />

Humor ist<br />

peinlich und<br />

unbequem.<br />

das etwa der Humor für die sogenannte<br />

Fridays-For-Future-Generation, die<br />

sensible #allvegan-Jugend?<br />

Die Antwort ist: irgendwie nicht<br />

und irgendwie schon. Nein, weil es diese<br />

homogene Masse junger Menschen ja<br />

sowieso nicht gibt; und doch, weil die<br />

Eimsbütteler Jungs offenbar eine Komik<br />

gefunden haben, die über ihre eigene<br />

Bubble hinausgeht. Der Witz liegt in<br />

den unangenehmen Peinlichkeiten des<br />

Alltags, so hatte es Bruno Alexander<br />

anfangs schon erwähnt: „Humor, der<br />

cringe ist, wird von allen akzeptiert.“<br />

Er öffnet die Notizen-App auf seinem<br />

Handy, zeigt darin ein paar lange<br />

Bruno Alexander als Boris Becker im Film „Der Rebell“ (2021)<br />

Texte. Er schreibe sich alles auf, zum<br />

Beispiel, „wenn ein Date krass unangenehm<br />

war“ oder, wenn er den Gedanken<br />

hatte, man könne doch „Löcher in<br />

einen J oghurt bohren“, um ihn gratis zu<br />

bekommen. Es wird langsam klar, dieser<br />

Humor ist peinlich und unbequem.<br />

Und war nicht das einst das Privileg<br />

der Jugend: politisch sein, indem<br />

man einfach nur rebelliert? Gegen<br />

das System Supermarkt zum Beispiel,<br />

lahme Abläufe alteingesessener Schauspiel-Kolleg:innen,<br />

inkompetente Dozierende,<br />

ganz egal. Wer mag, kann Bruno<br />

Alexander beim Jungbleiben zusehen.<br />

Und sich darüber freuen, dass es eine<br />

Jugend gibt, die trotz jeglicher Katastrophen<br />

noch an etwas anderes denken<br />

kann. Die beobachtet, sich Notizen<br />

macht. Die Welt kitzelt, ihr den<br />

Spiegel vorhält und fragt: Wo rüber<br />

lacht ihr da eigentlich? •<br />

Anna-Elisa Jakob versuchte,<br />

sich aus den im Raum verteilten<br />

Notizzetteln einen Reim auf<br />

Bruno Alexanders nächstes<br />

Projekt zu machen – vergeblich.<br />

redaktion@hinzundkunzt.de<br />

51


Kult<br />

Tipps für den<br />

Monat <strong>April</strong>:<br />

komisch, kritisch und<br />

bereichernd<br />

Podcastfestival<br />

Auf die Ohren<br />

Podcasts kann man sich allein im stillen<br />

Kämmerlein anhören. Aber lustiger<br />

wird’s zusammen mit Freund:innen und<br />

dem Rest des Publikums – dann kann<br />

man nämlich direkt seinen Senf dazugeben.<br />

Dachten sich auch die Tivoli-<br />

Macher und heben das erste Schmidt-<br />

Heinz Strunk, Bühnenmensch der schlagfertigen Sorte<br />

Podcastfestival aus der Taufe: fünf<br />

Tage, sechs Live-Podcasts, mitten auf<br />

dem Kiez. Gastgeber Henning Mehrtens<br />

hat eine bunte Truppe<br />

zusammengetrommelt: Gäste beim<br />

„Kiezmenschen“-Live-Podcast am 9.4.,<br />

den die MOPO-Reporter:innen Wiebke<br />

Bromberg und Marius Röer moderieren,<br />

sind zum Beispiel Schriftsteller<br />

Heinz Strunk und „Handschuh“-Wirt<br />

Sascha Nürnberg. •<br />

Schmidtchen, Spielbudenplatz 21-22,<br />

Mi, 6.4., bis So, 10.4., abends, Eintritt pro<br />

Veranstaltung 21 Euro, www.tivoli.de<br />

52


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

Das Deutsche<br />

Hafenmuseum<br />

ist noch im Aufbau,<br />

aber das<br />

größte Exponat<br />

liegt schon am<br />

Kai.<br />

Lesung<br />

Hoffnungsziel Israel<br />

Der Theologe, Politiker und Gründer<br />

dieses Magazins, Stephan Reimers,<br />

stellt in der Hauptkirche St. Jacobi<br />

sein neuestes Buch vor, das Reiseführer<br />

und Porträt des Wirkens deutscher<br />

Auswanderer im Heiligen Land ist<br />

(Verlag Ellert & Richter). •<br />

Hauptkirche St. Jacobi, Jakobikirchhof<br />

22, Mo, 4.4., 19 Uhr, Eintritt frei, Anmeldung<br />

erbeten an info@jacobus.de<br />

FOTOS: DENNIS DIRKSEN (S. 52), SINJE HASHEIDER (OBEN), EKSYSTENT FILMVERLEIH<br />

Deutsches Hafenmuseum<br />

Endlich an Deck<br />

Das Museum am Schuppen startet mit frischem Namen „Deutsches Hafenmuseum<br />

(im Aufbau)“ in die neue Saison, und vor allem ist auch sein größtes Exponat,<br />

die Viermastbark „Peking“, klar zum Entern. „Baustellenführungen“ nennt sich<br />

das dann erst mal, weil noch nicht alles fix und fertig ist. Aber immerhin kann<br />

man das Prachtschiff, zu seiner Zeit schnellster Frachtsegler der Welt, nun aus<br />

der Nähe inspizieren. Sie liegt gegenüber vom Museum im Hansahafen. Und ab<br />

Mai kann man selbst mit Hand anlegen bei Workshops zum Segelmachen, Takeln<br />

und Schmieden für Kinder ab 12 Jahren: Erwachsene dürfen auch mit. •<br />

Deutsches Hafenmuseum (im Aufbau), Australiastraße 50 a, ab dem 3.4.,<br />

„Baustellenführungen“: Mi und Fr, 10, 12, 14 und 16 Uhr, Sa und So 10, 11, 12, 14, 15<br />

und 16 Uhr, max. 10 Personen pro Rundgang, 15 Euro, Anmeldung über www.shmh.de<br />

Film<br />

Russlandreise<br />

Russischer Bergarbeiter und feinsinnige Archäologin aus Finnland müssen sich ein<br />

Abteil im Zug von Moskau nach Murmansk teilen. Was einfach nur ein lustiges<br />

und wodkaschweres Railroad-Movie über die tagelange Reise hätte werden können,<br />

macht der Regisseur Juho Kuosmanen zu einer Parabel über unfreiwillige Annäherung,<br />

das Überwinden von geografischen und mentalen Grenzen und eine daraus<br />

entspringende Freundschaft.<br />

Passt gut in diese Zeit. Bei<br />

den Filmfestspielen in<br />

Cannes im vergangenen<br />

Jahr wurde „Abteil Nr. 6“<br />

mit dem Großen Preis der<br />

Jury ausgezeichnet und läuft<br />

jetzt auch bei uns in den<br />

Kinos, zum Beispiel hier:<br />

Abaton, Allendeplatz 3,<br />

www.abaton.de und im<br />

3001 Kino, Schanzenstraße<br />

75, www.3001-kino.de.<br />

Ab Do, 31.3., Termine bitte den<br />

Programmen entnehmen.<br />

Laura (Seidi Haarla) würde gern aussteigen,<br />

dabei ist der Weg erst halb geschafft.<br />

Konzert<br />

Mimi Schell<br />

Die stimmstarke Hamburger Sängerin<br />

und Songschreiberin macht wahrhaft<br />

zeitlosen Pop, durchweht von<br />

einem Hauch Folk. Das Album, aus<br />

dem sie mit Jürgen Scholz und Martin<br />

Meyer, ihrerseits formidable Musiker,<br />

spielt, heißt „Heliodor“, Griechisch<br />

für „Geschenk der Sonne“. •<br />

Bürgerhaus Barmbek, Lorichsstraße 28 a,<br />

Fr, 8.4., 19 Uhr, Eintritt frei, Spenden<br />

erbeten. Anmeldung bitte unter<br />

anmeldung@buergerhaus-barmbek.de<br />

Familie<br />

Eierei für alle<br />

Fröhliche Eiersuche, Spiele, Osterbäckerei,<br />

Rätselrallye per App, Frühschoppen<br />

oder plattdeutsche Livemusik:<br />

Das Freilichtmuseum Kiekeberg<br />

lädt Groß und Klein zum Osterspaß<br />

im Garten und in den Reetdachhäusern<br />

im historischen Heidedorf ein. •<br />

Freilichtmuseum am Kiekeberg,<br />

Am Kiekeberg 1, in 21224 Rosengarten,<br />

Mo, 18.4., 10–18 Uhr, Eintritt 9 Euro, unter<br />

18 Jahren frei, www.kiekeberg-museum.de<br />

Slam<br />

8min Ottensen<br />

Hitzig, wüst, lyrisch, experimentell<br />

wird es werden: Acht Minuten haben<br />

die Teilnehmenden Zeit, um ihre<br />

Texte vorzutragen. Das klingt kurz,<br />

reicht aber sicher für den einen oder<br />

anderen Aha-Moment. •<br />

Mathilde Bar Ottensen, Kleine Rainstraße<br />

11, Do, 28.4., 20 Uhr, Eintritt 6 Euro<br />

(Dichter frei), www.mathilde-hh.de<br />

53


Konzertkunst<br />

Lichte Momente<br />

Die Elbphilharmonie ist an sich ein<br />

beachtliches Gebäude. Der Auftakt<br />

des Internationalen Musikfestes am<br />

28. <strong>April</strong> aber bringt sie zum Strahlen.<br />

Das Festkleid hat sie sich verdient,<br />

schließlich feiert sie in diesem Jahr ihren<br />

fünften Geburtstag. Das niederländische<br />

Künstlerduo Lonneke Gordijn<br />

und Ralph Nauta alias Drift hat beides<br />

zum Anlass genommen, ein Lichtkunstwerk<br />

zu entwerfen, das die „Elphi“ in<br />

Szene setzt und dabei das Motto des<br />

diesjährigen Musikfestes, „Natur“, perfekt<br />

einbindet. „Breaking Waves“ lautet<br />

der Titel ihres Werks, Lichtwellen, die<br />

die Verbindung symbolisieren zwischen<br />

Natur und Technik und die Glasfassade<br />

des Konzerthauses rahmen. Das könnte<br />

ziemlich beeindruckend werden. Neben<br />

diesem optischen Highlight wird das<br />

54<br />

Die Lichtperformance des Künstlerduos Drift<br />

wird die Elbphilharmonie umschmeicheln.<br />

6. Internationale Musikfest von unzähligen<br />

akustischen Höhepunkten begleitet.<br />

Am Eröffnungswochenende spielt<br />

das NDR Elbphilharmonie Orchester<br />

unter Alan Gilbert „Die Schöpfung“<br />

von Joseph Haydn. •<br />

Elbphilharmonie, Platz der Deutschen<br />

Einheit 4, Do, 28.4., bis So, 1.5., Tickets für<br />

die Festivalkonzerte ab 10 Euro, Lichtkunst<br />

gratis, www.elbphilharmonie.de


<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

Kinofilm des Monats<br />

Heldengeschichte<br />

FOTOS: MOKA-STUDIO (S. 54), IRIS-A-MAZ (OBEN), PRIVAT<br />

Theater<br />

Alles Spaß?<br />

Tanz<br />

Komm tanzen<br />

Viel zu lange mussten die Kids die<br />

Füße stillhalten. Corona mag kein<br />

gemeinsames Tanzen. Jetzt nimmt der<br />

K3-Jugendclub wieder Fahrt auf und<br />

lässt die jugendlichen Tänzer:innen<br />

auf das Kampnagel-Außengelände<br />

los. Es begegnen sich Zeitgenössischer<br />

Tanz, Hip-Hop und Gaming – die<br />

Tanzenden erproben choreografische<br />

Strategien, folgen „Scores“ und Bewegungsimpulsen,<br />

bewegen sich umeinander<br />

und aneinander vorbei. Der<br />

Stadtraum wird so zur Bühne für<br />

eigene Choreografien. „The Street<br />

Belongs To Us“ bringt festgelegte Bewegungsmuster<br />

und -sequenzen sowie<br />

Zufallsentscheidungen zusammen und<br />

lässt so Freiraum für Improvisation.<br />

Sicherlich herrlich anzuschauen. •<br />

Kampnagel K3, Außengelände, Jarrestraße<br />

20, Fr, 22.4. + Sa, 23.4., jeweils 18 Uhr und<br />

19.30 Uhr, Eintritt frei (Ticketbuchung<br />

erforderlich), www.k3-hamburg.de<br />

Wo fängt der Spaß an – und wo<br />

hört er auf? Philosophisch-digitales<br />

Mashup für Kids ab 13 Jahren<br />

Auf der Bühne zu sehen sind zwei typische Teenagerzimmer – wäre das Bett<br />

nicht gleichzeitig Achterbahn oder Parkbank. Die Räume fungieren als Filmset,<br />

in dem Videokünstler Matthias Hederer und das Darsteller:innenteam ihre Szenen<br />

oder TikToks live aufnehmen und projizieren. Verwendet werden dafür unter<br />

anderem TikTok- und Gaming-Tipps der Schüler:innen der Stadtteilschule<br />

Bahrenfeld und des Gymnasiums Dörpsweg. •<br />

Lichthof Theater, Mendelssohnstraße 15, Sa, 30.4., 15 Uhr und 20.15 Uhr,<br />

18/12 /8 Euro, www.lichthof-theater.de<br />

Konzert<br />

Soft mit Kante<br />

Gitarrenmusik ist tot? Quatsch.<br />

Sarah Tudzin und ihre US-Indie<br />

Rockband Illuminati Hotties hören<br />

sich jedenfalls ziemlich lebendig an.<br />

Zum Glück, immerhin haben sie drei<br />

Jahre Pause gemacht. Mit ihrem aktuellen<br />

Album „Let me do one more“<br />

gehen sie in diesem Jahr endlich auf<br />

Europatournee. Im Gepäck haben sie<br />

fluffige Sommersounds mit rotziger<br />

Note, frisch aus dem sonnigen<br />

Kalifornien. „Tenderpunk“ nennt<br />

Frontfrau Sarah ihre Musik, also<br />

zärtlichen Punk. •<br />

Häkken, Spielbudenplatz 21/22, Sa, 30.4.,<br />

Eintritt 19 Euro, www.haekken.de<br />

Über Tipps für Mai freuen sich<br />

Simone Rickert und Regine Marxen.<br />

Bitte bis zum 10.4. schicken an:<br />

kult@hinzundkunzt.de<br />

Was macht einen Menschen<br />

heldenhaft? Dieser Frage<br />

geht das Kinodrama „A Hero<br />

– die verlorene Ehre des<br />

Herrn Soltani“ nach, das ab<br />

<strong>April</strong> im Kino zu sehen ist.<br />

Regisseur Asghar Farhadi<br />

verfilmt darin die Geschichte<br />

eines Mannes, der alles richtig<br />

machen will, aber an seinen<br />

Schwächen und der<br />

Missgunst seiner Mitmenschen<br />

zu scheitern droht.<br />

Der Reihe nach: Protagonist<br />

Rahim hat Schulden<br />

gemacht, die er nicht zurückzahlen<br />

kann, und landet im<br />

Gefängnis. Als seine Freundin<br />

eine Tasche mit Goldmünzen<br />

findet, versucht er,<br />

das aus seiner Sicht Richtige<br />

zu tun: Er gibt sich als Finder<br />

aus und beschließt, während<br />

seines Freigangs den Besitzer<br />

ausfindig zu machen. Ein<br />

ehrlicher Krimineller – das<br />

gefällt Menschen und Medien.<br />

Rahim wird gefeiert und<br />

hofiert. Doch dann kommt<br />

der Fall. Rahim verfängt sich<br />

in einem Lügengeflecht.<br />

Gibt es das Gute im<br />

Schlechten? Die Antwort findet<br />

auch Regisseur Farhadi<br />

nicht. Sein Held ist gefangen<br />

zwischen dem Bestreben, das<br />

Richtige zu tun, und den Regeln,<br />

die definieren, was das<br />

„Richtige“ sein soll. „A Hero“<br />

ist eine gelungene und<br />

bisweilen tragische Parabel<br />

auf das wahrlich Heldenhafte<br />

im Menschen: Gutes zu<br />

tun, ganz ohne Superheldenkostüm<br />

– auch oder gerade,<br />

weil es am besten keiner mitbekommen<br />

soll. •<br />

André Schmidt<br />

geht seit<br />

Jahren für uns<br />

ins Kino.<br />

Er arbeitet in der<br />

PR-Branche.<br />

55


klein<br />

gartenlife<br />

#8<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

Ode an die<br />

Nachbarschaft<br />

Sturmtief Daniel hat unserem Kolumnisten<br />

Benjamin Laufer übel mitgespielt. Zum Glück kann<br />

er sich auf seine Gartenfreund:innen verlassen.<br />

Die Gartensaison endet im Oktober,<br />

haben meine Kolleg:innen gesagt. Lass<br />

uns mit der Kolumne eine Pause einlegen,<br />

haben sie gesagt – da gibt es im<br />

Winter doch ohnehin nichts zu erzählen.<br />

Ha! Dass ich nicht lache ... Zwar<br />

war der Winter hart für mein Gärtnerherz,<br />

ja: Da waren einfach kein Grün<br />

und kaum Getier auf meiner Parzelle,<br />

und ich habe die Zeiten, die jetzt<br />

endlich wieder anbrechen, schmerzlich<br />

vermisst. Das heißt aber nicht, dass es<br />

nichts zu tun gegeben hätte. Dass ich<br />

nicht fast jede Woche dort gewesen<br />

wäre, um die Laube herzurichten etwa.<br />

Oder um mich einfach am Wintergarten<br />

und seiner Umgebung zu erfreuen.<br />

Die Gartensaison, so viel ist sicher,<br />

sie endet nie!<br />

Nur mit einem hätte ich nie und<br />

nimmer gerechnet: mit Sturmtief<br />

TEXT UND FOTOS: BENJAMIN LAUFER<br />

Daniel. Klingt ja irgendwie ganz nett<br />

und harmlos, so ein Daniel. Aber das<br />

täuschte – und wie! Mit seinen Fallwinden<br />

machte der sich nämlich auch<br />

über meine in mühsamer Handarbeit<br />

errichtete Gartenlaube her – und hat<br />

einfach mal so eben ihr Dach ab gehoben.<br />

Um es dann in toto auf die<br />

Gemüsebeete meiner Nachbarin zu<br />

werfen, ganz so als wäre es ein Papierflieger<br />

und kein massives Holzbauwerk.<br />

Als mir am Morgen danach<br />

Fotos davon zugeschickt wurden, war<br />

ich wirklich nahe der Verzweiflung.<br />

Daniels sind einfach nicht gut für<br />

mich, eigentlich ist das seit der achten<br />

Klasse klar.<br />

Wer aber gut für mich ist: Torstens<br />

und Kerstins, Julias und Rolands. Und<br />

manche Daniels sogar auch. Denn die<br />

allerbesten Gartennachbar:innen der<br />

Mit vereinten Kräften wuchten<br />

die Gartenfreund:innen das<br />

Dach zurück auf die Laube.<br />

Welt waren sofort zur Stelle, um den<br />

Schaden gemeinsam mit mir zu beheben.<br />

Sie hatten die (wie ich fand völlig<br />

irre) Idee, das Dach am Stück wieder<br />

auf die Laube zu hieven – und mit vereinten<br />

Kräften haben wir das tatsächlich<br />

geschafft! Selten war ich so froh, derart<br />

hilfsbereite Menschen um mich zu haben.<br />

Das Gefühl, mit dem Dachschaden<br />

nicht alleine zu sein, nicht verzweifeln zu<br />

müssen – das war wirklich toll!<br />

Wenn es eines gab, was mich jahrelang<br />

davon abgehalten hat, einen<br />

Kleingarten zu beziehen, dann war es<br />

die angenommene Spießigkeit der<br />

Nachbarschaft hinterm Jägerzaun. Mit<br />

denen wollte ich schon prophylaktisch<br />

nichts zu tun haben. Wie konnte ich<br />

mich bloß so irren? Die Gemeinschaft<br />

in der Gartenkolonie, so viel steht<br />

inzwischen fest, sie ist fast das Beste am<br />

Gärtnern. Alle zusammen erfreuen wir<br />

uns schon bald am sprießenden Gemüse<br />

und an den summenden Bienen.<br />

Ach, wie schön das wird! •<br />

benjamin.laufer@hinzundkunzt.de<br />

56


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Rätsel<br />

hoher<br />

kathol.<br />

Würdenträger<br />

starke<br />

Disharmonie,<br />

Zwist<br />

Kirchenausschluss<br />

Neckar-<br />

Zufluss<br />

bei Besigheim<br />

Sportgröße<br />

(engl.)<br />

Haut<br />

glätten<br />

(chirurgisch)<br />

Waldgrundstück<br />

poetisch:<br />

Atem<br />

Turngerät<br />

geldlich,<br />

das Vermögen<br />

betreffend<br />

Hauptstadt<br />

von<br />

Brasilien<br />

ringförmiger<br />

Kuchen<br />

5<br />

6<br />

1<br />

4<br />

1<br />

3<br />

4<br />

5<br />

7<br />

Impfstoffe<br />

2<br />

6<br />

3<br />

7<br />

gerichtlich<br />

eintreiben<br />

russischer<br />

Männername<br />

Kurort<br />

in Graubünden<br />

(Schweiz)<br />

Automobiltyp<br />

(Abk.)<br />

prunkvolles<br />

Eingangstor<br />

politischer<br />

Extremist<br />

3<br />

5<br />

1<br />

2<br />

3<br />

1<br />

Stadt<br />

in Ostfriesland<br />

Vorbindetuch<br />

1<br />

7<br />

2<br />

5<br />

4<br />

2<br />

e. kleine<br />

Anzahl<br />

von<br />

Menschen<br />

2<br />

8<br />

4<br />

6<br />

österr.<br />

Tenor<br />

(Richard)<br />

† 1948<br />

5<br />

9<br />

4<br />

zum<br />

Meer<br />

gehörig<br />

(latein.)<br />

Beingelenk<br />

AR0909-1219_2sudoku<br />

poetisch:<br />

Wappenvogel<br />

Beifallsruf<br />

englisch:<br />

Lied<br />

Bankansturm<br />

Sohn des<br />

Dädalus<br />

Christusmonogramm<br />

Pfadfinder<br />

(engl.)<br />

altes<br />

Längenmaß<br />

Monatsmitte<br />

im röm.<br />

Kalender<br />

Seltenerdmetall<br />

Teilzahlung,<br />

Teilbetrag<br />

spanische<br />

Prinzessin<br />

Dauerbezug<br />

(Kurzwort)<br />

Seitenbestimmung<br />

Misstrauen,<br />

Bosheit<br />

Grundlage,<br />

Ausgangspunkt<br />

Papierzählmaß<br />

schmiedbares<br />

Eisen<br />

ältere<br />

Einheit<br />

der<br />

Energie<br />

Füllen Sie das Gitter<br />

so aus, dass die Zahlen<br />

von 1 bis 9 nur je einmal<br />

in jeder Reihe, in jeder<br />

Spalte und in jedem<br />

Neun-Kästchen-Block<br />

vorkommen.<br />

Als Lösung schicken<br />

Sie uns bitte die farbig<br />

gerahmte, unterste<br />

Zahlenreihe.<br />

Lösungen an: Hinz&<strong>Kunzt</strong>, Minenstraße 9, 20099 Hamburg,<br />

per Fax an 040 32 10 83 50 oder per E-Mail an info@hinzundkunzt.de.<br />

Einsendeschluss: 25. <strong>April</strong> 2022. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Wer die korrekte Lösung für eines der beiden Rätsel einsendet,<br />

kann zwei Karten für die Hamburger Kunsthalle gewinnen oder<br />

eines von zwei Büchern „Die ganze Geschichte“ von Aboud Saeed<br />

(Mikrotext Verlag).<br />

Das Lösungswort des März-Kreuzwort rätsels war: Binnenmeer.<br />

Die Sudoku-Zahlenreihe lautete: 143 872 569.<br />

8<br />

7<br />

4<br />

5<br />

6<br />

4<br />

3<br />

7<br />

9<br />

7<br />

8<br />

7<br />

9<br />

5<br />

8<br />

4<br />

10<br />

12192 – raetselservice.de<br />

10<br />

Impressum<br />

Redaktion und Verlag<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH<br />

Minenstraße 9, 20099 Hamburg<br />

Tel. 040 32 10 83 11, Fax 040 32 10 83 50<br />

Anzeigenleitung Tel. 040 32 10 84 01<br />

E-Mail info@hinzundkunzt.de, www.hinzundkunzt.de<br />

Herausgeber<br />

Landespastor Dirk Ahrens, Diakonisches Werk Hamburg<br />

Externer Beirat<br />

Prof. Dr. Harald Ansen (Armutsexperte HAW-Hamburg),<br />

Mathias Bach (Kaufmann), Dr. Marius Hoßbach (Korten Rechtsanwälte AG),<br />

Olaf Köhnke (Ringdrei Media Network),<br />

Karin Schmalriede (ehemals Lawaetz-Stiftung, i.R.),<br />

Dr. Bernd-Georg Spies (Spies PPP),<br />

Alexander Unverzagt (Medienanwalt), Oliver Wurm (Medienberater)<br />

Geschäftsführung Jörn Sturm<br />

Redaktion Lukas Gilbert (lg, stellv. CvD; V.i.S.d.P. für den Titel, Inhalt,<br />

Gut&Schön, Freunde, Buh&Beifall, <strong>Kunzt</strong>&Kult, Momentaufnahme),<br />

Annette Woywode (abi, CvD; V.i.S.d.P. für Bauen&Basteln), Ulrich Jonas<br />

(ujo, V.i.S.d.P. für die Zahlen des Monats, Stadtgespräch,<br />

Editorial), Jonas Füllner (jof, V.i.S.d.P. für den Nachbarschaftsschwerpunkt),<br />

Benjamin Laufer (bela), Simone Deckner (sim), Kirsten Haake (haa),<br />

Jochen Harberg (joc), Misha Leuschen (leu),<br />

Regine Marxen (rem), Simone Rickert (sr), Anna-Elisa Jacob (aej)<br />

Online-Redaktion Benjamin Laufer (CvD), Jonas Füllner, Lukas Gilbert<br />

Korrektorat Christine Mildner, Kerstin Weber<br />

Redaktionsassistenz Cedric Horbach,<br />

Sonja Conrad, Anja Steinfurth<br />

Artdirektion grafikdeerns.de<br />

Öffentlichkeitsarbeit Sybille Arendt, Friederike Steiffert<br />

Anzeigenleitung Sybille Arendt<br />

Anzeigenvertretung Gerald Müller,<br />

Wahring & Company, Tel. 040 284 09 418, g.mueller@wahring.de<br />

Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 27 vom 1. Januar 2022<br />

Vertrieb Christian Hagen (Leitung), Gabor Domokos,<br />

Meike Lehmann, Sergej Machov, Frank Nawatzki,<br />

Sigi Pachan, Reiner Rümke, Marcel Stein,<br />

Eugenia Streche, Cornelia Tanase, Silvia Zahn, Janina Marach<br />

Spendenmarketing Gabriele Koch<br />

Spendenverwaltung/Rechnungswesen Susanne Wehde<br />

Sozialarbeit Stephan Karrenbauer (Leitung), Jonas Gengnagel,<br />

Isabel Kohler, Irina Mortoiu<br />

Das Stadtrundgang-Team Stephan Karrenbauer (Leitung),<br />

Chris Schlapp<br />

Das BrotRetter-Team Stephan Karrenbauer (Leitung),<br />

Stefan Calin, Fred Houschka, Mandy Schulz<br />

Das Team von Spende Dein Pfand am Airport Hamburg<br />

Stephan Karrenbauer (Leitung), Uwe Tröger,<br />

Klaus Peterstorfer, Herbert Kosecki<br />

Litho PX2 Hamburg GmbH & Co. KG<br />

Produktion Produktionsbüro Romey von Malottky GmbH<br />

Druck und Verarbeitung A. Beig Druckerei und Verlag,<br />

Damm 9–15, 25421 Pinneberg<br />

QR Code ist ein eingetragenes Warenzeichen von Denso Wave Incorporated<br />

Leichte Sprache capito Hamburg, www.capito-hamburg.de<br />

Spendenkonto Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

IBAN: DE56 2005 0550 1280 1678 73<br />

BIC: HASPDEHHXXX<br />

Die Hinz&<strong>Kunzt</strong> gGmbH mit Sitz in Hamburg ist durch den aktuellen<br />

Freistellungsbescheid bzw. nach der Anlage zum Körperschaftssteuerbescheid<br />

des Finanzamts Hamburg-Nord, Steuernummer 17/414/00797,<br />

vom 15.3.2021 für das Jahr 2019 nach § 5 Abs.1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes<br />

von der Körperschaftssteuer und nach<br />

§ 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes von der Gewerbesteuer befreit.<br />

Geldspenden sind steuerlich nach §10 EStG abzugsfähig. Hinz&<strong>Kunzt</strong> ist als<br />

gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH im Handelsregister beim<br />

Amtsgericht Hamburg HRB 59669 eingetragen.<br />

Wir bestätigen, dass wir Spenden nur für die Arbeit von Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

einsetzen. Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte<br />

weitergegeben. Beachten Sie unsere Datenschutzerklärung, abrufbar auf<br />

www.hinzundkunzt.de. Hinz&<strong>Kunzt</strong> ist ein unabhängiges soziales Projekt, das<br />

obdachlosen und ehemals obdachlosen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe bietet.<br />

Das Magazin wird von Journalist:innen geschrieben, Wohnungslose und<br />

ehemals Wohnungslose verkaufen es auf der Straße. Sozialarbeiter*innen<br />

unterstützen die Verkäufer:innen.<br />

Das Projekt versteht sich als Lobby für Arme.<br />

Gesellschafter<br />

Durchschnittliche monatliche<br />

Druckauflage 1. Quartal 2022:<br />

55.333 Exemplare<br />

57


Momentaufnahme<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>350</strong>/APRIL 2022<br />

Janina unterstützt<br />

neuerdings das<br />

Reinigungsteam<br />

bei Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />

Alles in Ordnung<br />

Janina (61) hat Hinz&<strong>Kunzt</strong> an der Hamburger Straße<br />

verkauft. Nun putzt sie im Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Haus.<br />

TEXT: SIMONE DECKNER<br />

FOTO: ANDREAS HORNOFF<br />

Ob ich den Fernsehsender TLC<br />

kenne, fragt Janina interessiert. Da läuft<br />

nämlich eine ihrer Lieblingssendungen:<br />

„Diagnose: Messie“. Die Dokusoap berichtet<br />

über Menschen, die nichts wegschmeißen<br />

können und deren Woh ­<br />

nungen nach und nach vermüllen. „Das<br />

gucke ich gerne. Aber es ist ein Schock,<br />

wie manche Leute wohnen“, sagt Janina<br />

und schüttelt ungläubig den Kopf.<br />

Janina sieht es dagegen so: „Putzen<br />

muss gemacht werden, das ist logisch.“<br />

Die 61-Jährige hat viele Jahre in einer<br />

Reinigungsfirma gearbeitet, hat<br />

Krankenhäuser, Uni-Gebäude, Arztpraxen<br />

und Büros geputzt. Seit Mitte<br />

März sorgt sie nun dafür, dass im<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Haus in St. Georg Sauberkeit<br />

herrscht. 20 Stunden in der<br />

Woche arbeitet sie jetzt und freut sich<br />

sehr über den neuen Teilzeitjob. Aufgeregt<br />

ist sie allerdings nicht: „Für mich<br />

ist Putzen ja nichts Neues“, sagt sie.<br />

Auch Hinz&<strong>Kunzt</strong> kennt die im<br />

polnischen Ort Chojnice geborene<br />

Mutter von drei erwachsenen Kindern<br />

schon länger: Vor zwölf Jahren fing<br />

Janina als Verkäuferin an. Ihr Stammplatz<br />

war lange der Lidl an der Hamburger<br />

Straße. Eine polnische Bekannte<br />

hatte ihr den Kontakt vermittelt.<br />

Damals hatte Janina gerade ihren Job<br />

in einer Kirchengemeinde auf St. Pauli<br />

verloren. Sie wohnte zu der Zeit noch<br />

im Haus Bethlehem, einer Notunterkunft<br />

vor allem für Frauen. Sie aß dort<br />

oder im CaFée mit Herz.<br />

Nach Hamburg gekommen war sie<br />

nicht ganz freiwillig: „Mein Mann hat<br />

Mist gemacht“, erzählt sie. Nach<br />

20 Jahren Ehe habe er mit einer anderen<br />

Frau ein Kind bekommen. „Da<br />

hört meine Toleranz auf. Für mich war<br />

sofort Schluss.“ In Hamburg hatte sie<br />

gute Bekannte und sah die Chance auf<br />

einen Neubeginn.<br />

Was Janina damals nicht ahnte:<br />

In Hamburg würde sie auch eine neue<br />

Liebe finden. Wie bei so vielen anderen<br />

Menschen auch funkte es bei der Arbeit.<br />

„Mein zweiter Mann hat mich angesprochen,<br />

als ich Hinz&<strong>Kunzt</strong> verkauft<br />

habe“, sagt Janina. Er lebe allein<br />

und brauche Hilfe im Haushalt, sagte<br />

er. Ob sie ihn vielleicht ab und an<br />

unterstützen könne? „Das war ein<br />

kleiner Trick, um mich kennenzulernen“,<br />

erzählt Janina und lächelt. Da<br />

er ihr sympathisch war, tauschten sie<br />

Telefonnummern aus. „Er war ja ein<br />

Nachbar, wohnte ganz in der Nähe.“<br />

Seit elf Jahren sind sie nun glücklich<br />

zusammen. •<br />

simone.deckner@hinzundkunzt.de<br />

Janina und alle anderen<br />

Hinz&Künztler:innen erkennt man<br />

am Verkaufsausweis.<br />

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Foto: Katharina Lotter<br />

Das ist<br />

nicht egal!<br />

Gerechtigkeit entsteht nicht, wenn<br />

uns alles gleich ist, sondern indem<br />

wir Unterschiede anerkennen.<br />

Wolf Lotters Essay ist ein Lob dieser<br />

Unterschiede, die unser Leben um<br />

Vielfalt und Freiheit bereichern.<br />

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